Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2001 - III ZR 150/00

bei uns veröffentlicht am22.02.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 150/00
vom
22. Februar 2001
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
BGB § 839 A, Cb; HandwerksO §§ 90 Abs. 1, 91 Abs. 1 Nr. 1 und 9

a) Erbringt eine Handwerkskammer für ein Mitglied Beratungsdienste
- hier: Erstellung eines Wertgutachtens anläßlich der beabsichtigten
Veräußerung des Betriebsgrundstücks des Mitglieds -, so handelt
sie in Ausübung eines öffentlichen Amtes.

b) Zur Frage, inwieweit ein Kaufinteressent, gegenüber dem bei den
Kaufverhandlungen das von der Handwerkskammer erstellte Gutachten
verwendet wird, geschützter Dritter im Sinne des § 839 BGB
ist.
BGH, Beschluß vom 22. Februar 2001 - III ZR 150/00 - OLG Jena
LG Erfurt
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Februar 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und
Dörr

beschlossen:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 11. April 2000 - 3 U 1843/98 - wird nicht angenommen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 105.000,00 DM

Gründe:


Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554 b ZPO). Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 54, 277).
1. Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann der Kläger nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG von der Beklagten Ersatz des Schadens verlangen, der ihm durch die schuldhaft unrichtige Erstellung eines Gut-
achtens über den Verkehrswert des von ihm erworbenen Grundstücks entstanden ist.

a) Die beklagte Handwerkskammer, die von der früheren Grundstückseigentümerin , die auf dem Kaufgrundstück eine Bäckerei betrieben hatte und in dieser Eigenschaft Mitglied der Beklagten war, um die Erstellung eines Verkehrswertgutachtens ersucht worden war, hat für Fehler bei der Begutachtung des Grundstücks nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen.
Nach §§ 90 Abs. 1, 91 Abs. 1 Nr. 1 und 9 der Handwerksordnung ist es Aufgabe der Handwerkskammern, die wirtschaftlichen Interessen des Handwerks zu fördern. Hierzu gehört es, den Mitgliedern der Kammer bei allen mit ihrem Beruf zusammenhängenden Fragen beratend und helfend zur Seite zu stehen (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - I ZR 278/88 - WM 1990, 1839, 1840; OVG Lüneburg, GewArch 1986, 201, 202 m.Nachw.; Aberle, Die Deutsche Handwerksordnung, § 91 [Stand: September 1998] Rn. 59 ff). Die Durchführung dieser den Handwerkskammern von Gesetzes wegen obliegenden Beratungsdienste stellt sich dabei als Ausübung eines öffentlichen Amtes dar (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 1955 - VI ZR 100/54 - NJW 1956, 711; Webers, GewArch 1997, 405 f).

b) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Amtspflicht , das von der Verkäuferin in Auftrag gegebene Verkehrswertgutachten mit der erforderlichen Sorgfalt zu erstellen, vorliegend auch den Grundstückskäufern , nämlich dem Kläger und seiner Ehefrau, gegenüber bestanden hat.
aa) Ungeachtet des den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen innewohnenden weiten Begriffsverständnisses ist die den Handwerkskammern zugewiesene Aufgabe und Befugnis zur Hilfeleistung dadurch gekennzeichnet, daß sie auf den selbständigen Handwerker in seiner Eigenschaft als (Mit-)Inhaber eines Handwerksbetriebs ausgerichtet ist (BGH, Urteil vom 11. Juli 1990 aaO). Diese gesetzliche Ausformung und zugleich Begrenzung des Tätigkeitsbereichs einer Handwerkskammer ist bei der Beurteilung der Frage, ob derjenige , der im Zuge einer fehlerhaften Beratungsleistung einen Schaden erleidet, "Dritter" im Sinne des § 839 BGB ist, von besonderer Bedeutung. Daraus folgt, daß die mit der Beratungstätigkeit der Handwerkskammern einhergehenden Amtspflichten vor allem den Zweck haben, die berufsbezogenen Interessen des Kammermitglieds zu schützen und zu fördern, das "fragend" an die Kammer herangetreten ist. Dies zwingt allerdings nicht zu dem Umkehrschluß, daß die Belange aller anderen Personen, für die sich eine fehlerhafte Beratungstätigkeit nachteilig auswirken kann, von vornherein außer Betracht zu bleiben haben. Vielmehr ist auch hier einzelfallbezogen zu prüfen, ob zwischen dem Geschädigten und der verletzten Amtspflicht eine besondere Beziehung besteht, aufgrund derer es geboten ist, das konkret berührte Interesse dem Schutzbereich des § 839 BGB zu unterstellen (vgl. nur Senatsurteil BGHZ 140, 380, 382 m.w.N.).
bb) In der Rechtsprechung des Senats spielt bei der Bestimmung des "Dritten" und des Schutzzwecks der verletzten Amtspflicht der Aspekt des Vertrauensschutzes eine maßgebliche Rolle. Zu fragen ist dabei, ob und inwieweit jemand auf die Richtigkeit und Verläßlichkeit behördlicher Entscheidungen, Erklärungen und Auskünfte vertrauen und diese zur Grundlage von Vermögensdispositionen machen durfte (vgl. Senatsurteile BGHZ 134, 268, 276 ff;
137, 11, 15 ff; vom 5. Mai 1994 - III ZR 78/93 - NJW 1994, 2415, 2417). Dabei liegt es nahe, daß bei der Vereinbarung des Kaufpreises ein vorliegendes Wertgutachten einer Handwerkskammer die Wertvorstellungen beider Vertragspartner beeinflußt, also nicht nur die Preisvorstellung und -erwartung des Vertragsteils, der als Kammermitglied das Gutachten erbeten hat. Allerdings ist bei der Frage, ob geschützte Dritte auch Personen sein können, die nicht Mitglied der beratenden Handwerkskammer sind, auch zu bedenken, daß es angesichts der Vielfalt denkbarer Beratungsleistungen und Hilfestellungen durch eine Handwerkskammer und der Vielzahl von außenstehenden Dritten, die mit dieser Beratungsleistung in Berührung kommen können, der Gefahr entgegenzuwirken gilt, daß für die Handwerkskammern unberechenbare und unüberschaubare Haftungsrisiken entstehen.
cc) Bei der hier vorliegenden Fallgestaltung ist es nach Meinung des Senats sach- und interessengerecht, bei der Bestimmung des nicht zu den Kammermitgliedern gehörenden, aber gleichwohl nach Amtshaftungsgrundsätzen geschützten "Dritten" dieselben Kriterien zugrunde zu legen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Frage heranzuziehen sind, ob ein Käufer in den Schutzbereich eines vom Verkäufer abgeschlossenen Gutachtenvertrages über den Wert der Kaufsache einbezogen ist (Senatsurteil BGHZ 127, 378; vgl. auch Senatsurteil vom 1. Februar 2001 - III ZR 193/99 -, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Genau das hat das Berufungsgericht getan und im Ergebnis zutreffend eine Haftung der Beklagten dem Kläger gegenüber bejaht. Die von der Revision dagegen erhobenen Rügen greifen nicht durch.
(1) Bei dem von dem für die Beklagte tätig gewordenen Technischen Berater S. erstellten "Beratungsbericht" handelt es sich objektiv um ein - auch als solches gekennzeichnetes - Verkehrswertgutachten, wie es üblicherweise von berufsmäßig als Bausachverständige auftretenden Personen erstellt zu werden pflegt. Dies kommt insbesondere darin zum Ausdruck, daß als Vorgaben für die Ermittlung des Verkehrswertes die Wertermittlungsverordnung, das Baugesetzbuch und "einschlägige Rechtsprechung" angeführt werden. Das Berufungsgericht ist nach Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, daß dem Berater S. auch bekannt war, daß das Wertgutachten für Verkaufszwecke benötigt werde. Die Einlassung des Beraters, nach seinem Verständnis habe die Ermittlung des Verkehrswertes nur einer Bewertung des Anlagevermögens dienen sollen, hat es als bloße Schutzbehauptung zurückgewiesen. Diese Beweiswürdigung ist nicht zu beanstanden. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend beachtet, daß eine Vermutung dafür spreche , ein Berater wolle seine Kompetenzen nicht überschreiten, geht fehl. Denn es ist schon nicht einsichtig, warum die Befugnis einer Handwerkskammer, einem Mitglied bei der geplanten Aufgabe des Handwerksbetriebs Beratung und Hilfe zuteil werden zu lassen, davon abhängen soll, ob nach dem Willen des bisherigen Inhabers der Handwerksbetrieb endgültig aufgegeben oder - wie hier geschehen - kaufweise in andere Hände übergehen soll. Auf bloße Steuerfragen ist, entgegen der Auffassung der Revision, die Beratung einer Handwerkskammer ohnehin nicht beschränkt; dieser Bereich stellt vielmehr nur einen Ausschnitt der allgemeinen Beratungstätigkeit dar (vgl. insbesondere Aberle aaO Rn. 59 ff; Musielak/Detterbeck, Das Recht des Handwerks, 3. Aufl., § 91 Rn. 46 ff).
(2) Die Haftung der Beklagten scheitert auch nicht daran, daß der Berater S. kein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger im Sinne des § 36 der Gewerbeordnung ist. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß die besondere , durch staatliche Anerkennung oder einen vergleichbaren Akt nachgewiesene Sachkunde des Gutachters nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter trotz der - auch hier gegebenen - Gegenläufigkeit der Interessen des "Auftraggebers" und des Dritten ist (Senatsurteil BGHZ 127, 378, 380 f). Der dahinterstehende Gedanke, daß der Rechtsverkehr einem solchen "ausgewiesenen" Sachverständigen hervorgehobene Sachkunde und Zuverlässigkeit zutraut und dieses Vertrauen besonders schutzwürdig ist, gebietet jedoch eine großzügigere Betrachtungsweise, wenn - wie hier - ein "gutachterlicher" Beratungsbericht durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts erstellt wird. Denn hier kommt der allgemeinere Grundsatz zum Tragen, daß der Bürger darauf vertrauen darf, daß sich eine Behörde bei der Erfüllung der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nur solcher Amtswalter bedient, die die zur sachgerechten Erledigung der jeweils in Rede stehenden Verwaltungsaufgabe notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen.
2. Auch im übrigen weist das angefochtene Urteil keine Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten auf.
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2001 - III ZR 150/00

