Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2013 - 4 StR 356/13

bei uns veröffentlicht am18.12.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 356/13
vom
18. Dezember 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Urkundenfälschung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 18. Dezember 2013 gemäß § 349
Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 11. März 2013
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Urkundenfälschung in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung in sieben Fällen sowie der Urkundenfälschung schuldig ist; die Einzelstrafe im Fall III. 2. e der Urteilsgründe entfällt;
b) im Gesamtstrafenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels bleibt dem für das Nachverfahren gemäß §§ 460, 462 StPO zuständigen Gericht vorbehalten.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung in fünf Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung, unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juni 2009 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten sowie wegen Urkundenfälschung in vier Fällen jeweils in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung zu der weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Annahme selbständiger, real konkurrierender Taten der Urkundenfälschung in Tateinheit mit mittelbarer Falschbeurkundung in den Fällen III. 2. d und e der Urteilsgründe begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beurkundungen in diesen Fällen wurden nach den Feststellungen auf Grund eines einheitlichen Tatentschlusses innerhalb eines Notartermins vorgenommen. Sie bilden daher, worauf der Generalbundesanwalt in seinem Zuleitungsantrag zu Recht hingewiesen hat, eine natürliche Handlungseinheit. Eine solche ist gegeben, wenn zwischen mehreren im Wesentlichen gleichartigen strafrechtlich relevanten Verhaltensweisen, die von einem einheitlichen Willen getragen werden, ein so enger räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Tätigwerden für einen Dritten objektiv als einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 – 1 StR 427/11, NStZ-RR 2012, 241, 242).
3
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich der geständige Angeklagte gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können. Infolge der Schuldspruchänderung entfällt die Einzelstrafe von vier Monaten für den Fall III. 2. e der Urteilsgründe.
4
2. Der Gesamtstrafenausspruch des angefochtenen Urteils kann keinen Bestand haben, weil die Strafkammer dem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juni 2009 zu Unrecht Zäsurwirkung beigemessen hat.
5
a) Wurden die neu abzuurteilenden Taten zwischen zwei Vorverurteilungen begangen, die untereinander nach der Regelung des § 55 StGB gesamtstrafenfähig sind, darf aus den Strafen für die neu abgeurteilten Taten und der Strafe aus der letzten Vorverurteilung keine Gesamtstrafe gebildet werden. Der letzten Vorverurteilung kommt, da die Taten aus beiden Vorverurteilungen bereits in dem früheren Erkenntnis hätten geahndet werden können, gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung zu. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur in Fällen, in denen eine nachträgliche Gesamtstrafe tatsächlich gebildet wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2013 – 4 StR 111/13, wistra 2013, 354; Urteil vom 12. August 1998 – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 180 f.; Beschluss vom 22. Juli 1997 – 1 StR 340/97, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 13) oder im Ver- fahren nach § 460 StPO noch nachgeholt werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 2009 – 5 StR 269/09; vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, NStZ-RR 2007, 369; vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193), sondern auch dann, wenn nach § 55 Abs. 1 StGB i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von der Einbeziehung einer Geldstrafe in eine Gesamtfreiheitsstrafe abgesehen worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. September 2010 – 5 StR 325/10, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 19; vom 10. Juli 2007 – 3 StR 232/07; vom 3. November 1999 – 3 StR 346/99). Durch eine Entscheidung nach § 55 Abs. 1 StGB i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB wird eine gegebene Gesamtstrafenlage nicht beseitigt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 10. Januar 2012 – 3 StR 370/11, NStZ-RR 2012, 170; Urteil vom 12. August 1998 – 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184).
6
b) Bei der im angefochtenen Urteil vorgenommenen Gesamtstrafenbildung hat die Strafkammer übersehen, dass die dem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juni 2009 zugrunde liegende Tat bereits vor der Verurteilung des Angeklagten durch das Amtsgericht Duisburg vom 7. Dezember 2006 beendet war. Aus dem Umstand, dass die Geldstrafe aus dem Straferkenntnis vom 7. Dezember 2006 in das Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 2. Mai 2007 einbezogen worden ist, lässt sich ferner hinreichend sicher entnehmen , dass auch die Tat aus dem Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Duisburg vom 7. Dezember 2006 begangen wurde. Der insoweit bestehenden Gesamtstrafenlage wurde im Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juni 2009 Rechnung getragen, indem das Landgericht eine Entscheidung nach § 55 Abs. 1 StGB i.V.m. § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB traf und die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht erledigte (Gesamt -)Geldstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Duisburg-Ruhrort vom 2. Mai 2007 gesondert bestehen ließ. Demgegenüber wurden sämtliche in dem angefochtenen Urteil abgeurteilten Taten erst ab Februar 2009 und damit nach dem Straferkenntnis vom 7. Dezember 2006 begangen, so dass eine nachträgliche Gesamtstrafe unter Einbeziehung der genannten Vorverurteilungen nicht in Betracht kommt. Da es für die Gesamtstrafenlage zwischen den Vorverurteilungen , die einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung im vorliegenden Verfahren unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juni 2009 entgegensteht, allein auf den Vollstreckungsstand zum Zeitpunkt des Urteils vom 9. Juni 2009 ankommt, ist die zwischenzeitlich erfolgte Bezahlung der (Gesamt-) Geldstrafe aus dem Urteil vom 2. Mai 2007 für die gesamtstrafenrechtliche Beurteilung ohne Belang (vgl. BGH, Beschlüsse vom 15. September 2010 – 5 StR 325/10, aaO; vom 17. Juli 2007 – 4 StR 266/07, aaO).
7
c) Durch die fehlerhafte Bildung von zwei Gesamtfreiheitsstrafen unter Einbeziehung der zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juni 2009 in die erste Gesamtfreiheitsstrafe ist der Angeklagte beschwert. Der Gesamtstrafenausspruch kann daher nicht bestehen bleiben.
8
Der Senat macht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1b Satz 1 StPO Gebrauch, die Entscheidung über die zu bildende Gesamtstrafe dem Nachverfahren nach den §§ 460, 462 StPO zuzuweisen; das danach zuständige Gericht wird auch über die Kosten des Rechtsmittels zu entscheiden haben. Im Nachverfahren wird aus den verbleibenden Einzelstrafen für die im angefochtenen Urteil abgeurteilten Taten eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden sein. Der Senat weist darauf hin, dass die neue Gesamtstrafe wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO nur so hoch bemessen werden darf, dass sie zusammen mit der bestehenbleibenden Strafe von einem Jahr und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 9. Juni 2009 die Summe der im angefochtenen Urteil verhängten Gesamtfreiheitsstrafen nicht übersteigt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2004 – 4 StR 426/04, StV 2005, 428).
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2013 - 4 StR 356/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2013 - 4 StR 356/13

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

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(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

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(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Dez. 2013 - 4 StR 356/13 zitiert 9 §§.

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(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

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(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b d

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Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine

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(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 427/11
vom
8. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
8. Februar 2012, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Richter am Landgericht
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hof vom 24. Mai 2011, soweit es den Angeklagten H. betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Schuldspruch zum Tatkomplex IV.B.2 der Urteilsgründe unter Aufrechterhaltung der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen,
b) soweit der Angeklagte vom Vorwurf eines Sexualdelikts freigesprochen worden ist, und
c) im gesamten Strafausspruch. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht (Jugendkammer) hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen - vorsätzlicher unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tatmehrheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (Tatkomplex B.II der Urteilsgründe) sowie wegen - Körperverletzung und gefährlicher Körperverletzung in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Nötigung in Tateinheit mit Beihilfe zur dreifachen Nötigung, zur zweifachen gefährlichen Körperverletzung und zur Körperverletzung (Tatkomplex B.IV der Urteilsgründe) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.
2
Mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft den Teilfreispruch vom Vorwurf eines Sexualdelikts und rügt zudem Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten im Schuld- und Strafausspruch. Erkennbar vom Revisionsangriff ausgenommen sind die Schuldsprüche im Tatkomplex B.II (Betäubungsmitteldelikt und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ) und im Fall B.IV.1 der Urteilsgründe (Körperverletzung), die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Tatkomplex B.IV.2 der Urteilsgründe sowie der weitergehende Teilfreispruch von den Vorwürfen des Diebstahls und der räuberischen Erpressung. Das vom Generalbundesanwalt weitgehend vertretene Rechtsmittel hat Erfolg.

