Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2006 - II ZR 163/03

bei uns veröffentlicht am17.07.2006
vorgehend
Landgericht Hamburg, 411 O 34/02, 30.10.2002
Hanseatisches Oberlandesgericht, 11 U 215/02, 11.04.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 163/03
vom
17. Juli 2006
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 17. Juli 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Dr. Reichart

beschlossen:
I. Das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 11. Zivilsenat, vom 11. April 2003 und das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 11 für Handelssachen, vom 30. Oktober 2002 werden für wirkungslos erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der durch die Nebenintervention des Streithelfers der Kläger verursachten Kosten werden der Beklagten auferlegt.
III. Streitwert: 1. Bis zur Erledigungserklärung: 40.000,00 €; 2. Ab diesem Zeitpunkt: bis 52.500,00 € (bis dahin entstandene Kosten des Rechtsstreits).

Gründe:


1
I. Die Kläger haben sich als Minderheitsaktionäre der beklagten Aktiengesellschaft - unterstützt von dem Nebenintervenienten - mit der Anfechtungsklage gegen einen Squeeze-out-Beschluss gemäß § 327 a ZPO der außeror- dentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 1. März 2002 gewandt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Oberlandesgericht hat die Berufungen der Kläger im Wesentlichen zurückgewiesen, den angefochtenen Beschluss nur hinsichtlich eines geringen Teils der Barabfindungsregelung für unwirksam erklärt und im Übrigen die Revision zugelassen. Im Verlaufe des von den Klägern betriebenen Revisionsverfahrens hat die ordentliche Hauptversammlung der Beklagten am 27. August 2003 einen zweiten Squeeze-outBeschluss gefasst, den nur der Kläger zu 1 angefochten hat. Im Rahmen eines mit der Beklagten und deren Hauptaktionärin vor dem Oberlandesgericht Hamburg - auch zugunsten der übrigen außenstehenden Aktionäre - geschlossenen gerichtlichen Vergleichs hat der Kläger zu 1 jene zweite Anfechtungsklage zurückgenommen; anschließend ist der (zweite) Übertragungsbeschluss am 11. Mai 2004 in das Handelsregister eingetragen worden. Mit Rücksicht darauf haben die Parteien den vorliegenden Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt. Umstritten ist zwischen ihnen, ob die in dem Vergleich mit dem Kläger zu 1 von der Beklagten erklärte Übernahme der Kosten der Klageverfahren nicht nur zugunsten des Klägers zu 1, sondern auch für die übrigen Kläger des hiesigen Verfahrens gilt; unstreitig ist jedoch, dass sich die dem Vergleich beigetretene Hauptaktionärin der Beklagten im Zusammenhang mit anderen Prozessvergleichen zur Übernahme der Kosten aller Rechtszüge des vorliegenden Verfahrens für alle Kläger verpflichtet hat.
2
II. Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist nur noch über die gesamten Kosten des Rechtsstreits nach § 91 a ZPO zu entscheiden; etwaige anderweitige Regelungen in Vergleichen anderer Verfahren machen angesichts des Streits der Parteien über deren Tragweite die Kostenentscheidung nach § 91 a ZPO nicht entbehrlich.
3
