Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - 2 StR 99/14

bei uns veröffentlicht am08.10.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 9 9 / 1 4
vom
8. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 8. Oktober 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 18. Oktober 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte wegen Totschlags, gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung verurteilt ist;
b) in dem wegen Totschlags in "Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung" ergangenen Einzelstrafausspruch sowie im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags "im minder schweren Fall" in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, gefährlicher Körperverletzung , Freiheitsberaubung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es eine Adhäsionsgrundentscheidung zu Gunsten der Nebenklägerin getroffen. Die hiergegen gerichtete , auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die konkurrenzrechtliche Bewertung der Tat zum Nachteil der Geschädigten L. als Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3
Nach den Feststellungen fügte der Angeklagte der Geschädigten zunächst einen mit Körperverletzungsvorsatz geführten ersten Stich in die rechte Halsseite zu. Danach stach er, nunmehr mit Tötungsvorsatz, in die Halsmitte der Geschädigten. Dieser zweite Stich verursachte ihren Tod.
4
Da das Landgericht zu Gunsten des Angeklagten davon ausgegangen ist, dass die beiden Stiche so kurz hintereinander erfolgten, dass es zu keiner Zäsur im Handlungsablauf gekommen ist, tritt in diesem Fall das Körperverletzungsdelikt aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz hinter das vorsätzliche Tö- tungsdelikt zurück (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 - 4 StR 308/11; Urteil vom 19. August 2004 - 5 StR 218/04, NStZ 2005, 93, 94).
5
Da weitere Feststellungen in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten sind, ändert der Senat den Schuldspruch dahin ab, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung entfällt. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich der Angeklagte insoweit nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
6
2. Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der wegen Totschlags in "Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung" verhängten Einzelfreiheitsstrafe von acht Jahren. Das Landgericht hat die Verwirklichung zweier tateinheitlich begangener Straftatbestände ausdrücklich strafschärfend berücksichtigt. Die Aufhebung der Einzelstrafe erfordert auch die Aufhebung der Gesamtstrafe. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - 2 StR 99/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - 2 StR 99/14

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - 2 StR 99/14 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Aug. 2011 - 4 StR 308/11

bei uns veröffentlicht am 23.08.2011

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 308/11 vom 23. August 2011 in der Strafsache gegen wegen Totschlags Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 23. August 2011 gemäß § 349 Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Aug. 2004 - 5 StR 218/04

bei uns veröffentlicht am 19.08.2004

5 StR 218/04 BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL vom 19. August 2004 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen Mordes u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. August 2004, an der teilgenommen haben: Rich

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 308/11
vom
23. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. August 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 25. November 2010 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Verurteilung wegen tateinheitlich zum Totschlag begangener vorsätzlicher Körperverletzung entfällt. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu der Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt und die Tatwaffe eingezogen. Die hiergegen gerichtete, auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
Die Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung kann nicht bestehen bleiben. Das Landgericht hat angenommen, dass der Angeklagte die Straftatbestände des Totschlags und der vorsätzlichen Körperverletzung tateinheitlich verwirklicht hat. Es ist zu Gunsten des Angeklagten von natürlicher Hand- lungseinheit ausgegangen. Auch in diesem Fall tritt das Körperverletzungsdelikt aus Gründen der Gesetzeskonkurrenz hinter das vorsätzliche Tötungsdelikt zurück (vgl. BGH, Urteile vom 14. September 1993 – 1 StR 435/93, BGHR StGB § 223b Konkurrenzen 2, und vom 19. August 2004 – 5 StR 218/04, NStZ 2005, 93, 94). Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend abgeändert.