I.

3
1. Zum Tatgeschehen hat das Landgericht Folgendes festgestellt:
4
a) Tatkomplex B.II der Urteilsgründe
5
Am 20. April 2010 führte der Angeklagte in einem Pkw als Beifahrer mindestens 0,1 Gramm Crystal-Speed mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 30% Metamphetaminbase, das er zuvor in der Tschechischen Republik zum Eigenkonsum erworben hatte, über den Grenzübergang Selb/Asch in die Bundesrepublik Deutschland ein.
6
Als er bei der Einreise einer Kontrolle durch Zollbeamte unterzogen werden sollte, steckte er das in einem kleinen Tütchen mitgeführte Rauschgift in den Mund. Nachdem er von den Beamten aufgefordert worden war, seinen Mundinhalt vorzuzeigen, versuchte er zu fliehen. Als die Beamten ihn festhalten wollten, widersetzte er sich, schlug um sich und versuchte sich loszureißen. Nur unter Aufbietung aller Kräfte gelang es den Beamten, den Angeklagten am Boden zu fixieren und zu fesseln. Dem Angeklagten gelang es allerdings noch während der Auseinandersetzung, das Plastiktütchen zu zerbeißen und das Rauschgift zu schlucken.
7
b) Tatkomplex B.IV der Urteilsgründe
8
Am 28. Juli 2010 befand sich der Angeklagte zusammen mit dem Mitangeklagten Ho. sowie B. und dem Geschädigten S. in der Justizvollzugsanstalt Hof in Strafhaft in einer Gemeinschaftszelle.
9
aa) Fall B.IV.1
10
Gegen 19.45 Uhr kam es zwischen den Insassen zu einer Auseinandersetzung über Radio und Fernsehen in der Zelle, ohne dass der nähere Ablauf festgestellt werden konnte. Nicht ausschließbar bezeichnete dabei der Geschädigte S. den Angeklagten als „Hurensohn“, worauf der Angeklagte ohne Vorwarnung dem Geschädigten mit der Faust ins Gesicht schlug. Hierbei traf er dessen rechte Wange, sodass dieser, wie vom Angeklagten beabsichtigt , erhebliche Schmerzen verspürte.
11
bb) Fall B.IV.2a
12
Der Mitangeklagte Ho. begab sich nun ebenfalls zum Geschädigten und forderte ihn auf, sich körperlich zu wehren, was dieser jedoch ablehnte. Diese Weigerung erregte den Mitangeklagten derart, dass er mit der Aussage „Opfer darf man schlagen“ nun seinerseits plötzlich mindestens zweimal dem Geschä- digten mit der Faust ins Gesicht schlug. Zudem versetzte er ihm einen Kniestoß in die Rippen, sodass der Geschädigte vom Stuhl auf den Boden fiel. Als er am Boden lag, schlugen der Angeklagte und Ho. gleichzeitig mit den Fäusten auf ihn ein, sodass er am Oberkörper weitere Schmerzen erlitt.
13
cc) Fall B.IV.2b
14
Anschließend forderten Ho. und der Angeklagte den Geschädigten unter Androhung weiterer Schläge auf, sich auf die Toilette zu begeben und dort zu bleiben. Während dieser Zeit räumte der Mitangeklagte Ho. den Spind des Geschädigten aus.
15
Nach etwa 15 bis 20 Minuten forderten Ho. und der Angeklagte den Geschädigten auf, aus der Toilette zu kommen und den gesamten Zellenbereich einschließlich Toilette und Waschbecken sofort zu reinigen. Dieser Aufforderung kam der Geschädigte aus Furcht vor weiteren Schlägen des Mitangeklagten Ho. und auch des Angeklagten nach.
16
dd) Fall B.IV.2c
17
Während des nun folgenden, sich über zwei bis drei Stunden hinziehenden Geschehens lief der Angeklagte - soweit er sich nicht unmittelbar an dem Geschehen beteiligte - in der Zelle auf und ab oder hielt sich am Fenster auf. Er nahm das Vorgehen des Mitangeklagten Ho. wahr, griff aber nicht in dieses ein, weil er keinen Anlass sah, dem Geschädigten zu helfen. Insbesondere betätigte er nicht die in der Zelle angebrachte Notrufanlage und drohte auch nicht mit ihrer Betätigung, obwohl ihm klar war, dass er mit seinem Untätigbleiben das Verhalten des Mitangeklagten Ho. begünstigte. Er war sich auch bewusst, dass er durch seine gemeinsam mit Ho. verübten Schläge erheblich dazu beigetragen hatte, dass der Geschädigte eingeschüchtert war und die folgenden Misshandlungen aus Furcht vor weiteren Schlägen über sich ergehen ließ.
18
Der weitere Zelleninsasse B. lag während der folgenden Geschehnisse auf seinem Doppelstockbett und verhielt sich teils aus Desinteresse , teils aus Angst, selbst geschlagen zu werden, völlig passiv.
19
„Irgendwann“ nach der Zellenreinigung erklärte der Mitangeklagte Ho. dem Geschädigten, dass dieser jetzt von ihm einen „Opferschnitt“ verpasst bekäme. Der Geschädigte musste sich auf seine Anweisung hin auf einen Stuhl setzen, auf dem ihn Ho. rasierte, um ihn zu demütigen und vor sämtlichen Mit- angeklagten als „Opfer“ bloßzustellen. Ho. rasierte ihm mit einem Einwegrasie- rer die Augenbrauen weg sowie von hinten nach vorn und von Ohr zu Ohr ein mehrere Zentimeter breites Kreuz in die Haare. Dabei erlitt der Geschädigte eine Vielzahl blutender Schürfwunden, die ihm erhebliche Schmerzen bereiteten. Er erduldete dieses Vorgehen, da er - wie von Ho. ausdrücklich angedroht - andernfalls weitere Schläge befürchten musste.
20
ee) Fall B.IV.2d
21
„Einige Zeit“ später fesselte der Mitangeklagte Ho. nochmit einer Paketschnur den linken Arm des Geschädigten an dessen linken Oberschenkel. Sodann musste sich der Geschädigte mit einer mit Seife gefüllten Socke selbst schlagen. Als er nach Ansicht des Ho. nicht fest genug zuschlug, versetzte dieser ihm noch weitere starke und schmerzvolle Schläge auf den Oberkörper.
22
ff) Fall B.IV.2e
23
Wiederum „einige Zeit” später geriet der Mitangeklagte Ho. erneut in Wut. Er forderte den Geschädigten auf, sich zu entkleiden, und zog über den Zellenbesen eine Plastiktüte, die mit Duschgel oder Handcreme eingerieben wurde. Den so präparierten Besen reichte der Mitangeklagte Ho. dem Geschädigten unter Androhung weiterer Schläge mit der Aufforderung, sich diesen rektal einzuführen. Der Geschädigte, der erhebliche Angst hatte, kam dem nach und führte sich den Besenstiel mindestens einmal in gebückter Stellung für wenige Sekunden in seinen After ein.
24
Anschließend musste er sich auf Geheiß des Mitangeklagten Ho. auf den Boden legen und den Vorgang wiederholen. Hierbei ergriff der Mitangeklagte Ho. unvermittelt selbst den Besen und versuchte, diesen kräftig in den After des Geschädigten nachzudrücken. Dem Geschädigten gelang es jedoch, das Ende des Stiels so zu führen, dass der Besenstiel dabei nicht in seinen After eindrang, sondern daneben vorbei auf den Boden rutschte. Auch hiermit wollte der Mitangeklagte Ho. dem Geschädigten seine Hilflosigkeit und seine Opferrolle demonstrieren und ihn gegenüber den Zellengenossen als minderwertig darstellen.
25
gg) Fall B.IV.2f
26
Danach griff der Angeklagte, der sich am vorherigen Geschehen nicht aktiv oder kommunikativ beteiligt hatte, den Geschädigten mit dem Zellenschrubber an und schlug ihm mehrfach mit dem Stiel derart heftig auf den Rücken , dass der Stiel schließlich durchbrach. Der Geschädigte erlitt heftige Schmerzen und einige mehrere Zentimeter lange Hämatome am Rücken, auf denen sich die Form des Schrubberstiels abzeichnete.
27
hh) Fall B.IV.2g
28
Nachdem der Angeklagte und der Mitangeklagte Ho. zunächst aufgehört hatten, den Geschädigten zu misshandeln, zwang ihn der Mitangeklagte Ho. unter Androhung weiterer Schläge, den Inhalt des Zigarettenaschenbechers in den Mund zu schütten und herunterzuschlucken.
29
ii) Fall B.IV.2h
30
Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Laufe der Ereignisse versetzten die Angeklagten dem vor dem Zellenspiegel stehenden Geschädigten gemeinsam weitere schmerzhafte Faustschläge gegen den Oberkörper und bespuckten ihn.
31
jj) Fall B.IV.2i
32
Schließlich musste sich der Geschädigte auf Weisung des Mitangeklagten Ho. zu einem ebenfalls nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt auf eine Wäschekiste setzen und musste – zur weiteren Demütigung – unter Androhung weiterer Schläge auf Familienfotos, seinen Verlobungsring und andere persönliche Gegenstände spucken.
33
Erst gegen 23.00 Uhr ließen der Angeklagte und der Mitangeklagte Ho. von dem Geschädigten ab, forderten ihn aber nachdrücklich unter Hinweis auf drohende Nachteile für seine Familie auf, über das Geschehene Stillschweigen zu wahren. Im Laufe dieses Geschehens war es immer wieder zu Pausen gekommen , in denen sich nichts ereignete. Der Entschluss, den Geschädigten nun nicht mehr weiter anzugehen, wurde erst gegen 23.00 Uhr gefasst. Infolge der Misshandlungen befand sich der Geschädigte vier Wochen auf der Krankenstation des Gefängnisses.
34
Das Landgericht konnte sich keine Überzeugung dahingehend bilden, dass der Angeklagte und der Mitangeklagte Ho. - als sich der Geschädigte auf der Toilette befand - eine Absprache getroffen haben, den Geschädigten weiter zu misshandeln und zu demütigen. Das gilt insbesondere auch für die Misshandlung des Geschädigten mit dem Zellenbesen.
35
2. Im Tatkomplex B.IV hat das Landgericht den Angeklagten wegen Körperverletzung (Fall B.IV.1) in Tatmehrheit mit drei tateinheitlichen Fällen der gefährlichen Körperverletzung (Fälle B.IV.2a, 2f, 2h) in Tateinheit mit Nötigung (Fall B.IV.2b) in Tateinheit mit Beihilfe durch Unterlassen zur dreifachen Nötigung , zur zweifachen gefährlichen Körperverletzung und zur Körperverletzung (Fälle B.IV.2c, 2d, 2e, 1. Geschehensabschnitt, 2g, 2i) schuldig gesprochen.
36
a) Eine mittäterschaftliche Beteiligung des Angeklagten an den vom Mitangeklagten Ho. ausgeführten Handlungen hat das Landgericht verneint. Der Angeklagte habe sich an weiten Teilen des Geschehens weder aktiv beteiligt noch dieses durch Anfeuerung oder verbales Bestärken des Mitangeklagten gefördert. Er habe keinerlei Tatherrschaft bei der Ausführung der Delikte gehabt , die vom Mitangeklagten Ho. eigenständig vorgenommen worden seien. Eine Absprache oder ein eigenes Interesse an den Taten des Mitangeklagten konnte das Landgericht ebenfalls nicht feststellen (UA S. 28, 31).
37
b) Das Landgericht hat aber hinsichtlich der Taten, bei denen der Angeklagte nicht selbst aktiv wurde, eine psychische Beihilfe durch Unterlassen angenommen. Es ist davon überzeugt, dass der Angeklagte mit seinem Untätigbleiben das Verhalten des Mitangeklagten psychisch unterstützen wollte. Aus der Gesamtschau der Ereignisse hat es geschlossen, dem Angeklagten sei bewusst gewesen, dass er durch seine Beteiligung am Anfang des Geschehens dem Mitangeklagten und dem Geschädigten das Gefühl vermittelt habe, es stünden zwei Mann gegen einen, und dass der Geschädigte deshalb aus Angst vor weiteren Schlägen auch vom Angeklagten die ihm zugefügten Demütigungen dulden würde (UA S. 28). Damit habe der Angeklagte durch sein eigenes Zuschlagen zu Beginn des Geschehens dem Geschädigten zu erkennen gegeben, dass er das Verhalten des Mitangeklagten billige und dass der Geschädigte sich nicht nur einem Gegner gegenüber sehe. Mit diesem Verhalten habe der Angeklagte eine Garantenstellung im Sinne einesvorangegangenen gefährlichen Tuns begründet.
38
c) Im Tatkomplex B.IV.2 der Urteilsgründe hat das Landgericht ein einheitliches Geschehen im Sinne einer Tateinheit (§ 52 StGB) angenommen. Auch wenn das Tatgeschehen von Phasen vorübergehend fehlender Aktivität gekennzeichnet gewesen sei, habe der Mitangeklagte zu keinem Zeitpunkt seinen Plan, den Geschädigten zu demütigen, aufgegeben. Auch dem Angeklagten sei es von Anfang an gleichgültig gewesen, ob und in welcher Form der Mitangeklagte den Geschädigten weiter traktieren würde.
39
3. Abgesehen von den vom Revisionsangriff ausgenommenen Vorwürfen des Diebstahls und der räuberischen Erpressung im Hinblick auf persönliche Habe des Geschädigten hat das Landgericht den Angeklagten auchvom Vorwurf der Beteiligung an dem vom Mitangeklagten Ho. mit einem Besenstiel begangenen Sexualdelikt (Fall B.IV.2e, 2. Geschehensabschnitt) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dieses Geschehen sei schon nach Sekunden wieder beendet gewesen, sodass der Angeklagte keine Möglichkeit zum Eingreifen gehabt habe. Er habe damit diese Tat des Mitangeklagten Ho. schon objektiv nicht gefördert (UA S. 29, 37).

