Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Sept. 2011 - V ZB 39/11

bei uns veröffentlicht am15.09.2011
vorgehend
Amtsgericht Bremen, 28 C 38/10, 28.10.2010
Landgericht Bremen, 4 T 626/10, 03.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 39/11
vom
15. September 2011
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. September 2011 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und
Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bremen vom 3. Februar 2011 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 1.156,68 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Der Kläger erhob gegen einen in der Versammlung der Wohnungseigentümer am 31. März 2010 gefassten Beschluss, mit dem ihm die Nutzung seines Teileigentums zu Wohnzwecken untersagt wurde, Anfechtungsklage. Diese wurde der Verwalterin zugestellt, die einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Beklagten beauftragte. Später nahm der Kläger die Klage zurück. Die Kosten des Rechtsstreits wurden ihm auferlegt.
2
Auf Antrag der Beklagten hat das Amtsgericht die von dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 1.932,32 € nebst Zinsen festgesetzt. Dabei hat es sowohl der Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG für die Vertretung mehrerer Auftraggeber als auch der Begrenzung auf einen Gebührensatz von 2,0 nach Absatz 3 der Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG Rechnung getragen. Die dagegen gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Kläger die Absetzung der Mehrvertretungsgebühr weiter.

II.

3
Nach Ansicht des Beschwerdegerichts ist der Prozessbevollmächtigte der Beklagten unabhängig von der Mandatierung durch die Verwalterin namens und in Vollmacht der übrigen Wohnungseigentümer tätig geworden. Deshalb habe das Amtsgericht zu Recht die Verfahrensgebühr um die Mehrvertretungsgebühr erhöht.

III.

4
Das nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsmittel ist unbegründet. Dem Rechtsanwalt, der die übrigen Wohnungseigentümer in einem Beschlussanfechtungsprozess vertritt , steht die Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG zu (so bereits inzidenter Senat, Beschluss vom 16. Juli 2009 - V ZR 11/09, NJW 2009, 3168 Rn. 17; Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 171/10, Umdr. S. 7 [zur Veröffentlichung bestimmt]; ebenso Jennißen/Suilmann, WEG, 2. Aufl., § 50 Rn. 13; Riecke/Schmid/Abramenko, Wohnungseigentumsrecht, 3. Aufl., Anh. zu § 50 WEG Rn. 22; Timme/Elzer, WEG, § 50 Rn. 11).
5
1. Die Beschlussanfechtung ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu richten, sondern gegen die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft. Es handelt sich also nicht um einen Verbandsprozess, sondern um einen Individualprozess. Dieser ist allerdings einem Verbandsprozess gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft angenähert. Die Klage ist nicht jedem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern dem Verwalter zuzustellen, der nach § 45 Abs. 1 WEG für die Wohnungseigentümer zustellungsbevollmächtigt ist; er ist nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG berechtigt , die Wohnungseigentümer in dem Rechtsstreit zu vertreten oder anwaltlich vertreten zu lassen (Senat, Beschluss vom 14. Mai 2009 - V ZB 172/08, NJW 2009, 2135 Rn. 11). Dem entspricht die Vorschrift des § 50 WEG, dass die Wohnungseigentümer im Regelfall nur die Kosten eines einzigen Rechtsanwalts erstattet bekommen können.
6
2. Daraus kann nicht gefolgert werden, dass diesem Rechtsanwalt die Erhöhungsgebühr für die Vertretung mehrerer Auftraggeber nach Nr. 1008 VV RVG nicht zusteht.
7
a) Zwar dient die Zustellungsbevollmächtigung des Verwalters u.a. dazu, die der Wohnungseigentümergemeinschaft entstehenden Kosten gering zu halten (Senat, Beschluss vom 14. Mai 2009 - V ZB 172/08, aaO). Aber dieser Gesichtspunkt spielt bei der Beantwortung der Frage, ob dem Rechtsanwalt die Mehrvertretungsgebühr zusteht, keine Rolle. Bedeutung erlangt er nur bei der Beurteilung, ob die in § 50 WEG normierte Ausnahme von der Erstattungsfähigkeit der Kosten eines einzigen Rechtsanwalts vorliegt.
8
b) Dem Umstand, dass die Verwalterin dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten den Auftrag zu deren Vertretung erteilt hat, kommt keine Bedeutung zu. Die Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG fällt immer dann an, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber tätig geworden ist (§ 7 Abs. 1 RVG). Ob es einen oder mehrere Auftraggeber gibt, hängt nicht davon ab, wer dem Anwalt den Auftrag erteilt hat. Auch wenn eine Person für eine Personenmehrheit den Auftrag erteilt, sind die mehreren Personen Auftraggeber des Rechtsanwalts (OLG München, Beschluss vom 27. Mai 2011 - 15 U 4940/10, juris Rn. 30). Daran ändert nichts, dass das gerichtliche Verfahren über die Beschlussanfechtung einem Verbandsprozess ähnelt. Entscheidend ist, dass in dem Individualprozess gegen die übrigen Wohnungseigentümer mehrere Personen - und nicht etwa, wie der Kläger meint, der "Rest des Verbandes" - als notwendige Streitgenossen auf der Beklagtenseite stehen, die sich anwaltlich vertreten lassen.
9
c) Zutreffend weisen sowohl der Kläger als auch die Beklagten darauf hin, dass das anwaltliche Gebührenrecht eine Pauschalierung der Gebühren für typische Sachverhalte vornimmt. Für die Höhe der Gebühr kommt es deshalb nicht darauf an, welchen konkreten Arbeitsaufwand der Rechtsanwalt bei seiner Tätigkeit gehabt hat. Das gilt auch für die Mehrvertretungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG. Sie soll dem mit dem Vorhandensein mehrerer Beteiligter typischerweise verbundenen Mehr an Arbeit und Aufwand, insbesondere durch die laufende Informationsaufnahme und Unterrichtung durch den Rechtsanwalt, und dessen höherem Haftungsrisiko in genereller Weise Rechnung tragen (BGH, Beschluss vom 19. Januar 2010 - VI ZB 36/08, NJW 2010, 1377 Rn. 8). Nach diesem Sinn und Zweck ist es für die Gebührenerhöhung unerheblich, ob es bei der Vertretung mehrerer Auftraggeber tatsächlich ein Mehr an Arbeit und Aufwand sowie ein höheres Haftungsrisiko gibt. Im Übrigen liegt ein solcher Fall hier, anders als der Kläger meint, nicht vor. Zum einen hat das Beschwerdege- richt nicht festgestellt, dass die Prozessbevollmächtigten der Beklagten ausschließlich mit der Verwalterin kommuniziert haben; der Kläger verweist auch auf keinen diesbezüglichen Vortrag in den Tatsacheninstanzen, sondern bringt lediglich Vermutungen vor. Zum anderen liegt es auf der Hand, dass das Haftungsrisiko des Rechtsanwalts bei mehreren Auftraggebern höher ist als bei einem einzigen Auftraggeber.

