Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZB 249/10

bei uns veröffentlicht am06.10.2011
vorgehend
Amtsgericht Aachen, 91 IE 3/10, 10.09.2010
Landgericht Aachen, 6 T 113/10, 22.11.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 249/10
vom
6. Oktober 2011
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, die Richterin Lohmann und
den Richter Dr. Fischer
am 6. Oktober 2011

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 22. November 2010 wird auf Kosten der Schuldnerin als unzulässig verworfen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO, §§ 7, 6 Abs. 1, § 34 Abs. 2 InsO statthafte Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
2
1. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde weist die Sache keine Grundsatzbedeutung auf. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen , dass bei Kaufleuten, Gewerbetreibenden oder Freiberuflern, wozu die Schuldnerin als gewerbetreibende Apothekerin (vgl. BFH BFH/NV 1998, 706 f) gehört, bei der Bestimmung des für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuständigen Gerichts, an die wirtschaftliche Tätigkeit des Schuldners anzuknüpfen ist (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2006 - IX ZA 8/06, IPRspr 2006, Nr. 265, 616, 618; vom 22. März 2007 - IX ZB 164/06, ZIP 2007, 878 Rn. 14; vom 17. September 2009 - IX ZB 81/09, Rn. 3 n.v.; vom 15. November 2010 - NotZ 6/10, ZIP 2011, 284 Rn. 11). In der Rechtsprechung des Senats ist ferner anerkannt, dass in diesem Zusammenhang auch auf ausstehende, objektiv erforderliche Abwicklungsmaßnahmen abgestellt werden kann (BGH, Beschluss vom 17. September 2009, aaO). Dies hat das Beschwerdegericht in einer auf den entschiedenen Einzelfall bezogenen Würdigung der maßgeblichen Umstände angenommen, was unter zulässigkeitsrelevanten Gesichtspunkten nicht zu beanstanden ist.
3
2. Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Fischer

Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 10.09.2010 - 91 IE 3/10 -
LG Aachen, Entscheidung vom 22.11.2010 - 6 T 113/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZB 249/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZB 249/10

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 34 Rechtsmittel


(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldne
Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZB 249/10 zitiert 5 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a

Insolvenzordnung - InsO | § 6 Sofortige Beschwerde


(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen. (2) Die Beschwerdefrist beginn

Insolvenzordnung - InsO | § 34 Rechtsmittel


(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. (2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldne

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZB 249/10 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Okt. 2011 - IX ZB 249/10 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Sept. 2009 - IX ZB 81/09

bei uns veröffentlicht am 17.09.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 81/09 vom 17.September 2009 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. März 2007 - IX ZB 164/06

bei uns veröffentlicht am 22.03.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZB 164/06 vom 22. März 2007 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja InsO § 14 Abs. 1, § 21 a) Die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen setzt grundsätzlich einen zulässi

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2006 - IX ZA 8/06

bei uns veröffentlicht am 13.06.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZA 8/06 vom 13. Juni 2006 in dem Insolvenzverfahren Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak am 13. Juni 2006 be

Referenzen

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Entscheidungen des Insolvenzgerichts unterliegen nur in den Fällen einem Rechtsmittel, in denen dieses Gesetz die sofortige Beschwerde vorsieht. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Insolvenzgericht einzulegen.

(2) Die Beschwerdefrist beginnt mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht verkündet wird, mit deren Zustellung.

(3) Die Entscheidung über die Beschwerde wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.

(1) Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelehnt, so steht dem Antragsteller und, wenn die Abweisung des Antrags nach § 26 erfolgt, dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(2) Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, so steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu.

(3) Sobald eine Entscheidung, die den Eröffnungsbeschluß aufhebt, Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekanntzumachen. § 200 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Die Wirkungen der Rechtshandlungen, die vom Insolvenzverwalter oder ihm gegenüber vorgenommen worden sind, werden durch die Aufhebung nicht berührt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 8/06
vom
13. Juni 2006
in dem Insolvenzverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Fischer und die Richter Dr. Ganter, Raebel, Kayser und Cierniak
am 13. Juni 2006

