Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 08. Dez. 2015 - 14 U 1090/15

bei uns veröffentlicht am08.12.2015
vorgehend
Landgericht Nürnberg-Fürth, 6 O 8801/14, 21.05.2015

Gericht

Oberlandesgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 21.05.2015 wird verworfen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.513,31 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger fordert von ihm an den beklagten Rechtsanwalt geleistetes Honorar teilweise zurück.

Für die Prüfung von Ansprüchen gegen eine finanzierende Bank nach einem Widerruf von Darlehensverträgen stellte der Beklagte dem Kläger aus einem Wert von 233.149,10 € ermittelte anwaltliche Kosten in Höhe von 6.190,26 € in Rechnung. Der Kläger bezahlte diesen Betrag und fordert ihn nach fristloser Kündigung des Anwaltsvertrags zurück, soweit der Beklagte ein Honorar beansprucht, das eine 2,3-fache Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 2.154,64 € zzgl. Pauschale und Mehrwertsteuer - mithin 573,93 € - übersteigt.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

  • 1.Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 5.616,33 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus ab 01.07.2014 zu zahlen.

  • 2.Der Beklagte wird verurteilt, die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten in Höhe von 571,44 € zu bezahlen.

Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des am 21.05.2015 verkündeten Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth sowie auf die dort genannten Unterlagen Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth der Klage überwiegend stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 4.513,31 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus ab 01.07.2014 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 492,54 € zu zahlen.

Gegen dieses, ihm am 08.06.2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 12.06.2015 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.09.2015 mit Schriftsatz am 11.09.2015 begründet.

Der Beklagte beantragt,

Das am 21.05.2015 verkündete Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, Az. 6 O 8801/14 wird wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Mit dem Beklagten am 16.09.2015 zugestellten Verfügung des Vorsitzenden vom 11.09.2015 wurde jenem mitgeteilt, dass die Berufungsbegründungsschrift im Original am 11.09.2015 bei Gericht eingegangen ist, nicht jedoch per Telefax.

Mit Schriftsatz vom 29.09.2015, der per Telefax am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, hat der Beklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Zur Begründung hat er folgendes ausgeführt: Sein Prozessbevollmächtigter habe den Berufungs-begründungsschriftsatz am 10.09.2015 ausgearbeitet und unterzeichnet. Gegen 15.00 Uhr habe sein Prozessbevollmächtigter die Rechtsanwaltsfachangestellte unter Hinweis darauf, dass die Berufungsbegründungsfrist am 10.09.2015 ablaufe, mündlich angewiesen, den Schriftsatz vorab per Telefax an das Oberlandesgericht Nürnberg zu übermitteln. Die Rechtsanwaltsfachangestellte habe den Auftrag entgegengenommen und seinem Prozessbevollmächtigten auf dessen Nachfrage hin gegen 16.00 Uhr mitgeteilt, dass der Schriftsatz fristwahrend an das Oberlandesgerichts Nürnberg per Telefax übermittelt worden sei. Bei der Rechtsanwaltsfachangestellten handele es sich um eine gut ausgebildete Angestellte, die seit Dezember 2011 in der Kanzlei beschäftigt sei und die ihr übertragenen Aufgaben und Anweisungen stets und immer sehr gewissenhaft und äußerst zuverlässig ausgeführt habe. Auch bei von seinem Prozessbevollmächtigten und von ihm selbst in regelmäßigen Abständen durchgeführten Kontrollen hätten zu keinem Zeitpunkt Unregelmäßigkeiten bei der Ausführung der der Rechtsanwaltsfachangestellten erteilten Aufträge und Weisungen festgestellt werden können.

Die Ausgangskontrolle für fristgebundene Schriftsätze in seiner bzw. in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten hat der Beklagte wie folgt beschrieben: Spätestens am Tag des Fristablaufs habe sich der zuständige Rechtsanwalt den ausgearbeiteten Schriftsatz persönlich zur Unterschrift vorlegen zu lassen. Nach Unterzeichnung des Schriftsatzes erteile der Rechtsanwalt einer ausgebildeten Rechtsanwaltsfachangestellten die mündliche Weisung, den Schriftsatz fristwahrend vorab per Telefax zu übermitteln und dabei auch zu überprüfen und zu kontrollieren, dass die Übermittlung ordnungsgemäß und vollständig an den richtigen Empfänger erfolgt sei. Die so angewiesene Angestellte habe sodann den Auftrag unverzüglich und persönlich auszuführen. Nach ordnungsgemäßer Erledigung habe sie dem anweisenden Rechtsanwalt eine mündliche Rückmeldung zu erteilen. Erst danach werde von dem verantwortlichen Rechtsanwalt die Weisung erteilt, dass die Ablauffrist im Fristenkalender gestrichen werde. Die Angestellten würden sorgfältig überwacht und regelmäßig kontrolliert. Hierbei seien bislang keinerlei Unregelmäßigkeiten bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze per Telefax festgestellt worden.