Die Kostenentscheidung ergeht, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nur nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands (§ 91 a ZPO). Dabei ist es - zumal in der Revisionsinstanz - nicht Zweck einer solchen Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht - auch bei einer Entscheidung im Revisionsverfahren - grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den hypothetischen Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen zu klären (st. höchstrichterliche Rechtsprechung: vgl. nur BGH, Beschl. v. 17. März 2004 - IV ZB 21/02, NJW-RR 2004, 1219 mit umfangr. Nachw.). Dementsprechend sieht sich der Senat nicht veranlasst, die im Vordergrund des Streits der Parteien stehende Zulassungsfrage nach der umstrittenen Bedeutung des Tatbestandsmerkmals der "Jahresabschlüsse ... für die letzten drei Geschäftsjahre" in § 327 c Abs. 3 Nr. 2 AktG abschließend zu entscheiden; wenngleich vieles für die von dem Berufungsgericht im Anschluss an die überwiegende Meinung im Schrifttum vertretene Auslegung der Norm spricht, muss die Streitfrage doch letztlich als offen bezeichnet werden.
4
Auf der Basis dieses Sach- und Streitstandes hat der Senat gleichwohl nicht etwa - was ohne zusätzliche Verteilungskriterien nahe gelegen hätte - die Kosten gegeneinander aufgehoben; vielmehr hat er nach billigem Ermessen weitere Gesichtspunkte in die Abwägung einbezogen, die letztlich die alleinige Kostentragung der Beklagten als angemessen erscheinen lassen. Maßgeblich dafür war zum einen, dass die Beklagte selbst das erledigende Ereignis dadurch herbeigeführt hat, dass sie - offenbar zur Vermeidung von drohenden Nachteilen im Falle eines etwaigen Unterliegens im vorliegenden Rechtsstreit - einen zweiten Squeeze-out-Beschluss gefasst hat und dass sie sich insoweit in dem Vergleich durch Erhöhung der von den Klägern und anderen außenstehenden Aktionären geforderten Abfindung, die letztlich wirtschaftlich der alleinige Zweck auch des vorliegenden Anfechtungsverfahrens war, "freiwillig" in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Zudem legt die im Vergleich getroffene Regelung, wonach die Beklagte die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten "der" Klageverfahren, der Eilverfahren und dieses Vergleichs trägt, die Auslegung nahe, dass damit nicht nur die Kosten des hiesigen Klägers zu 1 als Vergleichsbeteiligtem gemeint sind, sondern dass die Regelung auch Wirkung zugunsten sämtlicher Kläger des hiesigen Klageverfahrens haben soll; dafür spricht nicht zuletzt der Umstand, dass nach dem Willen der Vergleichschließenden der Vergleich zugunsten aller außenstehenden Aktionäre der Beklagten wirken und dementsprechend einen echten Vertrag zugunsten Dritter i.S. der §§ 328 f. BGB darstellen sollte.
5
Schließlich hat die Beklagte immerhin eingeräumt, dass - wenn nicht sie selbst - so doch ihre damalige Haupt- und jetzige Alleinaktionärin sich auch anderweitig gegenüber dem Kläger zu 1 verpflichtet hat, die Kosten aller Rechtszüge des vorliegenden Verfahrens für alle Kläger zu übernehmen. Damit soll - was im Rahmen des billigen Ermessens berücksichtigungsfähig ist - jedenfalls sichergestellt werden, dass nicht nur der Kläger zu 1 unmittelbar, sondern auch die übrigen Kläger im Ergebnis wirtschaftlich von sämtlichen Kosten des vorliegenden Rechtsstreits im Verhältnis zur Beklagten befreit sein sollen.
6
Nach diesen Billigkeitsmaßstäben erscheint es auch angemessen, der Beklagten die durch die Nebenintervention verursachten Kosten gemäß § 101 Abs. 1 i.V.m. § 91 a ZPO aufzuerlegen.
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Reichart
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 30.10.2002 - 411 O 34/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 11.04.2003 - 11 U 215/02 -

