Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2016 - V ZR 142/15

bei uns veröffentlicht am14.04.2016
vorgehend
Landgericht Offenburg, 2 O 464/08, 30.01.2013
Oberlandesgericht Karlsruhe, 14 U 34/13, 03.06.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 142/15
vom
14. April 2016
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:140416BVZR142.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. April 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 3. Juni 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 21.175,87 €.

Gründe:


I.


1
Mit notariellem Vertrag vom 7. Juni 2005 kauften die Kläger von der Beklagten zu 1 ein Grundstück, auf dem sich ein Wohnhaus befindet. In dem Vertrag ist ein Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart. Die Kläger verlangen von der Beklagten zu 1 und deren Ehemann, dem Beklagten zu 2, den Er- satz der Kosten für die Sanierung der mangelhaften Elektroinstallation in dem Haus.
2
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 13.642,31 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage - unter Zurückweisung der Berufung der Kläger - in vollem Umfang abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.

II.


3
Das Berufungsgericht meint, den Klägern sei der Nachweis einer arglistigen Täuschung durch die Beklagte zu 1 nicht gelungen. Das Wissen des Beklagten zu 2 über die Mangelhaftigkeit der von ihm ausgeführten Elektroinstallation müsse sie sich nicht zurechnen lassen. Auch lägen die Voraussetzungen einer Eigenhaftung des Beklagten zu 2 nicht vor. Soweit das Landgericht davon ausgehe, dass er Wissensvertreter und Repräsentant der Beklagten zu 1 bei den Vertragsverhandlungen gewesen sei, sei die Beweiswürdigung lückenhaft. Dass der Beklagte zu 2 bis zu dem Notartermin sämtliche Kontakte mit den Klägern wahrgenommen habe, sei - entgegen den Ausführungen des Landgerichts - nicht unstreitig. Unter Berücksichtigung des gesamten Prozessstoffs, insbesondere der von dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme, sei dies auch nicht erwiesen. Auf die Vernehmung des Beklagten zu 2 hätten die Kläger in erster Instanz verzichtet. Dessen erneuter Benennung im Berufungsverfahren stehe § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO entgegen. Dass der Verzicht im Hinblick auf den Gesundheitszustand des Beklagten zu 2 erfolgt sei, lasse eine Nachlässigkeit der Kläger nicht entfallen. Der Beklagte zu 2 hätte bereits in der ersten Instanz an seinem Wohnort für zwei bis drei Stunden am Tag vernommen werden können. In den eineinhalb Jahren zwischen der Erklärung des Verzichts und dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens sei es den Klägern möglich gewesen, seine Parteivernehmung erneut zu beantragen.

III.