IV.

10
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Bremen, Entscheidung vom 28.10.2010 - 28 C 38/10 -
LG Bremen, Entscheidung vom 03.02.2011 - 4 T 626/10 -

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Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 575 Frist, Form und Begründung der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der E
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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 27 Aufgaben und Befugnisse des Verwalters


(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die 1. untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder2. zur

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 46 Veräußerung ohne erforderliche Zustimmung


Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grun

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 7 Mehrere Auftraggeber


(1) Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhält er die Gebühren nur einmal. (2) Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag

Wohnungseigentumsgesetz - WoEigG | § 45 Fristen der Anfechtungsklage


Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden. Die §§ 233 bis 238 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 171/10
vom
14. Juli 2011
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
WEG § 50

a) Im Anwendungsbereich des § 50 WEG müssen in einem Kostenfestsetzungsverfahren
sämtliche Kostengläubiger beteiligt werden.

b) Sind nach § 50 WEG nur die Kosten eines Anwalts erstattungsfähig, kommt
die vorrangige Erstattung des von der Mehrheit der beklagten Wohnungseigentümer
beauftragten Prozessbevollmächtigten nur in Betracht, wenn den
übrigen Beklagten Gelegenheit gegeben worden ist, auf die Willensbildung
Einfluss zu nehmen; ansonsten ist der Kostenerstattungsanspruch zu quoteln.
BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 171/10 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juli 2011 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Rechtbeschwerde gegen den Beschluss der Zivilkammer 82 des Landgerichts Berlin vom 1. Juni 2010 wird auf Kosten des Beklagten zu 12 zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.463,80 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Gegen die auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 11. September 2007 beschlossene Entlastung des Verwalters erhoben die Kläger Anfechtungsklage. Mit ihrer Rechtsverteidigung beauftragten die Beklagten zu 1 bis 11 einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten. Der Beklagte zu 12, ein Rechtsanwalt, nahm seine Interessen unter Hinweis darauf selbst wahr, dass er eine andere Rechtsauffassung vertrete als die übrigen Beklagten. Die Klage hatte keinen Erfolg. Die gegen die Abweisung der Klage gerichtete Berufung wies das Landgericht mit der Maßgabe zurück, dass die beiden Kläger die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte zu tragen hätten. Das Berufungsurteil ist rechtskräftig.
2
Mit Beschlüssen vom 8. April 2009, in deren Rubrum auch der Beklagte zu 12 aufgeführt ist, hat das Amtsgericht auf Antrag der Beklagten zu 1 bis 11 die "an die Beklagten" zu erstattenden Kosten der ersten Instanz in Höhe von 3.483,13 € und die des Berufungsverfahrens auf 3.713,75 € festgesetzt. Dabei hat es sowohl der Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG als auch der Begrenzung auf einen Gebührensatz nach Absatz 3 der Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG Rechnung getragen. Den Antrag des Beklagten zu 12 auf Festsetzung von Kosten in Höhe von 3.463,80 € hat es mit weiterem Beschluss vom 8. April 2009 zurückgewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Beklagte zu 12 seinen Antrag weiter.