beschlossen:
Das Gesuch des Schuldners, ihm zur Durchführung der Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 2. Februar 2006 Prozesskostenhilfe zu gewähren , wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
dem Das Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners vom 24. Februar 2006, eingegangen beim Bundesgerichtshof am 27. Februar 2006, zu entnehmende Prozesskostenhilfegesuch ist zurückzuweisen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 4 InsO, § 114 Satz 1 ZPO).
2
1. Eine Rechtsbeschwerde gegen eine Entscheidung, durch welche - wie hier - die sofortige Beschwerde gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners zurückgewiesen wird, ist nur zulässig, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 7 InsO in Verbindung mit § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO). Keine dieser Fallgestaltungen ist hier gegeben, insbesondere liegt kein Fall der Grundsätzlichkeit vor. Diese hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abs trakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGHZ 154, 288, 291; 159, 135, 137 f).
3
2. Das Landgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Insolvenzgerichte gemäß Art. 3 Abs. 1 EuInsVO, gegen welche der Schuldner sich im Rechtsbeschwerdeverfahren wenden will, damit begründet, dass der Mittelpunkt der Tätigkeiten des Schuldners in wirtschaftlicher Hinsicht in Deutschland liege. Hiergegen sind Zulassungsgründe nicht ersichtlich.
4
a) Das Landgericht hat ausgeführt: Sämtliche nennenswerten Einnahmen des Schuldners seien auf dessen nicht als anwaltlich zu qualifizierenden organschaftlichen Tätigkeiten für zwei Gesellschaften zurückzuführen. Anwaltshonorare habe er nach den nicht in Abrede gestellten Feststellungen des Insolvenzverwalters nur vor seiner Bestellung als Präsident der Gesellschaften vereinnahmt. Die wirtschaftlichen Tätigkeiten der Gesellschaften seien von Deutschland aus gesteuert worden.
5
Zu der Gesellschaft "A.I. & F." sei festzustellen, dass es im Kern darum gegangen sei, die von Anlegern in Deutschland eingezahlten Beträge, die über ein in Deutschland aufgebautes Vertriebssystem eingeworben worden seien, ins Ausland zu transferieren, ohne dass dort eine Geschäftstätigkeit der Gesellschaft angefallen sei. Die Sollbuchungen seien von Deutschland aus gesteuert worden, weil sie auf Anweisung des Gesellschafters F. oder des Schuldners erfolgt seien, die den im Ausland ansässigen kontoberechtigten Personen entsprechende Anweisungen übermittelt hätten. Entsprechendes gelte für die "A.I.F.". Bei dieser Gesellschaft seien ebenfalls alle Gutschriften und Abgänge von Deutschland aus gesteuert worden. In der Gesamtschau der die Zahlungszugänge und -abgänge steuernden wirtschaftlichen Tätigkeit beider Gesellschaften stehe damit Pirna als deren Mittelpunkt fest.
6
Die in Deutschland angesiedelte Tätigkeit des Schuldners als Präsident der genannten Gesellschaften mache - wie das Landgericht weiter festgestellt hat - seine weit überwiegende Einnahmequelle aus. Daraus ergebe sich die internationale Zuständigkeit für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Deutschland. Die sozialen Bindungen des Schuldners seien für ein Insolvenzverfahren , welches im Wesentlichen die wirtschaftlichen Beziehungen zum Gegenstand habe, nicht entscheidend.
7
b) Diese Begründung wirft keine Grundsatzfragen auf, sondern erschöpft sich in einer weitgehend tatrichterlichen Würdigung in einem besonders gelagerten insolvenzrechtlichen Einzelfall.
8
aa) Der in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO verwendete Rechtsbegriff des Mittelpunktes der hauptsächlichen Interessen ist durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Grundsätzlichen geklärt. Er erhellt sich aus der 13. Begründungserwägung der Verordnung, wo es heißt: "Als Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen sollte der Ort gelten, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und damit für Dritte feststellbar ist." Aus dieser Definition geht hervor, dass der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen nach objektiven und zugleich für Dritte feststellbaren Kriterien zu bestimmen ist. Diese Objektivität und diese Möglichkeit der Feststellung durch Dritte sind erforderlich, um Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Bestimmung des für die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens zuständigen Gerichts zu garantieren. Diese Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit sind umso wichtiger, als die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung die des anwendbaren Rechts nach sich zieht (EuGH, Urt. v. 2. Mai 2006 - Rs C-341/04, ZIP 2006, 907, 908). Als feststellbares Kriterium, welches Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Bestimmung des für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens zuständigen Gerichts garantiert, ist nach gesicherter Rechtsauffassung, die nicht weiter klärungsbedürftig ist, bei Kaufleuten, Gewerbetreibenden oder Selbständigen an die wirtschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit des Schuldners anzuknüpfen (vgl. HK-InsO/Stephan, 4. Aufl. Art. 3 EuInsVO Rn. 3; MünchKomm-InsO/Reinhart, Art. 3 EuInsVO Rn. 2; Balz ZIP 1996, 948, 949; Duursma-Kepplinger in Duursma -Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Europäische Insolvenzordnung Art. 3 Rn. 19; Huber ZZP 114 (2001), 133, 140; Kemper in Kübler/Prütting, InsO Art. 3 EuInsVO Rn. 5; Smid, Deutsches und Europäisches Internationales Insolvenzrecht Art. 3 EuInsVO Rn. 9). Dass dieser Standpunkt von irgendeiner Seite ernsthaft in Frage gestellt wird, ist nicht ersichtlich. Das Landgericht hat sich ihm ausdrücklich angeschlossen. Damit kommt es nicht darauf an, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in Schweden hat und seine Ehefrau nach seinen Angaben dort wohnt.
