Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Apr. 2012 - V ZB 45/11

bei uns veröffentlicht am26.04.2012
vorgehend
Amtsgericht Soest, 8a C 6/09, 24.08.2010
Landgericht Dortmund, 1 S 270/10, 20.01.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 45/11
vom
26. April 2012
in der Wohnungseigentumssache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. April 2012 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 20. Januar 2011 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.063,46 €.

Gründe:

I.

1
Die Kläger legten gegen ein Urteil des Amtsgerichts, das ihnen am 16. September 2010 zugestellt worden war, Berufung ein und begründeten diese mit einem am 17. November 2010 (Mittwoch) bei dem Landgericht eingegangenen Schriftsatz. Gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist haben sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu unter anderem ausgeführt: Die Berufungsbegründung sei am 15. November 2010 fertiggestellt gewesen. Ihre Prozessbevollmächtigte habe die Bürovorsteherin angewiesen, den Schriftsatz vorab per Fax an das Landgericht zu übersenden; ein entsprechender Erledigungsvermerk sei vorhanden.
2
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Kläger.

II.

3
Das Berufungsgericht meint, die Kläger seien nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert gewesen. Bei einer Überprüfung der Fristen in den Abendstunden des 15. November 2010 hätte auffallen müssen, dass der - ausweislich des Wiedereinsetzungsvorbringens sonst übliche - Nachweis über die Faxversendung in der Akte gefehlt habe. Es habe daher nicht auf den Erledigungsvermerk vertraut werden dürfen.

III.

4
1. Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 7. Mai 2003 – XII ZB 191/02, BGHZ 155, 21, 22). Das ist namentlich der Fall, wenn die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung von Verfahrensgrundrechten beruht (vgl. Senat, Beschluss vom 27. März 2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 296). So liegt es hier.
5
Das Berufungsgericht stützt seine Entscheidung ausschließlich darauf, dass bei der Fristenkontrolle am Abend des 15. November 2010 das Fehlen eines Sendeprotokolls nicht bemerkt worden sei. Vollständig unerwähnt lässt es, dass von den Klägern zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs auch vorgetragen worden ist, ihre Prozessbevollmächtigte habe jedenfalls da- rauf vertrauen dürfen, dass die Anweisung, die Berufungsbegründung auch per Post zu versenden, ausgeführt worden sei, da die hierfür zuständige Büroangestellte dies als erledigt vermerkt habe. Bei Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte das Berufungsgericht die Wiedereinsetzung nicht mit der gegebenen Begründung versagen dürfen. War vorgesehen, die Berufungsbegründung auch auf dem Postweg an das Berufungsgericht zu übermitteln, handelte es sich bei der Übersendung per Telefax um eine überobligatorische Maßnahme, für die keine besonderen Sorgfaltsanforderungen aufgestellt werden dürfen (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 – XII ZB 139/11, NJW-RR 2011, 1686, 1687 Rn. 9; siehe auch Senat, Beschluss vom 13. Mai 2004 – V ZB 62/03, NJW-RR 2004, 1217, 1218). Das gilt auch, wenn der rechtzeitige Posteingang bei Gericht unterblieben ist.
6
Das Übergehen des Vortrags zum Postversand verletzt den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder - sollte das Berufungsgericht ihn für rechtlich unerheblich gehalten haben - deren Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip); dieser verbietet es den Gerichten, die Anforderungen an den Zugang zur Rechtsmittelinstanz zu überspannen. Der Verstoß führt unabhängig davon, ob er sich auf das Endergebnis auswirkt, zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde (vgl. Senat, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368; BGH, Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08, NJW 2009, 1083, 1084).
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt worden ist.
8
a) Die Prozessbevollmächtigte der Kläger durfte sich nur dann auf den Erledigungsvermerk hinsichtlich des Postversands verlassen, wenn sie infolge der Kanzleiorganisation davon ausgehen konnte, dass dieser zu einem Zeit- punkt angebracht worden war, zu dem die Angestellte alles Erforderliche zur Fristwahrung auf dem Postweg veranlasst hatte. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss der Prozessbevollmächtigte bei fristwahrenden Schriftsätzen, die per Post versandt werden, sicherstellen, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen oder anderweit als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt worden ist. Wird für die Fristenkontrolle bereits daran angeknüpft, dass der Schriftsatz postfertig gemacht worden ist, muss die Beförderung zu der Stelle, für die der Schriftsatz bestimmt ist, organisatorisch so weit vorbereitet sein, dass sie durch Versehen, welche die eigentliche Beförderung nicht betreffen, nicht mehr verhindert werden kann. Das ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn der Schriftsatz in ein Postausgangsfach eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten oder zur maßgeblichen gerichtlichen Stelle gebracht wird, das Postausgangsfach also „letzte Station“ auf dem Weg zum Adressaten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12. April 2011 - VI ZB 6/10, NJW 2011, 2051, 2052 Rn. 7 f.; Beschluss vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, NJW 2001, 1577, 1578; Beschluss vom 9. September 1997 - IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446 f.).
9
Dass das Büro der Prozessbevollmächtigten entsprechend organisiert ist und damit ein Organisationsverschulden als Grund für den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung per Post ausscheidet, lässt sich dem Wiedereinsetzungsantrag nicht entnehmen. In der eidesstattlichen Versicherung der für den Postversand zuständigen Angestellten heißt es lediglich, der Postausgang sei „im Anschluss an die Eintütung“ notiert worden.Das lässt nicht erkennen, wo innerhalb der Kanzlei sich der Schriftsatz bei Anbringung des Erledigungsvermerks befindet. Entsprechende Angaben enthält auch die Rechtsbeschwerde nicht. Zudem wäre eine Nachholung dieser Angaben nach Ablauf der Frist des § 234 ZPO nicht möglich. Wird die Fristversäumung auf ein Verschulden des Büropersonals gestützt, muss bereits der Wiedereinsetzungsantrag die Büroorganisation des Anwalts erkennen lassen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180, 2181; Beschluss vom 26. Mai 1994 - III ZB 16/93, Rn. 13 f., juris; BGH Beschluss vom 27. September 1989 - IVb ZB 73/89, VersR 1989, 1316). Für einen richterlichen Hinweis (§ 139 ZPO) besteht nur Anlass, wenn Details im Organisationsablauf der Erläuterung oder der Vervollständigung bedürfen.
10
Eine unzureichende Büroorganisation wäre für den verspäteten Eingang der Berufungsbegründung bei Gericht zwar nicht ursächlich gewesen, wenn glaubhaft gemacht wäre, dass die Berufungsbegründung am 15. November 2010 tatsächlich zur Post gegeben worden ist. Das ist aber nicht der Fall. Die für den Postversand zuständige Angestellte kann sich ausweislich ihrer eides- stattlichen Versicherung („…kann ich davon ausgehen, dass es auch an diesem Tag von mir zur Post gebracht wurde“) nicht konkretdaran erinnern, welche Schriftsätze sie an diesem Tag zur Post gebracht hat, sondern nur aus den üblichen Abläufen in der Kanzlei schlussfolgern, dass die Berufungsbegründung dabei gewesen sein müsse.
11
b) Die Prozessbevollmächtigte der Kläger konnte auf die Fristwahrung auch nicht aufgrund des Vermerks über die Übermittlung der Berufungsbegründung per Fax vertrauen. Die Annahme des Berufungsgerichts, sie hätte bei der abendlichen Kontrolle der Fristenerledigung den fehlenden Sendebericht bemerken müssen, überspannt nach den hier gegebenen Umständen nicht die Anforderungen an die anwaltlichen Pflichten.
12
Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört die Anordnung, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird; erforderlich ist dabei eine nochmalige, selbständige Prüfung (BGH, Be- schluss vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879, 1880 Rn. 15; Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497, 3498 Rn. 13). Schon wegen dieser Prüfungspflicht durfte sich die Prozessbevollmächtigte der Kläger - die die abendliche Prüfung selbst übernommen hatte - nicht allein auf den Erledigungsvermerk verlassen.
13
Hinzu kommt, dass das Wiedereinsetzungsgesuch wiederum keine Büroorganisation erkennen lässt, die eine wirksame Fristenkontrolle durch die Angestellten sicherstellt. Eine solche erfordert grundsätzlich die allgemeine Kanzleianweisung , nach der Übermittlung eines Schriftsatzes per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu prüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist, und die Frist im Fristenkalender erst anschließend zu streichen. Fehlt es an einer allgemeinen Anweisung, muss sich die Einzelanweisung , einen bestimmten Schriftsatz sogleich per Telefax abzusenden, in gleicher Weise auf die Ausgangskontrolle erstrecken; die Kanzleiangestellte ist also zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen (BGH, Beschluss vom 15. Juni 2011 - XII ZB 572/10, NJW 2011, 2367, 2368 Rn. 13 mwN). Vortrag, aus dem sich ergibt, dass die Prozessbevollmächtige eine solche - allgemeine oder einzelfallbezogene - Anweisung erteilt hat, zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf. Kann somit nicht von einer wirksamen Ausgangskontrolle durch die Büroangestellten ausgegangen werden, musste die Anwältin sie bei der Prüfung der Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend selbst durchführen, mithin auch das Sendeprotokoll überprüfen.

IV.

14
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Stresemann Roth Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Soest, Entscheidung vom 24.08.2010 - 8a C 6/09 -
LG Dortmund, Entscheidung vom 20.01.2011 - 1 S 270/10 -

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 191/02
vom
7. Mai 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
1. Auch die Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden
Beschluß ist nur unter den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO zulässig.
2. Zu den Voraussetzungen des gewillkürten Klägerwechsels im zweiten Rechtszug.
3. Zu den Möglichkeiten des Rechtsträgers, ein Urteil anzufechten, das die Klage
des vermeintlichen gesetzlichen Prozeßstandschafters als unbegründet abgewiesen
hat.
BGH, Beschluß vom 7. Mai 2003 - XII ZB 191/02 - OLG Schleswig
AG Mölln
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Kläger wird der Beschluß des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. September 2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt

600


Gründe:

I.

Die Klägerin zu 1 ist die geschiedene Ehefrau des Beklagten. Mit ihrer nach Rechtskraft der Scheidung erhobenen Klage nahm sie ihn auf Zahlung von Kindesunterhalt für die aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kläger zu 2 und 3 in Anspruch. Das Amtsgericht wies die Klage unter anderem wegen mangelnder Leistungsfähigkeit des Beklagten als unbegründet ab. Dagegen legte die Klägerin zu 1 Berufung ein. In der innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist eingereichten Berufungsbegründung heißt es einlei-
tend, daß nunmehr die Kläger zu 2 und 3, beide gesetzlich vertreten durch die Klägerin zu 1, ihre Unterhaltsansprüche im eigenen Namen geltend machen, weswegen um Berichtigung des Rubrums gebeten werde. Das Berufungsgericht verwarf die Berufungen sämtlicher Kläger als unzulässig. Dagegen richtet sich deren Rechtsbeschwerde, mit der sie vor allem geltend machen, das Berufungsgericht habe die Berufung der Klägerin zu 1 nicht mangels Begründung als unzulässig ansehen dürfen; vielmehr hätte es die namens der Kläger zu 2 und 3 eingereichte Berufungsbegründung auch als solche der Klägerin zu 1 verstehen müssen.

II.

