Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2001 - I ZB 58/98

bei uns veröffentlicht am28.06.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 58/98 Verkündet am:
28. Juni 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 397 08 693.8
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
anti KALK
Zur Unterscheidungskraft eines als farbige Bildmarke angemeldeten Zeichens,
das eine glatt beschreibende Wortfolge enthält.
BGH, Beschl. v. 28. Juni 2001 - I ZB 58/98 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2001 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck,
Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Anmelderin gegen den Beschluß des 33. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 14. August 1998 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Mit ihrer am 27. Februar 1997 eingereichten Anmeldung begehrt die Anmelderin die Eintragung des nachfolgend abgebildeten Zeichens als farbige Bildmarke für die Waren "Wasserenthärtungsmittel für Wasch- und Spülmaschinen , in fester, flüssiger und pastöser Form, einschließlich Tabletten, Reinigungsmittel für Kalkkrusten und Kalkflecken, Entkalker für Kochgeräte und Getränkemaschinen" :

Die Buchstaben sind blaßgrau unterlegt und weiß umrandet, die Bestandteile "anti" und das diesem angefügte Dreieck in roter Farbe gehalten.
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft des Zeichens zurückgewiesen.
Die hiergegen erhobene Beschwerde ist erfolglos geblieben (BPatGE 40, 240).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:

Die angemeldete Marke bestehe aus der Wortzusammenstellung "anti KALK" in farbiger Ausgestaltung. Bei "anti KALK" handele es sich um einen rein beschreibenden, stark freihaltungsbedürftigen Hinweis auf Mittel, die der Entkalkung dienten oder der Kalkbildung entgegenwirkten. Auch wenn die Bezeichnung lexikalisch nicht nachweisbar sei, entspreche sie sprachlich und begrifflich zahlreichen vergleichbaren, vor allem im Bereich der Reinigungs- und Putzmittel für den Haushalt üblichen Ausdrücken zur kurzen und einprägsamen Beschreibung der Waren. So gebe es u.a. das Produkt "Cillit antikalk" von Benckiser, den Ajax "Anti-Streifen-Glasreiniger", einen Glasreiniger mit "AntiRegen -Effekt" und einen Abflußreiniger mit "Anti-Haar-Formel". Der Verkehr habe deshalb keinen Anlaß, in der glatten Sachaussage "anti KALK" einen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Geschäftsbetrieb zu sehen.
Die angemeldete Marke erhalte nach ihrem für die Beurteilung maßgeblichen Gesamteindruck auch durch die graphische Gestaltung und die Farbgebung nicht die Funktion eines individuellen Unterscheidungsmittels. Die Wortelemente seien in einer üblichen Schriftart wiedergegeben, die Klein- bzw. Großschreibung sei ebenso wie die unterschiedliche Farbgebung ein gängiges und bekanntes Mittel der Hervorhebung. Auch die verwendeten Farben ergäben keine willkürlich gewählte eigenwillige Farbkombination.
Die Aussage "anti KALK" werde weiterhin in beschreibender Weise durch den kleinen roten Pfeil unterstützt, der in Richtung auf das Wort "KALK" angeordnet sei. Sofern ein noch beachtlicher Teil des Verkehrs diesen - ohne aufmerksame Betrachtung kaum wahrnehmbaren - Pfeil bemerke, sehe er
hierin ebenso wie in der Farbgebung des Markenworts kein eigenartiges betriebskennzeichnendes Merkmal.
Insgesamt nehme der Verkehr die angemeldete Marke als eine Gesamtheit wahr, in der die glatt beschreibende Angabe "anti KALK" so im Vordergrund stehe, daß der bildlichen Gestaltung daneben keine Besonderheit, die über das in der Werbung Übliche hinausgehe, beigemessen werde.
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, der angemeldeten Bildmarke fehle jede Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen. Jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschl. v. 21.9.2000 - I ZB 35/98, GRUR 2001, 240, 241 = WRP 2001, 157 - SWISS ARMY; Beschl. v. 26.10.2000 - I ZB 3/98, GRUR 2001, 239 = WRP 2001, 31 - Zahnpastastrang, jeweils m.w.N.). Besteht eine Marke - wie im Streitfall - aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (vgl. dazu auch BGH, Beschl. v. 11.5.2000 - I ZB 22/98, GRUR 2001, 162, 163 = WRP 2001, 35 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den (geringen) Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt.

2. Das Bundespatentgericht ist bei dieser Prüfung rechtsfehlerfrei zu der Beurteilung gelangt, daß der angemeldeten Marke für die Waren des Warenverzeichnisses jegliche Unterscheidungskraft fehlt.
Das Bundespatentgericht hat bezüglich der Wortbestandteile der angemeldeten Marke, die vom Verkehr erfahrungsgemäß in erster Linie als die Marke bestimmend wahrgenommen werden, eine auch nur geringe Unterscheidungskraft verneint, weil es sich bei den Wörtern "anti KALK" um eine glatt beschreibende Angabe für die in Anspruch genommenen Waren handele. Das ist frei von Rechtsfehlern. Enthalten nämlich die Wortbestandteile einer Marke - wie im vorliegenden Fall - einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfaßt wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß der Verkehr sie nicht als Beschreibung von Wareneigenschaften, sondern als Warenunterscheidungsmittel versteht. Daran ändert auch nichts, daß die Wortbildung "anti KALK" lexikalisch nicht nachweisbar ist, weil diese in werbeüblicher Form gebildet ist.
Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die weitere Annahme des Bundespatentgerichts, auch die bildlichen Elemente der angemeldeten Marke, d.h. die Schreibweise der Wörter "anti KALK", die Farbgebung und weiße Umrahmung der Buchstaben und des kleinen Pfeils, dessen Anordnung zwischen den Wörtern sowie der graue Hintergrund, begründeten keine Unterscheidungskraft.
Das Bundespatentgericht ist rechtsfehlerfrei von dem schon unter der Geltung des Warenzeichengesetzes anerkannten Grundsatz ausgegangen,
daß einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke - unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente - als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden kann, wenn die graphischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH, Beschl. v. 21.6.1990 - I ZB 11/89, GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN). Dabei vermögen allerdings einfache graphische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebensowenig aufzuwiegen, wie derartige einfache graphische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können (BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 f. = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl; Beschl. v. 16.11.2000 - I ZB 36/98, WRP 2001, 690, 691 = MarkenR 2001, 207 - Jeanshosentasche; Beschl. v. 14.12.2000 - I ZB 27/98, GRUR 2001, 413, 415 = WRP 2001, 405 - SWATCH).
Auch die Annahme des Bundespatentgerichts, angesichts der in den Wortelementen enthaltenen glatt beschreibenden Angabe über die Wirkungsweise der für die Anmeldung in Anspruch genommenen Waren hätte es hier eines auffallenden Hervortretens der graphischen Elemente bedurft, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ebenso kann die Feststellung, den in Rede stehenden graphischen Elementen der angemeldeten Marke könne eine herkunftskennzeichnende Eigenart nicht beigemessen werden, weil es sich bei diesen um gängige und bekannte Mittel der werbemäßigen Hervorhebung handele, nicht als erfahrungswidrig angesehen werden. Die graphischen Elemente erscheinen hier recht blaß und sind durchweg ohne besonders hervortretende Gestaltung auf die rein beschreibende Aussage der Wortelemente "anti KALK", diese unter-
streichend, bezogen; um so weniger können sie vom Verkehr als Herkunftshinweis erfaßt werden. Soweit die Rechtsbeschwerde einzelnen dieser Elemente und deren Kombination - wie z. B. der Klein- und Großschreibung der
Wörter, dem Hintergrund oder dem Pfeil - eine andere Bedeutung als das Bundespatentgericht zuschreibt, kann sie damit im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden, weil sie insoweit lediglich ihre eigene Beurteilung an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzt.
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
v. Ungern-Sternberg Starck Pokrant
Büscher Schaffert

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(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeut
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Juni 2001 - I ZB 58/98 zitiert 2 §§.