4
Das angefochtene Berufungsurteil ist auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
5
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Gerichte, erheblichen Beweisanträgen nachzugehen (BVerfGE 69, 141, 143; BVerfG, NJW 1993, 254; WM 2012, 492, 493). Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots, die im Prozessrecht keine Stütze hat, verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. nur Senat, Beschluss vom 23. April 2015 - V ZR 200/14, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217, 1281 jeweils mwN).
6
2. Ein solcher Verstoß ist dem Berufungsgericht dadurch unterlaufen, dass es den Beweisantrag der Kläger, den Beklagten zu 2 nach § 445 Abs. 1 ZPO zu der behaupteten Rolle bei den Vertragsverhandlungen, seinen hierbei erfolgten Äußerungen zu der Elektroinstallation und zu der Kenntnis der Beklagten zu 1 über die Mangelhaftigkeit der Arbeiten zu vernehmen, nicht entsprochen hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Verzicht der Kläger auf die Parteivernehmung des Beklagten zu 2 sei nachlässig im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO gewesen, lässt sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren.
7
a) Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO liegt nur vor, wenn die Partei gegen ihre Prozessförderungspflicht verstoßen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Oktober 2013 - VII ZR 339/12, NJW-RR 2014, 85 Rn. 9). Jede Partei ist grundsätzlich gehalten, schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist. Sorgfaltsmaßstab ist dabei die einfache Fahrlässigkeit (BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 253).
8
b) Hiernach konnte weder der Verzicht der Kläger auf die Parteivernehmung des Beklagten zu 2 noch die unterlassene erneute Beantragung der Parteivernehmung in der ersten Instanz als nachlässig angesehen werden. Das Berufungsgericht lässt außer Acht, dass die Kläger den Verzicht zu einem Zeitpunkt erklärt haben, zu dem sich aus der Sicht des Landgerichts eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach abzeichnete. Denn das Landgericht, das vor dem Verzicht den Sach- und Streitstand mit den Parteien erörtert hatte, hat im Anschluss an den Termin, in dem der Verzicht erklärt wurde, beschlossen, ein Sachverständigengutachten zur Höhe des Schadens einzuholen. Angesichts dieses Verlaufs kann den Klägern keine nachlässige Prozessführung in erster Instanz vorgeworfen werden. Insbesondere bestand für sie kein Anlass, den Antrag auf Parteivernehmung in der ersten Instanz erneut zu stellen.
9
3. Der Antrag auf Vernehmung des Beklagten zu 2 ist entscheidungserheblich.
10
a) Die Kläger haben in das Wissen des Beklagten zu 2 gestellt, dass er von der Beklagten zu 1 mit dem Verkauf des Grundstücks in eigener Verantwortung betraut worden ist und ausschließlich die Vertragsverhandlungen mit den Klägern geführt, den Kaufpreis vorgegeben und Aussagen über die Elektroin- stallation gemacht habe. Letztere habe er sogar als „ausgefeilte Installation“ angepriesen, mit welcher die Kläger sehr positive Dinge erleben würden. Zudem ist in sein Wissen gestellt worden, dass die Eigenarbeiten des Beklagten zu 2 der Beklagten zu 1 nicht verborgen geblieben seien und sie die fehlerhaf- ten Elektroinstallationen „in allen Facetten“ gekannt habe.
11
b) Sähe das Berufungsgericht diese Tatsachenbehauptungen als erwiesen an, käme sowohl eine Haftung der Beklagten zu 1 wie auch des Beklagten zu 2 in Betracht.
12
aa) Die Beklagte zu 1 müsste sich das Wissen des Beklagten zu 2 gemäß (bzw. analog) § 166 Abs. 1 BGB zurechnen lassen, wenn sie ihn - unabhängig von einem Vertretungsverhältnis - mit den Vertragsverhandlungen betraut hätte (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 1992 - V ZR 262/90, BGHZ 117, 104, 106 f.; Urteil vom 14. Mai 2004 - V ZR 120/03, NJW-RR 2004, 1196, 1197). Zudem wären ihr wahrheitswidrige Äußerungen des Beklagten zu 2 zu der Elektroinstallation nach § 278 BGB zuzurechnen, wenn er mit Wissen und Wollen der Beklagten zu 1 als deren Repräsentant aufgetreten und im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben tätig geworden ist, die typischerweise ihr oblegen haben (vgl. Senat, Urteile vom 27. November 1998 - V ZR 344/97,BGHZ 140, 111, 116 und vom 2. Juni 1995 - V ZR 52/94, NJW 1995, 2550, 2551; Beschluss vom 18. April 2013 - V ZR 231/12, juris Rn. 18).
13
bb) Auch käme eine Eigenhaftung des Beklagten zu 2 in Betracht. Zwar tragen die Behauptungen der Kläger dessen persönliche Haftung aus einem Verhandlungsverschulden (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - VII ZR 30/01, WM 2003, 34, 35 mwN) nicht. Das Berufungsgericht weist insoweit zu Recht darauf hin, dass weder das insoweit erforderliche wirtschaftliche Eigeninteresse des Beklagten zu 2 noch die Inanspruchnahme eines besonderen persönlichen Vertrauens durch ihn gegeben ist, um eine Haftung nach § 311 Abs. 3, § 280 Abs. 1 BGB zu begründen. Allerdings ist angesichts der behaupteten Äußerungen zu der Elektroinstallation eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB nicht gänzlich ausgeschlossen.
Stresemann Schmidt-Räntsch Czub
Kazele Göbel
Vorinstanzen:
LG Offenburg, Entscheidung vom 30.01.2013 - 2 O 464/08 -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 03.06.2015 - 14 U 34/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Apr. 2016 - V ZR 142/15

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(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di
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Referenzen

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 212/07
vom
11. Mai 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2010 durch den Vorsitzenden
Richter Ball, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Hessel sowie die
Richter Dr. Achilles und Dr. Schneider

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Juni 2007 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 99.479,50 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Parteien - die Klägerin hat ihren Sitz in Deutschland, die Beklagte in Großbritannien - sind auf dem Gebiet der Fertigung und Lieferung von Getränkearmaturen und Schankanlagen tätig. Sie streiten darum, ob im Februar und Juni 2004 zwischen ihnen zwei Verträge zustande gekommen sind, nach denen die Beklagte eine größere Menge an Alu-Ringen und an Edelstahl-SchankhahnGehäusen an die Klägerin zu liefern hatte. Diese jeweils nach Zeichnung und Bemusterung herzustellenden Waren wurden von der Klägerin als Zulieferteile benötigt, um sie in Zapfsäulen und Schankhähne einbauen zu können, die sie an eigene Kunden zu liefern hatte. Nachdem Lieferungen der Beklagten ausgeblieben waren, tätigte die Klägerin Deckungskäufe, deren Mehrkosten sie mit ihrer Klage in erster Linie ersetzt verlangt. Dabei geht der Streit der Parteien neben der von der Beklagten gerügten internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte und dem auf die erhobenen Ansprüche anwendbaren Recht vor allem um die Frage, ob die Beklagte die jeweiligen Bestellungen zumindest durch eine teilweise Ausführung und/oder ein sachliches Eingehen auf mehrfache Ausführungsanfragen und Mahnungen der Klägerin konkludent angenommen hat.
2
Das von der Klägerin angerufene Landgericht Köln hat den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Schadensersatzanspruch, der auf einen Ersatz der durch Deckungsgeschäfte entstandenen Mehrkosten gerichtet ist, auf der Grundlage einer von denen von Parteien "für diesen Rechtsstreit … [vereinbarten ] Anwendung deutschen Rechts" nach Maßgabe der Bestimmungen des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Widerklage der Beklagten auf Feststellung, dass eine von der Klägerin mit Hilfsantrag verfolgte Vertragsstrafenverpflichtung nicht besteht, hat das Landgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.

II.

