Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 4 StR 368/19

bei uns veröffentlicht am24.09.2019

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 368/19
vom
24. September 2019
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 24. September 2019 einstimmig beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hagen
vom 21. Februar 2019 wird als unbegründet verworfen, da die
Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen
Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349
Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
ECLI:DE:BGH:2019:240919B4STR368.19.0

Ergänzend zum Verwerfungsantrag des Generalbundesanwalts ist anzumerken :
Die Verurteilung des Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Fall II. 2 der Urteilsgründe ist entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts nicht zu beanstanden.
Erwirbt der Täter eine nicht geringe Menge an Betäubungsmitteln, die teils zur gewinnbringende Weiterveräußerung und teils zum Eigenkonsum bestimmt ist, hängt die rechtliche Bewertung von den Wirkstoffgehalten der jeweils zum Weiterverkauf und zum Eigenkonsum vorgesehenen Teilmengen ab. Liegen – wie hier – sowohl die Handels – als auch die Eigenverbrauchsmenge unter der Grenze zur nicht geringen Menge, macht sich der Täter wegen des durch den Besitz der Gesamtmenge verwirklichten Verbrechenstatbestands des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der durch die Vergehenstatbestände des § 29 Abs. 1 BtMG nicht verdrängt werden kann, des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig.
Zur Klarstellung des dem Handeltreiben innewohnenden zusätzlichen Unrechtsgehalts tritt die Strafbarkeit wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln tateinheitlich hinzu (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 20. Juni 2018 – 5 StR 68/18, NStZ 2019, 95; Beschluss vom 8. Januar 2015 – 2 StR 252/14, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 2; Urteil vom 12. März 2002 – 3 StR 404/01, BGHR, BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 57; Beschluss vom 19. September 2001 – 3 StR 268/01, BGHR, BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Konkurrenzen 5; vgl. Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 29a Rn. 152; Oglakcioglu in MK-StGB, 3. Aufl., § 29a BtMG Rn. 104 f.; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29a Rn. 206).
Sost-Scheible Roggenbuck Bender
Quentin Feilcke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 4 StR 368/19

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 4 StR 368/19

Referenzen - Gesetze

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.
Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 4 StR 368/19 zitiert 6 §§.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Sept. 2019 - 4 StR 368/19 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Juni 2018 - 5 StR 68/18

bei uns veröffentlicht am 20.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 68/18 vom 20. Juni 2018 in der Strafsache gegen wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2018:200618U5STR68.18.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs h

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Jan. 2015 - 2 StR 252/14

bei uns veröffentlicht am 08.01.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 S t R 2 5 2 / 1 4 vom 8. Januar 2015 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbunde

Referenzen

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 68/18
vom
20. Juni 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:200618U5STR68.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 20. Juni 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Sander, Prof. Dr. König, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 6. September 2017 wird verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungs1 mitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen, wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, wegen Beleidigung, Bedrohung, vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Beleidigung, Bedrohung und versuchter Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
1. Schuld- und Strafaussprüche sind auf der Grundlage rechtsfehlerfreier
2
Feststellungen nicht zu beanstanden. Der Senat vermag dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe auch zu entnehmen, dass der Angeklagte im Fall 3 b) der Urteilsgründe den Polizeibeamten L. hinreichend konkret mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens bedroht hat (vgl. UA S. 16). Im Hinblick auf die von Gewalttätigkeiten des Angeklagten geprägte Situation und den von dem Polizeibeamten geschilderten Wortlaut der Äußerung des Angeklagten vermag der Senat in der Bewertung der Strafkammer als Bedrohung mit einem Verbrechen keinen Rechtsfehler zu erkennen.
2. Der näheren Erörterung bedarf nur Folgendes:
3

a) Das Landgericht hat die Einsatzstrafe in Höhe von einem Jahr und
4
neun Monaten und eine weitere Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und vier Monaten für zwei Verbrechen des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis verhängt. Hierzu hat es festgestellt, dass der einschlägig vorbestrafte und unter Bewährung stehende Angeklagte im August 2016 bei einer unter Drogeneinfluss vorgenommenen Autofahrt acht Gramm Kokaingemisch mit einem Wirkstoffanteil von 7,05 Gramm Kokainhydrochlorid und 6,75 Gramm portionierte Cannabisblüten nebst einer Feinwaage und einem Teleskopschlagstock mit sich führte und im Januar 2017 bei einer erneut unter Betäubungsmitteleinfluss begangenen Fahrt weiteres Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 5,15 Gramm Kokainhydrochlorid besaß. Jeweils mindestens die Hälfte der Drogen wollte der Angeklagte gewinnbringend weiterverkaufen.

