Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2007 - I ZB 42/06

bei uns veröffentlicht am23.01.2007
vorgehend
Landgericht Köln, 83 O 21/05, 31.01.2006
Oberlandesgericht Köln, 17 W 77/06, 24.05.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 42/06
vom
23. Januar 2007
in der Rechtsbeschwerdesache
Berichtigung des Leitsatzes
Das Stichwort des Leitsatzes zum Beschluss vom 23. Januar 2007
- I ZB 42/06 - wird dahingehend berichtigt, dass es richtig "Auswärtiger Rechtsanwalt
VI" (nicht "Auswärtiger Rechtsanwalt V") lautet.

Bundesgerichtshof

Geschäftsstelle des I. Zivilsenats
Karlsruhe, den 22. August 2007
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
AuswärtigerRechtsanwaltV
Beauftragt ein Unternehmen zur Führung eines Prozesses bei einem auswärtigen
Gericht einen Rechtsanwalt an dem Ort, an dem sich zwar nicht der Sitz
des Unternehmens befindet, an dem die Sache aber nach der unternehmensinternen
Organisation vorprozessual bearbeitet worden ist, sind die Reisekosten
dieses Anwalts nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie im Falle der Beauftragung
eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts.
BGH, Beschl. v. 23. Januar 2007 - I ZB 42/06 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Januar 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Dr. Büscher,
Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Mai 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 218,76 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Die Klägerin ist eine international tätige Versicherungsgesellschaft. Ihre Niederlassung für Deutschland befindet sich in Düsseldorf. Sie hat das beklagte Transportunternehmen wegen eines Transportschadens aus übergegangenem und abgetretenem Recht vor dem Landgericht Köln auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wobei sie sich von einem Hamburger Rechtsanwalt hat vertreten lassen.
2
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Klägerin u.a. die Reisekosten ihres Prozessbevollmächtigten von Hamburg nach Köln in Höhe von 252,70 € sowie Tage- und Abwesenheitsgeld in Höhe von 168 € zur Kostenausgleichung angemeldet. Sie hat hierzu ausgeführt, die Angelegenheit sei von ihrer in Hamburg ansässigen Zweigstelle bearbeitet worden.
3
Das Landgericht hat nur diejenigen Reisekosten nebst Tage- und Abwesenheitsgeld für erstattungsfähig erachtet, die der Klägerin im Falle der Beauftragung eines in Düsseldorf ansässigen Rechtsanwalts entstanden wären. Es hat hierfür 108,18 € in Ansatz gebracht und daher bei der Kostenausgleichung unter Berücksichtigung der Kostengrundentscheidung, nach der die Beklagte 70% der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, einen Betrag von 75,73 € zugunsten der Klägerin in Ansatz gebracht.
4
Die von der Klägerin hiergegen erhobene, auf Berücksichtigung des Unterschiedsbetrags gerichtete sofortige Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2006 - 17 W 77/06, in juris dokumentiert).
5
Mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Klägerin ihr in den Vorinstanzen erfolgloses Kostenfestsetzungsbegehren weiter.
6
Die Beklagte hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
7
II. Die Rechtsbeschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch ansonsten zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
8
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
9
Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass lediglich die Kosten eines Prozessbevollmächtigten am Geschäftssitz der Klägerin erstattungsfähig seien. Der Geschäftssitz der Partei sei nach rein objektiven Maßstäben und im Einklang mit den Vorschriften über den Gerichtsstand zu ermitteln; er befinde sich bei der Klägerin unstreitig in Düsseldorf. Der Umstand, dass die Klägerin Regressansprüche nach ihrem Vortrag nicht dort, sondern in ihrer Regressabteilung in Hamburg bearbeite, müsse unberücksichtigt bleiben, da sonst für den Gegner die von ihm im Falle seines Unterliegens zu erstattenden Kosten völlig unkalkulierbar wären. Zwar komme es in Bezug auf das Vorhandensein einer Rechtsabteilung und die Bearbeitung der Schadensangelegenheit durch diese auf die tatsächliche Organisationsstruktur und -handhabung und nicht darauf an, was nach Ansicht des Gerichts zweckmäßig sei. Hieraus folge aber lediglich, dass ein Unternehmen nicht darauf verwiesen werden dürfe, es hätte eine Rechtsabteilung unterhalten oder die betreffende Angelegenheit durch die vorhandene Rechtsabteilung bearbeiten lassen müssen.
10
Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, sie betraue ständig Hamburger Prozessbevollmächtigte mit ihrer Vertretung. Eine Partei, die an ihrem allgemeinen Gerichtsstand klage oder verklagt werde, sei unter Erstattungsgesichtspunkten gehalten, einen örtlichen Rechtsanwalt zum Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Die durch die Beauftragung eines auswärtigen Anwalts entstandenen Mehrkosten seien auch dann nicht erstattungsfähig, wenn es sich bei diesem Anwalt um den Vertrauensanwalt der Partei handele, der für sie in derselben Angelegenheit schon vorprozessual tätig gewesen sei und mit dem sie auch sonst ständig zusammenarbeite.
11
2. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Das Beschwerdegericht hat die Reisekosten sowie das Tage- und Abwesenheitsgeld des von der Klägerin beauftragten auswärtigen Rechtsanwalts zu Unrecht nur in dem Umfang für erstattungsfähig erachtet, in dem diese Kosten bei Beauftragung eines am Sitz der Klägerin in Düsseldorf ansässigen Rechtsanwalts entstanden wären.
12
a) Das Beschwerdegericht hat bei seinen Erwägungen allerdings zutreffend vorausgesetzt, dass bei einem Unternehmen, das - wie die Klägerin - über keine eigene Rechtsabteilung verfügt, die Beauftragung eines an seinem Sitz ansässigen Rechtsanwalts mit der Führung eines Rechtsstreits bei einem auswärtigen Gericht nur dann nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich ist, wenn bereits im Zeitpunkt der Auftragserteilung feststeht, dass dafür kein eingehendes Mandantengespräch erforderlich sein wird (vgl. BGH, Beschl. v. 2.12.2004 - I ZB 4/04, GRUR 2005, 271 = WRP 2005, 224 - Unterbevollmächtigter III; Beschl. v. 3.3.2005 - I ZB 24/04, NJW-RR 2005, 922 f. = WRP 2005, 753 - Zweigniederlassung; Beschl. v. 13.6.2006 - IX ZB 44/04, ZIP 2006, 1416 Tz 15, jeweils m.w.N.).
13
b) Im Grundsatz ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts , dass die Reisekosten eines Rechtsanwalts, der eine Partei vertritt, die bei einem auswärtigen Gericht klagt, und der weder am Gerichtsort noch am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässig ist ("Rechtsanwalt am dritten Ort"), regelmäßig nur bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohnoder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts zu erstatten sind (vgl. BGH, Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 21/03, NJW-RR 2004, 855, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt III; Beschl. v. 11.3.2004 - VII ZB 27/03, NJW-RR 2004, 858 f.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl., § 91 Rdn. 17; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl., § 91 Rdn. 13 "Reisekosten des Anwalts", m.w.N.).
14
c) Eine von dem vorstehend unter b) wiedergegebenen Grundsatz abweichende Beurteilung ist jedoch dann geboten, wenn es sich - wie im Streitfall - um eine Sache handelt, deren vorangegangene unternehmensinterne Bearbeitung an einem Ort erfolgt ist, an dem das Unternehmen weder seinen Hauptsitz noch eine Zweigniederlassung unterhält. In einem solchen Fall sind die Reisekosten, die dem Unternehmen durch die Beauftragung eines an diesem Ort ansässigen Rechtsanwalts entstanden sind, nach denselben Grundsätzen zu erstatten wie sonst im Falle der Beauftragung eines am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalts.
15
aa) Im Rahmen des Kostenerstattungsrechts kommt es auf die tatsächliche Organisation eines an einem Rechtsstreit beteiligten Unternehmens und nicht darauf an, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält. Dementsprechend braucht sich ein Unternehmen, das über keine Rechtsabteilung verfügt , nicht so behandeln zu lassen, als ob es eine eigene Rechtsabteilung hätte (BGH, Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430, 431; BGH GRUR 2005, 271 - Unterbevollmächtigter III, m.w.N.; BGH, Beschl. v. 28.6.2006 - IV ZB 44/05, NJW 2006, 3008 Tz 11 m.w.N.). Ebenso wenig kann es danach aber auch darauf ankommen, ob sich der Sitz des Unternehmens oder immerhin eine Zweigniederlassung an dem Ort befindet, an dem die Sache zunächst unternehmensintern bearbeitet worden ist und, sofern im Weiteren die Einschaltung eines Anwalts und die Anrufung des Gerichts notwendig wird, dann der Bedarf für ein Mandantengespräch entsteht.
16
bb) Nicht zu überzeugen vermag die vom Beschwerdegericht zur Begründung seiner Auffassung angestellte Überlegung, die vorgenommene Be- grenzung der Kostenerstattung sei notwendig, weil sich der Prozessgegner ansonsten im Falle seines Unterliegens unkalkulierbaren Kostenerstattungsansprüchen gegenübersähe. Das Gesetz schützt die Parteien auch sonst nicht davor, dass sich ihr im Falle eines Rechtsstreits bestehendes Kostenrisiko durch in der Sphäre des Gegners liegende Umstände wie etwa durch eine von ihm vorgenommene Abtretung des streitigen Anspruchs oder durch eine Verlegung seines Wohn- oder Geschäftssitzes erhöht. Die - im Streitfall nicht in Rede stehende - Gefahr von Manipulationen kann vernachlässigt werden, da sich der Ort, an dem die Sache unternehmensintern bearbeitet worden ist, regelmäßig anhand der vorprozessual geführten Korrespondenz feststellen lassen wird.
17
III. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen trifft.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 31.01.2006 - 83 O 21/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 24.05.2006 - 17 W 77/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2007 - I ZB 42/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2007 - I ZB 42/06