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2001 - III ZR 150/00

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo
Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2001 - III ZR 150/00 zitiert 10 §§.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Gewerbeordnung - GewO | § 36 Öffentliche Bestellung von Sachverständigen


(1) Personen, die als Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues tätig sind oder tätig werden wollen, si

Handwerksordnung - HwO | § 90


(1) Zur Vertretung der Interessen des Handwerks werden Handwerkskammern errichtet; sie sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. (2) Zur Handwerkskammer gehören die Inhaber eines Betriebs eines Handwerks und eines handwerksähnlichen Gewerbes d

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. Feb. 2001 - III ZR 193/99

bei uns veröffentlicht am 01.02.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 193/99 Verkündet am: 1. Februar 2001 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja -----------
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Feb. 2001 - III ZR 150/00.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Apr. 2002 - III ZR 159/01

bei uns veröffentlicht am 18.04.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 159/01 Verkündet am: 18. April 2002 F i t t e r e r Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2001 - III ZR 228/00

bei uns veröffentlicht am 13.09.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 228/00 Verkündet am: 13. September 2001 F i t t e r e r Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 Fi Di

Referenzen

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Zur Vertretung der Interessen des Handwerks werden Handwerkskammern errichtet; sie sind Körperschaften des öffentlichen Rechts.

(2) Zur Handwerkskammer gehören die Inhaber eines Betriebs eines Handwerks und eines handwerksähnlichen Gewerbes des Handwerkskammerbezirks sowie die Gesellen, andere Arbeitnehmer mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung und die Lehrlinge dieser Gewerbetreibenden.

(3) Zur Handwerkskammer gehören auch Personen, die im Kammerbezirk selbständig eine gewerbliche Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 ausüben, wenn

1.
sie die Gesellenprüfung in einem zulassungspflichtigen Handwerk erfolgreich abgelegt haben,
2.
die betreffende Tätigkeit Bestandteil der Erstausbildung in diesem zulassungspflichtigen Handwerk war und
3.
die Tätigkeit den überwiegenden Teil der gewerblichen Tätigkeit ausmacht.
Satz 1 gilt entsprechend auch für Personen, die ausbildungsvorbereitende Maßnahmen erfolgreich absolviert haben, wenn diese Maßnahmen überwiegend Ausbildungsinhalte in Ausbildungsordnungen vermitteln, die nach § 25 erlassen worden sind und insgesamt einer abgeschlossenen Gesellenausbildung im Wesentlichen entsprechen.

