Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Feb. 2010 - 4 StR 506/09

bei uns veröffentlicht am23.02.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 506/09
vom
23. Februar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 23. Februar 2010 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 20. Juli 2009 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig ist. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Es wird davon abgesehen, dem Beschwerdeführer die Kosten und Auslagen des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig gesprochen. Unter Einbeziehung des Urteils des Jugendschöffengerichts Neuruppin vom 3. April 2008 hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet und gemäß § 5 Abs. 3 JGG von der Verhängung einer Jugendstrafe abgesehen.
2
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Sachrüge führt zu einer Änderung des Schuldspruchs; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
Die Revision beanstandet die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich des (vollendeten) vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB) schuldig gemacht, zu Recht. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen kann der Angeklagte nur wegen Versuchs (§ 315 b Abs. 2 StGB) verurteilt werden.
4
Nach den Feststellungen warf der Angeklagte einen etwa faustgroßen und - wovon zu seinen Gunsten auszugehen ist - brüchigen Sandstein von der Autobahnbrücke etwa 25 m weit auf den rechten Fahrstreifen. Zwar war er sich hierbei darüber im Klaren, dass es dadurch zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben der Insassen des auf dem Fahrstreifen fahrenden Mazda 626 und/oder des Fahrzeugs kommen könnte und nahm dies billigend in Kauf. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist aber der tatbestandliche Erfolg, nämlich eine konkrete Gefährdung im Sinne des § 315 b Abs. 1 StGB (vgl. Senat , Urteil vom 4. Dezember 2002 - 4 StR 103/02, BGHSt 48, 119, 125; Senat, Beschluss vom 4. November 2008 - 4 StR 411/08 = NStZ 2009, 100, jew. m.w.N.), nicht eingetreten. Der Stein schlug "unmittelbar" vor dem von dem Zeugen D. geführten Mazda 626 auf und zersplitterte. Die auffliegenden Steinsplitter verursachten zwar ein krachendes Geräusch am Unterboden des Fahrzeugs, als der Zeuge mit dem Pkw über die Aufschlagstelle hinweg fuhr. Schäden an dem Fahrzeug wurden aber nicht festgestellt. Dass der Eingriff des Angeklagten zu einer kritischen Situation im Sinne eines "Beinahe-Unfalls" geführt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Dezember 1996 - 4 StR 615/96, NStZRR 1997, 200; Senat, Beschluss vom 4. November 2008 - 4 StR 411/08, NStZ 2009, 100, jew. m.w.N.) ist durch die Feststellungen nicht belegt, weil danach durch den unmittelbar vor dem Pkw aufschlagenden und zersplitternden Stein weder das Fahrverhalten noch die Fahrsicherheit des Zeugen D. in irgendeiner Weise beeinträchtigt worden sind.
5
Der Senat kann den Schuldspruch von sich aus ändern. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn der Angeklagte hätte sich gegen den geänderten Schuldspruch nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
6
Die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 StGB wird durch die Änderung des Schuldspruchs nicht in Frage gestellt.
7
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 74, 105 Abs. 1, 109 Abs. 2 Satz 1 JGG.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Mutzbauer

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Dez. 2002 - 4 StR 103/02

bei uns veröffentlicht am 04.12.2002

Veröffentlichung: ja BGHSt: ja zu B III. BGHR: ja StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 2 und 3 Greift der Täter in den fließenden Verkehr ein, indem er Hindernisse auf der Fahrbahn bereitet oder Gegenstände auf fahrende Fahrzeuge wirft, kann § 315 b Abs. 1 Nr.

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Nov. 2008 - 4 StR 411/08

bei uns veröffentlicht am 04.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 411/08 vom 4. November 2008 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen schweren Raubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und der Beschwerdeführer am 4. November 20
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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2012 - 4 StR 346/12

bei uns veröffentlicht am 25.10.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 346/12 vom 25. Oktober 2012 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. Oktober 2012, an der teilgenommen haben:

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(1) Aus Anlaß der Straftat eines Jugendlichen können Erziehungsmaßregeln angeordnet werden.

(2) Die Straftat eines Jugendlichen wird mit Zuchtmitteln oder mit Jugendstrafe geahndet, wenn Erziehungsmaßregeln nicht ausreichen.

(3) Von Zuchtmitteln und Jugendstrafe wird abgesehen, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt die Ahndung durch den Richter entbehrlich macht.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Veröffentlichung: ja
BGHSt: ja zu B III.
BGHR: ja
StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 2 und 3
Greift der Täter in den fließenden Verkehr ein, indem er Hindernisse auf
der Fahrbahn bereitet oder Gegenstände auf fahrende Fahrzeuge wirft,
kann § 315 b Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 StGB auch dann erfüllt sein, wenn die
Tathandlung unmittelbar zu einem bedeutenden Fremdsachschaden führt
und dieser Erfolg sich als Steigerung der durch die Tathandlung bewirkten
abstrakten Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellt.
BGH, Urteil vom 4. Dezember 2002 – 4 StR 103/02 – LG Cottbus