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab
Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Jan. 2007 - I ZB 42/06 zitiert 3 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 4/04
vom
2. Dezember 2004
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Unterbevollmächtigter III
Zur Frage, ob es für ein Unternehmen, das keine Rechtsabteilung eingerichtet
hat, zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung gegen einen wettbewerbsrechtlichen
Unterlassungsanspruch im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig
ist, eine Rechtsanwaltskanzlei am Geschäftsort als Hauptbevollmächtigten
hinzuzuziehen, wenn diese Kanzlei ständig mit der Bearbeitung sämtlicher
im Unternehmen anfallender Rechtsangelegenheiten beauftragt ist.
BGH, Beschl. v. 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. Dezember 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. November 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 486,89 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Beklagte ist ein in M. ansässiges Presseunternehmen. Sie hat keine eigene Rechtsabteilung eingerichtet. Seit mehr als einem Jahrzehnt werden sämtliche Rechtsangelegenheiten des Konzerns, zu dem die Beklagte gehört, von der Rechtsanwaltskanzlei Prof. Dr. S. am Sitz der Beklagten bearbeitet. Auch im vorliegenden Fall hat die Beklagte diese Kanzlei mit der Prozeßführung beauftragt.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin einen Unterlassungsanspruch wegen wettbewerbswidriger Werbung gegen die Beklagte geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Köln am 28. Februar 2002 hat sich die Beklagte durch einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Rechtsanwalt als Unterbevollmächtigten vertreten lassen. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens hat die Klägerin ihre Klage zurückgenommen. Dementsprechend wurden ihr durch Beschluß des Landgerichts die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte u.a. beantragt, neben den bei ihren Prozeßbevollmächtigten in M. angefallenen Kosten auch die Kosten ihres Unterbevollmächtigten am Sitz des Prozeßgerichts festzusetzen.
Das Landgericht hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten nur in Höhe derjenigen Kosten als erstattungsfähig anerkannt, die der Beklagten erwachsen wären, wenn sie einen am Ort des Prozeßgerichts tätigen Rechtsanwalt zum Prozeßbevollmächtigten bestellt und diesen schriftlich und ergänzend telefonisch über den maßgeblichen Sachverhalt unterrichtet hätte.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde hat die Beklagte beantragt, die durch die Mitwirkung des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten in vollem Umfang anzusetzen.
Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren Kostenfestsetzungsantrag im Umfang ihrer sofortigen Beschwerde weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Die Kosten des mit der Wahrnehmung des Termins beim Landgericht Köln beauftragten unterbevollmächtigten Rechtsanwalts wären auch dann nicht voll zu erstatten, wenn die Beklagte einen Rechtsanwalt an ihrem Geschäftssitz zum Prozeßbevollmächtigten hätte bestellen dürfen, ohne Nachteile bei der Kostenerstattung in Kauf nehmen zu müssen. Die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstandenen Kosten wären dann nur insoweit in Ansatz zu bringen, als sie die Kosten nicht wesentlich überstiegen, die durch die Fahrt des Hauptbevollmächtigten zur Wahrnehmung der mündlichen Verhandlung entstanden wären.
Die Beklagte habe jedoch im Zusammenhang mit dem Verhandlungstermin des Landgerichts durch die Einschaltung des Unterbevollmächtigten keine Reisekosten erspart, weil sie erstattungsrechtlich gehalten gewesen sei, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts zum Prozeßbevollmächtigten zu bestellen. Eines eingehenden Mandantengesprächs am Sitz ihres Unternehmens habe es nicht bedurft.
Dem Vorstand der Konzernmutter der Beklagten gehöre als assoziiertes Mitglied Rechtsanwalt Prof. Dr. S. mit dem Aufgabengebiet "Recht" an. Dessen Kanzlei bearbeite sämtliche Rechtsangelegenheiten der dem Konzern angehörenden Unternehmen. Die Tätigkeit dieser in die Anwaltskanzlei integrierten Rechtsabteilung der Konzernmutter der Beklagten erstrecke sich auf alle Gebiete des Unternehmensrechts sowie auf presse- und medienrechtliche Spezialgebiete. Dies rechtfertige die Annahme, daß die Beklagte häufiger gezwungen sei, sich mit Rechtsangelegenheiten zu befassen, die aus ihrer geschäftlichen Betätigung hervorgegangen seien. Es könne daher von ihr erwartet werden, daß sie selbst über die Mitarbeiter verfüge, die zur Bearbeitung solcher unternehmensbezogenen Rechtssachen geeignet seien. Es stehe der Beklagten selbstverständlich frei, ob sie eine eigene Rechtsabteilung unterhalte oder ob sie die Aufgaben einer nach Art und Umfang ihres Geschäftsbetriebs an sich notwendigen Rechtsabteilung von Rechtsanwälten wahrnehmen lasse, weil sich dies als organisatorisch zweckmäßig und wirtschaftlich sinnvoll erwiesen habe. Das ändere jedoch nichts daran, daß es sich im einen wie im anderen Fall um allgemeine Geschäftskosten handele, die auch insoweit, als sie durch den Rechtsstreit veranlaßt worden seien, eigene Bearbeitungskosten blieben. Diese könnten - wie der sonstige mit eigenen Prozeß- und Rechtsangelegenheiten verbundene Arbeitsaufwand - nicht durch die Beauftragung Dritter auf den Prozeßgegner abgewälzt werden. Die Beklagte müsse sich deshalb erstattungsrechtlich so behandeln lassen, als hätte sie die Aussichten ihrer Rechtsverteidi-
gung selbst hinreichend zuverlässig beurteilen und den maßgeblichen Tatsachenstoff einem Kölner Rechtsanwalt schriftlich und telefonisch übermitteln können.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
2. Die Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, können nur ersetzt werden, wenn sie im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig waren.
Dabei kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen. Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 899; Beschl. v. 11.11.2003 - VI ZB 41/03, NJW-RR 2004, 430; Beschl. v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II, m.w.N.).
Bei der Prüfung der Notwendigkeit einer bestimmten Rechtsverfolgungsoder Rechtsverteidigungsmaßnahme ist zudem eine typisierende Betrachtungsweise geboten. Denn der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen ist, steht in keinem Verhältnis zu den sich einstellenden Nachteilen, wenn in nahezu jedem Einzelfall mit Fug darüber gestritten werden kann, ob die Kosten einer bestimmten Rechtsverfolgungs - oder Rechtsverteidigungsmaßnahme zu erstatten sind oder nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.2002 - I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 - Auswärtiger Rechtsanwalt I).