II.

40
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils hinsichtlich des Teilfreispruchs vom Vorwurf der Beteiligung am Sexualdelikt des Mitangeklagten Ho. , des Schuldspruchs im Tatkomplex B.IV.2 sowie im gesamten Strafausspruch. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen im Tatkomplex B.IV.2 sind vom Revisionsangriff ausgenommen und bleiben deshalb bestehen. Rechtsfehler zum Nachteil (§ 301 StPO) des Angeklagten sind nicht vorhanden.
41
1. Im Ansatz zutreffend hat das Landgericht die von dem Angeklagten im Tatkomplex B.IV.2 der Urteilsgründe zum Nachteil des Geschädigten begangenen Taten als einheitliches Geschehen im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit bewertet.
42
Eine natürliche Handlungseinheit setzt voraus, dass zwischen mehreren strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen, die von einem einheitlichen Willen getragen werden, ein unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht und das gesamte Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise auch für einen „objektiven“ Dritten als ein einheitliches Tun erscheint (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 1991 - 2 StR 321/90, BGHR StGB vor § 1 natürliche Handlungseinheit Entschluss, einheitlicher 4; BGH, Urteil vom 19. November 2009 - 3 StR 87/09; BGH, Urteil vom 25. September 1997 - 1 StR 481/97, NStZ-RR 1998, 68, 69; vgl. auch die weiteren Nachweise bei Fischer, StGB, 59. Aufl., Vor § 52 Rn. 3).
43
Vom Vorliegen dieser Voraussetzungen durfte das Landgericht hier ausgehen , denn der erforderliche zeitliche Zusammenhang wurde nicht dadurch beseitigt, dass die einzelnen strafrechtlich erheblichen Verhaltensweisen in einem gewissen zeitlichen Abstand erfolgten. Vielmehr war das mehraktige Geschehen zum einen von einem einheitlichen Willen, den Geschädigten zu demütigen (UA S. 32), getragen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. Juli 1995 - 4 StR 401/95; BGH, Urteil vom 30. Januar 1991 - 2 StR 321/90, BGHR StGB vor § 1 natürliche Handlungseinheit Entschluss, einheitlicher 4), zum anderen befand sich der Geschädigte in einer fortdauernden Zwangslage und konnte sich als in einer Gemeinschaftszelle untergebrachter Strafgefangener auch nicht frei bewegen, was der Angeklagte und der Mitangeklagte Ho. bei den Verletzungshandlungen ausnutzten (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 - 1 StR 232/01, StV 2002, 21 mwN). Die mehrfachen Pausen aktiver Einwirkung auf den Geschädigten stellten - entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft - keine Zäsuren dar, zumal sich der Geschädigte unter der fortwirkenden Androhung weiterer Schläge in der abgeschlossenen Gefängniszelle dem Geschehen zu keinem Zeitpunkt entziehen konnte. Selbst die (theoretische) Möglichkeit , zu versuchen, durch Drücken des Notrufknopfes weitere Gewalt gegen ihn zu unterbinden, konnte angesichts der Einschüchterung des Geschädigten durch die vorangegangenen Gewalthandlungen die das Geschehen verbindende Zwangssituation nicht beseitigen. Das einheitliche Geschehen zum Nachteil des Geschädigten fand erst dann seinen Abschluss, als der Mitangeklagte Ho. und mit ihm auch der Angeklagte gegen 23.00 Uhr den Entschluss fassten, den Geschädigten nun nicht mehr weiter anzugehen (UA S. 23).
44
2. Gleichwohl kann der Schuldspruch im Tatkomplex B.IV.2 keinen Bestand haben, denn das Landgericht hat in den Fällen, in denen sich der Angeklagte nicht aktiv am Geschehen beteiligte, sondern in der Zelle umherlief oder zum Zellenfenster hinaussah, rechtsfehlerhaft eine mittäterschaftliche Tatbegehung verneint.
45
a) Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 15. Januar 1991 - 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 291 mwN). In Grenzfällen hat der Bundesgerichtshof dem Tatrichter für die ihm obliegende Wertung einen Beurteilungsspielraum eröffnet. Lässt das angefochtene Urteil erkennen, dass der Tatrichter die genannten Maßstäbe gesehen und den Sachverhalt vollständig gewürdigt hat, so kann das gefundene Ergebnis vom Revisionsgericht auch dann nicht als rechtsfehlerhaft beanstandet werden, wenn eine andere tatrichterliche Beurteilung möglich gewesen wäre oder sogar näher gelegen hätte (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. Juni 2005 - 5 StR 12/05, wistra 2005, 380, 381).
46
b) Das Landgericht hat diese Maßstäbe zwar erkannt; es hat aber den Sachverhalt nicht vollständig gewürdigt, weil es die erforderliche Gesamtbetrachtung der Tathandlungen nicht vorgenommen hat.
47
Dadurch hat sich das Landgericht den Blick dafür verstellt, dass der Angeklagte nach den Feststellungen durch seine Beteiligung am Anfang des Geschehens bewusst sowohl dem Geschädigten als auch dem Mitangeklagten Ho. das Gefühl vermittelt hatte, zwei Mann stünden gegen einen. Ihm war von Anfang an auch bewusst, dass der Geschädigte aus Angst vor weiteren Schlägen auch von dem Angeklagten die ihm zugefügten Demütigungen dulden würde (UA S. 28). Damit hat er aktiv an der Schaffung einer Bedrohungssituation mitgewirkt, welche die Tathandlungen des Mitangeklagten Ho. ermöglichte, zumindest aber förderte. Diese von ihm mitgeschaffene Bedrohungssituation bestand auch dann fort, wenn der Angeklagte lediglich in der Zelle auf- und abging oder sich am Fenster aufhielt (UA S. 17, 28).
48
Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe bei den Tathandlungen des Mitangeklagten Ho. lediglich eine untergeordnete Rolle gespielt, blendet rechtsfehlerhaft das Zusammenspiel der jeweiligen Handlungen des Angeklagten und des Mitangeklagten Ho. im Gesamtgeschehen aus. Der Angeklagte hat nicht nur die Situation, dass der Geschädigte sich zwei Gegnern gegenüber sah, bewusst geschaffen, er hat auch jeweils nach Gewalthandlungen des Mitangeklagten Ho. wieder selbst den Geschädigten geschlagen und hat damit zum Ausdruck gebracht, dass er die Handlungen des Ho. billigt. Auch wenn es „immer wieder zu Pausen“ kam, wurde der Entschluss, den Geschädigten nun nicht mehr anzugehen, erst gegen 23.00 Uhr gefasst. Erst zu diesem Zeitpunkt endete die von dem Angeklagten geschaffene und bis dahin fortbestehende Bedrohungssituation.
49
Die Feststellungen zu den über drei Stunden andauernden und teils gemeinsam , teils einzeln vorgenommenen Einwirkungen des Angeklagten und des Mitangeklagten Ho. auf den Geschädigten belegen damit ein so enges Verhältnis des Angeklagten zu den Taten des Ho., dass sich seine Verurteilung insoweit lediglich als Gehilfe durch Unterlassen als rechtsfehlerhaft erweist. Seine Tatbeiträge fügen sich derart in eine gemeinschaftliche Tat ein, dass der Beitrag des Angeklagten als Teil der Tätigkeit des Mitangeklagten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils zu bewerten ist. Dass der Angeklagte sich von den Handlungen des Mitangeklagten Ho. distanziert habe, hat das Landgericht nicht festgestellt und wäre mit dem übrigen Tatbild auch nicht vereinbar.
50
3. Angesichts der unrichtigen Bewertung des Gesamtgeschehens im Tatkomplex B.IV.2 kann auch der Teilfreispruch des Angeklagten vom Vorwurf der Beteiligung an dem vom Mitangeklagten Ho. mit einem Besenstiel begangenen Sexualdelikt (Fall B.IV.2e, 2. Geschehensabschnitt der Urteilsgründe) keinen Bestand haben. Denn das insoweit festgestellte Tatgeschehen kann nur im Lichte der übrigen Taten zutreffend bewertet werden.
51
