Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2011 - 4 StR 690/10

bei uns veröffentlicht am25.01.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 690/10
vom
25. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 25. Januar 2011 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 12. Oktober 2010
a) aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II. 191 der Urteilsgründe verurteilt worden ist; insoweit wird der Angeklagte freigesprochen und werden die Kosten des Verfahrens sowie die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt,
b) dahin ergänzt, dass die Höhe eines Tagessatzes der im Fall II. 213 der Urteilsgründe verhängten Geldstrafe von 70 Tagessätzen auf einen Euro festgesetzt wird,
c) dahin abgeändert, dass in Höhe von 1.855 Euro der Verfall des Wertersatzes angeordnet wird und
d) dahin berichtigt, dass im Schuldspruch die Kennzeichnung des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln als "gewerbsmäßig" entfällt. 2. Die weiter gehende Revision wird verworfen. 3. Der Beschwerdeführer hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:



1
Das Landgericht hat den Angeklagten "wegen gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 191 Fällen, unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 21 Fällen und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in 1 Fall" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie - nach der Formulierung im Urteilstenor - den "erweiterten Verfall“ in Höhe von 1.865 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat nur zu einem geringen Teil Erfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Das Landgericht hat den Angeklagten in den Fällen II. 188 bis 191 der Urteilsgründe jeweils wegen (gewerbsmäßigen) unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt, weil er - so die Feststellungen (UA 4) - der Zeugin S. "über einen Zeitraum von mindestens 2 Wochen alle drei Tage, mithin in mindestens 4 Fällen,“ jeweils Heroin verkaufte. Gegenüber der Polizei hat die Zeugin S. bekundet, "mindestens an drei Tagen im Sommer 2009 habe sie Heroin bei ihm [dem Angeklagten] erworben" (UA 8). Diese Angaben hat das Landgericht als glaubhaft bewertet und der Verurteilung des Angeklagten zu Grunde gelegt. Danach sind nicht wie abgeurteilt vier, sondern nur drei Fälle des Handeltreibens bewiesen. Die Verurteilung des Angeklagten auch wegen eines vierten Falles des Handeltreibens gegenüber der Zeugin S. war daher aufzuheben. Der Senat hat den Angeklagten insoweit freigesprochen ; er schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden könnten, die die Verurteilung des Angeklagten in einem vierten Fall zu tragen vermöchten.
3
Die Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten kann bestehen bleiben. In den Fällen II. 1 bis 180 und 186 bis 190 der Urteilsgründe verbleiben Freiheitsstrafen von jeweils einem Jahr und zwei Monaten, in den Fällen II. 181 bis 185 solche von jeweils einem Jahr. Insgesamt hat das Landgericht die verhängten Einzelstrafen straff zusammen gezogen. Der Senat schließt daher aus, dass die Strafkammer auf eine mildere Gesamtstrafe erkannt hätte, wenn es den Angeklagten im Fall II. 191 freigesprochen hätte.
4
2. Im Fall II. 213 der Urteilsgründe hat das Landgericht eine Geldstrafe verhängt. Dabei hat es zwar die Tagessatzanzahl mit 70 festgesetzt, aber unterlassen , die Höhe eines Tagessatzes zu bestimmen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 StGB). Dessen bedarf es auch dann, wenn - wie hier - aus einer Einzelgeldstrafe und aus Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet wird (BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 1981 - 4 StR 599/80, BGHSt 30, 93, 96, und vom 3. Juni 2008 - 3 StR 163/08). Der Senat hat dies dadurch nachgeholt, dass er den einzelnen Tagessatz auf das Mindestmaß von einem Euro festgesetzt hat (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB; vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2006 - 2 StR 571/05).
5
3. Die Reduzierung des Betrages, der dem Wertersatzverfall unterliegt, folgt aus dem Teilfreispruch (Ziff. 1). In diesem Zusammenhang hat der Senat die Bezeichnung der Maßnahme im Tenor des angefochtenen Urteils berichtigt. Das Landgericht hat in den Urteilsgründen zu Recht den Verfall des Wertersatzes geprüft und mit rechtsfehlerfreien Ausführungen bejaht. Auch hat es die Vorschrift des § 73a Satz 1 StGB dort und in der Liste der angewendeten Vorschriften zitiert, so dass es sich bei der Bezeichnung "erweiterter Verfall" um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt.
6
In den Urteilsgründen ist dem Landgericht noch insoweit ein Versehen unterlaufen, als es wiederholt die Höhe des Wertersatzverfalls mit 1.845 Euro angegeben hat (UA 13 f.). Hierfür beruft es sich auf die "Addition der sich aus den Zeugenaussagen ergebenden Geldbeträge" (UA 13). Diese Addition ergibt jedoch – unter Berücksichtigung des vom Senat nachgeholten Teilfreispruchs – den Betrag von 1.855 Euro; da das Landgericht den – ursprünglich den Feststellungen entsprechenden (UA 3 f.) – Betrag von 1.865 Euro im Tenor für verfallen erklärt hat, bedurfte es keiner Berichtigung der hierzu widersprüchlichen Wertangabe in den Gründen. Das Verschlechterungsverbot steht der tenorierten Höhe des Wertersatzverfalls nicht entgegen.
7
4. Schließlich hat der Senat den Schuldspruch des angefochtenen Urteils insoweit berichtigt, als die Kennzeichnung des Handeltreibens als "gewerbsmäßig" zu entfallen hatte. Dieser Erschwerungsgrund ist nicht in die Urteilsformel aufzunehmen, wenn es sich - wie hier (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) - um ein gesetzliches Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall handelt (MeyerGoßner , StPO, 53. Aufl. § 260 Rn. 25).
Ernemann Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2011 - 4 StR 690/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2011 - 4 StR 690/10