In einer eidesstattlichen Versicherung vom 25.09.2015, auf die der Beklagte Bezug genommen hat, schildert die Rechtsanwaltsfachangestellte folgenden Geshehensablauf:

„Seit 01.12.2011 bin ich in der Rechtsanwaltskanzlei als Rechtsanwaltsfachangestellte tätig und damit betraut, die von den Rechtsanwälten diktierten Schriftsätze zu erstellen, zur Unterschrift vorzulegen und in den Postauslauf zu bringen. Von den Rechtsanwälten und habe ich die ausdrückliche Anweisung erhalten, fristgebundene Schriftsätze nach der Unterzeichnung durch den Anwalt vorab fristwahrend per Telefax zu versenden und dabei anhand des Sendeprotokolls zu überprüfen und zu kontrollieren, ob die Übermittlung tatsächlich ordnungsgemäß und vollständig an den richtigen Empfänger erfolgt ist. Weiter bin ich von den Rechtsanwälten und ausdrücklich angewiesen worden, die Übersendung fristgebundener Schriftsätze per Telefax nach Überprüfung des Sendeberichts mit dem Vermerk „ok“ dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt mündlich als erledigt zu melden und danach erst die Frist im Fristenkalender streichen zu lassen. In dem hier vorliegenden Rechtsstreit […] hat mich Herr Rechtsanwalt am 10.09.2015 gegen 15.00 Uhr mündlich angewiesen, den von ihm unterzeichneten Berufungsbe-gründungsschriftsatz vom 10.09.2015 mit dem Hinweis auf den Fristablauf an diesem Tag fristwahrend und vorab per Telefax an das Oberlandesgericht Nürnberg zu übermitteln. Dies habe ich sodann auftragsgemäß getan. Anhand des Sendeprotokolls habe ich das Ende (15.36 Uhr) und Datum (10.09.2015) des Übertragungsvorgangs überprüft, ebenso die vollständige Anzahl der Seiten (8) und die richtige Telefaxnummer des Oberlandesgerichts Nürnberg (321-2880) und diese Angaben mit entsprechenden Haken auf dem Sendebericht versehen. Dabei habe ich jedoch leider, aufgrund der an diesem Tag für mich anhaltend bestehenden Stresssituation, wegen der personellen Unterbesetzung aufgrund des Urlaubs einer Kollegin und der Tatsache, dass ich neben meiner eigentlichen Arbeit auch noch die Telefonzentrale sowie die Beaufsichtigung der gerade neu eingestellten Auszubildenden an diesem Tag übernehmen musste, völlig übersehen, dass der Sendebericht keinen „ok-Vermerk“ enthalten hat, sondern den Vermerk „BES.“, was für „besetzt“ steht. Irrtümlich bin ich davon ausgegangen, dass der Übertragungsvorgang per Telefax ordnungsgemäß und vollständig an das OLG Nürnberg erfolgt ist. Da ich diesen Irrtum leider nicht bemerkt habe, habe ich Herrn Rechtsanwalt mündlich mitgeteilt, dass der Schriftsatz vom 10.09.2015 fristwahrend an das OLG Nürnberg übermittelt worden ist. Daraufhin gab mir Herr Rechtsanwalt die Anweisung, die Ablauffrist im Fristenkalender zu streichen. Seit ich in der Kanzlei beschäftigt bin, habe ich täglich eine Vielzahl von Telefaxschreiben übermittelt, ohne dass mir ein derartiger Fehler jemals unterlaufen ist. Ich bedauere diesen Fehler zutiefst."

Der vom Beklagten in Kopie vorgelegte Sendebericht weist u. a. folgende Inhalte auf: „START=10-SEP 15:28", „ENDE=10-SEP 15.36„, SEITEN 000/008“, „DAUER 00:00:00“, „RUFNUMMER 3212880“, „KOMM. BES“. Handschriftliche Haken finden sich bei der Rufnummer, der Seitenzahl und dem Endzeitpunkt.

Auf die mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2015 (Bl. 90 ff. d. A.) erfolgte Stellungnahme des Klägers zu dem Wiedereinsetzungsgesuch wird verwiesen.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Beklagten zur Sache wird auf dessen Schriftsatz vom 10.09.2015 (Bl. 68 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist gemäß § 522 I 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

1. Die Berufung ist nicht rechtzeitig innerhalb der bis einschließlich 10.09.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist des § 520 II ZPO begründet worden, sondern erst am 11.09.2015. Der im Original eingegangene Schriftsatz vom 10.09.2015 trägt zwar im Kopf den Vermerk „vorab per Fax: 321-2880“, als Telefax ist dieser Schriftsatz jedoch bei Gericht nicht eingegangen.

2. Der Antrag vom 29.09.2015 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen, da der Beklagte keine Tatsachen vorgetragen hat, wonach er ohne Verschulden an der Wahrung der Frist gehindert war.

Anhand des Vorbringens des Beklagten kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumung auf einem - ihm zuzurechnenden (§ 85 II ZPO) - anwaltlichen Organisationsmangel (§ 233 ZPO) in der Ausgangskontrolle in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten beruht.

Die ordnungsgemäße Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze, die sich entweder - für alle Fälle - aus einer allgemeinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten mündlichen oder schriftlichen Einzelanweisung ergeben muss (BGH, Beschluss vom 16.12.2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 13), hat folgenden Anforderungen, die die höchstrichterliche Rechtsprechung herausgearbeitet hat und die jedem Rechtsanwalt geläufig sein müssen (BGH, aaO Rn. 12), zu genügen:

Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt. Der Rechtsanwalt hat also die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet. Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich. Sie muss gewährleisten, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen. Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender dient nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben. Dies stellt zwar eine wichtige Funktion der Ausgangskontrolle am Ende des Arbeitstages dar. Darin erschöpft sich der Sinn und Zweck dieser zusätzlichen Ausgangskontrolle jedoch nicht. Vielmehr soll die erneute und abschließende Überprüfung auch dazu dienen, festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht (BGH, Beschluss vom 04.11.2014 - VIII ZB 38/14, juris Rn. 8 ff. mwN).