Waren die übrigen gegen den Geschädigten gerichteten Gewalthandlungen aber von einem Täterwillen des Angeklagten umfasst, lag es fern, dass gerade der Einsatz des Besenstiels gegen den After des Geschädigten nicht vom Willen des Angeklagten getragen sein sollte, zumal der Besenstiel schon vorher zum Einsatz kam und der Angeklagte im Anschluss daran selbst mit dem Zellenschrubber auf den Geschädigten einschlug.
52
Mit dem unzutreffenden Ansatz, es liege lediglich ein Unterlassen des Angeklagten vor, hat sich das Landgericht den Blick für die Frage verstellt, ob eine Handlung wie das Nachschieben des Besenstiels in Richtung des Afters des Geschädigten durch den Mitangeklagten Ho. bereits vorher, als der Angeklagte selbst zuschlug und damit zur Einschüchterung des Geschädigten beitrug , vom Vorsatz des Angeklagten grundsätzlich umfasst war. Für einen Tatvorsatz spricht, dass der Angeklagte während des Tatgeschehens selbst mehrfach heftige Schläge gegen den Geschädigten austeilte, billigte, dass der Geschädigte von dem Mitangeklagten Ho. gezwungen wurde, den Besenstiel in seinen After einzuführen, und sogar noch nach dem „Nachdrücken des Besenstiels“ durch den Mitangeklagten Ho. mit dem Stiel des Zellenschrubbers derart heftig auf den Rücken des Geschädigten einschlug, dass der Zellenschrubber durchbrach (Fall B.IV.2f).
53
Vor diesem Hintergrund ist auch die Wertung des Landgerichts nicht tragfähig, bei diesem Geschehen handele es sich um eine Eskalation, die einem plötzlichen Impuls des Mitangeklagten Ho. entsprang, und mit dem nicht zu rechnen war (UA S. 31).
54
Jedenfalls liegt ein durch den unrichtigen Ansatz des Landgerichts bedingter , durchgreifender Erörterungsmangel zur Frage vor, ob ein vom Vorsatz des Angeklagten nicht umfasster Exzess des Mitangeklagten Ho. gegeben war oder ob - was näher liegt - der Angeklagte von vornherein auch mit einem solchen Vorgehen des Mitangeklagten einverstanden war. Dies gilt zumal angesichts der Erwägung des Landgerichts, dem Angeklagten sei es - soweit er nicht selbst aktiv tätig wurde - von Anfang an gleichgültig gewesen, ob und in welcher Form der Mitangeklagte Ho. den Geschädigten weiter traktieren würde (UA S. 32). Die Jugendkammer hätte daher jedenfalls den Umstand näher erörtern müssen, dass der Angeklagte trotz des nach ihrer Wertung für den Angeklagten unvorhersehbaren Übergriffs des Mitangeklagten auf den Geschädigten im Fall B.IV.2e, 2. Geschehensabschnitt heftig mit eigenen Schlägen in das Geschehen eingegriffen hat, statt sich zu distanzieren.
55
4. Die Teilaufhebung zieht hinsichtlich der betroffenen Taten die Aufhebung der zugehörigen Einzelstrafen sowie des Gesamtstrafausspruchs nach sich. Der Senat hebt auch die von den Rechtsfehlern nicht betroffenen Einzelstrafen auf, um dem neuen Tatgericht eine einheitliche und bruchlose Strafzumessung zu ermöglichen.
56
5. Im Hinblick darauf, dass das Urteil gegen den Mitangeklagten Ho. rechtskräftig ist, verweist der Senat die Sache im Umfang der Aufhebung an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück. Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 111/13
vom
7. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 7. Mai 2013 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Detmold vom 22. Oktober 2012 im Strafausspruch dahin geändert, dass die Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011 entfällt und der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und einem Monat verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen Geldfälschung (Tatzeit : Juni bis August 2011) auf eine Einzelstrafe von zwei Jahren und vier Monaten erkannt und ihn unter Einbeziehung der Strafen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011 (Tatzeit: 11. Mai 2010) unter Auflösung des Gesamtstrafenbeschlusses desselben Amtsgerichts vom 26. März 2012, mit dem eine nachträgliche Gesamtstrafe aus den Einzelgeldstrafen aus dem Strafbefehl vom 11. November 2011 und der Geldstrafe aus einem weiteren Strafbefehl dieses Gerichts vom 2. August 2010 gebildet worden war, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zugleich hat es klargestellt, dass die Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 2. August 2010 in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro bestehen bleibt.
2
Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg ; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Der Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 11. November 2011, durch den der Angeklagte zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen verurteilt wurde, ist gesamtstrafenrechtlich „verbraucht“, weil aus den beiden ihm zugrunde liegenden Einzelstrafen und der im vorausgegangenen Strafbefehl des Amtsgerichts Lemgo vom 2. August 2010 verhängten Strafe (Verurteilung wegen Sachbeschädigung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen) mit Beschluss vom 26. März 2012 rechtsfehlerfrei gemäß § 55 StGB eine nachträgliche Gesamtstrafe von 160 Tagessätzen gebildet worden war. Da alle Straftaten , die dem Strafbefehl vom 11. November 2011 zugrunde liegen, schon durch den Strafbefehl vom 2. August 2010 hätten geahndet werden können, hat der Strafbefehl vom 11. November 2011 gesamtstrafenrechtlich keine eigenständige Bedeutung. In einem solchen Fall bildet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die erste Vorverurteilung eine Zäsur mit der Folge, dass die hier verfahrensgegenständliche, zwischen den beiden Vorverurteilungen begangene Straftat der Geldfälschung gesamtstrafenrechtlich so zu betrachten ist, als ob sie nach der (aus der ersten und zweiten Vorverurteilung gewissermaßen zusammengesetzten) ersten und einzigen Vorverurteilung begangen wäre (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 – 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; BGH, Beschluss vom 22. Juli 1997 – 1 StR 340/97, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Zäsurwirkung 13; Beschluss vom 20. November 1997 – 4 StR 475/97).
4
Die von der Strafkammer vorgenommene Einbeziehung der Strafen aus der (letzten) Vorverurteilung durch das Amtsgericht Lemgo vom 11. November 2011 hat daher zu entfallen.
5
2. Bei der vom Landgericht verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten kann es unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbotes des § 358 Abs. 2 StPO nicht verbleiben.
6
Danach darf die Summe aus einer Freiheitsstrafe und den Tagessätzen einer Geldstrafe die frühere Gesamtfreiheitsstrafe nicht übersteigen, wenn eine aus Freiheits- und Geldstrafe gebildete Gesamtstrafe keinen Bestand hat und nunmehr auf beide Strafarten nebeneinander erkannt wird (vgl. BayObLG, Urteil vom 20. Januar 1971 – RReg. 1 St 132/70, BayObLGSt 1971, 7, 8; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 331 Rn. 20 mwN; Bringewat, Die Bildung der Gesamtstrafe , 1987, Rn. 287 mwN). Da das Landgericht den Angeklagten wegen Geldfälschung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt hat und die Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen aus dem Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts Lemgo vom 26. März 2012 wieder gesondert besteht, wäre der Angeklagte in unzulässiger Weise schlechter gestellt. Daher ist die Freiheitsstrafe für die Geldfälschung um drei Monate zu reduzieren. Der Senat kann, da wegen der besonderen Gegebenheiten des Falles diese Rechtsfolge vorgegeben ist, in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO und in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts selbst entscheiden.
7
3. Der geringfügige Erfolg der Revision des Angeklagten rechtfertigt es nicht, ihn von einem Teil der Kosten des Rechtsmittels freizustellen.
Roggenbuck Franke Bender
Quentin Reiter