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Strafgesetzbuch - StGB | § 40 Verhängung in Tagessätzen


(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze. (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der
Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2011 - 4 StR 690/10 zitiert 5 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Strafgesetzbuch - StGB | § 73a Erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind. (2) Hat sich de

Strafgesetzbuch - StGB | § 40 Verhängung in Tagessätzen


(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze. (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 03. Juni 2008 - 3 StR 163/08

bei uns veröffentlicht am 03.06.2008

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 163/08 vom 3. Juni 2008 in der Strafsache gegen wegen Bestimmens eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln u. a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Jan. 2011 - 4 StR 690/10.

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2011 - 2 StR 639/10

bei uns veröffentlicht am 20.04.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 639/10 vom 20. April 2011 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vo

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 163/08
vom
3. Juni 2008
in der Strafsache
gegen
wegen Bestimmens eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln
u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 1. c) und 2. auf dessen Antrag - am
3. Juni 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2007
a) dahin geändert, dass der Teilfreispruch entfällt,
b) dahin ergänzt, dass die Höhe eines Tagessatzes der in den Fällen B. VII. und VIII. der Urteilsgründe (Fälle 31 und 32 der Anklage) verhängten Geldstrafen von 90 bzw. 30 Tagessätzen auf einen Euro festgesetzt wird,
c) aufgehoben, soweit eine Entscheidung zur Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Bestimmens eines Minderjährigen zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und anderer Delikte zur Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit der Sachbeschwerde. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch wie auch zum Strafausspruch keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
3
1. Das Urteil hat indes keinen Bestand, soweit das Landgericht die Prüfung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterlassen hat. Nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Urteilsfeststellungen war dies veranlasst. Der Angeklagte hat im Alter von 15 Jahren erstmals "gekifft". Später probierte er Kokain, Speed und chemische Drogen. Im letzten halben Jahr vor seiner Verhaftung konsumierte er täglich Betäubungsmittel und zusätzlich Alkohol. Nach den - insoweit unwiderlegt gebliebenen - Angaben des Angeklagten handelte er mit Betäubungsmitteln, um seinen - zuletzt stark angestiegenen - Drogenkonsum zu finanzieren.
4
Diese Sachlage legt nahe, dass die gegenständlichen Taten auf einen Hang des Angeklagten zurückgehen, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen. Daher hätte das Landgericht prüfen und entscheiden müssen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Daran hat sich durch die Neufassung des § 64 StGB nichts geändert (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 72). Den bisher getroffenen Feststellungen ist auch nicht zu entnehmen, dass die Maßregelanordnung jedenfalls deswegen ausscheiden müsste, weil es an der hinreichend konkreten Aussicht eines Behandlungserfolges (§ 64 Satz 2 StGB) fehlt.
5
Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt hier den Strafausspruch unberührt. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mildere Einzelstrafen oder eine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte.
6
Zur Prüfung der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB bedarf es in der neuen Hauptverhandlung der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO).
7
2. Der die Tatkomplexe eins bis sieben und neun bis 28 der Anklage betreffende Teilfreispruch kann insgesamt nicht bestehen bleiben.
8
Allerdings ist ein Angeklagter, der nicht wegen aller Delikte verurteilt wird, die er der Anklage zufolge in Tatmehrheit begangen haben soll, insoweit freizusprechen, um Anklage und Eröffnungsbeschluss zu erschöpfen; dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn das Gericht das Konkurrenzverhältnis anders beurteilt und von Tateinheit ausgeht (st. Rspr.; vgl. BGHSt 44, 196, 202). Voraussetzung ist jedoch, dass das Gericht die als tatmehrheitlich angeklagte "Tat" nicht für erwiesen hält. So verhält es sich hier gerade nicht: Das Landgericht hat den Angeklagten lediglich deshalb freigesprochen, weil die tatmehrheitlich angeklagten Betäubungsmittelstraftaten nach seiner rechtlichen Würdigung nicht Gegenstand eines selbständigen Schuld- und Strafausspruchs sein konnten. Unter diesen Umständen ist für einen Teilfreispruch kein Raum (vgl. BGH NStZ 2003, 546; NStZ 2004, 554). Dieser muss daher entfallen. Das Verschlechterungsverbot steht dem nicht entgegen.
9
3. In den Fällen B. VII. und VIII. der Urteilsgründe (Fälle 31 und 32 der Anklage) hat das Landgericht Geldstrafen verhängt. Dabei hat es zwar die Tagessatzanzahl mit 90 bzw. 30 festgesetzt, aber unterlassen, die Höhe eines Tagessatzes zu bestimmen (§ 40 Abs. 2 Satz 1 StGB). Dessen bedarf es auch dann, wenn wie hier aus den Einzelgeldstrafen und Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe gebildet worden ist (BGHSt 30, 93, 96; BGHR StGB § 54 Abs. 3 Tagessatzhöhe 1). Der Senat hat dies dadurch nachgeholt, dass er den einzelnen Tagessatz auf das Mindestmaß von einem Euro festgesetzt hat (§ 40 Abs. 2 Satz 3 StGB; vgl. BGH, Beschl. vom 11. Januar 2006 - 2 StR 571/05). Becker Miebach von Lienen Hubert Schäfer

(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.