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 103/02
vom
4. Dezember 2002
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. Dezember
2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
die Richter am Bundesgerichtshof
Maatz
Athing,
Dr. Ernemann
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 12. April 2001, soweit es ihn betrifft, 1. im Schuldspruch – insoweit auch hinsichtlich des früheren Mitangeklagten L. – dahin geändert, daß die Angeklagten im Fall II B 5 der Urteilsgründe des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig sind, 2. in den die Fälle II A 1 bis 14 und B 5 der Urteilsgründe betreffenden Einzelstrafaussprüchen sowie 3. im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. III. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten und den Mitangeklagten L. , der keine Revision eingelegt hat, jeweils des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in 14 Fällen, davon in 10 Fällen in Tateinheit mit versuchtem Mord und davon in zwei Fällen in weiterer Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, sowie des gefährlichen Eingriffs in den Eisenbahnverkehr in zwei Fällen sowie darüber hinaus den Angeklagten allein wegen Tierquälerei in 14 Fällen für schuldig befunden. Gegen den Angeklagten hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren verhängt. Den Mitangeklagten L. hat es zu sechs Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagten mit seiner Revision, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat nur den aus der Urteilsformel ersichtlichen geringfügigen Teilerfolg; im übrigen ist es unbegründet.

A.

Die Verfahrensrügen dringen nicht durch. Insoweit verweist der Senat auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 2. April 2002, die lediglich zu der auf § 338 Nr. 7 i.V.m. § 275 Abs. 2 StPO gestützten Verfahrensrüge der Ergänzung bzw. Klarstellung bedürfen: An der rechtzeitig angebrachten Unterschrift des Richters am Landgericht K. (§ 275 Abs. 2 Satz 1 StPO) fehlt es nicht deshalb, weil die Vorsitzende Richterin nachträglich, aber noch vor Ablauf der Frist des § 275 Abs. 1 StPO handschriftliche Änderungen in dem von dem genannten Richter bereits unterschriebenen Urteilsentwurf angebracht hat. Dies geschah, wie sich aus der dienstlichen Erklärung der Vorsitzenden Richterin ergibt, im
Einvernehmen mit Richter am Landgericht K. . Einer schriftlichen Bestätigung seines Einverständnisses mit den Änderungen, etwa durch Beifügung seiner Paraphe an den betreffenden Textstellen, oder gar einer erneuten Unterschrift unter das Urteil durch diesen Richter bedurfte es nicht. Soweit die Revision das Fehlen der Unterschrift des Richters am Amtsgericht H. beanstandet, fehlt es schon an dem für die Zulässigkeit der Rüge vorausgesetzten vollständigen Sachvortrag (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). In dem Verhinderungsvermerk der Vorsitzenden, durch den die Unterschrift dieses Richters ersetzt wurde, heißt es, Richter am Amtsgericht H. sei "durch Abordnung an das Ministerium für Justiz und Europaangelegenheiten an der Unterschrift gehindert". Bei dieser Sachlage hätte die Revision vortragen müssen, daß dieser Richter an der Unterschriftsleistung weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen gehindert war. Allerdings begründet die Abordnung eines Richters an die Justizverwaltung entgegen der Auffassung der Vorsitzenden Richterin, die sich aus ihrer dienstlichen Erklärung ergibt: "Er ist seit dem 23.04.2001 ... als Referent mit Beamtenstatus abgeordnet und darf seither als solcher keine richterlichen Aufgaben mehr wahrnehmen (vgl. DRiG)", keine rechtliche Verhinderung, soweit sein Status als Richter damit nicht verloren ging (vgl. BGHR StPO § 275 Abs. 2 Satz 2 Verhinderung 4 und 5; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. § 275 Rdn. 23 m.Nachw.). Doch liegt hier angesichts der Entfernung zwischen dem Sitz des Gerichts in Cottbus und dem neuen Dienstort des Richters in Potsdam auf der Hand, daß dieser auch - was genügt - tatsächlich verhindert war, seine Unterschrift rechtzeitig auf der erst am letzten Tag der Frist des § 275 Abs. 1 StPO zur Geschäftsstelle gelangten Urteilsurkunde anzubringen (vgl. BGH NStZ-RR 1999, 46).

B.

I.

Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten, soweit ihn das Landgericht wegen Vergehens gegen das Tierschutzgesetz für schuldig befunden hat (II. A. der Urteilsgründe "Komplex Katzen"). Jedoch unterliegen die in diesen Fällen erkannten Einzelfreiheitsstrafen der Aufhebung, weil das Landgericht - wie die Revision zu Recht beanstandet - in diesen Fällen einen falschen Strafrahmen zugrundegelegt hat. Es ist nämlich von dem derzeit geltenden, durch das Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes vom 25. Mai 1998 (BGBl. I 1094) geänderten Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe ausgegangen, den es gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemildert hat, während § 17 TierschG in der im Tatzeitraum geltenden Fassung nur Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren androhte. Der Senat kann nicht ausschließen, daß die Einzelstrafen bei Zugrundelegung des niedrigeren Strafrahmens niedriger ausgefallen wären. Die deshalb gebotene Aufhebung der Einzelstrafen hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge. Der neue Tatrichter wird insoweit auch die Gesamtstrafenlage hinsichtlich der beiden früher erkannten Geldstrafen (UA 5 a.E.) und den in den Fällen II. A 1 bis 4 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen zu prüfen und dabei zu berücksichtigen haben, daß eine zwischenzeitliche Erledigung der Geldstrafen die Bildung einer (gesonderten) Gesamtstrafe nicht entbehrlich machen würde (st. Rspr.; vgl. BGHR StGB § 55 Abs. 1 Satz 1 Erledigung 1, 2 jew. m.w.N.).