Die nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V. mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. 1. Soweit die Rechtsbeschwerdeführer geltend machen, im Falle der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung einer Berufung als unzulässig (§ 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) erübrige sich eine Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO, vermag der Senat dem - entgegen Piekenbrock/ Schulze JZ 2002, 911, 920 - allerdings nicht zu folgen. Der Gesetzgeber hat § 547 ZPO a.F. bewußt nicht in das neue Recht übernommen, sondern fehlerhafte Entscheidungen der Berufungsgerichte zur Zulässigkeit der Berufung fehlerhaften Sachentscheidungen gleichgestellt (vgl. Wenzel NJW 2002, 3353, 3357 m.N.).
Für ihre gegenteilige Auffassung können die Rechtsbeschwerdeführer sich auch nicht darauf berufen, der Bundesgerichtshof (Beschluß vom 26. September 2002 - III ZB 44/02 - NJW 2002, 3636 f.) habe einer Rechtsbeschwerde gegen die Versagung der Wiedereinsetzung stattgegeben, ohne die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 574 Abs. 2 ZPO zu prüfen. Vielmehr wurde die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde in jenem Fall mit der Begründung bejaht, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO); dieser Teil der Entscheidung ist allerdings in NJW 2002, 3636 f. nicht mit veröffentlicht. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch zulässig, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) und eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2). Denn die Voraussetzungen eines gewillkürten Klägerwechsels in der Berufungsinstanz sind höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt; dies gilt insbesondere für die hier entscheidende Frage, ob der vermeintliche Prozeßstandschafter, dessen Klage in erster Instanz fälschlicherweise durch Sachurteil abgewiesen wurde, die von ihm eingelegte Berufung selbst begründet und mit ihr zunächst die eigene Beschwer bekämpft haben muß, ehe der Inhaber des Rechts im Wege des Klägerwechsels das Berufungsverfahren im eigenen Namen weiterführen kann. 2. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß mit der Berufungsbegründung ein gewillkürter Parteiwechsel erklärt wurde, der sachdienlich ist, weil in erster Instanz alle Beteiligten übersehen hatten, daß die Klägerin zu 1 den Unterhaltsanspruch der Kläger zu 2 und 3 nicht im eigenen Namen einklagen konnte, weil die Voraussetzungen der gesetzlichen Prozeß-
standschaft nach § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB schon bei Erhebung der Klage wegen der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs nicht mehr vorlagen. Das Berufungsgericht führt weiter aus, die Berufung der Klägerin zu 1 sei unzulässig, da sie nicht fristgerecht begründet worden sei. Denn mit der (fristgerecht eingereichten) Berufungsbegründungsschrift sei die Berufung erklärtermaßen allein für die Kläger zu 2 und 3 begründet worden. Daraus folge zugleich die Unzulässigkeit der Berufungen der Kläger zu 2 und 3, denn ein zulässiger Klägerwechsel in der Berufungsinstanz setze voraus, daß der bisherige Kläger eine zulässige Berufung eingelegt habe. Ferner scheitere die Berufung der Kläger zu 2 und 3 an der vom Bundesgerichtshof (Beschluß vom 21. September 1994 - VIII ZB 22/94 - NJW 1994, 3358, 3359 m.N.) geforderten weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung, daß der im ersten Rechtszug erhobene Klaganspruch zumindest teilweise weiterverfolgt werde, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Klageabweisung mithin in Frage gestellt werde und nicht nur im Wege der Klageänderung ein neuer, bisher nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt werde. Hier habe das Familiengericht den Klageanspruch der Klägerin auf Zahlung von Kindesunterhalt zu ihren Händen zurückgewiesen, während in der Berufungsinstanz nunmehr ein neuer Anspruch, nämlich der Unterhaltsanspruch der Kläger zu 2 und 3, zur Entscheidung gestellt worden sei. Das hält der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand: 3. Das Berufungsgericht hat sich mit der Frage, ob die Berufungsbegründung der Kläger zu 2 und 3 zugleich auch als solche der Klägerin zu 1 auszulegen sei, - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht befaßt. Denn auch bei einer solchen Auslegung wäre die Berufung der Klägerin zu 1 nach der Auffas-
sung des Berufungsgerichts unzulässig gewesen, weil sie den in erster Instanz erhobenen Klaganspruch mit der Berufungsbegründung nicht weiterverfolgt habe. Der Senat kann die namens der Kläger zu 2 und 3 abgegebene Prozeßerklärung selbst auslegen. Insoweit hat das Berufungsgericht zunächst zutreffend erkannt, daß mit ihr - ungeachtet der Bitte, das Rubrum zu berichtigen - ein gewillkürter Klägerwechsel erklärt wurde. Aus der Erklärung, daß die Kläger zu 2 und 3 ihre Unterhaltsansprüche nunmehr im eigenen Namen geltend machen , ist zudem zu entnehmen, daß die Klägerin zu 1 das Berufungsverfahren nur noch als gesetzliche Vertreterin der Kläger zu 2 und 3, aber nicht mehr im eigenen Namen als (vermeintliche) Prozeßstandschafterin fortführen wollte. Sie ist damit als Partei aus dem Verfahren ausgeschieden (vgl. Zöller/Greger ZPO 23. Aufl. § 269 Rdn. 5 m.N.). Die vom Berufungsgericht gleichwohl ausgesprochene Verwerfung ihrer Berufung kann daher keinen Bestand haben. 4. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die im ersten Rechtszug nicht beteiligten Kläger zu 2 und 3 allein rechtsmittelbefugt gewesen wären, die Berufung also von vornherein im eigenen Namen hätten einlegen können (vgl. Berger , Die subjektiven Grenzen der Rechtskraft bei der Prozeßstandschaft S. 211; zum markenrechtlichen Widerspruchsverfahren vgl. auch BPatG GRUR 2000, 815, 817 m.N.; offen gelassen von BGH, Beschluß vom 21. September 1994 aaO unter 2 b bb). Denn hier ist die Berufung zulässigerweise von der Klägerin zu 1 eingelegt worden, die Partei des erstinstanzlichen Verfahrens war und durch die Abweisung ihrer Klage formell beschwert ist. 5. Es trifft zwar zu, daß ein Parteiwechsel in der Berufungsinstanz grundsätzlich eine zulässige Berufung voraussetzt (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1994 - VII ZR 159/92 - WM 1994, 1212, 1213 unter 2 c; BGH, Be-
schluß vom 21. September 1994 aaO S. 3359 unter 2 b aa). Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Parteiwechsel nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erklärt wird, da er eine bereits eingetretene Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht mehr beseitigen kann. Unproblematisch ist diese Voraussetzung auch dann, wenn man die Rechtsmittelbefugnis eines bisher am Verfahren nicht beteiligten Dritten bejaht und es für zulässig erachtet, daß dieser mit der Erklärung des Parteiwechsels - wie der Nebenintervenient gemäß § 66 Abs. 2 ZPO - zugleich das Rechtsmittel selbst einlegt. Zu fragen ist lediglich, welche Anforderungen an die Zulässigkeit einer allein von der ursprünglichen Partei eingelegten Berufung zu stellen sind, wenn der Parteiwechsel vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erklärt wird und lediglich die neue Partei das Rechtsmittel fristgerecht begründet. In einem solchen Fall kann die infolge des Parteiwechsels an die Stelle des ursprünglichen Berufungsklägers getretene neue Partei die Zulässigkeit der rechtzeitig eingelegten Berufung durch eine eigene fristgerechte Begründung wahren. Denn vor Ablauf der Begründungsfrist war die eingelegte Berufung jedenfalls noch nicht mangels Begründung unzulässig. Zumindest im hier vorliegenden Fall eines sachdienlichen Klägerwechsels, der der Zustimmung des Gegners nicht bedarf (vgl. BGHZ 65, 264, 268), ist keine prozessuale Notwendigkeit ersichtlich, statt oder neben einer rechtzeitigen Berufungsbegründung der neuen Kläger eine rechtzeitige Berufungsbegründung des ursprünglichen Rechtsmittelführers zu verlangen, zumal wenn dieser mit der Erklärung des Parteiwechsels aus dem Verfahren ausgeschieden ist (vgl. auch Pfeiffer LM § 263 ZPO Nr. 24 a.E.), und zwar im vorliegenden Fall aus gutem Grund, da neben der Klage des Rechtsinhabers im gleichen Prozeß kein Raum für eine gerichtliche Verfolgung desselben Anspruchs in Prozeßstandschaft ist und umgekehrt (vgl. BGHZ 123, 132, 136 m.N.).
Dem steht der Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 21. September 1994 aaO 3359 nicht entgegen, wie der VIII. Zivilsenat auf Anfrage bestätigt hat. Zwar ist dort (aaO unter 2 b aa) ausgeführt, der Klägerwechsel in zweiter Instanz setze eine zulässige Berufung des ursprünglichen Klägers voraus, an der es fehle, wenn dieser seine Berufung nicht rechtzeitig begründet habe. Auf dieser Erwägung beruht die Entscheidung des VIII. Zivilsenats aber letztlich nicht. Er hat die seiner Beurteilung unterliegende Berufung vielmehr aus anderen Gründen als unzulässig angesehen (aaO unter 2 b bb aaa) und die Frage, die der erkennende Senat nunmehr bejaht, ausdrücklich offengelassen, nämlich ob es aus Gründen der Prozeßökonomie ausnahmsweise zulässig sein kann, daß anstelle des in erster Instanz abgewiesenen Klägers ein Dritter in den Prozeß eintritt, bevor die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Berufung des ursprünglichen Klägers erfüllt sind, die Berufung also von Anfang an für den neuen Kläger begründet werden kann (aaO unter 2 b bb). 6. Es bleibt jedoch auch in diesem Fall bei der weiteren Voraussetzung der Zulässigkeit des Rechtsmittels, daß der Angriff des Rechtsmittelführers (auch) auf die Beseitigung der im vorinstanzlichen Urteil enthaltenen Beschwer gerichtet sein muß. Das Rechtsmittel ist unzulässig, wenn mit ihm lediglich im Wege der Klageänderung ein neuer, bislang nicht geltend gemachter Anspruch zur Entscheidung gestellt wird; vielmehr muß zumindest auch der in erster Instanz erhobene Klageanspruch wenigstens teilweise weiterverfolgt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 2000 - VIII ZR 321/99 - ZIP 2000, 2222 f. m.N., vom 21. September 1994 aaO 3359 unter 2 b bb aaa und vom 17. September 1992 - IX ZB 45/92 - ZIP 1993, 64; BGH, Urteil vom 13. Juni 1996 - III ZR 40/96 - NJW-RR 1996, 1276; a.A. Pfeiffer aaO und Altmeppen ZIP 1992, 449, 450 f. und ZIP 1993, 65 ff.).
Diese Voraussetzung ist hier jedoch - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - erfüllt. Der Streitgegenstand hat sich dadurch, daß nunmehr die Rechtsinhaber anstelle des vermeintlichen Prozeßstandschafters ihren Anspruch auf Kindesunterhalt gegen den Beklagten weiterverfolgen, nicht geändert (vgl. Berger aaO S. 210). Die Kläger zu 2 und 3 begehren mit ihrem Rechtsmittel die Beseitigung der im vorinstanzlichen Urteil enthaltenen Beschwer , die auch die ihre ist, weil ihr Unterhaltsanspruch durch Sachurteil aberkannt wurde. Insoweit kann dahinstehen, ob sich, wenn diese Entscheidung rechtskräftig würde, deren Rechtskraft ausnahmsweise nicht gemäß § 1629 Abs. 3 Satz 2 BGB auf sie erstreckt, weil ein Fall der Prozeßstandschaft nicht vorgelegen hatte (so Grunsky, Grundlagen des Verfahrensrechts, 2. Aufl. § 28 I 6 S. 265), oder ob der Rechtsträger an die im Ersturteil jedenfalls stillschweigend mitenthaltene Feststellung gebunden wäre, daß die als Prozeßstandschafter auftretende Partei prozeßführungsbefugt war (vgl. Berger aaO S. 180). Allein die Ungewißheit über die höchstrichterlich noch nicht geklärte Tragweite der Rechtskraft einer solchen Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98 - ZIP 2000, 149, 150 m. Anm. Marotzke EWiR 2000, 405, 406; Musielak/Weth ZPO 3. Aufl. § 51 Rdn. 36) reicht aus, die Rechtsmittelbefugnis des Rechtsträgers zu bejahen, um ihm die Möglichkeit zu geben, der möglicherweise auch ihn bindenden Rechtskraft einer Sachabweisung zuvorzukommen (Berger aaO S. 185). Dies ist auch ein Gebot der Prozeßökonomie , da der Rechtsträger andernfalls darauf verwiesen wäre, einen weiteren Prozeß zu führen, nämlich entweder in einem zweiten Prozeß gegen den Beklagten geltend zu machen, die Partei des ersten Verfahrens sei nicht prozeßführungsbefugt gewesen und die Rechtskraft des Ersturteils stehe seiner Klage daher nicht entgegen (vgl. Grunsky aaO), oder aber die Rechtskraft des Erst-
urteils mit der Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO zu beseitigen (vgl. Berger aaO S. 185; vgl. auch BGHZ 84, 24, 28 ff. und 143, 122, 127). 7. Auch die Verwerfung der Berufung der Kläger zu 2 und 3 kann daher keinen Bestand haben. Der angefochtene Beschluß war daher aufzuheben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, das nunmehr über die Kostenfolge des Ausscheidens der Klägerin zu 1 und hinsichtlich der Kläger zu 2 und 3 in der Sache zu entscheiden haben wird.
Hahne RiBGH Sprick ist urlaubsbedingt Weber-Monecke verhindert zu unterschreiben. Hahne Wagenitz Ahlt

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 291/02
vom
27. März 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO (2002) § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 Alt. 2

a) Zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO genügt
nicht die bloße Behauptung einer grundsätzlichen Bedeutung. Die Beschwerdebegründung
muß vielmehr insbesondere auf die Klärungsbedürftigkeit einer bestimmten
Rechtsfrage und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung
eingehen.

b) Betrifft eine Rechtsfrage, wegen der grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2
Satz 1 Nr. 1 ZPO) geltend gemacht wird, auslaufendes Recht, so muß in der Begründung
der Nichtzulassungsbeschwerde auch dargelegt werden, daß eine
höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungsweisend sein
kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem
Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung
ist.

c) Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
Alt. 2 ZPO) ist die Revision auch dann zuzulassen, wenn das Berufungsurteil auf
einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung
zu beschädigen. Dies ist namentlich der Fall, wenn das Berufungsurteil auf einer
Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot
(Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte
des Beschwerdeführers beruht (Fortführung der Senatsrechtspr., Beschl. v. 4. Juli
2002, V ZR 16/02, NJW 2002, 3029 u. V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; Abgrenzung
zu BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, XI ZR 71/02, NJW 2003, 65).

d) Auch für eine Zulassung der Revision zur Wahrung des Vertrauens in die Recht-
sprechung kommt es auf die Offensichtlichkeit des Rechtsfehlers nicht an. Soweit
in den Gesetzesmaterialien eine Ergebniskorrektur wegen "offensichtlicher Unrichtigkeit"
des Berufungsurteils gefordert wird, sind damit Fälle der Willkür angesprochen
, bei denen sich die Rechtsauslegung oder Rechtsanwendung durch das
Berufungsgericht so weit von den gesetzlichen Grundlagen entfernt, daß sie unter
keinem denkbaren Aspekt mehr vertretbar und in diesem Sinne evident fehlerhaft
ist.
BGH, Beschluß vom 27. März 2003 - V ZR 291/02 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 27. März 2003 durch den
Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes Dr. Wenzel und die Richter
Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. Juni 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 37.234,67

Gründe:


I.


