Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2011 - 3 StR 374/11

bei uns veröffentlicht am20.12.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 374/11
vom
20. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
20. Dezember 2011 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 21. Juni 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit
a) die Bildung einer Gesamtstrafe unterblieben ist,
b) im Maßregelausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine Strafkammer des Landgerichts Hildesheim zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte gegen den Angeklagten am 23. April 2010 wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung auf eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren erkannt und ihn unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 verhängten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hatte es bestimmt, dass wegen der überlangen Verfahrensdauer sechs Monate Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Von der Anordnung einer Maßregel nach § 64 oder § 66 StGB hatte es abgesehen. Auf die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hob der Senat dieses Urteil im Strafausspruch und soweit die Strafkammer von der Anordnung einer Maßregel abgesehen hatte auf (Senatsbeschluss vom 25. November 2010 - 3 StR 382/10, NStZ-RR 2011, 78). Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr wegen der verfahrensgegenständlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten verurteilt und die Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen weitgehenden Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Begründung, mit welcher das Landgericht von der Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB abgesehen hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Das Landgericht hat für die am 7. Mai 2003 begangene verfahrensgegenständliche Tat eine Freiheitsstrafe von acht Jahren für tat- und schuldangemessen erachtet. An einer Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 hat es sich mit der Begründung, gehindert gesehen, diese Strafe sei seit dem 10. Mai 2010 vollständig vollstreckt und deshalb erledigt. Es hat sodann im Wege eines Härteausgleichs von der aus seiner Sicht schuldangemessen Freiheitsstrafe von acht Jahren einen Abschlag von zwei Jahren und drei Monaten vorgenommen und auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten erkannt.
5
Die Strafkammer hat dabei verkannt, dass bei Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht in der neuen Verhandlung die Gesamtstrafe nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 3. November 2009 - 3 StR 427/09 mwN; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 55 Rn. 37). Danach hätte das Landgericht seiner Prüfung die Vollstreckungssituation am 23. April 2010 zugrunde legen müssen. Zu diesem Zeitpunkt war die Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 aber noch nicht vollständig erledigt und deshalb gemäß § 55 StGB gesamtstrafenfähig.
6
Der Rechtsfehler hat sich zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt. Das Landgericht hat ersichtlich übersehen, dass der Senat den Strafausspruch des Urteils vom 23. April 2010 gemäß § 301 StPO ausschließlich zugunsten des Angeklagten aufgehoben hat. Wegen des Verschlechterungsverbots (§ 358 Abs. 2 Satz 1 StPO) war das Landgericht deshalb gehindert, die Höhe der Rechtsfolgen der Tat zum Nachteil des Angeklagten zu ändern (Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 358 Rn. 11). Dies ist hier jedoch trotz des vorgenommenen Härteausgleichs geschehen. Denn die für die verfahrensgegenständliche Tat festgesetzte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten und die gesamtstrafenfähige Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil vom 16. Juni 2006 übersteigen zusammengenommen die Höhe der im ersten Durchgang verhängten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten.
7
Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da sich die Grundlagen für die Bemessung der neuen Gesamtstrafe geändert haben. Der neue Tatrichter wird der Gesamtstrafenbildung neben der Strafe aus dem Urteil vom 16. Juni 2006 die für die verfahrensgegenständliche Tat nunmehr verhängte Freiheitsstrafe von fünf Jahren und neun Monaten zugrunde zu legen haben. Zwar ist die Berücksichtigung eines Härteausgleichs bei Bemessung dieser Strafe rechtsfehlerhaft vorgenommen worden. Dieser Rechtsfehler hat sich aber ausschließlich zugunsten des Angeklagten ausgewirkt und ist daher auf seine Revision nicht zu beanstanden. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass aus den oben genannten Gründen auch die vom Landgericht als schuld- und tatangemessen angesehene Freiheitsstrafe von acht Jahren gegen das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO verstieße, da im ersten Durchgang für die verfahrensgegenständliche Tat lediglich eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren festgesetzt worden war.
8
Bei Bildung der Gesamtstrafe wird der neue Tatrichter als Obergrenze die im Urteil vom 23. April 2011 gebildete Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten zu beachten haben.
9
2. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 1 und 2 StGB hat ebenfalls keinen Bestand.
10
a) Das Landgericht hat bei der vorrangig anzustellenden Prüfung, ob der Gefährlichkeit des Angeklagten nicht allein durch eine andere Maßregel begegnet werden kann (§ 72 Abs. 1 StGB), dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB mit rechtlich unzureichender Begründung abgelehnt.
11
Die Delinquenz des mittlerweile 66-jährigen, seit 1972 u.a. mehrfach wegen Sexual- und Gewaltdelikten vorbestraften Angeklagten ging nach den Feststellungen des Landgerichts in den hier relevanten Fällen stets mit Alkoholkonsum bzw. Alkoholmissbrauch einher. Auch bei der verfahrensgegenständlichen Tat stand er unter erheblichem Alkoholeinfluss.
12
Das sachverständig beratene Landgericht hat rechtsfehlerfrei eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB infolge eines Zusammenwirkens der Alkoholbeeinflussung bei Tatbegehung und einer diagnostizierten dissozialen Persönlichkeitsstörung auszuschließen vermocht. Die Voraussetzungen des § 64 StGB hat es abgelehnt. Es ist, dem Sachverständigen folgend, zu dem Ergebnis gelangt, dass der Alkoholmissbrauch des Angeklagten nicht den Grad einer manifesten psychischen oder gar körperlichen Abhängigkeit erreicht habe, da der Angeklagte in den letzten eineinhalb Jahren vor seiner letzten Inhaftierung während seines Zusammenlebens mit seiner Verlobten in der Lage gewesen sei, seinen Alkoholkonsum zu kontrollieren und es in jener Zeit zu keinem schwerwiegenden Alkoholmissbrauch gekommen sei. Allein unter Hinweis auf diesen Umstand hat das Landgericht auch eine intensive Neigung des Angeklagten, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ausgeschlossen.
13
Diese Begründung trägt die Ablehnung eines Hanges im Sinne des § 64 StGB nicht. Das Landgericht hat zwar seinen Ausführungen zu den Anforderungen an einen Hang im Ansatz einen zutreffenden Maßstab zugrunde gelegt. Es ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Feststellung eines Hangs im Sinne des § 64 StGB nicht das Vorliegen eines manifesten Abhängigkeitssyndroms erfordert, sondern hierfür bereits eine intensive Neigung, Rauschmittel im Übermaß zu sich zu nehmen, ausreichend ist (Fischer aaO, § 64 Rn. 7 mwN). Die Strafkammer hat sich jedoch nicht dazu verhalten, weshalb der vorübergehend kontrollierte Alkoholkonsum des Angeklagten in der Zeit vor seiner Inhaftierung nicht nur den Ausschluss eines Abhängigkeitssyndroms rechtfertigt, sondern auch gegen eine intensive Neigung des Angeklagten, Alkohol im Übermaß zu sich zu nehmen, spricht. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage war geboten, weil der Sachverständige, dem die Strafkammer im Übrigen uneingeschränkt gefolgt ist, die kontrollierte Alkoholaufnahme des Angeklagten in der Zeit des Zusammenlebens mit seiner Verlobten lediglich als ausreichendes Indiz für eine fehlende körperliche oder psychische Abhängigkeit angese- hen hat. Nach den Urteilsgründen hat sich der Sachverständige hingegen nicht zu der Intensität eines missbräuchlichen Alkoholkonsums des Angeklagten unterhalb der Schwelle einer Abhängigkeit geäußert. Hinzu kommt, dass im angefochtenen Urteil mehrfach auf den vom Angeklagten betriebenen "Alkoholmissbrauch" bzw. auf dessen "Alkoholproblematik", deren Bearbeitung angezeigt sei, abgestellt wird. Vor diesem Hintergrund erschließt sich ohne weitere Begründung die Annahme der Strafkammer nicht, beim Angeklagten liege auch keine "intensive Neigung" zum übermäßigen Alkoholkonsum vor.
14
b) Erweist sich danach die Ablehnung einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB als rechtsfehlerhaft, so ist damit zugleich der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung die Grundlage entzogen (§ 72 Abs. 1 StGB). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer, wäre sie vom Vorliegen eines Hanges im Sinne des § 64 StGB ausgegangen und hätte sie der Anlasstat Symptomwert für den Hang zugeschrieben, nicht nur die Gefährlichkeitsprognose , sondern auch eine hinreichend konkrete Aussicht auf eine erfolgreiche Suchtbehandlung und eine damit einhergehende deutliche Verringerung der Tätergefährlichkeit bejaht hätte.
15
c) Danach muss die Frage der Maßregelanordnung nach § 66 und § 64 StGB ebenfalls neu verhandelt und entschieden werden. Der neue Tatrichter wird dabei zum einen zu beachten haben, dass Unsicherheiten über den Erfolg allein der milderen Maßnahme zur kumulativen Anordnung von Maßregeln führen (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2009 - 3 StR 191/09, NStZ 2010, 83). Zum anderen wird er der Prüfung einer Maßregelanordnung nach § 66 StGB den vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 u.a., NJW 2011, 1931) geforderten strengen Maßstab einer "strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung" zugrunde zu legen haben. Dabei wird er insbesondere die Frage der Wahrscheinlichkeit der Begehung weiterer schwerer Gewalt- oder Sexualtaten eingehender als bisher geschehen zu erörtern (Senatsbeschlüsse vom 2. August 2011 - 3 StR 208/11 und vom 4. August 2011 - 3 StR 175/11, StV 2011, 672) und sich hierbei vor allem auch mit dem fortgeschrittenen Alter des Angeklagten und einer etwa damit einhergehenden geringeren Gefährlichkeit auseinanderzusetzen haben.
16
3. Der Senat hat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO).
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2011 - 3 StR 374/11