3
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.
4
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
5
Eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bestehe gemäß Art. 5 Nr. 1 Buchst. a und b erster Spiegelstrich EuGVVO, weil es um Ansprü- che aus Werklieferungsverträgen gehe, auf die die Vorschriften über den Kauf Anwendung fänden. Erfüllungsort sei nicht der in Großbritannien liegende Ort der Herstellung der zu liefernden Waren, sondern der Sitz der Klägerin in Deutschland, an den die Waren vertragsgemäß hätten geliefert werden müssen. Ebenso seien die in Rede stehenden Ansprüche aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht getroffenen Abrede, die sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur in einer Abrede über das anzuwendende Prozessrecht erschöpfe, in materieller Hinsicht nach deutschem Recht zu beurteilen.
6
Der vom Landgericht zuerkannte Schadensersatzanspruch ergebe sich aus §§ 280 f. BGB, weil die Beklagte hinsichtlich der Alu-Ringe ihre Lieferpflichten trotz Nachfristsetzung nicht vollständig erfüllt und hinsichtlich der Schankhahn -Gehäuse die Lieferung sogar verweigert habe. Sie müsse deshalb die Mehrkosten tragen, die bei der Klägerin durch die zur Herstellung ihrer Lieferfähigkeit getätigten Deckungsgeschäfte angefallen seien. Da nach dem Beweisergebnis auch die im Juni 2004 aufgegebene zweite Bestellung von der Beklagten angenommen worden sei, schulde sie zugleich die hierin vereinbarte Konventionalstrafe , so dass das widerklagend erhobene negative Feststellungsbegehren der Beklagten unbegründet sei. Dass die betreffenden beiden Verträge zumindest aufgrund konkludenten Verhaltens der Beklagten zustande gekommen seien, ergebe sich neben den ausgeführten Teillieferungen insbesondere aus den Reaktionen der Beklagten auf die Schreiben der Klägerin, mit denen diese eine restliche Lieferung der bestellten Alu-Ringe angemahnt habe. Diese Reaktionen, der insoweit unwidersprochen gebliebene Inhalt einer Besprechung der Parteien vom 30. Juni 2004, die von dem damaligen Mitarbeiter O. der Beklagten bekundete abschlussreife Vorbereitung der Bestellungen sowie die Produktionsvorbereitungen und Lieferankündigungen ließen den sicheren Schluss zu, dass die Parteien dabei nicht mehr über einen noch ausstehenden Abschluss von Verträgen oder die Annahme der beiden Bestellungen verhan- delt hätten, sondern nur noch über die Abwicklung der bereits geschlossenen Verträge beziehungsweise die Bewältigung der nach Vertragsschluss aufgetretenen Schwierigkeiten. Ebenso wenig seien die umfangreichen Verhandlungen und die geführte Korrespondenz lediglich Vorbereitung für weitere Vertragsabschlüsse gewesen. Der von der Beklagten insoweit gegenbeweislich als Zeuge benannte Mitarbeiter H. habe nicht mehr vernommen werden müssen. Denn das Landgericht habe das erst in einem zum Beweisergebnis nachgelassenen Schriftsatz in dessen Wissen gestellte Vorbringen mit Recht als verspätet angesehen und unbeachtet gelassen.
7
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
8
a) Die Zulassung der Revision ist allerdings nicht mehr wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) geboten. Denn die von der Nichtzulassungsbeschwerde als zulassungsrelevant erörterte Rechtsfrage, ob bei dem hier gegebenen Werklieferungsvertrag ein die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte begründender Erfüllungsort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO vorliegt, ist zwischenzeitlich durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 25. Februar 2010 (Rs. C - 381/08, NJW 2010, 1059 - Car Trim GmbH/KeySafety Systems Srl) geklärt worden. Danach ist ein Vertrag über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Ware auch dann als Verkauf beweglicher Sachen im Sinne der genannten Vorschrift einzustufen, wenn der Auftraggeber bestimmte Vorgaben zur Beschaffung, Verarbeitung und Lieferung der Ware macht und der Lieferant - wie hier - die zu verarbeitenden Stoffe zu beschaffen und für die Qualität und die Vertragsgemäßheit der Ware einzustehen hat (EuGH, aaO, Rdnr. 43). Ebenso ist durch dieses Urteil geklärt, dass bei einem Fehlen vertraglicher Regelungen der Parteien zum Lieferort derjenige Ort zu- ständigkeitsbegründend im Sinne von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Spiegelstrich EuGVVO ist, an dem die körperliche Übergabe der Waren an den Verkäufer erfolgt ist oder hätte erfolgen müssen (EuGH, aaO, Rdnr. 62). Das ist nach den von der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts der Ort des inländischen Sitzes der Klägerin.
9
b) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist jedoch deshalb begründet, weil das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, dass es dem von der Beklagten für ihre Behauptung, die beiden Bestellungen der Klägerin nicht angenommen zu haben, rechtzeitig angetretenen Gegenbeweis auf Vernehmung des Zeugen H. nicht nachgegangen ist. Wegen der verfassungsrechtlichen Relevanz dieses Verfahrensfehlers ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO).
10
aa) Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (BVerfG, WM 2009, 671, 672; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2008 - V ZR 223/07, juris, Tz. 5; Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 16/07, TranspR 2009, 410, Tz. 23; jeweils m.w.N.). Das ist unter anderem dann der Fall, wenn ein Gericht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs missachtet, wonach ein Beweisantritt für erhebliche, nicht willkürlich ins Blaue hinein aufgestellte Tatsachen nur dann unberücksichtigt bleiben darf, wenn das angebotene Beweismittel ungeeignet ist, weil es im Einzelfall zur Beweisbehauptung erkennbar keine sachdienlichen Ergebnisse erbringen kann, oder wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann (BVerfG, aaO; BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02, NJW 2005, 2710, unter II 2 a; vom 12. Juni 2008, aaO; jeweils m.w.N.). Da die Handhabung der Substantiierungsanforderungen durch das Gericht dieselben einschneidenden Folgen hat wie die Anwendung von Präklusionsvorschriften, verletzt die Nichterhebung eines Beweises wegen mangelnder Substantiierung der unter Beweis gestellten Tatsache Art. 103 Abs. 1 GG bereits dann, wenn dies - wie hier - in offenkundig unrichtiger Weise geschieht (BVerfG, NJW 2001, 1565; BGH, Beschluss vom 12. Juni 2008, aaO).
11
bb) Eine Partei genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der anderen Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht. Genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, kann der Vortag weiterer Einzeltatsachen, die etwa den Zeitpunkt und den Vorgang bestimmter Ereignisse betreffen, nicht verlangt werden (BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2007 - IV ZR 112/05, juris, Tz. 6; vom 12. Juni 2008, aaO, Tz. 7 f.). Es ist vielmehr Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die benannten Zeugen nach Einzelheiten zu befragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2007 - II ZR 266/04, WM 2007, 1569, Tz. 8; vom 11. Juli 2007, aaO; Urteil vom 2. April 2009, aaO, Tz. 26). Der Pflicht zur Substantiierung ist mithin nur dann nicht genügt, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen so ungenau bezeichnet sind, dass das Gericht aufgrund ihrer Darstellung nicht beurteilen kann, ob die Behauptung überhaupt erheblich ist, also die gesetzlichen Voraussetzungen der daran geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (BGH, Beschlüsse vom 1. Juni 2005, aaO; vom 11. Juli 2007, aaO m.w.N.). Nach diesen Maßstäben durfte der Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen H. nicht unberücksichtigt bleiben.
12
Das Berufungsgericht hat zwar nicht übersehen, dass die Beklagte den Zeugen H. bereits in seinem lange vor der erstinstanzlichen Beweisaufnahme eingereichten Schriftsatz vom 27. April 2006 gegenbeweislich zu der Tatsache benannt hatte, dass sie die beiden Bestellungen der Klägerin nicht zu den genannten Bedingungen angenommen habe. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war die Beklagte bei ihrem (Gegen-)Beweisantritt auch nicht gehalten, Angaben zu machen, „wer genau, wann, wo, bei welcher Gelegenheit und auf welchem Wege (telefonisch, schriftlich, Fax, E-Mail?) gegenüber dem Zeugen O. eine Erklärung“ dahingehend abgegeben hat, dass die von der Klägerin aufgegebenen Bestellungen vorläufig noch nicht angenommen werden könnten. Denn die Angabe von Einzelheiten zum Zeitpunkt und zum Ablauf bestimmter Ereignisse ist - wie vorstehend dargestellt - nicht erforderlich, wenn diese Einzelheiten für die Rechtsfolge der unter Beweis gestellten Haupttatsache, nämlich das Fehlen einer nach §§ 146 ff. BGB erforderlichen Annahmeerklärung der Beklagten, nicht entscheidend sind. Misst das Gericht diesen Einzelheiten für die Zuverlässigkeit oder die Wahrscheinlichkeit der unter Beweis gestellten Behauptung Bedeutung zu, sind sie durch entsprechende Nachfrage bei der Beweisaufnahme zu klären (BGH, Beschlüsse vom 21. Mai 2007, aaO, und vom 11. Juli 2007, aaO; Urteil vom 2. April 2009, aaO).
13
cc) Damit hat das Berufungsgericht das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung des rechtlichen Gehörs in dem entscheidenden Punkt ihres Verteidigungsvorbringens verletzt. Das Berufungsurteil beruht auf dieser Grundrechtsverletzung. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der von ihm für erwiesen erachteten Vertragsannahme zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, wenn es den von der Beklagten angetretenen Gegenbeweis auf Vernehmung des Zeugen H. erhoben hätte.