Die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozeßbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, sind erstattungsfähig, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (vgl. BGH NJW 2003, 898 f.; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 4). Reisekosten des am Geschäftsort der Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten sind nicht erstattungsfähig , wenn dessen Beauftragung nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich war, sondern ein am Ort des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen.
3. Das Beschwerdegericht hat danach die Kosten des Unterbevollmächtigten zu Unrecht als in vollem Umfang nicht erstattungsfähig angesehen.

a) Die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei ist in der Regel als eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung anzusehen, weil ein persönliches Informations- und Beratungsgespräch zwischen Partei und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll ist (vgl. BGH, Beschl. v. 23.3.2004 - VIII ZB 145/03, FamRZ 2004, 866 m.w.N.). Dabei ist bei einem Unternehmen, das laufend Rechtsstreitigkeiten zu führen hat, auch das Interesse zu berücksichtigen, mit besonders sachkundigen Rechtsanwälten seines Vertrauens am Ort zusammenzuarbeiten.

b) Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Man-
dantengespräch für die Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH NJW 2003, 898, 901; BGH, Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725 f. = WRP 2003, 894 = NJW 2003, 2027 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, GRUR 2004, 448 = WRP 2004, 495 = NJW-RR 2004, 856 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II; BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, Umdruck S. 5).
aa) Dies kann der Fall sein, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH GRUR 2004, 448 - Auswärtiger Rechtsanwalt IV, m.w.N.). Dies ist bei der Beklagten jedoch unstreitig nicht der Fall.
bb) Die Beklagte muß sich bei der Beurteilung, ob ihre Aufwendungen zur Rechtsverteidigung notwendig waren, auch nicht so behandeln lassen, als habe sie eine Rechtsabteilung eingerichtet. Denn im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (vgl. BGH NJW-RR 2004, 430). Der Prozeßgegner hat es hinzunehmen, daß er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (BGH, Beschl. v. 25.3.2004 - I ZB 28/03, GRUR 2004, 623 = WRP 2004, 777 = NJW-RR 2004, 857 - Unterbevollmächtigter I; BGH WRP 2004, 1492, 1493 - Unterbevollmächtigter II). Dies gilt auch dann, wenn eine Partei, wie hier die Beklagte, ständig eine bestimmte Anwaltskanzlei mit der Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten, die nicht zu ihrem eigentlichen Unternehmensgegenstand gehören, beauftragt und dadurch die Einrichtung einer eigenen Rechtsabteilung entbehrlich macht. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß nicht erwartet werden kann, daß die Be-
klagte oder ihre Konzernmutter als Presseunternehmen gerade auch Mitarbeiter beschäftigen, die mit dem Recht des unlauteren Wettbewerbs vertraut sind.
4. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben. Die Sache war an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen zu den fiktiven Reisekosten des Hauptbevollmächtigten trifft.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 24/04
vom
3. März 2005
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Zweigniederlassung
Beauftragt eine am Ort ihrer Zweigniederlassung verklagte GmbH, deren
Rechtsangelegenheiten an ihrem Hauptsitz bearbeitet werden, einen dort ansässigen
Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung, so sind dessen Reisekosten zum
Prozeßgericht im Regelfall erstattungsfähig.
BGH, Beschl. v. 3. März 2005 - I ZB 24/04 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. März 2005 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm,
Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. August 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 86,33 € festgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin hat die Beklagte, die ihren Sitz in H. hat, aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen eines nicht ordnungsgemäß durchgeführten Transports auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der am Ort der Zweigniederlassung der Beklagten in S. geführte Rechtsstreit endete durch gerichtlichen Vergleich. Nach der
Kostenregelung in dem Vergleich hat die Klägerin von den außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits ein Drittel, die Beklagte zwei Drittel zu tragen.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Beklagte beantragt, Reisekosten ihres Prozeßbevollmächtigten in H. in Höhe von 259 €, hilfsweise Korrespondenzanwaltskosten in Höhe von 850 € oder Kosten einer fiktiven Informationsreise von H. zum Sitz des Prozeßgerichts in Höhe von 210 € in den Kostenausgleich einzubeziehen. Das Landgericht hat dem Antrag insoweit nicht entsprochen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, Anwaltsreisekosten in Höhe von 259 € in die Kostenausgleichung einzubeziehen.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
Die Beklagte mit Sitz in H. könne gemäß § 21 ZPO am Ort ihrer rechtlich unselbständigen Niederlassung verklagt werden. Die Kosten, die dadurch entstünden, daß ein Prozeßbevollmächtigter am Hauptsitz einer GmbH bestellt werde, seien nicht erstattungsfähig. Vom unterlegenen Gegner zu erstatten seien vielmehr nur die Kosten, die bei Führung des Rechtsstreits durch die Niederlassung anfielen, an deren Sitz der Prozeß geführt werde. Dem liege
der Gedanke zugrunde, daß durch die betriebsinterne Organisation entstandene Mehrkosten nicht erstattungsfähig seien.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts sind Kosten, die in einem am Ort einer Zweigniederlassung (§ 13 HGB) einer GmbH geführten Rechtsstreit dadurch entstehen, daß ein Prozeßbevollmächtigter am Hauptsitz (§ 4a Abs. 1 GmbHG) der GmbH bestellt wird, nicht grundsätzlich von der Erstattung ausgeschlossen.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig i.S. von § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. ZPO anzusehen (vgl. BGH, Beschl. v. 9.9.2004 - I ZB 5/04, GRUR 2005, 84, 85 = WRP 2004, 1492 - Unterbevollmächtigter II, m.w.N.). Dieser Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, daß eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt ist und ihre Belange in angemessener Weise wahrgenommen wissen will, in aller Regel deshalb einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohnoder Geschäftsorts beauftragen wird, weil sie annimmt, daß zunächst ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich sein wird (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900; Beschl. v. 13.7.2004 - X ZB 40/03, BB 2004, 2377). Die für eine sachgemäße gerichtliche oder außergerichtliche Beratung und Vertretung erforderliche Tatsacheninformation des Rechtsanwalts durch seine Partei kann in aller Regel nur in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgen.

b) Nach dem Vorbringen der Beklagten werden Rechtsfälle an ihrem Sitz in H. bearbeitet, nicht aber am Sitz ihrer rechtlich unselbständigen Nie-
derlassungen. Für die Möglichkeit, ein persönliches Beratungsgespräch mit einem Rechtsanwalt am Ort zu führen, ist daher auf den Sitz der Beklagten in H. abzustellen (vgl. BGH GRUR 2005, 84, 85 - Unterbevollmächtigter II). Denn entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kommt es im Rahmen der Kostenerstattung auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, ob durch eine andere Organisation Mehrkosten bei der Führung eines Rechtsstreits vermieden werden könnten (BGH GRUR 2005, 84, 85 - Unterbevollmächtigter II; Beschl. v. 2.12.2004 - I ZB 4/04, WRP 2005, 224, 226 - Unterbevollmächtigter III).

c) Die Beauftragung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsorts der Partei ansässigen Rechtsanwalts ist zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung allerdings nicht notwendig, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird (vgl. BGH, Beschl. v. 14.9.2004 - VI ZB 37/04, BB 2004, 2548; WRP 2005, 224, 226 - Unterbevollmächtigter III, m.w.N.). Das Beschwerdegericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - zur Notwendigkeit eines eingehenden Mandantengesprächs keine Feststellungen getroffen. Da die Beklagte geltend gemacht hat, sie verfüge nicht über eine Rechtsabteilung und es seien wegen des komplexen Sachverhalts intensive Mandantengespräche notwendig gewesen, ist für die rechtliche Beurteilung in der Rechtsbeschwerdeinstanz gemäß diesem Vorbringen der Beklagten von der Notwendigkeit eines eingehenden Mandantengesprächs auszugehen.
3. Der angefochtene Beschluß ist daher aufzuheben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen zur Notwendigkeit eines eingehenden persönlichen Mandantengesprächs zum Zeitpunkt der Beauftragung des Prozeßbevollmächtigten
der Beklagten und gegebenenfalls zur Höhe der geltend gemachten Reisekosten trifft.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 21/03
vom
18. Dezember 2003
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Auswärtiger Rechtsanwalt III
Die Reisekosten eines an einem dritten Ort (weder Gerichtsort noch Wohnoder
Geschäftsort der Partei) ansässigen Prozeßbevollmächtigten sind bis zur
Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei
ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich gewesen
wäre.
BGH, Beschl. v. 18. Dezember 2003 - I ZB 21/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof.
Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Verfügungsbeklagten wird der Beschluß des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 8. Zivilsenat , vom 11. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 646,97 festgesetzt.