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

5 StR 269/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Raubes u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juli 2009

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 9. März 2009 nach § 349 Abs. 4 StPO im Ausspruch über die Gesamtstrafen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in vier Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung unter Einbeziehung der Freiheitsstrafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. März 2008 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat den Angeklagten wegen schweren Raubes in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung , zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Mit Recht weist der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift darauf hin, dass dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. März 2008, mit dem der Angeklagte wegen einer am 16. Mai 2006 begangenen gefährli- chen Körperverletzung zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden ist, hinsichtlich der im Tatzeitraum von Mai 2007 bis September 2007 durch den Angeklagten begangenen vier Taten keine Zäsurwirkung zukommt. Denn zwischen den Urteilen des Amtsgerichts Tiergarten vom 26. Februar 2007 (Geldstrafe wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit Gebrauch eines nicht haftpflichtversicherten Kraftfahrzeugs; Tatzeit: 17. August 2006), des Amtsgerichts Bernau vom 13. März 2007 (zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von drei Monaten wegen Betruges; Tatzeit: 29. November 2006), des Amtsgerichts Tiergarten vom 11. April 2007 (Geldstrafe wegen Erschleichens von Leistungen; Tatzeit: 23. Oktober 2006), des Amtsgerichts Tiergarten vom 16. April 2007 (Geldstrafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes; Tatzeit: 19. September 2006) und dem genannten Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 18. März 2008 besteht eine Gesamtstrafenlage nach § 55 StGB. Deswegen sind die in diesen Urteilen ausgesprochenen Strafen – ungeachtet des Vollstreckungstands der Geldstrafenverurteilungen (BGH NStZ-RR 2007, 369) – durch eine Entscheidung nach § 460 StPO auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen. Liegen aber die neu abzuurteilenden Taten – wie hier – zwischen mehreren nach § 460 StPO auf eine Gesamtstrafe zurückzuführenden Verurteilungen, darf aus den Strafen für die neu abgeurteilten Taten und der Strafe aus der letzten Vorverurteilung keine Gesamtstrafe gebildet werden; denn bereits die erste, mit den neuen Taten nicht gesamtstrafenfähige Vorverurteilung bildet eine Zäsur (BGH aaO). Der Ausspruch über die Gesamtstrafe war daher aufzuheben.
3
2. Der Senat macht nicht von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 Buchst. b StPO Gebrauch, sondern verweist die Sache an das Landgericht zurück. Er bemerkt, dass ein Gesamtstrafübel von acht Jahren und neun Monaten angesichts der Vielzahl und des Gewichts der dem Angeklagten durch das Landgericht zugebilligten Milderungsgründe gravierend übersetzt erscheint. Das neu entscheidende Tatgericht wird sich eher an der Einsatzstrafe von drei Jahren neun Monaten Freiheitsstrafe zu orientieren haben.
4
3. Die Feststellungen können bestehen bleiben. Das neu entscheidende Tatgericht ist nicht gehindert, weitere Feststellungen zu treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Basdorf Brause Schaal Dölp König

