Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2014 - IX ZR 114/14

bei uns veröffentlicht am09.07.2014
vorgehend
Landgericht Berlin, 31 O 73/10, 13.05.2011
Kammergericht, 4 U 111/11, 07.03.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZR 114/14
vom
9. Juli 2014
in dem Rechtsstreit
Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Fischer, Dr. Pape und
die Richterin Möhring
am 9. Juli 2014

beschlossen:
Der Antrag der Klägerin auf Beiordnung eines Notanwalts für die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 7. März 2014 wird abgelehnt.

Gründe:


1
Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Notanwalts sind nicht erfüllt , weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung aussichtslos ist (§ 78b Abs. 1 ZPO). Die Rechtsbeschwerde wäre auch nach Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts unzulässig. Die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde ist verstrichen, ohne dass für ein nach Beiordnung eines Notanwalts zu führendes Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt.
2
1. Einer Partei, welche trotz Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittelfrist nur gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts bei Gericht gestellt und dabei die Voraussetzungen für die Bestellung des Notanwalts substantiiert dargelegt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2011 - IX ZA 2/11, WuM 2011, 323 Rn. 4; vom 12. Juni 2012 - VIII ZB 80/11, nv, Rn. 9; vom 18. Dezember 2013 - III ZR 122/13, WM 2014, 425 Rn. 8; vom 31. März2014 - IX ZB 17/14, nv). Im Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof muss sie hierzu darlegen, sich ohne Erfolg zumindest an mehr als vier beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte gewandt zu haben (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2004 - IV ZR 290/03, NJW-RR 2004, 864; vom 25. Januar 2007 - IX ZB 186/06, FamRZ 2007, 635 f; vom 28. Juni 2010 - IX ZA 26/10, WuM 2010, 649; vom 19. Januar 2011, aaO Rn. 2) und welche Rechtsanwälte aus welchen Gründen zur Übernahme des Mandats nicht bereit waren (BGH, Beschluss vom 24. August 2011 - V ZA 14/11, WuM 2011, 699 Rn. 3).
3
2. Diesen Anforderungen wird die Klägerin nicht gerecht. Sie hat bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist keinen zulässigen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt. Zwar ist dieser nach dem Gesetz an keine Form gebunden, so dass er auch schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle gestellt werden kann (MünchKomm-ZPO/Toussaint, 4. Aufl., § 78b Rn. 10; Zöller/Vollkommer , ZPO, 30. Aufl., § 78b Rn. 5). Dem genügen die von der Klägerin innerhalb der Rechtsmittelfrist ausschließlich übersandten E-Mails, die auch nicht der Übermittlung eines bereits vorhandenen schriftlichen Beiordnungsantrages dienten, jedoch nicht. Als lediglich elektronische Dokumente wahren sie die Schriftform nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649 Rn. 10; vom 4. Dezember 2008 - IX ZB 41/08, NJW-RR 2009, 357 Rn. 6). Auch hat die Klägerin eigene Bemühungen, einen zu ihrer Vertretung bereiten zugelassenen Rechtsanwalt zu finden, erst durch Schreiben vom 19. Juni 2014 und damit nach Ablauf der Rechtsmittelfrist dargelegt.
Kayser Lohmann Fischer
Pape Möhring

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.05.2011 - 31 O 73/10 -
KG Berlin, Entscheidung vom 07.03.2014 - 4 U 111/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2014 - IX ZR 114/14

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2014 - IX ZR 114/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78b Notanwalt


(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Re
Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2014 - IX ZR 114/14 zitiert 2 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 78b Notanwalt


(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Re

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(1) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht einer Partei auf ihren Antrag durch Beschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Gegen den Beschluss, durch den die Beiordnung eines Rechtsanwalts abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