Gründe:


I. Die in Ulm ansässige Verfügungsbeklagte wurde von der Verfügungsklägerin vor dem Landgericht Hamburg in einem Verfahren der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung einer Werbeaussage in Anspruch genommen. Das Landgericht Hamburg hob die mit Beschluß vom 18. November 2002 erlassene
einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten wieder auf. Der Verfügungsklägerin legte es die Kosten des Verfahrens auf.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Verfügungsbeklagte beantragt, unter anderem auch die Kosten der Reise ihrer Stuttgarter Prozeßbevollmächtigten zu dem Verhandlungstermin in Hamburg einschließlich eines Tage- und Abwesenheitsgeldes festzusetzen. Das Landgericht hat dem Antrag insoweit nicht entsprochen und ausgeführt, daß die von der Verfügungsbeklagten beantragten Reisekosten ihres Rechtsanwalts nicht erstattungsfähig seien, da der Anwalt seine Kanzlei nicht am Sitz der Partei, sondern an einem dritten Ort habe. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Beschwerdegericht hat es offengelassen, ob der Verfügungsbeklagten als einem gewerblichen Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung nicht ohnehin die Zuziehung eines Rechtsanwalts am Prozeßgericht zumutbar gewesen wäre. Die Reisekosten seien jedenfalls deshalb nicht zu erstatten, weil die Verfügungsbeklagte durch die Auswahl eines Rechtsanwalts, der weder am Wohnoder Geschäftsort der Partei noch im Bezirk des Prozeßgerichts, also an einem dritten Ort, ansässig sei, gezeigt habe, daß sie eines unmittelbaren Kontaktes zu ihrem Prozeßbevollmächtigten nicht bedürfe. Daher komme auch die Erstattung fiktiver Reisekosten nicht in Betracht.
Hiergegen richtet sich die (zugelassene) Rechtsbeschwerde der Verfügungsbeklagten , mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Reisekosten und des Tage- und Abwesenheitsgeldes weiterverfolgt.
II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt davon ab, ob es für die Verfügungsbeklagte notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts in Hamburg ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO). Hierzu sind weitere tatsächliche Feststellungen des Beschwerdegerichts erforderlich.
1. Die Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Reisekosten scheitert nicht schon daran, daß der Rechtsanwalt an einem dritten Ort residiert.

a) Eine Partei, die einen Rechtsstreit zu führen beabsichtigt oder selbst verklagt wird, wird in aller Regel einen Rechtsanwalt in der Nähe ihres Wohnoder Geschäftsorts aufsuchen, um dessen Rat in Anspruch zu nehmen, ihn gegebenenfalls zu beauftragen und für eine sachgemäße Information des Rechtsanwalts zu sorgen. Kann diese sachgerechte Information nur in einem persönlichen mündlichen Gespräch erfolgen, so ist die Zuziehung eines nicht bei dem Prozeßgericht zugelassenen, aber in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900).

b) Im vorliegenden Fall hat die Verfügungsbeklagte keinen in der Nähe ihres Geschäftsorts ansässigen Prozeßbevollmächtigten beauftragt. Die Reisekosten des an einem dritten Ort ansässigen Rechtsanwalts sind gleichwohl bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten eines am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalts erstattungsfähig, wenn dessen Beauftragung - was dem Regelfall entspricht - zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung erforderlich gewesen wäre. Denn darf bei einem Streitfall eine vernünftige und kostenbewußte Partei den für sie einfacheren und naheliegen-
den Weg wählen, einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten zu beauftragen, ist sie, soweit dessen Reisekosten nicht überschritten werden, nicht daran gehindert, zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung einen an einem dritten Ort ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens zu beauftragen. Die Partei, die die Mühen auf sich nimmt, einen nicht in ihrer Nähe ansässigen Rechtsanwalt ihres Vertrauens aufzusuchen, wird hierfür sachliche Gründe haben. Schutzwürdige Belange der gegnerischen Partei, nicht mit zusätzlichen Kosten belastet zu werden, werden wegen der Begrenzung der Kostenerstattung auf die Reisekosten des am Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts nicht betroffen.
2. Ob die Reisekosten des in Stuttgart ansässigen Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten im Streitfall gleichwohl nicht erstattungsfähig sind, bedarf jedoch weiterer tatsächlicher Feststellungen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei den Reisekosten eines Rechtsanwalts nicht um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des nicht am Gerichtsort ansässigen Rechtsanwalts feststand, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein würde. Dies ist unter anderem regelmäßig der Fall, wenn es sich bei der Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (vgl. BGH, Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, GRUR 2003, 725, 726 = WRP 2003, 894 - Auswärtiger Rechtsanwalt II; Beschl. v. 9.10.2003 - VII ZB 45/02, Umdr. S. 4 f., m.w.N.). In diesen Fällen ist im allgemeinen davon auszugehen, daß der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren.

Die Rechtsbeschwerde hat hierzu geltend gemacht, im Rahmen des Verfahrens der einstweiligen Verfügung seien Spezialfragen des Arzneimittelzulassungsrechts und der Arzneimittelsicherheit inzident streitentscheidend gewesen. Diese hätten eine persönliche Kontaktaufnahme erforderlich gemacht. Dazu hat das Beschwerdegericht von seinem Standpunkt folgerichtig keine Feststellungen getroffen. Diese wird es nachzuholen haben. Der Senat sieht sich nicht in der Lage, die Frage selbst zu beurteilen, ob im Streitfall eine umfassende schriftliche Information nicht ausreichte, sondern ein eingehendes persönliches Mandantengespräch zwischen der Verfügungsbeklagten und ihrem Rechtsanwalt erforderlich war, obwohl die Verfügungsbeklagte rechtskundiges Personal beschäftigte. Denn der Senat ist von den in § 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 Satz 2 ZPO geregelten Verfahrensrügen abgesehen in der Beurteilung
auf den vom Beschwerdegericht festgestellten Sachverhalt und den Inhalt der Sitzungsprotokolle beschränkt (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Diesen läßt sich nichts dazu entnehmen, daß die Verfügungsbeklagte ihren Rechtsanwalt ausschließlich schriftlich unterrichten konnte.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 27/03
vom
11. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Reisekosten eines beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und weder am Gerichtsort
noch am Geschäfts- oder Wohnort der Prozeßpartei ansässigen Prozeßbevollmächtigten
zur Terminswahrnehmung sind jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie
sich im Rahmen der erstattungsfähigen Reisekosten halten, die angefallen wären,
wenn die Partei einen Prozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem
Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte.
BGH, Beschluß vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - OLG München
LG München I
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2004 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter Hausmann, Dr. Wiebel,
Prof. Dr. Kniffka und Bauner

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 6. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 506,04 €

Gründe:

I.