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Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2011 - 3 StR 374/11 zitiert 11 §§.

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(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn 1. jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die a) sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die per

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 382/10
vom
25. November 2010
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. November
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Mayer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der
Verhandlung,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der
Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hannover vom 23. April 2010 im Strafausspruch und soweit das Landgericht von einer Maßregelanordnung abgesehen hat mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten und der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Hannover vom 16. Juni 2006 verhängten Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ferner bestimmt, dass wegen der überlangen Verfahrensdauer sechs Monate Freiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Staatsanwaltschaft. Obwohl die Beschwerdeführerin ausschließlich die unterbliebene Anordnung der Sicherungsverwahrung beanstandet, liegt keine wirksame Beschränkung des Rechtsmittels auf die Nichtanordnung der Maßregel vor, da die Strafkammer einen ausdrücklichen Bezug zwischen der Sicherungsverwahrung und der Höhe der verhängten Strafe hergestellt hat (BGH, Urteil vom 4. November 2009 - 2 StR 347/09, NStZ-RR 2010, 77, 78). Vom Rechtsmittelangriff nicht erfasst ist hingegen der von der Strafe und der Maßregelanordnung unabhängige Ausspruch über die Kompensation für eine verzögerte Verfahrensführung (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 250/09, BGHSt 54, 135).
2
Das Rechtsmittel, das vom Generalbundesanwalt vertreten wird, hat Erfolg.
3
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts trat der zum Zeitpunkt des landgerichtlichen Urteils 64 Jahre alte Angeklagte seit seiner Jugend vielfach strafrechtlich in Erscheinung. Im Jahr 1972 wurde er wegen Mordes in Tateinheit mit Unzucht mit einem Kind sowie wegen zwei weiteren Sexualdelikten zu neun Jahren Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Opfer des Tötungsdelikts war sein 22 Monate alter Neffe. Nach Verbüßung der Strafhaft bis Ende 1979 fiel er bis zum Jahr 1997 nur wegen geringfügiger Straftaten auf, die mit Geldstrafen geahndet wurden. Ende 1997 erfolgte eine Verurteilung wegen versuchter schwerer Brandstiftung zu zwei Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe. Diese Strafe wurde in ein Urteil aus dem Jahr 1999 einbezogen, in welchem gegen den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Körperverletzung, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren erkannt wurde. Opfer der Taten war die damalige Lebensgefährtin des Angeklagten , die er seit 1995 kannte. Auch diese Strafe verbüßte der Angeklagte vollständig bis Mitte des Jahres 2002.
4
Am 7. Mai 2003 beging er die verfahrensgegenständliche Tat zum Nachteil einer Prostituierten. Der alkoholisierte Angeklagte, der mit dem Tatopfer die Durchführung des Oralverkehrs gegen Entgelt vereinbart hatte, wurde während Vornahme der sexuellen Handlungen zunehmend aggressiv und verlangte von der Geschädigten, mit ihm vaginal zu verkehren, was diese verweigerte. Daraufhin schlug er sie mehrfach mit der Hand und mit Fäusten u.a. wiederholt heftig in das Gesicht und bedrohte sie mit einer geladenen Gaspistole, um den vaginalen Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Unter dem Eindruck der Schläge und der Drohung mit der Waffe kam das Opfer dem Verlangen des Angeklagten nach und führte mit ihm erneut den Oral- sowie den vaginalen Verkehr aus. Der Angeklagte befand sich wegen dieser Tat bis August 2003 in Untersuchungshaft.
5
Zuletzt wurde er am 16. Juni 2006 wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu der einbezogenen Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der damals 60jährige Angeklagte hatte am 9. November 2005 nach dem Genuss von Alkohol einen ihm unbekannten Mann unter einem Vorwand in seine Wohnung gelockt, wo er ihn mit Faustschlägen zum Oralverkehr zwang und die Durchführung des Analverkehrs versuchte. In dieser Sache befand sich der Angeklagte bei Erlass des angefochtenen Urteils in Strafhaft; die viereinhalbjährige Freiheitsstrafe hatte er zu diesem Zeitpunkt "fast vollständig" verbüßt.
6
2. Die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 und 2 StGB vorliegen. Sachverständig beraten hat es vor dem Hintergrund einer auf einer dissozialen Persönlichkeitsstörung beruhenden charakterlichen Anlage zudem rechtsfehlerfrei einen Hang des Angeklagten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB festgestellt, aufgrund dessen zu besorgen ist, dass er weitere erhebliche Straftaten, namentlich sexuell getönte Aggressionsdelikte begehen wird. Beanstandungsfrei hat die Strafkammer dabei für die von ihr bejahte Gefährlichkeit des Angeklagten auf den Zeitpunkt der Hauptverhandlung abgestellt (BGH, Beschluss vom 13. März 2007 - 5 StR 499/06, NStZ 2007, 401; Rissing-van Saan/Peglau in LK, 12. Aufl., § 66 Rn. 207 mwN).
8
b) Damit stand die Anordnung der Sicherungsverwahrung im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Dies hat das Landgericht zwar nicht verkannt. Indes weist die Ermessensentscheidung, mit der es die Anordnung der Maßregel abgelehnt hat, durchgreifende rechtliche Mängel auf.
9