9
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann einer Partei, welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, nur dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden, wenn innerhalb der Frist ein Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts bei Gericht eingegangen ist (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2011 - IX ZA 2/11, aaO mwN). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat der Beklagte einen solchen Antrag nicht gestellt, so dass es im Ergebnis auch unschädlich ist, dass sich das Berufungsgericht mit diesem Gesichtspunkt nicht befasst hat. Die Beiordnung eines Notanwalts setzt voraus, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden hat. Ihre diesbezüglichen Bemühungen hat die Partei dem Gericht - innerhalb der Rechtsmittelfrist (BGH, Beschluss vom 24. August 2011 - V ZA 14/11, WuM 2011, 699 Rn. 3) - substantiiert darzulegen und nachzuweisen (BGH, Beschlüsse vom 8. Dezember 2011 - AnwZ (Brfg) 46/11, juris Rn. 4; vom 19. Oktober 2011 - I ZR 98/11, juris Rn. 2; Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 78b Rn. 4; jeweils mwN). Darzulegen ist in diesem Zusammenhang, welche Rechtsanwälte aus welchen Gründen zur Übernahme des Mandats nicht bereit waren (BGH, Beschluss vom 24. August 2011 - V ZA 14/11, aaO). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Das Berufungsgericht hat daher im Ergebnis zutreffend auch davon abgesehen, eine Umdeutung des wegen des Anwaltszwangs unwirksamen Berufungsfristverlängerungsantrags des Beklagten in einen Antrag auf Bestellung eines Notanwalts vorzunehmen. Denn eine Umdeutung kommt nur dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen einer anderen , dem gleichen Zweck dienenden Prozesshandlung erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 8. Dezember 2011 - AnwZ (Brfg) 46/11, aaO Rn. 8). Daran fehlt es hier.
8
1. Einer Partei, welche trotz der Vornahme zumutbarer Bemühungen keinen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt gefunden hat, kann Wiedereinsetzung gegen die Versäumung einer Rechtsmittel(Begründungs-)Frist gewährt werden, wenn sie vor Fristablauf einen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts bei Gericht gestellt und dabei die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notanwalts substantiiert dargelegt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Januar 2011 - IX ZA 2/11, WuM 2011, 323 Rn. 4; Beschluss vom 12. Juni 2012 - VIII ZB 80/11, juris Rn. 9).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 290/03
vom
16. Februar 2004
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch
am 16. Februar 2004

beschlossen:
1. Der Antrag des Klägers, ihm gemäß § 78b ZPO einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 9. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 18. Juni 2003 wird auf Kosten des Klägers verworfen.
Streitwert : 36.813,02

Gründe:


1. Der Kläger und Beschwerdeführer hat von der Beklagten Versicherungsleistungen aus einer Unfallversicherung wegen behaupteter 30%iger Invalidität infolge eines Auffahrunfalls gefordert. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil sie sich nach Auswertung zahlreicher ärztlicher Gutachten und Stellungnahmen und nach Einholung des Gutachtens eines gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht davon

haben überzeugen können, daß Dauerschäden, welche bedingungsgemäße Invalidität begründen würden, auf den Unfall des Klägers zurückzuführen sind. Im Berufungsurteil ist die Revision nicht zugelassen worden.
Der Kläger hat hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) erhoben und beantragt, ihm für die Durchführung dieses Verfahrens einen Notanwalt nach § 78b Abs. 1 ZPO beizuordnen, nachdem sein bisheriger Prozeßbevollmächtigter das Mandat niedergelegt hat und weitere beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte nach der Behauptung des Klägers eine Übernahme des Mandats abgelehnt haben.
2. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist nicht begründet.
Nach § 78b ZPO kann einer Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

a) Die zuerst genannte Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre diesbezüglichen Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen hat (vgl. BGH, Beschluß vom 12. Mai 1999 - IV ZR 207/98 - EzFamR ZPO § 78b Nr. 2 unter 1; Beschluß vom 27. April 1995 - III ZB 4/95 - BGHR ZPO § 78b Abs. 1 Anstrengungen, zumutbare 1). Schon daran fehlt es hier. Der Kläger trägt lediglich vor, daß und weshalb sein bisheriger Prozeßbevollmächtigter das Mandat niedergelegt hat, daß ein von ihm an-

gesprochener Rechtsanwalt erkrankt gewesen sei und daß zwei weitere, beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte das Mandat nicht hätten übernehmen können, weil die Beklagte zu ihren Mandanten zähle. Seine weitere Behauptung, er habe daneben auch andere beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte angesprochen, hat der Kläger weder mit Namen noch mit Ablehnungsgründen konkretisiert. Das reicht hier schon deshalb nicht aus, weil der Kläger seine Behauptungen - auch soweit er Rechtsanwälte namentlich benannt und Gründe für die Mandatsablehnung vorgetragen hat - nicht belegt hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wäre ihm im übrigen zuzumuten gewesen , sich an mehr als vier der beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte zu wenden (BGH, Beschluß vom 7. Mai 2003 - IV ZR 133/97 - unter 2; vgl. auch BGH, Beschluß vom 7. Dezember 1999 - VI ZR 219/99 - MDR 2000, 412, in dem das Mandatsersuchen an lediglich drei Rechtsanwälte als nicht ausreichend angesehen worden ist).

b) Davon abgesehen ist die Nichtzulassungsbeschwerde in der Sache auch aussichtslos. Denn Zulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO sind hier nicht ersichtlich.

