Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 4 StR 312/15

bei uns veröffentlicht am12.08.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 S t R 3 1 2 / 1 5
vom
12. August 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 12. August 2015 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 27. April 2015 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Fall II. 2. der Urteilsgründe,
b) im Strafausspruch im Fall II. 1. der Urteilsgründe,
c) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Im Fall II. 2. der Urteilsgründe tragen die Feststellungen nicht die Verurteilung wegen (täterschaftlichen) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
3
a) Nach den Feststellungen veräußerten der Angeklagte und der gesondert verfolgte K. aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses 800 Gramm Amphetamin, welches der Angeklagte zuvor gestreckt hatte, an den gesondert verfolgten S. . Dieser zahlte 5.000 € für die Lieferung; das Geld war für den zwischenzeitlich festgenommenen Ü. bestimmt. „Fi- nanziell partizipierte der Angeklagte an diesem Geschäft nicht“ (UA 7).
4
b) Damit ist der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht belegt. Dieser setzt Eigennützigkeit voraus. Eigennützig handelt der Täter, dem es auf seinen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 22. Mai 2012 - 4 StR 117/12 mwN). Finanzielle Vorteile erlangte der Angeklagte aus diesem Geschäft nicht. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte gleichwohl solche oder sonstige persönliche Vorteile aus seiner Mitwirkung versprach , lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Wer aber nicht selbst eigennützig handelt, sondern lediglich den Eigennutz eines anderen unterstützen will, ist Gehilfe (BGH, Beschluss vom 4. August 2009 - 3 StR 305/09).
5
c) Der Senat sieht in Übereinstimmung mit dem Generalbundesanwalt davon ab, den Schuldspruch auf Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln umzustellen, da nicht auszuschließen ist, dass in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen täterschaftlichen Handeltreibens tragen.
6
2. Im Fall II. 1. der Urteilsgründe kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben, weil die Strafkammer eine mögliche Strafmilderung nach § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG nicht erörtert hat.
7
Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte bereits im Ermittlungsverfahren "das äußere Tatgeschehen ... im Wesentlichen eingeräumt." Bei der Abwägung, ob ein minder schwerer Fall des § 30 Abs. 2 BtMG vorliegt, hat die Strafkammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er "erhebliche Aufklärungshilfe" geleistet habe. Er habe insbesondere die an der Kurierfahrt beteiligte Fahrerin benannt.
8
Diese Ausführungen legen nahe, dass die Voraussetzungen des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG erfüllt sind. Das Landgericht hätte daher die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift im Einzelnen prüfen müssen. Als vertypten Milderungsgrund hat die Strafkammer indes § 31 BtMG weder in ihre Abwägung zum minder schweren Fall eingestellt noch eine Strafrahmenverschiebung nach § 49 Abs. 1 StGB geprüft.
9
3. Der Wegfall der Einsatzstrafe entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage.
10
4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Sost-Scheible Cierniak Mutzbauer Bender Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 4 StR 312/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 4 StR 312/15

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 31 Strafmilderung oder Absehen von Strafe


Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter1.durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich d
Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 4 StR 312/15 zitiert 4 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 31 Strafmilderung oder Absehen von Strafe


Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter1.durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich d

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 4 StR 312/15 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 4 StR 312/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Aug. 2009 - 3 StR 305/09

bei uns veröffentlicht am 04.08.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 305/09 vom 4. August 2009 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des G

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Mai 2012 - 4 StR 117/12

bei uns veröffentlicht am 22.05.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 117/12 vom 22. Mai 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalb
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Aug. 2015 - 4 StR 312/15.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2019 - 4 StR 211/19

bei uns veröffentlicht am 18.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 211/19 vom 18. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ECLI:DE:BGH:2019:180719B4STR211.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Genera

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Sept. 2016 - 4 StR 304/16

bei uns veröffentlicht am 13.09.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 304/16 vom 13. September 2016 in der Strafsache gegen wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a. ECLI:DE:BGH:2016:130916B4STR304.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat na

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 117/12
vom
22. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 22. Mai 2012 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten L. wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 12. Dezember 2011, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben ,
a) in den Fällen III. 1., 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe,
b) im Gesamtstrafenausspruch und
c) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten L. und die Revision des Angeklagten B. werden verworfen.
4. Der Angeklagte B. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten L. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 9.000 € angeordnet. Den Angeklagten B. hat es wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 500 € angeordnet. Gegen dieses Urteil wenden sich beide Angeklagte mit ihren Revisionen und rügen die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel des Angeklagten L. hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg, während das Rechtsmittel des Angeklagten B. erfolglos bleibt.

I.


2
1. Der Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln setzt Eigennützigkeit voraus. Eigennützig handelt der Täter, dem es auf seinen persönlichen Vorteil, insbesondere auf die Erzielung von Gewinn ankommt (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 21. Februar 1979 – 2 StR 663/78, BGHSt 28, 308, 309, und vom 24. Juni 1986 – 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 125). Eine solche Eigennützigkeit des Angeklagten L. belegen die Feststellungen in den Fällen III. 1., 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe nicht.
3
a) Im Fall III. 1. der Urteilsgründe sollte der frühere Mitangeklagte und Abnehmer des Rauschgifts S. genau die 8.400 € bezahlen, die der nie- derländische Lieferant G. seinerseits dafür verlangt hatte. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Angeklagte L. sonstige persönliche Vorteile aus dem Geschäft versprach, lassen sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Dementsprechend hat die Strafkammer dem Angeklagten L. imRahmen der Strafzumessung ausdrücklich zu Gute gehalten, dass er dem S. ursprünglich nur in einem Fall behilflich sein und als Vermittler zu G. tätig werden wollte. Wer nicht selbst eigennützig handelt, sondern lediglich den Eigennutz eines anderen unterstützen will, ist Gehilfe (vgl. BGH, Beschluss vom 4. August 2009 – 3 StR 305/09 Rn. 6). Der Senat sieht davon ab, den Schuldspruch auf Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge umzustellen, da nicht auszuschließen ist, dass in der neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die eine Verurteilung des Angeklagten L. wegen täterschaftlichen Handeltreibens tragen.
4
b) Auch in den Fällen III. 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe ist nicht belegt, dass der Angeklagte L. einen Gewinn aus den Geschäften erzielen wollte. In allen Fällen fehlt die Feststellung, welchen Preis der Angeklagte L. mit dem Lieferanten G. vereinbart hatte. Im Fall III. 6. der Urteilsgründe bleibt daher unklar, ob es sich bei den von der Ehefrau des Angeklagten L. aus dem von S. übergebenen Kaufpreis entnommenen 370 € um dessen Gewinn handelte. In den Fällen III. 7., 8. und 9. der Urteilsgründe fehlen auch Feststellungen dazu, welchen Preis der Angeklagte L. mit S. vereinbart hatte. Soweit im Urteil ausdrücklich angegeben ist, dass das Rauschgift gewinnbringend verkauft wurde oder verkauft werden sollte, beziehen sich diese Feststellungen jeweils auf die früheren Mitangeklagten St. und S. .
5
2. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen III. 1., 4., 6., 7., 8. und 9. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung der Einzelstrafen in diesen Fällen, der Gesamtstrafe und der Anordnung des Verfalls von Wertersatz. Der neue Tatrichter wird zu bedenken haben, dass die Höhe einer gegebenenfalls festzustellenden Gewinnerwartung auch für die Strafzumessung bedeutsam sein kann. Hinsichtlich der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wird bei der Ermittlung des Erlangten zu beachten sein, dass der Angeklagte L. nach den bisherigen Feststellungen im Fall III. 1. der Urteilsgründe keine Einnahmen erzielt hat.

II.


6
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten B. nicht ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Die fehlerhaften Feststellungen hinsichtlich des Tatbestands des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge bei dem Angeklagten L. wirken sich auf die Verurteilung des Angeklagten B. wegen tateinheitlicher Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht aus, weil die Urteilsgründe unzweifelhaft Beihilfehandlungen auch zu Gunsten der früheren Mitangeklagten St. und S. belegen.
Ernemann Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 305/09
vom
4. August 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
4. August 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 19. Dezember 2008, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch zu Fall II. 3 der Urteilsgründe dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen, davon in sechs Fällen tateinheitlich mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln, sowie wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in 30 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt; es hat ausgesprochen, dass hiervon vier Monate als vollstreckt gelten. Gegen die Verurteilung wendet sich die Revision des Angeklagten mit den nicht ausgeführten Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts.
2
Die nicht ausgeführte Verfahrensrüge ist unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Mit der allgemeinen Sachrüge hat das Rechtsmittel den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Zu Fall II. 3 der Urteilsgründe ist der Schuldspruch abzuändern.
4
1. Nach den Feststellungen erhielt der Angeklagte vom früheren Mitangeklagten Sami E 600 Gramm Marihuana mit mindestens 10,9 % Wirkstoffgehalt , das vom Zeugen K. stammte. Davon sollte er 500 Gramm gewinnbringend weiterverkaufen und 100 Gramm für Geschäfte des früheren Mitangeklagten Aziz E. aufbewahren. Der Angeklagte verkaufte etwa 300 Gramm und übergab den Erlös dem Zeugen K. . Der Rest des Marihuanas wurde in seiner Wohnung sichergestellt.
5
2. Dies trägt nicht den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Der Angeklagte ist vielmehr der Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln, jeweils in nicht geringer Menge, schuldig.
6
a) Für ein Handeltreiben im Sinne von § 29 Abs. 1 Nr. 1, § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG genügt nicht allein das Bemühen des Täters, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Der Tatbestand setzt vielmehr auch voraus, dass der Täter aus Eigennutz handelt; er muss sich von seinem Tun einen persönlichen Vorteil versprechen, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird (BGH NStZ 2006, 578). Wer nicht selbst eigennützig handelt, sondern lediglich den Eigennutz eines anderen unterstützen will, etwa wenn er das Betäubungsmittel für andere veräußert, ohne dass ihm der Erlös wenigstens zeitweise wirtschaftlich zur Verfügung steht, kann nicht Täter des Handeltreibens sein, sondern ist Gehilfe (BGHSt 34, 124, 125 ff.; BGH StV 1992, 232). So liegt der Fall hier. Der Angeklagte führte den vollständigen Erlös aus dem Verkauf der 300 Gramm Marihuana an K. ab. Hinweise darauf, dass ihm für seine Tätigkeit ein Vorteil zufließen sollte, ergeben sich aus den rechtsfehlerfreien Feststellungen der Strafkammer nicht.
7
b) Neben der Beihilfe zum Handeltreiben behält die täterschaftliche Begehungsform des Besitzes ihre selbständige Bedeutung; es besteht Tateinheit (BGH StV 1992, 232; 1998, 587).
8
Der Senat hat den Schuldspruch zu diesem Fall entsprechend abgeändert , da weitergehende Feststellungen, die eine Verurteilung des Angeklagten wegen täterschaftlichen Handeltreibens tragen würden, nicht mehr zu erwarten sind. § 265 StPO steht der Änderung nicht entgegen; der geständige Angeklagte hätte sich auf einen entsprechenden Hinweis nicht abweichend verteidigen können.
9
3. Der Rechtsfehler berührt nicht den Strafausspruch. Es ist auszuschließen , dass die Strafkammer für die Tat bei zutreffender rechtlicher Würdigung eine mildere Einzelstrafe als die ausgesprochenen "12 Monate Freiheitsstrafe" festgesetzt hätte.

II.


10
Keinen Bestand hat das Urteil, soweit eine Entscheidung zur Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterblieben ist.
11
1. Nach den Feststellungen kam der Angeklagte bereits nach der Hauptschule mit Marihuana und Haschisch in Kontakt. Am 12. August 1998 und erneut im Jahre 2000 wurde er einschlägig verurteilt; nach der Entlassung aus der Haft im März 2001 konsumierte er "regelmäßig und in steigenden Mengen" Marihuana. Am 7. März 2003 folgte eine weitere einschlägige Verurteilung. Die nunmehr unter II. 1 und 2 festgestellten Taten belegen für die Zeit bis März 2005 ebenfalls einen nicht unerheblichen Konsum von Marihuana; soweit der Angeklagte Handel getrieben hat, dienten die Straftaten "jedenfalls zu Beginn" vor allem dazu, den Eigenbedarf zu finanzieren. Dem Angeklagten eine günstige Prognose zu stellen sieht sich die Strafkammer außerstande.
12
2. Die sich hiernach aufdrängende Prüfung, ob die Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gegeben sind, ist rechtsfehlerhaft unterblieben. Über die Anordnung der Maßregel muss deshalb neu verhandelt und entschieden werden; unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO) werden hierzu insgesamt neue Feststellungen zu treffen sein. Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, stünde der Anordnung der Maßregel nicht entgegen (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Landgericht nicht von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen (vgl. BGHSt 38, 362 f.).
Becker Pfister Sost-Scheible
Hubert Mayer

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter

1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder
2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
War der Täter an der Tat beteiligt, muss sich sein Beitrag zur Aufklärung nach Satz 1 Nummer 1 über den eigenen Tatbeitrag hinaus erstrecken. § 46b Abs. 2 und 3 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.