Mit notariellem Vertrag vom 7. Juli 1998 verkauften die Beklagte zu 1 und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann, der vom Beklagten zu 2 beerbt worden ist, ein 877 m² großes Hausgrundstück unter Ausschluß jeder Gewährleistung zum Preis von 430.000 DM an die Kläger. Das auf dem Grundstück befindliche Gebäude, eine Doppelhaushälfte, war in der Zeit zwischen 1920 und 1930 errichtet und nach 1945 um einen Anbau erweitert worden. Die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann hatten vor dem Verkauf an die Kläger selbst mehr als zwanzig Jahre lang in dem Haus gewohnt. Nach Übergabe des
Grundstücks am 4. Januar 1999 begannen die Kläger damit, das Haus zu entkernen. Im Zuge der Renovierungsarbeiten zeigten sich nach Entfernung angebrachter Eternitschiefer- und Rigipsplatten sowie auf dem Boden verlegter Teppiche zahlreiche Risse in Decken und Wänden. Außerdem stellten die Kläger fest, daß im Garten des steil abfallenden Grundstücks etwa 90 m³ gemischte Bau- und Abbruchabfälle abgelagert worden waren. Wegen der festgestellten Bauwerksschäden ließen die Kläger das Haus abreißen.
Sie verlangen von den Beklagten den Ersatz der Kosten für die Mängelbeseitigung in Höhe von 37.671,78 DM und die Abfallentsorgung in Höhe von 31.679,60 DM sowie weitere 13.500 DM als Entschädigung für die fehlende Nutzbarkeit des Objekts während der für die Sanierung erforderlichen neun Monate. Nach vollständiger Abweisung der Klage durch das Landgericht hat das Oberlandesgericht die Beklagten wegen der zum Nachbarhaus hin gekippten Gebäudetrennwand gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. zu Schadensersatz "! # $ %& ' in Höhe von 5.126,57 Berufung der Kläger zurückgewiesen, weil sich nicht feststellen lasse, daß die Beklagten von den weiteren Gebäudemängeln und von der stofflichen Zusammensetzung der als solcher offensichtlichen Anschüttung im Garten Kenntnis gehabt hätten. Hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Nutzungsausfallentschädigung hätten die Kläger nicht vorgetragen, inwieweit die ohnehin geplanten und bereits begonnenen Entkernungsarbeiten durch die Beseitigung der gerügten Mängel - soweit die Beklagten für diese überhaupt verantwortlich seien - verzögert worden wären. Die Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Kläger.

II.


Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO) ist zulässig, bleibt in der Sache selbst jedoch ohne Erfolg, weil die Kläger einen Zulassungsgrund (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nicht dargetan haben.
1. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) nicht gegeben.

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, NJW 2002, 2957; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, XI ZR 71/02, NJW 2003, 65, 68 zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831; Beschl. v. 7. Januar 2003, X ZR 82/02, WM 2003, 403, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; zu § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, NJW 2002, 3029, zur Veröffentlichung in BGHZ 151, 221 vorgesehen, jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzungen müssen in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO). Hierfür genügt die bloße Behauptung , die Streitsache habe grundsätzliche Bedeutung, nicht. Der Beschwerdeführer muß vielmehr konkret auf die Rechtsfrage, ihre Entscheidungserheblichkeit , Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit sowie ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Insbesondere sind
Ausführungen dazu erforderlich, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die betreffende Rechtsfrage umstritten ist (BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; ebenso zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO: BFHE 196, 30, 35; BFH/NV 2001, 1033; 2002, 51, 52; 213, 214; 352, 353). Diesen Anforderungen werden die Ausführungen der Kläger in der Beschwerdebegründung nicht gerecht.

b) Im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Anspruch auf Ersatz entgangener Nutzung des Wohnhauses - den das Berufungsgericht zwar grundsätzlich für möglich gehalten (zu den Voraussetzungen der Nutzungsentschädigung bei gekauften Wohnungen vgl. Senat, BGHZ 117, 260, 261 f), im Ergebnis aber wegen unzureichender Darlegungen zur Dauer der Verzögerung durch erforderliche Mängelbeseitigungsarbeiten verneint hat - wollen die Kläger der Frage rechtsgrundsätzliche Bedeutung beilegen, ob das Gericht zur Ermittlung der Höhe eines Nutzungsausfallschadens die Dauer einer erforderlichen Reparatur anhand vorliegender einfacher Baubeschreibungen gemäß § 287 ZPO schätzen müsse. Der Beschwerdebegründung läßt sich indessen nicht entnehmen, in welcher Hinsicht diese Frage klärungsbedürftig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes setzt eine Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO die schlüssige Darlegung von Ausgangs- bzw. Anknüpfungstatsachen voraus (BGH, Urt. v. 15. März 1988, VI ZR 81/87, NJW 1988, 3016, 3017). Hierfür dürfen zwar keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden (BGH, Urt. 27. September 2001, IX ZR 281/00, NJW 2002, 825, 826). Solange greifbare Anhaltspunkte für die Darstellung des Klägers vorliegen, ist es nicht möglich, eine Schadensersatzklage wegen eines lückenhaften Vortrags abzuweisen (BGH, Urt. v. 2. Juli 1996, X ZR 64/94, NJW 1996, 2924, 2925). Unzulässig ist eine Schadensschätzung jedoch, wenn sie mangels
greifbarer, vom Kläger vorzutragender Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge (BGHZ 91, 243, 256 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 1993, X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 665). Daß - und ggf. von wem und mit welchen Gründen - diese Grundsätze in Zweifel gezogen werden, mithin Klärungsbedarf bestehen könnte, haben die Kläger nicht dargelegt. Der Sache nach rügen sie lediglich, daß das Berufungsgericht eine Schadensschätzung trotz hinreichender Anknüpfungstatsachen unterlassen hat. Ob die von den Klägern, ggf. unter Bezugnahme auf den Inhalt der eingeholten Sachverständigengutachten, vorgetragenen Tatsachen eine ausreichende Schätzungsgrundlage, sei es auch nur für die Feststellung eines Mindestschadens, abgegeben hätten, ist indes eine Frage der zutreffenden Rechtsanwendung im Einzelfall und einer Verallgemeinerung nicht zugänglich.

c) Ebensowenig kommt der vorliegenden Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage zu, ob nach § 463 Satz 2 BGB a.F. auch solche Schadenspositionen zu ersetzen sind, die zwar durch den arglistig verschwiegenen Umstand verursacht sind, dem Verkäufer jedoch nicht bekannt waren. Die grundsätzliche Bedeutung dieser Frage scheitert an der fehlenden Entscheidungserheblichkeit. In ihrer Beschwerdebegründung weisen die Kläger selbst darauf hin, daß das Berufungsgericht ihrem Vorbringen, sämtliche Gebäudeschäden seien auf eine einzige Ursache - nämlich auf das den Verkäufern bekannte Kippen der Gebäudetrennwand - zurückzuführen, nicht gefolgt ist. Das Berufungsgericht ist vielmehr von dem Vorliegen mehrerer verschiedener Fehler des verkauften Hauses ausgegangen. Danach scheidet wegen derjenigen Fehler, die der Beklagten zu 1 und ihrem Ehemann nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bekannt waren, ein Schadensersatzanspruch gemäß § 463 Satz 2 BGB a.F. schon mangels Arglist aus, ohne
daß es auf die Beantwortung der von den Beklagten angesprochenen Frage ankäme, ob sich die Kenntnis des Verkäufers auch auf die Folgen eines arglistig verschwiegenen Fehlers erstrecken muß. Darüber hinaus enthält die Beschwerdebegründung keinerlei Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage. Die Kläger verweisen lediglich darauf, daß sich das Arglisterfordernis nach der Rechtsprechung des Senats nur auf den Fehler der Kaufsache als solchen, nicht jedoch auf die daraus resultierenden weiteren Schadensfolgen bezieht (Senat, Urt. v. 12. Juli 1991, V ZR 121/90, NJW 1991, 2900, 2901; vgl. auch Senat, Urt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550). Daß und von wem dies bestritten würde, haben die Kläger hingegen wiederum nicht dargelegt. Da die Rechtsfrage auslaufendes Recht betrifft, hätten die Kläger zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit überdies aufzeigen müssen, daß eine höchstrichterliche Entscheidung gleichwohl für die Zukunft richtungweisend sein kann, weil entweder noch über eine erhebliche Anzahl von Fällen nach altem Recht zu entscheiden oder die Frage für das neue Recht weiterhin von Bedeutung ist (vgl. zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO: BFH/NV 1997, 347, 348; 2000, 1080; 2003, 186, 187; zu § 132 Abs. 1 Nr. 2 VwGO: BVerwG, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 129; NVwZ-RR 1996, 712 m.w.N.; zu § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG: BSG SozR 1500 § 160a SGG Nr. 19). Auch daran läßt es die Beschwerde fehlen.

d) Geht es nicht um die Klärung einer für eine Vielzahl von Fällen bedeutsamen Rechtsfrage, so kommt einer Sache grundsätzliche Bedeutung auch dann zu, wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits, insbesondere dessen tatsächliches oder wirtschaftliches Gewicht, nicht nur für die Vermögensinteressen der Parteien, sondern auch für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes
zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 105; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; MünchKomm-ZPO/Wenzel, 2. Aufl., Aktualisierungs- band, § 543 Rdn. 11; Hannich in Hannich/Meyer-Seitz, ZPO-Reform 2002, § 543 Rdn. 19). Für eine Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt ist der Beschwerdebegründung jedoch kein Hinweis zu entnehmen.
2. Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Zulassung der Revision auch nicht zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, daß der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Ein solcher Anlaß besteht für die Entwicklung höchstrichterlicher Leitsätze nur dann, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, m.w.N.; Beschl. v. 19. September 2002, V ZB 31/02, NJW-RR 2003, 132; zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO: BFHE 196, 30, 35; BFH/NV 2002, 51, 52; 682, 683). Dies ist nach dem Inhalt der Beschwerdebegründung nicht der Fall, wie bereits die von den Klägern in Bezug genommene Rechtsprechung des Senats belegt.
3. Eine höchstrichterliche Entscheidung ist ferner nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).

a) Dieser Zulassungsgrund ist zunächst in den Fällen einer Divergenz gegeben, wenn also die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung
eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180; Beschl. v. 31. Oktober 2002, V ZR 100/02, WM 2003, 259; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO, 66; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, V ZB 11/02, NJW 2002, 2473 f; Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO; zu § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG: Senat, BGHZ 89, 149, 151). Diese Voraussetzung zeigen die Kläger in ihrer Beschwerdebegründung nicht auf. Zwar rügen sie, das Berufungsgericht sei entgegen der bereits genannten Entscheidung des Senats vom 12. Juli 1991 fehlerhaft davon ausgegangen, der Verkäufer habe nach § 463 Satz 2 BGB a.F. nur solche Schadenspositionen zu ersetzen, hinsichtlich derer ihm Vorsatz nachgewiesen werden könne. Damit hat das Berufungsgericht jedoch keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, der von der Rechtsprechung des Senats abweicht. Es kann sich allenfalls um eine fehlerhafte, die Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht beachtende Rechtsanwendung handeln, wodurch jedoch eine Divergenz nicht begründet wird (MünchKomm-ZPO/Wenzel, aaO, § 543 Rdn. 16; vgl. auch Senat, Beschl. v. 1. Juli 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 387, 388, std. Rspr. zu § 24 LwVG; zu § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG: BAG, AP Nr. 33 zu § 72a ArbGG 1979).