Zur Begründung seiner Entscheidung hat es maßgeblich darauf abgestellt , dass der Angeklagte nach Verbüßung der langjährigen Freiheitsstrafe im Zeitpunkt seiner voraussichtlichen Haftentlassung nahezu das 70. Lebensjahr vollendet haben wird. Es ist sachverständig beraten davon ausgegangen, dass in diesem Alter erfahrungsgemäß die Antriebsdynamik und die Tendenz nachlasse , sich in Konfliktsituationen zu begeben. Zudem verhalte sich der Angeklagte in der Haft wenig auffällig, was - ebenso wie seine delinquenzfreie Zeit in den Jahren 1979 bis 1993 - dafür spreche, dass er unter stabilisierenden Lebensbedingungen in der Lage sei, sich rechtstreu zu verhalten. Ein "wichtiger Schritt" zu einer straffreien Lebensführung sei allerdings seine Alkoholabstinenz. Aufgrund dieser Umstände ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass bei einer sorgfältigen Entlassungsplanung und einer geeigneten Ausgestaltung der Führungsaufsicht, etwa bei Erteilung einer Therapieweisung zur Verhinderung eines Alkoholrückfalls, nach Ablauf der Haftzeit die Rückfallgefahr deutlich reduziert und deshalb die Anordnung der Sicherungsverwahrung nicht unerlässlich sei.
10
Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Zwar entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Tatrichter bei seiner Ermessensausübung nach § 66 Abs. 2 und 3 StGB den Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs und dem Alter des Angeklagten nach der Strafverbüßung Bedeutung beimessen darf. Doch sind diese Umstände nur dann beachtlich, wenn zu erwarten ist, dass sie eine präventive Wirkung entfalten und beim Angeklagten zu einer Haltungsänderung führen werden. Diese Erwartung ist im Einzelfall in Bezug auf den Angeklagten und unter Berücksichtung aller Umstände , die seine Gefährlichkeit begründen, zu erörtern und für das Revisionsgericht nachvollziehbar darzulegen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 20. Juli 1988 - 2 StR 348/88 - und vom 28. Mai 1998 - 4 StR 17/98, BGHR StGB § 66 Abs. 2, Ermessensentscheidung 3 und 6; Urteil vom 22. Oktober 2004 - 1 StR 140/04, NStZ 2005, 211 jew. mwN).
11
Diesen Anforderungen wird das angefochtene Urteil aber nicht gerecht; denn das Landgericht hat die Ablehnung der Maßregelanordnung nicht widerspruchsfrei begründet und sich mit einem wesentlichen Umstand, der eine andere Entscheidung nahe legen könnte, nicht auseinandergesetzt. Im Einzelnen:
12
Die Strafkammer hat - den Sachverständigen folgend - eine Alkoholabstinenz als maßgebliches Prognosekriterium für eine straffreie Lebensführung des Angeklagten nach seiner Haftentlassung angesehen, eine Rückfallgefahr jedoch durch eine entsprechende Therapieweisung im Rahmen der Führungsaufsicht für beherrschbar erachtet. Letzteres widerspricht jedoch der Begründung , mit welcher das Landgericht die Anordnung einer Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat. Denn in diesem Zusam- menhang hat es - für sich genommen rechtsfehlerfrei - dargelegt, die Anordnung einer Maßregel nach § 64 StGB sei "von vorneherein aussichtslos", da die Wurzel des vom Angeklagten langjährig betriebenen erheblichen Alkoholmissbrauchs dessen nicht behandel- und korrigierbare, verfestigte dissoziale Persönlichkeitsstörung sei. Zudem streite der Angeklagte eine Missbrauchsproblematik konsequent ab. Diese Ausführungen legen jedoch nahe, dass der Alkoholmissbrauch des Angeklagten einer therapeutischen Aufarbeitung nicht zugänglich ist. Sie stehen damit in einem nicht aufgelösten Widerspruch zu der bei der Prognoseentscheidung zur Sicherungsverwahrung vertretenen und nicht näher begründeten Auffassung der Strafkammer, dem Alkoholproblem des Angeklagten könne nach seiner Haftentlassung mit einer Therapieweisung ausreichend begegnet werden.
13
Darüber hinaus hat sich das Landgericht nicht erkennbar mit dem für die Prognose wesentlichen Gesichtspunkt auseinandergesetzt, dass weder der mehrfache, jeweils langjährige Strafvollzug in der Vergangenheit noch der Vollzug von nahezu der Hälfte der im angefochtenen Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafe beim Angeklagten zu einer Haltungsänderung geführt hat. Vor dem Hintergrund, dass die Strafkammer noch bei Erlass des Urteils - mithin zu einem Zeitpunkt, als der Angeklagte schon viereinhalb Jahre der erkannten Strafe verbüßt und bereits das 64. Lebensjahr vollendet hatte - aufgrund der verfestigten Persönlichkeitsstörung eine fortdauernde Gefährlichkeit des Angeklagten im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB bejaht hat, war dies indes unerlässlich. Denn unter den hier gegebenen Umständen versteht es sich nicht von selbst, dass - anders als dies bei einem Täter, der erstmals eine langjährige Strafe zu verbüßen hat, der Fall sein kann (BGH, Urteil vom 20. Juli 1988 - 2 StR 348/88 und Beschluss vom 4. Januar 1994 - 4 StR 718/93, BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 3 und 5) - die Höhe der verhängten Freiheitsstrafe und das fortschreitende Alter eine ausreichende Grundlage für die Erwartung sind, der Angeklagte werde sich nunmehr allein die weitere Strafverbüßung zur Warnung dienen lassen. Die Strafkammer hätte dies erwägen und in nachvollziehbarer Weise über die vorgenannten allgemeinen Prognosekriterien hinaus konkrete Umstände darlegen müssen, weshalb eine solche Erwartung hier gleichwohl gerechtfertigt ist. Hieran fehlt es.
14
3. Nach alledem muss über die Anordnung der Sicherungsverwahrung neu befunden werden. Da die Strafkammer einen Bezug zur Höhe der Strafe hergestellt hat und nicht auszuschließen ist, dass die Gesamtstrafe bei Anordnung der Sicherungsverwahrung niedriger ausgefallen wäre, hebt der Senat - insoweit zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - auch den Strafausspruch auf. Der neue Tatrichter wird zudem erneut über die Frage einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB zu entscheiden haben.
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Mayer