9
bb) Auf dieser gesicherten rechtlichen Grundlage konnte das Landgericht , ohne Grundsatzfragen zu berühren, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners in Deutschland sehen, weil er als Präsident der von Pirna aus gesteuerten Gesellschaften seine wesentlichen Einkünfte aus der Wahrnehmung seiner gesellschaftsrechtlichen Organfunktionen bezogen hat. Hierbei handelt es sich um eine auf den zu entscheidenden Einzelfall bezogene Würdigung des Tatrichters ohne Grundsatzbedeutung. Der Schuldner hat in der Begründung seines Prozesskostenhilfeantrags nichts vorgetragen, was diese Annahme des Landgerichts ernsthaft in Frage stellen kann. Seinem mit der Begründung des Prozesskostenhilfeantrags wiederholten Vortrag, für seine "Strohmann -Präsidentenstellung" habe er keine Vergütung erhalten und die ihm überwiesenen Gelder seien die Gegenleistung für anwaltliche Dienstleistungen, ist das Landgericht in Wahrnehmung seiner Aufgabe als Tatrichter nicht gefolgt. Dies wirft keine Fragen von Grundsatzbedeutung auf. Auf den Kanzleisitz in Schweden käme es entgegen der Auffassung des Schuldners allenfalls an, wenn er dort eine nennenswerte anwaltliche Geschäftstätigkeit mit entsprechenden Einnahmen außerhalb des hier in Rede stehenden Komplexes entfaltet hätte. Dafür gibt es indes keine Anhaltspunkte; der Schuldner macht dies in seiner Antragsschrift auch nicht geltend.
10
Dass die Vorinstanz dem Schuldner zugebilligt hat, im Einzelfall habe er von Schweden aus Entscheidungen für die von Pirna aus agierenden Gesellschaften getroffen, stellt die zutreffende Gesamtwürdigung des Landgerichts, Pirna stehe als Mittelpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners fest, nicht grundsätzlich in Frage.
Fischer Ganter Raebel
Kayser Cierniak
Vorinstanzen:
AG Dresden, Entscheidung vom 11.10.2004 - 540 IN 565/04 -
LG Dresden, Entscheidung vom 02.02.2006 - 5 T 1297/04 -
14
(1) Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Insolvenzgerichts besteht nach den bisherigen Feststellungen eine überwiegende , auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit. Der in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EuInsVO verwendete Rechtsbegriff des Mittelpunktes der hauptsächlichen Interessen erschließt sich aus der 13. Begründungserwägung der Verordnung, wo es heißt: "Als Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen sollte der Ort gelten, an dem der Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und damit für Dritte feststellbar ist." Aus dieser Definition geht hervor, dass der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen nach objektiven und zugleich für Dritte feststellbaren Kriterien zu bestimmen ist. Diese Objektivität und die Möglichkeit der Feststellung durch Dritte sind erforderlich, um Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Bestimmung des für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens zuständigen Gerichts zu garantieren. Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit sind umso wichtiger, als die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung die des anwendbaren Rechts nach sich zieht (EuGH ZIP 2006, 907, 908). Als feststellbares Kriterium, welches Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Bestimmung des für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens zuständigen Gerichts garantiert, ist nach gesicherter Rechtsauffassung bei Kaufleuten, Gewerbetreibenden oder Selbständigen an die wirtschaftliche oder gewerbliche Tätigkeit des Schuldners anzuknüpfen (vgl. BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006 - IX ZA 8/06, n.v.; HK-InsO/Stephan, 4. Aufl. Art. 3 EuInsVO Rn. 3; Balz ZIP 1996, 948, 949; Duursma-Kepplinger in Duursma-Kepplinger/Duursma/Chalupsky, Europäische Insolvenzordnung Art. 3 Rn. 19; Huber ZZP 114 (2001), 133, 140; Kemper in Kübler/Prütting, InsO Art. 3 EuInsVO Rn. 5; Smid, Deutsches und Europäisches Internationales Insolvenzrecht Art. 3 EuInsVO Rn. 9). Das Landgericht hat sich diesem Standpunkt ersichtlich angeschlossen. Danach kommt es nicht darauf an, dass der Schuldner seinen Wohnsitz in Italien hat.
3
Bei Kaufleuten und Freiberuflern ist nach gesicherter Rechtsauffassung bei der Bestimmung des für die Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens zuständigen Gerichts auf den Ort der wirtschaftlichen oder freiberuflichen Tätigkeit des Schuldners abzustellen (BGH, Beschl. v. 22. März 2007 - IX ZB 164/06, WM 2007, 899, 901 Rn. 14). Im vorliegenden Fall ist an das Amt als Notar in München anzuknüpfen, aus dem der Schuldner erst wenige Tage vor der Antragstellung entlassen worden ist; dies machte Abwicklungsmaßnahmen erforderlich , denen notwendigerweise - zumindest teilweise - auch Außenwirkung zukam. Weiter ist zu berücksichtigen, dass der Schuldner in Deutschland über Immobilienvermögen verfügt (vgl. BGH, aaO Rn. 15). Im Blick auf den am 17. September 2008 gestellten, für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit maßgeblichen (BGH, Beschl. v. 9. Februar 2006 - IX ZB 418/02, ZIP 2006, 529, 530 Rn. 7, 8) Insolvenzantrag ist die nach den eigenen Angaben des Schuldners ab dem 1. Juni 2009 in London aufgenommene Berufstätigkeit ohne Bedeutung. Angesichts dieser unstreitigen Gegebenheiten scheidet mangels einer Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG aus.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.