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(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die nicht geeignet sind, in dem Register so dargestellt zu werden, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Schutzes klar und eindeutig bestimmen können.

(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

1.
denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,
2.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,
3.
die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen üblich geworden sind,
4.
die geeignet sind, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu täuschen,
5.
die gegen die öffentliche Ordnung oder die gegen die guten Sitten verstoßen,
6.
die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder weiteren Kommunalverbandes enthalten,
7.
die amtliche Prüf- oder Gewährzeichen enthalten,
8.
die Wappen, Flaggen oder andere Kennzeichen, Siegel oder Bezeichnungen internationaler zwischenstaatlicher Organisationen enthalten,
9.
die nach deutschem Recht, nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, und die Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben schützen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
10.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder von internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Bezeichnungen für Weine dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
11.
die nach Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder nach internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union angehört, und die dem Schutz von traditionellen Spezialitäten dienen, von der Eintragung ausgeschlossen sind,
12.
die aus einer im Einklang mit deutschem Recht, mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder mit internationalen Übereinkünften, denen die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland angehört, zu Sortenschutzrechten eingetragenen früheren Sortenbezeichnung bestehen oder diese in ihren wesentlichen Elementen wiedergeben und die sich auf Pflanzensorten derselben Art oder eng verwandter Arten beziehen,
13.
deren Benutzung ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann, oder
14.
die bösgläubig angemeldet worden sind.

(3) Absatz 2 Nr. 1, 2 und 3 findet keine Anwendung, wenn die Marke sich vor dem Zeitpunkt der Entscheidung über die Eintragung infolge ihrer Benutzung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat.

(4) Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist auch anzuwenden, wenn die Marke die Nachahmung eines dort aufgeführten Zeichens enthält. Absatz 2 Nr. 6, 7 und 8 ist nicht anzuwenden, wenn der Anmelder befugt ist, in der Marke eines der dort aufgeführten Zeichen zu führen, selbst wenn es mit einem anderen der dort aufgeführten Zeichen verwechselt werden kann. Absatz 2 Nr. 7 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit denen, für die das Prüf- oder Gewährzeichen eingeführt ist, weder identisch noch diesen ähnlich sind. Absatz 2 Nr. 8 ist ferner nicht anzuwenden, wenn die angemeldete Marke nicht geeignet ist, beim Publikum den unzutreffenden Eindruck einer Verbindung mit der internationalen zwischenstaatlichen Organisation hervorzurufen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 35/98 Verkündet am:
21. September 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung DD-W 65 928/14 Wz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
SWISS ARMY
Eine Wortfolge, die vom Verkehr als Bezeichnung einer staatlichen Einrichtung
verstanden wird (hier: "SWISS ARMY"), kann abstrakt markenfähig
sein.
Zur Frage, ob der Eintragung des Wortzeichens "SWISS ARMY" für "modische
Armbanduhren Schweizer Ursprungs" absolute Schutzhindernisse
nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegenstehen.
BGH, Beschl. v. 21. September 2000 - I ZB 35/98 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant
und Dr. Schaffert