Die Beklagte hat unter anderem die jetzt noch streitigen Reisekosten ihrer Prozeßbevollmächtigten zu zwei Terminen vor dem Landgericht München I zur Kostenfestsetzung angemeldet. Die Klage ist gegen die Beklagte unter einer Anschrift in S. gerichtet; dort hat die Beklagte nach ihrem Vortrag eine Betriebsstätte. Die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten sind in B. ansässig.
Das Landgericht hat die Festsetzung dieser Kosten abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten.

II.

1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, Reisekosten auswärtiger, am Gerichtsort weder zugelassener noch ansässiger Prozeßbevollmächtigter seien grundsätzlich nicht zu erstatten, wenn die Prozeßbevollmächtigten ihre Kanzlei nicht in der Nähe der Partei hätten. Davon sei hier auszugehen, weil die Beklagte in größerer Entfernung von dem Kanzleisitz der Prozeßbevollmächtigten ansässig sei. In Betracht komme dann nur ein Anspruch auf Erstattung der Kosten einer fiktiven Informationsreise, sofern eine persönliche Information erforderlich gewesen sei. Das sei nicht anzunehmen. 2. Das hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
a) Die unterlegene Partei hat die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit diese zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dementsprechend sind Reisekosten zur Terminswahrnehmung eines Prozeßbevollmächtigten , der weder bei dem Prozeßgericht zugelassen noch am Gerichtsort ansässig ist, insoweit zu erstatten, als dessen Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war (§ 91 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz ZPO). Ob diese Notwendigkeit gegeben war, bemißt sich danach , was eine vernünftige und kostenorientierte Partei als sachdienlich anse-
hen durfte (Zöller/Herget, ZPO, 24. Aufl. § 91 Rdn. 12; MünchKomm-Belz, ZPO, 2. Aufl., § 91 Rdn. 17). Eine nicht am Gerichtsort ansässige Partei ist in diesem Rahmen kostenrechtlich nicht darauf angewiesen, einen Rechtsanwalt am Ort des Prozeßgerichts mit ihrer Prozeßvertretung zu beauftragen. Vielmehr kann sie grundsätzlich die Kosten ihres Prozeßbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozeßgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort auch nicht ansässig ist. Das hat der Bundesgerichtshof wiederholt entschieden für den Fall, daß die Partei einen in ihrer Nähe ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hat (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 900; BGH, Beschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - EBE/BGH 2004, 11). Ein tragender Grund hierfür ist zunächst die Annahme, daß ein persönliches mündliches Gespräch erforderlich und gewünscht ist. Damit hat es nicht sein Bewenden. Ebenso gewichtig ist, daß eine Partei ein berechtigtes Interesse haben kann, sich durch den Rechtsanwalt ihres Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen. Dieser weitere Gesichtspunkt ist ein entscheidender Grund gewesen für die Änderung des Lokalisationsprinzips in § 78 ZPO (vgl. BT-Drucks. 12/4993, S. 43 und 53). Das Bundesverfassungsgericht hat seinerseits im Streit um die Singular- oder Simultanzulassung von Rechtsanwälten das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant, das auf Aktenkenntnis im konkreten Fall oder auch auf langjähriger Beratung und erfolgreicher begleitender Zusammenarbeit gründen könne, als einen rechtlich anzuerkennenden Vorteil aus der Sicht des Mandanten gewürdigt (BVerfG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - 1 BvR 335/97 - BVerfGE 103, 1, 16). Nichts anderes kann bei der Entscheidung gelten, inwieweit die Kosten des beim Prozeßgericht nicht zugelassenen und am Gerichtsort nicht ansässigen Prozeßbevollmächtigten zu erstatten sind.
Hier ist ebenso wie dem Bedarf an persönlichem Kontakt auch dem Vertrauensverhältnis zwischen der Partei und dem von ihr ausgewählten Rechtsanwalt Rechnung zu tragen. Zu berücksichtigen ist im übrigen, daß einem Zivilprozeß in vielen Fällen vorgerichtliche Auseinandersetzungen vorausgehen. Auch von einer kostenbewußten Partei kann selbst im Interesse der erstattungspflichtigen Gegenpartei nicht erwartet werden, auf den mit der Sache bereits vertrauten Rechtsanwalt zu verzichten und einen neuen Prozeßbevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO).
b) Nach diesen Grundsätzen sind die den Prozeßbevollmächtigten der Beklagten entstandenen Reisekosten in die Kostenfestsetzung einzubeziehen (zu einem vergleichbaren Sachverhalt siehe auch BGH, Beschluß vom 18. Dezember 2003 – I ZB 21/03, zur Veröffentlichung bestimmt). (1) Die Beklagte war kostenrechtlich nicht darauf beschränkt, in M. ansässige Prozeßbevollmächtigte zu beauftragen. Wie bereits das Landgericht zutreffend erkannt hat, hätte sie ohne kostenrechtliche Nachteile auch Rechtsanwälte aus S. auswählen können. Dann stand es der Beklagten erst recht frei, die in B. ansässigen Rechtsanwälte ihrer Wahl zu beauftragen. Deren Reisekosten nach M. mußten von vornherein geringer ausfallen als diejenigen von Kollegen aus dem viel weiter entfernten Ort, in welchem die Beklagte ansässig ist. Ob direkte mündliche Gespräche zwischen der Beklagten und ihren Prozeßbevollmächtigten stattgefunden haben, ist nicht entscheidend. Die Erstattung der Kosten von Prozeßbevollmächtigten, die in der Nähe der Partei ansässig sind, rechtfertigt sich aus der Annahme, daß in der Regel ein persönliches mündliches Gespräch gesucht wird und erforderlich ist. Die Erstattung der von
der Beklagten geltend gemachten Reisekosten ihrer Prozeßbevollmächtigten wiederum rechtfertigt sich daraus, daß aus der Entfernung zum Gerichtsort nur geringere Kosten entstehen konnten, als es bei Rechtsanwälten aus S. der Fall gewesen wäre. (2) Nicht begründet ist die Befürchtung des Beschwerdegerichts, am Ende könne eine Prozeßpartei jeden beliebigen Rechtsanwalt in der Bundesrepublik Deutschland mit nicht mehr hinnehmbaren Kostenfolgen auswählen. Die unterlegene Partei muß die Kosten tragen, die aus dem Auseinanderfallen von Gerichtsort einerseits und Geschäfts- oder Wohnort einer Prozeßpartei andererseits entstehen. Dementsprechend sind die Reisekosten eines an einem dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten jedenfalls insoweit zu erstatten, als sie sich im Rahmen der Reisekosten halten, die angefallen wären, wenn die Partei einen Prozeßbevollmächtigten entweder am Gerichtsort oder an ihrem Geschäfts- oder Wohnort beauftragt hätte. Ob ausnahmsweise auch darüber hinausgehende Kosten aus der Beauftragung eines an einem dritten Ort ansässigen Prozeßbevollmächtigten zu erstatten sein können, kann offenbleiben. Die Beklagte hat mit Hinblick auf die Entfernung zum Gerichtsort nicht höhere, sondern niedrigere Reisekosten angemeldet als sie bei Prozeßbevollmächtigten aus S. angefallen wären. Reisekosten speziell aufgrund der Entfernung zwischen ihrer Betriebsstätte und dem Kanzleisitz ihrer Prozeßbevollmächtigten schließlich hat die Beklagte nicht geltend gemacht.

III.

Das Beschwerdegericht hat von seinem Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen zur Höhe der entstandenen Reisekosten einschließlich der Abwesenheitsgelder getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V. mit § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, damit es die nötigen Feststellungen nachholen kann. Dressler Hausmann Bauner Kniffka Wiebel

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 41/03
vom
11. November 2003
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen
Rechtsanwalts ist auch dann regelmäßig als zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91
Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz ZPO anzusehen, wenn ein Haftpflichtversicherer
Partei ist, der keine eigene Rechtsabteilung unterhält, sondern bei rechtlichen
Schwierigkeiten einen Hausanwalt an seinem Geschäftsort beauftragt (sog.
"Outsourcing").
BGH, Beschluß vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - LG Dortmund
AG Unna
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. November 2003 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter Dr. Greiner, Wellner, Pauge
und Stöhr

beschlossen:
Die Anschlußrechtsbeschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluß der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 11. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens , an das Landgericht zurückverwiesen.
Gegenstandswert: 140,07 G r ü n d e :

I.