Dem Wiedereinsetzungsvorbringen des Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass in seinem bzw. im Büro seines Prozessbevollmächtigten eine solche Ausgangskontrolle, die einen gestuften Schutz gegen eine Fristversäumung bietet, eingerichtet ist. Denn es wird weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders geprüft wird. Eine Handhabung, sämtliche für den jeweiligen Tag eingetragenen Fristsachen (auch diejenigen, in denen die Fristen als erledigt bezeichnet worden sind) am Ende des Arbeitstages anhand der Ausgangspost (und gegebenenfalls der Akten) darauf zu prüfen, ob die zu erstellenden Schriftsätze - gemäß dem in den Akten befindlichen Erledigungsvermerk - bereits abgesandt und tatsächlich fristwahrend übermittelt worden sind (BGH, Beschluss vom 04.11.2014 - VIII ZB 38/14, juris Rn. 13; BGH Beschluss vom 17.01.2012 -VI ZB 11/11, juris Rn. 8), wird in der Kanzlei weder aufgrund einer generellen Anweisung noch nach Maßgabe einer konkreten Weisung im Einzelfall praktiziert. Die vom Beklagten geschilderte Handhabung, die die Löschung der Frist nach Vorgabe des verantwortlichen Rechtsanwalts allein auf der Grundlage einer mündlichen Versicherung der die fristwahrende Handlung ausführenden Kanzleikraft vorsieht, stellt keinen ausreichenden Ersatz für eine nochmalige, selbständige (BGH, Beschluss vom 26.04.2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12 mwN), der Ausführung der fristwahrenden Handlung nachgelagerte und abschließende (BGH, Beschluss vom 13.09.2007 - III ZB 26/07, juris Rn. 16) allabendliche Kontrolle der Erledigung fristgebundener Sachen durch eine dazu beauftragte Bürokraft dar. Da im Rahmen einer solchen Kontrolle am Ende des Arbeitstags und noch vor Ablauf der Frist bei Durchsicht des Sendeprotokolls aufgefallen wäre, dass der Berufungsbe-gründungsschriftsatz tatsächlich nicht an das Oberlandesgericht Nürnberg übermittelt worden ist, ist das Organisationsdefizit ursächlich für die Fristversäumung geworden. Soweit der Beklagte mit seinem Wiedereinsetzungsgesuch auf Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 09.12.2009 - XII ZB 154/09, juris; BGH, Beschluss vom 15.04.2008 - VI ZB 29/07, juris; BGH, Beschluss vom 23.11.2000 - IX ZB 83/00, juris) hinweist, die den Grundsatz zum Ausdruck bringt, dass ein Rechtsanwalt grundsätzlich darauf vertrauen könne, dass sein Büropersonal, das sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt, folgt hieraus kein anderes Ergebnis. Zum einen betreffen die angeführten Entscheidungen nicht die Sicherstellung einer effektiven Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze. Zum anderen kann vorliegend die bestehende Erwartung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten, die bisher stets zuverlässige Kanzleiangestellte W. werde die ihr erteilten Weisungen befolgen, das aufgezeigte organisatorische Defizit nicht in Wegfall bringen. Dass eine organisatorisch selbständige allabendliche Kontrolle der Fristangelegenheiten durch eine geschulte Bürokraft daraufhin, ob fristwahrende Schriftsätze tatsächlich übermittelt worden sind, zur Entdeckung des Kürzels „BES.“ im vorliegenden Sendeprotokoll und zur noch fristwahrenden (erstmaligen) Übermittlung des Berufungsbegründungsschriftsatzes an das Gericht geführt hätte, illustriert der vom Beklagten geschilderte Ablauf geradezu. Die Prüfung des Sendeprotokolls ausschließlich durch die versendende Kanzleikraft und die Streichung der Berufungsbegründungsfrist allein auf deren mündliche Mitteilung hin, war nicht geeignet, den individuellen Bearbeitungsfehler aufzufinden und zu beheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Nürnberg Beschluss, 08. Dez. 2015 - 14 U 1090/15

