Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2013 - 5 StR 357/13

bei uns veröffentlicht am21.08.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 357/13

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 21. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. August 2013

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. Mai 2013 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Der Senat weist wegen der Begründung des Qualifikationstatbestandes des § 30a Abs. 2 BtMG auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 24. Juli 2012 (2 StR 205/12) hin.
Basdorf Sander Schneider Dölp König

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2013 - 5 StR 357/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2013 - 5 StR 357/13

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han
Bundesgerichtshof Beschluss, 21. Aug. 2013 - 5 StR 357/13 zitiert 2 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 30a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande han

Referenzen - Urteile

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Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Juli 2012 - 2 StR 205/12

bei uns veröffentlicht am 24.07.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 205/12 vom 24. Juli 2012 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung

Referenzen

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 205/12
vom
24. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 24. Juli 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
I. 1. Auf die Revision des Angeklagten V. wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 7. Februar 2012, soweit es ihn betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten V. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten V. wird als unbegründet verworfen. II. 1. Die Revision des Angeklagten R. gegen das genannte Urteil wird als unbegründet verworfen. 2. Der Angeklagte R. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe unter Freisprechung im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 80 Euro angeordnet. Den Angeklagten R. hat es wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten, soweit sie verurteilt wurden. Das Rechtsmittel des Angeklagten V. führt aufgrund der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen sind sein Rechtsmittel und die Revision des Angeklagten R. aus den vom Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften vom 21. Juni 2012 genannten Gründen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
Der Schuldspruch ist auch insoweit rechtsfehlerfrei, als der Angeklagte V. wegen tateinheitlich mit dem Waffendelikt begangenen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt wurde.
3
Nach den Feststellungen lagerte er größere Drogenmengen in einer Reisetasche , die er unter einem umgedrehten Schubkarren im Garten, etwa 20 bis 25 Meter von einem Gartenhaus entfernt, aufbewahrte. Im Wohnzimmer des Gartenhauses portionierte er kleine Verkaufsmengen und veräußerte diese dort an Konsumenten. Im gleichen Zimmer hatte er in einem Hängeschrank eine geladene Schrotflinte zur Verfügung. Bei dieser Sachlage ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht von einem Verbrechen nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ausgegangen ist.
4
Ein Mitsichführen der Schusswaffe liegt vor, wenn der Täter diese bewusst gebrauchsbereit in der Weise bei sich hat, dass er sich ihrer jederzeit bedienen kann. Am eigenen Körper muss die Waffe nicht getragen werden; es genügt, wenn sie sich - wie hier - beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Griffweite befindet (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 2 StR 203/10, StV 2010, 686 f.; Beschluss vom 28. Juni 2011 - 3 StR 485/10, StV 2012, 523 f.).
5
Der Anwendung des Qualifikationstatbestands steht die Tatsache nicht entgegen, dass die Einzelakte der Portionierung und Veräußerung von Drogen durch den Angeklagten, bei denen die Schusswaffe für ihn in Griffweite war, nur geringe Betäubungsmittelmengen betrafen. Setzt sich die Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge aus mehreren Einzelakten zusammen, so reicht es zur Tatbestandserfüllung des bewaffneten Handeltreibens aus, wenn der qualifizierende Umstand nur bei einem Einzelakt verwirklicht ist (BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 - 2 StR 556/96, BGHSt 43, 8, 10; Urteil vom 21. September 2011 - 2 StR 286/11, StV 2012, 411). Dies ist auch dann der Fall, wenn es dabei um die Veräußerung einer geringen Menge aus einem außerhalb des unmittelbaren Bereichs der Möglichkeiten zum Zugriff auf die Schusswaffe gelagerten Betäubungsmittelvorrat geht, der hinsichtlich des Handeltreibens eine Bewertungseinheit darstellt. Der Wortlaut des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG gestattet dessen Anwendung auf diesen Fall (vgl. BGHSt 42, 123, 127 f.) und der Schutzzweck der Norm erstreckt sich darauf.
6
Grund für die erhöhte Strafandrohung ist die besondere Gefährlichkeit von Delikten der Betäubungsmittelkriminalität, bei denen der Täter eine Waffe bei sich führt. Bei Drogengeschäften, die sich auf eine nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln beziehen, ist stets damit zu rechnen, dass ein bewaffneter Täter seine Interessen, insbesondere an der Besitzerhaltung oder an dem Erwerb von Drogen oder Geld rücksichtslos durchsetzt, indem er von der Waffe Gebrauch macht (vgl. BT-Drucks. 12/6853, S. 41; BGH, Urteil vom 15. November 2007 - 4 StR 435/07, BGHSt 52, 89, 94). Insoweit folgt auch bei dem gesonderten Vorrätighalten der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln zum Verkauf ein erhöhtes Risiko von Situationen, in denen die Waffe zum Einsatz kommen könnte, obwohl der aktuelle Teilakt des Betäubungsmittelhandels in Griffnähe der Schusswaffe nur eine geringe Teilmenge betrifft. Eine einschränkende Auslegung des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG dahin, dass der Täter die Schusswaffe und eine nicht geringe Menge der Betäubungsmittel zugleich verfügbar haben muss, ist hier nicht geboten (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 1999 - 3 StR 372/98, NJW 1999, 3206, 3207).

II.

7
Jedoch kann der Strafausspruch gegen den Angeklagten V. nicht bestehen bleiben.
8
Das Landgericht hat die Strafe aus dem nach §§ 46b Abs. 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Normalstrafrahmen des § 30 Abs. 1 BtMG im Fall 1 beziehungsweise des § 30a Abs. 2 BtMG im Fall 2 gebildet. Es hat - anders als im Fall des Angeklagten R. , der zwar nur Gehilfe war, aber einen erheblichen Beitrag geleistet hat und zur Tatzeit vielfach vorbestraft war - nicht in Betracht gezogen, ob bei dem Angeklagten V. ein minder schwerer Fall nach § 30 Abs. 2 BtMG (Fall 1) beziehungsweise nach § 30a Abs. 3 BtMG (Fall 2) anzunehmen ist. Das könnte - unbeschadet der Drogenmengen - schon mit Blick darauf in Frage kommen, dass der vertypte Milderungsgrund nach § 46b StGB wegen Aufklärungshilfe in einem Strafverfahren wegen Verdachts des Mordes bejaht wurde. Diese wäre bei der Strafrahmenbestimmung in einer Ge- samtschau aller bestimmenden Umstände zu berücksichtigen gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2010 - 3 StR 403/10, wistra 2011, 99).
9
Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Erörterungsmangel beruht.
Becker Fischer Schmitt Berger Eschelbach