II.

3
Das Beschwerdegericht meint, sämtlichen Beklagten seien insgesamt nur Kosten in der Höhe zu erstatten, die bei der Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten entstanden wären. Nach § 50 WEG sei in der Regel nur die Beauftragung eines Rechtsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig. Mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängende Gründe, die ausnahmsweise eine Vertretung durch mehrere Rechtsanwälte hätte geboten erscheinen lassen können, lägen nicht vor. Der Beklagte zu 12 hätte auch bei der Beauftragung eines gemeinsamen Prozessbevollmächtigten seine abweichende Rechtsauffassung vortragen lassen können. Die erstattungsfähigen Kosten, die bei der Einschaltung nur eines Anwalts entstanden wären, seien bereits zugunsten aller Beklagten festgesetzt worden. Sie hätten sich bei einer Mandatierung des Anwalts der Beklagten zu 1 bis 11 auch durch den Beklagten zu 12 wegen der Begrenzungsregelung in Absatz 3 der Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG nicht weiter erhöht. Es bleibe dem Beklagten zu 12 unbenommen, sich mit den übrigen Beklagten über die Verteilung der festgesetzten Erstattungsbeträge zu verständigen.

III.

4
Das nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel (§ 575 ZPO) ist unbegründet.
5
1. Das Beschwerdegericht geht zu Recht davon aus, dass eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Anwälte nicht geboten war.
6
a) Nach § 50 WEG sind Wohnungseigentümern zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war. Solche Gründe liegen hier nicht vor. Bei einer Beschlussanfechtungsklage nach § 46 Abs. 1 WEG verfolgen die beklagten Wohnungseigentümer in der Sache dasselbe Ziel, nämlich die Abwehr der von der Klägerseite erhobenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit eines von ihnen gefassten Beschlusses. Deshalb ist die Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts grundsätzlich ausreichend (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2009 - V ZB 11/09, NJW 2009, 3168) und die Erstattungsfähigkeit im Regelfall auf diejenigen Kosten beschränkt, die bei gemeinsamer Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts entstanden wären.
7
b) Mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängende Gründe, aufgrund deren eine Vertretung durch mehrere Anwälte geboten war, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Soweit sie geltend macht, der Beklagte zu 12 habe eine andere Rechtsauffassung vertreten als die übrigen Beklagten, ist nicht ersichtlich, warum ein gemeinsam beauftragter Prozessbevollmächtigter nicht auch die Rechtsauffassung des Beklagten zu 12 zur Geltung hätte bringen können , und sei es auch nur für diesen. Soweit sie argumentiert, der Beklagte zu 12 hätte den Klageanspruch gegebenenfalls anerkannt, findet diese Behauptung schon keine tatsächliche Grundlage in den Feststellungen des Beschwerdegerichts ; die Rechtsbeschwerde verweist auch auf kein diesbezügliches tatsächliches Vorbringen in den Tatsacheninstanzen. Davon abgesehen hat der Beklagte zu 12 in dem von ihm zitierten Schriftsatz vom 25. Juni 2008 die Rechtsauffassung der übrigen Beklagten aufgegriffen und lediglich ergänzende Erwägungen angestellt. Im Übrigen hätte auch ein gemeinsamer Prozessbevollmächtigter allein für den Beklagten zu 12 ein prozessuales Anerkenntnis erklären können.
8
c) Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 12 ist die Vorschrift des § 50 WEG unter dem Blickwinkel eines Eingriffs in die Privatautonomie verfassungsrechtlich unbedenklich. Mit der Regelung verfolgt der Gesetzgeber das legitime Ziel, das Kostenrisiko für anfechtende Wohnungseigentümer begrenzt zu halten (BT-Drucks. 16/3843 S. 28). Es soll gewährleistet werden, dass Wohnungseigentümer nicht wegen der Befürchtung von einer Klageerhebung Abstand nehmen, im Unterliegensfalle Kosten für eine Vielzahl von Rechtsanwälten erstatten zu müssen. Andererseits bleibt es jedem Wohnungseigentümer unbenommen, seine Interessen durch einen Anwalt seiner Wahl wahrnehmen zu lassen. Dass er dies nach § 50 WEG je nach Sachlage ganz oder teilweise auf eigene Kosten tun muss, stellt eine zur Erreichung des gesetzgeberischen Anliegens geeignete und verhältnismäßige Regelung dar.
9
