Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - V ZB 115/13

bei uns veröffentlicht am08.10.2014
vorgehend
Landgericht Aachen, 3 T 139/13, 24.07.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 115/13
vom
8. Oktober 2014
in der Zurückschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. Oktober 2014 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Vertrauensperson des Betroffenen werden der Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 8. Mai 2013 und der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 24. Juli 2013 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass die Inhaftierung des Betroffenen vom 18. Februar 2013 bis zum 19. Februar 2013 rechtswidrig war.
Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Vertrauensperson des Betroffenen in allen Instanzen werden der Bundesrepublik Deutschland auferlegt.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:


1
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache analog § 62 FamFG ohne Zulassung statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, InfAuslR 2010, 359 Rn. 9 mwN). Sie ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Beteiligte zu 2 beschwerdebefugt, weil der Betroffene ihn als Vertrauensperson benannt hat (§ 429 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG). Er war, wie es gemäß § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG erforderlich ist, bereits im ersten Rechtszug beteiligt, weil er den Haftaufhebungsantrag vor dem Amtsgericht gestellt hat (Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 67/13, InfAuslR 2014, 99 Rn. 3; Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 3). Seine Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Haftaufhebung kann er nach einer Erledigung durch die Entlassung des Betroffenen aus der Haft mit dem Antrag nach § 62 Abs. 1 FamFG weiter verfolgen, die Rechtsverletzung des Betroffenen festzustellen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, Rn.12, juris; Beschluss vom 26. Juni 2014 - V ZB 5/14, Rn. 7, juris).
2
2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Haft hätte schon deshalb nicht aufrechterhalten werden dürfen, weil diese in der Justizvollzugsanstalt Büren und damit unter Verletzung der im Lichte von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG auszulegenden Vorschrift des § 62a Abs. 1 AufenthG vollzogen wurde (vgl. näher Senat, Beschluss vom 25. Juli 2014 - V ZB 137/14, juris Rn. 7 bis 10). Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Stresemann Roth Brückner Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 08.05.2013 - 622 XIV 892/B -
LG Aachen, Entscheidung vom 24.07.2013 - 3 T 139/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - V ZB 115/13

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - V ZB 115/13

Referenzen - Gesetze

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 74 Entscheidung über die Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 62 Statthaftigkeit der Beschwerde nach Erledigung der Hauptsache


(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführ

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 62a Vollzug der Abschiebungshaft


(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rech

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 418 Beteiligte


(1) Zu beteiligen sind die Person, der die Freiheit entzogen werden soll (Betroffener), und die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat. (2) Der Verfahrenspfleger wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Ver

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 429 Ergänzende Vorschriften über die Beschwerde


(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde zu. (2) Das Recht der Beschwerde steht im Interesse des Betroffenen1.dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen
Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Okt. 2014 - V ZB 115/13 zitiert 5 §§.

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Tenor Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 12. Dezember 2013 wird auf Kosten des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

9
1. Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG, § 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG). An der Statthaftigkeit des Rechtsmittels ändert die zwischenzeitliche Erledigung der Hauptsache nichts. Die Regelung in § 62 FamFG, nach der das Beschwerdegericht auf Antrag ausspricht, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn er an der Feststellung - wie hier - ein berechtigtes Interesse hat, gilt im Rechtsbeschwerdeverfahren entsprechend (Senat, Beschl. v. 25. Februar 2010, V ZB 172/09, juris, Rdn. 9). Denn unter dem Blickwinkel effektiven Rechtsschutzes ist es unerheblich, in welchem Stadium des Verfahrens sich die angegriffene Entscheidung in der Hauptsache erledigt (vgl. BVerfGK 6, 303, 311).

(1) Zu beteiligen sind die Person, der die Freiheit entzogen werden soll (Betroffener), und die Verwaltungsbehörde, die den Antrag auf Freiheitsentziehung gestellt hat.

(2) Der Verfahrenspfleger wird durch seine Bestellung als Beteiligter zum Verfahren hinzugezogen.

(3) Beteiligt werden können im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatte oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen Eltern und Kinder, wenn der Betroffene bei diesen lebt oder bei Einleitung des Verfahrens gelebt hat, die Pflegeeltern sowie
2.
eine von ihm benannte Person seines Vertrauens.

(1) Das Recht der Beschwerde steht der zuständigen Behörde zu.

(2) Das Recht der Beschwerde steht im Interesse des Betroffenen

1.
dessen Ehegatten oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen Eltern und Kindern, wenn der Betroffene bei diesen lebt oder bei Einleitung des Verfahrens gelebt hat, den Pflegeeltern sowie
2.
einer von ihm benannten Person seines Vertrauens
zu, wenn sie im ersten Rechtszug beteiligt worden sind.

(3) Das Recht der Beschwerde steht dem Verfahrenspfleger zu.

(4) Befindet sich der Betroffene bereits in einer abgeschlossenen Einrichtung, kann die Beschwerde auch bei dem Gericht eingelegt werden, in dessen Bezirk die Einrichtung liegt.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache analog § 62 FamFG ohne Zulassung statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, InfAuslR 2010, 359 Rn. 9 mwN). Sie ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist der Beteiligte zu 2 beschwerdebefugt, weil der Betroffene ihn als Vertrauensperson benannt hat (§ 429 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG). Er war, wie es gemäß § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG erforderlich ist, bereits im ersten Rechtszug beteiligt, weil er den Haftaufhebungsantrag vor dem Amtsgericht gestellt hat.
3
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist der Beteiligte zu 2 beschwerdebefugt, weil der Betroffene ihn als Vertrauensperson benannt hat (§ 429 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG). Er war, wie es gemäß § 429 Abs. 2 FamFG erforderlich ist, bereits im ersten Rechtszug beteiligt, weil er den Haftaufhebungsantrag vor dem Amtsgericht gestellt hat.

(1) Hat sich die angefochtene Entscheidung in der Hauptsache erledigt, spricht das Beschwerdegericht auf Antrag aus, dass die Entscheidung des Gerichts des ersten Rechtszugs den Beschwerdeführer in seinen Rechten verletzt hat, wenn der Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat.

(2) Ein berechtigtes Interesse liegt in der Regel vor, wenn

1.
schwerwiegende Grundrechtseingriffe vorliegen oder
2.
eine Wiederholung konkret zu erwarten ist.

(3) Hat der Verfahrensbeistand oder der Verfahrenspfleger die Beschwerde eingelegt, gelten die Absätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 302/10
vom
15. Dezember 2011
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Dezember 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter Dr. Lemke, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterin Weinland

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Beteiligten zu 3 werden die Beschlüsse des Landgerichts Paderborn vom 27. Oktober 2010 und des Amtsgerichts Paderborn vom 19. August 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als für den Zeitraum ab dem 5. August 2010 zum Nachteil des Betroffenen entschieden worden ist.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Paderborn vom 18. Juni 2010 den Betroffenen seit dem 5. August 2010 in seinen Rechten verletzt hat.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Beteiligten zu 3 werden zu 46/100 der Stadt D. auferlegt. Im Übrigen findet eine Auslagenerstattung nicht statt. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein marokkanischer Staatsangehöriger, reiste im November 2005 in das Bundesgebiet ein und stellte im Dezember 2006 einen Asylantrag, der im Dezember 2008 durch Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen wurde. Der in dem bestandskräftigen Bescheid enthaltenen Aufforderung, das Bundesgebiet binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, kam der Betroffene nicht nach, sondern tauchte in der Folgezeit unter.
2
Am 19. März 2010 wurde der Betroffene, der keine Identitätspapiere besaß , aufgegriffen und festgenommen. Auf Antrag der Beteiligten zu 2 wurde gegen ihn Haft zur Sicherung seiner Abschiebung für die Dauer von drei Monaten angeordnet. Auf einen weiteren Antrag der Beteiligten zu 2 wurde die Sicherungshaft mit Beschluss des Amtsgerichts vom 18. Juni 2010 bis zum 18. September 2010 verlängert.
3
Mit einem am 5. August 2010 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Beteiligte zu 3 beantragt, ihn als Vertrauensperson des Betroffenen zuzulassen, die Haft aufzuheben und festzustellen, dass der Haftbeschluss des Amtsgerichts rechtswidrig gewesen sei.
4
Das Amtsgericht hat den Beteiligten zu 3 als Vertrauensperson zugelassen , die Sachanträge jedoch zurückgewiesen. Der Betroffene ist während des von dem Beteiligten zu 3 geführten Beschwerdeverfahrens am 14. September 2010 aus der Haft entlassen worden. Das Landgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des Amtsgerichts zurückgewiesen.
5
Hiergegen wendet sich der Beteiligte zu 3 mit der Rechtsbeschwerde, mit der er die Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts sowie die Feststellung einer Rechtsverletzung des Betroffenen durch die Beschlüsse des Amtsgerichts über die Verlängerung der Haft und die Zurückweisung des Antrags auf Haftaufhebung beantragt.

II.

6
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, der Betroffene sei durch die Zurückweisung des Haftaufhebungsantrages nicht in seinen Rechten verletzt worden. Die Sicherungshaft habe nicht aufgehoben werden müssen, da der Betroffene vollziehbar ausreisepflichtig gewesen sei und die Haftgründe des § 62 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 5 AufenthG vorgelegen hätten. Die Haft habe auch über einen Zeitraum von drei Monaten hinaus aufrechterhalten werden dürfen, weil es nicht von Anfang an festgestanden habe, dass eine Abschiebung binnen drei Monaten nicht möglich gewesen sei. Nach Aktenlage sei auch nicht ersichtlich , dass die Behörden gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen hätten.

III.

7
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 71 FamFG). Der Beteiligte zu 3 ist beschwerdeberechtigt, weil er als von dem Betroffenen benannte Vertrauensperson bereits im ersten Rechtszug an dem Verfahren beteiligt worden ist (§ 429 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG).
8
2. Die Rechtsbeschwerde hat nur teilweise Erfolg.
9
a) Ohne Erfolg bleibt das Rechtsmittel, soweit der Beteiligte zu 3 die Feststellung einer Verletzung der Rechte des Betroffenen durch die Verlängerung der Sicherungshaft beantragt. Der Feststellungsantrag nach § 62 FamFG ist für den Zeitraum von dem Beginn der verlängerten Haft bis zum Eingang des Antrags auf deren Aufhebung als unzulässig zurückzuweisen, weil ihm die formelle Rechtskraft der Entscheidung des Amtsgerichts über die Haftverlängerung entgegensteht.
10
Das rechtliche Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer freiheitsentziehenden Maßnahme erlaubt nicht die Stellung eines Feststellungsantrages losgelöst von dem jeweils bestehenden Rechtsschutzsystem. War es dem Betroffenen zumutbar und möglich, eine von der Verfahrensordnung bereitgestellte Rechtsschutzmöglichkeit zu ergreifen, so kann von ihm erwartet werden, dass er diese auch wahrnimmt (Senatsbeschlüsse vom 20. Januar 2011 - V ZB 116/10, FGPrax 2011, 143, 144 Rn. 8 und vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200, 211 Rn. 15). Versäumt der Betroffene die Rechtsmittelfrist, kann die formelle Rechtskraft der Entscheidungen über die Haftanordnung oder die Haftverlängerung durch das Verfahren auf Aufhebung der Haft nicht durchbrochen werden (Senatsbeschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 200, 211 Rn. 17). So ist es hier. Bei Eingang des Haftaufhebungsantrags des Beteiligten zu 3 am 5. August 2010 war die einmonatige Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) gegen den Beschluss vom 18. Juni 2010, der am 1. Juli 2010 dem Rechtsanwalt des Betroffenen zugestellt worden ist, verstrichen.
11
b) Das Rechtsmittel ist dagegen begründet, soweit der Feststellungsantrag auch für den Zeitraum nach dem Eingang des Antrages des Beteiligten zu 3 auf Haftaufhebung (§ 426 Satz 3 FamFG) bis zur Haftentlassung des Betroffenen zurückgewiesen worden ist.
12
aa) Der Eintritt der formellen Rechtskraft der Anordnung über die Haftverlängerung ändert nichts daran, dass während des Haftvollzugs jederzeit ein Antrag auf Haftaufhebung gestellt werden kann. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Haftaufhebung kann nach einer Erledigung durch die Entlassung des Betroffenen aus der Haft mit dem Antrag nach § 62 Abs. 1 FamFG weiter verfolgt werden, die Rechtsverletzung des Betroffenen festzustellen (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, FGPrax 2011, 201, 211 Rn. 7, 8).
13
bb) Die Zurückweisung eines Aufhebungsantrags nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG verletzt den Betroffenen auch dann in seinen Rechten, wenn seit der Haftanordnung zwar keine neuen Umstände eingetreten sind, die Haft oder deren Verlängerung aber nicht hätten angeordnet werden dürfen (vgl. Senat, Beschluss vom 26. Mai 2011 - V ZB 318/10, Rn. 16, juris).
14
So ist es hier. Die Haft gegen den Betroffenen hätte schon deshalb aufgehoben werden müssen, weil es mangels einer § 417 Abs. 2 FamFG entsprechenden Begründung an einem zulässigen Antrag fehlte. § 417 Abs. 2 FamFG ist auf den Antrag auf Haftverlängerung sinngemäß anzuwenden, weil diese ebenfalls eines Antrags der Behörde bedarf, für den nach § 425 Abs. 3 FamFG die Vorschriften für die erstmalige Beantragung der Haft entsprechend gelten. Das Vorliegen eines zulässigen Antrags der Behörde ist Verfahrensvoraussetzung und daher in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Senat , Beschlüsse vom 30. März 2010 - V ZB 79/10, FGPrax 2010, 158 und 15. September 2011 - V ZB 123/11, Rn. 8, juris). Ein Haftantrag der beteiligten Behörde ist nur dann zulässig, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an seine Begründung entspricht (Senat, Beschlüsse vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210, 211 Rn. 14 und vom 22. Juli 2010 - V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511, 1512 Rn. 8).
15
(1) Der Haftantrag muss sich zu den in § 417 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 FamFG genannten Umständen verhalten. Die Angaben der Behörde inihrem Antrag müssen für das Gericht eine hinreichende Tatsachengrundlage für die Einleitung weiterer Ermittlungen oder dessen Entscheidung und für den Betroffenen eine Grundlage für seine Verteidigung darstellen. Die für die richterli- che Prüfung des Antrags wesentlichen Punkte müssen dazu in der Antragsbegründung angesprochen werden (Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, Rn. 9, juris).
16
(2) Diesen Anforderungen genügte der Haftverlängerungsantrag der Beteiligten zu 2 schon deshalb nicht, weil er keine Angaben zur Erforderlichkeit der Dauer der beantragten Haftverlängerung (§ 417 Abs. 2 Nr. 4 FamFG) enthielt. Diesem Begründungsgebot wird nicht entsprochen, wenn die Behörde - ohne jede Erläuterung - Abschiebungshaft bis zur jeweils höchstzulässigen Dauer beantragt (Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 123/11, Rn. 14, juris). Wird eine Haftverlängerung beantragt, ist dazu anzugeben, wann mit der Behebung des Hindernisses gerechnet werden kann, das einer Abschiebung des Betroffenen in den ersten drei Monaten des Vollzugs der Haft entgegenstand (im konkreten Fall: das Fehlen des für eine Rückführung des Betroffenen nach Marokko notwendigen Heimreisedokuments nach Art. 3 des Protokolls zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Königreichs Marokko über die Identifizierung und die Ausstellung von Heimreisedokumenten vom 22. April 1998 - BGBl. II 1998, 1148).
17
Aus den Hinweisen der Beteiligten zu 2, dass der Betroffene seinen Mitwirkungspflichten im Verfahren (durch sich widersprechende Angaben zu seinem Geburtsort und die fehlende Bereitschaft, von sich aus mit dem zuständigen Generalkonsulat zwecks Ausstellung eines Heimreisedokuments Kontakt aufzunehmen) nicht nachgekommen sei, ergab sich nicht, dass die Abschiebungshaft um weitere drei Monate verlängert werden musste. Da die Abschiebungshaft nur zur Sicherung der Abschiebung zulässig ist, aber nicht als Beugehaft angeordnet oder aufrechterhalten werden darf (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Juni 2010 - V ZB 204/09, NVwZ 2010, 1172, 1173 Rn. 22), kommt es allein darauf an, welche Zeit bis zum Eingang des Heimreisedokuments, um dessen Beschaffung sich die Ausländerbehörde bemühen muss, und für die Abwicklung einer Rückführung nach Art. 4 des o.g. Protokolls voraussichtlich noch benötigt wird. Dazu fehlen hier jegliche Angaben.
18
cc) Die Sache ist entscheidungsreif. Der Feststellungsantrag ist in dem genannten Umfang begründet, weil der Verstoß gegen Art. 104 Abs. 1 GG nach einer Inhaftierung auf Grund eines unzulässigen Haftantrags nicht mehr rückwirkend geheilt werden kann (Senat, Beschlüsse vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, FGPrax 2010, 210, 211 Rn. 19; vom 7. April 2011 - V ZB 133/10, Rn. 7, juris und vom 15. September 2011 - V ZB 136/11 Rn. 8, juris).

III.

19
Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Unter Berücksichtigung der Regelung in Art. 5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, die Stadt D. , der die beteiligte Behörde angehört, zur Erstattung eines Teils der notwendigen Auslagen der Vertrauensperson des Betroffenen zu verpflichten. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis des gesamten Zeitraums der Haft nach der angeordne- ten Verlängerung zu dem Zeitraum, für den die Rechtsmittel Erfolg haben. Krüger Lemke Stresemann Czub Weinland
Vorinstanzen:
AG Paderborn, Entscheidung vom 19.08.2010 - 11 XIV 94/10 B -
LG Paderborn, Entscheidung vom 27.10.2010 - 9 T 40/10 -

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 12. Dezember 2013 wird auf Kosten des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht ordnete gegen den Betroffenen, einen mazedonischen Staatsangehörigen, mit Beschluss vom 22. April 2013 Haft zur Sicherung der Abschiebung an. Hiergegen legte er Beschwerde ein. Am 25. Mai 2013 hat die von ihm benannte Vertrauensperson beantragt, die Haft aufzuheben und festzustellen, dass die Inhaftierung ab dem Eingang des Haftaufhebungsantrags rechtswidrig sei. Mit Beschluss vom 14. Juni 2013 hob das Amtsgericht die Haftanordnung auf. Der Betroffene wurde am 17. Juni 2013 aus der Haft entlassen. Über den Feststellungsantrag der Vertrauensperson hat das Amtsgericht nicht entschieden, sondern die Akten dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat, nachdem der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen mitgeteilt hatte, dass er keinen Antrag gemäß § 62 FamFG auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit der Beschwerde angefochtenen Haftanordnung stelle, den Feststellungsantrag der Vertrauensperson als unzulässig zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt die Vertrauensperson den Antrag weiter.

II.

2

Nach Ansicht des Landgerichts ist der Feststellungsantrag zwar gemäß § 62 Abs. 1 FamFG statthaft. Die Vertrauensperson sei jedoch nicht antragsberechtigt. Sie habe gegen den Haftanordnungsbeschluss des Amtsgerichts vom 22. April 2013 keine „sofortige Beschwerde“ eingelegt und sei daher nicht Beschwerdeführerin. Außerdem könne nur der Betroffene, der durch den Haftanordnungsbeschluss beeinträchtigt worden sei, das erforderliche Feststellungsinteresse für einen Antrag nach § 62 Abs. 1 FamFG haben, nicht dagegen die Vertrauensperson. Ein solches Interesse folge auch nicht aus § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Denn die Vertrauensperson sei im ersten Rechtszug nicht beteiligt gewesen. Die Haftanordnung sei zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem die Vertrauensperson noch gar nicht in Erscheinung getreten sei.

III.

3

Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

4

1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 10. Oktober 2013 - V ZB 67/13, InfAuslR 2014, 99 Rn. 3 mwN) und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist die von dem Betroffenen benannte Vertrauensperson gemäß § 429 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG beschwerdebefugt. Sie war bereits im ersten Rechtszug beteiligt. Da es hier um ein - von dem Haftanordnungsverfahren zu unterscheidendes - Haftaufhebungsverfahren nach § 426 Abs. 2 FamFG geht, folgt dies bereits daraus, dass die Vertrauensperson den Haftaufhebungsantrag vor dem Amtsgericht gestellt hatte (vgl. Senat, Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 3; Beschluss vom 26. Juli 2012 - V ZB 26/12, juris Rn. 2).

5

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat den Feststellungsantrag der Vertrauensperson im Ergebnis zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.

6

a) Allerdings hat es - ebenso wie das Amtsgericht - verkannt, dass der Antrag der Vertrauensperson vom 25. Mai 2013 nicht auf eine Feststellungsentscheidung nach § 62 Abs. 1 FamFG in dem von dem Betroffenen gegen die Haftanordnung betriebenen, nach der Haftaufhebung aber nicht mehr weiter verfolgten Beschwerdeverfahren gerichtet ist. Vielmehr handelte es sich um einen zulässigerweise mit dem Haftaufhebungsantrag nach § 426 Abs. 2FamFG verbundenen (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 238/11, FGPrax 2013, 39 Rn. 6) Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft, über den zunächst das Amtsgericht hätte entscheiden müssen.

7

b) Dieser Feststellungsantrag war zwar zunächst zulässig. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist nicht nur der Betroffene selbst, sondern auch die von ihm benannte, im ersten Rechtszug beteiligte Vertrauensperson berechtigt, im Interesse des Betroffenen nach Erledigung des Haftaufhebungsantrags einen Feststellungsantrag zu stellen. Dies ergibt sich schon aus § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG i.V.m. § 62 Abs. 1 und 2 Nr. 1 FamFG und dem damit gesetzlich anerkannten Recht der erstinstanzlich beteiligten Vertrauensperson, für den Betroffenen dessen Rehabilitierungsinteresse wahrzunehmen (vgl. nur Senat Beschluss vom 7. Oktober 2013 - V ZB 24/13, juris Rn. 6 ff.; Beschluss vom 29. November 2012 - V ZB 115/12, InfAuslR 2013, 158 Rn. 3, 6).

8

c) Mit der Erklärung des Verfahrensbevollmächtigten des Betroffenen, dass er keinen Antrag gemäß § 62 FamFG auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftanordnung stelle, ist der Feststellungsantrag der Vertrauensperson aber unzulässig geworden. Aus den Regelungen in § 418 Abs. 3 Nr. 2 FamFG und § 429 Abs. 2 Nr. 2 FamFG ergibt sich, dass die von dem Betroffenen benannte - selbst in ihren Rechten nicht betroffene - Vertrauensperson nur in dessen Interesse tätig werden darf. Das Interesse des Betroffenen ist aus seiner Sicht zu beurteilen (vgl. BTDrucks. 16/6308, S. 265 f., 273, 291, 294; MünchKomm-FamFG/Wendtland, 2. Aufl., § 418 Rn. 7; Keidel/Budde, FamFG, 18. Aufl., § 274 Rn. 17). Die von ihm benannte Vertrauensperson ist daher nicht berechtigt, unter Hinwegsetzung über den von dem Betroffenen oder seinem Verfahrensbevollmächtigten geäußerten Willen die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Abschiebungshaft zu beantragen. Ein solcher Antrag ist unzulässig.

IV.

9

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann     

        

RiBGH Dr. Roth ist infolge
Krankheit an der Unterschrift
gehindert.

        

Brückner

                 

Karlsruhe, den 4. Juli 2014

                 
        

Weinland    

Die Vorsitzende
Stresemann

     Kazele     

        

(1) Die Abschiebungshaft wird grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen vollzogen. Sind spezielle Hafteinrichtungen im Bundesgebiet nicht vorhanden oder geht von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus, kann sie in sonstigen Haftanstalten vollzogen werden; die Abschiebungsgefangenen sind in diesem Fall getrennt von Strafgefangenen unterzubringen. Werden mehrere Angehörige einer Familie inhaftiert, so sind diese getrennt von den übrigen Abschiebungsgefangenen unterzubringen. Ihnen ist ein angemessenes Maß an Privatsphäre zu gewährleisten.

(2) Den Abschiebungsgefangenen wird gestattet, mit Rechtsvertretern, Familienangehörigen, den zuständigen Konsularbehörden und einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen Kontakt aufzunehmen.

(3) Bei minderjährigen Abschiebungsgefangenen sind unter Beachtung der Maßgaben in Artikel 17 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) alterstypische Belange zu berücksichtigen. Der Situation schutzbedürftiger Personen ist besondere Aufmerksamkeit zu widmen.

(4) Mitarbeitern von einschlägig tätigen Hilfs- und Unterstützungsorganisationen soll auf Antrag gestattet werden, Abschiebungsgefangene zu besuchen.

(5) Abschiebungsgefangene sind über ihre Rechte und Pflichten und über die in der Einrichtung geltenden Regeln zu informieren.

Tenor

Die Vollziehung der mit Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 8. Mai 2014 gegen den Betroffenen angeordneten und durch Beschluss der 39. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 27. Juni 2014 aufrecht erhaltenen Sicherungshaft wird einstweilen ausgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Betroffene ist türkischer Staatsbürger und reiste am 27. April 2014 ohne Ausweis- oder Aufenthaltspapiere mit Hilfe eines Schleppers nach Deutschland ein. Am 7. Mai 2014 wurde er in Köln bei dem Versuch festgenommen, sich unter Vorlage einer gefälschten bulgarischen Identitätskarte anzumelden. Mit Verfügung vom gleichen Tag drohte ihm die beteiligte Behörde die Abschiebung an. Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht am 8. Mai 2014 gegen den Betroffenen Haft bis zum 6. August 2014 angeordnet. Die Haft wird in einem gesonderten Gebäude auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Büren vollzogen. Am 6. Juni 2014 hat der Betroffene aus der Haft heraus einen Asylantrag gestellt. Auf die gegen die Haftanordnung gerichtete Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 27. Juni 2014 die Rechtswidrigkeit der Haft für den Zeitraum vom 8. Mai 2014 bis zum 27. Juni 2014 festgestellt und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen hat der Betroffene Rechtsbeschwerde eingelegt.

2

Einen ersten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der angeordneten Haft hat der Senat mit Beschluss vom 3. Juli 2014 zurückgewiesen. Mit dem vorliegenden zweiten Aussetzungsantrag macht der Betroffene geltend, der Vollzug der Haft in der Justizvollzugsanstalt Büren widerspreche dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. Juli 2014 (Rs. 473/13 und 514/13 - Bero und Bouzalmate, ECLI:EU:C:2014:2095).

II.

3

Der Aussetzungsantrag hat Erfolg.

4

1. Er ist in entsprechender Anwendung von § 64 Abs. 3 FamFG statthaft (Senat, Beschluss vom 21. Januar 2010 - V ZB 14/10, FGPrax 2010, 97 Rn. 3). Seiner Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass der Senat den ersten Aussetzungsantrag des Betroffenen abgelehnt hat. Der Zurückweisungsbeschluss erwächst nicht in Rechtskraft. Deshalb kann eine Aussetzung bei Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen auch angeordnet werden, wenn ein vorausgegangener Aussetzungsantrag zurückgewiesen worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 4. März 2009 - AnwZ (B) 78/08, juris Rn. 3). Ein Rechtsschutzbedürfnis für den erneuten Antrag besteht jedenfalls deshalb, weil der Betroffene unter Hinweis auf das zwischenzeitlich ergangene Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union nunmehr erstmals die rechtswidrige Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt Büren rügt.

5

2. Der Antrag ist auch begründet, weil die Rechtsbeschwerde des Betroffenen nach der gebotenen summarischen Prüfung erfolgreich sein wird. Im Hinblick auf das Gebot einer möglichst wirksamen Anwendung des Rechts der Union (effet utile) muss der Haftrichter die Anordnung von Sicherungshaft ablehnen, wenn absehbar ist, dass der Betroffene entgegen den Vorgaben des Unionsrechts untergebracht werden wird (Senat, Vorlagebeschluss vom 11. Juli 2013 - V ZB 40/11, NVwZ 2014, 166, Rn. 20). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

6

a) Die Unterbringung des Betroffenen in der Justizvollzugsanstalt Büren widerspricht den unionsrechtlichen Vorgaben.

7

aa) Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2008/115/EG erfolgt die Inhaftierung von Betroffenen zur Sicherung der Ab- oder Zurückschiebung grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Zwar dürfen Betroffene nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie in „gewöhnlichen Haftanstalten“ untergebracht werden, wenn in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden sind. Diese Ausnahme trifft aber nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union für Deutschland nicht zu, weil in mehreren deutschen Bundesländern spezielle Einrichtungen vorhanden sind (EuGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - C 473/13 und C 514/13 - Bero und Bouzalmate, ECLI:EU:C:2014: 2095 Rn. 30 f.).

8

§ 62a Abs. 1 Satz 2 AufenthG ist in diesem Sinne richtlinienkonform einschränkend auszulegen. Dem steht nicht entgegen, dass die Vorschrift nach ihrem Wortlaut auf die Verhältnisse in dem betroffenen Bundesland und nicht auf die Verhältnisse in Deutschland insgesamt abstellt. Der Gesetzgeber hat mit der Vorschrift ausweislich der Entwurfsbegründung Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie ohne Abstriche umsetzen wollen (BT-Drucks. 17/5470 S. 25). Er hat dabei ein - wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergibt - fehlerhaftes Verständnis der Richtlinie zugrunde gelegt, was aber an dem Willen zur richtlinienkonformen Anpassung des nationalen deutschen Rechts nichts ändert. Einem solchen Versehen ist mit einer richtlinienkonformen - hier einschränkenden - Auslegung Rechnung zu tragen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - VIII ZR 70/08, BGHZ 192, 148 Rn. 26; Senat, Beschluss vom 8. Januar 2014 - V ZB 137/12, InfAuslR 2014, 148 Rn. 9-11).

9

bb) Nach dem erwähnten Urteil des Gerichtshofs kann die Unterbringung eines Betroffenen in einem gesonderten Gebäude auf dem Gelände einer Justizvollzugsanstalt, anders als die beteiligte Behörde meint, auch nicht als Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung angesehen werden, wie sie von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie verlangt wird. Wenn Betroffene in einem Mitgliedstaat überhaupt in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht werden dürfen, dürfte dies nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2008/115/EG nur „gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen“ geschehen. In einem weiteren Urteil vom 17. Juli 2014 hat der Gerichtshof der Europäischen Union ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich aus dem Wortlaut dieser Norm die unbedingte Verpflichtung ergibt, die illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen von den gewöhnlichen Strafgefangenen zu trennen, wenn ein Mitgliedstaat sie nicht in speziellen Hafteinrichtungen unterbringen kann (Rs. C-474/13 - Pham, ECLI:EU:C:2014:2096 Rn. 17, 21). Daraus folgt, dass eine solche gesonderte Unterbringung von Betroffenen auf dem Gelände einer gewöhnlichen Haftanstalt keine Unterbringung in einer speziellen Hafteinrichtung sein kann. Sie ist - unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen - eine Unterbringung in einer gewöhnlichen Haftanstalt, die in Deutschland, wie ausgeführt, generell nicht zulässig ist.

10

cc) Die Justizvollzugsanstalt Büren dient nach Teil 4 des geltenden Vollstreckungsplans für das Land Nordrhein-Westfalen (Allgemeinverfügung des Justizministeriums vom 16. September 2003 - 4431 - IV B. 28) dem Vollzug der Abschiebungshaft, der Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten und der Ersatzfreiheitsstrafe. Es handelt sich deshalb um eine gewöhnliche Haftanstalt, in der auch von einer Ab- oder Zurückschiebung Betroffene untergebracht sind. Diese Art der Unterbringung widerspricht dem Unionsrecht.

11

b) Daran gemessen ist jedenfalls der weitere Vollzug der Haft rechtswidrig, weil der Betroffene derzeit unter Verstoß gegen die Vorgaben des Unionsrechts untergebracht ist und die Behörde eine Änderung der Unterbringung abgelehnt hat.

Schmidt-Räntsch                      Roth                    Brückner

                          Weinland                 Kazele

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.