(4) Absatz 3 findet nur unter der Voraussetzung Anwendung, dass die Tätigkeit in einer dem Handwerk entsprechenden Betriebsform erbracht wird. Satz 1 und Absatz 3 gelten nur für Gewerbetreibende, die erstmalig nach dem 30. Dezember 2003 eine gewerbliche Tätigkeit anmelden. Die Handwerkskammer hat ein Verzeichnis zu führen, in welches die Personen nach § 90 Abs. 3 und 4 ihres Bezirks nach Maßgabe der Anlage D Abschnitt IV zu diesem Gesetz mit dem von ihnen betriebenen Gewerbe einzutragen sind (Verzeichnis der Personen nach § 90 Abs. 3 und 4 der Handwerksordnung).

(5) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung Handwerkskammern zu errichten und die Bezirke der Handwerkskammern zu bestimmen; die Bezirke sollen sich in der Regel mit denen der höheren Verwaltungsbehörde decken. Wird der Bezirk einer Handwerkskammer nach Satz 1 geändert, muss eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen, welche der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde bedarf. Können sich die beteiligten Handwerkskammern hierüber nicht einigen, so entscheidet die oberste Landesbehörde.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 193/99
Verkündet am:
1. Februar 2001
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------
Die Amtspflichten, die der im Rahmen eines sanierungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens
nach §§ 144, 145 BauGB von der Genehmigungsbehörde
intern mit der Wertermittlung beauftragte Gutachterausschuß wahrzunehmen
hat, können auch zugunsten des Antragstellers des Genehmigungsverfahrens
als eines geschützten "Dritten" bestehen (Modifizierung der bisherigen Rechtsprechung
; vgl. Senatsurteil vom 5. Juli 1990 - III ZR 190/88 = WM 1990,
2013 - "Gewerbeaufsichtsamt").
BGH, Urteil vom 1. Februar 2001 - III ZR 193/99 - OLG Schleswig
LG Itzehoe
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Februar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 27. Mai 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin war Eigentümerin von zwei in einem Sanierungsgebiet der erstbeklagten Gemeinde belegenen Grundstücken. Sie verkaufte diese Grundstücke zusammen mit einem dritten zum Gesamtpreis von 990.000 DM. Der beurkundende Notar, der bei der Beklagten zu 1 den Antrag auf sanierungsrechtliche Genehmigung stellte, erklärte, daß auf das eine Grundstück ein Kaufpreis von 380.000 DM und auf das andere ein solcher von 350.000 DM entfalle.
Die Beklagte beauftragte den zuständigen Gutachterausschuß, eine Behörde des zweitbeklagten Landes, mit der Prüfung der Kaufpreise, um über die Genehmigung entscheiden zu können. Der Gutachterausschuß ermittelte für das Grundstück, dessen Kaufpreis mit 380.000 DM angegeben worden war, einen Verkehrswert von 244.000 DM und für das andere einen solchen von 250.000 DM. Daraufhin versagte die Beklagte zu 1 durch Bescheid vom 17. Mai 1991 die Genehmigung mit der Begründung, die vereinbarten Kaufpreise von 380.000 DM und 350.000 DM wichen so deutlich von den Verkehrswerten von 244.000 DM und 250.000 DM ab, daß eine wesentliche Erschwerung der Sanierung vorliege.
Nach erfolglosem Widerspruch erhob die Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht. Dieses holte das Gutachten eines Bausachverständigen ein, der zu Verkehrswerten von 460.000 DM und 480.000 DM gelangte. Da aufgrund dieser Feststellungen die Annahme, die vereinbarten Kaufpreise lägen deutlich über den Verkehrswerten, nicht gerechtfertigt war, hob das Verwaltungsgericht
durch rechtskräftig gewordenes Urteil vom 22. März 1994 den Bescheid der Beklagten zu 1 vom 17. Mai 1991 auf und verpflichtete sie, der Klägerin die sanierungsrechtliche Genehmigung zu erteilen.
Im vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin Amtshaftungsansprüche gegen die Beklagte zu 1 wegen rechtswidriger Versagung der sanierungsrechtlichen Genehmigung und gegen den Beklagten zu 2 wegen Erstattung unrichtiger Verkehrswertgutachten geltend. Ihren auf 350.875,31 DM nebst Zinsen bezifferten Schaden erblickt sie im wesentlichen in der Verzögerung der Vertragsabwicklung und in den darauf beruhenden weiteren Zinsbelastungen sowie in Schäden bei der Verwertung von Sicherheiten.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist begründet.