III.

14
Die Verletzung der Beklagten in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
15
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht auch zu prüfen haben wird, ob die zwischen den Parteien vereinbarte Wahl deutschen Rechts nicht zur Anwendbarkeit des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 5. Juli 1989 (BGBl. II S. 588 - im folgenden: CISG) führt. Denn die von den Parteien gemäß dem damals noch geltenden Art. 27 EGBGB (vgl. Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung [EG] Nr. 593/2008 vom 25. Juni 2009 [BGBl. I S. 1574]) wirksam vorgenommene Wahl deutschen Rechts ist, wenn - wie hier - eine ausdrückliche Verweisung auf das unvereinheitlichte deutsche Recht fehlt, grundsätzlich dahin zu verstehen, dass das nach dem Recht dieses Staates für grenzüberschreitende Warenkäufe anwendbare Kaufvertragsrecht und damit das Recht des insoweit nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. b CISG vorrangig anwendbaren Übereinkommens gewählt ist. Angesichts dieser bei vorbehaltloser Rechtswahl unmittelbar eintretenden Rechtsfolge hätte es deshalb zusätzlicher, über den bloßen Text der Rechtswahlklausel hinausgehender Anhaltspunkte bedurft, um auf einen Willen der Parteien zu schließen, nicht nur deutsches Recht allgemein , sondern darüber hinaus dessen unvereinheitlichtes Kaufrecht zu wählen (Senatsurteil vom 25. November 1998 - VIII ZR 259/97, WM 1999, 868, unter III 1; Ferrari in: Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN- Kaufrecht (CISG), 5. Aufl., Art. 6 Rdn. 22 f. m.w.N.; vgl. ferner BGHZ 96, 313, 319 ff. [zu Art. 3 EKG]). Ball Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Achilles Dr. Schneider
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.01.2007 - 83 O 238/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 21.06.2007 - 12 U 16/07 -

(1) Eine Partei, die den ihr obliegenden Beweis mit anderen Beweismitteln nicht vollständig geführt oder andere Beweismittel nicht vorgebracht hat, kann den Beweis dadurch antreten, dass sie beantragt, den Gegner über die zu beweisenden Tatsachen zu vernehmen.

(2) Der Antrag ist nicht zu berücksichtigen, wenn er Tatsachen betrifft, deren Gegenteil das Gericht für erwiesen erachtet.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 199/03 Verkündet am:
8. Juni 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 823 Aa, I; ZPO (2002) §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 Nr. 3

a) Auch nach der Reform der Zivilprozeßordnung dürfen beim Vortrag zu medizinischen
Fragen im Arzthaftungsprozeß an den Vortrag zu Einwendungen gegen ein
Sachverständigengutachten ebenso wie an den klagebegründenden Sachvortrag
nur maßvolle Anforderungen gestellt werden.

b) Der Patient und sein Prozeßbevollmächtigter sind nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen
Prozeßführung medizinisches Fachwissen anzueignen.

c) Läßt das Berufungsgericht fehlerhaft Vorbringen nicht zu, weil es zu Unrecht dieses
für neu hält oder Nachlässigkeit bejaht (§ 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO), so kann es
sich nicht auf die Bindung an die erstinstanzlich festgestellten Tatsachen berufen,
wenn die Berücksichtigung des Vorbringens zu Zweifeln im Sinne von § 529 Abs.
1 Nr. 1 ZPO hätte führen müssen.
BGH, Urteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03 - OLG Köln
LG Aachen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juni 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Dr. Greiner, Wellner, Pauge und Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 11. Juni 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Trägerin des Krankenhauses B. Schadensersatzansprüche geltend. Im Dezember 1998 stürzte die Klägerin und zog sich einen Speichenbruch mit Abriß des Griffelfortsatzes der Elle zu. Der erlittene Trümmerbruch mit einer hauptsächlich streckseitig gelegenen Trümmerzone wurde im Krankenhaus der Beklagten operativ eingerichtet. Anschließend wurde die Reponierung mit zwei durch die Haut eingebrachten Kirschner-Drähten und einer Gipsschiene stabilisiert. Nach Entfernung der Drähte Anfang Februar 1999 klagte die Klägerin über Beschwerden im Bereich des rechten Handgelenks und über ein
