Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2008 - I ZB 20/08

bei uns veröffentlicht am14.08.2008
vorgehend
Amtsgericht Neukölln, 34 M 8102/07, 16.11.2007
Landgericht Berlin, 51 T 103/08, 07.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 20/08
vom
14. August 2008
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wenn für die Vermögenssorge des Schuldners ein Vertreter bestellt, nicht aber
ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB angeordnet ist, hat das Vollstreckungsgericht
nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, ob der Vertreter
oder der Schuldner die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben
hat.
BGH, Beschl. v. 14. August 2008 - I ZB 20/08 - LG Berlin
AG Berlin-Neukölln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. August 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 51 des Landgerichts Berlin vom 7. Februar 2008 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.500 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist die Betreuerin der Schuldnerin bei der Vermögenssorge. Ein Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB ist nicht angeordnet.
2
Die Gerichtsvollzieherin hat die Betreuerin wegen einer titulierten Forderung gegen die Schuldnerin zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung über deren Vermögen geladen. Die von der Betreuerin hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Die gegen seine Entscheidung eingelegte sofortige Beschwerde der Betreuerin ist ebenfalls ohne Erfolg geblieben.
3
Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Betreuerin weiterhin die Aufhebung der an sie gerichteten Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung über das Vermögen der Schuldnerin.
4
Die Gläubigerin hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
5
II. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Beschluss beschwert, weil er ihre von der Gerichtsvollzieherin und vom Amtsgericht angenommene Offenbarungspflicht bestätigt hat (vgl. BGH, Beschl. v. 28.9.2006 - I ZB 35/06, NJW-RR 2007, 185 Tz. 8 m.w.N.).
7
2. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist jedoch in der Sache nicht begründet.
8
a) Nach Auffassung des Beschwerdegerichts trifft den zur Vermögenssorge bestellten Vertreter die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung auch dann anstelle des Schuldners, wenn kein Einwilligungsvorbehalt entsprechend § 1903 BGB angeordnet ist, also auch dann, wenn der Betreute grundsätzlich noch ohne Einwilligung des Betreuers Erklä- rungen abgeben kann. Entscheidend seien die dem Betreuer, dem die Vermögenssorge obliege, von Gesetzes wegen übertragene Rechtsmacht sowie das Wesen und der Zweck der Zwangsvollstreckung. Die Bestimmung des § 53 ZPO gelte insoweit auch im Zwangsvollstreckungsverfahren. Es erscheine sachgerecht und damit auch verhältnismäßig, für die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung an die dem Betreuer von Gesetzes wegen eingeräumte Rechtsmacht anzuknüpfen, ohne dass es eines Beitritts des Betreuers zum Offenbarungsverfahren bedürfe. Zwar seien bei vermögenssorgender Betreuung ohne Einwilligungsvorbehalt Wissensdefizite auf Seiten des Betreuers nicht auszuschließen. Solche Defizite seien aber in zumindest gleichem Umfang auf Seiten des Betreuten zu erwarten.
9
b) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
10
aa) Die für die Vermögenssorge bei der Schuldnerin bestellte Betreuerin war, auch wenn kein Einwilligungsvorbehalt i.S. des § 1903 BGB angeordnet war, gemäß § 1902 BGB berechtigt, für die Schuldnerin die eidesstattliche Offenbarungsversicherung abzugeben (vgl. Staudinger/Bienwald, BGB [2006], § 1902 Rdn. 56 m.w.N.).
11
bb) Wenn mehrere Vertreter des Schuldners einzeln zu seiner Vertretung bei der Abgabe der Offenbarungsversicherung berechtigt, verpflichtet und geeignet sind, kann das Gericht nach wohl überwiegender Ansicht in entsprechender Anwendung der § 455 Abs. 1 Satz 2, § 449 ZPO nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen, dass einer von ihnen die Offenbarungsversicherung abzugeben hat (vgl. Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 807 Rdn. 52; Wieczorek /Schütze/Storz, ZPO, 3. Aufl., § 807 Rdn. 91, jeweils m.w.N.). Die Gegenauffassung , wonach in einem solchen Fall alle Vertreter das verwaltete Vermö- gen offenbaren müssen, vernachlässigt, dass die Vertreter jeweils einzeln zur Vertretung berechtigt sind.
12
cc) Nicht anders zu beurteilen ist der Fall, dass sowohl der Schuldner selbst als auch ein Vertreter zur Abgabe der Offenbarungsversicherung berechtigt , verpflichtet und geeignet sind. Dies ist in Fällen der rechtlichen Betreuung i.S. der §§ 1896 ff. BGB insbesondere dann der Fall, wenn der Betreuer seinerseits in das Verfahren eingetreten ist (vgl. LG Osnabrück DGVZ 2005, 128, 129). Nichts Abweichendes hat aber auch im Streitfall zu gelten; denn die Bestimmung des § 1902 BGB begründet nicht allein eine Berechtigung, sondern zugleich auch eine Verpflichtung des Betreuers zur Vertretung des Betreuten.
13
dd) Die Bestimmung der Betreuerin als derjenigen, die die eidesstattliche Offenbarungsversicherung über das Vermögen der Betreuten abzugeben hat, lässt keinen im Verfahren der Rechtsbeschwerde beachtlichen Ermessensfehler erkennen. Die Rechtsbeschwerde macht in dieser Hinsicht auch nichts geltend.
14
III. Danach ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
15
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
AG Berlin-Neukölln, Entscheidung vom 16.11.2007 - 34 M 8102/07 -
LG Berlin, Entscheidung vom 07.02.2008 - 51 T 103/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Aug. 2008 - I ZB 20/08