I.


Eine Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) des zweitbeklagten Landes läßt sich nicht mit der von den Vorinstanzen gegebenen Begründung
verneinen, der Gutachterausschuß habe bei der - möglicherweise unrichtigen - Wertermittlung keine Amtspflichten gegenüber der Klägerin als einem geschützten "Dritten" verletzt.
1. Die Grundstücksveräußerung bedurfte der schriftlichen Genehmigung der Gemeinde nach §§ 144 Abs. 2 Nr. 1, 145, 153 Abs. 2 BauGB in der damals einschlägigen Fassung der Bekanntmachung vom 8. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2253). Die Genehmigung durfte nur versagt werden, wenn Grund zu der Annahme bestand, daß der Rechtsvorgang die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würde (§ 145 Abs. 2 BauGB). Eine wesentliche Erschwerung der Sanierung in diesem Sinne lag bei der rechtsgeschäftlichen Veräußerung auch dann vor, wenn der Kaufpreis für die Grundstücke über dem Wert lag, der sich ohne Berücksichtigung derjenigen Werterhöhungen ergeben hätte, die lediglich durch die Aussicht auf die Sanierung, durch ihre Vorbereitung oder ihre Durchführung eingetreten waren (§ 153 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BauGB). Die Einschaltung des Gutachterausschusses durch die für die Entscheidung über den Genehmigungsantrag zuständige Gemeinde, die Beklagte zu 1, diente der Überprüfung, ob bei den Grundstücken der Klägerin ein solchermaßen überhöhter Kaufpreis vereinbart worden war.
2. Unter den Parteien steht außer Streit, daß der Gutachterausschuß in der Trägerschaft des beklagten Landes steht; denn seine Mitglieder werden vom Innenministerium ernannt (§ 3 der Schleswig-Holsteinischen Verordnung vom 6. Dezember 1989 GVBl. S. 181), auch wenn die Ausschüsse jeweils für den Bereich eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt gebildet werden. Haftende Körperschaft im Sinne des Art. 34 GG ist dementsprechend das Land.

