Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2019 - 4 StR 211/19

bei uns veröffentlicht am18.07.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 211/19
vom
18. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
ECLI:DE:BGH:2019:180719B4STR211.19.0

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 18. Juli 2019 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten D. wird das Urteil des Landgerichts Zweibrücken, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Dagegen richtet sich die auf die Sachrüge und eine Verfahrensrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.
2
Die Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen (täterschaftlichen ) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
3
1. Nach den Feststellungen bot der nicht revidierende Mitangeklagte S. Anfang Dezember 2017 dem Zeugen B. an, für ihn fünf Kilo- gramm Amphetamin in Holland zu besorgen. S. wollte pro Kilogramm 500 Euro verdienen. Am Morgen des 11. Dezember 2017 sagte er dem Zeugen , dass er sogar elf Kilogramm liefern könne. Am Abend fuhr S. mit dem Angeklagten D. nach Sa. , wo beide elf Kilogramm Amphetamin abholten. Sie fuhren damit zur Autobahnraststätte R. , wo das Geschäft abgewickelt werden sollte. S. zeigte dem Zeugen das Amphetamin , der mit einem großen Küchenmesser bewaffnete Angeklagte sagte dabei zu dem Zeugen: „Wir haben elf Kilogramm für dich“. Anschließend erfolg- te der polizeiliche Zugriff. Das Landgericht hat den Tatbeitrag des Angeklagten D. als mittäterschaftlich gewertet, „auch wenn ungeklärt bleibt, welchen konkreten finanziellen Vorteil er möglicherweise aus der Tat hat ziehen wollen bzw. sollen“ (UA S. 36).
4
2. Damit ist der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht belegt. Dieser setzt Eigennützigkeit voraus. Eigennützig handelt der Täter, dem es auf seinen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 12. August 2015 – 4 StR 312/15, juris, Rn. 4 mwN). Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte finanzielle oder sonstige persönliche Vorteile aus seiner Mitwirkung versprach, lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Wer aber nicht selbst eigennützig handelt, sondern lediglich den Eigennutz eines anderen unterstützen will, ist Gehilfe (BGH, Beschluss vom 4. August 2009 – 3 StR 305/09, juris, Rn. 6 mwN).
5
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Senat kann nicht ausschließen, dass noch Feststellungen getroffen werden können, die die Annahme (mit-)täterschaftlichen Handelns des Angeklagten tragen. Der neue Tatrichter wird Gelegenheit haben, die Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung des Angeklagten im Rahmen des Gesamtgeschäfts näher darzulegen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2019 – 4 StR 22/19, juris, Rn. 3 mwN).
Quentin Roggenbuck Cierniak
Bender Feilcke

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Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2019 - 4 StR 211/19 zitiert 1 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

4
b) Damit ist der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht belegt. Dieser setzt Eigennützigkeit voraus. Eigennützig handelt der Täter, dem es auf seinen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2012 - 4 StR 117/12 mwN). Finanzielle Vorteile erlangte der Angeklagte aus diesem Geschäft nicht. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte gleichwohl solche oder sonstige persönliche Vorteile aus seiner Mitwirkung versprach , lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Wer aber nicht selbst eigennützig handelt, sondern lediglich den Eigennutz eines anderen unterstützen will, ist Gehilfe (BGH, Beschluss vom 4. August 2009 - 3 StR 305/09).
6
a) Für ein Handeltreiben im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG genügt nicht allein das Bemühen des Täters, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Der Tatbestand setzt vielmehr auch voraus, dass der Täter aus Eigennutz handelt; er muss sich von seinem Tun einen persönlichen Vorteil versprechen, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird (BGH NStZ 2006, 578). Wer nicht selbst eigennützig handelt, sondern lediglich den Eigennutz eines anderen unterstützen will, etwa wenn er das Betäubungsmittel für andere veräußert, ohne dass ihm der Erlös wenigstens zeitweise wirtschaftlich zur Verfügung steht, kann nicht Täter des Handeltreibens sein, sondern ist Gehilfe (BGHSt 34, 124, 125 ff.; BGH StV 1992, 232). So liegt der Fall hier. Der Angeklagte führte den vollständigen Erlös aus dem Verkauf der 300 Gramm Marihuana an K. ab. Hinweise darauf, dass ihm für seine Tätigkeit ein Vorteil zufließen sollte, ergeben sich aus den rechtsfehlerfreien Feststellungen der Strafkammer nicht.
3
1. a) Die Frage, ob die Beteiligung an einer Bandentat als Mittäterschaft oder als Beihilfe einzuordnen ist, ist auch beim bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach den Grundsätzen des allgemeinen Strafrechts zu beantworten (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 StR 128/17; Urteile vom 14. Dezember 2006 – 4 StR 421/06, NStZ 2007, 288; vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 221). Wesentliche Anhaltspunkte sind dabei der Grad des Tatinteresses, der Umfang der Tatbeteiligung , die Tatherrschaft oder jedenfalls der Wille zur Tatherrschaft, so dass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 14. Dezember 2006, aaO mwN). Beschränkt sich die Beteiligung auf einen Teilakt des Umsatzgeschäfts, kommt es nach neuerer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblich darauf an, welche Bedeutung der konkreten Beteiligungshandlung im Rahmen des Gesamtgeschäfts zukommt (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 7. Juni 2017 – 4 StR 128/17 und vom 22. August 2012 – 4 StR 272/12, NStZ-RR 2012, 375 mwN; BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219, 222). Diese Umstände sind in die erforderliche wertende Gesamtbetrachtung einzubeziehen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2016 – 3 StR 195/16, NStZ-RR 2017, 84, 85).