2. Welche Rechtsanwaltskosten zu erstatten sind, wenn sich die Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte haben vertreten lassen, ohne dass dies geboten war, ist dem Gesetz nicht ausdrücklich zu entnehmen. In Betracht kommt, was das Beschwerdegericht zutreffend in den Blick genommen hat, die vorrangige Erstattung eines "Hauptanwalts" oder eine Quotelung des Erstattungsanspruchs (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2009 - V ZB 11/09, NJW 2009, 3168 f.). Eine vorrangige Kostenerstattung ist gerechtfertigt, wenn der Verwalter einen Rechtsanwalt für die beklagten Wohnungseigentümer aufgrund der gesetzliche Befugnis nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG beauftragt hat (Senat, aaO. S. 3169 mwN). Entsprechend kann es sich verhalten, wenn sich die beklagten Wohnungseigentümer mehrheitlich auf die Beauftragung eines bestimmten Anwalts einigen (Senat, aaO). Das setzt allerdings voraus, dass zumindest der Versuch unternommen worden ist, eine Verständigung über einen gemeinsamen Rechtsanwalt mit sämtlichen beklagten Wohnungseigentümern herbeizuführen. Ist einem Wohnungseigentümer, der einen eigenen Anwalt mandatiert oder sich - wie hier - selbst vertreten hat, nicht Gelegenheit gegeben worden, sich an der Willensbildung zu beteiligen, ist der Kostenerstattungsanspruch zu quoteln. Das gilt umso mehr, als nicht auszuschließen ist, dass eine Beteiligung sämtlicher beklagten Wohnungseigentümer an der Willensbildung dazu geführt hätte, dass der von der nicht beteiligten Minderheit favorisierte Rechtsanwalt - hier der Beklagte zu 12 - mandatiert worden wäre. Denn auch mit Blick auf die Auswahl des gemeinsamen Rechtsanwalts steht dem Wohnungseigentümer das Recht zu, auf die Willensbildung Einfluss zu nehmen. Das hat das Beschwerdegericht nicht hinreichend beachtet und folgerichtig zur Beteiligung des Beklagten zu 12 an der Willensbildung über die Beauftragung eines gemeinsamen Anwalts keine Feststellungen getroffen.
10
3. Aufgrund der Besonderheiten des Falles ist die Rechtsbeschwerde gleichwohl zur Endentscheidung reif (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Über die Ver- teilung sämtlicher erstattungsfähigen Kosten hat das Landgericht nämlich bereits entschieden. Mit Beschlüssen ebenfalls vom 8. April 2009, in deren Rubrum auch der Beklagte zu 12 aufgeführt ist, hat das Amtsgericht die "an die Beklagten" zu erstattenden Kosten der ersten Instanz in Höhe von 3.483,13 € und die des Berufungsverfahrens auf 3.713,75 € festgesetzt. Damit ist auch der Beklagte zu 12 durch diese Beschlüsse begünstigt. Die ohne Angabe des Beteiligungsverhältnisses festgesetzten erstattungsfähigen Kosten stehen sämtlichen Beklagten als Gesamtgläubigern zu (vgl. BGH, Urteil vom 20. Mai 1985 - VII ZR 209/84, Rpfleger 1985, 321, 322; Klein in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 50 Rn. 10 mwN). Weitere erstattungsfähige Kosten sind unter Berücksichtigung der Begrenzungsregelung in Absatz 3 der Anmerkung zu Nr. 1008 VV RVG nicht zu verteilen.
11
Dass die zugunsten aller Beklagten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse rechtsfehlerhaft sind, weil zum einen im Anwendungsbereich des § 50 WEG sämtliche Kostengläubiger an dem Kostenfestsetzungsverfahren zu beteiligen sind und demgemäß auch dem Beklagten zu 12 Gelegenheit zur Stellungnahme hätte gegeben und zum anderen die den jeweiligen Beklagten zu erstattenden Kosten entsprechend dem Beteiligungsverhältnis an dem Rechtsstreit hätten festgesetzt werden müssen (zu Letzterem vgl. BGH, Beschluss vom 20. Februar 2006 - II ZB 3/05; Suilmann in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 50 Rn. 19; Klein in Bärmann, aaO, § 50 Rn. 10; vgl. auch KG, NJW-RR 2001, 1435 f.), rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die Beschlüsse sind schon nicht angefochten worden. Zwar dürfte dem an den Kostenfestsetzungsverfahren nicht beteiligten Beklagten zu 12, dem die ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse nicht einmal formlos übersandt worden sind, mangels jeglicher Beteiligung an den Verfahren diese Möglichkeit noch offen stehen; die Fünfmonatsfrist nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1, § 569 Abs. 1 Satz 2 ZPO greift unter solchen Umständen jedenfalls nicht ein (vgl. nur MünchKomm- ZPO/Lipp, 3. Aufl., § 569 Rn. 5 mwN; zu § 517 ZPO vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Juli 2010 - XII ZB 135/09, MDR 2010, 1141, 1142; MünchKommZPO /Rimmelspacher, aaO, § 517 Rn. 1 mwN). Letztlich kommt es hierauf aber nicht an, weil der Beklagte zu 12 nach den obigen Erwägungen (III.1. u. 2.) selbst bei erfolgreicher Anfechtung nicht mehr als den Ausspruch einer quotalen Beteiligung der derzeit zugunsten aller Beklagten als Gesamtgläubiger festgesetzten Kosten erreichen könnte. Für die Verteilung weiterer erstattungsfähiger Kosten in dem hiesigen Kostenfestsetzungsverfahren ist daher kein Raum.