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 25. Februar 1998 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I. Die Anmelderin, die Schweizerische Eidgenossenschaft, begehrt mit ihrer am 2. Oktober 1990 eingereichten Anmeldung die Eintragung der Wortfolge SWISS ARMY für "modische Armbanduhren Schweizer Ursprungs".
Das Deutsche Patentamt hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen fehlender Unterscheidungskraft , die Erstprüferin auch wegen Bestehens eines Freihaltebedürfnisses , zurückgewiesen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben (BPatG GRUR 1999, 58). Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg. 1. Das Bundespatentgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß bei der Prüfung der vorliegenden Anmeldung ungeachtet ihres früheren Zeitrangs nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes (am 1. Januar 1995) dessen Vorschriften anzuwenden sind (§ 152 MarkenG). 2. Der Beurteilung des Bundespatentgerichts, daß die angemeldete Wortfolge schon deshalb nicht eingetragen werden könne, weil ihr das Eintragungshindernis fehlender Markenfähigkeit (§ 3 Abs. 1 MarkenG) entgegenstehe , kann nicht zugestimmt werden.
a) Das Bundespatentgericht hat angenommen, daß der Wortfolge "SWISS ARMY", die - für jedermann im Inland verständlich - die Schweizer Armee bezeichne, die nach § 3 Abs. 1 MarkenG erforderliche abstrakte Eignung, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, nicht zukomme. Namen von Behörden oder
von sonstigen staatlichen Stellen, auch jedermann verständliche Namen ausländischer staatlicher Stellen, bezeichneten nach der allgemeinen Verkehrsauffassung keine im Wettbewerb auftretenden Unternehmen. Der öffentlichen Hand sei zwar nicht grundsätzlich verwehrt, am freien Wettbewerb teilzunehmen ; staatliche Einrichtungen wie die Streitkräfte, die zu hoheitlichem Handeln bestimmt seien, nähmen jedoch nicht am Wettbewerb teil. Das Markengesetz sei für den Schutz der Namen solcher Hoheitsträger nicht vorgesehen und auch nicht geeignet.
b) Die Markenfähigkeit eines Zeichens ist nach § 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt , d.h. ohne Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen, allein danach zu prüfen, ob das Zeichen als solches geeignet ist, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs BTDrucks. 12/6581 S. 65; BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 2/97, GRUR 2000, 321, 322 = WRP 2000, 298 - Radio von hier). Dementsprechend ist die abstrakte Markenfähigkeit auch ohne Berücksichtigung der Person des Anmelders und späteren Inhabers der Marke zu beurteilen. Dies hat das Bundespatentgericht - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - nicht übersehen. Seine Annahme, den Namen von Behörden oder sonstigen staatlichen Stellen fehle als solchen bereits jede (abstrakte) Unterscheidungseignung, wird jedoch von der Rechtsbeschwerde zu Recht angegriffen. Die (abstrakte) Unterscheidungseignung eines Zeichens kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Maûgebend ist die Auffassung des Verkehrs. Dieser nimmt ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so auf, wie es ihm entgegentritt, unterzieht es keiner analysierenden Betrachtungsweise (vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.1999 - I ZB 16/97, GRUR 1999, 1089, 1091 = WRP 1999,
1167 - YES; Beschl. v. 22.9.1999 - I ZB 19/97, GRUR 2000, 231, 232 = WRP 2000, 95 - FÜNFER; Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl, jeweils m.w.N.) und stellt auch keine rechtlichen Erwägungen an. Die Markenfähigkeit der Namen von Behörden oder staatlichen Stellen ist danach nicht von vornherein auszuschlieûen. Dem Verkehr ist bekannt, daû staatliche Stellen - auch solche der Hoheitsverwaltung - Waren vertreiben (z.B. Bücher, Software, Landkarten) oder Dienstleistungen für Dritte erbringen. Diese tatsächlichen Gegebenheiten, nicht die ihnen zugrunde liegende Rechtslage , die im übrigen bei ausländischen Behörden mit der Rechtslage im Inland nicht übereinstimmen muû, bestimmen die Verkehrsauffassung. Dem Zeichen "SWISS ARMY" kann danach nicht mit den Erwägungen des Bundespatentgerichts schon die abstrakte Markenfähigkeit für Waren oder Dienstleistungen aller Art abgesprochen werden. Dies gilt um so mehr, als der englischsprachige Begriff "SWISS ARMY" keine amtliche Bezeichnung der Schweizer Armee ist. 3. Auch die Beurteilung des Bundespatentgerichts, daû die Wortfolge "SWISS ARMY" wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen sei, weil sie keine (konkrete ) Unterscheidungskraft besitze und nur eine Angabe über die Merkmale der mit ihr versehenen Ware sei, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, daû Behördenbezeichnungen wie "SWISS ARMY", die im Inland ohne weiteres verstanden würden, nicht geeignet seien, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Zumindest der inländische Ver-
kehr sehe Behörden und sonstige Verwaltungsträger nicht als Gewerbetreibende und ihren Namen nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen an. Staatliche Stellen seien nicht Hersteller von Waren und handelten - von gewissen Gebrauchtwaren abgesehen - auch nicht mit Waren. Die Gebrauchtwaren, mit denen sie Handel trieben, stammten typischerweise von verschiedenen Herstellern, weil Behörden selbst gleiche Waren bei verschiedenen Herstellern bestellten. Bei den Verbrauchern überwiege deshalb die Vorstellung, daû eine Behörde oder sonstige staatliche Stelle in erster Linie hoheitliche Aufgaben wahrnehmen solle und wahrnehme, nicht aber, daû sie am Wettbewerb teilnehme und mit Waren handele oder sie gar herstelle. Dies gelte in besonderem Maû für die Streitkräfte eines Landes. Ein Behördenname werde zumindest bei Waren, als deren Abnehmer die Behörde in Betracht komme, als allgemeine Qualitätsangabe aufgefaût, weil Behörden vor dem Kauf eine Qualitätskontrolle durchführten. Dazu komme , daû staatliche Stellen - wie eine Armee - meist keine Standardprodukte kauften, sondern Spezialanfertigungen für ihre besonderen Zwecke, z.B. Uhren in fliegertauglicher Bauart und Ausstattung. Die Aussage, daû eine Ware für eine bestimmte staatliche Einrichtung bestimmt, für sie nach ihren Vorgaben gebaut sei, werde dadurch zu einer Beschaffenheitsangabe im Sinne einer Typenangabe ("Schweizer Armee-Uhr"). Dies entspreche bei Taschenmessern (Messer des Typs "Schweizer Soldatenmesser" bzw. "Schweizer Offiziersmesser" ) längst der gängigen Verbrauchervorstellung. Der Umstand, daû "SWISS ARMY" für "modische" Armbanduhren eingetragen werden solle, stehe der Einordnung dieser Kennzeichnung als Beschaffenheitsangabe nicht entgegen. Was "modisch" sei, lasse sich nicht objektiv bestimmen, sondern sei immer von der jeweiligen Verkehrsanschauung abhängig. Gerade militärische Ausrüstungsgegenstände oder solche, die zumindest diesen Anschein erweckten,
seien - nicht nur bei Jugendlichen - sehr beliebt und deshalb "modisch". Auch modische Waren könnten bestimmten Qualitätsanforderungen - wie sie z.B. an Ausrüstungsgegenstände von Armeen gestellt würden - entsprechen.
b) Der Beurteilung des Bundespatentgerichts, daû der Wortfolge "SWISS ARMY" die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft für "modische Armbanduhren Schweizer Ursprungs" fehle, kann nicht zugestimmt werden. (1) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaûten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaût zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem groûzügigen Maûstab auszugehen. Jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH, Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns; Beschl. v. 24.2.2000 - I ZB 13/98, GRUR 2000, 722, 723 = WRP 2000, 741 - LOGO, jeweils m.w.N.). Das Vorliegen einer konkreten Unterscheidungskraft kann nur bezogen auf den jeweiligen Einzelfall auf der Grundlage der insoweit maûgeblichen Auffassung der inländischen Verkehrskreise, die mit den Waren des Verzeichnisses angesprochen werden sollen, geprüft werden (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.1998 - I ZB 12/96, GRUR 1999, 495 f. = WRP 1999, 526 - Etiketten; BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl). Dies bedeutet - abweichend von der Ansicht des Bundespatentgerichts -, daû den Namen von Behörden oder sonstigen staatlichen Stellen nicht von vornherein die Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann, noch weniger einer Wortfolge, die - wie "SWISS ARMY" - kein Behördenname ist, sondern nur - wenn auch trotz des eng-
lischsprachigen Begriffs für jeden offensichtlich - auf eine staatliche Einrichtung hinweist. Abweichend von der Ansicht des Bundespatentgerichts ist es auch nicht erforderlich, daû das Zeichen einen bestimmten Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Ware gibt. Ein Zeichen besitzt Unterscheidungskraft, wenn es als Marke dazu dienen kann, die Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Nur so kann eine Marke ihre Hauptfunktion erfüllen, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften darin besteht, dem Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Die Marke muû danach die Gewähr bieten, daû alle Waren oder Dienstleistungen, die mit ihr versehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann (EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C-39/97, GRUR 1998, 922, 924 Tz. 28 = WRP 1998, 1165 - Canon). (2) Auf der Grundlage dieser Rechtsgrundsätze kann den Worten "SWISS ARMY" - abweichend von der Ansicht des Bundespatentgerichts - für die angemeldeten Waren "modische Armbanduhren Schweizer Ursprungs" nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Nach den getroffenen Feststellungen weisen die Worte "SWISS ARMY" allerdings eindeutig auf die Schweizer Armee als eine staatliche Einrichtung der Anmelderin hin. Die maûgeblichen inländischen Verkehrskreise nehmen - wie sich aus den Feststellungen des Bundespatentgerichts weiter ergibt - auch nicht an, daû die Schweizer Armee "modische Armbanduhren Schweizer Ursprungs" herstellen oder auch nur die Produktverantwortung für solche Geräte tragen oder mit die-
sen Handel treiben könnte. Der Verkehr wird deshalb die Worte "SWISS ARMY" vielfach nicht als Hinweis auf die Herkunft verstehen, sondern ihnen einen allgemeinen Hinweis auf die Qualität oder die Herstellung nach Vorgaben der Schweizer Armee entnehmen, zumal das angemeldete Zeichen keine zusätzlichen Elemente aufweist, die zu den für diesen Teil des Verkehrs - bezogen auf die in Rede stehenden Waren - nicht (konkret) unterscheidungskräftigen Worten "SWISS ARMY" hinzutreten und herkunftshinweisend wirken könnten. Dies bedeutet jedoch nicht, daû der angemeldeten Wortfolge jede Unterscheidungseignung für die Waren "modische Armbanduhren Schweizer Ursprungs" fehlt. Nach der Lebenserfahrung gibt es vielmehr naheliegende Möglichkeiten, die angemeldete Wortfolge bei Waren der genannten Art so zur Kennzeichnung zu verwenden, daû sie vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird. Dies gilt etwa dann, wenn die Wortfolge "SWISS ARMY" auf dem Ziffernblatt einer Armbanduhr an eine Stelle gesetzt wird, auf der bei solchen Uhren üblicherweise eine Marke zu finden ist. Dabei handelt es sich nicht nur um lediglich theoretisch denkbare, sondern auch um praktisch bedeutsame Einsatzmöglichkeiten der Wortfolge "SWISS ARMY" als Marke, denen jedenfalls ein maûgeblicher Teil des angesprochenen Verkehrs einen Herkunftshinweis entnehmen wird. Ein Indiz dafür, daû den Worten "SWISS ARMY" auch in anderen Ländern die Eignung zuerkannt wird, bei "modischen Armbanduhren Schweizer Ursprungs" in dieser Weise als Unterscheidungsmittel für die Waren eines Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu dienen, ist auch der Umstand, daû sie nicht nur in der Schweiz, sondern u.a. auch in Groûbritannien für diese Waren eingetragen sind.
c) Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG steht der Eintragung der angemeldeten Wortfolge "SWISS ARMY" schon deshalb nicht entgegen, weil diese zwar gegebenenfalls bestimmte allgemeine Vorstellungen über die Her-
stellung nach Vorgaben der Schweizer Armee und damit verbunden gewisse Qualitätsvorstellungen auslösen kann, aber keine Angabe darstellt, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit der Ware verwendet wird.
III. Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin war danach der angefochtene Beschluû aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.

Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 3/98 Verkündet am:
26. Oktober 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung C 46 702/3 Wz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Zahnpastastrang

a) Die angemeldete Marke kann im Laufe des Anmeldeverfahrens grundsätzlich
nicht verändert werden. Der Übergang von einer farbigen Bildmarke
nach § 8 MarkenV zu einer dreidimensionalen Marke i.S. von § 9 MarkenV
stellt eine - unzulässige - nachträgliche Ä nderung des angemeldeten Zeichens
dar.

b) Zur Unterscheidungskraft einer Bildmarke i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
BGH, Beschl. v. 26. Oktober 2000 - I ZB 3/98 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juli 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 24. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 28. Oktober 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Anmelderin hat mit ihrer am 7. April 1994 eingereichten Anmeldung die Eintragung der nachstehend abgebildeten Marke als (farbiges = grün/ weiß) Bildzeichen für die Waren
"Seifen; Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel"

beantragt:

Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung - teilweise - und zwar für die Ware "Zahnputzmittel" wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie hilfsweise beantragt hat, dem Zeichen Schutz als dreidimensionale Marke mit dem Zeitrang vom 1. Januar 1995 zu gewähren, ist erfolglos geblieben (BPatGE 39, 65 = BPatG GRUR 1998, 713).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für gegeben erachtet und dazu ausgeführt:
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei ausschließlich die als Bildzeichen angemeldete zweidimensionale Marke. Zum Zeitpunkt der Anmeldung am 7. April 1994 sei allein eine flächenmäßige Markenform schutzfähig gewesen. Die Anmeldung enthalte kein Anzeichen dafür, daß ein anderer Schutz als für eine zweidimensionale Bildmarke angestrebt worden sei. Diese Festlegung auf eine bestimmte Markenform könne auch nicht nach § 156 MarkenG korrigiert werden.
Das angemeldete Zeichen entbehre jeder Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Es handele sich weder um eine eigentümliche noch ungewöhnliche Wiedergabe eines Zahnpastastrangs, sondern lediglich um die naturgetreue Abbildung und somit um einen Teil der beanspruchten Ware. Der farbigen Ausgestaltung des Zahnpastastrangs fehle ein Mindestmaß an gestalterischer Eigentümlichkeit. Der Verkehr sehe darin nur eine werbemäßige Hervorhebung oder allenfalls eine unmittelbar warenbeschreibende Aussage.
III. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Annahme des Bundespatentgerichts , dem angemeldeten Zeichen fehle jede Unterscheidungskraft, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Zu Recht ist das Bundespatentgericht von der Anmeldung einer Bildmarke ausgegangen. Die Anmelderin hatte unter Geltung des Warenzeichengesetzes , das die Eintragung von dreidimensionalen (plastischen) Marken nicht vorsah (vgl. BGHZ 41, 187, 189 - Palmolive; BGH, Beschl. v. 16.5.1975 - I ZB 6/74, GRUR 1975, 550 f. = WRP 1975, 439 - Drahtbewehrter Gummischlauch ; Beschl. v. 14.11.1975 - I ZB 9/74, GRUR 1976, 355 = WRP 1976, 231 - P-tronics), das (farbige) Bildzeichen ohne weitere Angaben angemeldet. Daraus folgte, daß ein flächenmäßiges Zeichen, so wie es der Anmeldung bei-
gefügt war, eingetragen werden sollte. Andernfalls hätte die Anmelderin ihr Begehren , eine dreidimensionale Marke anzumelden, ausdrücklich oder schlüssig kenntlich machen müssen. Dazu hätte schon deshalb Veranlassung bestanden , weil die Markenrechtsrichtlinie vom 21. Dezember 1988, die durch das Markengesetz am 1. Januar 1995 umgesetzt wurde, die Eintragung dreidimensionaler Zeichen vorsah.
Aus dem sonstigen Verhalten der Anmelderin selbst folgt ebenfalls, daß ihre ursprüngliche Zeichenanmeldung auf die Eintragung einer zweidimensionalen Marke gerichtet war. Mit Schriftsatz vom 21. Mai 1997 hat sie (erstmals) hilfsweise beantragt, unter Verschiebung des Zeitrangs auf den 1. Januar 1995 ihr gemäß § 156 MarkenG den Schutz für eine dreidimensionale Marke zu gewähren.
Die angemeldete Marke kann im Laufe des Anmeldeverfahrens jedoch grundsätzlich nicht verändert werden (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1975 - I ZR 77/74, GRUR 1976, 353, 354 - COLORBOY; Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 39 Rdn. 10; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 32 Rdn. 14). Der Übergang von einer farbigen Bildmarke nach § 8 MarkenV zu einer dreidimensionalen Marke i.S. von § 9 MarkenV stellt danach ungeachtet ihrer gleichartigen jeweils zweidimensionalen Wiedergabe eine - unzulässige - nachträgliche Ä nderung des angemeldeten Zeichens dar.
Die Anmelderin kann die Zulässigkeit einer nachträglichen Ä nderung ihrer Anmeldung nicht aus § 156 MarkenG herleiten. Durch diese Übergangsbestimmung sollte sichergestellt werden, daß alle vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes angemeldeten Marken, die nach dem bisherigen Recht nicht schutzfähig waren, dies aber nach dem neuen Recht sind, denselben Zeitrang
nach § 6 Abs. 2 MarkenG erhalten (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 12/6581, S. 130 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 124). Dadurch ist aber nicht die Möglichkeit eröffnet worden, angemeldete Zeichen nachträglich unter Inanspruchnahme des Zeitrangs vom 1. Januar 1995 zu ändern.
2. Das Bundespatentgericht hat zu Recht angenommen, daß das (zweidimensionale ) Bildzeichen markenfähig i.S. von § 3 Abs. 1 MarkenG ist, weil es abstrakt zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen gleich welcher Art geeignet ist.
3. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, der angemeldeten Marke fehle für die Ware "Zahnputzmittel" die konkrete Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, ist dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl; Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 12/6581, S. 70 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 64).
Für Bildmarken, die sich in der bloßen Abbildung der Ware selbst erschöpfen , für die der Schutz in Anspruch genommen wird, geht der Bundesgerichtshof auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstabs
davon aus, daß ihnen im allgemeinen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft fehlen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.1998 - I ZB 12/96, GRUR 1999, 495 = WRP 1999, 526 - Etiketten). Soweit die zeichnerischen Elemente einer angemeldeten Marke lediglich die typischen Merkmale der in Rede stehenden Ware darstellen und keine über die technische Gestaltung der Ware hinausgehenden Elemente aufweisen, wird einem Zeichen im allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, mit ihm gekennzeichnete Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. BGH GRUR 1999, 495 - Etiketten; GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl). Anders liegt der Fall, wenn sich die Bildmarke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft, die für die Art der Ware typisch oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale aufweist, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht.
Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt die angemeldete Marke.
Mit Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, das angemeldete Bild sei eine weitgehend naturgetreue Abbildung eines Zahnpastastrangs ohne eine eigenartige Ausgestaltung. Ihm fehle ein Mindestmaß an gestalterischer Eigentümlichkeit.
Entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts muß eine Marke keinen bestimmten Eigentümlichkeitsgrad aufweisen, um als unterscheidungskräftig angesehen werden zu können. Eigentümlichkeit (eine im Geschmacksmusterrecht vorgesehene Schutzvoraussetzung) und Originalität sind keine zwingenden Erfordernisse für das Vorliegen von Unterscheidungskraft und können
deshalb auch nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhoben werden (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2000 - I ZB 13/98, GRUR 2000, 722, 723 = WRP 2000, 741 - LOGO; Beschl. v. 13.4.2000 - I ZB 6/98, Umdr. S. 9 f. - Likörflasche).
Es handelt sich bei der angemeldeten Bildmarke auch nicht um die weitgehend naturgetreue Abbildung eines Zahnpastastrangs. Das Bildzeichen weist vielmehr über die rein beschreibende Wiedergabe hinaus charakteristische Gestaltungsmerkmale auf, die der Annahme entgegenstehen, der angemeldeten Marke fehle für Zahnputzmittel jegliche Unterscheidungskraft. Der Senat kann dies aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung in Verbindung mit den tatsächlichen Feststellungen des Bundespatentgerichts selbst beurteilen. Der Zahnpastastrang ist zweifarbig ausgestaltet und in insgesamt zehn Kreissektoren aufgeteilt, von denen fünf schmal sowie in weißer Farbe und die übrigen fünf breit und farblich hellgrün gestaltet sind. Im Gegensatz zu der bei Zahnpasta besonders häufig anzutreffenden Farbe Weiß dominiert die hellgrüne Farbe. Der deutlich im Vordergrund stehende Anfang des Zahnpastastrangs ist stumpf ausgebildet und wulstartig geformt, während das Ende spitz zulaufend nach links gekrümmt ist. Die Bildmarke ist daher keine naturgetreue Wiedergabe eines typischen Zahnpastastrangs.
Das Bundespatentgericht hat weiter angenommen, daß der Zahnpastastrang in der beanspruchten Weise von einer Reihe von Mitbewerbern der Anmelderin mehrfarbig ausgestaltet verwandt wird. Insoweit fehlen jedoch entsprechende Feststellungen des Bundespatentgerichts, die diesen Schluß zulassen. Das Bundespatentgericht hat nur eine weitere Zahnpasta (S. ) angeführt , bei der auf der Tube ein Zahnpastastrang wiedergegeben wird. Dieser weicht in der farblichen Darstellung (weiß/rot), der Anzahl der verschiedenen
Sektoren (fünf) und der Linienführung des Strangs deutlich von der angemeldeten Marke ab.
Nach den weiteren Ausführungen des Bundespatentgerichts soll die Verbindung der in der angemeldeten Marke verwendeten Farben als werbemäßige Hervorhebung oder allenfalls eine unmittelbar warenbezogene Aussage (weiß für Reinigung und Reinheit und grün als Anspielung auf Atemfrische und Kräuterwirkstoffe) aufzufassen sein, weil derartige Aussagen auf dem einschlägigen Warengebiet sehr naheliegend und deshalb häufig anzutreffen seien. Auch das rechtfertigt jedoch nicht den Schluß, die angemeldete Bildmarke stelle in ihrer Gesamtheit lediglich eine werbemäßige oder warenbeschreibende Aussage dar. Die Bildmarke weist über die Verwendung der Farben Weiß und Grün hinaus die weiteren zuvor angeführten charakteristischen Elemente auf. Daß diese hinter der bloßen Farbgestaltung völlig zurücktreten und deshalb den Schluß rechtfertigen, dem Zeichen fehle jede Unterscheidungskraft, ist den Feststellungen des Bundespatentgerichts nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich.
IV. Danach war auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 MarkenG).
Erdmann Starck Bornkamm
Pokrant Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 22/98 Verkündet am:
11. Mai 2000
Führinger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die Markenanmeldung Nr. 39 500 611.2
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
RATIONAL SOFTWARE CORPORATION
Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist das Vorliegen der
Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft
) und § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG (Vorliegen eines Freihaltebedürfnisses
) für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit festzustellen.
BGH, Beschl. v. 11. Mai 2000 - I ZB 22/98 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und Dr. Büscher