b) Diese Feststellungen tragen die jeweiligen Schuldsprüche.
5
aa) Besitzt ein Täter – wie hier – eine insgesamt nicht geringe Menge an
6
Betäubungsmitteln, von denen ein Teil zum Verkauf, ein anderer Teil aber zum Eigenkonsum bestimmt ist, macht er sich auch dann wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG strafbar, wenn keine dieser Teilmengen für sich gesehen die Schwelle der nicht geringen Menge erreicht (vgl. BGH, Urteile vom 10. April 1996 – 3 StR 5/96, BGHSt 42, 123, 126; vom 12. März 2002 – 3 StR 404/01; Beschluss vom 8. Januar2015 – 2 StR 252/14; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29a Rn. 160; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29a Rn. 169, 206). Soweit der Senatsbeschluss vom 19. September 2017 (5 StR 401/17) in anderem Sinne zu verstehen ist, wird hieran nicht festgehalten. Das Urteil des 3. Strafsenats vom 1. Dezember 2016 (3 StR 331/16) betraf eine andere Konstellation und steht nicht entgegen.
Mit dem Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist der
7
Verbrechenstatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllt. Diese Strafbarkeit entfällt nicht dadurch, dass der Besitzende eine Teilmenge der Betäubungsmittel über den bloßen Besitz hinaus zu Verkaufszwecken bestimmt. Weder der Wortlaut des § 29a Abs. 1 BtMG, die Systematik des Gesetzes, dessen Sinn und Zweck noch Konkurrenzerwägungen gebieten eine andere, lediglich an den Wirkstoffgehalten der Teilmengen orientierte Auslegung, die zur Folge hätte, dass der Täter statt wegen eines Verbrechens lediglich wegen zweier tateinheitlich zusammentreffender Vergehen nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BtMG bestraft würde. Vielmehr wäre es wertungswidersprüchlich, wenn ein Täter nur deshalb milder bestraft würde, weil er mit dem zusätzlichen Handeltreiben bezüglich einer Teilmenge eine weitere Handlungsmodalität des Umgangs mit Betäubungsmitteln verwirklicht, die – materiell gesehen und gemessen am Schutzgut der Tatbestände des Betäubungsmittelstrafrechts – gegenüber dem Besitz einen erhöhten Unwert bedeutet (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1996 – 3 StR 5/96, aaO, S. 127).
8
Der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge tritt lediglich gegenüber sonstigen Begehensweisen zurück, die zu Verbrechen erhoben wurden und in § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG aufgeführt sind, sowie gegenüber Straftaten , die seit jeher als Verbrechen eingestuft waren oder mit einer höheren Mindeststrafe bedroht sind, wie etwa die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2016 – 3 StR 534/15). Diese Rechtsprechung beruht auf der im Betäubungsmittelstrafrecht einhellig vertretenen Auffassung, dass der Tatmodalität des Besitzes einer nicht geringen Menge, mit der der abstrakten Gefahr der Weitergabe von Betäubungsmitteln an Dritte Rechnung getragen werden soll, die von einer solchen Menge ausgeht, gegenüber den genannten Delikten lediglich die Funktion eines Auffangtatbestandes zukommt (BGH aaO). Die konkurrenzrechtliche Erwägung gilt hingegen nicht für das Verhältnis des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, da ein Verbrechen durch ein Vergehen nicht verdrängt werden kann.
bb) Zum Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach
9
§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG tritt tateinheitlich das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG hinzu, wenn – wie hier – die Menge der Betäubungsmittel insgesamt über die nicht geringe Menge hinausgeht und damit jenseits der für § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erforderlichen Besitzmenge ein überschießender Teil für den Weiterverkauf bestimmt ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2002 – 3 StR 404/01; Beschluss vom 8. Januar 2015 – 2StR 252/14; Patzak aaO; Weber aaO). Die Klarstellungsfunktion der Idealkonkurrenz (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 14. Juni 2017 – 2 StR 14/17, NStZ-RR 2017, 340, 341) spricht dafür, in derartigen Fällen den zusätzlichen Unrechtsgehalt des Handeltreibens, das nicht typische Begleittat des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist, durch die Annahme von Tateinheit hervorzuheben.
Mutzbauer Sander König
Mosbacher Köhler