II.

Im übrigen weist auch die Verurteilung des Angeklagten wegen der Taten zu Abschnitt II. B der Urteilsgründe ("Komplex Eingriffe in den
Straßenverkehr") mit Ausnahme des Falles II. B 5 der Urteilsgründe keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. 1. Nach den insoweit getroffenen Feststellungen verübten die Angeklagten, die im Tatzeitraum für einander die einzigen Freunde waren, auf der Suche nach "Ablenkung zur Unterbrechung ihrer Lebenslangeweile", bei insgesamt 13 Gelegenheiten jeweils bei Dunkelheit Anschläge auf den Autobahnverkehr auf der BAB 15, indem sie Gegenstände auf dort fahrende Kraftfahrzeuge warfen (Fälle II. B 1, 5, 9, 10 und 14), von Autobahnbrücken Gegenstände so herunterhängten, daß diese die Fahrzeuge in Höhe der Frontscheiben trafen (Fälle II. B 3 und 7), bzw. Steine und andere Gegenstände so auf der Fahrbahn aufstellten, daß Fahrzeuge dagegenstießen (Fälle II. B 2, 8, 11 bis 13 und 15). In allen Fällen kam es zu Unfällen mit zumindest Sachschäden in unterschiedlicher Höhe. In zwei Fällen erlitten Insassen von Pkw auch Verletzungen. Des weiteren verübten die Angeklagten in zwei Fällen (Fälle II. B 4 und 6) Anschläge auf die Bahn, indem sie jeweils einen eisenbewehrten Betonpfahl quer über die Schienen legten, wodurch die Lokomotive eines Interregiozuges bzw. ein Triebwagen, die auf die Hindernisse prallten, beschädigt wurden. 2. Die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes durch das Landgericht, auf der in den Fällen II. B 1 bis 3, B 7 und 8, B 11 bis 13 und B 15 die Verurteilung jeweils wegen tateinheitlich mit gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr begangenen versuchten Heimtückemordes beruht (vgl. BGH VRS 63, 119; BGHR StGB § 211 Abs. 2 Heimtücke 25; BGHR StGB § 69 Abs. 1 Entziehung 11), begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Das Landgericht hat mit tragfähigen Erwägungen die Einlassung der Angeklagten, sie hätten zwar Unfälle herbeiführen wollen, es hätten jedoch nur
Sachschäden und keine Personenschäden entstehen sollen, für widerlegt erachtet. Daß das Vorgehen der Angeklagten in hohem Maße gefährlich und die möglichen Unfallfolgen im allgemeinen schwer abschätzbar sind, versteht sich von selbst. Ein Rechtssatz des Inhalts, daß ein Täter, der wie die Angeklagten vorgeht, deshalb zugleich grundsätzlich auch mit tödlichen Folgen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer rechnet und diese um den Preis der Fortsetzung seines gefährlichen Tuns innerlich billigt, besteht gleichwohl nicht und ist auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu entnehmen. Vielmehr kann diese Frage nicht allgemein, sondern nur nach den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls beurteilt werden. Dem wird das angefochtene Urteil gerecht. Die Angeklagten konnten mit einer den Unfall vermeidenden Reaktion der betroffenen Kraftfahrer nicht rechnen und haben dies auch nicht getan. Im Gegenteil wollten die Angeklagten, wie sie selbst zugegeben haben, daß es zu Verkehrsunfällen kam; auch sollten nach Überzeugung des Landgerichts "die Fahrzeugführer keine Chance haben ..., das Hindernis rechtzeitig zu erkennen, um ausweichen oder bremsen zu können". Zwar haben die Angeklagten - worauf die Revision hinweist - in allen Fällen die Erfahrung gesammelt, daß es ungeachtet der unterschiedlichen eingesetzten Tatmittel und Vorgehensweisen weit überwiegend nur zu Sachschäden gekommen ist, jedenfalls die Unfälle, auch soweit Pkw-Insassen verletzt wurden, vergleichsweise glimpflich abgelaufen sind. Das Landgericht hat jedoch in jedem Einzelfall nach der Art der angewendeten Tatmittel und der Vorgehensweise der Angeklagten differenziert. So hat es in ausführlicher Auseinandersetzung insbesondere mit den zur jeweiligen objektiven Gefährdungslage erstatteten Gutachten in den Fällen, in denen lediglich "theoretisch“ die Gefahr des Schleuderns und des
unkontrollierten Abkommens von der Fahrbahn mit tödlichen Folgen für Insassen nicht auszuschließen war, einen bedingten Tötungsvorsatz nicht angenommen (Fälle II. B 5, 9, 10 und 14 der Urteilsgründe, ebenso die „Eisenbahnfälle“ II. B 4 und 6). Einen bedingten Tötungsvorsatz hat es nur in den übrigen „Eingriffsfällen“ bejaht, in denen die Angeklagten gezielt eine so hochgradige Gefahrenlage geschaffen hatten, daß das Ausbleiben schwererer, möglicherweise tödlicher Folgen nur dem "glücklichen Umstand" zu verdanken war, daß die Fahrzeuge nicht mit höherer als der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit fuhren bzw. Reifen der betroffenen Fahrzeuge nicht platzten. Entgegen der Auffassung der Revision stehen die Erwägungen, auf die das Landgericht in ausdrücklicher Abgrenzung zur bewußten Fahrlässigkeit die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes stützt, auch nicht in Widerspruch zu den zur Persönlichkeitsstruktur des Angeklagten getroffenen Feststellungen, die für die Beurteilung der subjektiven Tatseite Bedeutung haben (vgl. BGHR StGB § 212 Abs. 1 Vorsatz, bedingter 31, 54). Zweifel an der Erkenntnisfähigkeit des Angeklagten ergeben sich nicht schon daraus, daß das Landgericht dem Angeklagten, dem psychiatrischen Sachverständigen folgend, eine "unterdurchschnittliche intellektuelle Leistungsfähigkeit" bescheinigt hat. Vielmehr haben die psychiatrischen Sachverständigen im Ergebnis zur Überzeugung der Kammer übereinstimmend für beide Angeklagten bestätigt, daß sie "um die Folgen ihres Handelns gewußt und sich auch über eventuelle Folgen Gedanken gemacht hätten". Die Sorgen um die Tatfolgen hätten die Angeklagten aber – wie bei „unstrukturierten“ Menschen häufig – weggeschoben, die eigene Sorge vor dem Entdecken sei größer gewesen. Das stellt weder das Wissens- noch das Wollenselement des (bedingten) Tötungsvorsatzes in Frage. Aus Fall II. B 15 der Urteilsgründe ergibt sich nichts anderes. Zwar konnten dort die Angeklagten die von ihnen "inszenierte naive Folgenkonstellation“ nicht beiseiteschieben, da sich „mit Sicherheit“ zu
erwartende tödliche Folgen beim Hinunterwerfen des Gullideckels zu sehr aufdrängten. Wenn in diesem Fall der Mitangeklagte L. den Angeklagten an dieser Form des Vorgehens hinderte, indem er ihm den Einlaufrost aus der Hand nahm und diesen auf der Fahrbahn aufstellte, belegt dies lediglich, daß beide nicht mit direktem Tötungsvorsatz handelten, steht aber der rechtlichen Würdigung der Jugendkammer zum bedingten Tötungsvorsatz nicht entgegen.