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 807 Abnahme der Vermögensauskunft nach Pfändungsversuch


(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und1.hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder2.ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gl
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 53 Prozessfähigkeit bei rechtlicher Betreuung


(1) Bei Personen, für die ein Betreuer bestellt ist, richtet sich die Prozessfähigkeit nach den allgemeinen Vorschriften. (2) Wird ein Betreuter in einem Rechtsstreit durch einen Betreuer vertreten, kann der Betreuer in jeder Lage des Verfahrens

Zivilprozessordnung - ZPO | § 449 Vernehmung von Streitgenossen


Besteht die zu vernehmende Partei aus mehreren Streitgenossen, so bestimmt das Gericht nach Lage des Falles, ob alle oder nur einzelne Streitgenossen zu vernehmen sind.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 455 Prozessunfähige


(1) Ist eine Partei nicht prozessfähig, so ist vorbehaltlich der Vorschrift im Absatz 2 ihr gesetzlicher Vertreter zu vernehmen. Sind mehrere gesetzliche Vertreter vorhanden, so gilt § 449 entsprechend. (2) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr v

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Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2006 - I ZB 35/06

bei uns veröffentlicht am 28.09.2006

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Referenzen

(1) Hat der Gläubiger die Vornahme der Pfändung beim Schuldner beantragt und

1.
hat der Schuldner die Durchsuchung (§ 758) verweigert oder
2.
ergibt der Pfändungsversuch, dass eine Pfändung voraussichtlich nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers führen wird,
so kann der Gerichtsvollzieher dem Schuldner die Vermögensauskunft auf Antrag des Gläubigers abweichend von § 802f sofort abnehmen. § 802f Abs. 5 und 6 findet Anwendung.