IV.

12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZVG. Krüger Stresemann Roth Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Charlottenburg, Entscheidung vom 08.04.2009 - 73 C 182/07 WEG -
LG Berlin, Entscheidung vom 01.06.2010 - 82 T 667/09 -

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben und innerhalb zweier Monate nach der Beschlussfassung begründet werden. Die §§ 233 bis 238 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(1) Der Verwalter ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet, die Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die

1.
untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen oder
2.
zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind.

(2) Die Wohnungseigentümer können die Rechte und Pflichten nach Absatz 1 durch Beschluss einschränken oder erweitern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 172/08
vom
14. Mai 2009
in dem Kostenfestsetzungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann bei einem Verbandsprozess die Erstattung
der durch die interne Unterrichtung ihrer Mitglieder über den Prozess entstehenden
Kosten nicht verlangen.

b) Das gilt auch bei einer Beschlussanfechtung, wenn sich die Wohnungseigentümer
von dem Verwalter oder dem von diesem beauftragten Prozessbevollmächtigten
vertreten lassen, den Anfechtungsprozess damit ähnlich einem Prozess des Verbands
führen.

c) Betrifft die Beschlussanfechtung die Rechtsstellung des Verwalters, sind allerdings
die Kosten der Unterrichtung der übrigen Wohnungseigentümer über die Anfechtungsklage
und ihre Begründung erstattungsfähig, weil sich ein Beschlussanfechtungsprozess
nur bei Sicherstellung dieser Unterrichtung ähnlich einem Verbandsprozess
führen lässt.
(Fortführung von BGHZ 78, 166)
BGH, Beschluss vom 14. Mai 2009 - V ZB 172/08 - LG Berlin
AG Tempelhof-Kreuzberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Mai 2009 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke und
Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin Dr. Stresemann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der Zivilkammer 84 des Landgerichts Berlin vom 16. Oktober 2008 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Kostenerstattungsantrag der Beklagten über den Betrag von 3.471,89 € nebst Zinsen hinaus zurückgewiesen worden ist.
Unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 16. Mai 2008 und unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags werden die den Beklagten von den Klägern zu erstattenden Kosten auf insgesamt 2.441,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 6. Juni 2008 festgesetzt.
Die Kosten beider Rechtsmittelverfahren tragen die Kläger zu 10 % und die Beklagten zu 90 %.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 3.840,18 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Kläger fochten einen Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung, mit welchem diese einen Antrag auf Abberufung des Verwalters ablehnte, an. Die Klage wurde auf Kosten der Kläger abgewiesen. Die Beklagten haben, soweit hier von Interesse, 2.670,05 € an Kosten für die Unterrichtung aller übrigen 107 Mitglieder der Gemeinschaft über die „Ladung des Amtsgerichts“ und 1.170,13 € an Kosten für die Unterrichtung der übrigen Mitglieder über das Urteil des Amtsgerichts jeweils nebst Zinsen zur Festsetzung angemeldet. Das Amtsgericht hat diese Kosten festgesetzt. Auf die Beschwerde der Kläger hat das Landgericht den Antrag auf Erstattung dieser Kosten zurückgewiesen. Mit ihrer von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beklagten ihren Kostenerstattungsanspruch weiter. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


2
Das Beschwerdegericht hält die Kosten für die Unterrichtung der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht für notwendige Kosten der Prozessführung. Zwar sei nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband auf Beklagtenseite Partei des Rechtsstreits gewesen, sondern die übrigen Wohnungseigentümer selbst. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 78, 166) könnten die einzelnen Wohnungseigentümer von dem Verwalter Unterrichtung über einen Rechtsstreit verlangen. Das könne es im Einzelfall auch gebieten, dem Wohnungseigentümer ein Schriftstück in Ab- schrift zu überlassen. Die Kosten hierfür habe aber die Gemeinschaft selbst zu tragen. Sie könne diese nicht auf den unterlegenen Prozessgegner abwälzen.

III.