3
Der Strafausspruch wird durch die Änderung des Schuldspruchs nicht berührt, da die Verwirklichung des zurücktretenden Tatbestands bei der Strafzumessung erschwerend berücksichtigt werden kann (BGH, Urteile vom 24. April 1951 – 1 StR 101/51, BGHSt 1, 152, 155, vom 14. Januar 1964 – 1 StR 246/63, BGHSt 19, 188, 189, und vom 20. Juli 1995 – 4 StR 112/95, NStZ-RR 1996, 20, 21; Beschluss vom 18. Dezember 2002 – 2 StR 477/02). Das Landgericht hat daher zu Recht „die Vielzahl und die Schwere der durch den Angeklagten mittels mehrfacher Faustschläge hervorgerufenen Verletzungen im Kopfbereich zu seinen Ungunsten“ berücksichtigt. Mit diesen Ausführungen hat das Schwurgericht den zusätzlichen Unrechtsgehalt der Körperverletzung rechtsfehlerfrei umrissen und damit zugleich seine Bemerkung, der Angeklagte habe gleichzeitig zwei Straftatbestände verwirklicht, näher erläutert. Unabhängig davon trifft die zuletzt genannte Feststellung auch auf ein in Gesetzeskonkurrenz im Schuldspruch zurücktretendes Delikt zu. Der Senat schließt daher aus, dass das Landgericht eine geringere Strafe verhängt hätte, wenn es erkannt hätte, dass die vorsätzliche Körperverletzung hier vom Straftatbestand des Totschlags verdrängt wird.
Mutzbauer Roggenbuck Cierniak
Franke Quentin
5 StR 218/04

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 19. August 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Mordes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. August
2004, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf
als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt V S
als Verteidiger für den Angeklagten M S ,
Rechtsanwalt M Sc
als Verteidiger für den Angeklagten M Sch ,
Rechtsanwalt D
als Verteidiger für den Angeklagten F ,
Rechtsanwalt W
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Angeklagter M S__________ Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 24. Oktober 2003 wird mit der Maßgabe verworfen, daß dieser Angeklagte des Mordes und der gefährlichen Körperverletzung, jeweils in Tateinheit mit Nötigung schuldig ist.
II. Angeklagter M Sch________ Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil 1. im Schuldspruch – unter Aufhebung des Freispruchs wegen des Anklagevorwurfs des Mordes – dahin abgeändert , daß dieser Angeklagte schuldig ist
a) der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit versuchtem Mord und mit Nötigung,
b) der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen, in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Nötigung, in einem Fall mit versuchter Nötigung; 2. im Strafausspruch dahin abgeändert und klargestellt, daß
a) im Fall 1a eine Einzelstrafe von 13 Jahren Freiheitsstrafe verhängt wird; die Einzelstrafen von zwei und von zehn Jahren Freiheitsstrafe entfallen;
b) die Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren aufrechterhalten bleibt, und zwar unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 7. Mai 2003, dessen Gesamtstrafausspruch entfällt und dessen Maßregelausspruch aufrechterhalten bleibt; 3. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Die Revision des Angeklagten M Sch und die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
III. Angeklagter F___ Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das genannte Urteil 1. im Schuldspruch – unter Aufhebung des Freispruchs wegen des Anklagevorwurfs des Mordes – dahin abgeändert und berichtigt, daß dieser Angeklagte schuldig ist
a) der Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Nötigung,
b) der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen, in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit Nötigung, in einem Fall mit versuchter Nötigung; 2. im Ausspruch über die Höhe der Jugendstrafe aufgehoben.
Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
IV. Zurückverweisung und Kosten Die Staatskasse trägt die Kosten der den Angeklagten M betreffenden S Revision der Staatsanwaltschaft und die diesem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Der Angeklagte M Sch trägt die Kosten seiner Revision und die dem Nebenkläger hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Die Sache wird zu neuer Festsetzung der Höhe der Jugendstrafe gegen den Angeklagten F und zu neuer Verhandlung und Entscheidung über Maßregelanordnungen nach § 66 StGB und § 64 StGB gegen den Angeklagten M Sch , auch zur Entscheidung über die Kosten der diese beiden Angeklagten betreffenden Revisionen der Staatsanwaltschaft , an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil folgende Feststellungen getroffen: Opfer der im Sommer 2002 begangenen Tat war der damals 16jährige M Schö , den der im selben Dorf wohnende damals 17jährige Angeklagte M S von früheren gemeinsamen Freizeitaktivitäten näher kannte. M S und die Mitangeklagten, sein älterer Bruder, der 23jährige M Sch , und sein Ausbildungskollege, der 17jährige F , der sich zur Tatzeit auf einem Wochenendbesuch bei den Brüdern Sch befand, verachteten M Schö als „Punk“, der Anhänger der „Hip-Hop“-Musikszene war und blond gefärbte Haare und weite Hosen trug. Die Angeklagten bekannten sich hingegen zu rechtsradikaler Einstellung, M S freilich erst seit kurzer Zeit als Mitläufer seines Bruders M . Vor dessen letzter Haftentlassung hatte er, einem verbreiteten Trend folgend, gemeinsam mit M Schö noch selbst der Technound „Hip-Hop“-Szene zugeneigt.