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 30. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 2. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 10. Januar 1995 eingereichten Anmeldung die Eintragung der Wortmarke
RATIONAL SOFTWARE CORPORATION
für die Waren
"Computer-Software zur Verwendung auf dem Gebiet der Programmierwerkzeuge ; Computer-Software auf dem Gebiet der Entwurfsunterstützungswerkzeuge ; Computer-Software auf dem Gebiet des CAE und der computerunterstützenden Software-Entwicklung (CASE); Computerprogramme und -hardware zur Schaffung einer sicheren Mehr-Ebenen-Kommunikation zwischen Computern; Terminals und Drucker für lokale Netzwerke; Computerprogramme zur Entwicklung von Computersprachsystemen; Computerprogramme in Form von Compilern; sämtliche vorstehenden Waren soweit in Klasse 9 enthalten; Bedienungsanleitungen und Benutzerhandbücher für die vorstehenden Waren in Klasse 9".
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat das Zeichen aufgrund der Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG als von der Eintragung ausgeschlossen angesehen und zur Begründung ausgeführt:
"Rational" sei ein vom lateinischen ratio abgeleitetes Wort der deutschen Sprache, das sich nicht mit einem einzigen Wort deckungsgleich übersetzen lasse und nur mit sinnähnlichen Wörtern umschrieben werden könne.
"Rational" bezeichne eine Eigenschaft, die im Sinn von logisch, verstandesbetont , vernünftig, schlußfolgernd für die angemeldeten Waren des EDV-Bereichs als Inhalts- und Qualitätsangabe beschreibend sei.
"Software" sei ein Begriff, der in die deutsche Sprache übernommen worden sei und sich nicht direkt übersetzen lasse. Darunter würden die zum Betrieb einer EDV-Anlage erforderlichen nicht apparativen Funktionsbestandteile verstanden. Dieser Zeichenteil sei nur geeignet, einen großen Teilbereich der Waren ausdrücklich oder sinngemäß zu bezeichnen oder als Bestimmungs - oder Inhaltsangabe zu dienen.
"Corporation" sei auch im Deutschen bekannt und werde aufgrund seiner allgemeinsprachlichen Bedeutung als "Gesellschaft" verstanden.
Die Kombination der drei isoliert nicht schutzfähigen Wörter führe nicht zu einer Schutzfähigkeit des Gesamtzeichens. Die Einzelwörter seien ihrem ursprünglichen Sinn entsprechend aneinandergereiht. Der Kombination könne kein individuell prägender Eindruck entnommen werden. Reine Firmenbezeichnungen , wie Corporation, seien als gesellschaftsrechtliche Zusätze ohne markenrechtliche Kennzeichnungskraft anzusehen. Software bezeichne den Unternehmensgegenstand und werde in Verbindung mit der Gesellschaftsform verstanden.
Das Eintragungsbegehren könne auch nicht wegen der Registrierung des angemeldeten Zeichens in anderen Ländern Erfolg haben. Bei Wörtern, die Bestandteil der deutschen Sprache seien, habe die ausländische Registrierung keine indizielle Bedeutung. In Anbetracht von jährlich über 50.000 Mar-
kenanmeldungen könne das Deutsche Patentamt zudem die rechtliche Bewertung in anderen Staaten nicht berücksichtigen.
III. Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Die Annahme des Bundespatentgerichts, der angemeldeten Wortfolge fehle jede Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 19.1.1995 - I ZB 20/92, GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH; Beschl. v. 15.7.1999 - I ZB 47/96, GRUR 1999, 1093, 1094 = WRP 1999, 1169 - FOR YOU; Beschl. v. 15.7.1999 - I ZB 16/97, GRUR 1999, 1089, 1091 = WRP 1999, 1167 - YES). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen , d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BTDrucks. 12/6581, S. 70 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 64). Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 1999, 1089, 1091 - YES).