3
Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung im Ergebnis überwiegend stand.
4
1. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, die Beschwerdeentscheidung sei schon deshalb aufzuheben, weil sie den maßgeblichen Sachverhalt nicht wiedergebe.
5
a) Richtig ist, dass Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, nach gefestigter Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 20. Juni 2002, IX ZB 56/01, NJW 2002, 2648, 2649; Beschl. v. 7. April 2005, IX ZB 63/03, NJW-RR 2005, 916; Senat, Beschl. v. 11. Mai 2006, V ZB 70/05, FamRZ 2006, 1030) den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt wiedergeben müssen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist nämlich ohne die Wiedergabe dieses Sachverhalts zu einer rechtlichen Überprüfung, die nach §§ 577 Abs. 2 Satz 4, 559 ZPO grundsätzlich von dem durch das Beschwerdegericht festgestellten Sachverhalt auszugehen hat, nicht in der Lage. Das Fehlen eines prüffähigen Sachverhalts führt deshalb im Regelfall zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung.
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b) In der Beschwerdeentscheidung wird der maßgebliche Sachverhalt so knapp beschrieben, dass eine rechtliche Prüfung unter normalen Umständen nicht mehr möglich, deshalb die Beschwerdeentscheidung aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen wäre. Hier liegt aber der Sonderfall vor, dass die Beteiligten um die überschaubare Frage streiten, ob die Kosten für die Unterrichtung der übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft erstattungsfähig sind. Die Beschwerdeentscheidung lässt immerhin noch erkennen, dass die Beklagten die Frage bejahen und die Kläger gegenteiliger Ansicht sind. Das reicht für eine rechtliche Prüfung gerade noch aus.
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2. Zu Recht wenden sich die Beklagten jedoch dagegen, dass das Beschwerdegericht die Kosten für die Unterrichtung der übrigen Wohnungseigentümer gänzlich außer Ansatz gelassen hat.
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a) Dem Beschwerdegericht ist allerdings einzuräumen, dass die Erstattung der Kosten für die Unterrichtung der Mitglieder großer Wohnungseigentümergemeinschaften über einen Rechtsstreit der Gemeinschaft bislang abgelehnt wird (OLG Koblenz NJW 2005, 3789; LG Hannover NJW-RR 1998, 303). Eine Unterrichtung des Verwalters sei ausreichend. Wie dieser die Wohnungseigentümer unterrichte, bleibe ihm überlassen. Das entspricht in der Sache der Begründung, mit welcher der Bundesgerichtshof die Zustellung einer Klage an die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft durch Zustellung an den Verwalter für ausreichend gehalten hat. Aus § 27 Abs. 2 und 3 WEG a.F. ergebe sich eine Zustellungsvollmacht des Verwalters; dies sei für die Wohnungseigentümer auch nicht unzumutbar. Sie könnten unverzügliche Unterrichtung über den Rechtsstreit verlangen; wie der Verwalter diese Information vornehme , sei seine Sache (BGHZ 78, 166, 173). Erscheine es geboten, dem einzelnen Wohnungseigentümer eine Abschrift des zugestellten Schriftstücks zu übermitteln, könne und müsse der Verwalter solche Abschriften herstellen lassen ; die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten müssten billigerweise den Wohnungseigentümern zur Last fallen, weil sie in der Gemeinschaft ihren Grund hätten (BGHZ 78, 166, 173).
9
b) An dieser Überlegung hält der Senat im Grundsatz auch nach der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (dazu Senat BGHZ 163, 154, 162 ff.; jetzt: § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG) fest. Die damalige Entscheidung betraf einen Fall, in dem ein Dienstleister von den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft Bezahlung für seine Leistungen zur Versorgung der Wohnungseigentumsanlage verlangte. Das wäre nach § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG kein Individualprozess gegen die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft , sondern ein Rechtsstreit gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband. Als Verband handelt die Wohnungseigentümerschaft durch den Verwalter. Die Unterrichtung ihrer Mitglieder ist aus dieser Perspektive eine interne Angelegenheit. Die Erstattung derartiger, durch die interne Organisation verursachter Kosten wird bei staatlichen Stellen (OLG Schleswig JurBüro 1990, 622, 623 und LAG Berlin JurBüro 1995, 38 f.: Kosten der Unterrichtung anderer Stellen der Verwaltung; OLG München JurBüro 1992, 170, 171: Reisekosten eines Beamten der Zentralbehörde; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rdn. 13 Stichwort „Behörde“; ähnlich BVerwG JurBüro 2005, 314, 315: Verdienstausfall bei Terminswahrung durch Behördenvertreter) und Unternehmen (LAG Düsseldorf MDR 1991, 996, 997 OLG Köln Rpfleger 1993, 420 und LAG Nürnberg JurBüro 1993, 297: zentrale Prozessführung; OLG Stuttgart JurBüro 1992, 688: Kosten der Dezentralisierung; Zöller/Herget, aaO, § 91 Rdn. 13 Stichwort "Mehrkosten") abgelehnt. Als Verband unterscheidet sich die Wohnungseigentümergemeinschaft hiervon nicht. Auch sie kann Kosten ihrer internen Kommunikation nicht auf den unterlegenen Prozessgegner abwälzen.
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c) Das Beschwerdegericht hat aber nicht ausreichend gewürdigt, dass es hier nicht um einen solchen Verbandsprozess, sondern um eine Beschlussan- fechtung ging. Auf sie können die vorstehenden Überlegungen nicht ohne Einschränkungen übertragen werden.