3. Wie beiden Vorinstanzen zuzugeben ist, steht ihre Auffassung, der Gutachterausschuß habe keine drittgerichteten Amtspflichten zugunsten der Klägerin wahrzunehmen gehabt, im Einklang mit der bisherigen Senatsrechtsprechung , insbesondere dem Urteil im "Gewerbeaufsichtsamts-Fall" (vom 5. Juli 1990 - III ZR 190/88 = WM 1990, 2013). Das Ergebnis der Begutachtung war für die Beklagte zu 1 nicht bindend und nahm ihr die Verantwortung für die Entscheidung über die Genehmigung nach § 145 BauGB nicht ab. Nach der bisherigen Betrachtungsweise war somit die Einschaltung des Gutachterausschusses durch die Beklagte zu 1 ein rein behördeninterner Vorgang ohne Außenwirkung.
4. An diesen Grundsätzen vermag der Senat indessen nicht mehr uneingeschränkt festzuhalten. Bei der Bestimmung des Kreises der geschützten "Dritten" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt demnach vor allem darauf an, ob bei der betreffenden Amtshandlung in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (Senatsurteil BGHZ 108, 224, 227). Diese Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange der Klägerin als Verkäuferin wurde hier für den Gutachterausschuß dadurch begründet , daß er die tatsächliche Beurteilungsgrundlage für die abschließende Entscheidung der Beklagten zu 1 über den Genehmigungsantrag schuf und schaffen sollte. Die haftungsrechtliche Ordnung kann nicht daran vorbeigehen, daß die Aufklärung des relevanten Sachverhaltes in solchen Fällen tatsächlich arbeitsteilig erfolgt und die Stellungnahme einer Fachbehörde unter diesen
Umständen die Bedeutung eines Sachverständigengutachtens gewinnt und dieses ersetzt. Indem die von der zuständigen Behörde eingeschaltete Fachbehörde auf der Grundlage arbeitsteiligen Zusammenwirkens ihr überlegenes Fachwissen in die zu treffende Entscheidung einbringt, gewinnt ihre Mitwirkung - ihr erkennbar - im Verhältnis zum Bürger eine über die innerbehördliche Beteiligung hinausgehende Qualität. Sie ist dann ebenso wie die nach außen tätig werdende Behörde gehalten, bei der Ausübung des Amtsgeschäfts auch die Interessen des betroffenen Bürgers zu wahren. In diesen Fällen wirken die Amtspflichten der Fachbehörde in den Schutzbereich der Amtspflichten, welche die zur Endentscheidung berufene Behörde dem Bürger gegenüber wahrzunehmen hat, hinein und erlangen ihrerseits drittschützenden Gehalt. Damit ist zugleich die Parallelwertung zu den Fallgestaltungen vollzogen, in denen nach der Rechtsprechung für den Bereich privatrechtlicher Rechtsbeziehungen anerkannt ist, daß die Beauftragung eines Sachverständigen Schutzwirkung zugunsten eines Dritten entfalten kann, gegenüber dem der Auftraggeber von dem Gutachten Gebrauch machen will. Diese Schutzwirkung kann unmittelbare Schadensersatzansprüche des Dritten gegen den Sachverständigen begründen (vgl. Senatsurteil BGHZ 127, 378; s. auch BGH, Urteil vom 14. November 2000 - X ZR 203/98, zur Veröffentlichung vorgesehen; zusammenfassend Zugehör NJW 2000, 1601). Dem entspricht es, daß in den hier in Rede stehenden Fällen auch die Drittgerichtetheit von Amtspflichten einer intern eingeschalteten sachverständigen Fachbehörde nicht verneint werden kann, wenn - wie hier - der zur Begutachtung herangezogenen Behörde klar sein muß, daß ihre Stellungnahme die Rechtsposition eines bestimmten Dritten tangiert. Dabei tritt die Haftung unabhängig davon ein, ob auch die nach außen tätig werdende Behörde ihrerseits haftet. Wird beim Zusammenwirken mehrerer Behörden ein Dritter geschädigt, so ist die Drittgerichtetheit für jede der in Betracht kommen-
den Amtspflichten eigenständig zu bestimmen. Fragen der Subsidiarität, wie sie im Bereich der vertraglichen Haftung eine Rolle spielen können (vgl. BGHZ 70, 327, 330), stellen sich insoweit nicht.
5. Dementsprechend kann die Klageabweisung gegen das zweitbeklagte Land nicht bestehenbleiben. Vielmehr bedarf es nunmehr der - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus folgerichtig - unterbliebenen Prüfung, ob dem Gutachterausschuß tatsächlich eine schuldhafte Falschbewertung unterlaufen ist.

II.


1. Hingegen ist der Amtshaftungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 mit Recht abgewiesen worden.

a) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 1 habe auf die Richtigkeit der Wertermittlung durch den Gutachterausschuß vertrauen dürfen und deshalb bei der Ablehnung des Genehmigungsantrags nicht schuldhaft gehandelt, hält der revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht ist zutreffend von dem für das Amtshaftungsrecht maßgeblichen objektiven Sorgfaltsmaßstab ausgegangen. Die Verfahrensrügen, mit denen die Revision im wesentlichen geltend macht, das Berufungsgericht habe insoweit den vorinstanzlichen Sachvortrag der Klägerin nicht ausgeschöpft, greifen - wie der Senat geprüft hat - nicht durch; von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 565 a ZPO).