III.

Der Schuldspruch hält mit Ausnahme des Falls II. B 5 der Urteilsgründe der rechtlichen Prüfung auch insoweit stand, als das Landgericht den Angeklagten in den weiteren Fällen allein wegen - jeweils gemeinschaftlich mit dem Mitangeklagten L. begangenen, vollendeten und nach § 315 b Abs. 3 i.V.m. § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB qualifizierten - gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (II. B 9, 10 und 14 der Urteilsgründe) bzw. in den Bahnverkehr (Fälle II. B 4 und 6 der Urteilsgründe) verurteilt hat. 1. In den Fällen II. B 9 und 10 warfen die Angeklagten jeweils "eine Handvoll Kieselsteine der Körnung zwischen 2 und 3 Zentimeter" von einer Autobahnbrücke, in Fall 14 einen faustgroßen, bis zu 250 g schweren Gesteinsbrocken vom Fahrbahnrand einer Bundesautobahn gegen Lastkraftwagen. Die mit einer Geschwindigkeit von etwa 85 km/h fahrenden Fahrzeuge wurden jeweils an der Frontscheibe getroffen. Diese zersplitterte, ohne daß die Steine ins Innere des Fahrzeugs gelangten. Die Scheiben mußten jeweils erneuert werden. Zwar ist lediglich im Fall II. B 9 ein bezifferter Schaden von 2.684,- DM festgestellt. Wegen der Vergleichbarkeit der Schäden entnimmt aber der Senat dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, daß in den übrigen Fällen die von der Rechtsprechung für Sachschäden festgelegte Schadensgrenze von 1.500,- DM (jetzt 750,-
ist. Den Fahrern gelang es jeweils, ihre Fahrzeuge kontrolliert zum Stehen zu bringen.
Die Gefahr einer völligen Desorientierung des Fahrzeugführers mit einer damit verbundenen Gefahr des Schleuderns und des unkontrollierten Abkommens von der Fahrbahn war zwar nach Ansicht des sachverständig beratenen Landgerichts theoretisch nicht auszuschließen, angesichts der relativ niedrigen Geschwindigkeit der schweren Fahrzeuge aber wenig wahrscheinlich.