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aa) Die Beschlussanfechtung ist nach § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband zu richten, sondern gegen die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft. Sie ist also gerade kein Verbands -, sondern ein Individualprozess gegen die Mitglieder der Gemeinschaft. Dieser Individualprozess ist jedoch einem Verbandsprozess gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft angenähert. Die Klage ist nicht jedem einzelnen Wohnungseigentümer, sondern dem Verwalter zuzustellen, der nach § 45 Abs. 1 WEG für die Wohnungseigentümer zustellungsbevollmächtigt ist. Der Verwalter ist nach Maßgabe von § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG berechtigt, die Wohnungseigentümer in dem Rechtstreit zu vertreten oder anwaltlich vertreten zu lassen (Merle in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 27 Rdn. 118, 121). Diese Ähnlichkeit in der technischen Abwicklung spricht dafür, die Unterrichtung der Wohnungseigentümer durch den Verwalter auch bei einer Beschlussanfechtung als interne Angelegenheit der Gemeinschaft anzusehen, deren Kosten nicht auf den unterlegenen Anfechtungskläger abgewälzt werden können. Das entspricht im Ergebnis der Intention des Gesetzgebers. Dieser hat die Zustellungsbevollmächtigung des Verwalters u.a. vorgesehen, um die der Wohnungseigentümergemeinschaft entstehenden Kosten gering zu halten (Entwurfsbegründung in BT-Drucks. 16/887 S. 36 f.). Sie werden zwar vor allem im Obsiegensfall teilweise auf die Wohnungseigentümergemeinschaft verlagert, weil sie eine interne Kommunikation einrichten und die Kosten dafür tragen muss. Diese kann dann aber kostensparend ausgestaltet werden, etwa indem die Unterrichtung auf einer Versammlung (dazu BGHZ 78, 166, 173) oder per E-Mail erfolgt. Diese Gleichstellung mit dem Verbandsprozess gilt jedenfalls dann, wenn die Wohnungseigentümer den Anfechtungsprozess verbandsähnlich führen und, wie hier, von ihrer Möglichkeit, den Prozess selbst zu führen (dazu Merle in Bärmann , aaO, § 27 Rdn. 129), keinen Gebrauch machen.
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bb) Auch dann gilt allerdings eine Ausnahme. Der Verwalter ist nach § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG verpflichtet, die Wohnungseigentümer darüber zu unterrichten , dass ein Rechtsstreit gemäß § 43 WEG anhängig ist. Nach § 45 Abs. 1 WEG ist der Verwalter nicht zustellungsbevollmächtigt, wenn er als Gegner der Wohnungseigentümer an dem Verfahren beteiligt ist oder wenn auf Grund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, er werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. Im ersten Fall kann der Anfechtungsprozess nicht ähnlich wie ein Verbandsprozess der Gemeinschaft geführt werden. Im zweiten Fall ist das nur möglich, wenn eine sachgerechte Unterrichtung der Wohnungseigentümer über ihren Prozess sichergestellt ist. Die Unterrichtung der Wohnungseigentümer wird in dieser Fallgruppe zur Voraussetzung für die Zustellungsvollmacht des Verwalters. Sie kann dann, bezogen auf die Zustellung der Klage, nicht mehr als interne Angelegenheit der Gemeinschaft angesehen werden. Es ist folglich nicht billig, die Kosten der Unterrichtung über ihren individuellen Rechtsstreit auch im Obsiegensfall den Wohnungseigentümern anzulasten. Vielmehr sind sie notwendig, um die Zustellung der Anfechtungsklage an den Verwalter zu ermöglichen.
13
cc) Der zweite Fall liegt hier vor. Gegenstand der Anfechtungsklage war ein Beschluss, mit dem der Antrag auf Abberufung des Verwalters zurückgewiesen wurde. Das wird zwar die Interessen der Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht berühren. Zu verklagen sind aber nicht nur die Mitglieder, die für den angefochtenen Beschluss gestimmt haben, sondern auch die, die gegen ihn gestimmt oder sich enthalten haben (Wenzel in Bärmann, aaO, § 46 Rdn. 38). Deren Interessen können bei einer solchen Beschlussanfechtung be- rührt sein. Ob die abstrakte Gefahr nicht sachgerechter Unterrichtung ausreicht oder ob die Zustellungsvollmacht nur bei einer konkreten Interessengefährdung entfällt (dazu Wenzel in Bärmann, aaO, § 45 Rdn. 18), bedarf hier keiner Entscheidung. Die Sicherstellung einer Unterrichtung der Wohnungseigentümer ist im einen wie im anderen Fall im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO notwendig.
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dd) Danach waren hier die Kosten für die Unterrichtung der Wohnungseigentümer über die Erhebung der Klage dem Grunde nach erstattungsfähig. Anders liegt es dagegen bei den Kosten der Unterrichtung über den Ausgang des Verfahrens. Diese sind schon dem Grunde nach nicht erstattungsfähig, weil die Wohnungseigentümer den Rechtsstreit wie einen Verbandsprozess geführt haben.
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3. Die Kosten für die Unterrichtung der Wohnungseigentümer sind der Höhe nach nur insoweit erstattungsfähig, als sie notwendig sind (dazu OLG Koblenz NJW 2005, 3789). Das trifft im Ergebnis nur für 377,20 € zu, nicht aber für die übrigen angemeldeten Kosten.
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a) Um die Wohnungseigentümer über ihren Anfechtungsstreit sachgerecht zu unterrichten, war es nötig, ihnen die Klageschrift und die Klagebegründung mit einem Anschreiben zuzuleiten, das sie auch über die Ladung zum Termin unterrichtete. Dazu waren die abgerechneten 92 Briefsendungen nebst Porto und jeweils 15 Kopien (2 Blatt Anschreiben, 3 Blatt Klageschrift und 10 Blatt Klagebegründung) erforderlich. Die Kosten hierfür belaufen sich auf der Grundlage der eingereichten Abrechnungen auf 377,20 €. Es war nicht geboten , bei mehreren zusammen wohnenden Wohnungseigentümern jedem von ihnen die Unterlagen zuzusenden.
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b) Eine Übersendung der umfangreichen Anlagen war nicht notwendig. Zweck der Unterrichtung über die Klage ist es, den Wohnungseigentümern die Entscheidung zu ermöglichen, ob sie sich selbst oder durch den Verwalter gegen die Klage verteidigen oder den Kläger unterstützen wollen. Dazu ist bei der im Kostenfestsetzungsrecht gebotenen (dazu Senat, Beschl. v. 25. Januar 2007, V ZB 85/06, NJW 2007, 2048, 2049) typisierenden Betrachtungsweise eine Zusendung der Anlagen zur Klageschrift oder Klagebegründung im Grundsatz nicht erforderlich.
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c) Nicht angesetzt werden kann auch der Zeitaufwand für das Zusammenstellen und das Absenden der Briefsendungen an die Wohnungseigentümer. Dieser Aufwand gehört zu den Aufgaben des Verwalters und kann jedenfalls nicht auf den unterlegenen Prozessgegner abgewälzt werden.

V.


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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

Vorinstanzen:
AG Tempelhof-Kreuzberg, Entscheidung vom 04.08.2008 - 72 C 188/07 WEG -
LG Berlin, Entscheidung vom 16.10.2008 - 84 T 355/08 -

(1) Wird der Rechtsanwalt in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig, erhält er die Gebühren nur einmal.

(2) Jeder der Auftraggeber schuldet die Gebühren und Auslagen, die er schulden würde, wenn der Rechtsanwalt nur in seinem Auftrag tätig geworden wäre; die Dokumentenpauschale nach Nummer 7000 des Vergütungsverzeichnisses schuldet er auch insoweit, wie diese nur durch die Unterrichtung mehrerer Auftraggeber entstanden ist. Der Rechtsanwalt kann aber insgesamt nicht mehr als die nach Absatz 1 berechneten Gebühren und die insgesamt entstandenen Auslagen fordern.

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Im Hinblick darauf wird zu Recht ein Anspruch auf eine erhöhte Gebühr nach Nr. 1008 RVG-VV (früher: § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO) verneint, wenn ein Rechtsanwalt in einem Prozess eine Partei und zugleich diese als Streithelfer eines Dritten vertritt (vgl. OLG Braunschweig, OLGR Braunschweig 2001, 181, 182; OLG Koblenz, JurBüro 2004, 484; OLG München, OLGR München 1993, 171). Nach dem Sinn und Zweck der Nr. 1008 RVG-VV soll mit der Erhöhung dem mit dem Vorhandensein mehrerer Beteiligter typischerweise verbundenen Mehr an Arbeit und Aufwand, insbesondere durch die laufende Informationsaufnahme und Unterrichtung durch den Rechtsanwalt, in genereller Weise Rechnung getragen werden. Zudem wird die Erhöhung in solchen Fällen mit dem für den Prozessbevollmächtigten bestehenden höheren Haftungsrisiko begründet (vgl. BGH, NJW 1987, 2240, 2241; OLG München, aaO; Gerold /Schmidt/Müller-Rabe, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 18. Aufl., 1008 VV Rn. 37; BT-Drucks. 7/2016 S. 99; BT-Drucks. 15/1971 S. 205). Nach diesem Sinn und Zweck ist es zwar grundsätzlich möglich, dass der Rechtsanwalt eine erhöhte Gebühr erhält, wenn er eine Partei und zugleich einen Streithelfer vertritt , weil es unerheblich ist, in welcher Rolle die mehreren Auftraggeber an einer Angelegenheit beteiligt sind (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, aaO, Rn. 40). Der Anwalt muss aber für mehrere Personen tätig werden. Dies ist nicht der Fall, wenn er einen Auftraggeber vertritt, der in verschiedenen Rollen am Verfahren teilnimmt, wie hier die Beklagte zu 3 als Partei und zugleich als Nebenintervenient (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, aaO, Rn. 48). In einem solchen Fall liegt eine andere Situation vor als in den Verfahren, in denen der Rechtsanwalt den Nebenintervenienten und die von diesem unterstützte Partei vertritt (vgl. OLG Hamburg JurBüro, 1984, 702) oder eine Person gleichzeitig als Partei kraft Amtes und als natürliche Person gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen wird (vgl. OLG Köln, OLGR Köln 2009, 64). Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)