Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Aug. 2013 - IV ZR 166/11
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen vier Wochen.
Gründe:
- 1
- I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Lebensversicherungsvertrages vom Typ "Wealthmaster Noble" im Rahmen des Kapitalanlagemodells "Europlan".
- 2
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers in vollem Umfang entsprochen. Da- gegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.
- 3
- II. Die Voraussetzungen für eine Zulassung liegen nicht mehr vor; die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
- 4
- 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO mehr und auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) erfordert keine (weitere) Entscheidung des Revisionsgerichts mehr, nachdem der Senat mit seinen Urteilen vom 11. Juli 2012 (u.a. IV ZR 164/11 und IV ZR 286/10, VersR 2012, 1237) die sich in diesem Verfahren stellenden Rechtsfragen, die zuvor von verschiedenen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet waren, zwischenzeitlich geklärt hat. Dieser Fall wird vom Regelungsbereich des § 552a ZPO erfasst; maßgeblich für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (BGH, Beschluss vom 20. Januar 2005 - I ZR 255/02, NJWRR 2005, 650 unter II 1).
- 5
- 2. Das Berufungsgericht hat auch in der Sache richtig entschieden.
- 6
- Wie der Senat in den vorgenannten Urteilen vom 11. Juli 2012 zu gleich gelagerten Fällen mit demselben Anlagemodell näher ausgeführt hat, steht die Sicherungsabtretung der Aktivlegitimation des Klägers nicht entgegen, weil sie den Anspruch auf Rückabwicklung des Vertrages wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nicht erfasst (IV ZR 286/10 aaO Rn. 15 ff.), und liegt eine Verletzung von Aufklärungspflich- ten darin, dass die Beklagte ein unzutreffendes, zu positives Bild der Renditeerwartung gegeben hat, weil auf die von der Beklagten selbst angenommene Wertentwicklung von nur 6% nicht hinreichend deutlich hingewiesen worden ist (IV ZR 164/11 aaO Rn. 54); ebenso hat der Senat entschieden, dass das Verhalten der Untervermittler der Beklagten im Rahmen des von ihr gewählten Vertriebssystems nach § 278 BGB zuzurechnen ist (IV ZR 164/11 aaO Rn. 51), dass für den Ursachenzusammenhang zwischen fehlerhafter Aufklärung und Anlageentscheidung die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens gilt (IV ZR 164/11 aaO Rn. 66) und sich die Verjährung des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nicht nach § 12 Abs. 1 VVG a.F., sondern nach den §§ 195 ff. BGB richtet. Einen Verjährungseintritt nach diesen Bestimmungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden. Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 22.06.2010- 2 O 333/09 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 02.08.2011- 12 U 173/10 -
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Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Aug. 2013 - IV ZR 166/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
Das Revisionsgericht weist die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision durch einstimmigen Beschluss zurück, wenn es davon überzeugt ist, dass die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Streitwert wird auf 150.000 € festgesetzt.
Gründe:
I. Die Klägerin, die Inhaberin der für "Geräte und Anlagen für den Mobilfunk" eingetragenen Marke "S. " ist, stellt Mobiltelefone her, die mit einem sog. SIM-Lock versehen sind. Dieser bewirkt, daß die Mobiltelefone nur im Netz eines bestimmten Netzbetreibers verwendet werden können.
Der Beklagte hat von der Klägerin hergestellte und mit ihrer Marke versehene Mobiltelefone, bei denen die Sperre entfernt worden war, vertrieben und selbst Entsperrungen vorgenommen.
Die Klägerin hat den Beklagten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - wegen Verletzung ihrer Markenrechte auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Auskunftserteilung verurteilt und seine Verpflichtung festgestellt, Schadensersatz zu leisten. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen (OLG Frankfurt GRUR-RR 2002, 327). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
II. Die Revision wird zurückgewiesen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nicht mehr vorliegen und die Revision keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Die Revision ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die klärungsbedürftige Frage von grundsätzlicher Bedeutung, die sich dem Berufungsgericht im vorliegenden Fall stellte, hat der Senat inzwischen im Urteil vom 9. Juni 2004 - I ZR 13/02 (WRP 2005, 106 - SIM-Lock) entschieden. Eine die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschließende Produktveränderung i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG liegt danach vor, wenn Mobiltelefone, mit denen aufgrund einer Sperre (sog. SIM-Lock) nur in einem bestimmten Mobilfunknetz telefoniert werden kann, nach dem Inverkehrbringen durch den Markeninhaber ohne dessen Zustimmung von einem Dritten entsperrt werden.
Danach lagen die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision zwar im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts vor. Sie sind jedoch aufgrund der "SIM-Lock"-Entscheidung des Senats zwischenzeitlich entfallen. Die-
ser Fall wird vom Regelungsbereich des § 552a ZPO erfaßt. Denn maßgeblich für die Beurteilung nach § 552a ZPO, ob die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision vorliegen, ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Revisionsgerichts (vgl. Begründung der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 15/3482, S. 19; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 552a Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 552a Rdn. 2; Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., Anh. § 552a).
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Sinne der Entscheidung "SIM-Lock" erkannt.
a) Der Beklagte ist zur Auskunft nach § 19 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, § 242 BGB und zum Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG verpflichtet.
Der Beklagte hat mit der Marke "S. " gekennzeichnete Mobiltelefone ohne Zustimmung der Klägerin vertrieben (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 MarkenG). Der markenrechtliche Schutz war nicht aufgrund Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausgeschlossen, weil die Klägerin sich dem weiteren Vertrieb der Mobiltelefone aus berechtigten Gründen i.S. von § 24 Abs. 2 MarkenG widersetzen konnte. Die Aufhebung der Sperre (SIM-Lock) der Mobiltelefone stellte eine Produktveränderung dar, die die Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG ausschloß (vgl. BGH WRP 2005, 106, 108 - SIM-Lock). Die Markenrechtsverletzung hat der Beklagte, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, jedenfalls fahrlässig begangen.
b) Entgegen der Ansicht der Revision erfassen der Auskunfts- und der Feststellungsantrag nicht auch Fälle, in denen die Klägerin der Aufhebung der Sperre zugestimmt hat. Aus den Gründen des Berufungsurteils, die zur Auslegung des Urteilstenors heranzuziehen sind, ergibt sich, daß eine Markenverlet-
zung nur dann vorliegt, wenn die Aufhebung der Sperre ohne Zustimmung der Klägerin erfolgt ist.
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht eine rechtsmißbräuchliche Geltendmachung des Markenrechts durch die Klägerin verneint. Diese braucht einen Weitervertrieb der mit ihrer Marke gekennzeichneten Waren nicht hinzunehmen , wenn der Originalzustand der von ihr produzierten und vertriebenen Mobiltelefone von dem Beklagten oder durch Dritte verändert worden ist.
Auch soweit sich die Revision auf eine irreführende Werbung eines Netzbetreibers gegenüber Endkunden, einen Verdrängungswettbewerb gegenüber dem Handel und einem Verkauf unter Einstandspreis beruft, verhilft ihr dies nicht zum Erfolg. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Klägerin hieran beteiligt ist. Durchgreifende Verfahrensrügen dagegen hat die Revision nicht erhoben.
Die Entfernung des "SIM-Lock" stellt sich entgegen der Meinung der Revision auch nicht als Fehlerberichtigung i.S. von § 69d UrhG dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.