(2) Der Schuldner kann einer sofortigen Abnahme widersprechen. In diesem Fall verfährt der Gerichtsvollzieher nach § 802f; der Setzung einer Zahlungsfrist bedarf es nicht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 35/06
vom
28. September 2006
in der Zwangsvollstreckungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der einzige Vorstand eines eingetragenen Vereins, der sein Amt erst nach der
Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung niedergelegt
hat, ohne dass ein neuer gesetzlicher Vertreter bestellt worden ist, bleibt verpflichtet
, für den Verein die eidesstattliche Versicherung abzugeben, wenn die
Berufung auf die Amtsniederlegung rechtsmissbräuchlich wäre.
BGH, Beschl. v. 28. September 2006 - I ZB 35/06 - LG Zweibrücken
AG Pirmasens
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2006
durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher,
Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken vom 7. April 2006 werden auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführer zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 500 € festgesetzt.

Gründe:


1
A. Der Schuldner und Rechtsbeschwerdeführer zu 1 ist ein eingetragener Verein. Er hat bei der Zwangsversteigerung eines Grundstücks durch Beschluss des Amtsgerichts Straubing vom 20. Januar 2003 den Zuschlag erhalten , das Bargebot aber nicht berichtigt. Die Gläubigerin betreibt gegen ihn aus einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses die Zwangsvollstreckung , die bisher erfolglos geblieben ist.
2
In den auf Antrag der Gläubigerin bestimmten Terminen zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vom 30. Juni 2005 und 5. Januar 2006 legte der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 als einziger gesetzlicher Vertreter des Schuldners jeweils Widerspruch ein und bestritt die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung. Das Amtsgericht Pirmasens hat den Widerspruch vom 30. Juni 2005 durch rechtskräftigen Beschluss vom 19. Juli 2005 als unbegründet zurückgewiesen. Auch den Widerspruch vom 5. Januar 2006 hat das Amtsgericht am 25. Januar 2006 als unbegründet zurückgewiesen; zugleich hat es die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung vor Eintritt der Rechtskraft angeordnet. Im Termin vom 9. Februar 2006, zu dem er am 31. Januar 2006 geladen worden war, verweigerte der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung für den Schuldner mit der Behauptung, er habe sein Amt als Vorstand am 6. Februar 2006 niedergelegt.
3
Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht Pirmasens am 1. März 2006 gegen den Schuldner, vertreten durch den Rechtsbeschwerdeführer zu 2, Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlassen. In der Begründung des Beschlusses hat es den - nunmehr dritten - Widerspruch des Rechtsbeschwerdeführers zu 2 als rechtsmissbräuchlich bezeichnet. Der sofortigen Beschwerde des Schuldners gegen den Haftbefehl hat das Amtsgericht nicht abgeholfen.
4
Am 16. März 2006 hat der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 eine eidesstattliche Versicherung abgegeben mit der Erklärung: "Ich habe am 6.2.2006 das Vorstandsamt niedergelegt und danach die Unterlagen abgegeben. Angaben kann ich daher nur aus dem Gedächtnis machen und für deren Richtigkeit infolgedessen keinerlei Gewähr übernehmen."
5
Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde gegen den Haftbefehl zurückgewiesen.
6
Mit ihren vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerden begehren die Rechtsbeschwerdeführer weiterhin die Aufhebung des Haftbefehls vom 1. März 2006.
7
B. Die Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.
8