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13
b) Die ordnungsgemäße Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze muss sich entweder - für alle Fälle - aus einer allgemeinen Kanzleianweisung oder - in einem Einzelfall - aus einer konkreten mündlichen oder schriftlichen Einzelanweisung ergeben.
8
a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen , dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2010 - XI ZB 23/08, XI ZB 2XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11 mwN). Dies setzt zum einen voraus, dass die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 - VI ZB 78/11, aaO Rn. 10 mwN; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, juris Rn. 9 mwN). Ferner gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird (BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 - V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879 Rn. 15; vom 17. Januar 2012 - VI ZB 11/11, NJW-RR 2012, 427 Rn. 9; vom 26. April 2012 - V ZB 45/11, juris Rn. 12; vom 16. Dezember 2013 - II ZB 23/12, aaO; vom 11. März 2014 - VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; jeweils mwN). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuel- le Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt.
8
a) Soweit die Rechtsbeschwerde geltend macht, der Wiedereinsetzungsantrag sei auf die Einzelanweisung an die Ehefrau des Prozessbevollmächtigten des Klägers gestützt, trifft zwar zu, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§ 85 Abs. 2, § 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07, juris Rn. 7; vom 13. April 2010 - VI ZB 65/08, NJW 2010, 2287 Rn. 5; vom 20. September 2011 - VI ZB 23/11, VersR 2011, 1544 Rn. 8 mwN). Im Streitfall hat das Berufungsgericht aber den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers zurückgewiesen, weil die Fristversäumung auf ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten des Klägers zurückzuführen sei, welches sich hier ausgewirkt habe. Aus dem Vortrag des Klägervertreters ergebe sich nämlich nicht, dass eine Kanzleianweisung bestehe, aufgrund welcher nach Bearbeitung einer Sache eine weitere Kontrolle, z.B. am Abend des jeweiligen Arbeitstages durch Überprüfung des Fristenkalenders, dahin erfolgen müsse, ob das jeweilige Schriftstück tatsächlich fristwahrend übermittelt worden sei. Dies sei hier besonders wichtig gewesen, weil die erteilte Anweisung an seine Ehefrau erst nach drei Wochen ausgeführt werden sollte und deshalb der Gefahr Vorschub geleistet worden sei, dass die Befolgung der Anweisung vergessen werde (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 103/06, MDR 2007, 98, 99).
12
Zu einer wirksamen Ausgangskontrolle gehört die Anordnung, dass die Erledigung fristgebundener Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird; erforderlich ist dabei eine nochmalige, selbständige Prüfung (BGH, Be- schluss vom 13. September 2007 - III ZB 26/07, FamRZ 2007, 1879, 1880 Rn. 15; Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 109/04, NJW 2007, 3497, 3498 Rn. 13). Schon wegen dieser Prüfungspflicht durfte sich die Prozessbevollmächtigte der Kläger - die die abendliche Prüfung selbst übernommen hatte - nicht allein auf den Erledigungsvermerk verlassen.
16
(b) Dass eine solche selbständige und abschließende Prüfung der Fristen im Büro ihrer Prozessbevollmächtigten durchgeführt wird, hat die Beklagte nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht. Die für den Fristenkalender zuständige Mitarbeiterin K. nimmt am Abend eines jeden Tages keine eigenständige Kontrolle der Fristsachen vor, sondern verlässt sich auf die Bearbeitungsvermerke der für die einzelnen Rechtsanwälte zuständigen Sekretärinnen. Wie diese die Einhaltung der Fristen zu überprüfen haben, hat die Beklagte nicht dargetan. Die allgemeine Anweisung, dass die Fristakten dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt schon zu den Vorfristen vorgelegt werden sollen und die Sekretärin am Tag des Fristablaufs nochmals darauf hinweisen soll, genügt nicht für eine wirksame Fristenkontrolle. Vielmehr muss, wie bereits dargelegt, sichergestellt sein, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und abgesandt oder zumindest dafür Sorge getroffen worden ist, dass das Schriftstück tatsächlich hinausgeht. Eine darauf bezogene organisatorische Anweisung lässt sich weder der Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs noch der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten B. entnehmen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 154/09
vom
9. Dezember 2009
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Büroangestellte
, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete schriftliche
Einzelanweisung befolgt. Deshalb ist er im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich
anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern. Auf allgemeine
organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung
in einer Anwaltskanzlei kommt es in solchen Fällen nicht mehr an.
BGH, Beschluss vom 9. Dezember 2009 - XII ZB 154/09 - KG Berlin
AG Berlin-Pankow/Weißensee
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Dezember 2009 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke sowie die Richter
Prof. Dr. Wagenitz, Dr. Klinkhammer und Schilling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 13. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 26. Mai 2009 aufgehoben. Dem Antragsteller wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist gewährt. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Kammergericht zurückverwiesen. Der Beschwerdewert wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.