Der Kläger hat die Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Beklagte zu 1) ist der Fahrer des am Unfall beteiligten weiteren Fahrzeugs. Die Beklagte zu 2), sein Haftpflichtversicherer,
unterhält keine eigene Rechtsabteilung. Sie hat einem an ihrem Geschäftssitz K. ansässigen Rechtsanwalt Hauptvollmacht erteilt. Den Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vor dem Amtsgericht U. hat ein dort ansässiger Rechtsanwalt in Untervollmacht wahrgenommen. Nachdem der Kläger mit der Klage in vollem Umfang unterlegen war, haben die Beklagten Antrag auf Kostenfestsetzung gestellt und u.a. die Kosten ihres Unterbevollmächtigten geltend gemacht. Die Rechtspflegerin des Amtsgerichts hat diese Kosten in ihrem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 22. Januar 2003 antragsgemäß in Höhe von ! " $#% &(') *% ,+-&/. 01 140,07 Januar 2003 zugestellt worden. Er hat am 13. Februar 2003 sofortige Beschwerde eingelegt, weil die Kosten des Unterbevollmächtigten nicht erstattungsfähig seien. Mit Beschluß vom 11. April 2003 hat das Landgericht den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluß abgeändert; die geltend gemachten Kosten des Unterbevollmächtigten seien nicht erstattungsfähig, soweit sie ersparte Informationsko- 2 3 " 3 2 4 657 % 3 % 48 9 : ; 9 <# >=9? &@ AB 3# % C 9 sten von 20,- zugelassene Rechtsbeschwerde der Beklagten. Der Kläger hat Anschluß- # 2 3 rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er sich gegen den Ansatz der 20,- das Beschwerdegericht wendet. Insoweit seien gewöhnliche Geschäftsunkosten betroffen, die nicht erstattungsfähig seien.

II.

1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, die Kosten eines Unterbevollmächtigten seien zwar zu erstatten, soweit sie die durch seine Tätigkeit ersparten Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten nicht wesentlich überstiegen. Voraussetzung dafür sei
aber, daß die Reisekosten des Hauptbevollmächtigten im Falle einer Terminswahrnehmung zu erstatten seien. Davon sei hier nicht auszugehen. Die Beklagte zu 2) benötige als Haftpflichtversicherer ausreichend geschultes Personal. Es könne ihr nicht erlaubt werden, den Aufwand für dieses Personal auf den Prozeßgegner abzuwälzen, indem sie sich ihrer Hausanwälte bediene und deren Kosten als Verkehrsanwälte erstattet verlange. Sie hätte bei solchem Personal ohne vorherige anwaltliche Beratung einen Anwalt beim Prozeßgericht beauftragen und unterrichten können. Die Beklagten seien deshalb so zu behandeln , als unterhalte die Beklagte zu 2) eine Rechtsabteilung. Die Berücksichtigung weitergehender Kosten eines Verkehrsanwalts komme nicht in Betracht ; sie seien nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Fiktive Reisekosten könnten nicht anerkannt werden. Der hier gegebene Routinefall aus dem alltäglichen Geschäftsbereich eines Haftpflichtversicherers habe keiner Begründung eines persönlichen Vertrauensverhältnisses durch persönliche Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt bedurft. Besondere Umstände, die eine Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Hausanwaltes ausnahmsweise rechtfertigen könnten, seien nicht zu erkennen. 2. Diese Erwägungen halten einer Überprüfung nicht stand.
a) Das Beschwerdegericht ist allerdings von dem zutreffenden rechtlichen Ansatz ausgegangen, daß sich die Erstattung von Kosten, die einer Partei durch die Beauftragung eines unterbevollmächtigten Rechtsanwalts entstanden sind, der an Stelle des Hauptbevollmächtigten (§ 53 BRAGO) die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, nach der allgemeinen Vorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und nicht nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO und auch nicht nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO beurteilt (vgl. BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898, 899).

b) Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht jedoch, die den Beklagten durch die Beauftragung des Unterbevollmächtigten nach §§ 53, 26 BRAGO entstandenen Kosten seien schon deshalb zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung nicht notwendig gewesen, weil die Beklagte sich als Haftpflichtversicherer so behandeln lassen müsse, als ob sie eine eigene Rechtsabteilung hätte; dann hätte sie sich zur Geringhaltung der Prozeßkosten eines beim Prozeßgericht in U. ansässigen Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen. Sie könne deshalb neben den Kosten eines Rechtsanwalts am Sitz des Prozeßgerichts nur die für eine (fiktive) Ratserteilung seitens eines am Geschäftsort der Beklagten ansässigen Rechtsanwalts entstehenden Kosten in =9 E 9F Höhe von 20,- D 20 Abs. 1 BRAGO) erstattet verlangen. aa) Wie das Beschwerdegericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, sind die Kosten eines - hier tatsächlich eingeschalteten - Unterbevollmächtigten, der für den am Wohn- oder Geschäftsort der Partei ansässigen Rechtsanwalt Termine beim Prozeßgericht wahrnimmt, nur dann notwendige Kosten der Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, soweit durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nach § 28 BRAGO erspart werden, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (vgl. BGH aaO; zustimmend u.a. Schütt MDR 2003, 236; Madert BGHReport 2003, 154, 155; Enders JurBüro 2003, 169 ff.). bb) Notwendige Voraussetzung für die Erstattung von Kosten des Unterbevollmächtigten ist demnach zunächst, daß die dem Hauptbevollmächtigten im Falle eigener Terminswahrnehmung zustehenden Reisekosten dem Grunde nach zu erstatten sind. Das hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft verneint.
Die Beauftragung des in K. ansässigen Hauptbevollmächtigten durch die Beklagten stellte eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO dar. Zu Unrecht meint das Beschwerdegericht , die Beklagten hätten sich zur Kostenersparnis eines am Ort des Prozeßgerichts in U. residierenden Rechtsanwalts als Hauptbevollmächtigten bedienen müssen. Die Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozeßkosten zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren, hat sich daran auszurichten , ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte tun. Sie trifft lediglich die Obliegenheit, unter mehreren gleich gearteten Maßnahmen die kostengünstigere auszuwählen (vgl. BGH aaO 900). (a) Wie der Bundesgerichtshof (aaO) bereits näher dargelegt hat, stellt die Hinzuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsorts ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht verklagte Partei grundsätzlich eine Maßnahme zweckentsprechender Rechtsverteidigung dar. (b) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann nach der Rechtsprechung allerdings dann eingreifen, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Rechtsverteidigung nicht erforderlich sein wird. Auf diese Ausnahme will das Beschwerdegericht zurückgreifen, wenn es meint, der Beklagten zu 2) sei es zumutbar, eine eigene Rechtsabteilung zur Beurteilung der Aussichten der Rechtsverteidigung zu unterhalten. Die Voraussetzungen einer solchen Ausnahme liegen hier jedoch nicht vor. Wie der Bun-
desgerichtshof in der mehrfach erwähnten Entscheidung bereits näher dargelegt hat (aaO 901), kommt es u.a. bei gewerblichen Unternehmen mit einer eigenen Rechtsabteilung, die die Sache bearbeitet hat, in Betracht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich wird. Demgegenüber unterhält die Beklagte zu 2) unstreitig keine eigene Rechtsabteilung , sondern überträgt deren Aufgaben zumindest zum Teil auf den auch hier als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalt ("Outsourcing") und im übrigen auf ihre juristisch nicht geschulten Sachbearbeiter. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts muß sich die Beklagte nicht so behandeln lassen, als ob sie eine eigene Rechtsabteilung hätte. Wenn das Beschwerdegericht meint, daß die Einrichtung einer solchen Abteilung bei Haftpflichtversicherern üblich und auch der Beklagten zu 2) zumutbar wäre, verkennt es, daß es im Rahmen des Kostenerstattungsrechts auf die tatsächliche Organisation eines Versicherers ankommt und nicht darauf, welche Organisation das Gericht für zweckmäßig hält. Für die gegenteilige Ansicht des Beschwerdegerichts enthält das Gesetz keine Ansatzpunkte. Wie der Bundesgerichtshof in der mehrfach angesprochenen Entscheidung dargelegt hat, ist die Beauftragung eines in der Nähe des Wohn- oder Geschäftsortes seiner Partei ansässigen Hauptbevollmächtigten nur dann keine Maßnahme der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, wenn bei seiner Beauftragung feststeht , daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Diese Ausnahme von dem gesetzlich geregelten Grundsatz ist bewußt eng gefaßt und läßt eine Ausweitung – wie sie das Beschwerdegericht vornehmen will – schon im Ansatz nicht zu. Bei dieser Sachlage kann es nicht darauf ankommen, daß die Kosten einer Rechtsabteilung nicht auf den unterliegenden Gegner abgewälzt werden können, während dieser die anderenfalls erforderlichen Kosten eines Rechts-
anwalts regelmäßig zu tragen hat. Das ist eine Folge der Organisation der Beklagten zu 2), die der Prozeßgegner hinzunehmen hat. Daß der Beklagte zu 1) als Privatperson ohnehin nicht verpflichtet war, einen Anwalt am Ort des Prozeßgerichts zu beauftragen, mag richtig sein. Solange die Beklagte zu 2) jedoch für den Beklagten zu 1) den Rechtsstreit betreibt , hat das Beschwerdegericht zu Recht auf deren Verhältnisse abgestellt (vgl. § 10 Abs. 5 AKB). 3. Das Beschwerdegericht hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, keine Feststellungen zur Höhe der dem Hauptbevollmächtigten der Beklagten im Falle der Wahrnehmung des Termins beim Amtsgericht U. zustehenden Reisekosten getroffen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren können diese Feststellungen nicht nachgeholt werden (§ 577 Abs. 2 Satz 4 ZPO i.V.m. § 559 ZPO). Der angefochtene Beschluß ist deshalb aufzuheben, soweit er zum Nachteil der Beklagten ergangen ist. Die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, um den Beklagten die Möglichkeit zu eröffnen , die Höhe der ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten glaubhaft zu machen (§ 577 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 ZPO). 4. Die Anschlußrechtsbeschwerde des Klägers ist statthaft und zulässig (§ 574 Abs. 4 Satz 1, 2 ZPO); einen Mindestwert des Gegenstands der Anschlußrechtsbeschwerde sieht das Gesetz nicht vor (vgl. für die Rechtsbeschwerde BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2003 - XII ZB 165/02 - NJW 2003, 2531 und vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02 – MDR 2003, 1130, jeweils m.w.N.). In der Sache kann die Anschlußrechtsbeschwerde nach den obigen Ausführungen zur Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Allerdings ist der Ansatz einer Ratsgebühr durch das Beschwerdegericht nicht gerechtfertigt. Wenn die erforderliche erneute Überprüfung durch das Be-
schwerdegericht ergibt, daß die Höhe der erstattungsfähigen ersparten Reisekosten des Hauptbevollmächtigten der Beklagten die Kosten des Unterbevollmächtigten der Beklagten nicht erreicht, war eine Terminsvertretung durch den Hauptbevollmächtigten die kostengünstigere Maßnahme. Eine Ratsgebühr wäre bei dieser Fallgestaltung nicht entstanden. Soweit die Einschaltung eines Unterbevollmächtigten kostengünstiger war, war eine gesondert abzurechnende Beratung durch den Hauptbevollmächtigten gleichfalls nicht veranlaßt (vgl. §§ 20 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO). In beiden Fällen übersteigen die erstattungsfähigen Kosten jedoch die G 7 IH 4 1 : : vom Beschwerdegericht in Ansatz gebrachten 20,- eschwerde bleibt deshalb ohne Erfolg und ist zurückzuweisen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 44/05
vom
28. Juni 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
Überlässt ein bundesweit tätiger Versicherer nach endgültiger Leistungsablehnung
seine Akten einem Rechtsanwalt, der aufgrund ständiger Geschäftsbeziehungen
derartige Verfahren weiter bearbeitet ("Hausanwalt"), hat der
unterliegende Prozessgegner diese Betriebsorganisation hinzunehmen und
etwaige fiktive Reisekosten des bevollmächtigten Hausanwalts als notwendige
Kosten des Rechtsstreits zu tragen (Fortführung von Senatsbeschluss vom
21. Januar 2004 - IV ZB 32/03 - RuS 2005, 91).
BGH, Beschluss vom 28. Juni 2006 - IV ZB 44/05 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke
am 28. Juni 2006

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Oktober 2005 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Stuttgart vom 9. September 2005 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1.046,78 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Rechtsbeschwerdeführer verlangt im Kostenfestsetzungsverfahren Erstattung fiktiver Reisekosten seines Hauptprozessbevollmächtigten.
2
Ausgangsrechtsstreit Im stritt der Kläger vor dem Landgericht Stuttgart mit seinem bundesweit tätigen Krankenversicherer um die Erstattungsfähigkeit entstandener Arztkosten. Der Beklagte, der seinen Sitz in L. hat, beauftragte mit der Prozessvertretung einen in B. ansässigen Rechtsanwalt, dem er alle seine Fälle, bei denen es nach endgültiger Leistungsablehnung zum Rechtsstreit kommt, zur weiteren weitgehend eigenständigen Bearbeitung überlässt. Die Parteien schlossen nach drei Verhandlungsterminen einen Vergleich, wonach der Kläger 4/5, der Beklagte 1/5 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Die Verhandlungstermine hatten für den Beklagten Unterbevollmächtigte aus T. wahrgenommen.
3
Deren Kosten in Höhe von 1.996,36 € setzte der Prozessbevollmächtigte des Beklagten in seinem Kostenfestsetzungsantrag an, hilfsweise seine eigenen fiktiven Reisekosten von L. nach Stuttgart in Höhe von 1.308,48 €. Die Rechtspflegerin des Landgerichts erkannte nur letztere als erstattungsfähig an. Auf die hiergegen vom Kläger eingelegte sofortige Beschwerde hob das Beschwerdegericht den Kostenfestsetzungsbeschluss auf und setzte die zu erstattenden Kosten des Beklagten unter Abzug (auch) dieser fiktiven Reisekosten fest. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte die Kostenerstattung unter Berücksichtigung fiktiver Reisekosten weiter.


4
II. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
5
1. Nach Ansicht des Beschwerdegerichts hätte der Beklagte einen Rechtsanwalt am Ort des Prozessgerichts bevollmächtigen müssen. Dieser hätte durch die qualifizierten Mitarbeiter des Beklagten schriftlich instruiert werden können, da der Ausgangsrechtsstreit - was unstreitig ist - in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht keine Schwierigkeiten geboten habe. Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass sein Prozessbevollmächtigter besonders sachkundig gewesen sei, da es bei Wahrnehmung der rechtlichen Interessen weniger auf juristisches, als vielmehr auf medizinisches Wissen angekommen sei. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum so genannten "Outsourcing" (BGH, Beschlüsse vom 11. November 2003 - VI ZB 41/03 - VersR 2004, 352; vom 2. Dezember 2004 - I ZB 4/04 - BB 2005, 294) sei nicht einschlägig, da es nicht um rechtliche Schwierigkeiten des Prozesses gehe, sondern um die Information und Instruktion eines Rechtsanwalts in einer Rechtsangelegenheit , die zum eigentlichen Unternehmensgegenstand des Beklagten gehöre. Der Beklagte verlagere mithin typische Sachbearbeiteraufgaben auf seinen Hausanwalt, um so Personal einzusparen. Allgemeiner Aufwand bei der Bearbeitung eines Prozesses begründe jedoch keinen Kostenerstattungsanspruch.
6
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