I. Die Rechtsbeschwerden sind gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 ist durch den angefochtenen Beschluss beschwert, weil ihn der Haftbefehl vom 1. März 2006 als gesetzlichen Vertreter des Schuldners und damit als Offenbarungspflichtigen benennt (vgl. OLG Köln Rpfleger 1976, 323; OLG Frankfurt a.M. BB 1976, 1147; OLG Hamm WM 1984, 1343, 1344; Stein/Jonas/Münzberg , ZPO, 22. Aufl., § 901 Rdn. 17).
9
II. Die Rechtsbeschwerden sind jedoch nicht begründet.
10
1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, die Voraussetzungen für den Erlass eines Haftbefehls seien gegeben. Als ehemaliger gesetzlicher Vertreter des Schuldners habe der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 die eidesstattliche Versicherung abzugeben, auch wenn er sein Amt als Vorstand des Schuldners wirksam am 6. Februar 2006 niedergelegt haben sollte. Für einen eingetragenen Verein sei allerdings grundsätzlich der gegenwärtige gesetzliche Vertreter offenbarungspflichtig. Dies gelte auch dann, wenn der Vorstand nach Zustellung der Ladung zum Offenbarungstermin sein Amt niederlege, ohne dass ein neuer Vorstand bestellt werde. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 sein Amt nur niedergelegt habe, um sich der Offenbarungspflicht zu entziehen oder die Offenbarung des freien Vermögens zu verhindern. Der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 habe angegeben, er habe sein Amt niedergelegt, weil er von D. (dem Sitz des Schuldners) wegen "neuer beruflicher Perspektiven in Leipzig" dauerhaft wegziehe. Ob die Amtsniederlegung unter diesen Umständen treuwidrig sei, könne aber offen bleiben. Der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 sei jedenfalls deshalb zur eidesstattlichen Versicherung verpflichtet, weil er lange Jahre und noch bis vor Kurzem der einzige Vorstand des Schuldners gewesen sei. Schon aus tatsächlichen Gründen sei nur er als letzter Vorstand in der Lage, die notwendigen Angaben über den Vermögensstand des Schuldners zu machen. Ebenso wie ein Notvorstand wäre der neu gewählte Vorstand auf Informationen durch den vormaligen Vorstand angewiesen. Das Fehlen der Vertretungsmacht hindere den Rechtsbeschwerdeführer zu 2 nicht daran, die eidesstattliche Versicherung für den Schuldner abzugeben, weil diese keine Willens-, sondern eine Wissenserklärung sei.
11
Der Rechtsbeschwerdeführer 2 habe am 16. März 2006 die eidesstattliche Versicherung nur unter Vorbehalt abgegeben. Dies sei unzureichend, weil er dabei nicht die Gewähr für die Richtigkeit der im Vermögensverzeichnis gemachten Angaben übernommen habe.
12
2. Das Beschwerdegericht hat den angefochtenen Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Ergebnis zu Recht aufrechterhalten.
13
a) Für eine juristische Person ist die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO durch ihren gesetzlichen Vertreter abzugeben, bei einem eingetragenen Verein demgemäß durch ihren Vorstand (§ 26 BGB). Wer gesetzlicher Vertreter des Schuldners ist, muss von Amts wegen geklärt werden, weil es sich dabei um eine Frage der ordnungsgemäßen Vertretung des Schuldners handelt (vgl. OLG Hamm WM 1984, 1343, 1344; Stein/Jonas/Münzberg aaO § 807 Rdn. 51).
14
aa) Für die Beurteilung der Frage, wer für eine juristische Person als ihr gesetzlicher Vertreter offenbarungspflichtig ist, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Termins zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung an (nunmehr allg. M.; vgl. z.B. KG ZIP 1996, 289, 290; OLG Köln Rpfleger 2000, 399, jeweils m.w.N.). Dies hat seinen Grund darin, dass nur derjenige, der eine juristische Person vertritt, für diese rechtsverbindliche Erklärungen abgeben kann. Eine eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO ist zwar keine Willens-, sondern eine Wissenserklärung (vgl. OLG Frankfurt a.M. Rpfleger 1982, 290, 291; KG NJW-RR 1991, 933, 934; Kirberger, Rpfleger 1975, 341, 344); sie entfaltet aber wie eine Willenserklärung Rechtswirkungen für den Schuldner, da dieser nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 915 ZPO in das Schuldnerverzeichnis einzutragen ist (vgl. Stein/Jonas/Münzberg aaO § 807 Rdn. 53 Fn. 332). Die Stellung als gesetzlicher Vertreter ist auch deshalb maßgeblich , weil die Offenbarungspflicht gegebenenfalls durch Freiheitsentziehung auf der Grundlage eines Haftbefehls durchgesetzt werden kann.