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Bundesgerichtshof Beschluss, 17. März 2004 - IV ZB 21/02

bei uns veröffentlicht am 17.03.2004

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bei uns veröffentlicht am 28.10.2008

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 21/02
vom
17. März 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Die Rechtsbeschwerde gegen Kostenentscheidungen des Berufungsgerichts
nach § 91a ZPO ist nicht geeignet, Rechtsfragen von grundsätzlicher
Bedeutung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des
materiellen Rechts geht.
BGH, Beschluß vom 17. März 2004 - IV ZB 21/02 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt und
Felsch
am 17. März 2004

beschlossen:
1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 29. Mai 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens und der Wert des Vergleichs werden auf 56.927,52 DM = 29.106,58 € festgesetzt.
3. Streitwert des Beschwerdeverfahrens: Die Hälfte der bis zur Einlegung der Rechtsbeschwerde entstandenen Kosten.

Gründe:


I. Der Kläger nahm die Beklagte aus einer bei ihr unterhaltenen Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung auf Zahlung von Rente und Beitragsbefreiung in Anspruch. Vor dem Oberlandesgericht haben die Par-

teien einen Vergleich geschlossen und streiten jetzt noch über die Kosten des Rechtsstreits, über die das Berufungsgericht nach § 91a ZPO entschieden hat.
Der Kläger unterrichtet, inzwischen als Oberstudie nrat, am Gymnasium Mathematik, Biologie und Informatik. Er erlitt 1993 einen Verkehrsunfall , der zu einem halbseitigen Gesichtsfeldausfall bei beiden Augen führte. Wegen dieser Augenerkrankung beträgt der Grad seiner Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz 70%. Die Schulbehörde hat deshalb seine Unterrichtsverpflichtung von 24 auf 19 Stunden reduziert bei vollem Gehalt.
Der Kläger behauptete, zu mindestens 50% berufsunf ähig zu sein, obwohl er 19 Stunden unterrichte. Sein über der Hälfte liegendes Unterrichtspensum beruhe auf einem überobligationsmäßigen Einsatz in verschiedener Hinsicht.
Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlande sgericht wies sie ab. Der Senat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urteil vom 11. Oktober 2000 - IV ZR 208/99 - VersR 2001, 89).
Das Berufungsgericht hat die Parteien, insbesonder e den Kläger, durch Aufklärungsbeschlüsse zu weiterem Sachvortrag veranlaßt. Beweis hat es nicht mehr erhoben. Im Vergleich haben die Parteien sich darauf geeinigt, daß die Rentenansprüche durch Zahlung etwa des hälftigen Barwerts abgefunden werden, Beiträge in Höhe von 948,95 € durch

die Beklagte erstattet werden und die Lebensversicherung mit eingeschlossener Unfallzusatzversicherung von September 1995 bis zu ihrem Ablauf beitragsfrei geführt wird. Sodann haben sie den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und um Kostenentscheidung nach § 91a ZPO gebeten.
Das Berufungsgericht hat die Kosten des Rechtsstre its den Parteien jeweils zur Hälfte auferlegt. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragt der Kläger, der Beklagten die gesamten Kosten aufzuerlegen.
II. 1. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO mi t Bindungswirkung für den Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft und auch im übrigen zulässig. Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dürfen, wie die Beschwerdeerwiderung zutreffend ausführt. Die Rechtssache hat, anders als das Berufungsgericht meint, weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts im Sinne von § 574 Abs. 2 ZPO. Die Zulassung ist damit begründet worden, in der Rechtsprechung und in der rechtswissenschaftlichen Literatur sei bislang nicht abschließend geklärt, nach welchen Kriterien im Rahmen einer Gesamtschau zu beurteilen sei, ob eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50% vorliege, wenn der Versicherte überobligationsmäßige Leistungen erbringe oder wenn er einzelne Tätigkeiten, die zu seinem Beruf gehörten, nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben könne.

a) Es ist nicht Zweck einer Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a ZPO, Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeu-

tung zu klären oder das Recht fortzubilden, soweit es um Fragen des materiellen Rechts geht. Die Kostenentscheidung ergeht, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, nur nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Grundlage der Entscheidung ist demgemäß lediglich eine summarische Prüfung, bei der das Gericht - auch bei einer Entscheidung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren - grundsätzlich davon absehen kann, in einer rechtlich schwierigen Sache nur wegen der Verteilung der Kosten alle für den Ausgang bedeutsamen Rechtsfragen abzuhandeln (BGH, Beschlüsse vom 8. Mai 2003 - I ZB 40/02 - NJW-RR 2003, 1075 unter 2 und vom 16. November 1999 - KVR 10/98 - NJW-RR 2000, 776 unter 1, jeweils m.w.N.; BVerfG NJW 1993, 1060 f.).

b) Abgesehen davon handelt es sich bei der angefüh rten Zulassungsfrage weitgehend nicht um eine Rechtsfrage. Die wertende Gesamtschau aller Umstände, die bei der Feststellung der Berufsunfähigkeit nicht selten geboten sein wird, ist in erster Linie Sache des Tatrichters und im Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 546, 576 Abs. 3 ZPO nur beschränkt nachprüfbar (vgl. BGH, Urteile vom 16. Juni 1993 - IV ZR 145/92 - VersR 1994, 45 unter II 2 a und b und vom 12. Juni 1996 - IV ZR 118/95 - VersR 1996, 1090 unter II 3 b bb; MünchKomm-ZPO/Aktualisierungsband-Wenzel, § 546 Rdn. 15; Voit, Berufsunfähigkeitsversicherung Rdn. 310-316). Mangels abschließender Feststellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen läuft die Zulassung der Rechtsbeschwerde zudem auf die Klärung abstrakter Rechtsfragen hinaus. Das ist nicht der Zweck von § 574 Abs. 3 Satz 1 ZPO.