Taubheitsgefühl der Streckseite des rechten Daumens. Bei einer Untersuchung in der unfallchirurgischen Klinik R. wurde eine in Fehlstellung verheilte Radiusfraktur sowie eine Defektläsion des Daumenastes des Nervus radialis superficialis diagnostiziert. Die Klägerin hat vor dem Landgericht behauptet, die Ärzte des Krankenhauses B. hätten den Bruch fehlerhaft behandelt. Die unzureichende Stabilisierung habe zu einer Verheilung in Fehlstellung geführt. Auf ihre starken postoperativen Schmerzen sei nicht in angemessener Weise durch die Verordnung von Schmerzmitteln reagiert worden. Dies sei zur Prophylaxe eines Morbus Sudeck erforderlich gewesen. Bei Entfernung der Kirschner-Drähte sei es behandlungsfehlerhaft zu einer Durchtrennung des sensiblen Astes des Nervus radialis superficialis gekommen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in VersR 2004, 517 veröffentlicht ist, ist der Klage auf der Grundlage der in erster Instanz festgestellten Tatsachen der Erfolg zu versagen. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründeten und deshalb eine neue Feststellung gebieten würden, lägen nicht vor (§ 529 Abs. 1 ZPO).
Soweit die Klägerin weiterhin Behandlungsfehler bei der Durchführung der Spickdrahtosteosynthese rüge, bestehe keine Veranlassung zu einer weiteren Sachaufklärung. Der Sachverständige habe ausdrücklich hervorgehoben, die Einbringung der Drähte sei fehlerfrei erfolgt in Anwendung eines Verfahrens , welches dem Lehrbuchstandard entspreche und auch lehrbuchhaft durchgeführt worden sei. Die abweichende Auffassung der Klägerin, daß die Spickdrähte nicht korrekt angebracht worden seien, so daß eine ausreichende Stabilität nicht habe erzielt werden können, begründe keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen. Keine im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO erheblichen Zweifel bestünden auch, soweit die Klägerin es als behandlungsfehlerhaft ansehe, daß die Enden der Drähte unter der Haut versenkt worden seien. Auch hierzu habe der Sachverständige festgestellt, die Einbringung der beiden Bohrdrähte sei regelgerecht erfolgt. Es stehe auch nicht fest, daß die Nervverletzung vermeidbar fehlerhaft von den behandelnden Ärzten verursacht worden sei. Der Sachverständige habe dargelegt, trotz größtmöglicher Sorgfalt habe es zu einer Durchtrennung bzw. Quetschung von kleinen Hautnerven kommen können. Mit ihrem erstmals in zweiter Instanz erfolgten Vorbringen, die Spickdrahtosteosynthese sei nicht die Methode der Wahl gewesen, könne die Klägerin ebensowenig durchdringen wie mit der gleichfalls neuen Behauptung, der Morbus Sudeck sei nicht adäquat bzw. überhaupt nicht behandelt worden. Auch bei der dargelegten Behandlungsalternative mit einem Fixateur externe handele es sich um eine Tatsachenbehauptung und nicht - wie die Klägerin meine - um die Darlegung eines von Amts wegen zu berücksichtigenden medizinischen Erfahrungssatzes. Beide Tatsachenbehauptungen fielen unter die Bestimmungen der §§ 529 Abs. 1 Nr. 2, 531 Abs. 2 ZPO. Sie stellten neue Angriffsmittel im Sinne von § 531 ZPO dar und seien nicht zuzulassen, weil die Voraussetzun-
gen der hier nur in Betracht kommenden Bestimmungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 ZPO nicht dargetan seien. Dem Landgericht sei kein Verfahrensfehler im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO unterlaufen. Es sei auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vorbringens zu einer weiteren Sachaufklärung nicht gehalten gewesen. Die schriftliche Begutachtung sei eindeutig gewesen; die von der Klägerin erstinstanzlich für klärungsbedürftig gehaltenen Fragen habe der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung beantwortet. Sei das Vorbringen somit als neuer Sachvortrag nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, scheide eine weitere Sachaufklärung nach § 529 Abs. 1 Nr. 2 ZPO aus. Der neue Sachvortrag könne aus Rechtsgründen auch nicht geeignet sein, Zweifel an der Richtigkeit der bisherigen Feststellungen des Sachverständigen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu begründen; anderenfalls würden die Präklusionsregeln und das Reformziel, den Rechtsstreit möglichst im ersten Rechtszug umfassend aufzuklären, unterlaufen. Die Klägerin habe nicht dargetan, daß sie den neuen Vortrag ohne Nachlässigkeit nicht bereits im ersten Rechtszug hätte in den Rechtsstreit einführen können (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Sie sei gehalten gewesen, jede in Betracht kommende Möglichkeit zu nutzen, Einwendungen gegen die in erster Instanz vorgelegte Begutachtung ausfindig zu machen. Sie habe auch nicht vorgetragen , daß sie bzw. ihr Prozeßbevollmächtigter sich nicht in gleicher Weise hätten informieren können wie der Prozeßbevollmächtigte in der zweiten Instanz. Fehl gehe auch der Vorwurf, der entstandene Morbus Sudeck sei nicht adäquat behandelt worden. Eine unzureichende Sudeck-Prophylaxe sei nicht erwiesen.