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 266/07
vom
17. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 28. Februar 2007 dahin geändert , dass der Angeklagte wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und fünf Monaten verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten und einer Woche und wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen falscher Verdächtigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat dieses Urteil durch Beschluss vom 5. Dezember 2006 - 4 StR 484/06 - im Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen mit den Feststellungen aufgehoben und die weiter gehende Revision verworfen.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Gesamtstrafenbildung, die das Landgericht nach Zurückverweisung der Sache vorzunehmen hatte, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht in die Gesamtstrafe, die es aus den rechtskräftigen Einzelstrafen von neun Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags, von drei Jahren wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und von sechs Monaten wegen falscher Verdächtigung zu bilden hatte, auch die durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen einbezogen hat.
4
Der Einbeziehung dieser Geldstrafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB steht entgegen, dass aus dieser wegen Beleidigung verhängten Geldstrafe und der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Krefeld vom 10. März 2005 wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen gemäß § 460 StPO im Beschlusswege nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist, weil die Beleidigung am 20. Februar 2005 begangen wurde, sodass allein der Strafbefehl vom 10. März 2005 eine Zäsur bilden kann (vgl. BGHSt 32, 190, 193). Nach den Feststellungen wurde dieser Strafbefehl aber am 10. März 2005 von dem zuständigen Richter vor 14.00 Uhr unterzeichnet. Da der Angeklagte den hier abgeurteilten Totschlag am Abend des 10. März 2005 nach 20.00 Uhr, den Verstoß gegen das Waffengesetz am 14. November 2005 und das Vergehen der falschen Verdächtigung am 28. November 2005 begangen hat, ist für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den wegen dieser Taten verhängten Freiheitsstrafen und der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 2. Mai 2005 kein Raum.
5
Die Zäsurwirkung des Strafbefehls vom 10. März 2006 ist auch nicht etwa deshalb entfallen, weil die Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 10. März 2005 nunmehr nach Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Zeit vom 30. November 2006 bis zum 12. Februar 2007 erledigt ist. Da die Erledigung erst nach Erlass des Strafbefehls vom 2. Mai 2005 eingetreten ist, steht sie einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 460 StPO nicht entgegen (vgl. Fischer in KK StPO 5. Aufl. § 460 Rdn. 10; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 460 Rdn. 13, jew. m.w.N.). Ein Nachtragsverfahren nach § 460 StPO ist erst dann ausgeschlossen, wenn sämtliche Strafen, die für eine Gesamtstrafenbildung in Betracht gekommen wären, vollständig vollstreckt, verjährt oder erlassen sind (vgl. Fischer aaO; Meyer-Goßner aaO).
6
Die Einbeziehung der Geldstrafe von 30 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 muss deshalb entfallen. Der Senat setzt die gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe um einen Monat herab.
7
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

5 StR 325/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 15. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 17. März 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO in den Gesamtstrafaussprüchen wie folgt abgeändert: Gegen den Angeklagten werden Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten (wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen – Fälle II.1.1 – 8 des Urteils – unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 22. August 2007), von zwei Jahren (wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen – Fälle II.1.9 – 24 des Urteils) sowie von zwei Jahren und drei Monaten (wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und unerlaubten Waffenbesitzes – Fälle II.1.25 – 32 und II.2. des Urteils) festgesetzt.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Teilfreispruch entfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das zu den Schuld- und Einzelstrafaussprüchen sowie zu den Nebenentscheidungen nach Maßgabe der ersten Antragsschrift des Generalbundesanwalts rechtsfehlerfreie Urteil weist zur (mehrfachen) Gesamtstrafbildung , wie sie die überkomplizierte Regelung des § 55 StGB in der verbindlichen Auslegung der Rechtsprechung gebietet, zwei Rechtsfehler auf: Nicht das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 22. August 2007 – dessen Freiheitsstrafe einzubeziehen war – bildet eine Zäsur, sondern bereits das nach Begehung der darin abgeurteilten Tat ergangene Urteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 2. Februar 2007, mit dessen Geldstrafe allein nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB eine Gesamtstrafbildung unterblieben ist (UA S. 6 f.; vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 55 Rdn. 9a mit Rspr.-Nachw.). Da hiernach beide untereinander gesamtstraffähigen Sanktionen als Einheit zu betrachten sind, ändert die zwischenzeitliche Vollstreckung allein der Geldstrafe mangels Erledigung der Freiheitsstrafe nichts an dieser Zäsurwirkung. Ferner kam, wie der Beschwerdeführer selbst zu Recht geltend macht, dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 18. Juli 2008 wegen einer erst im Jahre 2008 begangenen Tat eine weitere Zäsurwirkung zu, und zwar ungeachtet dessen, dass das Landgericht von einer Einbeziehung der darin verhängten nicht erledigten Geldstrafe seinerseits nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen hat (Fischer aaO).
2
Dem auf Anregung des Senats gestellten weiteren Antrag des Generalbundesanwalts folgend nimmt der Senat die veränderte Gesamtstrafbildung gemäß § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst vor, indem er hinsichtlich aller drei Gesamtstrafen die Einsatzstrafen jeweils nur um drei Monate erhöht. So wird zugleich der Härte, welche die eher zufällig gebotene mehrfache Gesamtstrafbildung für den Beschwerdeführer mit sich bringt, ausreichend Rechnung getragen. Eine Strafaussetzung zur Bewährung schied schon wegen Bewährungsversagens (UA S. 5) aus.
3
Die Reduzierung des Gesamtstrafübels um insgesamt sechs Monate rechtfertigt gemäß § 473 Abs. 4 StPO eine den Beschwerdeführer teilweise entlastende Kostenentscheidung nicht.
Brause Raum Schaal Schneider Bellay