2. Das Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg .

a) Das Berufungsgericht hat die Kosten den Parteie n je zur Hälfte mit der Begründung auferlegt, nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen sei völlig offen, aber auch nicht auszuschließen , daß der Kläger hätte nachweisen können, zu mindestens 50% berufsunfähig zu sein. Ohne weitere Aufklärung und Beweisaufnahme zu mehreren Punkten - die auf S. 24 des angefochtenen Beschlusses zusammenfassend dargelegt sind - lasse sich nicht mit einiger Sicherheit vorhersagen, wie der Rechtsstreit ausgegangen wäre.

b) Die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts hä lt der allein gebotenen summarischen rechtlichen Nachprüfung stand. Der Kläger meint unter Hinweis auf BGHZ 123, 264, 266, eine mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit seines Obsiegens hätte ausgereicht, die Kosten der Beklagten allein aufzuerlegen. Er zeigt aber nicht auf, daß das Berufungsgericht dies rechtsfehlerhaft verneint hat. Das Beschwerdevorbringen bewegt sich weitgehend im Bereich der im Rechtsbeschwerdeverfahren unbeachtlichen eigenen Sachverhaltswürdigung. Auch die Beschwerde räumt ein, daß einige Fragen in tatsächlicher Hinsicht noch nicht abschließend geklärt sind. Das betrifft unter anderem den zeitlichen Mehraufwand insgesamt, den der Kläger benötigt, um seine schulischen Aufgaben zu erfüllen, die objektive Qualität seiner Leistungen und die Auswirkung seiner Sehbehinderung auf das Mikroskopieren. Schon das steht der Annahme entgegen, im Zeitpunkt der Erledigungserklärungen habe eine mindestens überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Klägers bestanden. Eine solche Beurteilung hätte zudem kaum rechtsfehlerfrei vorgenommen werden können, weil das von beiden Par-

teien angeregte (erst noch einzuholende) berufskundliche Gutachten nicht vorlag.
III. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beruf ungsverfahren wird gemäß § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG geändert.
Der Streitwert ist im ersten Berufungsverfahren un d im Revisionsverfahren nach §§ 3, 9 ZPO (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 25. November 1998 - IV ZR 199/98 - NVersZ 1999, 239 unter a) auf 56.927,52 DM festgesetzt worden (12.770,40 DM rückständige Rente und Beitragsrückzahlung bei Klageeinreichung, 42.000 DM künftige Rente und 2.157,12 DM Feststellung der künftigen Beitragsfreiheit). Nunmehr hat das Berufungsgericht den Streitwert des Berufungsverfahrens auf 84.262,88 DM festgesetzt. Es hat hierbei die vollen Rentenbeträge von 80.000 DM für die Zeit von September 1995 bis zum Abschluß des Vergleichs im April 2002 zugrunde gelegt, ferner eine bezifferte Beitragsrückforderung von 770,40 DM und die Beiträge von September 1996 bis April 2002 abzüglich 20% Feststellungsabschlag in Höhe von 3.492,48 DM.
Diese Streitwertfestsetzung ist nicht richtig. Auc h bei Abschluß eines Prozeßvergleichs bleibt es dabei, daß für den Streitwert der bei Klageeinreichung noch nicht fälligen künftigen Ansprüche auf Rente und Beitragsbefreiung § 9 ZPO maßgebend ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl. § 3 Rdn. 16 Abfindungsvergleich, Vergleich; Stein/Jonas/Roth, ZPO 22. Aufl. § 3 Rdn. 68 Vergleich [Allgemeines], § 9 Rdn. 17; Baumbach /Hartmann, ZPO 62. Aufl. Anh. nach § 3 Rdn. 127; Schnei-

der/Herget, Streitwertkommentar 11. Aufl. Rdn. 4567, 4569, 4675). Da durch den Vergleich (nur) die Ansprüche erledigt wurden, die bisher schon Gegenstand des Rechtsstreits waren, beträgt der Streitwert unverändert 56.927,52 DM = 29.106,58 €. Das ist auch der Wert des Vergleichs.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Felsch