Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - IX ZB 109/10
vorgehend
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.172,89 € festgesetzt.
Gründe:
- 1
- Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 6, 7, 64 Abs. 3 InsO statthaft. Sie ist jedoch gemäß § 574 Abs. 2 ZPO unzulässig, weil sie weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
- 2
- Die von der Rechtsbeschwerde geltend gemachte Grundsatzbedeutung besteht nicht. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass jedenfalls gegenüber dem die Vergütung beantragenden Insolvenzverwalter, dem der Beschluss über die Festsetzung der Vergütung zudem zusätzlich zugestellt wird, die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde mit Bewirkung der Bekanntmachung des Beschlusses im Internet nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 Satz 3 InsO beginnt (BGH, Beschluss vom 20. März 2003 - IX ZB 140/02, ZIP 2003, 768, 769; vom 5. November 2009 - IX ZB 173/08, ZInsO 2009, 2414 Rn. 9; vom 12. Mai 2011 - IX ZB 181/09, Rn. 2).
- 3
- Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Lohmann Pape
Vorinstanzen:
AG Traunstein, Entscheidung vom 15.12.2009 - 4 IN 303/02 -
LG Traunstein, Entscheidung vom 22.04.2010 - 4 T 1149/10 -
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Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Juni 2011 - IX ZB 109/10 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.
(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.
(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
(1) Das Insolvenzgericht setzt die Vergütung und die zu erstattenden Auslagen des Insolvenzverwalters durch Beschluß fest.
(2) Der Beschluß ist öffentlich bekanntzumachen und dem Verwalter, dem Schuldner und, wenn ein Gläubigerausschuß bestellt ist, den Mitgliedern des Ausschusses besonders zuzustellen. Die festgesetzten Beträge sind nicht zu veröffentlichen; in der öffentlichen Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, daß der vollständige Beschluß in der Geschäftsstelle eingesehen werden kann.
(3) Gegen den Beschluß steht dem Verwalter, dem Schuldner und jedem Insolvenzgläubiger die sofortige Beschwerde zu. § 567 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt durch eine zentrale und länderübergreifende Veröffentlichung im Internet *); diese kann auszugsweise geschehen. Dabei ist der Schuldner genau zu bezeichnen, insbesondere sind seine Anschrift und sein Geschäftszweig anzugeben. Die Bekanntmachung gilt als bewirkt, sobald nach dem Tag der Veröffentlichung zwei weitere Tage verstrichen sind.
(2) Das Insolvenzgericht kann weitere Veröffentlichungen veranlassen, soweit dies landesrechtlich bestimmt ist. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten der zentralen und länderübergreifenden Veröffentlichung im Internet zu regeln. Dabei sind insbesondere Löschungsfristen vorzusehen sowie Vorschriften, die sicherstellen, dass die Veröffentlichungen
- 1.
unversehrt, vollständig und aktuell bleiben, - 2.
jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können.
(3) Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten, auch wenn dieses Gesetz neben ihr eine besondere Zustellung vorschreibt.
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www.insolvenzbekanntmachungen.de
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Der Beschwerdewert beträgt 31.000
Gründe:
I.
Das Amtsgericht - Insolvenzgericht - Ingolstadt hat auf Antrag des Gläubigers durch Beschluß vom 1. Februar 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und den weiteren Beteiligten zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beschluß ist dem Schuldner durch Aufgabe zur Post gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 InsO am 4. Februar 2002 zugestellt worden und gemäß § 9 Abs. 1 InsO am 8. Februar 2002 öffentlich bekanntgemacht worden. Mit beim Amtsgericht Ingolstadt am 19. Februar 2002 (Dienstag) eingegangenen Schreiben vom 18. Februar 2002 hat der Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt, die das Landgericht durch Beschluß vom 20. März 2002 wegen Verspätung als unzulässig verworfen hat. Dagegen wendet sich der Schuldner mit seiner Rechtsbeschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 7 InsO), aber nicht begründet.
1. Nach überwiegend vertretener Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum läßt sich die unter der Geltung der Konkursordnung entwickelte Rechtsauffassung, eine frühere Einzelzustellung sei für die Berechnung der Beschwerdefrist bedeutungslos, auf die Fristenberechnung nach der Insolvenzordnung nicht übertragen. Der Wortlaut des § 9 Abs. 3 InsO unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von dem des § 76 Abs. 3 KO. Während nach der konkursrechtlichen Bestimmung erst die Bekanntmachung als Zustellung gilt, bestimmt § 9 Abs. 3 InsO, daß die öffentliche Bekanntmachung zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten "genügt". Die Vorschrift hat somit den Charakter einer Beweiserleichterung und schließt ersichtlich den Nachweis einer früheren Zustellung an einzelne Beteiligte nicht aus (OLG Köln ZIP 2000, 195, 196 m. zust. Anm. Bork EWiR 2000, 181, 182; HK-InsO/Kirchhof § 9 Rn. 7; MünchKomm-InsO/Ganter, § 9 Rn. 24; Nerlich/Römermann/Becker, InsO § 9 Rn. 25; offengelassen von BayObLG ZInsO 2002, 129, 130; a.A. LG München ZInsO 2000, 684; Kübler/Prütting, InsO § 9 Rn. 15; Kübler/Prütting/Pape aaO § 34 Rn. 1 f; MünchKomm-InsO/Schmahl aaO § 34 Rn. 12). Dieses Verständnis des § 9 Abs. 3 InsO entspricht dem mit der Insolvenzordnung verfolgten Beschleunigungsanliegen, die Frist für diejenigen schon mit der Zustellung nach § 8 InsO beginnen zu lassen, denen die anzufechtende, nicht verkündete Entscheidung nachweislich früher formgerecht zugestellt worden ist (HK-InsO/Kirchhof aaO).
2. Ebenso eindeutig zu bejahen ist die Frage, ob § 8 Abs. 1 Satz 2 InsO als Rechtsfolgenverweisung auf die §§ 213, 175 ZPO a.F. zu verstehen ist. Um das Verfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, kann das Insolvenzgericht - auch wenn die Voraussetzungen der §§ 174, 175 ZPO a.F. nicht vorliegen - nach seinem pflichtgemäßen Ermessen auswählen, ob die Zustellung "förmlich" oder durch Aufgabe zur Post erfolgen soll (Senat, Beschl. v. 13. Februar 2003 - IX ZB 368/02, ZinsO 2003, 216).
Kreft Kirchhof Raebel
Kayser Bergmann
(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.
(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.
(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.
(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.