b) Obgleich der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) nicht auf die geschilderten Fälle der Divergenz beschränkt ist, sind seine Voraussetzungen nicht
schon dann erfüllt, wenn - was zu Gunsten der Kläger unterstellt werden mag - die Entscheidung des Berufungsgerichts, gemessen an der Rechtsprechung des Senats, fehlerhaft ergangen wäre. Mit der Einführung dieses Zulassungsgrundes wollte der Gesetzgeber dem Bundesgerichtshof nicht die Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung in dem Sinne auferlegen, daß Entscheidungen der Instanzgerichte in jedem Fall auf ihre Richtigkeit revisionsrechtlich zu überprüfen und ggf. zu korrigieren sind. Erforderlich ist vielmehr, daß über den Einzelfall hinaus ein allgemeines Interesse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts besteht (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BTDrucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO, 260; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO, 2474; Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030 m.w.N.). Nur eine solche restriktive Auslegung entspricht dem mit der Neuregelung des Zugangs zur Revisionsinstanz - ausweislich der Begründung des Regierungsentwurfs (BTDrucks. 14/4722, S. 66) - verfolgten Zweck, im Interesse der Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Bundesgerichtshofes (vgl. hierzu Rimmelspacher in Festschrift für Schumann, 2001, S. 327, 331 f; Wenzel, NJW 2002, 3353) das Rechtsmittel nur für solche Sachen zu eröffnen, deren Entscheidung Bedeutung über den Einzelfall hinaus zukommt, weil hierbei Fragen auch mit Blick auf die Wiederholung ähnlicher Fälle zu beantworten sind oder sonstige Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berührt werden.
aa) Im danach maßgeblichen Interesse der Allgemeinheit liegt die Korrektur eines fehlerhaften Berufungsurteils zum einen dann, wenn vermieden werden soll, daß schwer erträgliche Unterschiede in der Rechtsprechung entstehen oder fortbestehen, die nicht den Charakter einer Divergenz im her-
kömmlichen Sinn haben. Die hierdurch bestimmte Notwendigkeit einer höchstrichterlichen Leitentscheidung muß sich aus konkreten Anhaltspunkten ergeben , wie etwa aus einer ständigen Fehlerpraxis, die eine Wiederholung des Rechtsfehlers durch das Gericht besorgen läßt, oder aus der ernsthaften Gefahr einer Nachahmung durch andere Gerichte (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO, 2474; Beschl. v. 19. September 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 4. September 2002, VIII ZB 23/02, NJW 2002, 3783, 3784; Beschl. v. 27. November 2002, VIII ZB 33/02, NJWRR 2002, 229; zu § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG: BGHSt 24, 15, 22). Die Evidenz oder das Gewicht eines Rechtsfehlers kann in diesem Zusammenhang keine Bedeutung erlangen; denn diese Umstände sprechen eher gegen als für die Gefahr einer Wiederholung oder Nachahmung (vgl. BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO, 67). Daß dem ihrer Ansicht nach vorliegenden Rechtsfehler des Berufungsgerichts eine symptomatische Bedeutung oder Signalwirkung zukäme, haben die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt.
bb) Darüber hinaus besteht ein maßgebliches Allgemeininteresse an einer korrigierenden Entscheidung des Revisionsgerichts auch dann, wenn das Berufungsurteil auf einem Rechtsfehler beruht, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 66, 104).
(1) Für eine Zulassung der Revision unter diesem Gesichtspunkt kommt es wiederum nicht darauf an, ob der Rechtsfehler in dem Sinne offensichtlich ist, daß er von jedermann oder zumindest von einem Fachkundigen ohne weiteres erkannt werden kann (vgl. Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Beschl. v. 31. Oktober 2002, aaO; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 29. Mai 2002, aaO; zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: BGHSt 24, 15, 21; Göhler/Seitz, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdn. 5 m.w.N.). Angesichts der individuell unterschiedlichen Erkenntnismöglichkeiten , für die auch der Grad der Komplexität und Spezialität des jeweiligen Einzelfalls in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht von maßgebender Bedeutung ist, ließe sich eine so verstandene Evidenz rational schwerlich begründen (vgl. Krugmann, JuS 1998, 7, 10). Vor allem aber wird das Vertrauen in die Rechtsprechung nicht allein dadurch gefährdet, daß ein Rechtsfehler leicht erkennbar ist. Ein solcher Fall wird eher als gelegentliche, nicht zu vermeidende Fehlleistung hingenommen. Dementsprechend stellt die Einzelbegründung des Regierungsentwurfes zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 (BT-Drucks. 14/4722, S. 104) ausdrücklich klar, daß für die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht der formale Aspekt der Offensichtlichkeit eines Rechtsfehlers entscheidend ist. Maßgeblich soll vielmehr sein, ob eine fehlerhafte Entscheidung erhebliches Gewicht dadurch erlangt, daß im konkreten Fall Verfahrensgrundrechte verletzt sind oder ein Verstoß gegen das Willkürverbot vorliegt. Soweit in allgemeinen Ausführungen der Entwurfsbegründung zur Neufassung der Zulassungsgründe davon die Rede ist, eine Ergebniskorrektur sei nicht nur wegen der Verletzung eines Verfahrensgrundrechts , sondern auch wegen "offensichtlicher Unrichtigkeit" des Berufungsurteils geboten (BT-Drucks. 14/4722, S. 67, 104), können mithin nur die Fälle der Willkür angesprochen sein, in denen sich die Rechtsauslegung
oder Rechtsanwendung durch das Berufungsgericht so weit von den gesetzli- chen Grundlagen entfernt, daß sie unter keinem denkbaren Aspekt mehr vertretbar und in diesem Sinne evident fehlerhaft ist.
(2) Ein schwerer, das Vertrauen der Allgemeinheit in eine funktionierende Rechtsprechung gefährdender Rechtsfehler liegt nach alledem vor, wenn das Berufungsgericht bei der Auslegung oder Anwendung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts gegen grundlegende, verfassungsrechtlich abgesicherte Gerechtigkeitsanforderungen verstoßen hat und die Entscheidung deshalb von Verfassungs wegen einer Korrektur bedarf (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZR 75/02, aaO; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3356). Unter diesem Gesichtspunkt ist die Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung namentlich zuzulassen , wenn die anzufechtende Entscheidung auf einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes in seiner Ausprägung als Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG) oder auf einer Verletzung der Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers - insbesondere der Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) oder des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) - beruht, so daß nicht zweifelhaft ist, daß sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin der Aufhebung durch das Bundesverfassungsgericht unterliegen würde (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO, 3181; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, aaO; zu § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO: Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030; zu § 80 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 OWiG: BVerfG, NJW 1992, 2811, 2812; Göhler/Seitz, OWiG, aaO, § 80 Rdn. 16a; zu § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO: BFH/NV 2002, 798, 799; 1474, 1475; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819 f). Der Revision kommt auf diese Weise auch die Funktion zu, präsumtiv erfolgreiche Verfassungsbeschwerden vermeidbar zu machen (vgl. Begrün-
dung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drucks. 14/4722, S. 104; Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO; Wenzel, NJW 2002, 3353, 3356). Für ihre Zulassung wegen eines Rechtsfehlers des Berufungsgerichts sind deshalb die gleichen Voraussetzungen maßgebend, die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Erfolg einer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil führen würden. Die Orientierung an der Rechtsprechungspraxis des Bundesverfassungsgerichts ermöglicht den Parteien eine ausreichend sichere Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision, womit dem rechtsstaatlichen Gebot einer möglichst klaren und bestimmten Regelung des Zugangs zu den Rechtsmittelgerichten (BVerfGE 54, 277, 292 f; 74, 228, 234; 87, 48, 65; vgl. auch BGH, Beschl. v. 4. September 2002, aaO, 3783) Genüge getan ist. Für die in der Literatur verschiedentlich geäußerten Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit des in § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO geregelten Zulassungsgrundes (Rimmelspacher in Festschrift für Schumann, 2001, S. 327, 347; ders., LMK 2003, 11, 12; Büttner, MDR 2001, 1201, 1203 f; Piekenbrock/Schulze, JZ 2002, 911, 918; vgl. auch Schultz, BGH-Report 2002, 1110, 1111) fehlt es daher an einer Grundlage. Soweit der Senat in früheren Entscheidungen gefordert hat, der Verstoß gegen Verfahrensgrundrechte müsse "offenkundig" sein (Senat, Beschl. v. 4. Juli 2002, V ZB 16/02, aaO, 3030, 3031; Beschl. v. 25. Juli 2002, aaO; krit. deshalb Scheuch/Lindner, NJW 2003, 728, 730; Rimmelspacher, LMK 2003, 11, 12), war damit kein zusätzliches Erfordernis geschaffen, sondern nur an die von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Begründung eines Verfassungsverstoßes geforderte Qualität der Rechtsverletzung (vgl. etwa BVerfGE 42, 237, 241; 67, 90, 95; 73, 339, 366; 86, 133, 143; 87, 282, 286; BVerfG, NJW 1988, 1456; 2001, 3533) angeknüpft worden.
Hiervon - zwar nicht im Ergebnis, wohl aber in der Begründung - abwei- chend vertritt der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluß vom 1. Oktober 2002 (XI ZR 71/02, NJW 2003, 65, 67) die Auffassung, in den Fällen einer offensichtlichen Verletzung von Verfahrensgrundrechten oder eines offensichtlichen Verstoßes gegen das Willkürverbot komme - falls nicht die Voraussetzungen einer Divergenz bzw. einer Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr erfüllt sind - nur die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Betracht. Seinem Wortlaut nach stelle § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO nicht auf das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung, sondern allein auf die davon zu unterscheidende Einheitlichkeit der Rechtsprechung ab. Hierbei wird nicht ausreichend berücksichtigt, daß bereits jede fehlerhafte Gerichtsentscheidung unabhängig vom Vorliegen einer Divergenz oder einer Wiederholungs- oder Nachahmungsgefahr die Einheitlichkeit der Rechtsprechung stört, weil sie auf einer Rechtsanwendung beruht, die von derjenigen aller übrigen, das Recht richtig anwendenden Gerichte abweicht (Büttner, MDR 2001, 1201, 1203; vgl. auch Baukelmann in Festschrift für Erdmann, 2002, S. 767, 770). Bei weitem Verständnis bedürfte es daher zur Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsprechung der Korrektur einer jeden fehlerhaften Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht (Rebmann/Roth/Herrmann, OWiG, 3. Aufl., Stand: März 1998, § 80 Rdn. 4). Da dies jedoch - wie bereits ausgeführt (oben 3 b) - die Funktionsfähigkeit des Bundesgerichtshofes in Frage stellen würde, hat der Gesetzgeber bei § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO den Zugang zur Revisionsinstanz auf Rechtssachen beschränkt, die die Interessen der Allgemeinheit in besonderem Maße berühren und deshalb eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Es geht also entgegen der Auffassung des XI. Zivilsenats nicht darum, einen Zulassungsgrund zu schaffen, der in dem
Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck gefunden hat, sondern um eine an dem Gesetzeszweck orientierte Auslegung einer Vorschrift, deren Wortsinn mehre- re Deutungen zuläßt. Zur Feststellung des Allgemeininteresses, dessen Notwendigkeit der XI. Zivilsenat ebenfalls bejaht, ist es aber auch von Bedeutung, ob der jeweilige, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung störende Rechtsfehler geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beeinträchtigen. Ist dies der Fall, dann soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Korrektur grob fehlerhafter Berufungsurteile durch das Revisionsgericht ermöglichen (Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BTDrucks. 14/4722, S. 104; ebenso BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, aaO; Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., vor § 542 Rdn. 5, § 543 Rdn. 8, 13; Hannich in Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 543 Rdn. 23). Demgemäß ergibt sich auch aus der Begründung des Regierungsentwurfs, daß der Zulassungsgrund der Grundsätzlichkeit durch § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO mit seinem herkömmlichen Begriffsinhalt in das neue Recht übernommen werden soll. Dem Anliegen , die Revision darüber hinaus namentlich auch in Fällen der Verletzung von Verfahrensgrundrechten zu eröffnen, tragen erst die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO Rechnung (BT-Drucks. 14/4722, S. 104).
Der erkennende Senat sieht daher keinen Anlaß, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzurücken, die im übrigen auch der ganz überwiegenden Ansicht zur gleichlautenden Vorschrift des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO entspricht (BFH/NV 2002, 51, 52; 213, 214; 682, 683; 798, 799; 802; 1474, 1475; 1488; Gräber/Ruban, FGO, 5. Aufl., § 115 Rdn. 68; Rüsken, DStZ 2000, 815, 819; Spindler, DB 2001, 61, 62; Lange, DStZ 2002, 782, 784; offen gelassen von BFHE 196, 30, 34, 37; BFH/NV 2002, 666, 667). Anlaß für eine Vorlage an
den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 GVG besteht nicht, weil die Frage, ob die Rüge eines Rechtsfehlers mit verfassungsrechtlicher Relevanz unter § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO oder unter § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zu subsumieren ist, lediglich die Begründung der Entscheidung betrifft, deren Ergebnis jedoch nicht berührt. Bei fehlender Entscheidungserheblichkeit ist eine Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen nicht zulässig (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Februar 2000, XI ZR 10/98, NJW 2000, 1185 m.w.N.).
(3) In der Begründung ihrer Beschwerde legen die Kläger nicht dar, daß das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil verfassungsrechtliche Gewährleistungen verletzt hätte.

a) Das Berufungsgericht hat das Willkürverbot nicht mißachtet. Ist die richterliche Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts und des Verfahrensrechts willkürlich, so stellt dies einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG dar. Hierfür reicht eine nur fragwürdige oder sogar fehlerhafte Rechtsanwendung nicht aus; selbst ein offensichtlicher Rechtsfehler genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, daß die fehlerhafte Rechtsanwendung unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluß aufdrängt, daß sie auf sachfremden Erwägungen beruht; die Rechtslage muß mithin in krasser Weise verkannt worden sein (BVerfGE 42, 64, 74; 67, 90, 94; 80, 48, 51; 87, 273, 278 f; 89, 1, 14; BVerfG, NJW 1988, 1456, 1458; 1994, 1210, 1211; 1994, 2279; 1996, 1336; 1996, 1531; 1997, 311; 1997, 649; 1998, 2583, 2584; 1999, 207, 208; 2001, 1125 f; BGH, Beschl. v. 25. November 1999, IX ZB 95/99, NJW 2000, 590). Damit sind insbesondere - aber nicht nur - die Fälle erfaßt, in denen der Bundesgerichtshof bislang eine greifbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung angenommen hat (vgl. BGHZ 28, 349, 350; 109,
41, 43 f; 119, 372, 374; BGH, Beschl. v. 1. Oktober 1985, VI ZB 13/85, NJWRR 1986, 738; Urt. v. 24. Juni 1987, IVb ZR 5/86, NJW 1988, 49, 51; Beschl. v. 14. Dezember 1989, IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795; Beschl. v. 14. November 1991, I ZB 15/91, NJW 1992, 983, 984; vgl. auch Lange, DStZ 2002, 782, 785, 786).
Die Kläger meinen, das Berufungsgericht sei davon ausgegangen, daß der Verkäufer nach § 463 Satz 2 BGB a.F. nur solche Schadenspositionen zu ersetzen habe, die ihm bekannt gewesen seien. Es bedarf keiner Entscheidung , ob sich eine derartige Rechtsauffassung unter keinem Aspekt vertretbarer begründen ließe, mithin als willkürlich anzusehen wäre. Sie liegt nämlich der anzufechtenden Entscheidung tatsächlich nicht zugrunde. Das Berufungsgericht hat - abweichend vom Vorbringen der Kläger in der Berufungsinstanz - angenommen, das Wohnhaus weise nicht nur einen, sondern mehrere unterschiedliche Fehler auf. Da es ein arglistiges Verhalten der Beklagten zu 1 und ihres Ehemannes nur hinsichtlich der gekippten Gebäudetrennwand festzustellen vermochte, hat es einen Schadensersatzanspruch der Kläger wegen der sonstigen Fehler verneint. Damit hat das Berufungsgericht das Vorsatzerfordernis nur auf die Fehler als solche, nicht jedoch auf die daraus resultierenden Schadensfolgen bezogen.