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 370/11
vom
10. Januar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
10. Januar 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Mai 2011 aufgehoben
a) im Ausspruch über die erste Gesamtstrafe (Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten),
b) mit den zugehörigen Feststellungen im Maßregelausspruch.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat gegen den Angeklagten wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit Beleidigung, und wegen Beleidigung Geldstrafen verhängt und ihn unter Einbeziehung zweier Einzelstrafen aus einem Urteil vom 12. Januar 2010 zu einer (ersten) Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Weiter hat es gegen ihn wegen schwerer Brandstiftung und wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen auf eine zweite Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten erkannt. Es hat die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
2
1. Die Bildung der ersten Gesamtstrafe ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hätte nach Auflösung der im Urteil vom 12. Januar 2010 verhängten Gesamtstrafe nur die Einzelstrafe für die zweite, nicht auch die für die erste dort abgeurteilte Tat einbeziehen dürfen.
3
Dem Urteil vom 12. Januar 2010 gingen Vorverurteilungen vom 9. Februar 2009 und 16. April 2009 voraus, wobei die Verurteilung vom 16. April 2009 - wie dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch hinreichend zu entnehmen - Taten vor dem 9. Februar 2009 betraf. Zwar entfaltete das Urteil vom 12. Januar 2010, das Taten vom 25. Oktober 2008 und 21. Februar 2009 zum Gegenstand hatte, damit Zäsurwirkung für die Taten II. 1 bis II. 4 der Urteilsgründe (Tatzeitraum Mai bis Dezember 2009), weil die am 21. Februar 2009 verübte Tat am 9. Februar 2009 noch nicht berücksichtigt werden konnte und der Vorverurteilung vom 16. April 2009 im Hinblick auf die Tat vom 21. Februar 2009 keine Zäsurwirkung zukam (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 193; Beschluss vom 24. Oktober 2002 - 4 StR 332/02, NStZ 2003, 200, 201). In die im angefochtenen Urteil gebildete (erste) Gesamtstrafe hätte aber die am 12. Januar 2010 verhängte Einzelstrafe für die Tat vom 25. Oktober 2008 nicht einbezogen wer- den dürfen, weil diese Tat schon am 9. Februar 2009 hätte abgeurteilt werden können. Dass in dem Urteil vom 12. Januar 2010 auf der Grundlage des § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB von der Bildung einer Gesamtstrafe mit der früheren Verurteilung vom 9. Februar 2009 abgesehen worden ist, ändert an der Zäsurwirkung der Vorverurteilung vom 9. Februar 2009 hinsichtlich der Tat vom 25. Oktober 2008 nichts (BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1983 - 1 StR 148/83, BGHSt 32, 190, 194; Urteil vom 12. August 1998 - 3 StR 537/97, BGHSt 44, 179, 184).
4
Durch die rechtsfehlerhafte Bildung der ersten Gesamtstrafe ist der Angeklagte beschwert, weil eine im Urteil vom 12. Januar 2010 noch zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe unter Wegfall der Vergünstigung nach § 56 Abs. 1 StGB einbezogen worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Juli 1990 - 1 StR 273/90, juris). Das Urteil muss deshalb im Ausspruch über die erste Gesamtstrafe aufgehoben werden, wobei der neue Tatrichter zu beachten haben wird, dass wegen des Verschlechterungsverbots des § 358 Abs. 2 StPO die neu zu verhängende Gesamtstrafe nur so hoch bemessen werden darf, dass sie zusammen mit der für die Tat vom 25. Oktober 2008 verhängten Freiheitsstrafe von drei Monaten die im angefochtenen Urteil festgesetzte erste Gesamtstrafe von sieben Monaten Freiheitsstrafe nicht übersteigt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 1990 - 2 StR 513/90, BGHR StPO § 358 Abs. 2 Nachteil 4). Bei der Zäsurwirkung als solcher bleibt es ohne Rücksicht auf einen etwaigen zwischenzeitlichen Erlass der am 12. Januar 2010 verhängten Strafe, weil die Gesamtstrafe nach Maßgabe der Vollstreckungssituation zum Zeitpunkt der ersten tatrichterlichen Verhandlung zu bilden ist (BGH, Urteil vom 9. Dezember 2009 - 5 StR 459/09, BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 4; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 55 Rn. 37 mwN). Die Feststellungen sind durch den Rechtsfehler bei der Bildung der ersten Gesamtstrafe nicht betroffen und können bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO).
5
2. Der Maßregelausspruch hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
6
a) Das Landgericht hat sachverständig beraten ausgeführt, bei dem Angeklagten lägen die "typischen Symptome einer paranoiden Persönlichkeitsstörung" vor, und dies mit dem "Verschenken einer Erbschaft" in den siebziger Jahren aus Verärgerung über die Veranlagung zur Erbschaftsteuer, der Eheschließung im Jahr 1989 allein zum Zwecke der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile , dem Verfassen von "insgesamt über 100 Schreiben an Gerichte und Behörden" und negative Äußerungen über eine Nachbarin und einen Polizeibeamten im Zusammenhang mit gegen ihn geführten polizeilichen Ermittlungen begründet. "Spätestens ab dem Jahr 2009" sei "der Alltag des Angeklagten (neben der Behandlung seiner körperlichen Leiden) durch den Kampf gegen das von ihm empfundene Unrecht und gegen eine - aus seiner Sicht - ihn 'terrorisierende Umwelt' bestimmt" gewesen. Es hat aus diesen Umständen auf eine "Einengung der Lebensführung" und eine "Stereotypisierung des Verhaltens" des Angeklagten, der "unflexible, unangepasste und paranoide Denkstile" zeige , geschlossen und angesichts "der gesamten vom Sachverständigen ausgeführten Umstände und der anderen hier zu Tage getretenen Tatsachen", insbesondere der "besonders starken Zuspitzung" wegen des mit einer "Inhaftierung zusammenhängenden Gesamtszenarios", im Hinblick auf die schwere Brandstiftung die Voraussetzungen des § 63 StGB bejaht.
7
b) Diese Erwägungen belegen schon nicht, dass der Angeklagte die schwere Brandstiftung aufgrund des Vorliegens eines der Eingangsmerkmale des § 20 StGB im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) begangen hat. Ob eine paranoide Persönlichkeitsstörung als schwere andere seelische Abartigkeit qualifiziert werden kann, hängt - wie vom Landgericht grundsätzlich zutreffend gesehen - davon ab, ob es im Alltag des Täters zu Einschränkungen des beruflichen oder sozialen Handlungsvermögens gekommen ist und die Persönlichkeitsstörung sein Leben vergleichbar nachhaltig und mit ähnlichen Folgen belastet oder einengt wie eine krankhafte seelische Störung (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2000 - 2 StR 278/00, BGHR StGB § 21 seelische Abartigkeit 35). Einschränkungen des Alltags des Angeklagten dieses Umfangs hat das Landgericht indes nicht festgestellt. Die von ihm für eine Einengung des sozialen Handlungsvermögens konkret herangezogenen Umstände beziehen sich zum Teil auf lange zurückliegende Vorgänge. Sie lassen sich überdies - auch, soweit sie das Verfassen zahlreicher Schreiben an Gerichte und Behörden betreffen - innerhalb der Bandbreite "normalen" menschlichen Verhaltens erklären, zumal sich das Landgericht, was gegen seine Annahme eines dauernden Zustands im Sinne des § 63 StGB (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 1986 - 4 StR 40/86, BGHSt 34, 22, 27; st. Rspr.) spricht, bei den sonstigen Taten nicht sicher von einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit hat überzeugen können. Seine Ausführungen zur "Einengung der Lebensführung" , zur "Stereotypisierung des Verhaltens" und zu unflexiblen, unangepassten und paranoiden Denkstilen nehmen das Ergebnis vorweg, ohne die tatsächlichen Voraussetzungen einer Persönlichkeitsstörung in dem nach §§ 20, 21 StGB erforderlichen Schweregrad nachvollziehbar zu belegen.
8
c) Im Übrigen hat das Landgericht eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades , dass der Angeklagte infolge eines nach § 63 StGB relevanten Zustands in Zukunft erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist (BGH, Beschluss vom 23. November 2010 - 3 StR 385/10, R&P 2011, 30, 31 mwN), nicht rechtsfehlerfrei belegt. Es hat seine Gefährlichkeitsprognose allein an die schwere Brandstiftung geknüpft, weil es weitere rechtswidrige Taten eines die Unterbringung nach § 63 StGB rechtfertigenden Schweregrades nicht festgestellt hat. Die Tatumstände der schweren Brandstiftung - Sorge des Angeklagten um seine Habe aus Anlass seiner bevorstehenden Inhaftierung - waren indessen besondere, für deren Wiederholung außer der bloßen Möglichkeit, dass der Angeklagte künftig erneut zum Haftantritt geladen werden könnte, nichts spricht und die damit eine Wahrscheinlichkeit höheren Grades für vergleichbar gewichtige Rechtsbrüche nicht ergeben. Im Gegenteil legen sie eine Gelegenheits- oder Konflikttat nahe, die eine Unterbringung nach § 63 StGB nicht rechtfertigt (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Mai 1991 - 3 StR 148/91, BGHR StGB § 63 Gefährlichkeit 15; Beschluss vom 1. September 1998 - 4 StR 367/98).
9
d) Die Frage der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus muss daher - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - aufgrund neu zu treffender Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) erneut geprüft und entschieden werden.
Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