a) Soweit der Senat in der Vergangenheit in einzelnen Fällen einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr gemäß § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB mit der Begründung verneint hat, der Eingriff erschöpfe sich in der Gefährdung oder Beschädigung des Tatobjekts, so daß es an einer tatbestandlich erforderlichen, "dadurch" verursachten weiteren Gefährdung fehle (zuletzt BGHR StGB § 315 b Abs. 1 Nr. 3 Eingriff 5 m.w.N.), hält er daran in dieser Allgemeinheit nicht fest. In Fällen der vorliegenden Art genügt es für die Annahme einer vollendeten Tat, daß die durch den Eingriff verursachte verkehrsspezifische Gefahr zu einem bedeutenden Fremdsachschaden geführt hat.
aa) Die nach dem Wortlaut der Norm doppelte Verknüpfung des Tatbestandsmerkmals "Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs" sowohl mit der tatbestandlichen Handlung des § 315 b Abs. 1 StGB in allen in den Nummern 1 bis 3 aufgeführten Alternativen als auch mit dem tatbestandlichen Erfolg macht deutlich, daß Gefährdungshandlungen und Gefährdungserfolg in besonderer Weise kausal miteinander verbunden sein müssen, um den Tatbestand zu erfüllen. Erforderlich ist, daß die Tathandlung eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt, die sich
zu einer konkreten Gefahr für die genannten Schutzobjekte verdichtet. Das Erfordernis einer zeitlichen Differenz zwischen Eingriff und konkreter Gefahr ist dem Wortlaut der Vorschrift dagegen nicht zu entnehmen. Der Tatbestand des § 315 b Abs. 1 StGB kann daher in sämtlichen Handlungsalternativen auch dann erfüllt sein, wenn die Tathandlung unmittelbar zu einer konkreten Gefahr oder Schädigung führt, sofern dieser Erfolg sich als Steigerung der abstrakten Gefahr darstellt.
Daran fehlt es, wenn der Täter losgelöst von einem Verkehrsgeschehen ein Fahrzeug oder eine Anlage beschädigt (beispielsweise durch Zerstören der Bremsleitung), ohne daß die so geschaffene abstrakte Gefahr für den Straßenverkehr in eine konkrete Gefahr umschlägt. Der durch das Verhalten des Täters eingetretene Schaden am Fahrzeug ist nicht Folge einer abstrakten Verkehrsgefahr, sondern umgekehrt die Ursache dafür, daß eine solche Gefahr überhaupt erst entsteht. Insoweit behält die von der Rechtsprechung entwickelte Formel, daß sich ein Verhalten, das sich in der Schaffung einer - abstrakten - Gefahr - sei es auch durch Einwirken auf eines der von § 315 b StGB grundsätzlich unter Schutz gestellten Objekte - erschöpft, noch nicht den Tatbestand des § 315 b StGB erfüllt, seine Berechtigung.
Hiervon zu unterscheiden sind dagegen Tathandlungen, die, wie in den vom Landgericht entschiedenen Fällen, nicht nur eine abstrakte Verkehrsgefahr herbeiführen, sondern - wenn auch in zeitlich dichter Reihenfolge oder sogar sich zeitlich überschneidend - eine aus dieser abstrakten Verkehrsgefahr resultierende konkrete Gefahr. Zwar wird die Herbeiführung der abstrakten Gefahr der hieraus entstehenden konkreten Gefahr in aller Regel zeitlich vorangehen, so etwa, wenn der Täter einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr in der Weise herbeiführt, daß er ein Hindernis auf der Straße
aufstellt, die davon ausgehende Gefahr sich aber erst durch späteres Herannahen eines Fahrzeugs zur konkreten Gefahr verdichtet. Dieser zeitlich gestreckte Vorgang verkürzt sich aber in dem Maße, in dem der Täter das Herannahen eines Fahrzeugs abwartet, um dessen Fahrt durch ein plötzlich in den Weg geschobenes oder geworfenes Hindernis zu hemmen. Ist das Fahrzeug im Zeitpunkt des Eingriffs bereits so nahe, daß mit der abstrakten Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs, die auch dann vorliegt, wenn sich die Tathandlung gezielt gegen ein bestimmtes Objekt richtet, zugleich auch schon eine konkrete Gefahr für das Fahrzeug entsteht, fehlt es gänzlich an einer zeitlichen Zäsur. Gleichwohl sind die Tathandlung, die zu einer Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs führt, und ein aus dieser Gefahr herrührender tatbestandlicher Erfolg in Form einer konkreten Gefahr für das Schutzobjekt gedanklich voneinander zu trennen; die Tathandlung "erschöpft" sich auch dann nicht in sich selbst, wenn über Schäden, die durch das Zusammentreffen von Fahrzeug und Hindernis bewirkt werden, keine weitere Gefahr in der Form entsteht, daß es infolge eines Kontrollverlusts über das Fahrzeug zu einem "Beinahe-Unfall" kommt.
Auch im Blick auf das in § 315 b StGB geschützte Rechtsgut, die Sicherheit des Straßenverkehrs, die ohne die Notwendigkeit einer Gemeingefahr den Schutz von Individualrechtsgütern wie Leben, Gesundheit und bedeutende Sachwerte mitumfaßt, besteht kein Anlaß, zwischen zeitlich gesteckten und auf Minutenbruchteile reduzierten Geschehensabläufen zu unterscheiden. So wäre kaum nachvollziehbar, wenn sich die Angeklagten, die in den Fällen II. B 3 und 7 der Urteilsgründe Gegenstände von einem am Brückengeländer befestigten Seil bis in Nähe von Windschutzscheiben eines Pkws herabhängen ließen und dadurch - in zeitlichem Abstand zum Abseilen - das Zersplittern der Frontscheiben bewirkten, ohne Rücksicht auf weitere