b) Das Berufungsgericht hat auch nicht den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Zwar verpflichtet das Gebot des rechtlichen Gehörs das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hierzu gehört auch die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Art. 103 Abs. 1 GG ist aber erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar
ergibt, daß das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß ein Gericht das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Es ist dabei nicht verpflichtet , sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Damit sich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG feststellen läßt, müssen demnach besondere Umstände deutlich gemacht werden, die zweifelsfrei darauf schließen lassen, daß tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 25, 137, 140; 47, 182, 187 f; 54, 86, 92; 65, 293, 295 f; 69, 233, 246; 70, 288, 293; 85, 386, 404; 88, 366, 375 f; BVerfG, NJW 1994, 2279; NVwZ 1995, 1096; NJW 1998, 2583, 2584; NJWRR 2002, 68, 69). Solche Umstände haben die Kläger in der Beschwerdebegründung nicht dargetan.
Die Kläger rügen, daß das Berufungsgericht trotz ihres Antrags kein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt hat, ob sämtliche Gebäudemängel ursächlich zusammenhängen und auf die - den Verkäufern bekannte - Kippung der Gebäudetrennwand zurückzuführen sind. Zwar hat sich das Berufungsgericht in den Gründen der anzufechtenden Entscheidung mit diesem Beweisantrag der Kläger nicht ausdrücklich befaßt. Dies allein läßt jedoch nicht darauf schließen, es habe den Beweisantrag nicht zur Kenntnis genommen oder erwogen. Denkbar ist vielmehr, daß das Berufungsgericht bereits aufgrund der im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachten die Überzeugung gewonnen hat, das Haus weise mehrere, auf unterschiedlichen Ursachen beruhende Fehler auf. In diesem Fall bestand kein Anlaß zur Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens.
Weiterhin meinen die Kläger, das Berufungsgericht habe eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen der aus Bauschutt bestehenden Anschüttung im Garten des Hausgrundstücks mit der Begründung verneint, die Schuttablagerung sei offensichtlich und deshalb nicht aufklärungsbedürftig gewesen. Dabei habe das Berufungsgericht den unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag der Kläger übergangen, der Schutthügel sei wegen des Überwuchses als solcher nicht erkennbar gewesen. Tatsächlich läßt sich den Gründen der anzufechtenden Entscheidung jedoch allenfalls entnehmen, daß das Berufungsgericht den Umstand einer nicht aus gewachsenem Boden bestehenden Anschüttung für offensichtlich gehalten hat. Daß es diesen Umstand als Fehler qualifiziert hätte, lassen seine Ausführungen dagegen nicht erkennen. Einen Fehler des Grundstücks hat das Berufungsgericht vielmehr darin gesehen , daß sich die Anschüttung aus beseitigungspflichtigen Abfallmaterialien zusammensetzte. Hiermit hätten die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann allerdings nicht rechnen müssen, so daß ihnen ein Arglistvorwurf nicht gemacht werden könne. Damit hat das Berufungsgericht seine Entscheidung gerade nicht darauf gestützt, daß die Zusammensetzung der Anschüttung aus Bauschutt ohne weiteres erkennbar, die Schuttablagerung also offensichtlich gewesen sei. Dementsprechend bedurfte es auch keiner Vernehmung des von den Klägern für die mangelnde Erkennbarkeit der Schuttablagerung angebotenen Zeugen.
Schließlich rügen die Kläger, das Berufungsgericht habe den gebotenen Hinweis unterlassen, daß es den Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung nur für die Zeit der Ausbesserung der Gebäudetrennwand dem Grunde nach für gegeben halte. Da sie ohne einen solchen Hinweis nicht hätten wissen können, wegen welcher Mängel das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch bejahe, sei ihnen die vom Berufungsgericht vermißte Präzisierung
des auf die betreffenden Mängel entfallenden Teils des Nutzungsausfallschadens nicht möglich gewesen. Richtig ist zwar, daß sich aus Art. 103 Abs. 1 GG Hinweispflichten des Gerichts ergeben können, wenn der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs ansonsten leerlaufen würde. Die Verfahrensbeteiligten müssen bei Anwendung der von ihnen zu fordernden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Stellt das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag , mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf nicht zu rechnen brauchte, dann kommt dies im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich und stellt eine Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs dar (BVerfGE 84, 188, 190; BVerfG, NJW 2000, 275). So liegen die Dinge hier jedoch nicht. Ein Schadensersatzanspruch kam nach § 463 Satz 2 BGB a.F. ohne jeden Zweifel nur wegen derjenigen Fehler des Hauses in Betracht, die die Beklagte zu 1 und ihr Ehemann bei Vertragsschluß arglistig verschwiegen hatten. Dies mußte den anwaltlich beratenen Klägern ebenso bewußt sein wie der Umstand, daß der von ihnen zu erbringende Arglistnachweis möglicherweise nur hinsichtlich einzelner Fehler zu führen sein würde. Damit hätte der von den Klägern lediglich pauschal geltend gemachte Nutzungsausfallschaden bei sorgfältiger Prozeßführung auch ohne einen entsprechenden Hinweis des Gerichts den einzelnen, sich aus dem Beweissicherungsgutachten ergebenden Fehlern anteilig zugeordnet und in diesem Sinne konkretisiert werden müssen.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Schmidt-Räntsch
9
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten auch nicht darin, keine Weisung erteilt zu haben, nach der - von ihm verfügten - Vorabübersendung per Telefax einen Einzelnachweis auszudrucken und auf dieser Grundlage die Vollständigkeit der Übermittlung zu überprüfen. Denn diese Kontrollmaßnahmen sind nur erforderlich , wenn die Vorabübersendung des Telefaxes aus der Warte des Absenders erforderlich scheint, um die Frist einzuhalten, weil eine Postsendung den Empfänger unter Berücksichtigung normaler Postlaufzeiten nicht mehr rechtzeitig erreichte. Ist hingegen aus der Warte des Absenders alles Notwendige veranlasst , um den Eingang des fristgebundenen Schriftsatzes rechtzeitig auf normalem Postwege zu erreichen, bedarf es einer zusätzlichen Vorabübersendung per Telefax grundsätzlich nicht. Für eine - in dem Falle überobligatorische - Vorabfaxübersendung können keine besonderen Sorgfaltsanforderungen aufgestellt werden. Daran ändert nichts, wenn der rechtzeitige Posteingang tatsächlich aus Umständen unterbleibt, für die der Prozessbevollmächtigte - wie hier - kein eigenes Organisationsverschulden trägt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 28/03
vom
23. Oktober 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der beschwerten
Partei auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes, so ist die nach § 574 Abs. 1
Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) unabhängig davon zulässig
, ob sich der Rechtsverstoß auf das Endergebnis auswirkt.
Eine konkrete Anweisung des Anwalts im Einzelfall macht nur dann allgemeine organisatorische
Regelungen obsolet, wenn diese durch die Einzelanweisung ihre Bedeutung
für die Einhaltung der Frist verlieren; das ist nicht der Fall, wenn die Weisung
nur dahin geht, einen Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, die Fristüberschreitung
aber darauf beruht, daß es an ausreichenden organisatorischen Vorkehrungen
dazu fehlt, unter welchen Voraussetzungen eine Frist nach Übermittlung
fristwahrender Schriftsätze per Telefax als erledigt vermerkt werden darf.
BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03 - LG Konstanz
AGÜberlingen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. Oktober 2003 durch die
Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die Richterin
Dr. Stresemann

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 2. April 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Gründe:


I.


Gegen das ihr am 7. November 2002 zugestellte Urteil des Amtsgerichts hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist per Fax am 8. Januar 2003 bei dem Landgericht eingegangen.
Die Beklagte hat gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu folgendes ausgeführt : Ihr Prozeßbevollmächtigter habe den Begründungsschriftsatz am 7. Januar gefertigt und unterzeichnet und die bei ihm beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte W. gegen 17.15 Uhr angewiesen, ihn per Fax an das Landgericht zu senden. Diese habe zwar mehrfach versucht zu faxen, was aber , weil sie versehentlich eine falsche Nummer gewählt habe, erfolglos geblieben sei. Sie habe angenommen, das Empfängergerät sei belegt, und habe sich zunächst anderen Aufgaben zugewendet, darüber aber die Angelegenheit ver-
gessen. Später habe sie die Frist im Kalender als erledigt eingetragen, so daß dem Prozeßbevollmächtigten bei dessen Kontrolle gegen 20.00 Uhr das Versäumnis nicht aufgefallen sei.
Das Landgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten zurückgewiesen und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses verlangt und den Wiedereinsetzungsantrag weiterverfolgt. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

II.


1. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
aa) Allerdings liegt entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein Fall einer Divergenz zu der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. Juni 2000 (VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006) vor. Eine die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde begründende Abweichung ist nämlich nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Entscheidung eines höherrangigen oder eines anderen gleichgeordneten Gerichts (Senat, BGHZ 151, 42; BGHZ 89, 149, 151). Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Das Berufungsgericht geht - im Einklang mit der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes - davon aus, daß üblicherweise in Anwaltskanzleien auftretende Schwankungen der Arbeitsbelastung die Sorgfalts-
pflicht des Prozeßbevollmächtigten im Hinblick auf die Organisation eines reibungslos und fehlerfrei funktionierenden Geschäftsbetriebs nicht erhöhen. Es meint lediglich, im konkreten Fall hätten Umstände vorgelegen, die über das Übliche einer Mehrbelastung hinausgingen und daher zu besonderen Maßnahmen Anlaß gegeben hätten. Ist diese Auffassung - wie hier (siehe im folgenden ) - falsch, so liegt darin zwar eine rechtsfehlerhafte Würdigung. Doch wird damit kein allgemeiner Rechtssatz aufgestellt, der der Entscheidung des Bundesgerichtshofes entgegensteht.
bb) Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht aber auf einer Würdigung , die der Beklagten den Zugang zu dem von der Zivilprozeßordnung eingeräumten Instanzenzug in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. BVerfGE 77, 275, 284; BVerfG NJW 2003, 281) und eröffnet die Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO (vgl. Senat, BGHZ 151, 221; Beschl. v. 20. Februar 2003, V ZB 60/02, NJW-RR 2003, 861; Beschl. v. 30. April 2003, V ZB 71/02, NJW 2003, 2388). Die Annahme, der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe angesichts der "besonderen Situation am Nachmittag" des 7. Januars 2003 eine eigenständige Prüfung der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist vornehmen müssen, entbehrt jeder Grundlage. Unscharf ist schon der Ansatz. Die Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist war an sich nicht gefährdet. Der Prozeßbevollmächtigte hatte den Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und dessen Übermittlung per Fax verfügt. Welche zusätzlichen Maßnahmen er hätte ergreifen sollen, worin sich die nach Auffassung des Berufungsgerichts gebotene erhöhte Sorgfaltspflicht hätte äußern sollen, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht gesagt. Dafür ist auch nichts erkennbar. Die einfach zu erledigende Aufgabe einer Telefaxüber-
mittlung kann der Anwalt seinem Personal überlassen (BGH, Beschl. v. 11. Februar 2003, VI ZB 38/02, NJW-RR 2003, 935, 936 m. zahlr. Nachw.). Er braucht sie nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren. Im übrigen ist hier nach dem Vorbringen der Beklagten sogar eine Kontrolle erfolgt, die aber wegen des falschen Erledigungsvermerks ohne Befund blieb.
Wenn man in dieser konkreten Situation ein Weiteres von dem Anwalt verlangen wollte, so überspannte man die Sorgfaltsanforderungen. Denn solche Maßnahmen könnten nur in einer Beaufsichtigung des Übermittlungsvorgangs selbst oder in einer sofortigen Kontrolle sogleich nach Durchführung bestehen. Dies kann höchstens ganz ausnahmsweise in Betracht kommen (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juni 2000, VII ZB 5/00, NJW 2000, 3006), wenn ein geordneter Geschäftsbetrieb infolge besonderer Umstände nicht mehr gewährleistet ist. Solche Umstände hat das Berufungsgericht aber nicht festgestellt. Daß eine Rechtsanwaltsangestellte über ihre normale Dienstzeit hinaus arbeiten muß und daß drei fristgebundene Sachen zusätzlich zu bearbeiten sind, bedingt keine Situation, die ein ausreichend organisiertes Büro nicht bewältigen könnte. Im übrigen sollte die Übermittlung per Telefax zunächst, nur wenige Minuten nach dem üblichen Dienstschluß, erfolgen, und es ist nicht ersichtlich, inwieweit die Bearbeitung weiterer Fristsachen, die sich bis 19.30 Uhr hinzog, diese einfache Tätigkeit hätte stören oder in einer Weise gefährden können, daß ein Eingreifen des Anwalts erforderlich gewesen wäre.
cc) Dieser Verstoß gegen das Gebot der Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes führt unabhängig davon zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde , ob er sich auf das Ergebnis auswirkt. Insoweit besteht ein Unterschied zum Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 ZPO), in dem eine nicht entscheidungserhebliche Frage auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung die Zulassung der Revision gebietet (Senat, Beschl. v. 25. Juli 2002, V ZR 118/02, NJW 2002, 3180, 3181; Urt. v. 18. Juli 2003, V ZR 187/02, Umdruck S. 9, zur Veröffentlichung vorgesehen; BGH, Beschl. v. 19. Dezember 2002, VII ZR 101/02, NJW 2003, 831). Dieser Unterschied beruht auf folgendem: Anders als das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Rechtsbeschwerde ein Rechtsmittel, das zur Entscheidung über die Sache führt. Dabei hängt - wie stets - die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht von Fragen der Begründetheit ab. Liegen die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO vor, so ist die Rechtsbeschwerde zulässig. Ob die angefochtene Entscheidung gleichwohl Bestand hat, ist eine Frage der Begründetheit. Beides miteinander zu verquicken, hieße, die Zulässigkeit des Rechtsmittels zu verneinen, weil es an der Begründetheit fehlt. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es demgegenüber nicht um eine Entscheidung in der Sache selbst, sondern nur um die Frage, ob eine Sachüberprüfung im Revisionsverfahren geboten ist. Bei dieser Prüfung kann und muß berücksichtigt werden, ob die unter die Zulassungsgründe des § 543 Abs. 2 ZPO subsumierbaren Rechts- oder Verfahrensfragen im konkreten Fall entscheidungserheblich sind oder nicht. Sind sie es nicht, besteht kein Anlaß für eine Zulassung; denn es kommt auf sie letztlich nicht an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet. Das Berufungsgericht hat die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt (§ 233 ZPO) und die Berufung infolgedessen zutreffend als unzulässig verworfen (§ 522 Abs. 1 ZPO). Die Beklagte hat nämlich nicht dargelegt , daß sie ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Es ist nicht ausgeräumt, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten ein eigenes (Organisations-) Verschulden vorzuwerfen ist,
das diese sich nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß. Das ergibt sich aus zwei Gesichtspunkten:
Zum einen hat der Anwalt organisatorische Vorkehrungen zu treffen, daß Fristen im Fristenkalender erst dann mit einem Erledigungsvermerk versehen werden, wenn die fristwahrende Handlung auch tatsächlich erfolgt oder jedenfalls soweit gediehen ist, daß von einer fristgerechten Vornahme auszugehen ist (BGH, Beschl. v. 18. Oktober 1993, II ZB 7/93, VersR 1994, 703; Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 60 m.w.N.). Zum anderen muß der Anwalt bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax die Ausgangskontrolle organisatorisch dahin präzisieren , daß er die damit befaßten Mitarbeiter anweist, einen Einzelnachweis über den Sendevorgang ausdrucken zu lassen, der die ordnungsgemäße Übermittlung anzeigt, bevor die entsprechende Frist als erledigt vermerkt wird (Senat, Beschl. v. 9. Februar 1995, V ZB 26/94, VersR 1995, 1073, 1074). Er muß ferner Vorsorge für Störfälle treffen, um sicherzustellen, daß der Übermittlungsvorgang entweder vollständig wiederholt wird oder daß der Anwalt selbst über geeignete andere Maßnahmen entscheidet.
Ob solche allgemeinen organisatorischen Maßnahmen im Büro des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten bestanden, ist nicht vorgetragen worden. Die bloße Angabe, vor Büroschluß werde kontrolliert, ob alle Fristen erledigt seien, erst danach werde die Frist gelöscht, genügt nicht den vorstehenden Anforderungen. Soweit die Beklagte in einem nach Erlaß des angefochtenen Beschlusses bei dem Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz nähere Angaben zur Ausgangskontrolle gemacht hat, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Derjenige, der Wiedereinsetzung beantragt, muß die Gründe, die die Wiedereinsetzung rechtfertigen, innerhalb der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO vor-
bringen (BGH, Beschl. v. 12. Mai 1998, VI ZB 10/98, BGHR ZPO § 236 Abs. 2 Satz 1 Antragsbegründung 3). Zwar können erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BGH aaO; Beschl. v. 9. Juli 1985, VI ZB 10/85, VersR 1985, 1184, 1185). Das hilft der Beklagten im konkreten Fall aber schon deswegen nicht, weil die ergänzenden Angaben nach Erlaß der Entscheidung gemacht worden sind und daher für das Rechtsbeschwerdegericht nicht verfügbar sind. Seiner Beurteilung unterliegt - anders als im früheren Verfahren der sofortigen Beschwerde (§ 577 ZPO a.F.) - nur der in den Tatsacheninstanzen festgestellte Sachverhalt sowie der auf Verfahrensrüge zu beachtende dortige Sachvortrag. Soweit die Rechtsbeschwerde den neuen Sachvortrag mit Hilfe einer Aufklärungsrüge einführen möchte, ist ihr nicht zu folgen. Es bestand für das Berufungsgericht keine Pflicht, die anwaltlich vertretene Beklagte auf die nicht ausreichenden Gründe ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hinzuweisen. Die Anforderungen, die die Rechtsprechung an eine wirksame Ausgangskontrolle und an die organisatorischen Maßnahmen bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze stellt, sind bekannt und müssen einem Anwalt auch ohne richterliche Hinweise geläufig sein. Wenn der Vortrag dem nicht Rechnung trägt, gibt dies keinen Hinweis auf Unklarheiten oder Lücken, die aufzuklären bzw. zu füllen wären, sondern erlaubt den Schluß darauf , daß entsprechende organisatorische Maßnahmen gefehlt haben.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Fehlen organisatorischer Maßnahmen zur Vermeidung von Fehlern bei der Übermittlung fristwahrender Schriftsätze nicht deswegen unerheblich, weil der Prozeßbevollmächtigte eine konkrete Einzelweisung erteilt hat. Allerdings ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß es auf allgemeine organisatorische Regelungen nicht entscheidend ankommt, wenn im Einzelfall
konkrete Anweisungen vorliegen, deren Befolgung die Fristwahrung sichergestellt hätte (BGH, Urt. v. 6. Oktober 1987, VI ZR 43/87, VersR 1988, 185, 186; Beschl. v. 26. September 1985, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Dabei ist jedoch auf den Inhalt der Einzelweisung und den Zweck der allgemeinen organisatorischen Vorkehrungen Rücksicht zu nehmen. Weicht ein Anwalt von einer bestehenden Organisation ab und erteilt er stattdessen für einen konkreten Fall genaue Anweisungen, die eine Fristwahrung gewährleisten, so sind allein diese maßgeblich; auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen kommt es dann nicht mehr an (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZB 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45; Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01, NJW-RR 2002, 1289). Anders ist es hingegen, wenn die Einzelweisung nicht die bestehende Organisation außer Kraft setzt, sondern sich darin einfügt und nur einzelne Elemente ersetzt, während andere ihre Bedeutung behalten und geeignet sind, Fristversäumnissen entgegenzuwirken. So ersetzt z.B. die Anweisung, einen Schriftsatz sofort per Telefax zu übermitteln und sich durch einen Telefonanruf über den dortigen Eingang des vollständigen Schriftsatzes zu vergewissern, alle allgemein getroffenen Regelungen einer Ausgangskontrolle und macht etwa hier bestehende Defizite unerheblich (BGH, Beschl. v. 2. Juli 2001, II ZB 28/00, NJW-RR 2002, 60). Ebenso liegt es, wenn der Anwalt von der Eintragung der Sache in den Fristenkalender absieht und die Anweisung erteilt, den fertiggestellten Schriftsatz in die Ausgangsmappe für die Post zum Berufungsgericht zu legen (BGH, Beschl. v. 26. September 1995, XI ZR 13/95, BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 45). Denn in diesem Fall würde eine Frist als erledigt vermerkt werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 80/97, NJW 1997, 3446; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rdn. 23 S. 698).
Besteht hingegen - wie hier - die Anweisung nur darin, die Übermittlung eines Schriftsatzes sofort per Fax zu veranlassen, so fehlt es an Regelungen, die eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle überflüssig machen. Inhalt der Anweisung ist nur die Bestimmung des Mediums der Übermittlung und der Zeitpunkt ihrer Vornahme. Damit sind aber sonst etwa bestehende Kontrollmechanismen weder außer Kraft gesetzt noch obsolet. Es bleibt sinnvoll und notwendig , daß Anweisungen darüber bestehen, wie die Mitarbeiter eine vollständige Übermittlung per Telefax sicherzustellen haben und unter welchen Voraussetzungen sie eine Frist als erledigt vermerken dürfen. Bestehen sie nicht, entlastet es den Anwalt nicht, wenn er sich im konkreten Einzelfall darauf beschränkt , eine Übermittlung per Telefax anzuordnen. Dem entspricht es, daß z.B. der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (Beschl. v. 1. Juli 2002, II ZB 11/01) einen solchen Übermittlungsauftrag nur für ausreichend erachtet hat, wenn jedenfalls die betreffende Angestellte allgemein angewiesen war, die Telefaxübermittlung jeweils anhand des (auszudruckenden) Sendeberichts zu kontrollieren.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 6/08
vom
26. Januar 2009
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 233 Fc, Fd, 574 Abs. 2 Nr. 2;

a) Die Verletzung des Anspruchs des Rechtsbeschwerdeführers auf Gewährung
rechtlichen Gehörs führt zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unabhängig davon
, ob sie sich auf das Ergebnis auswirkt.

b) Die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist und ihre Eintragung im Fristenkalender
müssen nicht in jedem Fall auf dem Handaktenbogen notiert werden.
Auch die Anbringung entsprechender Vermerke auf dem jeweiligen Schriftstück
genügt den an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens zu stellenden
Anforderungen.

c) Ein Rechtsanwalt darf sich grundsätzlich darauf verlassen, dass eine ausgebildete
und bisher zuverlässig arbeitende Büroangestellte eine konkrete Einzelanweisung
, auch wenn sie nur mündlich erteilt wird, befolgt und ordnungsgemäß ausführt
(st.Rspr., vgl. z.B. Sen.Beschl. v. 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07,
NJW 2008, 576). Betrifft jedoch die mündlich erteilte Einzelweisung die Notierung
einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsfrist, müssen in der Rechtsanwaltskanzlei
ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein,
dass eine solche nur mündlich erteilte Weisung in Vergessenheit gerät und die
Eintragung der Frist unterbleibt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 4. April 2007
- III ZB 85/06, NJW-RR 2007, 1430, 1431).
BGH, Beschluss vom 26. Januar 2009 - II ZB 6/08 - OLG Celle
LG Stade
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 26. Januar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Caliebe, Dr. Reichart und Dr. Drescher

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 13. Februar 2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Beschwerdewert: 60.614,94 €

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt den Beklagten als Gesellschafter und früheren Geschäftsführer auf Zahlung und Feststellung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das ihr am 15. Oktober 2007 zugestellte Urteil vom 11. Oktober 2007 durch ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 14. November 2007 fristgerecht Berufung eingelegt. Am 11. Januar 2008 hat die Klägerin durch die mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragte "S. Rechtsanwaltsgesellschaft MBH", die mit Schriftsatz vom 27. November 2007 dem Berufungsgericht die Vertretung der Klägerin angezeigt hatte, die Berufung begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die am 17. Dezember 2007 abgelaufene Berufungsbegründungsfrist beantragt.
2
Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsgesuchs hat die Klägerin vorgetragen :
3
Nach telefonischer Erteilung des Mandats für die Durchführung des Berufungsverfahrens am 22. November 2007 habe der in der Anwaltskanzlei S. mit der Sache befasste Rechtsanwalt Dr. F. am Vormittag des folgenden Tages die ihm zu diesem Vorgang übersandten Unterlagen, darunter das erstinstanzliche Urteil und die Berufungsschrift, auf den Schreibtisch der in der Kanzlei für die Fristennotierung zuständigen Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten Frau D. gelegt und erklärt, dass in dieser Sache zunächst eine Berufungsbegründungsfrist notiert und dann eine neue Akte angelegt werden müsse. Zwar habe die Sekretärin des Rechtsanwalts Dr. F. , Frau G. , noch an diesem Tag eine Akte angelegt; die Notierung der Berufungsbegründungsfrist sei jedoch unterblieben. Bei Frau D. handele es sich um eine sehr zuverlässige Mitarbeiterin mit mehrjähriger Berufserfahrung , die seit September 2007 mit der Fristennotierung und Fristenkontrolle betraut gewesen sei und diese Tätigkeit beanstandungsfrei erledigt habe. Warum sie die Berufungsbegründungsfrist nicht notiert habe, sei nicht mehr nachvollziehbar, weil sie sich an den Vorgang nicht erinnern könne.
4
Ebenfalls am 23. November 2007 habe Rechtsanwalt Dr. F. ein kurz nach 12.00 Uhr im Büro seiner Sekretärin eingegangenes Telefax der Klägerin , in dem sie - wie bei der telefonischen Mandatierung am Vortag angekündigt - das vorläufige Aktenzeichen des Berufungsgerichts mitgeteilt habe, vom Faxgerät in sein Büro mitgenommen und habe den Bestellungsschriftsatz an das Berufungsgericht diktiert. Er habe das Schreiben zusammen mit der diktierten Kassette seiner Sekretärin mit der Weisung übergeben, die neue Akte nach dem Schreiben des Diktats vorzulegen. Entgegen der erteilten Weisung habe Frau G. das einige Tage später gefertigte Schreiben ohne die Handakte zur Unterschrift vorgelegt. Die Gründe hierfür seien nicht mehr aufklärbar. Die Handakte sei Rechtsanwalt Dr. F. von einer Kanzleimitarbeiterin erstmals am 28. Dezember 2007 vorgelegt worden, nachdem die Geschäftsstelle des Berufungsgerichts an diesem Tag durch einen Anruf in der Kanzlei darauf hingewiesen habe, dass innerhalb der Berufungsbegründungsfrist keine Berufungsbegründung eingegangen sei.
5
Das Mandat ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten habe die Klägerin mit Schreiben vom 28. November 2007 beendet.

II.