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 427/09
vom
3. November 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Brandstiftung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 3. November
2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 b StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 23. Juni 2009 im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben , dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO und eine Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels zu treffen sind. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten am 30. Mai 2008 wegen Diebstahls und Brandstiftung unter Einbeziehung einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 19. März 2007 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hob der Senat unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen dieses Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf und verwies die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück. Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
Das Landgericht hat für die in der Nacht vom 13./14. Oktober 2007 begangenen verfahrensgegenständlichen Taten (erneut) auf Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und drei Jahren acht Monaten erkannt und hieraus die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten gebildet. An einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 StGB unter Einbeziehung der sechsmonatigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 19. März 2007 in Verbindung mit dem Berufungsurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Februar 2008 hat sich das Landgericht gehindert gesehen, weil diese Strafe seit dem 5. November 2008 vollständig vollstreckt und deshalb erledigt sei. Insoweit hat das Landgericht bei Bemessung der Gesamtstrafe einen Härteausgleich vorgenommen.
3
Die Nachprüfung des Urteils hat zu den Einzelstrafaussprüchen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers ergeben. Insoweit ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Die Gesamtstrafe hält indessen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
Das Landgericht hat verkannt, dass bei Aufhebung einer Gesamtstrafe durch das Revisionsgericht und Zurückverweisung der Sache an das Tatgericht in der neuen Verhandlung die Gesamtstrafenbildung nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung vorzunehmen ist, weil dem Beschwerdeführer ein früher erlangter Rechtsvorteil nicht durch sein Rechtsmittel genommen werden darf (st. Rspr.; vgl. nur BGH NStZ-RR 2008, 72; Fischer, StGB 56. Aufl. § 55 Rdn. 37 m. w. N.). Danach hätte das Landgericht der Gesamtstrafenbildung die Vollstreckungslage am 30. Mai 2008 zu Grunde legen müssen. Zu diesem Zeitpunkt war zwar die Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 16. Mai 2007 durch Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe vollständig erledigt, so dass diese Entscheidung keine Zäsurwirkung mehr entfalten konnte. Nicht erledigt war jedoch im Zeitpunkt des Erlasses des ersten tatrichterlichen Urteils in vorliegender Sache die Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 19. März 2007. Da für die nachträgliche Gesamtstrafenbildung der Zeitpunkt des in jener Sache ergangenen Berufungsurteils als letzte tatrichterliche (Sach-)Entscheidung maßgeblich ist (vgl. Fischer aaO Rdn. 7) und die verfahrensgegenständlichen Taten vor diesem Urteil begangen wurden, hätte das Landgericht aus den im vorliegenden Fall verhängten Einzelstrafen und der sechsmonatigen Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Neuss vom 19. März 2007 (i. V. m. dem Berufungsurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Februar 2008) eine nachträgliche Gesamtstrafe bilden müssen.
5
Dieser Rechtsfehler kann sich trotz des vorgenommenen Härteausgleichs zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben und nötigt abermals zur Aufhebung der Gesamtfreiheitsstrafe.
6
Der Senat hat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO Gebrauch gemacht.
7
Die Kosten- und Auslagenentscheidung war dem Verfahren gemäß §§ 460, 462 StPO vorzubehalten.
Becker von Lienen Sost-Scheible
Hubert Schäfer