Folgen ihres Handelns des vollendeten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig gemacht hätten, während eine Tatvollendung in den Fällen II. B 9, 10 und 14 bei gleicher subjektiver Zielrichtung und gleichem Schaden nur deshalb nicht eingetreten sein sollte, weil die Angeklagten die entsprechenden Gegenstände im geeigneten Moment gegen die Frontscheiben der Fahrzeuge warfen. Unbeachtlich ist insoweit, daß in den erstgenannten Fällen die Handlungsalternative des § 315 b Abs. 1 Nr. 2 StGB (Hindernisbereiten), in der zweiten Fallgruppe dagegen die des § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB (ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff) in Betracht kommt, da das Hindernisbereiten lediglich einen Unterfall des für sämtliche Handlungsalternativen des § 315 b Abs. 1 StGB vorausgesetzten gefährlichen Eingriffs darstellt.
bb) Der Schutzzweck des § 315 b StGB gebietet allerdings insoweit eine restriktive Auslegung der Norm, als unter einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur verkehrsspezifische Gefahren verstanden werden dürfen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die konkrete Gefahr - jedenfalls auch - auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte zurückzuführen ist. Dies kann durch Ausnutzung der Eigendynamik des vom Täter selbst benutzten Fahrzeugs (beispielsweise beim Einsatz eines Fahrzeugs als „Waffe“), durch die Fremddynamik eines von einem anderen Verkehrsteilnehmer genutzten Fahrzeugs (beispielsweise durch Hindernisbereiten) oder durch das Zusammenwirken beider Kräfte erfolgen.
Bei Außeneinwirkungen, die, wie in den hier zu beurteilenden Fällen, nicht durch eine vom Täter ausgenutzte Eigendynamik seines Fahrzeugs gekennzeichnet sind, ist eine verkehrsspezifische konkrete Gefahr zu bejahen,
wenn durch den Eingriff die sichere Beherrschbarkeit eines im fließenden Verkehrs befindlichen Fahrzeugs beeinträchtigt und dadurch - mit der Folge eines "Beinahe-Unfalls" - unmittelbar auf den Fahrvorgang eingewirkt wird. Dem sind die Fälle gleichzustellen, in denen der Fortbewegung des Fahrzeugs mittels eines Hindernisses oder eines anderen, ebenso gefährlichen Eingriffs in der Weise entgegengewirkt wird, daß eine konkrete Gefahr für Fahrzeuginsassen oder Fahrzeug entsteht. An einer verkehrsspezifischen Gefahr fehlt es nur dann, wenn der Eingriff zwar zu einer abstrakten Gefährdung des Straßenverkehrs führt, die sich hieraus entwickelnde konkrete Gefahr aber in keiner inneren Verbindung mit der Dynamik des Straßenverkehrs steht. Die Annahme jeweils vollendeter gefährlicher Eingriffe in den Straßenverkehr ist daher in den Fällen II. B 9, 10 und 14 nicht zu beanstanden, obwohl über die durch die Steinwürfe an den Frontscheiben entstandenen Schäden hinaus die konkrete Gefahr eines weiteren Unfallgeschehens nicht bestand.
In den beiden Fällen des gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr (II. B 4 und 6) gilt im Ergebnis nichts anderes.
2. Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen kann die Verurteilung wegen vollendeten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr im Fall II. B 5 der Urteilsgründe nicht bestehen bleiben. In diesem Fall gossen die Angeklagten von einer Autobahnbrücke aus zwei Dosen weißliche Lackfarbe auf einen aus vier Fahrzeugen bestehenden, mit ca. 80 km/h fahrenden Hilfsgüterkonvoi des Deutschen Roten Kreuzes. Dabei wurden zwei Fahrzeuge an der Frontscheibe getroffen. Die Fahrer
konnten ihre Fahrzeuge "nach kurzer Weiterfahrt ohne weitere Gefahren rechts zum Stehen bringen". Das Landgericht hat den Eintritt einer durch den „Eingriff“ entstandenen konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert nicht festgestellt. Eine konkrete Gefahr im Sinne eines „Beinahe-Unfalls“ (vgl. BGH NJW 1995, 3131 f.; 1996, 329 f.) hat das Landgericht ersichtlich nicht angenommen; es hat vielmehr in diesem Fall eine „akute Gefahr des Schleuderns und unkontrollierten Abkommens von der Fahrbahn“ gerade ausgeschlossen. Auch die Beschädigung der beiden Lkw durch die ausgegossene Farbe führt hier nicht zur Annahme einer vollendeten Tat nach § 315 b StGB. Denn der durch die Verschmutzung an den betroffenen Lkw eingetretene Sachschaden steht mit der Eigendynamik der Fahrzeuge zum Tatzeitpunkt in keinem relevanten Zusammenhang. Die Lackschäden sind keine spezifische Folge des „Eingriffs“ in die Sicherheit des Straßenverkehrs; sie müssen deshalb bei der Bestimmung eines "bedeutenden" Sachschadens bzw. einer entsprechenden Gefährdung außer Betracht bleiben. Der für eine Tat nach § 315 b StGB vorausgesetzte Vorsatz und die vom Landgericht auch in diesem Fall angenommene qualifizierende Absicht der beiden Angeklagten nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a StGB bleiben davon unberührt. Der Senat schließt aus, daß sich – zumal angesichts des Zeitablaufs – noch weitere Feststellungen treffen lassen, die in diesem Fall eine Vollendung des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sicher belegen. Er ändert deshalb den Schuldspruch – gemäß § 357 StPO auch hinsichtlich des Mitangeklagten L. – von sich aus dahin, daß die beiden Angeklagten im Fall II. B 5 der Urteilsgründe des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig sind; § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Dies hat bei dem Angeklagten die Aufhebung des Einzelstrafausspruchs zur Folge.
Dagegen kann die gegen den Mitangeklagten L. verhängte Jugendstrafe bestehen bleiben; angesichts der seiner Verurteilung zugrunde liegenden Vielzahl schwerwiegender Straftaten ist auszuschließen, daß die geringfügige Schuldspruchänderung bei ihm zu einer niedrigeren Strafe geführt hätte.