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 2 5 2 / 1 4
vom
8. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
am 8. Januar 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 26. Februar 2014 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit Erwerb von Betäubungsmitteln in vier Fällen, der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Erwerb von Betäubungsmitteln, und der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht schuldig ist; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten schuldig gesprochen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sechs tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit sieben tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie in einem Fall in Tateinheit mit neun tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige. Weiterhin hat es den Angeklagten schuldig gesprochen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit neun tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige , in einem Fall in Tateinheit mit zehn tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und in einem Fall in Tateinheit mit drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und einem Verstoß gegen die Weisung der Führungsaufsicht, keinen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen (also Personen unter 18 Jahren) aufzunehmen. Das Landgericht hat den Angeklagten deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Die Überprüfung des Urteils im Rahmen der erhobenen Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Allerdings war der Schuldspruch entsprechend der Beschlussformel zu korrigieren.
3
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen liegt in den Fällen 3 bis 9 eine gewerbsmäßige Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige vor (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG). Diese erfasst auch das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (siehe Senat, Beschluss vom 31. Januar 2007 - 2 StR 605/06). Insoweit bilden der jeweilige Erwerb der Rauschgiftmenge und deren nachfolgende sukzessive Veräußerung auch dann eine Bewertungseinheit, wenn - wie hier - aus der Erwerbsmenge Rauschgift an Minderjährige abgegeben wird; mehrere solcher Abgaben sind dann Teil einer Tat im Rechtssinne (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997- 4 StR 222/97, juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 233/00, juris Rn. 12; Senat, Beschluss vom 17. Juni 2003 - 2 StR 94/03, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 6. August 2013 - 5 StR 255/13, juris Rn. 4, 7).
4
Zum Verhältnis zwischen den einzelnen Taten der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige zum Erwerb bzw. Besitz von sowie Handeltreiben mit Betäubungsmitteln hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift Folgendes ausgeführt: Dazu in Tateinheit steht das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jedenfalls dann, wenn die zur Veräußerung bestimmte Erwerbsmenge nicht nur vorsätzlich an Minderjährige verkauft wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 - 4 StR 222/97, juris Rn. 16; Senat, Beschluss vom 17. Juni 2003 - 2 StR 94/03, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 8. Mai 2003 - 3 StR 123/03, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 4 StR 165/10, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 353/10, juris Rn. 5 f.). Entsprechendes gilt für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge), soweit dieses nicht durch den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verdrängt wird. Beim Erwerb von Betäubungsmitteln sowohl zum Zweck der Veräußerung als auch zum Zweck des Eigenverbrauchs hängt die rechtliche Bewertung davon ab, welchen Wirkstoffgehalt die jeweiligen Teilmengen haben (vgl. dazu MK/Rahlf, 2. Aufl., § 29a Rn. 104 f. m.N.). Wenn nicht nur die Verkaufsmenge und die Eigenverbrauchsmenge jeweils gering sind, sondern auch die Gesamtmenge , liegt Handeltreiben in Tateinheit mit Erwerb vor. Sind die Verkaufsmenge und die Eigenverbrauchsmenge jeweils gering , die Gesamtmenge jedoch nicht gering, liegt Besitz in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben vor (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2002 - 3 StR 404/01, juris Rn. 3). Wenn die Verkaufsmenge nicht gering, die Eigenverbrauchsmenge jedoch gering ist, liegt Handeltreiben in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb vor. Sind sowohl die Verkaufsmenge als auch die Eigenverbrauchsmenge jeweils nicht gering, liegt Handeltreiben in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz einer nicht geringen Menge vor (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2005 - 3 StR 112/05, juris Rn. 4).
5
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und korrigiert den Schuldspruch entsprechend.
6
Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht in den Fällen 3 bis 9 nicht von der Anwendbarkeit des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG ausgegangen ist. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.