1
Der Antragsteller wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung seiner befristeten Beschwerde wegen Versäumung der Begründungsfrist.
2
Der Antragsteller begehrt Umgang mit seiner im Jahre 2004 geborenen Tochter. Mit Beschluss vom 22. Dezember 2008 hat das Familiengericht den Umgang für die Dauer eines Jahres im Wesentlichen ausgeschlossen. Gegen diesen Beschluss, der ihm am 5. Januar 2009 zugestellt worden ist, hat der Antragsteller befristete Beschwerde eingelegt, die am 12. Januar 2009 beim Beschwerdegericht eingegangen ist. Am 12. März 2009 (nicht: 10. März 2009) hat der Antragsteller schließlich beantragt, ihm wegen der versäumten Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Zugleich hat er die Beschwerde begründet.
3
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages hat der Antragsteller u.a. vorgetragen, die Büroangestellte seiner Verfahrensbevollmächtigten habe zunächst versehentlich eine Beschwerdefrist von lediglich 14 Tagen (Ablauf 19. Januar 2009) sowie eine Beschwerdebegründungsfrist von weiteren 14 Tagen (Ablauf 5. Februar 2009) eingetragen. Seine Verfahrensbevollmächtigte habe sie darauf hingewiesen, dass für die Beschwerde und Beschwerdebegründung hinsichtlich der Versagung der Prozesskostenhilfe eine Monatsfrist (Ablauf 5. Februar 2009), für die übrige Beschwerdebegründung eine weitere Monatsfrist (Ablauf 5. März 2009) notiert werden müsse. Dies sei von seiner Verfahrensbevollmächtigten auch auf dem entsprechenden Verfügungszettel, der jedem Posteingang beigefügt sei, schriftlich für ihre Mitarbeiterin notiert worden. Zwar sei die vollständige Eintragung der Frist in der Akte erfolgt, was nach der Kanzleianweisung erst nach Eintragung im Fristenkalender geschehen solle, jedoch sei die Eintragung in den Fristenkalender hinsichtlich der weiteren Beschwerdebegründungsfrist und der, gemäß der allgemeinen Kanzleianweisung einzutragenden, üblichen Vorfrist von einer Woche unterblieben.
4
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Beschwerdegericht dem Antragsteller Wiedereinsetzung versagt und seine Beschwerde als unzulässig http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE028002301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE067803301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR000010949BJNE001800314&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 4 - verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Rechtsbeschwerde.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
6
1. Die gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Indem das Beschwerdegericht die befristete Beschwerde des Antragstellers verworfen und ihm zu Unrecht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist verweigert hat, hat es das Verfahrensgrundrecht des Antragstellers auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip ) verletzt. Es hat dem Antragsteller den Zugang zur Beschwerdeinstanz ungerechtfertigt versagt.
7
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet.
8
Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, eine fristgerechte Begründung sei weder in der Begründung der sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrages noch in der Begründung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu sehen. Der Antragsteller sei schließlich nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen, die Frist zur Begründung der Beschwerde einzuhalten. Seine Verfahrensbevollmächtigte habe die Fristenkontrolle in ihrem Büro nicht so organisiert, dass ein Versäumen der Frist aufgrund einer fehlenden Fristnotierung im Fristenkalender verhindert werde. Zu- gunsten des Antragstellers sei zwar zu unterstellen, dass es sich bei der Mitarbeiterin seiner Verfahrensbevollmächtigten um eine zuverlässig erprobte und sorgfältig überwachte und gut ausgebildete Angestellte handele. Der Rechtsanwalt habe jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen , dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Dabei werde verlangt, dass die Eintragung der Frist im Fristenkalender auch feststellbar notiert werden müsse, was zweckmäßigerweise durch einen Vermerk in der Handakte mit Handzeichen und Datumsangabe zu erfolgen habe. Nach dem Vortrag des Antragstellers werde üblicherweise erst die Frist im Fristenkalender notiert und dann die Frist in der Handakte. Bereits dieser Vortrag lasse keine zuverlässige Fristenkontrolle feststellen. Denn es fehle an der klaren Anweisung , stets zunächst die Frist im Fristenkalender zu notieren und erst nach dieser Notierung einen Fristenvermerk in der Handakte aufzunehmen. Mithin könne der Fristnotierung im Handaktenblatt nicht entnommen werden, dass die Notierung der Frist im Fristenkalender von der Angestellten überprüft worden sei.
9
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht Stand.
10
a) Allerdings ist dem Beschwerdegericht dahin zu folgen, dass weder die Begründung der Beschwerde gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe seitens des Familiengerichts noch die Begründung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung den Anforderungen genügen, die an die Begründung einer befristeten Beschwerde gestellt werden (vgl. § 621 e Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. Art. 111 FGG-RG). Zwar sind danach an den Inhalt der Beschwerdebegründung nicht die gleichen Anforderungen zu stellen wie an eine Berufungsbegründung. Der Beschwerdeführer muss aber vortragen , was er an der angefochtenen Entscheidung missbilligt (Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl., § 621 e Rdn. 49). Vorliegend beziehen sich die jeweiligen Be- http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE061502301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027604160&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/nk5/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE027802301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - gründungen des Antragstellers jedoch ausschließlich auf die Prozesskostenhilfebeschwerde und den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
11
b) Gleichwohl hätte das Beschwerdegericht die befristete Beschwerde nicht gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 2, § 621 a Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG verwerfen dürfen, weil dem Antragsteller hinsichtlich der Beschwerdebegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.
12
Der Wiedereinsetzungsantrag ist rechtzeitig beim Beschwerdegericht eingegangen. Das Hindernis zur Einhaltung der Frist entfiel den unbestrittenen Angaben des Antragstellers zufolge am 6. März 2009. Von diesem Tag an lief die Frist von einem Monat, um Wiedereinsetzung zu beantragen und die Beschwerdebegründung nachzuholen, §§ 234 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Diese Frist hat der Antragsteller gewahrt; Wiedereinsetzungsantrag und nachgeholte Beschwerdebegründung gingen am 12. März 2009 und damit rechtzeitig beim Beschwerdegericht ein.
13
c) Der Antragsteller hat die Beschwerdebegründungsfrist weder aus eigenem noch aus einem ihm gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Verschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten versäumt.
14
Es ist bereits zweifelhaft, ob trotz der vom Antragsteller geschilderten Büroorganisation in der Kanzlei seiner Verfahrensbevollmächtigten ein gesonderter Vermerk über die Erledigung der Eintragung im Fristenkalender erforderlich ist. Die Frage kann indes unbeantwortet bleiben. Denn nach dem glaubhaft gemachten Vorbringen des Antragstellers, mit dem sich das Beschwerdegericht allerdings nicht befasst hat, lagen hinsichtlich der Eintragung der Fristen sowohl eine mündliche als auch schriftliche Einzelanweisung vor, die eine spätere Kontrolle entbehrlich machten.
15
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Eintragung der Frist im Fristenkalender grundsätzlich durch einen Erledigungsvermerk kenntlich zu machen (vgl. dazu insbesondere Beschlüsse vom 5. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - NJW 2003, 1815, 1816; vom 22. Januar 2008 - VI ZB 46/07 - NJW 2008, 1670, 1671 und vom 14. Juni 2006 - IV ZB 18/05 - NJW 2006, 2778, 2779). Allerdings ist ein bestimmtes Verfahren hinsichtlich der Fristwahrung weder vorgeschrieben noch allgemein üblich. Vielmehr steht es dem Rechtsanwalt grundsätzlich frei, auf welche Weise er sicherstellt, dass die Eintragung im Fristenkalender und die Wiedervorlage der Handakten rechtzeitig erfolgen (BGH Beschluss vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 10). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe spricht vieles dafür, dass ein Rechtsanwalt seiner Organisationspflicht auch dann hinreichend Rechnung trägt, wenn er - wie hier - zwar nicht die Erstellung eines Erledigungsvermerkes verfügt, gleichwohl aber anordnet, die Frist erst in der Handakte zu notieren, nachdem sie im Fristenkalender eingetragen worden ist. Die Frage kann hier indes unbeantwortet bleiben.
16
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf der Rechtsanwalt jedenfalls grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete schriftliche Einzelanweisung befolgt, weshalb er im Allgemeinen nicht verpflichtet ist, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (BGH Beschlüsse vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 7 f.; vom 23. November 2000 - IX ZB 83/00 - NJW 2001, 1578, 1579). In diesem Fall kommt es auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei nicht mehr an (BGH Beschluss vom 15. April 2008 - VI ZB 29/07 - juris Tz. 7).
17
So liegt der Fall hier. Denn dem Vortrag des Antragstellers zufolge hat seine Verfahrensbevollmächtigte die Büroangestellte mündlich zum Eintrag der von ihr (der Verfahrensbevollmächtigten) mitgeteilten Fristen angewiesen und dies nochmals auf dem beiliegenden Verfügungszettel schriftlich vermerkt. Zwar ist es richtig, dass die Büroangestellte hinsichtlich der Ermittlung der Fristen ersichtlich unsicher war. Dem hat sie allerdings dadurch Rechnung getragen, dass sie die von ihr unzutreffend, nämlich zu kurz, ermittelte Frist vorläufig zur Sicherheit vermerkt hatte. Zudem handelt es sich nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts bei der Mitarbeiterin der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers um eine zuverlässig erprobte, sorgfältig überwachte und gut ausgebildete Angestellte. Demgemäß musste die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers auch nicht befürchten, dass ihre Mitarbeiterin die entsprechende Anweisung zur Eintragung der Fristen nicht ordnungsgemäß befolgen würde, zumal diese - wie dargetan - schriftlich auf dem Verfügungszettel vermerkt waren.
18
3. Dem Antragsteller war somit unter Aufhebung des Beschlusses des Beschwerdegerichts vom 26. Mai 2009 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Beschwerde zu gewähren.
Damit ist der auf die Verwerfung der befristeten Beschwerde beruhende Zurückweisung des Prozesskostenhilfeantrags des Antragstellers ebenfalls die Grundlage entzogen.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Klinkhammer Schilling