II.

Das angefochtene Urteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 1. a) Nicht zu beanstanden ist das Berufungsurteil allerdings, soweit es keine Notwendigkeit für eine weitere Sachverhaltsaufklärung hinsichtlich eines Behandlungsfehlers bei der Durchführung der Spickdrahtosteosynthese und bei der Prophylaxe für einen Morbus Sudeck sieht und diesbezüglich Behandlungsfehler auf der Grundlage der erstinstanzlichen Feststellungen verneint. Die Revision macht hierzu nur geltend, das Berufungsgericht sei dem Einwand der Klägerin nicht nachgegangen, die Schädigung des Nervs bei Entfernung der Kirschner-Drähte wäre vermieden worden, wenn deren Enden nicht zuvor unter die Haut versenkt worden wären. Indessen hält die Auffassung des Berufungsgerichts , aus dem Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine Zweifel im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, die eine neue Tatsachenfeststellung erforderten, in diesem Punkt revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. aa) Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich aus Fehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. Senatsurteil vom 8. Juni 2004 - VI ZR 230/03 - und BGH, Urteil vom 12. März 2004 - V ZR 257/03 - WM 2004, 845, 846, jeweils vorgesehen zur Veröffentlichung in BGHZ; Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses, BT-Drs.
14/4722, S. 100; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171). Zweifel im Sinne dieser Vorschrift liegen schon dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse - nicht notwendig überwiegende - Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß im Fall der Beweiserhebung die erstinstanzliche Feststellung keinen Bestand haben wird, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - NJW 2003, 3480, 3481; Begründung des Rechtsausschusses, BT-Drs. 14/6036 S. 124). Dies gilt grundsätzlich auch für Tatsachenfeststellungen , die auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen worden sind. In diesem Fall kann unter anderem die - hier von der Revisionsklägerin gerügte - Unvollständigkeit des Gutachtens Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen wecken (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 361/02 - aaO; Musielak/Ball, ZPO, 3. Aufl., § 529 Rdn. 18; Zöller /Gummer/Heßler, ZPO, 24. Aufl., § 529 Rdn. 9). bb) Gegen die Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Notwendigkeit einer neuen Tatsachenfeststellung insoweit verneint, sind keine durchgreifenden Revisionsrügen vorgebracht. Das Berufungsgericht hat im Hinblick darauf, daß der Sachverständige ausführlich dazu Stellung genommen hat, ob bei Durchführung der hier angewandten Spickdrahtosteosynthese Behandlungsfehler vorlagen, und er dies verneint hat, ausgeführt, daß es keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen hat, die hinsichtlich dieses Komplexes eine erneute Feststellung geböten. Hiergegen ist von Seiten des Revisionsgerichts nichts zu erinnern.
b) Das Berufungsurteil hält auch dem Angriff der Revision stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin zu einer unterlassenen Behandlung des Morbus Sudeck als neues Vorbringen nicht zugelassen hat.
Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin wurde zutreffend als neu im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO angesehen. Entgegen der Auffassung der Revision schließt nämlich der erstinstanzliche Sachvortrag der Klägerin nicht die Frage ein, ob ein Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der Behandlung des entstandenen Morbus Sudeck vorliegt. Der von ihr in Bezug genommene und aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ersichtliche erstinstanzliche Vortrag der Klägerin befaßte sich nämlich allein mit dessen Prophylaxe und nicht mit einer angeblich unterlassenen Behandlung. Die Behauptungen , den Ausbruch einer Krankheit nicht verhindert und eine ausgebrochene Krankheit nicht behandelt zu haben, betreffen indes zwei unterschiedliche zeitliche Abschnitte des Behandlungsverlaufs. Mit dem zweitinstanzlich erhobenen Vorwurf wird die Behauptung fehlerhafter Prophylaxe demgemäß nicht lediglich konkretisiert, sondern der Angriff der Klägerin geändert. Das Berufungsgericht hat dieses neue Vorbringen auch zu Recht nicht zugelassen, weil nicht dargetan ist, daß die Klägerin es nicht bereits im ersten Rechtzug hätte in den Rechtsstreit einführen können. Anders als bei einer vorzugswürdigen Behandlungsalternative (vgl. dazu unter 2.) geht es hier nämlich zunächst nicht um eine medizinische Frage, sondern darum, auch diesen Abschnitt des gesamten Behandlungsverlaufs zur Überprüfung durch das Gericht zu stellen. Dazu waren keine medizinischen Fachkenntnisse erforderlich. Die Klägerin wußte vielmehr aus eigenem Erleben, ob eine Behandlung des Morbus Sudeck erfolgt war, und konnte die von ihr jetzt behauptete Unterlassung der Behandlung deshalb zum Gegenstand der gerichtlichen und sachverständigen Überprüfung machen, ohne auf vertiefte medizinische Kenntnisse angewiesen zu sein. Indem sie dies im ersten Rechtszug nicht getan hat, hat sie gegen die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten verstoßen.
2. Das Berufungsurteil hält jedoch den Angriffen der Revision nicht stand, soweit das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin zu einer Behandlungsalternative als neues Vorbringen nicht zugelassen hat (§ 531 Abs. 2 ZPO) und deshalb nicht zu Zweifeln im Sinne des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gelangt ist.