3. Die Nichtzulassungsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen , weil sie nicht innerhalb der Frist des § 544 Abs. 2 ZPO durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (§ 78 Abs. 1 Satz 4 ZPO) begründet worden ist.
Terno Seiffert Wendt
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 26/10
vom
28. Juni 2010
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
Grupp
am 28. Juni 2010

beschlossen:
Der Antrag des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts für eine Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Hanau vom 18. Mai 2010 wird abgelehnt.

Gründe:


1
Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 78b ZPO setzt voraus, dass die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint. Beide Voraussetzungen hat der Antragsteller nicht dargelegt. Aus seinen Ausführungen ergibt sich nicht, dass er sich erfolglos mit der Bitte um Mandatsübernahme an mindestens fünf beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwälte gewandt hat. Der von ihm in Aussicht genommenen Rechtsbeschwerde fehlen überdies jegliche Erfolgsaussichten. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Antragstellers mit zutreffender Begründung verworfen. Weder im Schreiben vom 28. Mai 2010 noch im Schreiben vom 18. Juni 2010 erläutert der Antragsteller, warum der anzugreifende Beschluss unzutreffend sein könnte.
2
Der Antragsteller kann nicht damit rechnen, Antwort auf weitere Eingaben zu erhalten.
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp
Vorinstanzen:
AG Hanau, Entscheidung vom 08.04.2010 - 31 C 788/09 -
LG Hanau, Entscheidung vom 18.05.2010 - 2 S 22/10 -
3
Die zuerst genannte Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Partei trotz zumutbare Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre diesbezüglichen Bemühungen dem Gericht substantiiert dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen hat (s. nur BGH, Beschluss vom 25. Januar 2007 - IX ZB 186/06, FamRZ 2007, 635 f.). Daran fehlt es hier. Die Beklagten haben zwar innerhalb der bis zum 16. Juni 2011 laufenden Rechtsmittelfrist den Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt, aber nicht dargelegt, aus welchen Gründen die von ihnen genannten Rechtsanwälte zur Übernahme des Mandats nicht bereit waren. Ihre bloße Erklärung, die Rechtsanwälte hätten eine Vertretung abgelehnt, genügt den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung und einen Nachweis nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 1005 - III ZB 4/95, NJW-RR 1995, 1016).
10
Während die schriftliche Form durch die vom Aussteller unterzeichnete Urkunde gekennzeichnet wird (§ 126 Abs. 1 BGB), besteht das elektronische Dokument aus der in einer elektronischen Datei enthaltenen Datenfolge selbst; an die Stelle der Unterschrift tritt demgemäß die (qualifizierte) elektronische Signatur (§ 126a Abs. 1 BGB, § 130a Abs. 1 Satz 2 ZPO). § 130a Abs. 3 ZPO bestimmt demgemäß, dass ein elektronisches Dokument eingereicht ist, sobald die für den Empfang bestimmte Einrichtung des Gerichts es aufgezeichnet hat.
6
bb) Eine E-Mail fällt nicht unter § 130 ZPO, sondern unter § 130a ZPO. Die E-Mail ist ein elektronisches Dokument, das aus der in einer elektronischen Datei enthaltenen Datenfolge besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Juli 2008 - X ZB 8/08, NJW 2008, 2649, 2650 Rn. 10). Dass ein elektronisches Dokument die in § 130 ZPO vorausgesetzte Schriftform für vorbereitende und bestimmende Schriftsätze nicht wahrt, folgt bereits aus der Systematik des Gesetzes. Die Vorschrift des § 130a ZPO wäre nicht erforderlich, wenn das elektronische Do- kument bereits von § 130 ZPO erfasst würde. Die elektronische Form ist durch das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13. Juli 2001 (BGBl. I S. 1542) ausdrücklich "als Option zur Schriftform" eingeführt worden (so die amtliche Begründung BT-Drucks. 14/4987, S. 12). § 130a Abs. 1 Satz 1 ZPO "versteht das elektronische Dokument als modifizierte Schriftform" und sollte den Parteien erst die Möglichkeit eröffnen, Schriftsätze und Erklärungen "als elektronisches Dokument bei Gericht einzureichen" (BT-Drucks. 14/4987, aaO).