In der Nacht zum 13. Juli 2002 wurde M Schö im späteren Verlauf eines in den Abendstunden begonnenen längeren Trinkgelages von den drei Angeklagten wiederholt gedemütigt, mißhandelt und genötigt. So wurde der Junge geschlagen; er wurde bis zum Erbrechen zum Alkoholtrinken gezwungen ; er sollte sich als „Jude“ bezeichnen; der AngeklagteF urinierte auf ihn, als er am Boden lag. (Erster Tatkomplex) Bei gemeinsamer Heimfahrt mit Fahrrädern zwangen die Angeklagten ihr Opfer, sich mit ihnen auf ein abgelegenes landwirtschaftliches Gelände und dort in einen großen Schweinestall zu begeben, wo sie weiterhin abwechselnd auf den Jungen einschlugen und ihn ängstigen wollten. Zweimal zwangen sie ihn, in die Steinkante eines Schweinetrogs zu beißen. M S wollte ihn damit durch Nachstellen einer brutalen Mordszene aus einem Film, der jedenfalls auch F bekannt war, schockieren. Als der verängstigte Junge, der Aufforderung folgend, zum zweiten Mal in den Steintrog biß, entschloß sich M S spontan aus einem Motivbündel von menschenverachtender Abenteuerlust und Imponierbedürfnis, die Filmszene vollends in die Realität umzusetzen. Er sprang M Schömit direktem Tötungsvorsatz mit beiden Füßen, an denen er Springerstiefel mit Stahlkappen trug, auf den Kopf. Die beiden anderen Angeklagten hatten hiermit möglicherweise nicht gerechnet. Während sich nun- F , mehr schockiert, abwandte und zunächst abseits hielt, beschloß M Sch , das Opfer, das sichtbar schwerste Kopfzerquetschungen und Schädelbrüche erlitten hatte, endgültig zu beseitigen, um die Entdeckung der Tat zu verhindern. Er suchte gemeinsam mit seinem Bruder nach einem geeigneten Tatwerkzeug. M S fand einen großen schweren Betonstein. Diesen warf er M Schö , den er und sein Bruder – möglicherweise zu Unrecht – noch für lebend hielten, zweimal auf den Kopf. Anschließend vergruben die drei Angeklagten die Leiche des M Schö in einer Jauchegrube. (Zweiter Tatkomplex) 1. Im ersten Tatkomplex hat das Landgericht die Angeklagten M Sch und F jeweils der gefährlichen Körperverletzung in drei Fällen – in zwei Fällen in Tateinheit mit Nötigung, in einem Fall mit versuchter Nötigung – (Einzelfreiheitsstrafen für M Sch : ein Jahr sowie zweimal ein Jahr und sechs Monate), den Angeklagten M S der gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung für schuldig befunden; wegen des Anklagevorwurfs eines weiteren entsprechenden tatmehrheitlichen Geschehens, das möglicherweise nicht zusätzlich stattgefunden hatte, wurden die drei Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Im zweiten Tatkomplex hat das Landgericht die drei Angeklagten jeweils einer weiteren tatmehrheitlichen gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung für schuldig befunden, ferner den Angeklagten M S des Mordes aus niedrigen Beweggründen und den Angeklagten M Sch des versuchten (Verdeckungs-)Mordes (Einzelfreiheitsstrafen für M Sch : zwei Jahre und zehn Jahre). Vom Anklagevorwurf des vollendeten Mordes hat das Landgericht die Angeklagten M Sch und F aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
Der Angeklagte M S wurde zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt, der Angeklagte M Sch – unter Einbeziehung anderweitig rechtskräftig verhängter Einzelfreiheitsstrafen (ein Jahr sowie ein Jahr und sechs Monate, jeweils wegen gefährlicher Körperverletzung u. a., ferner zehn Monate wegen eines Verkehrsvergehens) – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 15 Jahren, der Angeklagte F zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren (ohne Bewährung).
2. Der Angeklagte M Sch ficht seine Verurteilung umfassend mit der Sachrüge an. Die Staatsanwaltschaft führt Revisionen zum Nachteil aller drei Angeklagter mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge. Sie greift die Schuldsprüche und Freisprüche im ersten Tatkomplex nicht an; insoweit erstrebt sie lediglich eine Urteilsberichtigung, soweit die Qualifikation der „gefährlichen“ Körperverletzung bei dem Angeklagten F versehentlich nicht im Urteilstenor bezeichnet worden ist. Zum zweiten Tatkomplex rügt die Staatsanwaltschaft die Beweiswürdigung und die rechtliche Würdigung, insbesondere beanstandet sie, daß das Landgericht nicht zu Schuldsprüchen wegen gemeinschaftlichen vollendeten Mordes gegen alle drei Angeklagten gelangt ist, was sich bei allen, auch bei M S – insoweit wird die Revision der Staatsanwaltschaft vom Generalbundesanwalt nicht vertreten –, rechtsfehlerhaft zu ihrem Vorteil bei der Strafzumessung ausgewirkt habe.
3. Die Revision des Angeklagten M Sch ist offensichtlich unbegründet. Insbesondere ist gegen seine Verurteilung wegen gemeinschaftlich versuchten Verdeckungsmordes, zu dessen Begehung er nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen die Initiative ergriffen und die Tatherrschaft bis hin zur eigenhändigen Tatausführung durch seinen Bruder auch behalten hat, sachlichrechtlich nichts zu erinnern. Auf Revision der Staatsanwaltschaft ist die Beurteilung der Konkurrenzen im zweiten Tatkomplex ohnehin zu korrigieren und das Unterbleiben einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB zu beanstanden; M Sch ist insoweit konkret nicht beschwert.
4. Die Revision der Staatsanwaltschaft führt bei dem Angeklagten M S lediglich zu einer Schuldspruchänderung infolge abweichender Beurteilung der Konkurrenzen, die ohne Einfluß auf den Rechtsfolgenausspruch bleibt. Bei den beiden anderen Angeklagten haben die Revisionen jeweils den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg.

a) Die Verfahrensrüge und die Angriffe der Staatsanwaltschaft gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung bleiben erfolglos.
Mit dem Zitat von Auszügen aus dem vorbereitenden Gutachten des in der Hauptverhandlung vernommenen psychiatrischen Sachverständigen, deren Inhalt nach Auffassung der Beschwerdeführerin eine Erörterung im Urteil – mit der naheliegenden Folge abweichender Beweiswürdigung zum gemeinschaftlichen Mordvorsatz – erfordert hätte, läßt sich eine Verletzung des § 261 StPO durch Nichtausschöpfung der Aussage des psychiatrischen Sachverständigen methodisch nicht nachweisen. Dies liefe auf eine im Revisionsverfahren unzulässige Rekonstruktion der für die Urteilsfindung maßgeblichen Aussage des Sachverständigen in der Hauptverhandlung hinaus. Für eine Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht oder der Nichtausschöpfung eines in der Hauptverhandlung verwendeten Beweismittels, die bei unerklärten eklatanten Widersprüchen zwischen Akten- und Urteilsinhalt in Ausnahmefällen statthaft sein kann (vgl. BGHSt 43, 212, 215 f.), fehlt es schon am vollständigen Vortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) des mit dem angeblichen Verstoß zusammenhängenden Akteninhalts, zu dem hier mindestens die vorbereitenden Gutachten in vollständiger Form und die in den Akten festgehaltenen Einlassungen der Angeklagten gehört hätten.
In der Sache laufen zudem die zugehörigen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft nicht anders als die geäußerten sachlichrechtlichen Einwände gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts letztlich auf einen im Revisionsverfahren nicht statthaften Versuch hinaus, die dem Tatgericht obliegende Beweiswürdigung durch eine eigene zu ersetzen. Tatsächlich läßt die beanstandete tatgerichtliche Beweiswürdigung im Zusammenhang mit der Frage, ob die Angeklagten MSch und F sich – mindestens stillschweigend – mit M S auf ein gemeinsames Tatvorhaben verständigt haben, das in den Steintrog beißende Opfer nach der Filmvorlage hinzurichten, oder ob sie mit einem solchen Vorgehen ihres Mittäters gerechnet haben, Rechtsfehler nicht erkennen. Die Auffassung des Landgerichts , eine von den beiden anderen Angeklagten weder vorab gebilligte noch vorhergesehene Spontantat M S s – wie dieser sie eingestanden hat – lasse sich nicht ausschließen, ist weder widersprüchlich noch lückenhaft begründet; dies gilt auch im Blick auf die zweimalige Nötigung des Opfers, in den Trog zu beißen, die auch als wiederholte Demütigung und Ängstigung interpretierbar ist. Die der Tötung vorange gangenen Körperverletzungshandlungen waren bei aller Steigerung noch nicht lebensgefährdend; danach ist hier noch nicht zu beanstanden, daß das Landgericht es unterlassen hat, einen Mittätervorsatz zu erörtern, der so stark gesteigert war, daß dabei sogar die Tötung des Opfers durch einen enthemmten Tatgenossen in Kauf genommen wurde (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 2004 – 5 StR 530/03 – und vom 30. März 2004 – 5 StR 410/03). Es begründet keinen revisiblen Rechtsfehler, daß ein abweichendes Ergebnis der Beweiswürdigung zu einem gemeinschaftlichen Tötungsvorsatz möglich – unter Umständen gar näherliegend – gewesen wäre.
Daß die beiden anderen Angeklagten daher nicht als Mittäter M S s bei dem durch den Sprung auf den Kopf begangenen Mord angesehen worden sind, ist danach ebensowenig zu beanstanden wie die – ebenfalls rechtsfehlerfrei – unterbliebene Prüfung, ob sie für diesen Mord, der nach vertretbarer tatrichterlicher Auffassung nicht von ihrem Wissen und Wollen erfaßt war, als Unterlassungstäter verantwortlich sein könnten.

b) Auf der Grundlage der mithin fehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen erweist sich die rechtliche Bewertung der Jugendkammer bezogen auf den Angeklagten M S lediglich hinsichtlich der Konkurrenzen als korrekturbedürftig. Die gemeinschaftlichen Körperverletzungshandlungen der Angeklagten im Bereich des Stallgeländes mündeten bei diesem Angeklagten übergangslos in seine exzessive Tötungshandlung im Sinne natürlicher Handlungseinheit. Dabei wird die vorangegangene gefährliche Körperverletzung zum Nachteil desselben Opfers durch den anschließenden – zutreffend bejahten – vollendeten Mord aus niedrigen Beweggründen konsumiert. Zutreffend hat die Jugendkammer hingegen auch die anschließende Mitwirkung M S s am Verdeckungsmordversuch als durch die Vortat konsumiert angesehen, so daß sich das gesamte Geschehen des zweiten Tatkomplexes bei M S als eine einheitliche Tat des vollendeten Mordes (in Tateinheit mit Nötigung) darstellt.
Für das Maß der Schuld des Angeklagten M S ist die Umbewertung der Konkurrenzen ohne jede Bedeutung. Der Strafausspruch erweist sich – in Übereinstimmung mit der Auffassung des Generalbundesanwalts – noch nicht als rechtsfehlerhaft. Die Nichtausschöpfung des Strafrahmens aus § 18 Abs. 1 Satz 2 JGG erscheint angesichts des Tatbildes und des Nachtatverhaltens zwar sehr milde. Indes enthält die das Ergebnis verantwortende tatrichterliche Wertung in Anbetracht der – wenngleich noch nicht das Maß des § 21 StGB erreichenden – beträchtlichen psychischen Defekte dieses Angeklagten und seines für die Wahrheitsfindung besonders förderlichen Geständnisses noch keinen Rechtsfehler zu seinem Vorteil.

c) Bei den beiden anderen Angeklagten schöpft die rechtliche Würdigung der Jugendkammer zu deren Vorteil die getroffenen Feststellungen nicht aus.
(1) Das Landgericht hat nicht hinreichend bedacht, daß der spontane tödliche Angriff des Angeklagten M S gegen das Opfer unmittelbar im Anschluß an gemeinsame, sich steigernde, mit Demütigungen, Einschüchterungen und Nötigungen einhergehende körperliche Mißhandlungen des Opfers erfolgte. Dabei blieb die von jedem einzelnen der Mittäter auszuführende Gewalthandlung dessen spontanem Entschluß überlassen, ohne daß dies am generellen Einverständnis aller Mittäter mit der Gewaltfortsetzung etwas änderte, die vom gemeinsamen Ziel des Demütigens und Quälens des Opfers getragen war. Für einen Abschluß dieses gewalttätigen gemeinsamen Vorgehens gegen das Opfer oder eine sonstige Zäsur vor den tödlichen Tritten M S s ist nichts ersichtlich. Durch deren – für sich rechtsfehlerfreie – Bewertung als Exzeß hat sich das Tatgericht letztlich den Blick darauf verstellt, daß das weitere gewaltsame Vorgehen gegen das Opfer von dem gemeinsamen Tatplan der gefährlichen Körperverletzung nach wie vor getragen war. Durch die Intensivierung des als Körperverletzung gewollten Verhaltens hin zu (vorsätzlich) tödlichen Verletzungen wurde der Tod des Opfers verursacht. So massiv diese Intensivierung der Gewalt durch den Mittäter auch war, so war sie doch als weitere fortgesetzte Gewalthandlung gewollt und angesichts der emotional stark aufgeheizten Tatsituation und der vorangegangenen sich steigernden, entwürdigenden und verletzenden Behandlung des Opfers für die Angeklagten M Sch und F auch in ihrer tödlichen Wirkung vorhersehbar. Diese Wertung kann das Revisionsgericht von sich aus treffen, da sie sich auf der Grundlage der vom Tatgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ohne weiteres von selbst versteht. Als Mittäter der gefährlichen Körperverletzung sind diese beiden Angeklagten danach Mittäter einer Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2004 – 5 StR 15/04, zur Veröffentlichung in BGHR StGB § 227 Todesfolge bestimmt, m.w.N.).
Die unzulängliche rechtliche Würdigung führt zur Schuldspruchänderung von der im selben Handlungskomplex begangenen (konsumierten) gefährlichen Körperverletzung (vgl. oben b) zur Körperverletzung mit Todesfol- ge. Zugleich ist der Teilfreispruch der Angeklagten M Sch und F wegen vollendeten Mordes aufzuheben; er ist zu Unrecht erfolgt, da auch diese Angeklagten für die Tötung des Opfers, wenngleich eingeschränkt, strafrechtlich verantwortlich sind.
Es ist nicht erkennbar, daß sich die Angeklagten gegen diesen weitergehenden Schuldspruch in der Tatsacheninstanz wirkungsvoller als bisher hätten verteidigen können, wenn ihnen bereits dort ein dahingehender rechtlicher Hinweis erteilt worden wäre. Sie haben sich vor der Jugendkammer gegen den Vorwurf der Verantwortlichkeit für die Tötung tatsächlich umfassend verteidigen können. Auf den entsprechenden Hinweis vor der Revisionshauptverhandlung haben die Verteidiger in der Verhandlung lediglich rechtlich argumentiert, indes nichts dafür vorgetragen, daß andere Verteidigungsmöglichkeiten in der Tatsacheninstanz mit dem Ziel maßgeblicher abweichender Feststellungen bestanden hätten. Bei dieser Sachlage erscheint die nach den bisherigen tatgerichtlichen Feststellungen gerechtfertigte Durchentscheidung zum Schuldspruch in der Revisionsinstanz gegenüber einer – zumal mit einem beträchtlich weiter gehenden Verurteilungsrisiko für die Angeklagten verbundenen – Schuldspruchaufhebung und Zurückverweisung sachgerecht und vorzugswürdig.
(2) Bei dem Angeklagten M Sch bedarf es ferner einer Korrektur der Konkurrenzen. Nicht anders als bei seinem Bruder wäre der anschließende Verdeckungsmordversuch auch bei ihm durch eine mittäterschaftliche Mitwirkung bereits an dem vorangegangenen Mord konsumiert. Eine solche hat die Jugendkammer lediglich als nicht erwiesen erachtet. Bei der gegebenen besonderen, auch mit der Anwendung des Zweifelsgrundsatzes zusammenhängenden Sachlage ist das gesamte auf die Tötung des Opfers hinauslaufende , mit seiner vorangegangenen Mißhandlung am selben Ort unmittelbar zusammenhängende Geschehen des zweiten Tatkomplexes rechtlich als tateinheitlich zu bewerten. Der Senat stellt den Schuldspruch entsprechend um.
Dies zieht die Aufhebung der insoweit bislang verhängten Einzelfreiheitsstrafen von zwei und zehn Jahren Freiheitsstrafe nach sich. Angesichts der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten M Sch für den Todeserfolg ist die Verhängung einer einheitlichen Freiheitsstrafe erforderlich , die einen höhergradigen Schuldumfang als bislang angenommen erfaßt. Als rechtlich zutreffend erweist sich freilich die Wertung des Tatgerichts , wegen der insgesamt massiven psychischen Defekte des – grenzdebilen , massiv persönlichkeitsgestörten, zudem bei Alkoholabhängigkeit und hierdurch individuell bedingter herabgesetzter Alkoholverträglichkeit erheblich alkoholisierten – Angeklagten M Sch eine Verschiebung des (fraglos nicht wegen Versuchs zu mildernden) Strafrahmens des § 211 StGB nach §§ 21, 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen. Bei dieser ganz besonders gelagerten Ausgangssituation – zugleich im Blick auf das bei der gegebenen Sachlage zwingende Gesamtstrafergebnis (15 Jahre Freiheitsstrafe) – hält es der Senat für angezeigt, die Neubemessung der Einzelstrafe für den zweiten Tatkomplex nicht einem neuen Tatgericht zu überlassen, sondern sie in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO in der geringst denkbaren Höhe selbst festzusetzen. Diese Höhe ist unter Berücksichtigung der bisherigen , strafzumessungsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Wertung und angesichts des beträchtlich erhöhten Gesamtschuldgehalts in Übereinstimmung mit dem entsprechenden Antrag der Bundesanwaltschaft in der Revisionshauptverhandlung mit mindestens einem Jahr über der Summe der entfallenden Einzelstrafen – mithin mit 13 Jahren Freiheitsstrafe – zu bemessen. Im Rahmen der Aufrechterhaltung der Gesamtstrafe korrigiert der Senat darüber hinaus den bezüglich der Anwendung des § 55 StGB unvollständigen Urteilstenor.
Zutreffend bemängelt der Generalbundesanwalt die bislang unzulängliche Abhandlung von Maßregeln nach § 66 StGB und § 64 StGB gegen den Angeklagten M Sch. Das Landgericht hat es versäumt, die nur nach Maßgabe von § 66 Abs. 1 StGB geprüfte Frage einer Unterbringung dieses Angeklagten in der Sicherungsverwahrung auch nach § 66 Abs. 2 StGB zu überprüfen. Die formellen Voraussetzungen hierfür liegen – auch im Blick auf die einzubeziehenden Bestrafungen wegen gefährlicher Körperverletzung – fraglos vor. Daß es an den materiellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB und einer für den Angeklagten negativen tatrichterlichen Ermessensentscheidung nach § 66 Abs. 2 StGB sicher fehlen würde, läßt sich nicht feststellen. Zur Frage einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat das Landgericht – angesichts einer namentlich vor dem Hintergrund massiven Alkoholkonsums entstandenen Tat – verkannt, daß eine gesicherte Feststellung der – zutreffend zugunsten des Angeklagten angenommenen – Voraussetzungen des § 21 StGB für eine Maßregel nach § 64 StGB – anders als bei § 63 StGB – nicht verlangt ist (vgl. Tröndle/Fischer, StGB 52. Aufl. § 64 Rdn. 11). Die Frage beider Maßregeln muß erneut tatrichterlich überprüft werden.
(3) Bei dem Angeklagten F beanstandet die Staatsanwaltschaft im Ansatz zutreffend, daß das Landgericht ihn nicht als Garanten für das Opfer aufgrund der massiven vorangegangenen Gewalttätigkeiten angesehen hat (vgl. BGHR StGB § 13 Abs. 1 Garantenstellung 7; BGH NStZ 2004, 294, 296). Aus diesem Gesichtspunkt durfte eine Verantwortlichkeit dieses Angeklagten für den Verdeckungsmordversuch der Brüder Sch , der sich an die möglicherweise schon für sich tödlichen Tritte M S s gegen das Opfer anschloß, nicht verneint werden.
Indes hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der Angeklagte F sich nach dem massiv gesteigerten brutalen Vorgehen M S s, das er so nicht mehr billigte, und angesichts der augenfällig schrecklichen Verletzungen des Opfers räumlich distanziert hatte und in dieser Phase des zweiten Tatkomplexes „so geschockt war, daß er keinen klaren Gedanken fassen konnte“ (UA S. 23). Danach schließt der Senat aus, daß sich auf dieser Basis hätte feststellen lassen, daß F in dieser Situation das weitere Verhalten der Brüder Sch – selbst wenn er es beobachtete – in der Zielsetzung eines erneuten tödlichen Angriffs auf das Opfer so frühzeitig zutreffend bewertete, daß er noch erfolgversprechend hätte versuchen können, sich dem entgegenzustellen. Eine mögliche weitergehende Strafbarkeit des Angeklagten F wegen versuchten Verdeckungsmordes oder Beihilfe hierzu durch Unterlassen scheidet danach aus, ohne daß in diesem Zusammenhang noch die Frage nach der Möglichkeit und Zumutbarkeit eines etwa vorwerfbar unterbliebenen Handelns gestellt werden müßte.
Ungeachtet des insoweit unzutreffenden Prüfungsansatzes des Landgerichts bedarf es daher keiner umfassenden Aufhebung des betreffend den zweiten Tatkomplex ergangenen Schuldspruchs zum Nachteil des Angeklagten F . Der Senat beschränkt sich vielmehr auf die erörterte, mit der Aufhebung des Teilfreispruchs wegen des Mordvorwurfs verbundene Schuldspruchverschärfung , welche die Aufhebung des Ausspruchs über die Höhe der Jugendstrafe zum Nachteil des Angeklagten F nach sich zieht, so daß der Senat über die allein hierzu vorgebrachten Einwände der Revision nicht entscheiden muß. Der Senat korrigiert ferner auch den unvollständigen Schuldspruch zum ersten Tatkomplex gegen diesen Angeklagten.
Über die Höhe der gegen den Angeklagten F zu verhängenden Jugendstrafe hat ein neuer Tatrichter auf der Grundlage des beträchtlich verschärften Schuldspruchs und der bislang durchweg rechtsfehlerfrei getroffe- nen Feststellungen, die allein durch weitere ihnen nicht widersprechende Feststellungen ergänzt werden dürfen, zu entscheiden.
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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.