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

(1) Sind die Voraussetzungen für mehrere Maßregeln erfüllt, ist aber der erstrebte Zweck durch einzelne von ihnen zu erreichen, so werden nur sie angeordnet. Dabei ist unter mehreren geeigneten Maßregeln denen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschweren.

(2) Im übrigen werden die Maßregeln nebeneinander angeordnet, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt.

(3) Werden mehrere freiheitsentziehende Maßregeln angeordnet, so bestimmt das Gericht die Reihenfolge der Vollstreckung. Vor dem Ende des Vollzugs einer Maßregel ordnet das Gericht jeweils den Vollzug der nächsten an, wenn deren Zweck die Unterbringung noch erfordert. § 67c Abs. 2 Satz 4 und 5 ist anzuwenden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Sind die Voraussetzungen für mehrere Maßregeln erfüllt, ist aber der erstrebte Zweck durch einzelne von ihnen zu erreichen, so werden nur sie angeordnet. Dabei ist unter mehreren geeigneten Maßregeln denen der Vorzug zu geben, die den Täter am wenigsten beschweren.

(2) Im übrigen werden die Maßregeln nebeneinander angeordnet, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt.

(3) Werden mehrere freiheitsentziehende Maßregeln angeordnet, so bestimmt das Gericht die Reihenfolge der Vollstreckung. Vor dem Ende des Vollzugs einer Maßregel ordnet das Gericht jeweils den Vollzug der nächsten an, wenn deren Zweck die Unterbringung noch erfordert. § 67c Abs. 2 Satz 4 und 5 ist anzuwenden.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 191/09
vom
19. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 19. Mai
2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf von 19. Dezember 2008 im Maßregelausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine Strafkammer des Landgerichts Krefeld zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hatte den Angeklagten mit Urteil vom 28. Februar 2008 wegen Totschlags und wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von dreizehn Jahren verurteilt und außerdem Sicherungsverwahrung angeordnet. Auf die Revision des Angeklagten hob der Senat mit Beschluss vom 17. Juli 2008 (vgl. NStZ-RR 2008, 335) diese Entscheidung im Rechtsfolgenausspruch mit den Feststellungen auf und verwies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurück. Dieses hat den Angeklagten nunmehr mit dem angefochtenen Urteil zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt und erneut die Unterbringung in der Sicherungsver- wahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision.
2
Das Rechtsmittel hat zum Maßregelausspruch Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Anordnung der Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 3 Satz 2 StGB hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht hat bei der vorrangig anzustellenden Prüfung, ob der Gefährlichkeit des Angeklagten nicht allein durch eine andere Maßregel begegnet werden kann (§ 72 Abs. 1 StGB), dessen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) mit rechtlich unzureichender Begründung abgelehnt.
4
a) Der u. a. wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Angeklagte konsumierte seit seiner Jugend bis zu seiner Festnahme in vorliegender Sache regelmäßig und massiv Cannabis und Alkohol. Er hielt sich seit Jahren im Obdachlosenund Alkoholikermilieu auf. Zeugenaussagen zufolge war er häufiger volltrunken. Insbesondere unter dem Einfluss von Alkohol, allerdings auch in nüchternem Zustand, kam es in der Vergangenheit zu vielfachen, teils erheblichen gewaltsamen Übergriffen gegen seine frühere Ehefrau, seine Stiefkinder und später gegen seine Lebensgefährtin. Auch bei Begehung der vorliegenden Taten war der Angeklagte erheblich alkoholisiert.
5
Das sachverständig beratene Landgericht hat in allen Fällen rechtsfehlerfrei eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB infolge eines Zusammenwirkens der alkoholischen Beeinflussung bei Tatbegehung und einer beim Angeklagten vorliegenden dissozialen Persönlichkeitsakzentuierung nicht auszuschließen vermocht. Die Voraussetzungen des § 64 StGB hat das Landgericht abgelehnt. Es hat zunächst offen gelassen, ob beim Angeklagten ein Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln vorliegt und hat sodann - einen Hang unterstellend - in Übereinstimmung mit der psychiatrischen Sachverständigen angenommen, dass zwischen den abgeurteilten Taten und einem Hang des Angeklagten zu übermäßigem Alkoholgenuss jedenfalls ein symptomatischer Zusammenhang nicht bestehe. Die Taten gingen nicht auf einen solchen Hang zurück, sondern seien vielmehr Ausdruck der dissozialen Wesensart des Angeklagten.
6
b) Diese Begründung trägt das Absehen von einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB nicht. Bei seiner Bewertung ist das Landgericht von einem zu engen und deshalb rechtsfehlerhaften Verständnis von dem erforderlichen symptomatischen Zusammenhang zwischen einem Hang zum übermäßigen Konsum von Rauschmitteln und der Anlasstat des Täters ausgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung ist nicht erforderlich, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstat ist. Vielmehr ist ein solcher Zusammenhang auch dann zu bejahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 78 f. m. w. N.).
7
So liegt es hier. Das Landgericht hat zur Begründung der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit auch auf die Alkoholisierung des Angeklagten zur Tatzeit abgestellt, so dass sich deren Mitursächlichkeit für die Begehung der Taten von selbst versteht. Es drängt sich darüber hinaus nach den vom Landgericht zum Konsumverhalten des Angeklagten getroffenen Feststellungen auf, dass die zur Tatzeit vorliegende Alkoholisierung des Angeklagten auf einen Hang zum übermäßigen Konsum alkoholischer Getränke zurückzuführen ist.
8
2. Erweist sich danach die Ablehnung einer Maßregelanordnung nach § 64 StGB als rechtsfehlerhaft, so ist damit zugleich der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung die Grundlage entzogen (§ 72 Abs. 1 Satz 1 StGB). Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Strafkammer, wäre sie vom Vorliegen eines Hanges ausgegangen und hätte sie den Anlasstaten Symptomwert für den Hang zugeschrieben, nicht nur die Gefahrprognose, sondern auch eine hinreichend konkrete Aussicht auf eine erfolgreiche Suchtbehandlung und eine damit einhergehende deutliche Verringerung der Tätergefährlichkeit bejaht hätte , zumal zwischen der Persönlichkeitsakzentuierung des Angeklagten und seinem Rauschmittelkonsum nach den Feststellungen durchaus Wechselwirkungen bestehen.
9
3. Danach muss über die Frage der Maßregelanordnung nach § 66 und § 64 StGB neu verhandelt und entschieden werden. Der neue Tatrichter wird dabei zu beachten haben, dass Unsicherheiten über den Erfolg allein der milderen Maßregel zur kumulativen Anordnung von Maßregeln führen (vgl. BGH StV 2007, 633).
10
Für die neue Hauptverhandlung wird es sich empfehlen, einen anderen Sachverständigen beizuziehen.
11
4. Der Senat hat von § 354 Abs. 2 2. Halbs. StPO Gebrauch gemacht und die Sache an ein anderes Landgericht zurückverwiesen. Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Schäfer