6
1. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Oberlandesgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
7
Die Fristversäumung sei auf ein Organisationsverschulden im Büro der mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragten Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückzuführen. Es könne offen bleiben, ob die Klägerin dargelegt und glaubhaft gemacht habe, dass der Fristenkalender ordnungsgemäß geführt werde. Die Büroorganisation ihrer Prozessbevollmächtigten genüge jedenfalls deshalb den an eine ordnungsgemäße Fristenkontrolle zu stellenden Anforderungen nicht, weil die Fristwahrung nicht nur durch Führen eines Fristenkalenders, sondern auch durch Notieren der Fristen auf den Handakten zu sichern sei. Wie sich aus dem auf Anforderung vorgelegten Handaktenbogen ergebe, sei dies im vorliegenden Fall unterblieben. Wären Rechtsanwalt Dr. F. die Handakten wieder vorgelegt worden, hätte er bemerkt oder bemerken müssen, dass die erforderliche Gegenkontrolle zur Sicherung der Fristwahrung unterblieben sei.
8
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.
9
2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 ZPO. Auch wenn über die Zulässigkeit der Berufung noch nicht entschieden ist, kann gegen den die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagenden Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werden (BGH, Beschl. v. 17. März 2004 - IV ZB 41/03, NJW-RR 2004, 1150; Musielak/Grandel, ZPO 6. Aufl. § 238 Rdn. 7). Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
10
a) Entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerde ist dies allerdings nicht schon deshalb der Fall, weil der angefochtene Beschluss keine Darstellung des Sachverhalts enthält. Zwar müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand sowie die Anträge der Parteien erkennen lassen; andernfalls sind sie nicht mit den erforderlichen gesetzmäßigen Gründen versehen (Sen.Beschl. v. 28. April 2008 - II ZB 27/07, NJW-RR 2008, 1455 Tz. 4; BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670, 1671 Tz. 4 m.w.Nachw.). Das Fehlen einer Sachdarstellung bleibt hier jedoch folgenlos , weil sich der maßgebliche Sachverhalt und das Rechtsschutzziel mit noch hinreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergeben.
11
b) Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist jedoch deshalb erforderlich, weil der angefochtene Beschluss den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung ausschließlich darauf gestützt, dass die Fristenkontrolle im Büro ihrer mit der Durchfüh- rung des Berufungsverfahrens beauftragten Prozessbevollmächtigten jedenfalls deshalb unzureichend organisiert gewesen sei, weil die Wahrung der Berufungseinlegungs - und begründungsfristen nur durch Führung eines Fristenkalenders und nicht auch durch Eintragung der Fristen auf den Handakten gesichert werde. Mit dieser Erwägung hat das Berufungsgericht übergangen, dass nach der - von der Klägerin vorgelegten und in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch zur Darstellung der Fristenkontrolle in Bezug genommenen - eidesstattlichen Versicherung der mit der Fristenkontrolle beauftragten Rechtsanwaltsfachangestellten Frau D. in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Fristen nebst Vorfristen gerade nicht nur im Fristenkalender notiert werden, sondern zur Gegenkontrolle auf dem jeweiligen Dokument vermerkt wird, dass die Fristen notiert wurden. Die Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beruht auf dem Gehörsverstoß. Hätte das Berufungsgericht diesen Vortrag berücksichtigt, hätte es ein Organisationsverschulden der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht darin sehen können, dass ihre Büroorganisation keine Sicherung der Fristwahrung durch Eintragung der Fristen auf bzw. in den Handakten vorsehe. Die Frist und ihre Eintragung im Fristenkalender muss nicht in jedem Fall auf dem Handaktenbogen notiert werden. Auch die Anbringung entsprechender Vermerke auf dem jeweiligen Schriftstück genügt den an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens zu stellenden Anforderungen (vgl. Sen.Beschl. v. 19. Juni 2006 - II ZB 25/05, DStR 2006, 1614; BGH, Beschl. v. 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07, NJW 2008, 1670 ff.).
12
Selbst wenn man die Darstellung der Büroorganisation in der eidesstattlichen Versicherung der Kanzleimitarbeiterin D. für erläuterungsbedürftig halten wollte, weil sich aus ihr nicht mit hinreichender Deutlichkeit ergebe, dass auf dem betreffenden Schriftstück auch vermerkt wird, welche Frist im Fristenkalender notiert wurde, gilt nichts anderes. In diesem Fall hätte das Berufungsgericht die Klägerin, die - wie aus der Begründung ihres Wiedereinsetzungsge- suchs ersichtlich - diesem Gesichtspunkt mangels Kausalität für die Fristversäumung keine maßgebende Bedeutung beigemessen hatte, nach § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO auf seine Bedenken hinweisen und ihr Gelegenheit zur Äußerung geben müssen (vgl. Sen.Beschl. v. 19. Juni 2006 aaO S. 1615).
13
Die Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs führt zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde unabhängig davon, ob sie sich auf das Ergebnis auswirkt (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2003 - V ZB 28/03, NJW 2004, 367, 368; Zöller/Heßler, ZPO 27. Aufl. § 574 Rdn. 13 a).
14
3. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Berufungsgericht hat der Klägerin die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Ergebnis zu Recht versagt, weil sie nicht ohne ihr Verschulden verhindert war, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§§ 233, 85 Abs. 2 ZPO). Sie muss sich das Verschulden ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen.
15
Der Senat kann unentschieden lassen, ob es schon ein Verschulden des Rechtsanwalts Dr. F. darstellt, dass er sich die nach Mandatsübernahme angelegte Akte nicht zur eigenen Kontrolle der Notierung der Fristen hat vorlegen lassen (vgl. BGH, Beschl. v. 22. November 2000 - XII ZB 28/00, FamRZ 2001, 1143, 1145). Die Fristversäumung beruht jedenfalls deshalb auf einem (Organisations-)Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten, weil die Befolgung der an Frau D. mündlich erteilten Weisung, die Berufungsbegründungsfrist einzutragen, nicht hinreichend abgesichert war.
16
Allerdings darf sich ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf verlassen, dass eine ausgebildete Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung, auch wenn sie mündlich erteilt wird, befolgt und ordnungsgemäß ausführt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Beschl. v. 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00, NJW 2000, 2823; Beschl. v. 17. September 2002 - VI ZR 419/01, VersR 2003, 792, 793; Sen.Beschl. v. 3. Dezember 2007 - II ZB 20/07, NJW-RR 2008, 576 Tz. 15). Wird aber ein so wichtiger Vorgang wie die Notierung einer Berufungs- oder Berufungsbegründungsfrist nur mündlich vermittelt, müssen nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung in der Rechtsanwaltskanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass eine solche nur mündlich erteilte Anweisung in Vergessenheit gerät und die Eintragung der Frist unterbleibt (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91, NJW 1992, 574; Beschl. v. 17. September 2002 aaO; Beschl. v. 5. November 2002 - VI ZR 399/01, NJW 2003, 435, 436; Beschl. v. 4. April 2007 - III ZB 85/06, NJW-RR 2007, 1430, 1431 Tz. 9; Beschl. v. 9. Oktober 2007 - XI ZB 14/07, NJOZ 2008, 2162, 2163 f. Tz. 6).
17
Abgesehen davon bestand im konkreten Fall besondere Veranlassung, die nur mündlich angeordnete Eintragung der Berufungsbegründungsfrist durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen. Denn aus den Frau D. - mit der Weisung, die Berufungsbegründungsfrist einzutragen - übergebenen Unterlagen war nicht ohne weiteres erkennbar, dass eine solche Frist eingetragen werden musste. Es war ihnen schon nicht zu entnehmen, dass die Klägerin die Kanzlei S. mit der Durchführung des Berufungsverfahrens beauftragt hatte, wie dies nach Übersendung der Unterlagen tatsächlich geschehen war. Ebenso wenig war ihren zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten das landgerichtliche Urteil zugestellt worden. Hinzu kommt, dass nur aus einem genauen Studium der Unterlagen ersichtlich war, dass eine Berufungsbegründungsfrist lief und dass in einer bei den Unterlagen befindlichen E-Mail der erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an die Klägerin vom 17. Oktober 2007 zudem das Fristende unzutreffend mitgeteilt war.
18
Den oben näher geschilderten Anforderungen sind die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht gerecht geworden. Der mit der Sache befasste Rechtsanwalt Dr. F. hat die Fachangestellte Frau D. weder im konkreten Fall ausdrücklich angewiesen, seine Anordnung , die Berufungsbegründungsfrist einzutragen, sofort auszuführen, noch waren unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin in der Kanzlei ihrer Prozessbevollmächtigten Vorkehrungen, z.B. durch eine allgemeine Weisung, Aufträge zur Eintragung von Rechtsmittel- und Rechtsmittelbegründungsfristen sofort und vorrangig zu erledigen, dagegen getroffen, dass die Ausführung einer entsprechenden mündlich erteilten Weisung unterblieb (BAG, Beschl. v. 10. Januar 2003 - 1 AZR 70/02, NJW 2003, 1269, 1270; Roth in Stein/Jonas, ZPO 22. Aufl. § 233 Rdn. 38 Stichwort "Büroverschulden", lit. e a.E.).
19
Die von Rechtsanwalt Dr. F. - nach Mitteilung des vorläufigen gerichtlichen Aktenzeichens am Nachmittag des gleichen Tages - seiner Sekretärin erteilte mündliche Anweisung, ihm nach dem Schreiben des Diktats die Handakte vorzulegen, stellt keine hinreichende Absicherung der gegenüber Frau D. am Vormittag mündlich angeordneten Eintragung einer Berufungsbegründungsfrist dar. Rechtsanwalt Dr. F. konnte sich nicht darauf verlassen, dass in dieser Sache am gleichen Tag ein Fax der Klägerin eintreffen würde. Abgesehen davon hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag seine Sekretärin nicht deshalb zur Vorlage der Handakte angewiesen, um die Eintragung der Berufungsbegründungsfrist zu kontrollieren, sondern um die schriftliche Mandatsbestätigung zu diktieren.
20
Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht die Möglichkeit ausgeschlossen, dass die Vorlage der Handakten durch die Sekretärin wiederum als Folge eines eigenen (Organisations-)Verschuldens unterblieben ist. Denn das Wiedereinsetzungsgesuch enthält zur Zuverlässigkeit von Frau G. keinerlei Angaben.
Im Wiedereinsetzungsantrag ist nur vorgetragen, dass "aus heute nicht mehr nachvollziehbaren Gründen" die Vorlage der Akte unterblieben ist, obwohl das diktierte Schreiben dem Anwalt zur Unterschrift vorgelegt worden ist.
Goette Kurzwelly Caliebe Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Stade, Entscheidung vom 11.10.2007 - 8 O 5/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 13.02.2008 - 9 U 190/07 -
7
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten, dafür zu sorgen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig hergestellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Rechtsanwalt eine zuverlässige Fristenkontrolle organisieren und insbesondere einen Fristenkalender führen. Die Fristenkontrolle muss gewährleisten, dass der fristwahrende Schriftsatz rechtzeitig hergestellt und postfertig gemacht wird. Ist dies geschehen und ist die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet, so darf die fristwahrende Maßnahme im Kalender als erledigt gekennzeichnet werden. Das ist im Allgemeinen anzunehmen, wenn der fristwahrende Schriftsatz in ein Postausgangsfach des Rechtsanwalts eingelegt wird und die abgehende Post von dort unmittelbar zum Briefkasten oder zur maßgeblichen gerichtlichen Einlaufstelle gebracht wird, das Postausgangsfach also "letzte Station" auf dem Weg zum Adressaten ist. Eine zusätzliche Überwachung der abgehenden Post, etwa durch Führung eines Postausgangsbuchs , ist unter diesen Umständen nicht erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, VersR 2006, 1563, 1564; BGH, Urteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00, VersR 2002, 380, 381; vom 22. Mai 2003 - I ZB 32/02, BGH-Report 2003, 1035 f.; vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, NJW 2010, 1378 Rn. 7). Die Erledigung fristgebundener Sachen ist am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders zu überprüfen (Senatsbeschluss vom 23. Mai 2006 - VI ZB 77/05, aaO; BGH, Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, aaO). Einen Nachweis dafür, dass das Schriftstück tatsächlich in den Postlauf gelangt ist, hat der Bundesgerichtshof ebenso wenig gefordert wie eine - meist nicht mögliche - Darlegung, wann und wie genau ein Schriftstück verloren gegangen ist; vielmehr genügt die Glaubhaftmachung , dass der Verlust mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in dem Bereich eingetreten ist, für den die Partei - auch über die Zurechnung des Verschuldens ihres Prozessbevollmächtigten nach § 85 Abs. 2 ZPO - verantwortlich ist (BGH, Beschluss vom 16. Februar 2010 - VIII ZB 76/09, aaO).

(1) Die Wiedereinsetzung muss innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden. Die Frist beträgt einen Monat, wenn die Partei verhindert ist, die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde einzuhalten.

(2) Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist.

(3) Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZA 10/01
vom
21. Februar 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
ZPO §§ 233 Ha, 234 Abs. 1 A
Wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung - wie die Einlegung
der Revision - wegen des wirtschaftlichen Unvermögens einer Partei unterbleibt, ist
die Frist unverschuldet versäumt, sofern die Partei bis zu deren Ablauf um Bewilligung
der Prozeßkostenhilfe nachsucht oder - im Falle eines fehlenden Verschuldens
- der Antrag auf Prozeßkostenhilfe noch später (in der Frist des § 234 ZPO)
gestellt wird.
BGH, Beschluß vom 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01 - OLG Brandenburg
LG Neuruppin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Kreft und die Richter Stodolkowitz, Dr. Ganter, Raebel und Kayser
am 21. Februar 2002

beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozeûkostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:


Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung der Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 1. August 2001 Prozeûkostenhilfe zu gewähren, wird zurückgewiesen, weil die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
Die Zulässigkeit der angekündigten, aber noch nicht eingelegten Revision scheitert daran, daû die Antragstellerin die Frist des § 552 ZPO a.F. für die Einlegung der Revision nicht gewahrt, innerhalb dieser Frist keinen Prozeûkostenhilfeantrag angebracht hat und diese Verspätung auch nicht unverschuldet ist (§ 233 ZPO).
1. Wenn die rechtzeitige Vornahme einer fristwahrenden Handlung - wie hier die Einlegung der Revision - wegen des wirtschaftlichen Unvermögens einer Partei unterbleibt, so ist die Frist unverschuldet versäumt, sofern die Partei bis zu deren Ablauf um Bewilligung der Prozeûkostenhilfe nachsucht
oder - im Falle eines fehlenden Verschuldens - der Antrag auf Prozeûkostenhilfe noch später (innerhalb der Frist des § 234 ZPO) gestellt wird (vgl. Stein/Jonas/Roth, ZPO, 21. Aufl., § 233 Rn. 77, Stichwort: Prozeûkostenhilfe; § 234 Rn. 7). Diese Erweiterung gegenüber dem Grundsatz, der Rechtsmittelführer müsse innerhalb der Rechtsmittelfrist um die Bewilligung der Prozeûkostenhilfe - gestützt auf einen vollständigen Antrag - nachsuchen (vgl. BGH, Beschl. v. 16. Dezember 1997 - VI ZB 48/97, NJW 1998, 1230, 1231; v. 24. Juni 1999 - IX ZB 30/99, NJW 1999, 2823), ist gerechtfertigt. Andernfalls würde die unbemittelte Partei entgegen den anerkannten verfassungsrechtlichen Vorgaben im Vergleich zur bemittelten Partei unverhältnismäûig benachteiligt.
2. Nach dem Inhalt ihres Antrages vom 2. Oktober 2001 ist ein eigenes Verschulden der Antragstellerin, das in einer mangelhaften Büroorganisation liegen kann, nicht ausgeräumt.

a) Sie hat ihren "Wiedereinsetzungsantrag" im Kern wie folgt begründet:
Der Prozeûkostenhilfeantrag sei am 18. September 2001 (Dienstag) von ihr per Post zur Absendung gebracht worden. Durch ein Büroversehen sei der Brief unzureichend frankiert gewesen, so daû der Bundesgerichtshof am 20. September 2001 (Donnerstag) die Annahme verweigert habe und der Schriftsatz zurückgesandt worden sei. Dies ergebe sich aus der Kopie des verwendeten Briefumschlags. Bei ihr sei der Antrag am 27. September 2001 wieder eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Berufungsfrist (21. September 2001, Freitag) bereits abgelaufen gewesen. Entgegen den erteilten allgemeinen Anweisungen habe die zuständige Bürokraft, Frau W., die
Frist im Fristenkalender gestrichen, ohne zuvor eine telefonische Bestätigung über den Eingang des Schriftsatzes einzuholen. Frau W. habe die Frankierung einer Auszubildenden übertragen, die den Umschlag unzureichend frankiert habe. Deren Arbeiten hätte Frau W. zu überwachen und zu kontrollieren gehabt. Dennoch habe Frau W. die unzureichende Frankierung durch die Auszubildende nicht bemerkt. Die durch sie verursachte Fristversäumung infolge fehlender Kontrolle der Frankierung sowie telefonischer Eingangskontrolle sei bislang einmalig geblieben.

b) Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung liegen danach nicht vor; ein mögliches Organisationsverschulden ist nicht ausgeräumt.
aa) Unschädlich ist es, daû die Klägerin den unterfrankierten Prozeûkostenhilfeantrag mit dem Zusatz "Rechtsanwalt als Verwalter" unterzeichnet hat. Denn die besonderen prozessualen Zurechnungsnormen für das Verschulden des gesetzlichen Vertreters der Partei (§ 51 Abs. 2 ZPO) und seines Bevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) im Rahmen der Prozeûführung sind abschlieûend. Vertreter des Bevollmächtigten fallen nach allgemeiner Rechtsauffassung nur unter diese Vorschriften, wenn sie in eigenverantwortlicher Weise für die Partei in einem Rechtsstreit tätig werden. Dazu gehört insbesondere das Büropersonal nicht, weil die ZPO keine dem § 278 BGB entsprechende Vorschrift kennt (BAG NJW 1990, 2707; Zöller/Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 85 Rn. 20; Zöller/Greger aaO, § 233 Rn. 20).
Der ursprüngliche - unterfrankierte - Prozeûkostenhilfeantrag vom 18. September 2001 genügte auch den Anforderungen, die der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung an ein vollständiges Prozeûkostenhilfe-
gesuch stellt (vgl. BGH, Beschl. v. 13. Januar 1999 - XII ZB 166/98, VersR 2000, 252 f; v. 12. Juni 2001 - XI ZR 161/01, MDR 2001, 1312 f = VersR 2001, 1305). Insbesondere wird unter Bezugnahme auf der Antragsschrift beigefügte Anlagen die Masseunzulänglichkeit im einzelnen dargelegt. Von der Verwendung des Vordrucks stellt § 1 Abs. 2 PKHVV vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001) den Verwalter als Partei kraft Amtes frei.
bb) Die Antragstellerin hat aber ein mögliches Organisations- und Überwachungsverschulden nicht dadurch ausgeräumt, daû sie den doppelten Fehler ihrer Sekretärin als "einmaliges Versehen" dargestellt und das Vorhandensein von allgemeinen Anweisungen zur Ausgangs- und Fristenkontrolle behauptet hat.
Zunächst fällt auf, daû sich aus dem glaubhaft gemachten Vorbringen der Antragstellerin kein einer Beweisaufnahme zugänglicher Ablauf der Ereignisse im Hinblick auf die Frankierung und Absendung des Prozeûkostenhilfeantrags ergibt. Dies beginnt schon damit, daû die Antragstellerin eingangs vorträgt , daû sie ("die Antragstellerin") den Prozeûkostenhilfeantrag, der einschlieûlich Anlagen aus 75 Seiten bestanden habe, "per Post zur Absendung gebracht" habe. Frankiert war der Brief mit 3 DM. Wenn dies wörtlich zu nehmen ist, hätte der Antragstellerin möglicherweise selbst auffallen müssen, daû die Sendung die Gewichtsgrenze von 500 g für den "Maxibrief", der - wie geschehen - mit 3 DM zu frankieren ist, deutlich überschritt. Sie hätte deshalb darlegen müssen, welches Gewicht die streitgegenständliche Sendung tatsächlich hatte, woran es fehlt. Aus der vorgelegten Kopie des verwendeten Umschlags geht hervor, daû auf dem Umschlag ein Gewicht von 822 g notiert worden ist. Diese erhebliche Gewichtsüberschreitung hätte für die Antragstelle-
rin, falls sie den Brief persönlich in den Händen gehalten hätte, Anlaû sein müssen, ihren Überwachungspflichten gegenüber dem Büropersonal nachzukommen und das Porto zu überprüfen. Schon deshalb kann von einem fehlenden Verschulden, welches von der Prozeûpartei darzutun und glaubhaft zu machen ist, nicht ausgegangen werden.
Die streitgegenständliche Sendung ist Mitte September des Jahres 2001 zur Post gegeben worden, mithin zu Beginn des Lehrjahres. In dem Wiedereinsetzungsantrag fehlen jegliche Angaben zu der Identität, dem Ausbildungsstand und der Zuverlässigkeit der Kraft, welche die Frankierung vorgenommen hat; sie wird lediglich als "Auszubildende" bezeichnet. Der Bundesgerichtshof hat in der Vergangenheit bereits erhebliche Zweifel daran geäuûert, ob eine Auszubildende im dritten Lehrjahr schon als bewährte Bürokraft angesehen werden kann (Beschl. v. 22. Dezember 1983 - VII ZR 17/83, VersR 1984, 240). Jedenfalls ist der Umfang der Überwachungs- und Kontrollpflichten, die die Antragstellerin zu organisieren hatte, maûgebend davon abhängig, über welchen Ausbildungsstand die zu Hilfsarbeiten herangezogene Auszubildende verfügte. Mit der floskelhaften Bemerkung in der Antragsschrift, die Sekretärin, Frau W., sei auch dafür zuständig, unterzeichnete Schriftsätze zur Aufgabe an die Post mit Briefumschlägen zu versehen und entsprechend zu frankieren sowie , falls sie einfache Tätigkeiten dieser Art Auszubildenden übertrage, deren Arbeiten zu überwachen und zu kontrollieren, kann die Antragstellerin ein mögliches Organisationsverschulden bezüglich der Auszubildenden nicht ausräumen. Es bleibt völlig offen, ob diese am Anfang ihrer Ausbildung stand und ob sie mit der Entgeltordnung der Post überhaupt vertraut war. War sie unerfahren , hätte die Antragstellerin durch entsprechende Anordnungen sicherstellen müssen, daû die Arbeiten der Auszubildenden nicht nur stichprobenhaft über-
prüft wurden. Bei Fehlen derartiger, auf die konkrete Auszubildende bezogener Anordnungen war die Büroorganisation nicht ausreichend. Alles das läût die Antragsschrift im Dunkeln. Ob die namentlich nicht bezeichnete Auszubildende in der Vergangenheit zuverlässig gearbeitet hat oder aber ob ihr laufend Fehler unterlaufen sind, wird gleichfalls weder dargelegt noch glaubhaft gemacht.
Schlieûlich fehlt bezüglich der Fristenführung ein zusammenhängender, auf den hier zu beurteilenden Fall zugeschnittener Sachvortrag. Es bleibt offen, zu welchem Zeitpunkt die Frist im Fristenbuch gestrichen worden ist und wie die Handhabung der Fristenstreichung generell aussah. Es wird nicht einmal vorgetragen und glaubhaft gemacht, daû Frau W. regelmäûig nach der Anweisung gehandelt hat, eine Frist erst zu streichen, wenn über den Eingang des Schriftsatzes Gewiûheit bestand.
Die Nachholung dieser fehlenden Angaben nach Ablauf der Frist des § 234 ZPO ist nicht möglich (vgl. BGH, Beschl. v. 5. Oktober 1999 - VI ZB 22/99, NJW 2000, 365, 366). Die Klägerin müûte zu ihrer Büroorganisation und zu den Ereignissen am 18. September 2001 einen geschlossenen Sachverhalt vortragen. Daran fehlt es. Hieran war die Antragstellerin auch nicht nach § 139 ZPO zu erinnern. Die Schilderung der Antragstellerin vermeidet es, die entscheidenden Punkte anzusprechen. Daran ist sie festzuhalten.
3. Da die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung im Rahmen des Prozeûkostenhilfeverfahrens inzident zu prüfen waren, hat der weitere Antrag der Antragstellerin, ihr in die am 21. September 2001 abgelaufene Frist für die Revision Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, keine selbständi-
ge Bedeutung. Von einer förmlichen Bescheidung dieses Antrages hat der Senat
deshalb abgesehen. Im übrigen hätte der Antrag in der Form der versäumten Prozeûhandlung (Revision) gestellt und mit der Nachholung der Prozeûhandlung verbunden werden müssen (vgl. § 236 Abs. 1 und 2 Satz 2 ZPO).
Kreft Stodolkowitz Ganter Raebel Kayser

(1) Das Gericht hat das Sach- und Streitverhältnis, soweit erforderlich, mit den Parteien nach der tatsächlichen und rechtlichen Seite zu erörtern und Fragen zu stellen. Es hat dahin zu wirken, dass die Parteien sich rechtzeitig und vollständig über alle erheblichen Tatsachen erklären, insbesondere ungenügende Angaben zu den geltend gemachten Tatsachen ergänzen, die Beweismittel bezeichnen und die sachdienlichen Anträge stellen. Das Gericht kann durch Maßnahmen der Prozessleitung das Verfahren strukturieren und den Streitstoff abschichten.

(2) Auf einen Gesichtspunkt, den eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, darf das Gericht, soweit nicht nur eine Nebenforderung betroffen ist, seine Entscheidung nur stützen, wenn es darauf hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung dazu gegeben hat. Dasselbe gilt für einen Gesichtspunkt, den das Gericht anders beurteilt als beide Parteien.

(3) Das Gericht hat auf die Bedenken aufmerksam zu machen, die hinsichtlich der von Amts wegen zu berücksichtigenden Punkte bestehen.

(4) Hinweise nach dieser Vorschrift sind so früh wie möglich zu erteilen und aktenkundig zu machen. Ihre Erteilung kann nur durch den Inhalt der Akten bewiesen werden. Gegen den Inhalt der Akten ist nur der Nachweis der Fälschung zulässig.

(5) Ist einer Partei eine sofortige Erklärung zu einem gerichtlichen Hinweis nicht möglich, so soll auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann.

15
(a) Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass es zu den Aufgaben des Prozessbevollmächtigten gehört, dafür Sorge zu tragen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig erstellt wird und innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingeht. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (Senatsbeschluss vom 14. März 1996 - III ZB 13/96 - VersR 1996, 1298; Senatsurteil vom 11. Januar 2001 - III ZR 148/00 - NJW 2001, 1577, 1578 unter II 1; BGH, Beschlüsse vom 4. Oktober 2000 - XI ZB 9/00 - BGHR ZPO Ausgangskontrolle 14; vom 9. November 2005 aaO unter 2; vom 23. Mai 2006 aaO Rn. 5; jeweils m.w.N.). Die Ausgangskontrolle setzt, wie bereits dem Begriff Kontrolle zu entnehmen ist, eine nochmalige, selbständige Prüfung voraus (BGH, Beschluss vom 10. Mai 2006 - XII ZB 267/04 - NJW 2006, 2412, 2413 unter II 2 b Rn. 13 m.w.N.).
13
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Prozessbevollmächtigte in ihrem Büro eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweit als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, ein fristwahrender Schriftsatz also gefertigt und zumindest postfertig gemacht worden ist (BGH, Beschluss vom 6. November 2001 - XI ZB 11/01 - BGHR ZPO § 233 Ausgangskontrolle 17 m.w.N.). Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, die sicherstellt, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders überprüft wird. Der für die Kontrolle zuständige Angestellte ist dabei anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem er sich anhand der Akte vergewissert hat, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (BGH, Beschluss vom 14. März 1996 - III ZB 13/96 - VersR 1996, 1298). Der Begründung des Wiedereinset- zungsantrags ist indessen nicht zu entnehmen, dass in der Kanzlei der Beklagtenvertreterin die danach erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen getroffen worden sind.
13
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt der Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeprotokolls zu prüfen, ob die Übermittlung vollständig und an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Erst danach darf die Frist im Fristenkalender gestrichen werden (Senatsbeschlüsse vom 22. September 2010 - XII ZB 117/10 - FamRZ 2010, 2063 Rn. 11 und vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07 - FamRZ 2008, 1515 Rn. 11 jeweils mwN). Diese zwingend notwendige Ausgangskontrolle muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allgemeinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten Einzelanweisung ergeben. Fehlt es an einer allgemeinen Kanzleianweisung, muss sich die Einzelanweisung, einen Schriftsatz sogleich per Telefax an das Rechtsmittelgericht abzusenden, in gleicher Weise auf die Ausgangskontrolle erstrecken. Die Kanzleiangestellte ist dann zusätzlich anzuweisen, die Frist erst nach einer Kontrolle der vollständigen Übermittlung anhand des Sendeprotokolls zu streichen (Senatsbeschlüsse vom 14. Mai 2008 - XII ZB 34/07 - FamRZ 2008, 1515 Rn. 12 und vom 18. Juli 2007 - XII ZB 32/07 - FamRZ 2007, 1722 Rn. 6). Eine konkrete Einzelanweisung des Rechtsanwalts an sein Büropersonal , einen Frist wahrenden Schriftsatz per Telefax zu übersenden, macht die weitere Ausgangskontrolle somit nicht entbehrlich (Senatsbeschluss vom 7. Juli 2010 - XII ZB 59/10 - NJW-RR 2010, 1648 Rn. 12 ff.).

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)