IV.

Im Umfang der Aufhebung verweist der Senat die Sache gemäß § 354 Abs. 2 Satz 1 2. Alt. StPO i.V.m. § 74 Abs. 2 Nr. 4 GVG an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurück, da das Verfahren nur noch den erwachsenen Angeklagten betrifft (BGHSt 35, 267) und das Schwurgericht gegenüber der Jugendkammer kein Gericht höherer Ordnung ist (vgl. BGHSt 26, 191; Kuckein in KK § 338 Rdn. 69). Tepperwien Maatz Athing Ernemann Sost-Scheible

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 411/08
vom
4. November 2008
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 4. November 2008 gemäß §§ 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 17. April 2008 im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die Angeklagten jeweils des tateinheitlich begangenen versuchten vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig sind.
2. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und mit unerlaubtem Führen einer halbautomatischen Kurzwaffe, den Angeklagten A. darüber hinaus in Tateinheit mit versuchter Nötigung, sowie (beide Angeklagten ) weiterhin des Diebstahls und der Brandstiftung für schuldig befunden. Es hat deswegen den Angeklagten A. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und drei Monaten, die Angeklagte B. zu einer solchen von sieben Jahren verurteilt. Ferner hat es gegen den Angeklagten A. die Unter- bringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten, mit denen sie allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügen. Die Revisionen der Angeklagten haben den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweisen sich die Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verurteilung der Angeklagten wegen (vollendeten) vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Das Landgericht hat insoweit festgestellt:
3
Nach Begehung des Banküberfalls, der Gegenstand der Verurteilung wegen schweren Raubes ist, flüchteten die Angeklagten mit einem Pkw, den sie zuvor entwendet hatten. Gelenkt wurde das Fluchtfahrzeug von dem Angeklagten A. . Der Zeuge W. , der das Tatgeschehen zufällig beobachtet hatte , nahm mit seinem Geländewagen die Verfolgung auf. Auf Grund der stärkeren Motorisierung des eigenen Fahrzeugs hatte W. keine Schwierigkeiten, sich dicht hinter das Fluchtfahrzeug der Angeklagten zu setzen. Der Angeklagte A. bemerkte die Verfolgung und fasste den Entschluss, mit einer der bei dem Banküberfall verwendeten Pistolen auf das verfolgende Fahrzeug zu schießen, um es fahruntauglich zu machen und auf diese Weise dessen Fahrer an einer weiteren Verfolgung zu hindern. Er unterrichtete die Angeklagte B. von seiner Absicht, die hiermit einverstanden war und ihm zur Ausführung seines Vorhabens eine Schusswaffe reichte. W. hatte zwischenzeitlich zum Überholen angesetzt. Als beide Fahrzeuge sich bei einer Geschwindigkeit von etwa 80 bis 90 km/h auf gleicher Höhe befanden, gab der Angeklagte A. in schneller Reihenfolge drei Schüsse auf das etwa 1,5 m entfernte Fahr- http://localhost:8025/jportal/portal/t/5/page/dvdbundesrechtsonderedition.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001270871BJNE052603307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - zeug des Zeugen W. ab. Zwei Schüsse trafen, wobei die Projektile in einer Höhe von 97 und 118 cm jeweils die Karosserie durchschlugen, ohne jedoch W. zu verletzen. Die beiden Einschüsse führten nicht zu einer Fahrzeugerschütterung. Der Zeuge W. , der die auf sein Fahrzeug gerichtete Waffe gesehen und auch die Einschüsse akustisch wahrgenommen hatte, „fühlte sich nicht in seiner Fahrsicherheit beeinträchtigt“. Er ließ sich, auch weil sich zwischenzeitlich Gegenverkehr näherte, jedoch wieder hinter das Fahrzeug der Angeklagten zurückfallen. An dem Fahrzeug des Zeugen W. entstand durch den Einschlag der Projektile ein Sachschaden in Höhe von ca. 3.000 €.
4
b) Diese Feststellungen tragen nicht die Verurteilung wegen eines vollendeten Delikts nach § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB.
5