(1) Das Gericht ordnet neben der Strafe die Sicherungsverwahrung an, wenn

1.
jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die
a)
sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet,
b)
unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz fällt und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht ist oder
c)
den Tatbestand des § 145a erfüllt, soweit die Führungsaufsicht auf Grund einer Straftat der in den Buchstaben a oder b genannten Art eingetreten ist, oder den Tatbestand des § 323a, soweit die im Rausch begangene rechtswidrige Tat eine solche der in den Buchstaben a oder b genannten Art ist,
2.
der Täter wegen Straftaten der in Nummer 1 genannten Art, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon zweimal jeweils zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
3.
er wegen einer oder mehrerer dieser Taten vor der neuen Tat für die Zeit von mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe verbüßt oder sich im Vollzug einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung befunden hat und
4.
die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten ergibt, dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.
Für die Einordnung als Straftat im Sinne von Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gilt § 12 Absatz 3 entsprechend, für die Beendigung der in Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c genannten Führungsaufsicht § 68b Absatz 1 Satz 4.

(2) Hat jemand drei Straftaten der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 genannten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verwirkt hat, und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzung neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen.

(3) Wird jemand wegen eines die Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a oder b erfüllenden Verbrechens oder wegen einer Straftat nach § 89a Absatz 1 bis 3, § 89c Absatz 1 bis 3, § 129a Absatz 5 Satz 1 erste Alternative, auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1, den §§ 174 bis 174c, 176a, 176b, 177 Absatz 2 Nummer 1, Absatz 3 und 6, §§ 180, 182, 224, 225 Abs. 1 oder 2 oder wegen einer vorsätzlichen Straftat nach § 323a, soweit die im Rausch begangene Tat eine der vorgenannten rechtswidrigen Taten ist, zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt, so kann das Gericht neben der Strafe die Sicherungsverwahrung anordnen, wenn der Täter wegen einer oder mehrerer solcher Straftaten, die er vor der neuen Tat begangen hat, schon einmal zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist und die in Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Hat jemand zwei Straftaten der in Satz 1 bezeichneten Art begangen, durch die er jeweils Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verwirkt hat und wird er wegen einer oder mehrerer dieser Taten zu Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt, so kann das Gericht unter den in Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bezeichneten Voraussetzungen neben der Strafe die Sicherungsverwahrung auch ohne frühere Verurteilung oder Freiheitsentziehung (Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und 3) anordnen. Die Absätze 1 und 2 bleiben unberührt.