b) Die Beklagte zu 1 braucht sich auch ein etwaiges Verschulden des Gutachterausschusses haftungsrechtlich nicht zurechnen zu lassen. Als Zurechnungsnorm käme insoweit nur der Rechtsgedanke des § 278 BGB - sei es in unmittelbarer oder in analoger Anwendung - in Betracht, der eine Haftung für fremdes Verschulden begründen würde. Zwar setzt die Zurechnungsnorm des § 278 BGB keinen Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner voraus. Es genügt eine bestehende rechtliche Sonderverbindung auf gesetzlicher Grundlage. Der Rechtsgedanke des § 278 gilt grundsätzlich auch im öffentlichen Recht. Er ist insbesondere auf nichtvertragliche öffentlich-rechtliche Sonderverbindungen anzuwenden, soweit diese eine dem privatrechtlichen Schuldverhältnis vergleichbare Leistungs- oder Obhutsbeziehung zum Gegenstand haben. Die verletzten Pflichten müssen allerdings über allgemeine Amtspflichten im Sinne des § 839 BGB hinausgehen; nur ein zwischen dem einzelnen und der öffentlich-rechtlichen Körperschaft bestehendes besonderes, enges Verhältnis kann Grundlage für eine sinngemäße Anwendung des § 278 BGB sein (BGHZ 131, 200, 204 m.w.N.; vgl. zu den einzelnen Fallgruppen einer derartigen Sonderverbindung auch Staudinger/Löwisch, BGB 13. Bearb. 1995 § 278 Rn. 11). Der Rückgriff auf § 278 BGB ist deshalb nicht schon dann möglich , wenn der Bürger gegen die Behörde einen im Verwaltungsrechtsweg durchsetzbaren Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung (hier nach §§ 144, 145 Abs. 2 BauGB) hat und sich die Behörde zur Erfüllung ihrer Verpflichtung eines Dritten, insbesondere einer Fachbehörde, bedient. Ein durch einen entsprechenden Antrag eingeleitetes Verwaltungsverfahren vermag für sich allein genommen noch keinen über die "normalen" Amtspflichten hinausgehenden, gesteigerten Pflichtenstatus der Behörde gegenüber dem betroffenen Bürger zu begründen.
2. Gleichwohl kann die Abweisung der Klage auch gegen die Beklagte zu 1 keinen Bestand haben.
Die Vorinstanzen haben nämlich unberücksichtigt gelassen, daß hier nach gefestigter Rechtsprechung ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff in Betracht kommt. In der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, daß zwischen dem Amtshaftungsanspruch und dem Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff Anspruchskonkurrenz bestehen kann. Unerheblich ist, daß die Klägerin die Klage nicht ausdrücklich auf enteignungsgleichen Eingriff gestützt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob sich auf der Grundlage des vorgetragenen Sachverhalts die begehrte Rechtsfolge auch aus enteignungsgleichem Eingriff herleiten läßt; ist dies der Fall, so sind die Gerichte berechtigt und verpflichtet, den Prozeßstoff auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt zu beurteilen. Dies ist eine materiellrechtliche Frage; sie kann daher vom Revisionsgericht auch ohne eine diesbezügliche Revisionsrüge geprüft werden (Senatsurteil BGHZ 136, 182, 184 m.w.N.). Im vorliegenden Fall geht es - nicht anders als in den Senatsurteilen BGHZ 134, 316 und 136, 182 - um die rechtswidrige Verzögerung einer Grundstücksveräußerung. Diese kann nach den Grundsätzen der beiden vorgenannten Senatsentscheidungen den Tatbestand des enteignungsgleichen Eingriffs erfüllen. Anders als bei dem Senatsurteil vom 18. Juni 1998 (III ZR 100/97 = NVwZ 1998, 1329) läßt sich der inhaltlich auf die "Bodenrente" gerichtete Entschädigungsanspruch hier zumindest teil-
weise auch den bezifferten Schadenspositionen zuordnen, nämlich insoweit, als es um Zinsmehrbelastungen wegen verzögerter Ablösung von Grundpfandrechten geht (vgl. Senatsurteil BGHZ 136, 182, 187).
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(1) Personen, die als Sachverständige auf den Gebieten der Wirtschaft einschließlich des Bergwesens, der Hochsee- und Küstenfischerei sowie der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues tätig sind oder tätig werden wollen, sind auf Antrag durch die von den Landesregierungen bestimmten oder nach Landesrecht zuständigen Stellen für bestimmte Sachgebiete öffentlich zu bestellen, sofern für diese Sachgebiete ein Bedarf an Sachverständigenleistungen besteht, sie hierfür besondere Sachkunde nachweisen und keine Bedenken gegen ihre Eignung bestehen. Sie sind darauf zu vereidigen, daß sie ihre Sachverständigenaufgaben unabhängig, weisungsfrei, persönlich, gewissenhaft und unparteiisch erfüllen und ihre Gutachten entsprechend erstatten werden. Die öffentliche Bestellung kann inhaltlich beschränkt, mit einer Befristung erteilt und mit Auflagen verbunden werden.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von besonders geeigneten Personen, die auf den Gebieten der Wirtschaft

1.
bestimmte Tatsachen in bezug auf Sachen, insbesondere die Beschaffenheit, Menge, Gewicht oder richtige Verpackung von Waren feststellen oder
2.
die ordnungsmäßige Vornahme bestimmter Tätigkeiten überprüfen.