5 StR 325/10

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 15. September 2010
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2010

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Itzehoe vom 17. März 2010 nach § 349 Abs. 4 StPO in den Gesamtstrafaussprüchen wie folgt abgeändert: Gegen den Angeklagten werden Gesamtfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten (wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen – Fälle II.1.1 – 8 des Urteils – unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 22. August 2007), von zwei Jahren (wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 14 Fällen sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen – Fälle II.1.9 – 24 des Urteils) sowie von zwei Jahren und drei Monaten (wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen und unerlaubten Waffenbesitzes – Fälle II.1.25 – 32 und II.2. des Urteils) festgesetzt.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. Der Teilfreispruch entfällt.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
G r ü n d e
1
Das zu den Schuld- und Einzelstrafaussprüchen sowie zu den Nebenentscheidungen nach Maßgabe der ersten Antragsschrift des Generalbundesanwalts rechtsfehlerfreie Urteil weist zur (mehrfachen) Gesamtstrafbildung , wie sie die überkomplizierte Regelung des § 55 StGB in der verbindlichen Auslegung der Rechtsprechung gebietet, zwei Rechtsfehler auf: Nicht das Urteil des Amtsgerichts Pinneberg vom 22. August 2007 – dessen Freiheitsstrafe einzubeziehen war – bildet eine Zäsur, sondern bereits das nach Begehung der darin abgeurteilten Tat ergangene Urteil des Amtsgerichts Elmshorn vom 2. Februar 2007, mit dessen Geldstrafe allein nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB eine Gesamtstrafbildung unterblieben ist (UA S. 6 f.; vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 55 Rdn. 9a mit Rspr.-Nachw.). Da hiernach beide untereinander gesamtstraffähigen Sanktionen als Einheit zu betrachten sind, ändert die zwischenzeitliche Vollstreckung allein der Geldstrafe mangels Erledigung der Freiheitsstrafe nichts an dieser Zäsurwirkung. Ferner kam, wie der Beschwerdeführer selbst zu Recht geltend macht, dem Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 18. Juli 2008 wegen einer erst im Jahre 2008 begangenen Tat eine weitere Zäsurwirkung zu, und zwar ungeachtet dessen, dass das Landgericht von einer Einbeziehung der darin verhängten nicht erledigten Geldstrafe seinerseits nach § 53 Abs. 2 Satz 2 StGB abgesehen hat (Fischer aaO).
2
Dem auf Anregung des Senats gestellten weiteren Antrag des Generalbundesanwalts folgend nimmt der Senat die veränderte Gesamtstrafbildung gemäß § 354 Abs. 1a Satz 2 StPO selbst vor, indem er hinsichtlich aller drei Gesamtstrafen die Einsatzstrafen jeweils nur um drei Monate erhöht. So wird zugleich der Härte, welche die eher zufällig gebotene mehrfache Gesamtstrafbildung für den Beschwerdeführer mit sich bringt, ausreichend Rechnung getragen. Eine Strafaussetzung zur Bewährung schied schon wegen Bewährungsversagens (UA S. 5) aus.
3
Die Reduzierung des Gesamtstrafübels um insgesamt sechs Monate rechtfertigt gemäß § 473 Abs. 4 StPO eine den Beschwerdeführer teilweise entlastende Kostenentscheidung nicht.
Brause Raum Schaal Schneider Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 266/07
vom
17. Juli 2007
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 17. Juli 2007 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 28. Februar 2007 dahin geändert , dass der Angeklagte wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und fünf Monaten verurteilt wird. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Totschlags unter Einbeziehung der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängten Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten und einer Woche und wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie wegen falscher Verdächtigung zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hat der Senat dieses Urteil durch Beschluss vom 5. Dezember 2006 - 4 StR 484/06 - im Ausspruch über die beiden Gesamtfreiheitsstrafen mit den Feststellungen aufgehoben und die weiter gehende Revision verworfen.
2
Das Landgericht hat den Angeklagten nunmehr unter Einbeziehung der Geldstrafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 wegen Totschlags, verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und wegen falscher Verdächtigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Mit seiner hiergegen gerichteten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Ausspruchs über die Gesamtfreiheitsstrafe; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Gesamtstrafenbildung, die das Landgericht nach Zurückverweisung der Sache vorzunehmen hatte, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, soweit das Landgericht in die Gesamtstrafe, die es aus den rechtskräftigen Einzelstrafen von neun Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags, von drei Jahren wegen verbotenen Führens einer halbautomatischen Kurzwaffe und von sechs Monaten wegen falscher Verdächtigung zu bilden hatte, auch die durch Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 verhängte Geldstrafe von 30 Tagessätzen einbezogen hat.
4
Der Einbeziehung dieser Geldstrafe im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 55 StGB steht entgegen, dass aus dieser wegen Beleidigung verhängten Geldstrafe und der durch Strafbefehl des Amtsgerichts Krefeld vom 10. März 2005 wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung verhängten Geldstrafe von 90 Tagessätzen gemäß § 460 StPO im Beschlusswege nachträglich eine Gesamtstrafe zu bilden ist, weil die Beleidigung am 20. Februar 2005 begangen wurde, sodass allein der Strafbefehl vom 10. März 2005 eine Zäsur bilden kann (vgl. BGHSt 32, 190, 193). Nach den Feststellungen wurde dieser Strafbefehl aber am 10. März 2005 von dem zuständigen Richter vor 14.00 Uhr unterzeichnet. Da der Angeklagte den hier abgeurteilten Totschlag am Abend des 10. März 2005 nach 20.00 Uhr, den Verstoß gegen das Waffengesetz am 14. November 2005 und das Vergehen der falschen Verdächtigung am 28. November 2005 begangen hat, ist für eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung aus den wegen dieser Taten verhängten Freiheitsstrafen und der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 2. Mai 2005 kein Raum.
5
Die Zäsurwirkung des Strafbefehls vom 10. März 2006 ist auch nicht etwa deshalb entfallen, weil die Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom 10. März 2005 nunmehr nach Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe in der Zeit vom 30. November 2006 bis zum 12. Februar 2007 erledigt ist. Da die Erledigung erst nach Erlass des Strafbefehls vom 2. Mai 2005 eingetreten ist, steht sie einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung gemäß § 460 StPO nicht entgegen (vgl. Fischer in KK StPO 5. Aufl. § 460 Rdn. 10; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 460 Rdn. 13, jew. m.w.N.). Ein Nachtragsverfahren nach § 460 StPO ist erst dann ausgeschlossen, wenn sämtliche Strafen, die für eine Gesamtstrafenbildung in Betracht gekommen wären, vollständig vollstreckt, verjährt oder erlassen sind (vgl. Fischer aaO; Meyer-Goßner aaO).
6
Die Einbeziehung der Geldstrafe von 30 Tagessätzen aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Gelsenkirchen vom 2. Mai 2005 muss deshalb entfallen. Der Senat setzt die gegen den Angeklagten verhängte Gesamtfreiheitsstrafe um einen Monat herab.
7
Der geringfügige Erfolg des Rechtsmittels gibt keinen Anlass, den Angeklagten von den Kosten des Verfahrens und seinen Auslagen gemäß § 473 Abs. 4 StPO teilweise zu entlasten.
Tepperwien Athing Solin-Stojanović
Ernemann Sost-Scheible

(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.

(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.

(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.

(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.

(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.

Ist jemand durch verschiedene rechtskräftige Urteile zu Strafen verurteilt worden und sind dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesamtstrafe (§ 55 des Strafgesetzbuches) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesamtstrafe zurückzuführen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.