7
a) Die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten richtet sich nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO (BGH, Beschlüsse vom 9. September 2004 - I ZB 5/04 - VersR 2005, 1454 unter 2; vom 11. November 2003 aaO unter 2 a; vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 unter B II 1). Um dem Bedarf an persönlichem Kontakt und dem Vertrauensverhältnis zwischen Partei und Anwalt Rechnung zu tragen , kann eine Partei grundsätzlich die Kosten ihres Prozessbevollmächtigten auch dann erstattet verlangen, wenn dieser bei dem Prozessgericht nicht zugelassen und am Gerichtsort nicht ansässig ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2004 - I ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 1500 unter II; vom 18. Dezember 2003 - I ZB 18/03 - NJW-RR 2004, 856 unter II 1). Die - dann ggf. zusätzlich entstehenden - Kosten eines Unterbevollmächtigten sind zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aber nur notwendig - also erstattungsfähig -, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Hauptbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (Senatsbeschluss vom 21. September 2005 - IV ZB 11/04 - VersR 2006, 136 unter 2 a aa; BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 2; vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04 - NJW-RR 2005, 707 unter II 1; vom 16. Oktober 2002 aaO unter B II 2 a).
8
Maßstab für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des Hauptbevollmächtigten wiederum ist § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2004 - IV ZB 32/03 - RuS 2005, 91 unter 1; BGH, Beschluss vom 11. November 2003 aaO unter 2 b bb). Danach ist die Beauftragung des Hauptbevollmächtigten nicht erforderlich, wenn ein am Ort des Prozessgerichts ansässiger Rechtsanwalt als Hauptbevollmächtigter hätte beauftragt werden müssen (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 2; vom 9. September 2004 aaO unter 2 a; vom 13. Mai 2004 - I ZB 3/04 - NJW-RR 2004, 1212 unter 1). Dies ist (u.a.) dann der Fall, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung des Hauptbevollmächtigten feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch nicht erforderlich sein wird (BGH, Beschlüsse vom 3. März 2005 - I ZB 24/04 - NJW-RR 2005, 922 unter II 2 c; vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 3 b; vom 9. September 2004 aaO unter 3 b; vom 23. März 2004 - VIII ZB 145/03 - FamRZ 2004, 866 unter 2; vom 11. November 2003 aaO unter 2 b bb (b)), wie beispielsweise bei einem Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (Senatsbeschluss vom 21. Januar 2004 aaO unter 2 a; BGH, Beschlüsse vom 13. Mai 2004 aaO unter 1; vom 6. Mai 2004 aaO unter II; vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 unter B II 2 b bb (2)).
9
b) Nach diesen Grundsätzen war der Beklagte nicht gehalten, einen Bevollmächtigten am Gerichtsort zu beauftragen.
10
Unstreitig aa) verfügt er zwar über qualifiziertes Personal, das auch zur schriftlichen Instruktion auswärtiger Rechtsanwälte in der Lage ist. Allerdings erforderte eine solche Bearbeitung der jährlich anfallenden 120-150 Gerichtsverfahren seinen Angaben zufolge die Einstellung weiterer Mitarbeiter. Aus diesem - vom Kläger bestrittenen - Grunde beauftragt der Beklagte in allen Fällen streitig werdender Leistungsablehnungen den auch hier mandatierten Hauptprozessbevollmächtigten, indem er ihm regelmäßig ohne weitere Instruktionen lediglich die Mitgliedsakten zur selbstständigen Bearbeitung nach den ihm bekannten Geschäftsgrundsätzen seines Auftragsgebers überlässt. Diese interne betriebliche Organisation der Abwicklung derartiger Prozessfälle hat der Kläger hin- zunehmen, ohne dass es auf die vorgenannte Frage vorhandener Personalkapazität für schriftliche Instruktionen anstelle nicht erforderlicher Mandantengespräche ankommt.
11
bb) Der Beklagte muss sich nicht so behandeln lassen, als sei seine Betriebsorganisation auf nicht-mündliche Unterrichtungen wechselnder Rechtsanwälte am jeweiligen Gerichtssitz eingerichtet. Im Rahmen der Kostenerstattung kommt es auf die tatsächliche Organisation des Unternehmens der Partei an und nicht darauf, welche Organisation als zweckmäßiger anzusehen sein könnte (st. Rspr. Senatsbeschlüsse vom 21. September 2005 - IV ZB 11/04 - VersR 2006, 136 unter 2 b aa; vom 21. Januar 2004 aaO unter 2 a mit zahlreichen w.N.). Der Prozessgegner hat es hinzunehmen, dass er die erforderlichen Kosten eines als Hauptbevollmächtigten eingeschalteten Rechtsanwalts regelmäßig zu tragen hat, während etwa die Kosten einer Rechtsabteilung bzw. besonders qualifizierter Fachabteilungen nicht auf ihn abgewälzt werden könnten (BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 3 b bb m.w.N.; vom 9. September 2004 aaO unter 3 a bb; vom 13. Mai 2004 aaO unter 2). Es besteht keine Obliegenheit oder gar Verpflichtung, durch eine unternehmerische Entscheidung, deren Kosten nicht absehbar sind und hier zu Lasten der Versichertengemeinschaft gehen müsste, eine entsprechende interne Organisation vorzusehen bzw. vorzuhalten.
12
cc) Die vom Beklagten gewählte Organisationsform wird von seinem berechtigten Interesse getragen, sich durch den Rechtsanwalt seines Vertrauens auch vor auswärtigen Gerichten vertreten zu lassen; ein solcher Bedarf ist ebenso gewichtig wie ein etwaiger Bedarf an persönlichem Kontakt zwischen Partei und Anwalt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 3 a; vgl. auch Beschlüsse vom 14. September 2004 - VI ZB 37/04 - NJW-RR 2005, 707 unter II 2; vom 9. September 2004 aaO unter 3 a; vom 11. März 2004 - VII ZB 27/03 - NJW-RR 2004, 858 unter II 2 a). Das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant dient der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege (BGH, Urteil vom 4. April 2005 - AnwZ (B) 19/04 - NJW 2005, 1711 unter II zu Fachanwaltsbezeichnungen) und war ein entscheidender Grund für die Änderung des Lokalisationsprinzips und der Singularzulassung (vgl. BTDrucks. 12/4993, S. 43 und 53; BVerfGE 103, 1, 16; BGH, Beschlüsse vom 11. März 2004 aaO; vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02 - NJW 2003, 898 unter B II 2 b bb (1)). Dem muss auch im Rahmen der Kostenerstattung Rechnung getragen werden (BGH, Beschluss vom 11. März 2004 aaO).
13
dd) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts lässt sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum so genannten "Outsourcing" (Beschluss vom 11. November 2003 aaO) nichts anderes entnehmen. Zu Recht weist die Beschwerde daraufhin, dass die vom Beschwerdegericht daraus abgeleitete Sonderbehandlung rechtlich minder schwerer Fälle erhebliche Abgrenzungsprobleme mit sich brächte. Dies wäre bereits mit der im Kostenrecht gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht zu vereinbaren (BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02 - VersR 2004, 666 unter 2 b aa; vom 2. Dezember 2004 aaO unter II 2; vom 9. September 2004 aaO unter 2 b; vgl. auch Wolst in Musielak, ZPO 4. Aufl. § 91 Rdn. 27).
14
Ob c) gegebenenfalls auch höhere Kosten infolge der Beauftragung eines - wie hier - an einem dritten Ort ansässigen Prozessbevoll- mächtigten erstattungsfähig sein können, bedarf keiner Entscheidung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. September 2004 aaO unter II 2 c; vom 11. März 2004 aaO unter II 2 b (2)). Der Beklagte begehrt lediglich die Festsetzung der fiktiven Reisekosten des Prozessbevollmächtigten vom Unternehmenssitz zum Gerichtsort.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 09.09.2005 - 22 O 340/03 -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 28.10.2005 - 8 W 479/05 -