15
bb) Im vorliegenden Fall ist mit dem Beschwerdegericht das Vorbringen der Rechtsbeschwerdeführer zu unterstellen, dass der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 sein Amt als Vorstand des Schuldners bereits am 6. Februar 2006 niedergelegt hat. Die Amtsniederlegung beendet das organschaftliche Rechtsverhält- nis mit sofortiger Wirkung (vgl. MünchKomm.BGB/Reuter, 4. Aufl., § 27 Rdn. 33). Es ist davon auszugehen, dass der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 seine Erklärung nicht nur zum Schein abgegeben hat und diese deshalb nicht gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig ist.
16
cc) Die Offenbarungspflicht des Rechtsbeschwerdeführers zu 2 besteht jedoch fort, weil die Rechtsbeschwerdeführer gegen das im gesamten Verfahrensrecht geltende Gebot von Treu und Glauben (vgl. BGH, Urt. v. 7.4.1978 - V ZR 27/76, WM 1978, 847, 849) verstoßen, wenn sie sich im vorliegenden Zwangsvollstreckungsverfahren auf die Amtsniederlegung des Rechtsbeschwerdeführers zu 2 berufen. Dies kann der Senat auf der Grundlage des feststehenden Sachverhalts selbst beurteilen.
17
In der Rechtsprechung und Literatur wird teilweise die Ansicht vertreten, dass der einzige gesetzliche Vertreter einer juristischen Person jedenfalls dann offenbarungspflichtig bleibe, wenn er sein Amt erst nach der Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung niedergelegt habe und kein neuer gesetzlicher Vertreter bestellt worden sei (vgl. - für eine GmbH - LG Bochum Rpfleger 2001, 442, 443; AG Burgdorf DGVZ 1980, 45; Putzo in Thomas /Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 807 Rdn. 15; vgl. auch Baumbach/Lauterbach/Albers /Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 807 Rdn. 57; Hk-ZPO/Kemper, § 807 Rdn. 34). Dazu wird ausgeführt, eine juristische Person brauche einen gesetzlichen Vertreter und dürfe deshalb nicht ohne rechtfertigenden Grund handlungsunfähig gemacht werden. Bei einem eingetragenen Verein könne zwar in dringenden Fällen gemäß § 29 BGB ein Notvorstand bestellt werden; eine solche Notlage dürfe jedoch nicht ohne wichtigen Grund herbeigeführt werden (vgl. LG Bochum Rpfleger 2001, 442, 443). Nach einer anderen Ansicht besteht bei einer Amtsniederlegung nach der Ladung zum Termin jedenfalls eine Vermu- tung rechtsmissbräuchlichen Handelns (vgl. Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 807 ZPO Rdn. 21 m.w.N.; Musielak /Becker, ZPO, 4. Aufl., § 807 Rdn. 9) oder ein Beweis des ersten Anscheins für ein solches Verhalten (vgl. MünchKomm.ZPO/Eickmann, 2. Aufl., § 807 Rdn. 35; a.A. - erforderlich seien positive Feststellungen - OLG Bamberg DGVZ 1998, 75; LG Bonn DGVZ 1989, 920; LG Bochum DGVZ 2002, 22, 23; E. Schneider, MDR 1983, 724, 726).
18
Diese Fragen können hier jedoch offen bleiben, weil sich aus dem feststehenden Sachverhalt ergibt, dass die Amtsniederlegung, soweit es um die Offenbarungspflicht und die Verfahrensvertretung des Rechtsbeschwerdeführers zu 1 (insoweit bis zur Bestellung des neuen Vorstands) geht, unbeachtlich ist, weil die Berufung darauf rechtsmissbräuchlich wäre. Dies gilt unabhängig davon, ob der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 sein Amt allein zu dem Zweck niedergelegt hat, sich der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu entziehen (zu einem solchen Fall vgl. OLG Hamm Rpfleger 1985, 121; OLG Bamberg DGVZ 1998, 75; OLG Köln Rpfleger 2000, 399 m.w.N.).
