Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2009 - IV ZR 88/07

bei uns veröffentlicht am11.03.2009
vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 11 O 74/05, 04.08.2006
Oberlandesgericht Karlsruhe, 12 U 196/06, 15.03.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 88/07
vom
11. März 2009
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die
Richterin Harsdorf-Gebhardt
am 11. März 2009

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 15. März 2007 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Streitwert: 44.574,13 €.

Gründe:


1
DieBeschwerdezeigt nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
Welche Bedeutung der Einkommensdifferenz (hier 14%) bei der Verweisung des in seiner früheren Tätigkeit berufsunfähigen Versicherungsnehmers einer Berufsunfähigkeits-(Zusatz-)versicherung auf eine andere Tätigkeit zukommt, ist durch die Senatsrechtsprechung geklärt (Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2006 - IV ZR 64/04 - ZfSch 2008, 163 unter 2; Senatsurteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97 - VersR 1998, 1537 unter 4 und vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96 - VersR 1998, 42 unter 4 b).
3
Das vom Berufungsgericht gefundene Ergebnis wird schon davon getragen, dass der Kläger nach den insoweit von der Beschwerde nicht angegriffenen Feststellungen in seiner nunmehr ausgeübten Tätigkeit als Staplerfahrer bislang weder einen annähernd vergleichbaren Kenntnisstand noch eine vergleichbare Wertschätzung erreicht hat wie in seiner früheren Beschäftigung als Schmelzer im Schichtbetrieb der Gießerei seiner Arbeitgeberin. Bereits darin liegt ein der Verweisung entgegenstehender Unterschied der neuen Beschäftigung zur früheren Lebensstellung des Klägers, ohne dass es noch auf Weiteres ankäme.
4
einer Von weiteren Begründung wird nach § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.08.2006 - 11 O 74/05 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 15.03.2007 - 12 U 196/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2009 - IV ZR 88/07

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat
Bundesgerichtshof Beschluss, 11. März 2009 - IV ZR 88/07 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Dez. 2006 - IV ZR 64/04

bei uns veröffentlicht am 20.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 64/04 vom 20. Dezember 2006 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf, die Richter Felsch und Dr. Fr

Referenzen

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 64/04
vom
20. Dezember 2006
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Seiffert, die Richterin Dr. Kessal-Wulf,
die Richter Felsch und Dr. Franke
am 20. Dezember 2006

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts vom 3. Februar 2004 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: bis 22.000 €

Gründe:


1
Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen.
2
1. a) Die Beschwerde rügt zwar im Ergebnis zu Recht, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung verfahrensfehlerhaft und unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG die Behauptung des Klägers zugrunde gelegt hat, seine Ehefrau habe dem Beklagten im Jahre 1995 mitgeteilt, der Kläger sei ab Juli 1995 hauptberuflich als Fußballspieler tätig. Das Bestreiten im Schriftsatz des Beklagten vom 26. Januar 2004 durfte nicht als verspätet zurückgewiesen werden.
3
Voraussetzungen Die für die vom Berufungsgericht auf §§ 525, 282, 296 Abs. 2 ZPO gestützte Zurückweisung waren offenkundig nicht gegeben. Das Berufungsurteil lässt schon nicht erkennen, ob für die Verspätung § 282 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO maßgebend ist. Abgesehen davon ist eine Verspätung weder nach Abs. 1 noch nach Abs. 2 der Vorschrift gegeben.
4
aa) § 282 Abs. 1 ZPO betrifft das rechtzeitige Vorbringen in der mündlichen Verhandlung und ist nur dann anwendbar, wenn innerhalb der Instanz mehrere Verhandlungstermine stattgefunden haben und das Vorbringen nicht bereits im ersten Termin erfolgt ist; Vorbringen im ersten Termin kann nie nach § 282 Abs. 1 ZPO verspätet sein (BGH, Urteile vom 4. Mai 2005 - XII ZR 23/03 - NJW-RR 2005, 1007 unter 2 b aa m.w.N. und vom 7. Oktober 1986 - VI ZR 262/85 - NJW 1987, 260 unter II 2 a). Das Bestreiten des Beklagten ist hier noch vor dem ersten Termin erfolgt.
5
bb) Auch die Voraussetzungen des § 282 Abs. 2 ZPO lagen nicht vor. Nach dieser Bestimmung sind Schriftsätze so rechtzeitig einzureichen , dass der Gegner die erforderlichen Erkundigungen noch einzuziehen vermag (BGH, Urteil vom 4. Mai 2005 aaO unter 2 b bb). Der Beklagte hat keinen neuen Sachvortrag gebracht, sondern lediglich das vom Kläger bereits unter Beweis gestellte Vorbringen bestritten. Es ist nicht geltend gemacht und nicht ersichtlich, dass der Kläger dazu weitere Erkundigungen hätte einziehen müssen. § 282 Abs. 2 ZPO bezweckt dagegen nicht, dem Richter die rechtzeitige Terminsvorbereitung zu ermög- lichen (BGH, Urteil vom 25. März 1999 - VII ZR 434/97 - NJW 1999, 2446 unter II 1). Dafür bieten terminsvorbereitende Verfügungen mit Fristsetzung nach § 273 Abs. 2 Nr. 1 i.V. mit § 296 Abs. 1 ZPO eine Handhabe.
6
b) Der Verfahrens- und Gehörsverstoß führt gleichwohl nicht zur Zulassung der Revision, weil das Berufungsurteil darauf nicht beruht.
7
aa) Erweist sich das angefochtene Urteil trotz des Verfahrensfehlers aus anderen Gründen bei zutreffender Anwendung des formellen und des materiellen Rechts im Ergebnis als richtig, sind die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nicht gegeben (BGH, Urteile vom 10. August 2005 - XII ZR 97/02 - FamRZ 2005, 1667 unter II 1 und vom 18. Juli 2003 - V ZR 187/02 - NJW 2003, 3205 unter II 1 b bb).
8
bb) So liegt es hier. Es kommt im Ergebnis nicht darauf an, ob die Ehefrau des Klägers den Beklagten im Jahre 1995 darüber telefonisch informiert hat, dass der Kläger nunmehr hauptberuflich als Fußballer tätig ist, und ob der Rücktritt deshalb - wie das Berufungsgericht meint - ausnahmsweise ausgeschlossen war. Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass der Beklagte die einmonatige Frist für den Rücktritt (§ 20 Abs. 1 VVG, § 6 Abs. 3 Satz 2 AVB) versäumt hat.
9
Die Frist ist mit Zugang des vom Kläger am 6. November 2000 unterzeichneten Versicherten-Fragebogens bei dem Beklagten in Lauf gesetzt worden. Die Angaben des Klägers in der Anlage I haben dem Beklagten bereits die nach der Senatsrechtsprechung (vgl. Urteile vom 20. September 2000 - IV ZR 203/99 - VersR 2000, 1486 unter 3 und vom 30. September 1998 - IV ZR 248/97 - VersR 1999, 217 unter II 1 und 2) zuverlässige Kenntnis von der Verletzung der vorvertraglichen Anzeige- obliegenheit verschafft. Darin hat der Kläger als berufliche Tätigkeiten für den Zeitraum von 1985 bis 1998 lediglich solche als Fußballspieler bei drei Vereinen eingetragen, für die Zeit ab 1990 als Vertragsamateur. Damit war offenkundig, dass er einen ihm bekannten, aus Sicht der Beklagten gefahrerheblichen Umstand im Antrag nicht angegeben, somit seine Anzeigeobliegenheit verletzt hatte und ein Rücktritt ernstlich in Betracht kam (vgl. BGHZ 108, 326, 328 f.). Dafür war es unerheblich, ob, wann und in welchem Umfang der Kläger noch eine weitere Beschäftigung ausgeübt und welche Vergütung er erhalten hatte. Für die Einschätzung des Versicherungsrisikos war entscheidend, ob der Kläger nur Freizeitfußballer war oder beruflich als Vertragsamateur Fußball spielte.
10
Selbst wenn dem Beklagten ein Aufklärungsbedarf hätte zugebilligt werden können, wäre der Rücktritt verspätet, weil der Beklagte die Aufklärung nachlässig betrieben hat. Denn er hat nach dem bei ihm am 27. November 2000 eingegangenen, für unzureichend gehaltenen Schreiben des Klägers vom 23. November 2000 bis zum 5. Februar 2001 keinen weiteren Aufklärungsversuch unternommen. Jedenfalls diese mehr als die doppelte Rücktrittsfrist betragende Untätigkeit führt dazu, dass der danach erklärte Rücktritt verspätet ist.
11
Welche 2. Bedeutung der Einkommensdifferenz bei der Verweisung zukommt, ist durch die Senatsrechtsprechung geklärt (vgl. Urteile vom 17. Juni 1998 - IV ZR 215/97 - VersR 1998, 1537 unter II und vom 22. Oktober 1997 - IV ZR 259/96 - VersR 1998, 42 unter 4). Es ist nicht ersichtlich, dass die einzelfallbezogene Betrachtung des Berufungsgerichts Rechtsfehler enthält.
Terno Seiffert Dr. Kessal-Wulf
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 07.05.2002 - 7 O 490/01 -
KG Berlin, Entscheidung vom 03.02.2004 - 6 U 128/02 -