b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das Zeichen "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION".
Das Bundespatentgericht hat im vorliegenden Fall nicht ausreichend berücksichtigt , daß der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. BGH, Beschl. v. 7.6.1996 - I ZB 10/94, GRUR 1996, 771, 772 = WRP 1996, 1160 - THE HOME DEPOT; Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl, jeweils m.w.N.). Deshalb ist auch bei aus mehreren Wörtern bestehenden Marken das Vorliegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit festzustellen (vgl. für einen Werbeslogan: BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 21/97, GRUR 2000, 323, 324 = WRP 2000, 300 - Partner with the Best).
In diesem Zusammenhang beanstandet die Rechtsbeschwerde zu Recht die Annahme des Bundespatentgerichts, in dem Gesamtzeichen seien die Einzelwörter in ihrem ursprünglichen Sinn aneinandergereiht und wiesen keinen individuell prägenden Eindruck auf. Das Gesamtzeichen hat vielmehr bezogen auf die angemeldeten Waren keinen rein beschreibenden Begriffsinhalt. Es ist vielmehr von interpretationsbedürftiger Mehrdeutigkeit.
Nach den Feststellungen des Bundespatentgerichts ist "RATIONAL" nicht mit einem einzigen Wort zu übersetzen. Es kann nur mit sinnähnlichen Wörtern verständlich gemacht werden. Sein Bedeutungsinhalt wird mit der Übersetzung "vernünftig" nicht ausgeschöpft, sondern ist im Sinne von "lo-
gisch", "verstandesbetont", "vernünftig" und "schlußfolgernd" zu verstehen. Die Wörter logisch (im Sinne von folgerichtig, denknotwendig), verstandesbetont, vernünftig und schlußfolgernd sind aber für die konkret angemeldeten Waren aus dem Bereich Computer-Software und -Hardware nicht beschreibend. Für die gegenteilige Annahme des Bundespatentgerichts fehlen konkrete Feststellungen.
Zudem bezieht sich, wie das Bundespatentgericht festgestellt hat, "RATIONAL" in dem angemeldeten Zeichen weder auf "SOFTWARE" noch auf "CORPORATION". Denn "RATIONAL" wird in dem Zeichen nicht als Adjektiv zu "SOFTWARE" oder zu "CORPORATION" in Beziehung gesetzt. Besteht aber keine gedankliche Verbindung zwischen "RATIONAL" einerseits und "SOFTWARE CORPORATION" andererseits und weist der Zeichenbestandteil "RATIONAL" verschiedene für die Waren nicht beschreibende Bedeutungen auf, kommt dem angemeldeten Zeichen kein rein beschreibender Begriffsinhalt zu. Vielmehr weist die Wortmarke aufgrund der Verknüpfung von "RATIONAL" und "SOFTWARE CORPORATION" eine gewisse Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit auf, die der Annahme, dem Zeichen fehle jede Unterscheidungskraft , entgegensteht (vgl. BGH GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best; Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 f. = WRP 2000, 739 - Unter Uns; Beschl. v. 24.2.2000 - I ZB 13/98, GRUR 2000, 722, 723 = WRP 2000, 741 - LOGO).
2. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, an dem angemeldeten Zeichen bestehe ein die Eintragung hinderndes Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
Das Bundespatentgericht hat die Bezeichnung "RATIONAL SOFTWARE CORPORATION" für die in Rede stehenden Waren als freihaltungsbedürftige Sachangabe angesehen.

a) Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren (oder Dienstleistungen) dienen können. Dabei ist bei der Prüfung dieses Schutzhindernisses auch ein aktuell noch nicht bestehendes, jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltebedürfnis zu beachten (vgl. BGH, Beschl. v. 18.3.1999 - I ZB 27/96, GRUR 1999, 988, 989 = WRP 1999, 1038 - HOUSE OF BLUES; BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU).
Auch bei der Annahme des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hat das Bundespatentgericht nicht hinreichend beachtet, daß die Wortfolge in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde zu legen und keine zergliedernde Analyse vorzunehmen ist (vgl. BGH GRUR 1996, 771, 772 - THE HOME DEPOT; Beschl. v. 19.6.1997 - I ZB 7/95, GRUR 1998, 394, 396 = WRP 1998, 185 - Active Line). Entgegen der Ansicht des Bundespatentgerichts besteht insoweit auch kein Widerspruch zwischen den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes "COTTON LINE" (BGH, Urt. v. 27.9.1995 - I ZR 199/93, GRUR 1996, 68, 69 = WRP 1997, 446), "THE HOME DEPOT" (BGH GRUR 1996, 771, 772) und "Active Line" (BGH GRUR 1998, 394, 396), die die Beurteilung der kennzeichnungsrechtlichen Unterscheidungskraft eines Firmenschlagwortes ("COTTON LINE") und des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ("THE HOME DEPOT" und "Active Line") zum Gegenstand haben und in denen jeweils auf das Kennzeichen in seiner Gesamtheit
oder - was dem entspricht - auf die Verbindung der Wörter abgestellt worden ist.
Das Bundespatentgericht hat für das gesamte Zeichen einen beschreibenden Inhalt nicht konkret festgestellt, sondern nur für die Einzelwörter. Dies reicht für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses des angemeldeten Zeichens in seiner Gesamtheit nicht aus.
Zudem enthalten auch nicht sämtliche Kennzeichenbestandteile beschreibende Angaben. Der Begriff "RATIONAL" ist - wovon auch das Bundespatentgericht ausgeht - mehrdeutig und für die Waren, für die die Markenanmeldung erfolgt ist, nicht warenbeschreibend (vgl. III 1 b).
Konkrete Anhaltspunkte für ein sich in der Zukunft abzeichnendes Freihaltebedürfnis fehlen ebenfalls.

b) Die Rechtsbeschwerde weist auch zu Recht darauf hin, das Bundespatentgericht habe dem Umstand, daß es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine Wortfolge der englischen Sprache handelt, die für die Anmelderin nach ihrem Vorbringen in den USA und in Großbritannien eingetragen ist, nicht die notwendige indizielle Bedeutung für das Fehlen eines Freihaltebedürfnisses beigemessen (vgl. BGH GRUR 1999, 988 f. - HOUSE OF BLUES, m.w.N.). Das Bundespatentgericht konnte die Bedeutung derartiger ausländischer Eintragungen nicht unter Hinweis darauf außer acht lassen, die einzelnen Wörter des angemeldeten Zeichens seien Bestandteil der deutschen Sprache. Bei diesen auf den "Premiere"-Beschluß des Bundesgerichtshofes gestützten Erwägungen (vgl. BGH, Beschl. v. 27.5.1993 - I ZB 7/91, GRUR 1993, 746 = WRP 1994, 385) hat das Bundespatentgericht außer acht gelas-
sen, daß in der genannten Entscheidung eine indizielle Wirkung von Auslandseintragungen nur deswegen verneint worden ist, weil das Fremdwort "Premiere" mit einem von der Bedeutung in der Fremdsprache abweichenden Bedeutungsgehalt in die deutsche Sprache übernommen worden ist. Eine vergleichbare Sachlage hat das Bundespatentgericht im vorliegenden Fall nicht festgestellt.
Schließlich steht der indiziellen Bedeutung derartiger Auslandseintragungen auch die vom Bundespatentgericht angeführte Zahl von jährlich 50.000 Markenanmeldungen beim Deutschen Patentamt nicht entgegen. Diese absolute Zahl aller Markenanmeldungen sagt nichts aus über die Anzahl der Fälle, in denen Auslandseintragungen wegen der vorgenannten indiziellen Bedeutung in Betracht zu ziehen sind, und über Schwierigkeiten bei der Bewertung dieser Voreintragungen, zumal nach dem Vorbringen der Anmelderin eine der im Streitfall maßgeblichen Voreintragungen im Geltungsbereich der Markenrechtsrichtlinie , und zwar in Großbritannien, erfolgt ist.
IV. Danach war der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache gemäß § 89 Abs. 4 MarkenG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZB 27/98 Verkündet am:
14. Dezember 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Rechtsbeschwerdesache
betreffend die IR-Marke Nr. 642 410
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
SWATCH
MMA Art. 5 Abs. 1;
PVÜ Art. 6quinquies Abschn. B Nr. 2;
MarkenRL Art. 2, 3;

a) Bei der dreidimensionalen Marke ist es - wie bei jeder anderen Markenform
- für die Frage der Unterscheidungskraft allein maßgebend, daß der angesprochene
Verkehr in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis
erblickt; dabei müssen die durch die technische Funktion bestimmten Gestaltungselemente
außer Betracht bleiben.

b) Zur Unterscheidungskraft eines Uhrengehäuseträgers.
BGH, Beschluß vom 14. Dezember 2000 - I ZB 27/98 - Bundespatentgericht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin gegen den Beschluß des 29. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 28. Januar 1998 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 DM festgesetzt.