19
Der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 hat sein Amt nach den eigenen Angaben der Rechtsbeschwerdeführer erst nach der Ladung zum Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aufgegeben, ohne dass ein Nachfolger bestellt wurde. Die Rechtsbeschwerdeführer tragen dazu lediglich vor, der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 habe damals die - im Übrigen später nicht verwirklichte - Absicht gehabt, aus beruflichen Gründen aus D. , wo der Schuldner seinen Sitz hat, wegzuziehen. Zuvor war der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 bereits zu Terminen am 30. Juni 2005 und am 5. Januar 2006 zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geladen worden. Die von ihm in diesen Terminen für den Rechtsbeschwerdeführer zu 1 eingelegten Widersprüche waren jeweils als unbegründet zurückgewiesen worden. Unter diesen Umständen ist die Amtsniederlegung unmittelbar vor dem Termin vom 9. Februar 2006 im Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 wird durch die Offenbarungspflicht - auch mit Rücksicht auf das berechtigte Interesse der Gläubigerin an einer zeitnahen Vollstreckung - nicht unbillig belastet. Es wird von ihm nur verlangt, seine Angaben nach bestem Wissen und vollständig zu machen.
20
Der Rechtsmissbrauch des Rechtsbeschwerdeführers zu 2, dessen Verhalten sich der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 zurechnen lassen muss, hat zur Folge, dass die Gläubigerin den Rechtsbeschwerdeführer zu 2 im Zwangsvollstreckungsverfahren weiterhin als Offenbarungspflichtigen in Anspruch nehmen kann (vgl. dazu auch LG Düsseldorf JurBüro 1988, 1580). Der Umstand, dass nach Erlass des Haftbefehls am 1. März 2006 für den Schuldner ein neuer Vorstand bestellt worden ist, steht dem nicht entgegen (vgl. dazu auch OLG Stuttgart MDR 1984, 238, 239).
21
b) Die Offenbarungspflicht ist noch nicht erfüllt. Nach § 807 Abs. 3 ZPO hat der Schuldner zu Protokoll an Eides Statt zu versichern, dass er die von ihm verlangten Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe. Eine solche eidesstattliche Versicherung hat der Rechtsbeschwerdeführer zu 2 am 16. März 2006 nicht abgegeben. Der vom Gesetz vorgeschriebene Wortlaut der eidesstattlichen Versicherung ist zwingend. Der Offenbarungspflichtige muss allerdings seine Zweifel und ihre Gründe im Vermögensverzeichnis darlegen, wenn er sich nicht der Gefahr einer falschen eidesstattlichen Versicherung aussetzen will (vgl. BGHSt 7, 375, 378).
22
C. Die Rechtsbeschwerden waren daher auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführer zurückzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
AG Pirmasens, Entscheidung vom 01.03.2006 - 1 M 405/06 -
LG Zweibrücken, Entscheidung vom 07.04.2006 - 4 T 39/06 -

(1) Ist eine Partei nicht prozessfähig, so ist vorbehaltlich der Vorschrift im Absatz 2 ihr gesetzlicher Vertreter zu vernehmen. Sind mehrere gesetzliche Vertreter vorhanden, so gilt § 449 entsprechend.

(2) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, können über Tatsachen, die in ihren eigenen Handlungen bestehen oder Gegenstand ihrer Wahrnehmung gewesen sind, vernommen und auch nach § 452 beeidigt werden, wenn das Gericht dies nach den Umständen des Falles für angemessen erachtet. Das Gleiche gilt von einer prozessfähigen Person, die in dem Rechtsstreit durch einen Betreuer oder Pfleger vertreten wird.

Besteht die zu vernehmende Partei aus mehreren Streitgenossen, so bestimmt das Gericht nach Lage des Falles, ob alle oder nur einzelne Streitgenossen zu vernehmen sind.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)