Vorinstanzen:
AG Berlin-Pankow/Weißensee, Entscheidung vom 22.12.2008 - 17 F 6231/08 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.05.2009 - 13 UF 9/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 29/07
vom
15. April 2008
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. April 2008 durch die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Rostock vom 26. Februar 2007 aufgehoben. Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt. Beschwerdewert: 1.940,00 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls auf Schadensersatz in Anspruch. Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 1.940 € nebst Zinsen gerichtete Klage mit Urteil vom 17. November 2006 abgewiesen. Gegen das den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23. November 2006 zugestellte Urteil hat dieser am 15. Dezember 2006 Berufung eingelegt. Nach gerichtlichem Hinweis vom 25. Januar 2007, dass die Berufung nicht rechtzeitig begründet worden sei, hat der Kläger mit einem am 1. Februar 2007 beim Landgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vori- gen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und die Berufung begründet. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags hat er vorgetragen, Rechtsanwalt H. habe seine Büroangestellte G. nach Eingang des Urteils angewiesen, die Frist zur Einlegung der Berufung mit der dazugehörenden Vorfrist zu notieren. Nach Vorlage der Akte zur notierten Vorfrist sei am selben Tag Berufung eingelegt worden. Sodann habe Rechtsanwalt H. seine Büroangestellte G. per Aktennotiz angewiesen, die Frist zur Begründung der Berufung mit der dazugehörenden Vorfrist im Fristenkalender zu notieren. Durch Unachtsamkeit und aus ihr unerklärlichen Gründen habe Frau G. weder die Vorfrist noch die eigentliche Ablauffrist notiert. Der Fehler sei erst aufgrund des gerichtlichen Hinweises bemerkt worden.
2
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht die begehrte Wiedereinsetzung versagt und die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde, die er wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig hält (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).