Gründe:


I. Die Markeninhaberin begehrt für ihre nachstehend abgebildete dreidimensionale IR-Marke Nr. 642 410 Schutz in der Bundesrepublik Deutschland für die Waren
"Supports de montres":

Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patentamts hat der IR-Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen Vorliegens eines Freihaltebedürfnisses den Schutz verweigert.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist erfolglos geblieben (BPatGE 39, 238 = GRUR 1999, 47 - POP swatch).
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Markeninhaberin ihr Schutzbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit §§ 107, 113, 37 MarkenG für gegeben erachtet und dazu ausgeführt :
Gegen die abstrakte Unterscheidungskraft der IR-Marke i.S. von § 3 Abs. 1 MarkenG bestünden keine Bedenken. Ein Schutzausschließungsgrund nach § 3 Abs. 2 MarkenG sei bei der IR-Marke, einem Gehäuseträger für Uhren , ebenfalls nicht ersichtlich.
Die IR-Marke sei jedoch wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schutzunfähig. Der dreidimensionalen Form des Gehäuseträgers einer Uhr fehle in der konkreten Ausgestaltung die notwendige Unterscheidungskraft. Gegenstand der Beurteilung sei der Uhrträger und nicht eine Sachmehrheit aus Uhrträger, Uhr und Armband, mit der er funktionell verbunden sei, und auch nicht die Funktion des Uhrträgers innerhalb dieser Sachgesamtheit. Zu beurteilen sei weiter nicht das System der "Pop-Swatch", bei der durch austauschbare Elemente eine Vielzahl unterschiedlicher Uhren geschaffen werden könne.
Die Schutzfähigkeit könne nur durch eine auf die Herkunft hinweisende originelle Gestaltung begründet werden, durch die das an der "Grundform" der Ware bestehende Freihaltebedürfnis und ihr Mangel an Unterscheidungskraft überwunden werden könne. Bereits nach § 3 Abs. 2 MarkenG seien die technischen , funktionalen oder wertbestimmenden Merkmale schutzunfähig. Bei der Begründung der Originalität der Ware oder ihrer Teile müsse zwar grundsätzlich ein eher strenger Maßstab angelegt werden, weil die Ware und ihre Teile das wichtigste Mittel zu ihrer Beschreibung selbst seien und ihre Monopolisierung die Gefahr einer Behinderung der Wettbewerber in der Gestaltung ihrer
Produkte mit sich bringe; dabei hänge der Grad der für eine Markeneintragung erforderlichen Originalität auch von den besonderen Verhältnissen auf dem jeweiligen Warengebiet ab. Ein Freihaltebedürfnis sei vorliegend aber nicht feststellbar. An die erforderliche Unterscheidungskraft seien deshalb im konkreten Fall keine strengen Anforderungen zu stellen. Gleichwohl fehle der IRMarke jegliche Unterscheidungskraft. Den nicht technisch bedingten Merkmalen des Produkts sei kein Hinweis auf die betriebliche Herkunft zu entnehmen.
Die Berufung der Markeninhaberin auf den "telle-quelle-Schutz" gemäß Art. 6quinquies PVÜ führe zu keinem anderen Ergebnis. Die Schutzversagungsgründe des § 8 Abs. 2 MarkenG richteten sich nach den Grenzen des Art. 6quinquies PVÜ.
III. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben im Ergebnis keinen Erfolg. Das Bundespatentgericht hat der IR-Marke zu Recht den Schutz für die Bundesrepublik Deutschland verweigert.
Mit der wirksamen Inanspruchnahme des "telle-quelle-Schutzes", von der auch das Bundespatentgericht ausgegangen ist, ist die Schutzerstreckung gemäß §§ 107, 113, 37 MarkenG nach Art. 5 Abs. 1 MMA i.V. mit Art. 6quinquies Abschn. B Nr. 2 PVÜ zu prüfen (BGHZ 130, 187, 192 - Füllkörper; BGH, Beschl. v. 25.3.1999 - I ZB 22/96, GRUR 1999, 728, 729 = WRP 1999, 858 - Premiere II; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 113 Rdn. 1). Der gegen eine unmittelbare Heranziehung von Art. 5 Abs. 1 MMA i.V. mit Art. 6quinquies Abschn. B Nr. 2 PVÜ gerichteten Kritik im Schrifttum (vgl. Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 113 Rdn. 1; Althammer/Ströbele/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 113 Rdn. 4), das die Rechtsgrundlagen einer Schutzausschließung in §§ 3, 8 MarkenG sieht, braucht nicht nachgegangen zu werden. Die Vorschriften der §§ 3,
8 Abs. 2 MarkenG, durch die Art. 2 und Art. 3 der MarkenRL umgesetzt worden sind, halten sich in den Grenzen des Art. 6quinquies Abschn. B PVÜ. Denn diese Bestimmungen des Markengesetzes sind richtlinienkonform auszulegen, und nach dem 12. Erwägungsgrund zur Markenrechtsrichtlinie ist es erforderlich, daß sich diese in vollständiger Übereinstimmung mit der Pariser Verbandsübereinkunft befindet. Im Ergebnis führt die Beurteilung nach den Vorschriften des Markengesetzes daher, wie das Bundespatentgericht zu Recht festgestellt hat, zu keinem anderen Ergebnis als die Prüfung nach Art. 6quinquies Abschn. B PVÜ (vgl. Fezer aaO § 113 Rdn. 1; Althammer/Ströbele/Klaka aaO § 113 Rdn. 4).
Nach Art. 5 Abs. 1 MMA i.V. mit Art. 6quinquies Abschn. B Nr. 2 PVÜ kann Marken der Schutz verweigert werden, die jeder Unterscheidungskraft entbehren.
1. Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, daß die IR-Marke die allgemeinen Anforderungen an die Markenfähigkeit erfüllt, d.h., daß sie abstrakt unterscheidungskräftig i.S. von § 3 Abs. 1 MarkenG ist (vgl. für die konturlose Farbmarke BGHZ 140, 193, 197 - Farbmarke gelb/schwarz; für eine Warenverpackung BGH, Beschl. v. 13.4.2000 - I ZB 6/98, WRP 2000, 1290, 1291 - Likörflasche; Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 15/98, Umdr. S. 6 f. - Gabelstapler; Fezer aaO § 3 Rdn. 203; Ingerl/Rohnke aaO § 3 Rdn. 16; Kur, Festschrift 100 Jahre Markenamt, S. 175, 183; Ströbele, GRUR 1999, 1041). Zu Recht hat das Bundespatentgericht auch ein Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 MarkenG verneint. Diese für sie günstige Beurteilung greift die Rechtsbeschwerde nicht an.
2. Das Bundespatentgericht hat die angemeldete Marke für nicht (konkret ) unterscheidungskräftig gehalten. Das läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

a) Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 25/97, GRUR 2000, 502, 503 = WRP 2000, 520 - St. Pauli Girl; Beschl. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, GRUR 2000, 720, 721 = WRP 2000, 739 - Unter Uns). Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH, Urt. v. 29.9.1998 - Rs. C 39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922, 924 Tz. 28 - Canon; BGH, Beschl. v. 8.10.1998 - I ZB 35/95, GRUR 1999, 245, 246 = WRP 1999, 196 - LIBERO; Beschl. v. 17.2.2000 - I ZB 33/97, GRUR 2000, 882 = WRP 2000, 1140 - Bücher für eine bessere Welt). Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden.
aa) Davon ist im vorliegenden Fall letztlich auch das Bundespatentgericht ausgegangen. Auch wenn es bei Formmarken im allgemeinen einen strengen Prüfungsmaßstab für geboten erachtet (ebenso BPatGE 39, 219, 223 = BPatG GRUR 1999, 56 - Taschenlampen; BPatG GRUR 1998, 706, 709 und 710 - Montre I und II), so hat es gleichwohl angenommen, daß jedenfalls vorliegend geringe Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind. Dies läßt sich allerdings nicht damit begründen, daß es vorliegend an einem Freihaltebedürfnis fehlt. Die Frage eines allgemeinen Freihaltebedürfnisses
muß bei der Prüfung der Unterscheidungskraft grundsätzlich unberücksichtigt bleiben (vgl. BGH, Beschl. v. 24.2.2000 - I ZB 13/98, GRUR 2000, 722, 723 = WRP 2000, 741 - LOGO; Beschl. v. 15.6.2000 - I ZB 4/98, Umdr. S. 6 - Buchstabe "K").
bb) Der Senat hat die Frage, ob bei der Feststellung der Unterscheidungskraft bei dreidimensionalen Marken, die die Form der Ware darstellen, ein strengerer Maßstab als bei anderen Markenformen anzulegen ist, inzwischen dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. BGH, Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 15/98 - Gabelstapler; Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 18/98 - Stabtaschenlampen; Beschl. v. 23.11.2000 - I ZB 46/98 - Rado-Uhr). Er hat die Ansicht vertreten, daß die Frage zu verneinen ist und zur Begründung unter anderem darauf verwiesen, daß er in der Regel die bei Bildmarken entwickelten Grundsätze auch auf dreidimensionale Marken für übertragbar hält (vgl. für eine Warenverpackung BGH WRP 2000, 1290, 1291 - Likörflasche).
Bei zweidimensionalen Marken, die sich in der bloßen Abbildung der Ware erschöpfen, für die der Schutz in Anspruch genommen wird, geht der Bundesgerichtshof auch bei Anlegung eines großzügigen Prüfungsmaßstabs davon aus, daß ihnen im allgemeinen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft fehlen wird. Die naturgetreue Wiedergabe des im Warenverzeichnis genannten Erzeugnisses ist häufig nicht geeignet, die Ware ihrer Herkunft nach zu individualisieren (vgl. BGH, Beschl. v. 5.11.1998 - I ZB 12/96, GRUR 1999, 495 = WRP 1999, 526 - Etiketten). Soweit die gestalterischen Elemente einer angemeldeten Marke lediglich die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren darstellen und keine über die technische Gestaltung der Ware hinausgehenden Elemente aufweisen, ist das
Zeichen im allgemeinen wegen der bloß beschreibenden Angabe ebensowenig geeignet, die gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden, wie einfachste geometrische Formen oder sonstige einfache graphische Gestaltungselemente, die in der Werbung oder aber auch auf Warenverpackungen oder in sonst üblicher bloß ornamentaler, schmückender Form verwendet werden (vgl. BGH GRUR 1999, 495 - Etiketten; GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; WRP 2000, 1290, 1291 - Likörflasche). Anders liegt der Fall, wenn sich die Bildmarke nicht in der Darstellung von Merkmalen erschöpft , die für die Art der Ware typisch oder zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Elemente aufweist. In diesen Merkmalen wird der Verkehr häufig einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen.
Besondere Eigenart und Originalität sind keine zwingenden Erfordernisse für das Vorliegen von Unterscheidungskraft und dürfen deshalb auch nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhoben werden (vgl. BGH GRUR 2000, 722, 723 - LOGO; WRP 2000, 1290, 1292 - Likörflasche). Dies schließt es allerdings nicht aus, daß diese Merkmale - neben anderen - ein Indiz für die Eignung sein können, die konkret angemeldeten Waren eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden (vgl. BGH, Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 2/97, GRUR 2000, 321, 322 = WRP 2000, 298 - Radio von hier; Beschl. v. 8.12.1999 - I ZB 21/97, GRUR 2000, 323, 324 = WRP 2000, 300 - Partner with the Best).
Wie bei jeder anderen Markenform, ist auch bei der dreidimensionalen, die Ware selbst darstellenden Formmarke allein maßgebend, daß der angesprochene Verkehr - aus welchen Gründen auch immer - in dem angemeldeten Zeichen einen Herkunftshinweis erblickt. Sonst würde durch erhöhte Anforde-
rungen an die Unterscheidungskraft bei dreidimensionalen Marken die Möglichkeit eines sich ändernden Verkehrsverständnisses nach der gesetzlichen Zulassung dieser Marken in einer durch die Markenrechtsrichtlinie nicht vorgesehenen Weise eingeschränkt.

b) Im vorliegenden Fall hat das Bundespatentgericht der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht abgesprochen. Es ist zu diesem Ergebnis auch unter Berücksichtigung der nur geringen Anforderungen gelangt, die der Senat auch bei dreidimensionalen Marken für geboten erachtet, so daß es vorliegend keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bedarf.
Das Bundespatentgericht hat bei seiner Entscheidung beachtet, daß - wie oben ausgeführt - die durch die technische Funktion bestimmten Gestaltungselemente außer Betracht bleiben müssen. Es hat dazu festgestellt, daß die Gestaltungsmerkmale des als dreidimensionale Marke angemeldeten Uhren -Gehäuseträgers, in den der Uhrenkopf eingeklemmt wird, zu einem erheblichen Teil durch seine technische Funktion bedingt seien. So wirke der Trägerring zum einen als eine Art Sprengring, der die Uhr aufnehme. Der von der Markeninhaberin als charakteristisch bezeichnete Spalt in diesem Ring, der nach Einklemmen der Uhr als Ausnehmung beiderseits des Aufziehknopfes der Uhr erscheine, sei als solcher ebenfalls durch die Sprengringfunktion, also rein technisch bedingt, auch wenn er sich bei der zusammengesetzten Sachgesamtheit , die nicht Gegenstand der Marke sei, als interessante gestalterische Variante darstelle. Der Boden des Trägers bzw. genauer die Ausnehmungen zwischen ihnen dienten zum Teil zur Aufnahme des Uhrarmbandes. Die sonstigen Ausnehmungen und die Gestaltung ihrer Begrenzungslinien sowie die Lo-
chungen in der Bodenplatte dürften ebenfalls überwiegend technisch bedingt sein. Die Ausnehmungen und Lochungen erschienen technisch sinnvoll, um einen unerwünschten Luftabschluß der Haut unter der Uhr beim Tragen und so das Schwitzen und seine Folgen für den Träger der Uhr zu vermeiden. Sie mögen auch eine erwünschte Elastizität des Gehäuseträgers fördern. Soweit dies nicht der Fall sein sollte, mögen sie jedenfalls durch Gründe der Materialersparnis gerechtfertigt werden. Diese Feststellungen liegen auf tatrichterlichem Gebiet und sind in der Rechtsbeschwerdeinstanz mangels eines Rechtsfehlers hinzunehmen.
Zu den nicht technisch bedingten Gestaltungselementen der IR-Marke, die die Markeninhaberin in dem viereckigen, mit mittigen Einbuchtungen gestalteten Rahmen innerhalb der kreisrunden Umrandung, den symmetrischen Lochungen und den Ausnehmungen sowie den abgeschrägten Ecken des Rahmens sieht, hat das Bundespatentgericht festgestellt, daß ihnen kein herkunftshinweisendes Gewicht zukommt. Diese Annahme des Bundespatentgerichts beruht auf verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen und läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
Dem kann die Rechtsbeschwerde nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Bundespatentgericht sei von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen. Bei seiner Beurteilung hat das Bundespatentgericht zutreffend auf die besonderen Verhältnisse auf dem in Rede stehenden Warengebiet abgestellt. Denn der Vergleich der tatsächlich vorhandenen Gestaltungsformen läßt einen Schluß darauf zu, ob der Verkehr der Marke einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft beilegt (vgl. für eine Bildmarke BGH, Beschl. v. 10.4.1997 - I ZB 1/95, GRUR 1997, 527, 529 = WRP 1997, 755 - Autofelge). Entgegen der Annahme der Rechtsbeschwerde hat das Bundespatentgericht eine her-
kunftshinweisende Originalität der IR-Marke nicht gefordert. Es hat vielmehr angenommen, daß keine strengen Anforderungen an die Unterscheidungskraft zu stellen sind. Bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft kommt den nicht technisch bedingten Gestaltungselementen, wie das Bundespatentgericht zu Recht angenommen hat, kein Hinweis auf die betriebliche Herkunft zu.
IV. Danach war die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin zurückzuweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher