Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Mai 2011 - V ZB 318/10

bei uns veröffentlicht am26.05.2011
vorgehend
Amtsgericht Osnabrück, 246 XIV 8/10 B, 10.02.2010
Landgericht Osnabrück, 11 T 137/10, 07.12.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 318/10
vom
26. Mai 2011
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Mai 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter
Dr. Czub

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 7. Dezember 2010 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Auf Antrag des Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10. Februar 2010 die Haft zur Sicherung der Abschiebung des Betroffenen für die Dauer von längstens drei Monaten und die sofortige Vollziehbarkeit der Entscheidung angeordnet. Die Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 11. März 2010 zurückgewiesen.
2
Auf die Rechtsbeschwerde, mit der der Betroffene am 5. Mai 2010 nach der Entlassung aus der Haft die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haftan- ordnung erstrebt hat, hat der Senat mit Beschluss vom 8. Juli 2010 (V ZB 89/10) die Beschwerdeentscheidung aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses hat daraufhin den Feststellungsantrag als unzulässig zurückgewiesen , weil der Betroffene bereits im April 2010 bei dem Amtsgericht beantragt hatte, die Rechtswidrigkeit der Haftanordnung festzustellen. Hiergegen richtet sich die erneute Rechtsbeschwerde.

II.

3
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Feststellungsantrag wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Es könne nicht sowohl über den bei dem Amtsgericht als auch über den in dem ersten Rechtsbeschwerdeverfahren gestellten Antrag entschieden werden, weil anderenfalls die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehe. Die Senatsentscheidung vom 8. Juli 2010 stehe der Zurückweisung als unzulässig nicht entgegen.

III.

4
Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die statthafte (vgl. nur Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27 Rn. 4) und auch im Übrigen zulässige (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
5
1. Das Beschwerdegericht hat den in dem ersten Rechtsbeschwerdeverfahren gestellten Feststellungsantrag, der nach der Aufhebung der ersten Beschwerdeentscheidung und Zurückverweisung der Sache Gegenstand des zweiten Beschwerdeverfahrens war, zu Recht als unzulässig angesehen. Es hätte deshalb die Beschwerde zurückweisen müssen. Dass es stattdessen den Antrag nicht etwa als unzulässig verworfen, sondern zurückgewiesen hat, ist unschädlich. Denn darin liegt im Ergebnis die Zurückweisung der Beschwerde.
6
a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, dass eine Bindungswirkung der Senatsentscheidung vom 8. Juli 2010 nach § 74 Abs. 6 Satz 4 FamFG hinsichtlich der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Feststellungsantrags im Hinblick auf die anderweitige Rechtshängigkeit nicht besteht.
7
aa) Gebunden ist das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, an diejenige rechtliche Beurteilung, auf der die Aufhebung unmittelbar beruht (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 - IX ZR 27/04, NJW 2005, 3071, 3073; BGH, Urteil vom 12. Oktober 2000 - III ZR 242/98, NJW-RR 2001, 447, 448; BGH, Urteil vom 18. Januar 1996 - IX ZR 69/95, NJW 1996, 924, 925 - jeweils zum Revisionsverfahren).
8
bb) Von der Bindungswirkung nicht erfasst sind Prozessvoraussetzungen , die nicht ausdrücklich Gegenstand der aufhebenden Entscheidung gewesen sind (BGH, Urteil vom 9. Dezember 1958 - VIII ZR 80/56, MDR 1959,121; MünchKommZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 563 Rn. 12; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 563 Rn. 11; Zöller/Heßler, ZPO, 28. Aufl., § 563 Rn. 4; aA: Stein/ Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 565 Rn. 12 unter Berufung auf BGH, Urteil vom 17. Dezember 1956 - II ZR 274/55, BGHZ 22, 373). So liegt es hier. Der Senat hat sich in seiner Entscheidung vom 8. Juli 2010 (V ZB 89/10) nicht mit der Zulässigkeit des in dem dortigen Verfahren gestellten Feststellungsantrags unter dem Gesichtspunkt der anderweitigen Rechtshängigkeit befasst. Deshalb war das Beschwerdegericht nicht gehindert, über die Zulässigkeitsvoraussetzungen erneut zu befinden und insoweit zu einem von seiner früheren Entscheidung und von der Senatsentscheidung abweichenden Ergebnis zu gelangen.
9
cc) Eine Bindungswirkung fehlt zudem, weil nach der Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht neue Tatsachen festgestellt worden sind und auf der Grundlage eines geänderten maßgeblichen Sachverhalts entschieden worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2010 - Xa ZR 70/08, juris Rn. 4; BGH, Urteil vom 3. April 1985 - IVb ZR 18/84, NJW 1985, 2029, 2030; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 349/02, BGHZ 159, 122, 127; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1956 - II ZR 274/55, BGHZ 22, 373, 374 - jeweils zum Revisionsverfahren). Denn im Zeitpunkt der ersten Entscheidung des Senats war diesem der im April 2010 bei dem Amtsgericht gestellte Antrag des Betroffenen nicht bekannt. Dessen Existenz hat das Beschwerdegericht erstmals in der jetzt angefochtenen Entscheidung festgestellt.
10
b) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme des Beschwerdegerichts, der Feststellungsantrag vom 5. Mai 2010 sei wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig.
11
aa) Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG kann während der Rechtshängigkeit dieselbe Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Die Vorschrift gilt nach § 13 GVG, § 2 EGGVG auch in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Allerdings gibt es für diese, außer für Ehesachen und Familienstreitsachen (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, §§ 253, 261 ZPO), keine Vorschriften über den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit. In Betracht kommen deshalb für diesen Zeitpunkt der Eingang des verfahrenseinleitenden Antrags (§ 23 Abs. 1 FamFG) bei dem Gericht oder die Übermittlung dieses Antrags an die Beteiligte zu 2 (§ 23 Abs. 2 FamFG). Welcher der beiden Zeitpunkte maßgeblich ist, kann offen bleiben. Denn der Antrag vom 6. April 2010 ist einen Tag später bei dem Amtsgericht eingegangen und von dort der Beteiligten zu 2 übermittelt worden.
12
bb) Das dortige Verfahren und das vorliegende Verfahren haben denselben Gegenstand. Denn der Betroffene hat mit seinen Anträgen vom 6. April 2010 und 5. Mai 2010 dasselbe Rechtsschutzziel verfolgt, nämlich die Feststellung , dass die vollzogene Haftanordnung ihn in seinen Rechten verletzt hat. Dass der Wortlaut der Anträge nicht übereinstimmt, ist unerheblich. Auf die Begründetheit des ersten Feststellungsantrags kommt es ebenfalls nicht an (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 261 Rn. 2).
13
2. Die dagegen erhobenen Angriffe der Rechtsbeschwerde bleiben ohne Erfolg. Die in dem Haftaufhebungsverfahren und in dem ersten Rechtsbeschwerdeverfahren gestellten Feststellungsanträge betreffen nicht zwei verschiedene Zeiträume.
14
a) Beide Anträge haben den gesamten Zeitraum der Inhaftierung des Betroffenen zum Gegenstand. Weder ihr Wortlaut noch sonstige Umstände oder das Verhältnis der ursprünglichen Verfahrensgegenstände des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu dem des Haftaufhebungsverfahrens nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG rechtfertigen eine Aufteilung in zwei aufeinander folgende Zeiträume.
15
aa) Den ersten Feststellungsantrag hat der Betroffene mit seinem Antrag auf Haftaufhebung vom 6. April 2010 (GA102) verbunden. Durch den Eintritt der Erledigung der Hauptsache am 22. April 2010 (Haftentlassung) ist dieser Antrag ohne weiteres Gegenstand des ursprünglichen Haftaufhebungsverfahrens geworden. Denn ab diesem Zeitpunkt konnte eine auf Aufhebung der Haftanordnung gerichtete Sachentscheidung nicht mehr ergehen (vgl. Senat, Beschluss vom 18. August 2010 – V ZB 119/10, juris Rn. 4).
16
bb) Das Rechtsschutzziel dieses Antrags ist entgegen der Rechtsbeschwerde nicht so zu verstehen oder auszulegen, dass der Betroffene nur die Feststellung der Rechtsverletzung ab dessen Eingang bei dem Amtsgericht beantragt hat. Denn nach dem Antragswortlaut soll festgestellt werden, dass die Inhaftierung in Abschiebungshaft rechtswidrig gewesen sei. Dieser Wortlaut enthält keine zeitliche Begrenzung und erfasst deshalb den gesamten Zeitraum der Inhaftierung. Eine nachträgliche Beschränkung des Antrags lässt sich auch nicht mit dem späteren Schriftsatz des Betroffenen vom 20. April 2010 begründen. Dort ist lediglich ausgeführt, dass gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Haftanordnung Rechtsbeschwerde eingelegt worden sei und der Bundesgerichtshof lediglich über die Haft bis zu dem Erlass der landgerichtlichen Entscheidung, nicht aber über den Haftaufhebungsantrag entscheide. Diese Einschätzung ist zutreffend, weil Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens die Entscheidung des Beschwerdegerichts vom 11. März 2010 und nicht (auch) der Haftaufhebungsantrag vom 6. April 2010 war. Dieses Verhältnis der beiden Verfahren zueinander besteht aber dann nicht mehr, wenn die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist. Dann geht es nicht mehr um die Aufhebung der Haftanordnung, sondern allein um die Frage, ob durch sie und ihre Aufrechterhaltung die Rechte des Betroffenen verletzt worden sind. Der Feststellungsantrag ist somit auf die Überprüfung des gesamten Zeitraums gerichtet, in welchem dem Betroffenen die Freiheit entzogen worden ist. Dieses Interesse kann der Betroffene grundsätzlich auch in dem fortgesetzten Haftaufhebungsverfahren nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG verfolgen. Etwas anderes gilt für dieses Verfahren nur dann, wenn die Entscheidung über den Feststellungsantrag die formelle Rechtskraft der Haftanordnung durchbräche (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, Umdruck S. 6; OLG München, FGPrax 2005, 276, 277; Keidel /Budde, FamFG, 16. Aufl., § 62 Rn. 5; offengelassen von KG, NVwZ-RR 2009, 222, 223 = InfAuslR 2009, 80, 81). Dann ist die Feststellung auf den Zeitraum ab Eingang des Haftaufhebungsantrags bei dem Amtsgericht beschränkt. So ist es hier jedoch nicht. Die Haftanordnung ist nicht formell rechtskräftig geworden , weil der Betroffene gegen sie Beschwerde eingelegt und gegen ihre Zurückweisung Rechtsbeschwerde erhoben hat.
17
b) Ist daher der Betroffene nicht gehindert, in dem mit dem Feststellungsantrag fortgesetzten Haftaufhebungsverfahren die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft von Beginn an zu beantragen, steht späteren, auf dasselbe Rechtschutzziel gerichteten Feststellungsanträgen die anderweitige Rechtshängigkeit des zuerst gestellten Antrags entgegen.
18
c) So verhält es sich hier. In dem Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Betroffene am 5. Mai 2010 den Antrag gestellt, festzustellen, dass der Beschluss des Amtsgerichts Nordhorn vom 10. Februar 2010 in Gestalt des Beschlusses des Landgerichts Osnabrück vom 11. März 2010 und die darauf erfolgte Inhaftierung in Abschiebungshaft ihn in seinen Rechten verletzt habe. Dieser Antrag erfasst ebenfalls den gesamten Zeitraum der Inhaftierung. Der Betroffene hat entgegen den Ausführungen in der Rechtsbeschwerdebegründung zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, dass er in dem Rechtsbeschwerdeverfahren nur die Rechtsverletzung bis zu der Beschwerdeentscheidung festgestellt haben will. Solches ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass Verfahrensgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens bis zu dem Zeitpunkt der Erledigung der Hauptsache (nur) die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist. Vielmehr ist im Fall der Erledigung ohne ausdrückliche anderweitige Erklärung des Betroffenen sein Rechtsschutzinteresse darauf gerichtet , den gesamten Zeitraum der Inhaftierung und nicht nur bis zu dem Ein- gang eines etwaigen Haftaufhebungsantrags bei dem Amtsgericht zu überprüfen.
19
3. Eine Sachentscheidung in der Sache über beide von dem Betroffenen gestellten Feststellungsanträge kommt auch deshalb nicht in Betracht, weil im Gegensatz zu den Entscheidungen über die Anordnung der Haft, die nicht der materiellen Rechtskraft fähig sind (Senat, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10, Umdruck S. 6; Beschluss vom 18. September 2009 - V ZB 129/08, NJW 2009, 299, 300 zu § 10 FEVG), der Entscheidung über den Feststellungsantrag in Freiheitsentziehungssachen Bindungswirkung in einem späteren Amtshaftungsprozess zukommt (BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 - III ZR 183/05, NVwZ 2006, 960, 961 Rn. 7 zum FEVG). Ist die Entscheidung über den Feststellungsantrag damit der materiellen Rechtskraft fähig (BayObLGZ 1989, 227, 229), können solche Anträge nicht nacheinander bei verschiedenen Gerichten mit der Gefahr sich widersprechenden Entscheidungen geltend gemacht werden.
20
4. Dass der Betroffene nach der Haftentlassung gezwungen ist, sich für die Fortsetzung nur eines Verfahrens zu entscheiden, rechtfertigt ebenfalls keine andere Entscheidung. Denn seinem Rechtsschutzbedürfnis ist dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass es überhaupt zu einer Überprüfung der Inhaftierung trotz eingetretener Erledigung der Hauptsache kommt. Eine eventuelle Kostentragungspflicht in dem nicht weiter betriebenen Verfahren mag der Betroffene - ob mit oder ohne Erfolg, kann hier nicht entschieden werden - für den Fall, dass die Rechtsverletzung in dem anderen Verfahren festgestellt wird, als Schadensersatz in einem späteren Amtshaftungsprozess geltend machen.

IV.

21
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub

Vorinstanzen:
AG Osnabrück, Entscheidung vom 10.02.2010 - 246 XIV 8/10 B -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 07.12.2010 - 11 T 137/10 -

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Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
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1. Mit der nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG, § 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG statthaften und auch im Übrigen grundsätzlich zulässigen (§ 71 FamFG) Rechtsbeschwerde kann der Betroffene allein die rechtliche Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung erreichen. Soweit er mit seinem Antrag gesondert auch die Überprüfung der Haftanordnung durch das Amtsgericht erstrebt, ist das Rechtsmittel unzulässig. Zwar hat der Senat entschieden, dass bei Erledigung der Hauptsache nach Erlass der Beschwerdeentscheidung neben dieser Entscheidung auch die Rechtmäßigkeit der Haftanordnung Gegenstand des dann auf § 62 FamFG gestützten Rechtsbeschwerdeverfahrens sein kann (Beschl. v. 4. März 2010, V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 154; Beschl. v. 17. Juni 2010, V ZB 13/10, Rn. 22). Das gilt aber nicht, wenn - wie hier - bereits das Beschwerdegericht über den Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 62 FamFG entschieden hat. Im Rechtsbeschwerdeverfahren geht es dann allein um die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung. Dabei ist inzident allerdings auch die Frage der Rechtmäßigkeit der Haftentscheidung zu prüfen.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und
2.
die Erklärung, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Die Rechtsbeschwerdeschrift ist zu unterschreiben. Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge);
2.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die Rechtsbeschwerde- und die Begründungsschrift sind den anderen Beteiligten bekannt zu geben.

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft ist und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Ergibt die Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Rechtsverletzung, stellt sich die Entscheidung aber aus anderen Gründen als richtig dar, ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(3) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Beteiligten gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 71 Abs. 3 und § 73 Satz 2 gerügt worden sind. Die §§ 559, 564 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Auf das weitere Verfahren sind, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts ergeben, die im ersten Rechtszug geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden.

(5) Soweit die Rechtsbeschwerde begründet ist, ist der angefochtene Beschluss aufzuheben.

(6) Das Rechtsbeschwerdegericht entscheidet in der Sache selbst, wenn diese zur Endentscheidung reif ist. Andernfalls verweist es die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht oder, wenn dies aus besonderen Gründen geboten erscheint, an das Gericht des ersten Rechtszugs zurück. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(7) Von einer Begründung der Entscheidung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 242/98 Verkündet am:
12. Oktober 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------
Kurkölnische Bergordnung von 1669; BBergG §§ 34, 42, 43; BGB § 242 Cd

a) Zur Auslegung des Begriffs "Marmor" in der kurkölnischen Bergordnung
von 1669 (im Anschluß an RGZ 147, 161).

b) Der Grundstückseigentümer ist beim Abbau von Grundeigentümerbodenschätzen
berechtigt, nach Maßgabe des § 42 BBergG bergfreie Mineralien
mitzugewinnen. Die §§ 34 und 43 BBergG gelten entsprechend.

c) Stoßen Grundeigentümer-Abbau und Bergbau auf verliehenes Mineral an
derselben Stelle des Grubenfeldes zusammen, ohne daß ein getrennter
Abbau möglich ist, kommt regelmäßig dem zeitlich früher aufgenommenen
Betrieb der Vorrang zu. Die Entscheidung, ob beide Bodenschätze nur gemeinschaftlich
gewonnen werden können, ist der zuständigen Verwaltungsbehörde
vorbehalten.

d) Voraussetzung für die zulässige Mitgewinnung eines anderen Bodenschatzes
durch den Bergwerkseigentümer ist ein ernsthaft auf die Förderung des
verliehenen Minerals gerichteter Betrieb. Bergbau, der unter dem Deckmantel
des Abbaus regaler Mineralien ausschließlich darauf gerichtet wird,
Grundeigentümerbodenschätze zu gewinnen, ist unzulässige Rechtsausübung.
BGH, Urteil vom 12. Oktober 2000 - III ZR 242/98 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. August 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als Klage und Widerklage folgende Grundstücke betreffen: Mutungsfeld Hillenberg, Gemarkung Warstein, lfd. Nr. 6 Flur 6 Flurstück 217, Mutungsfeld St. Maria, Gemarkung Kallenhardt, lfd. Nr. 37 Flur 12 Flurstück 141/10 Mutungsfeld Sophia, Gemarkung Suttrop, lfd. Nr. 6 Flur 16 Flurstück 69, Mutungsfelder Elisabeth und Flinz, Gemarkung Suttrop, lfd. Nr. 17 Flur 15 Flurstück 74, Mutungsfeld Eva I, Gemarkung Kallenhardt, lfd. Nr. 39 bis 48 Flur 13 Flurstücke 205, 83/2, 86, 87, 204, 88, 90 bis 93.
Der Widerklageantrag zu 1 wird, soweit über ihn noch nicht rechtskräftig entschieden ist, als unzulässig abgewiesen.
Im übrigen wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - im Umfang der Aufhebung die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Parteien nehmen wechselseitig für sich das Recht zum Abbau von Kalkgesteinen auf einer Reihe von Grundstücken im Raum Warstein-Kallenhardt in Anspruch.
Durch Urkunden vom 1. und 28. Oktober 1863 sowie vom 10. Mai, 8. Juni und 2. November 1864 verlieh das Königliche Oberbergamt Bonn dem Kaufmann P. und den Mitgliedern einer Gesellschaft P. & Co. nach den Vorschriften der kurkölnischen Bergordnung vom 2./4. Januar 1669 das Bergwerkseigentum an den Bergwerken Hillenberg, St. Maria, Sophia, Flinz, Elisabeth und Eva I "zur Gewinnung alles darin vorkommenden Marmors". Nach Inkrafttreten des Bundesberggesetzes wurde den damaligen Rechtsinhabern unter dem 9. und 11. August 1982 sowie dem 22. September 1988 die Auf-
rechterhaltung des Bergwerkseigentums durch das Landesoberbergamt Nordrhein -Westfalen bestätigt. Die Beklagte hat teils das Bergwerkseigentum oder eine Grunddienstbarkeit hieran erworben, teils nach ihrer Behauptung das Gewinnungsrecht gepachtet. Die am Revisionsverfahren beteiligten Klägerinnen zu 3 bis 5 (künftig: Klägerinnen) sind Eigentümerinnen oder Pächterinnen einzelner Feldgrundstücke und betreiben dort Kalksteinbrüche.
Das Recht zur Gewinnung von Marmor auf den Feldern Hillenberg, Sophia und Elisabeth war bereits Gegenstand eines mit umgekehrten Parteirollen bis zum Reichsgericht geführten Vorprozesses (RGZ 147, 161; erster sogenannter "Marmorprozeß"). Die seinerzeit von einer Pächterin der Bergwerkseigentümerin erhobene Klage - im wesentlichen auf Feststellung ihrer ausschließlichen Abbauberechtigung in den verliehenen Marmorfeldern - blieb in allen Instanzen erfolglos.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Klägerinnen im Hauptantrag Feststellung ihrer Berechtigung, auf näher bezeichneten Parzellen innerhalb der oben genannten Bergwerksfelder Gestein jeglicher Art abzubauen, ohne daß die auf Marmor gerichteten, behaupteten Bergrechte der Beklagten entgegenständen. Das Landgericht hat, nachdem in einem ersten Berufungsverfahren das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges rechtskräftig bejaht hatte (Nichtannahmebeschluß des Senats vom 25. Mai 1992 - III ZR 146/90), der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht ebenso zurückgewiesen wie deren in zweiter Instanz erhobene Widerklage auf Feststellung, daß die Beklagte (dort) ausschließlich berechtigt sei, Gestein jeglicher Art abzubauen, hilfsweise, sie neben den Klägerinnen zum Abbau berechtigt sei und diese gegen ihren Widerspruch kein Recht auf An-
eignung des Marmors hätten. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter. Der Senat hat die Revision nur hinsichtlich einzelner im Tenor aufgeführter Grundstücke angenommen.

Entscheidungsgründe


Im Umfang der Annahme hat das Rechtsmittel überwiegend Erfolg. Mit Ausnahme des Hauptantrags der Widerklage, der unzulässig ist und mit diesem Inhalt abgewiesen bleibt, führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.


Das Oberlandesgericht hält die Feststellungsklage der Klägerinnen auch im Hinblick auf die Behauptung der Beklagten, die streitbefangenen Grundstücke seien zum Teil im Rahmen des rechtlich Möglichen bereits vollständig ausgebeutet oder für einen Abbau ungeeignet, uneingeschränkt für zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse habe das Gericht bereits im ersten Berufungsurteil bindend (analog § 565 Abs. 2 ZPO) bejaht. Im übrigen könne die streitige Ausbeutung angesichts der von der Beklagten in der Vergangenheit geltend gemachten Rechtsverletzungen seitens der Klägerinnen deren Feststellungsinteresse ohnehin nicht entgegenstehen.
Die Klagen seien auch begründet. Das Recht der Beklagten zur Gewinnung von Marmor stehe einer Berechtigung der Klägerinnen zum Abbau jeglichen auf den hier noch interessierenden Parzellen anstehenden Gesteins nicht entgegen, weil in diesen nach den Ergebnissen des vom Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen Dr. S. kein Marmor vorkomme. Marmor im Sinne der streitigen Verleihung sei Kalkstein, der sich für eine Verwendung zu künstlerischen oder kunstgewerblichen Zwecken eigne. Das aber setze, wie der Sachverständige überzeugend dargelegt habe, jedenfalls nach den heutigen handels- und produktionsbedingten Anforderungen Schneidbarkeit des Gesteins in großen Blöcken voraus, d.h. Gewinnbarkeit in quaderförmigen Blökken von mindestens 0,4 m³Rauminhalt. Schneidbares Material solcher Qualität sei jedoch in keinem der Steinbrüche vorhanden. Aus diesem Grunde könne auch die Widerklage keinen Erfolg haben.

B.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in entscheidenden Punkten nicht stand.

I.


Zur Klage
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings die von den Klägerinnen erhobene Feststellungsklage für zulässig gehalten.

a) Soweit es um das von der Beklagten angezweifelte Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) geht, genügt es zwar nicht, auf die Bindungswirkung des ersten Berufungsurteils entsprechend § 565 Abs. 2 ZPO zu verweisen; denn diese Bindung bezieht sich nur auf den jeweiligen Aufhebungsgrund (BGHZ 132, 6, 10; BGH, Beschluß vom 21. Februar 1995 - KZA 29/94 - NJW-RR 1998, 1260 f.) und entfällt ohnedies bei einer Ä nderung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1991 - VIII ZR 225/90 - NJW-RR 1992, 611, 612). Das rechtlich geschützte Interesse der Klägerinnen an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung des Streitverhältnisses folgt aber ohne weiteres aus der mit der Widerklage noch im Prozeß aufgestellten Rechtsbehauptung der Beklagten, die streitbefangenen Grundstücke allein ausbeuten zu dürfen.

b) Ebensowenig steht die - vom Berufungsgericht nicht erörterte - Rechtskraft der Urteile im ersten Marmorprozeß einer Zulässigkeit der neuen Feststellungsklage entgegen. Freilich verbietet die materielle Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen (§ 322 ZPO) nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich jede neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand (BGHZ 93, 287, 288 f.; 123, 30, 33 f.; BGH, Urteil
vom 17. März 1995 - V ZR 178/93 - NJW 1995, 1757). Inwieweit sich im Streitfall die materielle Rechtskraft der früheren Urteile nach § 325 Abs. 1 ZPO auf die Parteien des heutigen Rechtsstreits erstreckt, weil diese entweder Rechtsnachfolger der Parteien des Vorprozesses oder der damaligen Bergwerkseigentümerin , deren Abbaurecht Grundlage des ersten Marmorprozesses war, geworden sind oder weil sie ihren unmittelbaren Besitz von einer dieser Parteien oder ihren Rechtsnachfolgern ableiten, ist weitgehend ungeklärt, aber auch nicht entscheidend. Zeitlich werden jedenfalls die Grenzen der Rechtskraft durch den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestimmt (vgl. § 767 Abs. 2 ZPO). Infolgedessen kann es bei der in die Zukunft greifenden Feststellung eines dauernden Rechtsverhältnisses, wie hier, weder der unterlegenen Partei noch - bei entsprechendem Rechtsschutzinteresse - ihrem Gegner (oder deren Rechtsnachfolgern) verwehrt sein, in einem Zweitprozeß geltend zu machen, die Rechtslage habe sich seitdem wesentlich geändert (vgl. dazu RGZ 46, 65, 67 f.; 147, 385, 390; Habscheid, ZZP 78 [1965], 401, 448 ff.; MünchKomm/Gottwald, ZPO, § 322 Rn. 128, 145; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., vor § 322 Rn. 53 m.w.N.). Die Beklagte vertritt aber gerade die Auffassung , das am 1. Januar 1982 in Kraft getretene Bundesberggesetz regele den Konflikt zwischen Grundstückseigentümer und Bergwerkseigentümer nunmehr anders als vom Reichsgericht entschieden.
2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts kann die mit der Klage in erster Linie begehrte Feststellung, das Marmorgewinnungsrecht der Beklagten stehe dem Abbau von Kalkstein seitens der Klägerinnen nicht entgegen, nicht schon deshalb getroffen werden, weil jede Berechtigung der Beklagten zur Förderung von Marmor mangels Vorkommens dieses Minerals auf den streitigen Grundstücken mindestens heute gegenstandslos sei.


a) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht zunächst an, das in den Jahren 1863 und 1864 noch auf der Grundlage der kurkölnischen Bergordnung von 1669 verliehene Bergwerkseigentum zur Gewinnung von Marmor sei trotz der späteren Rechtsänderungen durch das Allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 (PreußAllgBergG) und das Bundesberggesetz , die beide Marmor nicht mehr als bergfreien Bodenschatz kennen, ihn vielmehr den Grundeigentümermineralien zurechnen, bestehengeblieben (§§ 1, 222 PreußAllgBergG; 3, 149 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 150 Abs. 2, 154 Abs. 1 BBergG). Nicht zu beanstanden ist ferner die im wesentlichen auf tatrichterlicher Würdigung beruhende Feststellung, das aus dem Bergwerkseigentum folgende Gewinnungsrecht könne gegenwärtig die Beklagte - aus eigenem oder abgeleitetem Recht - geltend machen. Das zieht auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel.

b) Dem Berufungsgericht ist weiter darin zuzustimmen, daß weder die Verleihungsurkunden der Jahre 1863 und 1864 noch die das Bergwerkseigentum bestätigenden Bescheide des Landesoberbergamts Nordrhein-Westfalen aus den Jahren 1982 und 1988 verbindliche Aussagen über das Vorhandensein von Marmor innerhalb der Bergwerksfelder treffen. Die von der Revision hiergegen vorgebrachten Rügen sind unbegründet; sie unterscheiden nicht genügend zwischen den Voraussetzungen derartiger Bescheide und ihrem Gegenstand oder Inhalt, wobei dahingestellt bleiben mag, ob es sich bei solchen Bestätigungen überhaupt um Verwaltungsakte handelt, wie die Revision meint (ablehnend BVerwGE 85, 223, 245; OVG Münster im Urteil vom 30. September 1997 - 21 A 3785/96, Umdruck S. 7 ff.). Nur an den Inhalt der im Verwaltungsakt getroffenen Regelungen sind aufgrund dessen Tatbestands-
wirkung auch die Zivilgerichte gebunden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990 - IX ZR 13/90 - NJW 1991, 700, 701). "Geregelt" wurden hier aber allenfalls die Einräumung und das Fortbestehen eines Abbaurechts auf Marmor, während das im Verleihungsverfahren zusätzlich geprüfte und in den ausgestellten Urkunden erwähnte lagerartige Marmorvorkommen lediglich zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Verleihung gehört. Eine Bindung an tatsächliche Feststellungen solcher Art (Feststellungswirkung) tritt nur ganz ausnahmsweise ein (vgl. zum Ganzen Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 20 Rn. 47, 64 f.) und findet im Streitfall keinerlei rechtliche Grundlage.

c) Im Ansatz zu Recht hat darum das Berufungsgericht eine Auslegung des in Teil II Art. 5 Abs. 2 der kurkölnischen Bergordnung (abgedruckt bei Brassert, Bergordnungen der preußischen Lande, 1858, S. 525) und den Verleihungsurkunden verwendeten Rechtsbegriffs "Marmor" für erforderlich gehalten. Hingegen ist der von ihm ermittelte Begriffsinhalt, der als Anwendung revisiblen Landesrechts (§ 549 Abs. 1 ZPO) - ohne Rücksicht darauf, daß dieses Gesetz inzwischen außer Kraft getreten ist (vgl. BGHZ 24, 253, 255) - sowie als Auslegung behördlicher Akte (vgl. dazu BGHZ 86, 104, 110; BGH, Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 120/97 - NJW 1998, 2139) der freien Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegt, von Rechtsfehlern beeinflußt. Auszugehen ist vielmehr nach wie vor von dem Marmorbegriff des Reichsgerichts im ersten Marmorprozeß (RGZ 147, 161, 166 ff.), den der Senat für zutreffend hält und den er übernimmt. Das fordern nicht zuletzt die Gebote von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz, die hier insbesondere unter dem Gesichtspunkt des eigentumsrechtlichen Bestandsschutzes zu beachten sind und die auch im allgemeinen ein Festhalten an der einmal eingeschlagenen Rechtsentwicklung
verlangen. Ein Abgehen von der Kontinuität einer anerkannten Rechtsprechung kann darum nur ausnahmsweise hingenommen werden, wenn deutlich überwiegende oder sogar schlechthin zwingende Gründe dafür sprechen (BGHZ 85, 64, 66; 106, 34, 37; 125, 218, 222). Im Streitfall sind solche Gründe nicht erkennbar.
aa) Die kurkölnische Bergordnung definiert den Begriff "Marmor" nicht und setzt ihn als bekannt voraus. Marmorbergwerke werden lediglich in Teil II Art. 5 Abs. 2 im Zusammenhang mit der Abgabe eines Zehnten erwähnt. Die Vorschrift lautet:
"Und dieweilen nicht allein die Marmor- und Alabaster-Brüch, sondern auch alle Mühlenstein- und dergleichen Hauptbrüch in Unseren Landen, wo selbige nur anzutreffen, dessgleichen auch die Schiefersteinbrüch den Bergwercken ankleben, einverleibet und mit incorporirt seynd; Als sollen nicht desto weniger Unser Zehendtner und Bergwercks-Bedienten den Zehenden davon quartalig einfordern und unfehlbar entrichtet nehmen; keinem aber soll zugelassen sein, dergleichen Brüche auffzuräumen, weniger seiner Partirung damit zu treiben, es seye dan, dass er selbige vor Unserem Bergambt ördentlich gemutet und Inhalt Unserer Bergordtnung sich desswegen gebührender massen bestättigen lassen."
bb) In Ermangelung chemischer Abgrenzungsmöglichkeiten ist Marmor nach der Entscheidung des Reichsgerichts "Kalkstein ..., der sich für die Verwendung zu künstlerischen oder kunstgewerblichen Zwecken eignet. Diese Begriffsbestimmung schließt die Erfordernisse des schönen Aussehens und der Schneid-, Schleif- und Polierbarkeit sowie die Freiheit von Verunreinigungen und Umbildungen, die zu der bezeichneten Verwendung untauglich machen , ein. Dagegen kann das Erfordernis der Gewinnbarkeit in Blöcken von bestimmter Größe nur insoweit aufgestellt werden, daß die Brauchbarkeit für
künstlerische oder kunstgewerbliche Zwecke noch gewahrt sein muß" (RGZ aaO S. 168 f.).
cc) Das Berufungsgericht will von dieser weiten Definition insofern abweichen , als es für (technischen) Marmor eine Gewinnbarkeit des Kalksteins in quaderförmigen Blöcken von mindestens 0,4 m³ Rauminhalt verlangt. Es entnimmt diese Voraussetzung - gestützt auf ein von ihm eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Dr. S. - einerseits der auch vom Reichsgericht hervorgehobenen Schneidfähigkeit, die ein Sägen in großen quaderförmigen Platten erfordere, und andererseits - hilfsweise - der heutigen Verkehrsübung. In beiden Punkten vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Er hält vielmehr an der Definition des Reichsgerichts fest. Danach kommt es auf eine Verwendbarkeit in der Innen- oder Außenarchitektur, die fachtechnisch weitaus im Vordergrund stehen mag, nicht an. Ebensowenig spielen wirtschaftliche Fragen eine Rolle, insbesondere die Abbauwürdigkeit der Lagerstätten. Sie wurden, soweit sie in rechtlicher Hinsicht von Bedeutung sind, im Verleihungsverfahren geprüft und sind mit diesem abgeschlossen. Das vom Berufungsgericht eingeholte und für seine Rechtsauffassung hauptsächlich herangezogene Gutachten des Sachverständigen Dr. S. basiert aber neben einer fachlich-technischen Sichtweise, die lediglich architektonischen Zwecken Raum läßt und den insbesondere bei kunstgewerblichen Gegenständen an das Ausgangsmaterial zu stellenden geringeren Anforderungen an die Blockgröße kaum Beachtung schenkt, betont auf wirtschaftlichen Überlegungen, die dem Sachverständigen durch den ergänzenden Beweisbeschluß des Berufungsgerichts vom 17. Dezember 1996 auch nahegelegt worden waren. Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht und dem Sachverständigen Dr. S. zitierten Fundstellen aus der Fachliteratur , soweit sich diese überhaupt mit einer Verwendung der gewonnenen
Blöcke befassen. Was schließlich die vom Berufungsgericht hilfsweise einbezogenen heutigen Marktverhältnisse betrifft, so kann es auf eine etwaige Ä nderung der Handelsgewohnheiten gleichfalls nicht ankommen. Für den rechtlichen Marmorbegriff maßgebend sind die Verhältnisse zum Verleihungszeitpunkt und auch nur die technische Eignung des gewonnenen Kalksteins mindestens zu den erwähnten Gegenständen des Kunstgewerbes, nicht dessen Absetzbarkeit unter Marktgesichtspunkten oder die Abbauwürdigkeit der Lagerstätten zur Marmorgewinnung. Daran geht auch der vom Berufungsgericht gezogene Vergleich mit einem durch Naturkatastrophen oder andere gewaltsame äußere Ereignisse nachträglich zerstörten Gestein vorbei.

d) Unter diesem Blickwinkel hat das Berufungsgericht das Vorkommen von Marmor auf den noch streitigen Parzellen nicht geprüft. Für die Revisionsinstanz ist dies daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen. Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil nach alledem nicht bestehenbleiben.
3. Eine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts kommt nicht in Betracht. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand stellt sich weder das angefochtene Urteil jedenfalls deswegen als richtig dar (§ 563 ZPO), weil die Klägerinnen vor einem Marmorgewinnungsrecht der Beklagten vorrangig zum Abbau jeglichen auf den streitigen Flächen anstehenden Kalksteins berechtigt wären, noch kann der Senat gegenteilig - im Sinne einer Klageabweisung - entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

a) aa) Das aufrechterhaltene Bergwerkseigentum gewährt der Beklagten im Grundsatz gemäß §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1, 151 Abs. 1 Nr. 1 und 2,
154 Abs. 1 BBergG das ausschließliche Recht, Marmor in den Bergwerksfeldern aufzusuchen, zu gewinnen und das Eigentum daran zu erwerben sowie nach Maßgabe des § 42 BBergG - Notwendigkeit gemeinschaftlicher Gewinnung nach Entscheidung der Bergbehörde - dort andere Bodenschätze (beibrechende Mineralien) mitzugewinnen und das Eigentum daran zu erwerben. Zu diesen anderen Bodenschätzen gehören auch die dem Grundeigentümer gehörenden Mineralien, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um die in § 3 Abs. 4 BBergG genannten grundeigenen Bodenschätze oder um vom Bundesberggesetz nicht erfaßte sonstige Rohstoffe (Grundeigentümerbodenschätze) handelt, wie den hier in Rede stehenden Kalkstein (vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 8 Rn. 12, § 42 Rn. 1).
In erster Linie ist allerdings zum Abbau der auf seinem Grundstück anstehenden Grundeigentümerbodenschätze kraft seines Eigentumsrechts - vorbehaltlich der Rechte anderer - der Grundstückseigentümer befugt (§§ 903, 905 BGB), unbeschadet der zusätzlichen - nach öffentlichem Recht zu entscheidenden - Frage, inwieweit er dazu noch einer behördlichen Genehmigung - hier nach dem Abgrabungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - bedarf (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 90, 17, 21 f.). Dieses Recht schließt, wenn ein getrennter Abbau nicht möglich ist, auch die Befugnis zu einer mindestens tatsächlichen Mitgewinnung regaler Mineralien ein (RGZ 147, 161, 172). Das ist für grundeigene Bodenschätze nach § 3 Abs. 4 BBergG - auch soweit es sich darüber hinaus um den Eigentumserwerb an mitgewonnenen Rohstoffen handelt - heute in den §§ 34 und 43 BBergG ausdrücklich anerkannt und näher geregelt (dazu Boldt/Weller, § 42 Rn. 11, § 43 Rn. 2), kann aber für Grundeigentümerbodenschätze nicht anders gelten (so auch Boldt/Weller, § 43 Rn. 1; Kühne, ZfB 126 [1985], 178, 183 f.). Ein sachlicher Grund für eine unterschied-
liche Behandlung ist nicht erkennbar. Denn ebenso wie ein Bergbau auf verliehene Mineralien oder grundeigene Bodenschätze könnte auch die Gewinnung von Grundeigentümerbodenschätzen ohne eine Mitgewinnung damit häufig eng verwachsener beibrechender Mineralien erschwert oder sogar gänzlich unmöglich werden. Der Zweck des Mitgewinnungsrechts liegt aber gerade darin, Bergbau nicht dadurch zu behindern, daß ihm Mineralien im Wege stehen , die dem Betreiber nicht verliehen sind, und dieses Ziel ist unabhängig davon , ob das Gesetz - auch aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten - die Rohstoffgewinnung bergrechtlichen Regelungen oder anderen Vorschriften unterstellt. Dem Willen des Gesetzgebers widerspricht dieses Ergebnis nicht, es wird vielmehr mittelbar durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt. Während § 3 des Regierungsentwurfs eines Bundesberggesetzes von 1975 (BR-Drucks. 350/75) noch von einem weiten Begriff grundeigener Bodenschätze ausging, der alle nicht bergfreien Mineralien umfaßte, so daß die dem heutigen § 43 BBergG entsprechende Regelung in § 48 dieses Entwurfs sich auch auf die jetzigen Grundeigentümerbodenschätze bezog, wurde im späteren Regierungsentwurf 1977 der Begriff grundeigener Bodenschätze auf den heutigen Bedeutungsinhalt verengt (§§ 3, 41 f. des Entwurfs, BT-Drucks. 8/1315). Das geschah aber augenscheinlich allein mit Rücksicht auf Zuständigkeiten der Länder im Bereich des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Wasserrechts und des Baurechts und der deswegen zum vorangegangenen Entwurf angemeldeten Bedenken des Bundesrats (vgl. Boldt/Weller, § 3 Rn. 1), nicht jedoch mit dem Ziel, das Mitgewinnungsrecht des Grundeigentümers gegenüber dem Vorentwurf zu beschränken. Einwände waren insoweit im Gesetzgebungsverfahren auch nicht erhoben worden.
bb) Zwischen den widerstreitenden, jeweils auf das Gewinnungsrecht des anderen übergreifenden Rechten des Grundeigentümers und des Bergwerkseigentümers entsteht damit, wenn beide an denselben Punkten zusammentreffen und - wie hier zumindest unterstellt werden muß - ein getrennter Abbau der Mineralien nicht möglich ist, ein vom Bundesberggesetz nicht voll gelöster Konflikt. Das Gesetz sieht zwar in derartigen Fällen die Entscheidung der zuständigen Bergbehörde vor, ob mehrere Bodenschätze bei planmäßiger Durchführung der Gewinnung aus bergtechnischen oder sicherheitstechnischen Gründen nur gemeinschaftlich gewonnen werden können (§ 42); damit wird im Einzelfall das Mitgewinnungsrecht konkretisiert. Die Vorschrift enthält jedoch keine Regelung über ein Rangverhältnis mehrerer an derselben Stelle konkurrierender Berechtigter. Eine allgemeine Vorzugsstellung des Bergbaus vor dem Recht des Grundstückseigentümers zum Abbau der ihm gehörenden Mineralien über die gesetzlich besonders normierten Konfliktfälle hinaus, für die sich in neuerer Zeit - freilich noch zum früheren Rechtszustand - insbesondere Turner ausgesprochen hat (ZfB 106 [1965], 321, 331; ders. ZfB 108 [1967], 251, 252 ff.), findet in den Vorschriften des Bundesberggesetzes keine zureichende Stütze und ist heute darum ebensowenig anzuerkennen wie unter Geltung des preußischen Allgemeinen Berggesetzes (hierzu RGZ 147, 161, 170; H. Schulte, ZfB 113 [1972], 166, 170 f.; Boldt/Weller, § 42 Rn. 10). Ein derartiges Vorzugsrecht des Bergwerkseigentümers folgt auch nicht aus der besonderen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Abbaus bergfreier Mineralien und dem Allgemeininteresse an der Gewinnung solcher Bodenschätze. Das Bundesberggesetz stellt vielmehr, wie sich aus den §§ 34 und 114 Abs. 2 Nr. 2 ergibt, mindestens bei grundeigenen Bodenschätzen den privaten Grundeigentümerbergbau der Gewinnung bergfreier Mineralien im Rang gleich (Boldt/Weller aaO). Aus den oben zu aa) dargestellten Gründen ist dies aber
auf den Abbau der vom Bundesberggesetz sonst nicht erfaßten Grundeigentümerbodenschätze zu übertragen.
cc) Ein Zusammenstoß von Grundeigentümer-Abbau und Bergbau auf verliehenes Mineral an demselben Ort des Grubenfeldes findet nach Ansicht des Reichsgerichts seine natürliche Lösung durch Anerkennung des auch sonst im Recht vielfach maßgebenden Grundsatzes des zeitlichen Vorrangs (RGZ 147, 161, 171 f.; ebenso bereits Werneburg, ZfB 70 [1929], 181, 194 f.). Schrifttum und Praxis sind dem weitgehend gefolgt (Boldt/Weller, § 42 Rn. 9 f.; Dietzsch, ZfB 107 [1966], 404, 406, 418; Miesbach/Engelhardt, Bergrecht, Art. 206 BayBergG - § 148 ABG Anm. 5 b; Oberbergamt Bad Ems, ZfB 100 [1959], 325, 330 f.; a.A. Turner aaO). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Nur eine solche Lösung vermag angesichts der Ranggleichheit beider Gewinnungsrechte und des somit Vertrauensschutz für die erfolgten Investitionen fordernden Bestandsinteresses für den früher aufgenommenen Betrieb den auftretenden Interessenkonflikt befriedigend zu lösen.
dd) Auf dieser Grundlage kann die Feststellungsklage der Klägerinnen Erfolg haben, wenn und soweit sie auf den streitigen Flächen bereits Kalksteinabbau betreiben und mit diesen Unternehmen Priorität vor einer von der Beklagten erst beabsichtigten Gewinnung von Marmor genießen. Das gilt allerdings nur vorbehaltlich einer von der zuständigen Behörde noch zu treffenden Entscheidung nach den §§ 42 und 43 BBergG. Diese Vorschriften behalten die Feststellung, daß beide Bodenschätze bei planmäßiger Durchführung der Gewinnung aus bergtechnischen oder sicherheitstechnischen Gründen nur gemeinschaftlich gewonnen werden können, einer Entscheidung der Verwaltungsbehörde vor. Erst diese konkretisiert das in den §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9
Abs. 1 und 151 Abs. 1 Nr. 2 BBergG lediglich allgemein umschriebene Mitgewinnungsrecht (Begründung zu § 41 des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 8/1315, S. 101; Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 42 Rn. 4). Ein solcher Vorbehalt ist auch von den Zivilgerichten zu beachten. Er gilt hier entsprechend für die Mitgewinnung regaler Mineralien bei der Förderung von Grundeigentümerbodenschätzen.
Zur Priorität des Abbaus hat das Berufungsgericht - anders als das Oberlandesgericht im ersten Marmorprozeß - keine Feststellungen getroffen. Das wird, sollte die Klage nicht schon aus den nachstehend zu b) erörterten Gründen begründet erscheinen, nachzuholen sein.

b) Nach dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerinnen, dessen Richtigkeit das Berufungsgericht ebenfalls nicht geprüft hat, dem aber die Beklagte jedenfalls im Kern offenbar nicht entgegengetreten ist, geht es der Beklagten gar nicht um die Gewinnung von Marmor. Sie will vielmehr, nicht anders als die Klägerinnen, das Mineral zertrümmert als Kalkstein zur Verwendung in der Baustoffindustrie abbauen. Träfe dies zu, so verfehlte das lediglich zur Marmorgewinnung verliehene und von der Beklagten jetzt ausgeübte Recht seinen Zweck. Das Bergwerkseigentum gewährt primär nur die Befugnis, die in der Verleihungsurkunde bezeichneten Bodenschätze aufzusuchen und zu gewinnen (§§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 BBergG) und kann als Sonderrecht auch nur mit dieser Zielsetzung das Grundeigentum beschränken. Andere Bodenschätze dürfen mit Blick hierauf und nach zudem ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzes lediglich mitgewonnen werden. Vorausgesetzt ist darum - obwohl im allgemeinen die tatsächliche Verwendung des gewonnenen Minerals der Entscheidung des Unternehmers überlassen bleiben muß - ein ernsthaft auf den
Abbau des verliehenen Minerals und nicht unter dem bloßen Deckmantel eines derartigen Bergbaus ein planmäßig und ausschließlich auf die Gewinnung der prinzipiell dem Grundeigentum zugeordneten Bodenschätze gerichteter Betrieb (vgl. VG Arnsberg ZfB 138 [1997], 171, 186; Isay, AllgBergG, 2. Aufl., § 57 Rn. 1 a; Turner, ZfB 108 [1967], 45, 65; H. Wilde, Kollisionen mehrerer Mineralgewinnungsrechte , Diss. 1970, S. 70, 79 f.; so auch der Erlaß des Preußischen Ministers für öffentliche Arbeiten vom 27. Mai 1882, ZfB 24 [1883], 16, 21 für die Gewinnung von Strontianit bei vorgegebenem Abbau von Schwefelkies ; Rekursbescheid des Hessischen Innenministeriums vom 1. Juli 1910, ZfB 51 [1910], 646, 650 für die allein beabsichtigte Gewinnung von Schwerspat aufgrund einer auf Eisenerz verliehenen Bergwerksberechtigung; in RGZ 147, 161, 170 insoweit offengelassen, bejaht hingegen aaO S. 171 f. für den umgekehrten Fall eines Grundeigentümerbergbaus zur ausschließlichen Gewinnung verliehener Mineralien). Ohne jenes Primärziel, das jedenfalls zum Teil oder als Endzweck (etwa nach der Abtragung von Deckschichten) nachvollziehbar angestrebt werden müßte, wäre das verliehene Gewinnungsrecht in der Hand der Beklagten nicht schutzwürdig, seine Ausübung gegen den Willen der Grundstückseigentümer damit unzulässige Rechtsausübung.
Durch die Zurückverweisung erhalten die Parteien Gelegenheit, auch unter diesem Gesichtspunkt noch ergänzend vorzutragen.

II.


Zur Widerklage
1. Die Widerklage ist in ihrem Hauptantrag, mit dem die Beklagte die Feststellung begehrt, zum Abbau jeder Art von Gestein (auf den streitigen Grundstücken ) ausschließlich berechtigt zu sein, unzulässig. Angesichts der bereits von den Klägerinnen mit umgekehrtem Klageziel erhobenen Feststellungsklage , sie seien selbst berechtigt, dort jegliches Gestein abzubauen, ohne daß Bergrechte der Beklagten entgegenständen, fehlt dem Widerklageantrag zumindest das notwendige Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Das ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachten (§ 559 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1989 - IX ZR 148/88 - WM 1989, 927, 928).
Der in erster Linie zur Entscheidung gestellte Klageantrag enthält eine Kombination von bejahender (soweit es um eigene Abbaurechte der Klägerinnen geht) und verneinender (in bezug auf entgegenstehende Rechte der Beklagten ) Feststellungsklage. Im ganzen ist er darauf gerichtet, die entgegengesetzten Gewinnungsrechte der Parteien zu klären, und erstrebt damit auch das kontradiktorische Gegenteil zu der mit dem Widerklageantrag aufgestellten Rechtsbehauptung der Beklagten.
Eine positive Feststellungs(wider)klage, die einer bereits erhobenen negativen Feststellungsklage entgegentritt, ist - insofern anders als eine spätere Leistungs(wider)klage (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95 - NJW 1996, 1128) - grundsätzlich unzulässig, sei es wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO; dafür etwa Rosenberg/
Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., §§ 93 IV 2, 100 III 1 c; Baltzer, Die negative Feststellungsklage aus § 256 I ZPO, 1980, S. 149 ff.), sei es in Ermangelung eines zusätzlichen berechtigten Interesses (so RG JW 1936, 2400, 2401, 2403); denn bereits die Abweisung der negativen Feststellungsklage als unbegründet stellt das Bestehen des geleugneten Rechts positiv fest (Zöller/Vollkommer, § 322 Rn. 11 m.w.N.). Anders liegt es nur dann, wenn eine eigene Feststellungsklage für den (Wider-)Kläger weitere Vorteile mit sich bringt, die er allein mit einer Abweisung der vom Gegner erhobenen Feststellungsklage nicht erreichen könnte, wie insbesondere eine Unterbrechung der Verjährung (dazu Macke, NJW 1990, 1651; a.A. [allgemein für Vorrang der positiven Feststellungsklage]: Musielak/Foerste, ZPO, 2. Aufl., § 256 Rn. 17). Solche besonderen Vorteile der Beklagten sind im Streitfall indessen nicht ersichtlich.
Durch die Abweisung als unzulässig statt als unbegründet wird die Beklagte prozessual nicht schlechter gestellt. Schon deswegen steht das Verbot der reformatio in peius (§ 559 Abs. 1 ZPO) nicht entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 5. März 1990 - II ZR 86/89 - NJW-RR 1990, 739, 740; Urteil vom 11. Mai 2000 - I ZR 28/98 - Umdruck S. 14, für BGHZ bestimmt).
2. Für die Hilfsanträge der Widerklage gelten diese prozessualen Bedenken angesichts ihrer etwas abweichenden Zielsetzung und Fassung nicht. Materiellrechtlich hängt die Entscheidung indessen weitgehend von den Antworten
auf die oben zur Klage erörterten Fragen ab. Auch insoweit ist daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.

(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.

(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.

(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über

1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen,
2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung,
3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung,
4.
die Güteverhandlung,
5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses,
6.
das Anerkenntnis,
7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden,
8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
nicht anzuwenden.

(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung

1.
Prozess oder Rechtsstreit die Bezeichnung Verfahren,
2.
Klage die Bezeichnung Antrag,
3.
Kläger die Bezeichnung Antragsteller,
4.
Beklagter die Bezeichnung Antragsgegner,
5.
Partei die Bezeichnung Beteiligter.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Ein verfahrenseinleitender Antrag soll begründet werden. In dem Antrag sollen die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angegeben sowie die Personen benannt werden, die als Beteiligte in Betracht kommen. Der Antrag soll in geeigneten Fällen die Angabe enthalten, ob der Antragstellung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen. Urkunden, auf die Bezug genommen wird, sollen in Urschrift oder Abschrift beigefügt werden. Der Antrag soll von dem Antragsteller oder seinem Bevollmächtigten unterschrieben werden.

(2) Das Gericht soll den Antrag an die übrigen Beteiligten übermitteln.

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

4
a) Infolge des Ablaufs der in der Ausgangsentscheidung angeordneten Haftdauer ist die Erledigung der Hauptsache eingetreten; damit kann eine auf die Aufhebung der vorinstanzlichen Beschlüsse gerichtete Sachentscheidung nicht mehr ergehen (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Juli 1998 - V ZB 7/98, BGHZ 139, 254, 255; Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 153; Keidel/Budde, FamFG, 16. Aufl., § 62 Rn. 1; SchulteBunert /Weinreich/Brinkmann, FamFG, 2. Aufl., § 22 Rn. 20). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es nicht darauf an, dass zwischenzeitlich das Amtsgericht Paderborn auf den Antrag der beteiligten Behörde die Haft verlängert hat. Denn die Fortdauer der Haft beruht nicht auf der Ausgangsentscheidung und der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Beschwerde durch das Landgericht, sondern auf einer eigenständigen Entscheidung des nunmehr zuständigen Gerichts, bei der uneingeschränkt die Vorgaben für die erstmalige Anordnung zu beachten und die Voraussetzungen der Haft erneut zu prüfen sind (vgl. § 425 Abs. 3 FamFG; Keidel/Budde, aaO, § 425 Rn. 7).

(1) Der Beschluss, durch den eine Freiheitsentziehung angeordnet wird, ist vor Ablauf der nach § 425 Abs. 1 festgesetzten Frist von Amts wegen aufzuheben, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Vor der Aufhebung hat das Gericht die zuständige Verwaltungsbehörde anzuhören.

(2) Die Beteiligten können die Aufhebung der Freiheitsentziehung beantragen. Das Gericht entscheidet über den Antrag durch Beschluss.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 292/10
vom
28. April 2011
in der Abschiebungshaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Rechtsbeschwerde ist auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen
einen Beschluss des Beschwerdegerichts richtet, mit welchem die Beschwerde gegen
die Zurückweisung eines Haftaufhebungsantrags zurückgewiesen worden ist.
FamFG §§ 45, 62 Abs. 1; § 426 Abs. 2 Satz 1
Die formelle Rechtskraft der Entscheidung über die Haftanordnung kann nicht durch
ein Haftaufhebungsverfahren durchbrochen werden; hat sich die Haftanordnung erledigt
, kann deshalb das Rechtsmittelgericht die Rechtsverletzung erst ab dem Eingang
des Haftaufhebungsantrags bei dem Gericht des ersten Rechtszugs feststellen.
BGH, Beschluss vom 28. April 2011 - V ZB 292/10 - LG Osnabrück
AG Nordhorn
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. April 2011 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Prof.
Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Betroffenen werden - unter deren Zurückweisung im Übrigen - der Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 11. November 2010 und der Beschluss des Amtsgerichts Nordhorn vom 22. Juli 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als auch für den Zeitraum ab dem 6. November 2009 zum Nachteil des Betroffenen entschieden worden ist. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Nordhorn vom 22. Juli 2010 den Betroffenen seit dem 6. November 2009 in seinen Rechten verletzt hat. Die zweckentsprechenden außergerichtlichen Auslagen des Betroffenen werden zu 1/6 der Bundesrepublik Deutschland auferlegt. Im Übrigen findet eine Auslagenerstattung nicht statt. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene reiste am 22. September 2009 von den Niederlanden kommend unerlaubt in die Bundesrepublik ein. Er hatte am 8. Oktober 2008 in Griechenland einen Asylantrag gestellt.
2
Auf Antrag der beteiligten Behörde ordnete das Amtsgericht am 22. September 2009 die Haft zur Sicherung der Zurückschiebung des Betroffenen nach Griechenland für die Dauer von längstens zwei Monaten an.
3
Am 6. November 2009 hat der Betroffene bei dem Amtsgericht beantragt, den Beschluss vom 22. September 2009 aufzuheben und festzustellen, dass "die Inhaftierung in Abschiebungshaft" rechtswidrig gewesen ist. Nachdem der Betroffene am 17. November 2009 nach Griechenland zurückgeschoben worden war, hat er am 23. November 2009 die Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Inhaftierung beantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22. Juli 2010 "abgelehnt". Das Landgericht hat die Beschwerde mit Beschluss vom 11. November 2010 zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene im Ergebnis die Feststellung erreichen, dass die Haftanordnung ihn in seinen Rechten verletzt hat.

II.

4
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts war die Haftanordnung rechtmäßig. Es hätten die in § 62 Abs. 2 Nr. 1 und 5 AufenthG genannten Voraussetzungen vorgelegen. Gegen das Beschleunigungsgebot sei nicht verstoßen worden.

III.

5
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht vollständig stand.
6
1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
7
a) Statthaft ist auch eine Rechtsbeschwerde mit dem Ziel, die Rechtsverletzung des Betroffenen durch die Zurückweisung eines Antrags auf Haftaufhebung nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG festzustellen.
8
Für diesen Feststellungsantrag kann nichts anderes gelten als für entsprechende Anträge nach Erledigung gegen die Haftanordnung eingelegter Beschwerden , in denen Feststellungsanträge analog § 62 Abs. 1 FamFG auch im Rechtsbeschwerdeverfahren gestellt werden können, ohne dass es einer Zulassung des Rechtsmittels bedarf (std. Rspr.: vgl. Senat, Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZB 172/09, FGPrax 2010, 150, 151 Rn. 9, 10; Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 184/09, FGPrax 2010, 152, 153 Rn. 4). Die besonderen Rechtsschutzmöglichkeiten beruhen auf dem Rehabilitierungsinteresse des Betroffenen nach einem Eingriff in sein Freiheitsgrundrecht und hängen nicht von dem konkreten Ablauf des Verfahrens ab (vgl. BVerfGE 104, 220, 235).
9
b) Die Rechtsbeschwerde ist auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn - wie hier - das Beschwerdegericht über einen Feststellungsantrag nach § 62 Abs. 1 FamFG entschieden hat und in dem Rechtsbeschwerdeverfahren die Überprüfung dieser Entscheidung verlangt wird (Senat, Beschluss vom 22. Juli 2010 - V ZB 29/10, InfAuslR 2011, 27 Rn. 4).
10
2. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde teilweise Erfolg. Die Zurückweisung des Aufhebungsantrags hat ab dessen Eingang bei dem Amtsgericht am 6. November 2009 den Betroffenen in seinen Rechten verletzt, weil schon kein zulässiger Haftantrag vorlag.
11
a) Das Fehlen des nach § 72 Abs. 4 Satz 1 AufenthG auch für die Zurückschiebung erforderlichen Einvernehmens der zuständigen Staatsanwaltschaft führt nicht nur zur Unzulässigkeit der Haft, sondern zur Unzulässigkeit des Haftantrags, wenn sich aus ihm oder den ihm beigefügten Unterlagen ohne weiteres ergibt, dass gegen den Betroffenen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren anhängig ist und der Antrag zu dem Vorliegen des Einvernehmens keine Angaben enthält (Senat, Beschluss vom 24. Februar 2011 - V ZB 202/10, juris Rn. 7, 10 ff.).
12
So ist es hier. In dem von der Beteiligten zu 2 am 22. September 2009 gestellten Haftantrag heißt es unter "III. Sachverhalt" u.a.: "Seitens der hiesigen Dienststelle wurde ein Strafverfahren wegen der unerlaubten Einreise und Aufenthalt im Bundesgebiet gegen den o.a. afghanischen Staatsangehörigen eingeleitet." Angaben dazu, ob das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft mit der Zurückschiebung vorliegt, enthält der Antrag nicht.
13
b) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (Senat, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - V ZB 136/10, juris Rn. 6 mwN). Es ist deshalb unerheblich, dass der Betroffene das Fehlen dieser Verfahrensvoraussetzung weder in den Vorinstanzen noch in der Rechtsbeschwerdebegründung gerügt hat.
14
c) Gleichwohl ist die Rechtsbeschwerde unbegründet, soweit es um die Feststellung der Rechtsverletzung durch die Haftanordnung von Anfang geht. Dieser Feststellung steht die formelle Rechtskraft des Beschlusses des Amtsgerichts vom 22. September 2009 (Haftanordnung) entgegen.
15
aa) Zwar ist vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben, die an einen wirkungsvollen Rechtsschutz bei prozessualer Überholung zu stellen sind, ein Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer freiheitsentziehenden Maßnahme regelmäßig gegeben (siehe nur BVerfGE 104, 220, 234; Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 116/10, juris Rn. 8 mwN). Dieses rechtliche Interesse erlaubt jedoch nicht die Stellung eines Feststellungsantrags losgelöst von dem jeweils bestehenden Rechtsschutzsystem , sofern es dem Betroffenen zumutbar und möglich war, eine von der Verfahrensordnung bereitgestellte Rechtsschutzmöglichkeit zu ergreifen; besteht eine solche Möglichkeit, kann von dem Betroffenen erwartet werden, dass er diese wahrnimmt (Senat, Beschluss vom 20. Januar 2011 - V ZB 116/10, juris aaO).
16
bb) Diese Voraussetzung liegt hier vor. Gegen den Beschluss, mit dem das Amtsgericht die Haft angeordnet hat, hat der Betroffene kein Rechtsmittel eingelegt.
17
d) Die formelle Rechtskraft der Entscheidung über die Haftanordnung kann auch nicht durch das Verfahren auf Aufhebung der Haft nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG durchbrochen werden. Zwar sind Entscheidungen über die Anordnung der Haft nicht der materiellen Rechtskraft fähig, so dass ein Betroffener den Haftaufhebungsantrag nicht nur auf neue Umstände, sondern auch auf Einwände gegen die erstmalige Anordnung der Haft stützen kann (Senat, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 129/08, NJW 2009, 299, 300 zu § 10 Abs. 2 FEVG). Diese Berücksichtigung von Einwänden gegen die Haftanordnung bei der Prüfung der Haftaufhebung führt aber nicht dazu, dass die formelle Rechtskraft unterlaufen werden darf (OLG München, FGPrax 2005, 276, 277; Keidel/Budde, FamFG 16. Aufl., § 62 Rn. 5; offengelassen von KG, NVwZ-RR 2009, 222, 223).
18
e) Begründet ist die Rechtsbeschwerde jedoch insoweit, als das Beschwerdegericht den Feststellungsantrag auch für den Zeitraum ab dem Eingang des Haftaufhebungsantrags bei dem Amtsgericht am 6. November 2009 zurückgewiesen hat. Insoweit sind seine Entscheidung und auf die Beschwerde des Betroffenen auch die Entscheidung des Amtsgerichts vom 22. Juli 2010 aufzuheben.

IV.

19
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 81 Abs. 1, 83 Abs. 2, 430 FamFG, § 128c Abs. 3 Satz 2 KostO. Unter Berücksichtung der Regelung in Art. 5 Abs. 5 EMRK entspricht es billigem Ermessen, die Bundesrepublik Deutschland , der die beteiligte Behörde angehört, zur Erstattung eines Teils der notwendigen Auslagen des Betroffenen zu verpflichten. Die Kostenquote entspricht dem Verhältnis des gesamten Haftzeitraums zu dem Zeitraum, für den die Rechtsmittel Erfolg haben.

20
Der Gegenstandswert bestimmt sich nach §§ 30 Abs. 2, 128c Abs. 2 KostO.
VRiBGH Prof. Dr. Krüger Lemke Schmidt-Räntsch ist infolge Urlaub an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 2. Mai 2011 Der stellv. Vorsitzende Lemke Czub Stresemann
Vorinstanzen:
AG Nordhorn, Entscheidung vom 22.07.2010 - 11 XIV 4221 B -
LG Osnabrück, Entscheidung vom 11.11.2010 - 11 T 583/10 (15) -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 129/08
vom
18. September 2008
in der Abschiebehaftsache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FreihEntzG § 10 Abs. 2

a) Gegen die Zurückweisung eines Antrags nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG ist die sofortige
Beschwerde gegeben.

b) Eine Aufhebung der Haft für die Zukunft nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG kann nicht
nur auf neue Umstände, sondern auch auf Einwände gegen ihre Anordnung gestützt
werden.
BGH, Beschl. v. 18. September 2008 - V ZB 129/08 - OLG Hamm
LG Essen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 18. September 2008 durch
die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, Dr. Czub und Dr. Roth

beschlossen:
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Essen vom 12. August 2008 (7 T 425/08) aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die sofortige Beschwerde an das Landgericht Essen zurückverwiesen.

Gründe:


I.

1
Der Beteiligte zu 3 gab dem Betroffenen mit einem sofort vollziehbaren Bescheid vom 20. Februar 2008 auf, das Bundesgebiet bis zum Ablauf des 31. März 2008 zu verlassen, und drohte ihm die Abschiebung an. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung lehnte das Verwaltungsgericht Münster mit Beschluss vom 22. April 2008 ab; ein paralleles Klageverfahren ist noch anhängig. Mit Schreiben vom 24. Juni 2008, das er in den Briefkasten der Wohnung der Eltern des Betroffenen einlegen ließ, teilte der Beteiligte zu 3 diesem mit, dass er ihn am 25. Juni 2008 abschieben wolle. Dies misslang, weil der Betroffene an diesem Tag in der Wohnung seiner Eltern nicht angetroffen wurde. Er wurde am 9. Juli 2008 in E. festgenommen. Auf Antrag des Beteiligten zu 2 ordnete das Amtsgericht Essen am selben Tag gegen den Betroffenen die Haft zur Sicherung der Abschiebung für die Dauer von drei Monaten an. Diesen Beschluss focht der Betroffene mit einem Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 31. Juli 2008 an und beantragte die Aufhebung des Beschlusses.
2
Das Amtsgericht hat darin einen Aufhebungsantrag nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG gesehen, diesen als unbegründet zurückgewiesen und dem Betroffenen eine Rechtsmittelbelehrung erteilt, nach welcher gegen seine Entscheidung die sofortige Beschwerde gegeben sei. Die daraufhin von dem Betroffenen eingelegte sofortige Beschwerde, mit der er geltend macht, die Voraussetzungen für die Haftanordnung hätten nicht vorgelegen, hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen, der das Oberlandesgericht stattgeben möchte. Daran sieht es sich durch den Beschluss des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 15. Oktober 2007 (OLG-Report 2008, 193, 194) gehindert. Es hat die Sache deshalb dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.

3
Die Vorlage ist statthaft (§ 28 Abs. 2 FGG i.V.m. § 106 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, § 3 Satz 2 FreihEntzG).
4
Für den Erfolg oder Misserfolg des Rechtsmittels kommt es darauf an, ob die Zurückweisung eines Antrags auf Haftaufhebung nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG mit der sofortigen Beschwerde angegriffen werden kann und ob ein Antrag auf Haftaufhebung auch darauf gestützt werden kann, die Anordnungsvoraussetzungen hätten nicht vorgelegen. Beide Fragen möchte das vorlegende Oberlandesgericht bejahen. Das Oberlandesgericht Saarbrücken hat sie in der angeführten Entscheidung verneint. Die Divergenz rechtfertigt die Vorlage.

III.

5
Die weitere sofortige Beschwerde des Betroffenen ist begründet.
6
1. Die Vorinstanzen haben das Schreiben des Betroffenen zutreffend als Antrag nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG ausgelegt. Darin wendet sich der Betroffene zwar in erster Linie gegen den Beschluss vom 9. Juli 2008, durch den das Amtsgericht die Abschiebehaft angeordnet hat. Seinem Schreiben lässt sich aber entnehmen, dass er sich mit jedem dazu geeigneten Antrag gegen die Fortdauer der Haft wenden will. Dazu stand ihm nur der Antrag nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG zu Gebote.
7
2. Die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Zurückweisung des Antrags durch das Amtsgericht durfte nicht als unzulässig verworfen werden.
8
a) Ob gegen die Zurückweisung eines Antrags nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG ein Rechtsmittel gegeben ist, wird allerdings unterschiedlich beurteilt. Nach einer Meinung, der das Beschwerdegericht folgt, soll sich aus den Vorschriften der §§ 7 und 12 FreihEntzG ergeben, dass nur die Entscheidungen über die Anordnung und die Fortdauer der Haft mit der sofortigen Beschwerde angreifbar seien (OLG Saarbrücken OLG-Report 2008, 193, 194 unter Bezugnahme auf die aufgegebene Auffassung des OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25. September 2002, 3 Wx 296/02, juris, und v. 16. April 2003, 3 Wx 116/03, juris). Anträge auf Aufhebung der angeordneten Haft seien demgegenüber als Ausnahme von dem Abänderungsverbot des § 18 Abs. 2 FGG nicht beschwerdefähig , da sie in jedem Fall (erneut) zu prüfen seien. Nach der Gegenmeinung sind gegen Entscheidungen über die Zurückweisung der Haftaufhebung die allgemeinen Rechtsmittel gegeben (BayObLG, Beschl. v. 3. August 2004, 4Z BR 32/04; KG OLGZ 1977, 161, 162; OLG Stuttgart FGPrax 1996, 40; OLG Düs- seldorf, Beschl. v. 5. Oktober 2004, 3 Wx 255/04, juris; OLG Frankfurt/Main OLG-Report 2006, 83 [Ls], Volltext bei juris; OLG Köln OLG-Report 2007, 792, 793).
9
b) Der Senat erachtet die zuletzt genannte Auffassung für zutreffend.
10
aa) Aus den Vorschriften der §§ 7 Abs. 1, 12 FreihEntzG ergibt sich nur, dass jedenfalls die Anordnung der Haft nach § 6 FreihEntzG und ihre Verlängerung nach § 9 FreihEntzG der sofortigen Beschwerde unterliegen. Dass andere Entscheidungen nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen (Freiheitsentziehungsverfahrensgesetz) nicht beschwerdefähig sein sollen, lässt sich weder den genannten noch anderen Vorschriften des Gesetzes entnehmen.
11
bb) Dies folgt auch nicht aus der hierfür in Anspruch genommenen Systematik des Gesetzes. Sie ergibt das Gegenteil.
12
(1) Es ist zwar richtig, dass die Möglichkeit der Haftaufhebung nach § 10 FreihEntzG systematisch eine Ausnahme von dem Grundsatz in § 18 Abs. 2 FGG bildet, dass eine der sofortigen Beschwerde unterliegende Entscheidung nicht von dem Ausgangsgericht abgeändert werden darf. Über die Anfechtbarkeit der Entscheidung über die Aufhebung der Haft besagt das aber nichts. Das zeigt die der Freiheitsentziehung insoweit vergleichbare Konstellation der Unterbringung. Sie unterliegt nach § 70m Abs. 1 FGG der sofortigen Beschwerde (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 70m Rdn. 3). Abweichend von § 18 Abs. 2 FGG ist sie – wie die Freiheitsentziehung – nach § 70i Abs. 1 Satz 1 FGG aufzuheben, wenn ihre Voraussetzungen weggefallen sind. Das schließt die Anfechtbarkeit der Entscheidung nicht aus. Gegen sie findet die einfache Beschwerde statt (Bumiller, FGG, 8. Aufl., § 70m Rdn. 2; Kei- del/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 70m Rdn. 5; Sonnenfeld in: Jansen, FGG, 3. Aufl., § 70m Rdn. 14).
13
(2) Die Haftaufhebung ist in § 10 FreihEntzG als selbständige Entscheidung ausgestaltet. Sie unterliegt nach § 3 Satz 2 FreihEntzG daher wie alle anderen Entscheidungen nach dem Freiheitsentziehungsverfahrensgesetz der Beschwerde. Die Anschlussfrage, ob es sich dabei um eine einfache oder eine sofortige Beschwerde handelt, ist nach den auch sonst geltenden Grundsätzen zu entscheiden. Diese ergeben sich aus § 7 Abs. 1 FreihEntzG und § 12 FreihEntzG in Verbindung mit jener Vorschrift. Dem wird entnommen, dass gegen Entscheidungen, die die Freiheitsentziehung selbst betreffen, die sofortige Beschwerde , für alle andere Entscheidungen die einfache Beschwerde gegeben ist (Marschner in Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringungen , 4. Aufl., § 7 FreihEntzG Rdn. 2). Danach ist gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Haftaufhebung die sofortige Beschwerde gegeben, weil ihr Gegenstand nicht die Modalitäten der Haft sind, sondern ihr (Fort-) Bestand.
14
3. Die Sache ist nicht zur Entscheidung reif. Sie ist zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
15
a) Der Betroffene trägt allerdings nicht vor, dass sich die Umstände nach seiner Inhaftierung geändert hätten. Er begründet seinen Antrag vielmehr damit, dass die Voraussetzungen für die Anordnung der Haft nicht vorgelegen hätten. Könnte er damit im Verfahren über einen Antrag nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG nicht gehört werden, wäre die Sache zur Entscheidung reif, seine sofortige Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
16
b) Das ist indessen nicht der Fall.
17
aa) Ob der Betroffene im Verfahren nach § 10 Abs. 2 FreihEntzG mit Einwänden gegen die Haftanordnung ausgeschlossen ist, wird unterschiedlich beurteilt. Nach einer von dem Beschwerdegericht geteilten Ansicht ist die Frage zu bejahen (KG OLGZ 1977, 161, 164; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 25. September 2002, 3 Wx 296/02, juris, und v. 16. April 2003, 3 Wx 116/03, juris; OLG Saarbrücken, OLG-Report 2007, 193, 194). Nach anderer Ansicht, der das vorlegende Oberlandesgericht folgt, können nicht nur neue Tatsachen, sondern auch Einwände gegen die Anordnung der Haft zu ihrer Aufhebung nach § 10 FreihEntzG führen (BayObLG Beschl. v. 3. August 2004, 4Z BR 32/04; OLG Stuttgart, FGPrax 1996, 40; OLG Celle NdsRpfl 2004, 16; OLG Frankfurt/Main OLG-Report 2006, 83 [Ls], Volltext bei juris; Marschner in Marschner/Volckart, Freiheitsentziehung und Unterbringungen, 4. Aufl., § 10 FreihEntzG Rdn. 2).
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bb) Dieser zweiten Meinung tritt der Senat bei. § 10 Abs. 1 FreihEntzG verpflichtet zu einer Aufhebung der angeordneten Haft nach seinem Wortlaut zwar nur, wenn der Grund für die Freiheitsentziehung weggefallen ist. Dem könnte entnommen werden, dass Voraussetzung dafür der Eintritt neuer Umstände ist. § 10 Abs. 2 FreihEntzG löst sich aber von dieser engen Begrifflichkeit und verpflichtet dazu, Anträge nach § 6 Abs. 2 FreihEntzG „in jedem Fall“ zu prüfen und zu bescheiden. Das lässt jedenfalls vom Wortsinn her eine Aufhebung auch dann zu, wenn sich die Sachlage zwar nicht verändert, ein Grund für die Anordnung der Haft aber nicht bestanden hat und auch weiterhin nicht besteht.
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Nur ein solches weites Verständnis wird dem Zweck des Aufhebungsverfahrens gerecht. Dieses zielt darauf, eine sachlich nicht gerechtfertigte Inhaftierung zur Verwirklichung der Freiheitsgarantien des Art. 104 GG umgehend zu beenden. Unter diesem Aspekt ist es unerheblich, ob sich die fehlende Berechtigung der Inhaftierung aus neuen Umständen oder daraus ergibt, dass sie nicht hätte angeordnet werden dürfen. Einer Berücksichtigung von Einwänden gegen die Haftanordnung bei der Prüfung der Haftaufhebung steht auch nicht entgegen , dass der Betroffene eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Haftanordnung schon mit den gegen diesen gegebenen Rechtsmitteln erreichen kann und in der Regel auch erreicht. Entscheidungen über die Anordnung der Haft sind nur der formellen, nicht der materiellen Rechtskraft fähig (Marschner, aaO). Die damit einhergehende mehrfache Prüfung ist bei einer Freiheitsentziehung nicht zu vermeiden. Ihre Fortdauer ist nicht nur unverhältnismäßig, wenn der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist, sondern in gleicher Weise, wenn eine erneute Prüfung ergibt, dass er (doch) nicht vorgelegen hat.
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c) Feststellungen dazu, ob die in Betracht kommenden Haftgründe nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 und 5 AufenthG gegeben waren, hat das Beschwerdegericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht getroffen, weil es die sofortige Beschwerde des Betroffenen gegen die Anordnung der Haft wegen Versäumung der Antragsfrist als unzulässig und eine sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Haftaufhebung als unstatthaft angesehen hat. Die Prüfung in der Sache ist nachzuholen. Klein Lemke Schmidt-Räntsch Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 12.08.2008 - 7 T 425/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 11.09.2008 - I-15 Wx 254/08 -
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3. Dass die Anordnung der Abschiebungshaft rechtswidrig war, steht aufgrund der Rechtskraft des im Beschwerdeverfahren aufgrund des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehungen ergangenen Beschlusses des Landgerichts Stuttgart mit Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren fest. Insoweit gelten die gleichen Grundsätze, die der Senat im Amtshaftungsprozess für die Bindungswirkung der rechtskräftigen Entscheidung einer Strafvollstreckungskammer im Verfahren nach § 109 StVollzG (Senatsurteil BGHZ 161, 33, 34) und für diejenige einer im Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG ergangenen Entscheidung des Strafsenats eines Oberlandesgerichts (Senatsurteil vom 17. März 1994 - III ZR 15/93 = NJW 1994, 1950) entwickelt hat. Darüber hinaus steht die sachliche Richtigkeit der Beschwerdeentschei- dung des Landgerichts unter den Parteien außer Streit. Die Voraussetzungen für die Anordnung der Abschiebungshaft lagen zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung nicht vor. Die Anordnung der Abschiebungshaft in Form der Sicherungshaft nach § 57 Abs. 2 des seinerzeit geltenden Ausländergesetzes (s. jetzt § 62 Abs. 2 AufenthG) setzte neben der Gefahr der Vereitelung der Abschiebung voraus, dass der betroffene Ausländer ausreisepflichtig war. Die Ausreisepflicht entfällt insbesondere auch durch die gesetzliche Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG). Danach ist einem Ausländer, der (erstmalig) um Asyl nachsucht, zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet gestattet. Die Aufenthaltsgestattung erlischt allerdings nach § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG insbesondere, wenn die Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag unanfechtbar geworden ist. Die Ausreisepflichtigkeit, insbesondere das Vorliegen der Aufenthaltsgestattung und ihr etwaiges Erlöschen, hat der Haftrichter von Amts wegen zu prüfen und festzustellen. Die gesetzliche Aufenthaltsgestattung stellt insoweit nicht nur ein (allein im Ausweisungsverfahren zu überprüfendes) Abschiebungshindernis, sondern auch ein Abschiebungshafthindernis dar (BayObLG NVwZ 1993, 102; OLG Karlsruhe NVwZ 1993, 811, 812; OLG Naumburg FGPrax 2000, 211), das folglich im Abschiebungshaftverfahren zu prüfen ist und dessen Vorliegen die Abschiebungshaft rechtswidrig macht. Im vorliegenden Fall war die Aufenthaltsgestattung nicht gemäß § 67 Abs. 1 Nr. 6 AsylVfG erloschen. Denn der Bescheid des Bundesamtes über die Ablehnung seines Asylantrags war mangels ordnungsgemäßer Zustellung noch nicht bestandskräftig geworden.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.