II.

3
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 238 Abs. 2 Satz 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, denn eine Entscheidung des Senats ist jedenfalls zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO).
4
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Zwar hat der Kläger die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Auf seinen rechtzeitigen Antrag ist ihm jedoch gemäß §§ 233, 234 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
5
a) Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip ). Dieser verbietet es, einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten zu versagen, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und mit denen sie auch unter Berücksichtigung der Entscheidungspraxis des angerufenen Gerichts nicht rechnen musste (vgl. BVerfGE 79, 372, 376 f.; BVerfG, NJW-RR 2002, 1004).
6
b) Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, der Kläger sei nicht ohne Verschulden gehindert gewesen, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten. Die Fristversäumung beruhe auf einem Sorgfaltsverstoß seines Prozessbevollmächtigten , dessen Verschulden der Kläger sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen müsse. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne ein Rechtsanwalt zwar die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen, doch habe er durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert würden. Insbesondere müsse sichergestellt sein, dass die zur wirksamen Fristenkontrolle erforderlichen Handlungen zum frühestmöglichen Zeitpunkt vorgenommen würden. Hierzu zähle insbesondere das unverzügliche Notieren der Berufungs- als auch der Berufungsbegründungsfrist im Fristenkalender noch vor der Vorlage der Akte an den Rechtsanwalt. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass die Büroangestellte G. selbstständig mit dem Notieren der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist bei Eingang des Urteils beauftragt gewesen sei. Vielmehr habe Rechtsanwalt H. ihr nach Vorlage der Akte die Einzelanweisung erteilt, die Berufungsfrist zu notieren, und Frau G. nach erneuter Vorlage der Akte angewiesen, die Berufungsbegründungsfrist mit einer Vorfrist zu notieren. Um Fehlerquellen zu vermeiden , seien jedoch beide Fristen so früh wie möglich zu vermerken, damit der Rechtsanwalt nach Vorlage der Akte seiner Nachberechnungs- und Kontrollpflicht nachkommen könne. Erteile er zur Eintragung Einzelanweisungen, sei er grundsätzlich verpflichtet, die Eintragung der Fristen zu kontrollieren. Dieser Pflicht sowie der Pflicht, spätestens bei der ersten Vorlage der Akte auch das Notieren der Berufungsbegründungsfrist mit einer Vorfrist zu veranlassen, sei Rechtsanwalt H. nicht nachgekommen.
7
c) Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde mit Erfolg. Das Berufungsgericht übersieht, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Ausschluss des einer Partei zuzurechnenden Verschuldens ihres Anwalts (§§ 85 Abs. 2, 233 ZPO) an der Fristversäumung auf allgemeine organisatorische Vorkehrungen bzw. Anweisungen für die Fristwahrung in einer Anwaltskanzlei dann nicht mehr ankommt, wenn der Rechtsanwalt einer Kanzleiangestellten, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung erteilt, die bei Befolgung die Fristwahrung gewährleistet hätte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. September 1995 - XI ZB 13/95 - VersR 1996, 348; vom 18. März 1998 - XII ZB 180/96 - NJW-RR 1998, 1360 f.; vom 6. Juli 2000 - VII ZB 4/00 - NJW 2000, 2823; vom 2. Juli 2001 - II ZB 28/00 - NJW-RR 2002, 60 und vom 1. Juli 2002 - II ZB 11/01 - NJW-RR 2002, 1289 f.). Ein Rechtsanwalt darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass eine Büroangestellte , die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete Einzelanweisung befolgt (BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - NJW 1997, 1930). Er ist deshalb im Allgemeinen nicht verpflichtet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern (st. Rspr., vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - VersR 1988, 185 f.; Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2003 - VI ZB 38/02 - VersR 2003, 1462 und vom 9. Dezember 2003 - VI ZB 26/03 - VersR 2005, 138; BGH, Beschluss vom 13. April 1997 - XII ZB 56/97 - aaO).
8
So liegt der Fall hier, denn nach dem durch eidesstattliche Versicherung der Büroangestellten G. glaubhaft gemachten Vortrag des Klägers hat sein Prozessbevollmächtigter Frau G. konkret mittels einer Aktennotiz aufgetragen, die Frist zur Begründung der Berufung mit der dazugehörenden Vorfrist im Fristenkalender zu notieren. Hätte Frau G. diese Einzelanweisung befolgt, wäre ihm die Akte rechtzeitig vorgelegt und die Berufungsbegründungsfrist gewahrt worden. Bei dieser Sachlage ist nicht ersichtlich, dass sich Mängel bei der allgemeinen Organisation des Anwaltsbüros in einer die Wiedereinsetzung ausschließenden Weise ausgewirkt haben könnten (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - NJW 2003, 435 f. und BGH, Beschluss vom 9. Januar 2001 - VIII ZB 26/00 - NJW-RR 2001, 782 f.). Zwar gilt der Grundsatz, dass ein Rechtsanwalt nicht verpflichtet ist, die Ausführung einer Einzelanweisung zu kontrollieren, nicht ausnahmslos. Betrifft die Anweisung z. B. einen so wichtigen Vorgang wie die Eintragung einer Rechtsmittelfrist und wird sie nur mündlich erteilt, müssen in der Kanzlei ausreichende organisatorische Vorkehrungen dagegen getroffen sein, dass die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Fristeintragung unterbleibt (Senatsbeschlüsse vom 5. November 2002 - VI ZR 399/01 - aaO; vom 4. November 2003 - VI ZB 50/03 - NJW 2004, 688 f.; vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - VersR 2005, 383 und vom 12. Juni 2007 - VI ZB 76/06 - Tz. 8, juris; v. Pentz, NJW 2003, 858, 863 f.). Vorliegend hat Rechtsanwalt H. die Anweisung jedoch nicht mündlich, sondern in schriftlicher Form, nämlich mittels einer Aktennotiz erteilt. Da in einem solchen Fall die Gefahr, dass die Anweisung in Vergessenheit gerät und die Eintragung der Frist deshalb unterbleibt, wesentlich niedriger ist als bei einer nur mündlich erteilten Anweisung, ist eine Kontrolle hinsichtlich der Ausführung einer auf diese Weise erteilten Einzelanweisung im Regelfall nicht erforderlich.
9
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Rechtsanwalt, der seiner Büroangestellten das Notieren der Fristen nicht zur selbstständigen Erledigung überträgt, sondern jeweils Einzelanweisungen zum Notieren der Fristen erteilt, auch nicht verpflichtet, spätestens bei der Vorlage einer Akte mit Rechtsmittelfristen auch das Notieren der Rechtsmittelbegründungsfrist mit einer Vorfrist zu veranlassen.
10
aa) Nach gefestigter Rechtsprechung verlangt die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen zuverlässige Vorkehrungen, um den rechtzeitigen Ausgang fristwahrender Schriftsätze sicherzustellen. Zu den Aufgaben des Rechtsanwalts gehört es deshalb, durch entsprechende Organisation seines Büros dafür zu sorgen, dass die Fristen ordnungsgemäß eingetragen und beachtet werden. Der Anwalt hat sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Fristen auszuschließen (BGH, Beschluss vom 10. Oktober 1991 - VII ZB 4/91 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 22 m.w.N.). Ein bestimmtes Verfahren ist insoweit aber weder vorgeschrieben noch allgemein üblich (BGH, Urteil vom 21. Dezember 1988 - VIII ZR 84/88 - BGHR ZPO § 233 Fristenkontrolle 11; vom 5. Mai 1993 - XII ZR 44/92 - NJW-RR 1993, 1213, 1214). Auf welche Weise er sicherstellt, dass die Eintragung im Fristenkalender und die Wiedervorlage der Handakten rechtzeitig erfolgen , steht ihm grundsätzlich frei (vgl. BGH, Beschluss vom 25. März 1992 - XII ZR 268/91 - FamRZ 1992, 1058). Ein Prozessbevollmächtigter kann Fristwahrungen auch durch genaue Einzelanweisungen an zuverlässige Angestellte gewährleisten (BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1998 - X ZB 20/98 - VersR 1999, 1386; BAG, Urteil vom 9. Januar 1990 - 3 AZR 528/89 - NJW 1990, 2707).
11
bb) Hat ein Rechtsanwalt das Fristenwesen in seiner Kanzlei dergestalt organisiert, dass er seiner Büroangestellten jeweils Einzelanweisungen zur Ein- tragung von Fristen erteilt, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, dafür zu sorgen , dass mit der Eintragung der Frist zur Rechtsmitteleinlegung gleichzeitig auch schon die Frist zur Rechtsmittelbegründung nebst Vorfrist im Fristenkalender eingetragen wird. Zwar würde eine solche Fristbehandlung die Zahl der erforderlichen Einzelanweisungen verringern, doch wäre damit allein keine größere Gewähr für eine Fristwahrung gegeben. Wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht, kommt es für die Einhaltung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht entscheidend darauf an, dass Anweisungen an das Büropersonal klar und präzise erfolgen (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1987 - VI ZR 43/87 - aaO; Senatsbeschlüsse vom 22. Juni 2004 - VI ZB 10/04 - aaO und vom 19. Februar 1991 - VI ZB 2/91 - VersR 1991, 1269; BGH, Beschluss vom 31. Mai 2000 - V ZB 57/99 - NJW-RR 2001, 209). Die letztlich nicht zu beseitigende Gefahr, dass auch einem ansonsten zuverlässigen Mitarbeiter im Umgang mit Fristen ein Fehler unterläuft (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1998 - X ZB 20/98 - VersR 1999, 1386), wird bei mehreren einzutragenden Fristen nicht allein dadurch beseitigt, dass die Anzahl der dazu erteilten Anweisungen verringert wird. Das Notieren der Berufungsbegründungsfrist nebst Vorfrist kann auch dann aufgrund eines Versehens unterbleiben, wenn diese Fristen gleichzeitig mit der Frist zur Rechtsmitteleinlegung eingetragen werden sollen. Greiner Wellner Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Rostock, Entscheidung vom 17.11.2006 - 11 C 36/06 -
LG Rostock, Entscheidung vom 26.02.2007 - 1 S 289/06 -