aa) Der Tatbestand des § 315 b StGB ist dreistufig aufgebaut: Durch eine der in Abs. 1 bezeichneten Tathandlungen muss die Sicherheit des Straßenverkehrs beeinträchtigt und hierdurch eine konkrete Gefahr für eines der genannten Individualrechtsgüter begründet worden sein. Erforderlich ist danach , dass die Tathandlung eine abstrakte Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs bewirkt, die sich zu einer konkreten Gefahr für eines der genannten Schutzobjekte verdichtet (BGHSt 48, 119, 122; BGH NStZ 2007, 34, 35). Regelmäßig werden hierbei der Eingriff und die Begründung der abstrakten Gefahr zeitlich dem Eintritt der konkreten Gefahr vorausgehen, etwa, wenn der Eingriff zu einer kritischen Verkehrssituation führt, durch die sodann eines der Schutzgüter konkret gefährdet wird (sog. „Beinahe-Unfall“). Nach der Senatsrechtsprechung ist dies jedoch nicht zwingend (grundlegend BGHSt 48, 119, 122 ff.). Danach kann der Tatbestand des § 315 b Abs. 1 StGB in sämtlichen Handlungsalternativen auch dann erfüllt sein, wenn - wie hier - die Tathandlung (Abgabe des Schusses) unmittelbar zu einer konkreten Gefahr oder Schädigung (Beschädigung des Kraftfahrzeugs) führt.
6
bb) Dies gilt indes nicht uneingeschränkt. Nicht jede Sachbeschädigung (oder auch Körperverletzung) im Straßenverkehr ist tatbestandsmäßig im Sinne des § 315 b StGB. Vielmehr gebietet der Schutzzweck des § 315 b StGB insoweit eine restriktive Auslegung der Norm, als unter einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben eines anderen Menschen oder für fremde Sachen von bedeutendem Wert nur verkehrsspezifische Gefahren verstanden werden dürfen (BGHSt aaO S. 124). Dies ist der Fall, wenn die konkrete Gefahr - jedenfalls auch - auf die Wirkungsweise der für Verkehrsvorgänge typischen Fortbewegungskräfte (Dynamik des Straßenverkehrs) zurückzuführen ist.
7
cc) Nach Maßgabe dieser Grundsätze kann die Verurteilung wegen vollendeten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nicht bestehen bleiben. Eine konkrete Gefahr im Sinne eines „Beinahe-Unfalls“ (vgl. hierzu BGH NJW 1995, 3131 f.) hat das Landgericht zu Recht nicht angenommen, da weder das Fahrverhalten noch die Fahrsicherheit des Zeugen W. durch die Schüsse in irgendeiner Weise beeinträchtigt worden sind. Aber auch die Beschädigung des Kraftfahrzeuges durch die einschlagenden Projektile rechtfertigt hier entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht die Annahme einer vollendeten Tat nach § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB. Denn dieser Sachschaden steht in keinem relevanten Zusammenhang mit der Eigendynamik der Fahrzeuge zum Tatzeitpunkt, sondern ist ausschließlich auf die durch die Pistolenschüsse freigesetzte Dynamik der auftreffenden Projektile zurückzuführen. Er ist somit keine spezifische Folge des Eingriffs in die Sicherheit des Straßenverkehrs und muss daher bei der Bestimmung eines „bedeutenden“ Sachschadens bzw. einer entsprechenden Gefährdung außer Betracht bleiben (vgl. BGHSt aaO S. 125).
8
c) Nach den getroffenen Feststellungen haben sich die Angeklagten jedoch jeweils des versuchten gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr schuldig gemacht. Zwar hat das Landgericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit einen (bedingten) Tötungs- oder Körperverletzungsvorsatz der Angeklagten feststellen können. Es liegt aber auf der Hand, dass die Angeklagten jedenfalls damit rechneten und dies auch billigend in Kauf nahmen, dass es durch die Schüsse zu einer kritischen Verkehrssituation und damit zu einer konkreten Gefährdung von Leib und Leben desZeugen W. und/oder des von ihm geführten Fahrzeugs kommen könnte. Der Senat ändert daher die Schuldsprüche entsprechend ab. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich die - im Wesentlichen geständigen - Angeklagten gegen den geänderten Schuldspruch wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
9
2. Die Strafaussprüche werden durch die Änderungen der Schuldsprüche nicht berührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht, das die insoweit verhängten Strafen rechtsfehlerfrei dem Strafrahmen des § 250 Abs. 2 StGB entnommen hat, bei zutreffender Beurteilung des weiteren tateinheitlich verwirklichten Delikts nach § 315 b Abs. 1 Nr. 3 StGB als Versuchstat auf geringere Einzelstrafen erkannt hätte.
10
3. Der nur geringfügige Erfolg der Rechtsmittel gibt keinen Anlass, die Angeklagten auch nur teilweise von der Auferlegung von Kosten oder Auslagen freizustellen (§ 473 Abs. 4 StPO).
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.