(3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung die zur Durchführung der Absätze 1 und 2 erforderlichen Vorschriften über die Voraussetzungen für die Bestellung sowie über die Befugnisse und Verpflichtungen der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit erlassen, insbesondere über

1.
die persönlichen Voraussetzungen, den Beginn und das Ende der Bestellung,
2.
die in Betracht kommenden Sachgebiete einschließlich der Bestellungsvoraussetzungen,
3.
den Umfang der Verpflichtungen des Sachverständigen bei der Ausübung seiner Tätigkeit, insbesondere über die Verpflichtungen
a)
zur unabhängigen, weisungsfreien, persönlichen, gewissenhaften und unparteiischen Leistungserbringung,
b)
zum Abschluß einer Berufshaftpflichtversicherung und zum Umfang der Haftung,
c)
zur Fortbildung und zum Erfahrungsaustausch,
d)
zur Einhaltung von Mindestanforderungen bei der Erstellung von Gutachten,
e)
zur Anzeige bei der zuständigen Behörde hinsichtlich aller Niederlassungen, die zur Ausübung der in Absatz 1 genannten Sachverständigentätigkeiten genutzt werden,
f)
zur Aufzeichnung von Daten über einzelne Geschäftsvorgänge sowie über die Auftraggeber,
und hierbei auch die Stellung des hauptberuflich tätigen Sachverständigen regeln.

(4) Soweit die Landesregierung weder von ihrer Ermächtigung nach Absatz 3 noch nach § 155 Abs. 3 Gebrauch gemacht hat, können Körperschaften des öffentlichen Rechts, die für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zuständig sind, durch Satzung die in Absatz 3 genannten Vorschriften erlassen. Die Satzung nach Satz 1 und deren Änderungen müssen im Einklang mit den Vorgaben des auf sie anzuwendenden europäischen Rechts stehen. Insbesondere sind bei neuen oder zu ändernden Vorschriften, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2005/36/EG in der jeweils geltenden Fassung unterfallen, die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vor Erlass neuer Berufsreglementierungen (ABl. L 173 vom 9.7.2018, S. 25) in der jeweils geltenden Fassung einzuhalten.

(4a) Eine Vorschrift im Sinne des Absatzes 4 Satz 3 ist anhand der in den Artikeln 5 bis 7 der Richtlinie (EU) 2018/958 festgelegten Kriterien auf ihre Verhältnismäßigkeit zu prüfen. Der Umfang der Prüfung muss im Verhältnis zu der Art, dem Inhalt und den Auswirkungen der Vorschrift stehen. Die Vorschrift ist so ausführlich zu erläutern, dass ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bewertet werden kann. Die Gründe, aus denen sich ergibt, dass sie gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, sind durch qualitative und, soweit möglich und relevant, quantitative Elemente zu substantiieren. Mindestens zwei Wochen vor dem Erlass der Vorschrift ist auf der Internetseite der jeweiligen Körperschaft des öffentlichen Rechts, die für die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zuständig ist, ein Entwurf mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zu veröffentlichen. Nach dem Erlass der Vorschrift ist ihre Übereinstimmung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu überwachen und bei einer Änderung der Umstände zu prüfen, ob die Vorschrift anzupassen ist.

(5) Die Absätze 1 bis 4a finden keine Anwendung, soweit sonstige Vorschriften des Bundes über die öffentliche Bestellung oder Vereidigung von Personen bestehen oder soweit Vorschriften der Länder über die öffentliche Bestellung oder Vereidigung von Personen auf den Gebieten der Hochsee- und Küstenfischerei, der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaues sowie der Landesvermessung bestehen oder erlassen werden.