Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2009 - I ZR 168/06

bei uns veröffentlicht am29.06.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 168/06
vom
29. Juni 2009
in dem Rechtsstreit
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- 2 -
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Juni 2009 durch die
Richter Dr. Bergmann, Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 23. Juni 2009 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. Der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Bornkamm hat die Parteien mit schriftlicher Erklärung vom 9. Juni 2009 darauf hingewiesen, dass und inwiefern er Dr. R. S. , der seit Anfang des Jahres geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Klägerin ist, seit vielen Jahren kennt.
2
Die Beklagte hat daraufhin mit Schreiben vom 23. Juni 2009 mitgeteilt, sie lehne den Vorsitzenden in diesem Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit ab.
3
II. Das Ablehnungsgesuch hat keinen Erfolg.
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Nach § 42 ZPO kann ein Richter von den Prozessparteien außer in den Fällen seines Ausschlusses kraft Gesetzes auch wegen Besorgnis der Befan- http://www.juris.de/jportal/portal/t/fnp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=17&numberofresults=90&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314492003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/fnp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=17&numberofresults=90&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314492003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/fnp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=17&numberofresults=90&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314492003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/fnp/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=17&numberofresults=90&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314492003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 3 - genheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen.
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Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen vermögen nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Beschl. v. 14.3.2003 - IXa ZB 27/03, NJW-RR 2003, 1220, 1221; Zöller/ Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., § 42 Rdn. 9 m.w.N.). Grundsätzlich können auch nahe persönliche (oder geschäftliche) Beziehungen zwischen dem Richter und einer Partei oder sonstigen Verfahrensbeteiligten geeignet sein, die Unparteilichkeit eines Richters in Frage zu stellen (BGH, Beschl. v. 31.1.2005 - II ZR 304/03, BGHReport 2005, 1350; Zöller/Vollkommer aaO § 42 Rdn. 12 m.w.N.).
6
Die Umstände, die der Vorsitzende Richter Prof. Dr. Bornkamm den Parteien mitgeteilt hat, vermögen eine Besorgnis der Befangenheit nicht zu begründen.
7
Zwar kennen sich Prof. Dr. Bornkamm und Dr. S. seit vielen Jahren. Prof. Dr. Bornkamm ist seit seiner Tätigkeit im Bundesministerium der Justiz (1981 bis 1983) mit dem Vater von Dr. S. befreundet, der dort als Referatsleiter tätig war, und die Freundschaft hat sich bald auch auf den Sohn erstreckt. Auch haben sie in den achtziger Jahren eine Reihe von Bergtouren miteinander unternommen. In den letzten Jahren haben Prof. Dr. Bornkamm und Dr. S. sich jedoch nur noch gelegentlich gesehen, etwa anlässlich von Sachverständigenanhörungen im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages. Ihre persönliche Beziehung hat sich demnach im Lauf der Jahre in einem Maße gelockert , dass bei ruhiger und vernünftiger Betrachtung kein Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit Prof. Dr. Bornkamms zu zweifeln, zumal Dr. S. zwar geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Klägerin, aber nicht selbst Partei dieses Rechtsstreits ist.
8
Der Umstand, dass Dr. S. Prof. Dr. Bornkamm von seinem Wechsel zur VG Wort unmittelbar vor Beginn seiner neuen Tätigkeit unterrichtet hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Über anstehende Verfahren, an denen die VG Wort beteiligt ist, haben Dr. S. und Prof. Dr. Bornkamm nicht gesprochen.
Bergmann Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2009 - I ZR 168/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2009 - I ZR 168/06

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt
Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2009 - I ZR 168/06 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 42 Ablehnung eines Richters


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2009 - I ZR 168/06 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2009 - I ZR 168/06 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2005 - II ZR 304/03

bei uns veröffentlicht am 31.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 304/03 vom 31. Januar 2005 in dem Rechtsstreit Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 31. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Gehrlein, Dr. S
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 29. Juni 2009 - I ZR 168/06.

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2015 - RiZ (R) 2/15

bei uns veröffentlicht am 02.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS RiZ (R) 2/15 vom 2. Dezember 2015 in dem Prüfungsverfahren des Richters Antragsteller und Revisionskläger, gegen das Land Antragsgegner und Revisionsbeklagter, wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht ECL

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2015 - RiZ (R) 1/15

bei uns veröffentlicht am 02.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS RiZ (R) 1/15 vom 2. Dezember 2015 in dem Prüfungsverfahren des Richters Antragsteller und Revisionskläger, gegen das Land Antragsgegner und Revisionsbeklagter, wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht ECL

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2015 - RiZ (R) 3/15

bei uns veröffentlicht am 02.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS RiZ (R) 3/15 vom 2. Dezember 2015 in dem Prüfungsverfahren des Richters Antragsteller und Revisionskläger, gegen das Land Antragsgegner und Revisionsbeklagter, wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht ECL

Referenzen

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 304/03
vom
31. Januar 2005
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 31. Januar 2005 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette,
Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe

beschlossen:
Das Ablehnungsgesuch der Klägerin vom 24. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:


Das Ablehnungsgesuch der Klägerin ist nicht begründet. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Besorgnis der Befangenheit ist anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen (arg. § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Als Umstände in diesem Sinne kommen dabei nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit unparteiisch gegenüber (BGH, Beschl. v. 14. März 2003 - IXa ZB 27/03, NJW-RR 2003, 1220, 1221; Zöller/Vollkommer, ZPO 25. Aufl. § 42 Rdn. 9 m.w.Nachw.).
Derartige Gründe liegen nicht vor. Sie ergeben sich nicht daraus, daß Richter am Bundesgerichtshof Kraemer ebenso wie der Beklagte Mitautoren
eines Kommentars sind und sich aufgrund dieser Tätigkeit gelegentlich persönlich begegnet sind. Grundsätzlich sind nur nahe persönliche (oder geschäftliche ) Beziehungen zwischen dem Richter und einem Verfahrensbeteiligten geeignet , die Unparteilichkeit eines Richters in Frage zu stellen. Deshalb kann selbst ein Kollegialitätsverhältnis, das in der Regel mit häufigeren persönlichen Begegnungen als eine bloße Mitautorenschaft verbunden ist, nur dann eine Ablehnung rechtfertigen, wenn damit eine sehr enge berufliche Zusammenarbeit verbunden ist (Zöller/Vollkommer aaO, Rdn. 12 a m.w.Nachw.). Für eine derartige enge berufliche Zusammenarbeit sind aus der Anzeige von Richter am Bundesgerichtshof Kraemer keine Anhaltspunkte ersichtlich. Eine Mitautorenschaft als solche begründet weder enge berufliche noch nahe persönliche Kontakte zwischen den Mitautoren. Aus der Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei besteht daher kein Anlaß, an der Unvoreingenommenheit von Richter am Bundesgerichtshof Kraemer zu zweifeln.
Röhricht Goette Gehrlein
Strohn Caliebe