(4) Im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 gilt eine Verurteilung zu Gesamtstrafe als eine einzige Verurteilung. Ist Untersuchungshaft oder eine andere Freiheitsentziehung auf Freiheitsstrafe angerechnet, so gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3. Eine frühere Tat bleibt außer Betracht, wenn zwischen ihr und der folgenden Tat mehr als fünf Jahre verstrichen sind; bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung beträgt die Frist fünfzehn Jahre. In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist. Eine Tat, die außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes abgeurteilt worden ist, steht einer innerhalb dieses Bereichs abgeurteilten Tat gleich, wenn sie nach deutschem Strafrecht eine Straftat der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, in den Fällen des Absatzes 3 der in Absatz 3 Satz 1 bezeichneten Art wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
3 StR 175/11
vom
4. August 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. August
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt (GL)
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 25. Januar 2011 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit von der Anordnung der Sicherungsverwahrung abgesehen worden ist
b) sowie zu Gunsten des Angeklagten im Strafausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten und der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in drei Fällen sowie wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung und Bedrohung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Die hiergegen gerichtete, auf zwei Verfahrensrügen und die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft ist auf die Nichtanordnung der Maßregel der Sicherungsverwahrung beschränkt. Zwar hat die Staatsanwaltschaft am Ende ihrer Ausführungen die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung beantragt. Dies steht jedoch mit dem übrigen Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Revisionsführerin das Urteil nur deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht von der Anordnung der Sicherungsverwahrung zu Unrecht abgesehen habe. Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung. In einem solchen Fall ist nach ständiger Rechtsprechung das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln. Nach dem insoweit maßgeblichen und hier eindeutigen Sinn der Revisionsbegründung ist deshalb allein die Nichtanordnung der Maßregel angefochten und das Urteil im Übrigen vom Rechtsmittelangriff ausgenommen. Der Senat bemerkt jedoch, dass, zumal bei einer Revision der Staatsanwaltschaft, der Revisionsantrag deckungsgleich mit dem Inhalt der Revisionsbegründung sein sollte. Das Revisionsverfahren wird unnötig belastet, wenn der Umfang der Anfechtung erst durch Auslegung ermittelt werden muss (BGH, Urteil vom 7. Mai 2009 - 3 StR 122/09 mwN).
3
Die Beschränkung der Revision ist indes unwirksam, soweit der Strafausspruch vom Rechtsmittelangriff ausgenommen wird. Dieser steht hier in einem nicht trennbaren Zusammenhang mit der Maßregelanordnung.
4
Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel führt auf die Sachrüge zur Aufhebung der Entscheidung über die Sicherungsverwahrung und - insoweit nur zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - des gesamten Strafausspruchs. Auf die Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.
5
1. Gegenstand der Verurteilung sind vier Taten des Angeklagten zum Nachteil seiner früheren Lebensgefährtin.
6
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts zwang der Angeklagte die Nebenklägerin in der Nacht zum 5. Mai 2009 durch erhebliche, zum Verlust von Zähnen führende Gewalt zuerst zum Oralverkehr und sodann zum Geschlechtsverkehr. Am Abend des Vortages hatte die Nebenklägerin dem Angeklagten mitgeteilt, die Beziehung zu ihm beenden zu wollen, und ihn aufgefordert , spätestens am nächsten Tag ihre Wohnung zu verlassen.
7
b) Nachdem es im Dezember 2009 zu einer Versöhnung und erneutem Zusammenleben gekommen war, trennte sich die Nebenklägerin Anfang Mai 2010 ein weiteres Mal vom Angeklagten. Dieser "passte" sie daraufhin Ende Mai / Anfang Juni in den Abendstunden auf einem Spaziergang "ab" und zwang sie unter Todesdrohungen und Einsatz einfacher körperlicher Gewalt in einem Waldstück zum Geschlechtsverkehr.
8
c) Am 24. Juli 2010 überraschte der Angeklagte die Nebenklägerin erneut auf einem Abendspaziergang. Er zwang sie, indem er sie bis zur Luftnot würgte und mit dem Tod bedrohte, zur Herausgabe ihres Mobiltelefons und verbrachte sie auf den Rücksitz ihres Autos.
9
d) Im Anschluss daran fuhr der Angeklagte mit ihr zu seiner Wohnung. Dort schlug er sie mehrfach ins Gesicht, zerrte an ihren Haaren, riss ihren Kopf nach hinten und nötigte sie damit zum Oralverkehr. Sodann zwang er sie mit weiteren Schlägen, sich auszuziehen und sich selbst zu befriedigen, was der Angeklagte mit einer Kamera filmte. Danach nötigte er die Nebenklägerin mit Gewalt insgesamt zweimal zum Geschlechtsverkehr.
10
2. Das Landgericht hat hierfür Einzelstrafen von vier Jahren, drei Jahren und sechs Monaten, neun Monaten sowie von sechs Jahren verhängt und dar- aus eine Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten gebildet. Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung hat es abgesehen und dazu ausgeführt: Es bestehe aufgrund der dissozialen Persönlichkeitsstörung des Angeklagten zwar eine eher hohe Rückfallgefahr, indes könne bei dem Angeklagten ein Hang zu erheblichen Straftaten (§ 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF) nicht festgestellt werden. Die dissoziale Persönlichkeitsstörung weise keine sadistischen Anteile auf; die Merkmale der "Psychopathy" seien nur im "unteren Bereich" zu bejahen; antisoziale Denkstile seien beim Angeklagten nicht festzustellen ; eine progrediente Entwicklung der Straftaten sei nicht zu erkennen; zwischen den früheren Straftaten lägen teilweise lange Zeitabschnitte; es könne "bei keiner der Vergewaltigungstaten festgestellt werden, dass der Angeklagte nicht lediglich sich ihm bietende Gelegenheiten zu sexuellen Handlungen wahrgenommen" habe.
11
3. Die Begründung, mit der das Landgericht beim Angeklagten einen Hang zu erheblichen Straftaten verneint hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie geht in Teilen von falschen Maßstäben aus oder steht im Widerspruch zu den Feststellungen.
12
a) Das Landgericht hat das Fehlen sadistischer Anteile in der Persönlichkeitsstörung des Angeklagten fehlerhaft bewertet. Nach ständiger Rechtsprechung kommt es auf die Ursache für die fest eingewurzelte Neigung zu Straftaten nicht an (BGH, Urteil vom 12. Dezember 1979 - 3 StR 436/79, NJW 1980, 1055 mwN). Ein Hang zur Begehung von erheblichen, gewalttätigen Sexualdelikten kann auch dann vorliegen, wenn der Täter in der Verletzung oder Demütigung seines Opfers nicht die hauptsächliche Quelle der Erregung oder der Befriedigung findet (vgl. zum Sadismus Elsner/Leygraf in Kröber u.a., Handbuch der forensischen Psychiatrie Bd. 2, 1. Aufl., S. 472, 485).
13
b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts verläuft die Kriminalitätsentwicklung des Angeklagten nach den getroffenen Feststellungen durchaus progredient. Unzutreffend ist zudem die Einschätzung, es habe sich bei den Straftaten des Angeklagten jeweils um Gelegenheitstaten gehandelt.
14
Die Vergewaltigung, die der Angeklagte im Alter von 23 Jahren zum Nachteil der Ehefrau eines Freundes begangen hatte und wegen der er 1985 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden war, war zwar noch eine Spontantat. Dagegen hat der Angeklagte im Jahr 2003 die Vergewaltigung und Körperverletzung seiner damaligen Ehefrau, für die 2004 eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren gegen ihn verhängt worden ist, begangen , nachdem er sein Opfer mittels einer Finte ins Haus gelockt hatte. Die Tat zog sich zudem über einen längeren Zeitraum hin und war von einer besonderen Erniedrigung geprägt. Die nunmehr abgeurteilten Taten zeigen sowohl in der Intensität der Gewaltausübung als auch der abgenötigten Handlungen eine weitere Steigerung. Zudem verkürzten sich die Abstände zwischen den Übergriffen deutlich. Zwei von ihnen beruhten zuletzt auf planvollem Vorgehen des Angeklagten.
15
4. Die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Anordnung der Sicherungsverwahrung abgelehnt worden ist, führt hier auch zur Aufhebung des Strafausspruches. Denn es lässt sich nicht ausschließen, dass die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe niedriger ausgefallen wären, wenn das Landgericht zugleich auf Sicherungsverwahrung erkannt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 1979 - 3 StR 436/79, NJW 1980, 1055 mwN; Urteil vom 3. Februar 2011 - 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172).
16
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
17
a) Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2011 (2 BvR 2365/09 u.a., NJW 2011, 1931) sind u.a. die hier anzuwendenden Bestimmungen über die Sicherungsverwahrung als mit Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG i.V.m. Art. 104 Abs. 1 GG unvereinbar erklärt worden. Das Bundesverfassungsgericht hat aber angeordnet, dass die Vorschriften bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber - längstens bis 31. Mai 2013 - nach Maßgabe der Gründe seiner Entscheidung weiter anwendbar bleiben. Danach bedarf es wegen der derzeit verfassungswidrigen Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung einer "strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung", wenn sie gleichwohl angeordnet werden soll. In der Regel wird die Anordnung nur verhältnismäßig sein, wenn "eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist" (BVerfG aaO Rn. 172).
18
Der Senat versteht die vom Bundesverfassungsgericht geforderte "strikte Verhältnismäßigkeitsprüfung" dahin, dass bei beiden Elementen der Gefährlichkeit - mithin der Erheblichkeit weiterer Straftaten und der Wahrscheinlichkeit ihrer Begehung (vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 - 4 StR 164/11) - ein gegenüber der bisherigen Rechtsanwendung strengerer Maßstab anzulegen ist. Hierzu im Einzelnen:
19
(1) Hinsichtlich der Erheblichkeit weiterer Straftaten kommen regelmäßig nur "schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten" in Betracht. Hierin liegt, ansonsten wäre die genannte Maßgabe ohne Inhalt, eine Einschränkung gegenüber den Taten, die nach bisher geltendem Recht Voraussetzungen für die Anordnung der Sicherungsverwahrung darstellen. Dies gilt sowohl für die Straftatenkataloge als auch für die Beschreibung der Taten, auf die sich der Hang beziehen muss. Nicht alle "erheblichen Straftaten", durch welche die Opfer "seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden" (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB aF bzw. § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB), sind auch "schwere Gewalt- oder Sexualstraftaten" im Sinne der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts zur Weitergeltung von § 66 StGB.
20
Nach Ansicht des Senats sind Vergewaltigungen (§ 177 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) wegen der dafür im Regelfall angedrohten Mindeststrafe von zwei Jahren sowie der für die Tatopfer damit regelmäßig verbundenen psychischen Auswirkungen grundsätzlich als "schwere Sexualstraftaten" im vorstehenden Sinn anzusehen.
21
(2) Die Wahrscheinlichkeit der Begehung solcher Taten muss "aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten" sein. Auch dies stellt höhere Anforderungen als die bislang vom Gesetz als Beurteilungsgrundlage für die Gefährlichkeitsprognose geforderte "Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten". Das Landgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Gefahrenprognose lediglich ausgeführt, die Rückfallgefahr sei "eher hoch" und die Gefährlichkeit des Angeklagten würde "bejaht". Solche verkürzten Darlegungen würden selbst den hergebrachten Anforderungen nicht genügen. Der neue Tatrichter wird ggf. die Gefährlichkeit aus konkreten Umständen herleiten und sich dabei insbesondere damit auseinandersetzen müssen , dass die Taten des Angeklagten aus dem situativen Zusammenhang einer Beziehungskrise begangen worden und zwischen den abgeurteilten Taten und den früheren Vergewaltigungen Zeiträume von fünfeinhalb bzw. 19 Jahre verstrichen sind.
22
b) Die Anordnung der Sicherungsverwahrung könnte, sofern der neue Tatrichter einen Hang zu erheblichen Straftaten und eine auf ihm beruhende Gefährlichkeit des Angeklagten bejahen sollte, nur auf § 66 Abs. 2 oder Abs. 3 Satz 2 StGB aF gestützt werden. § 66 Abs. 1 StGB aF kommt als Grundlage dafür nicht in Betracht, da die Verurteilung des Angeklagten wegen Vergewaltigung aus dem Jahr 1985 auf Grund der eingetretenen "Rückfallverjährung" (§ 66 Abs. 4 Satz 3 StGB aF) als Vorverurteilung ausscheidet und deshalb die formelle Voraussetzung einer zweiten Vorstrafe fehlt.
23
c) Die Anordnung läge sodann im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Dieser soll die Möglichkeit haben, sich ungeachtet der festgestellten hangbedingten Gefährlichkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der Urteilsfällung auf die Verhängung einer Freiheitsstrafe zu beschränken, sofern erwartet werden kann, dass sich der Täter schon die Strafe hinreichend zur Warnung dienen lässt. Damit wird dem Ausnahmecharakter der Vorschrift Rechnung getragen, der sich daraus ergibt, dass § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB - im Gegensatz zu Absatz 1 der Vorschrift - eine frühere Verurteilung und eine frühere Strafverbüßung des Täters nicht voraussetzen. Die maßgeblichen Gründe für seine Ermessensentscheidung muss der Tatrichter nachvollziehbar darlegen, um dem Revisionsgericht die Nachprüfung der Ermessensentscheidung zu ermöglichen (Urteil vom 3. Februar 2011 - 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172 mwN).
VRiBGH Becker befindet Pfister Schäfer sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Pfister
Mayer Menges

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.