a) Das Vorbringen der Klägerin zu einer Behandlungsalternative ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bereits nicht als neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO zu werten. aa) Die Revision macht geltend, der Vortrag fehlerhafter Behandlung, insbesondere auch durch Erzielung einer unzureichenden Stabilität und Drehstabilität , schließe den Vorwurf mit ein, im Hinblick auf die ausgedehnte Trümmerzone sei seitens der Ärzte mit der Spickdrahtosteosynthe se eine Behandlungsmethode gewählt worden, die wesentlich weniger geeignet gewesen sei als eine Behandlung mittels eines Fixateur externe. Der gerichtliche Sachverständige hätte sich deshalb bereits in erster Instanz mit der Frage einer besser geeigneten Methode und damit einer Behandlungsalternative befassen müssen. Dem ist unter den Umständen des Streitfalls zuzustimmen. bb) Der Begriff der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ist nach dem bisherigen Recht auszulegen (Meyer-Seitz in Hannich/Meyer-Seitz, ZPOReform , 2002, § 531 Rdn. 8). Ob ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen neu ist, hängt also davon ab, wie allgemein es in erster Instanz gehalten war. Wenn es einen sehr allgemein gehaltenen Vortrag der ersten Instanz konkretisiert oder erstmals substantiiert, ist es neu, nicht aber dann, wenn ein bereits schlüssiges Vorbringen aus der ersten Instanz durch weitere Tatsachenbehauptungen zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert wird (vgl. BGH, Urteile vom 5. Juni 1991 - VIII ZR 129/90 - NJW-RR 1991, 1214, 1215 und vom 26. Juni 2003 - VII ZR 281/02 - NJW-RR 2003, 1321, 1322; Baum-
bach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 62. Aufl., § 531 Rdn. 12; Drossart, Bauprozessrecht 2004, 4, 6). Zwar enthielt der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin nicht ausdrücklich den Vortrag einer besseren Behandlungsalternative durch einen Fixateur externe. Bei der Beurteilung, ob ein neuer Vortrag vorliegt, ist aber zu berücksichtigen , daß an die Substantiierungspflicht der Partei im Arzthaftungsprozeß nur maßvolle Anforderungen gestellt werden dürfen, weil vom Patienten regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann. Die Partei darf sich auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes auf Grund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 1981, 752; vom 10. November 1981 - VI ZR 92/80 - VersR 1982, 168, 169 und vom 15. Juli 2003 - VI ZR 203/02 - VersR 2003, 1541, 1542; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht , 4. Aufl., E Rdn. 2). Der Vortrag, es habe eine bessere Behandlungsmethode , also eine echte und indizierte Behandlungsalternative gegeben, stellt im Streitfall unter Berücksichtigung dieser Darlegungserleichterungen im Arzthaftungsprozeß lediglich eine weitere Verdeutlichung des schlüssigen Vorbringens einer fehlerhaften Behandlung des Bruchs dar, der nicht ausreichend stabilisiert worden sei.
b) Im übrigen hätte das Berufungsgericht das Vorbringen zur Behandlungsalternative selbst dann berücksichtigen müssen, wenn es - entgegen den obigen Darlegungen - neu gewesen wäre. Bei der Beurteilung, ob der Klägerin Nachlässigkeit im Sinne des § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO vorzuwerfen ist, hat das Berufungsgericht zu hohe Anforderungen an die Informations- und Substantiierungspflicht der Partei im Arzthaftungsprozeß gestellt.
Das Berufungsgericht hat das von ihm als neu angesehene Vorbringen nicht zugelassen, weil die Klägerin nicht dargetan habe, daß sie den neuen Vortrag ohne Nachlässigkeit nicht bereits im ersten Rechtszug hätte in den Rechtsstreit einführen können. Das rügt die Revision mit Erfolg. Die in der Revisionsinstanz zulässige Prüfung, ob § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO richtig angewendet worden ist (vgl. Meyer-Seitz in Hannich/Meyer-Seitz, aaO, § 531 Rdn. 26; MünchKomm/ZPO/Aktualisierungsband-Rimmelspacher, § 531 Rdn. 35 und § 530 Rdn. 34; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 22 ff.; Zöller/Gummer/Heßler, aaO, § 531 Rdn. 37), führt zu dem Ergebnis, daß die unterlassene Geltendmachung im ersten Rechtszug nicht auf einer Nachlässigkeit der Klägerin beruhte. Jede Partei ist zwar grundsätzlich gehalten, schon im ersten Rechtszug die Angriffs- und Verteidigungsmittel vorzubringen, deren Relevanz für den Rechtsstreit ihr bekannt ist oder bei Aufwendung der gebotenen Sorgfalt hätte bekannt sein müssen und zu deren Geltendmachung sie dort imstande ist. Sorgfaltsmaßstab ist dabei die einfache Fahrlässigkeit (vgl. OLG Saarbrücken, NJW-RR 2003, 139, 140 und OLGR Saarbrücken, 2003, 249, 250; KG, MDR 2003, 471, 472; MünchKomm/ZPO/Aktualisierungsband-Rimmelspacher, § 531 Rdn. 28; Musielak/Ball, aaO, § 531 Rdn. 19; Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1904; Gehrlein, MDR 2003, 421, 428; BT-Drs. 14/4722 S. 101 f.). Auch unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überspannt das Berufungsgericht indes die Anforderungen an die Informations- und Substantiierungspflicht einer klagenden Partei im Arzthaftungsprozeß. Der oben dargelegte Grundsatz, daß in einem Arzthaftungsprozeß an die Substantiierungspflicht des Klägers nur maßvolle Anforderungen gestellt werden dürfen, gilt nämlich auch für Einwendungen gegen ein gerichtliches Gutachten. Die Partei ist nicht verpflichtet, bereits in erster Instanz ihre Einwendun-
gen gegen das Gerichtsgutachten auf die Beifügung eines Privatgutachtens oder auf sachverständigen Rat zu stützen oder - wie das Berufungsgericht meint - selbst oder durch Dritte in medizinischen Bibliotheken Recherchen anzustellen , um Einwendungen gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten zu formulieren. Sie ist durchaus berechtigt, ihre Einwendungen zunächst ohne solche Hilfe vorzubringen (vgl. Senatsurteile vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 1981, 752 und vom 10. November 1981 - VI ZR 92/80 - VersR 1982, 168; BGH, Urteil vom 19. Februar 2003 - IV ZR 321/02 - VersR 2004, 83, 84). Das Gesetz zur Reform der Zivilprozeßordnung hat an diesen Grundsätzen nichts geändert, weil der dafür maßgebende Gesichtspunkt, die Waffengleichheit zwischen Arzt und Patienten zu gewährleisten, weiter gilt. Die Klägerin hat in erster Instanz das gerichtliche Gutachten nicht hingenommen , sondern mit substantiierten Ausführungen in Frage gestellt. Bei dieser Sachlage kann es nicht als Nachlässigkeit angesehen werden, wenn sie in zweiter Instanz ihren Angriff konkretisiert hat, nachdem ihr zweitinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter durch eigene medizinische Recherchen zusätzliche Informationen über die Behandlung eines Trümmerbruchs erlangte. Daß sich die Klägerin bereits erstinstanzlich durch zwei Fachärzte hat beraten lassen und hierbei möglicherweise nicht vollständig informiert wurde, geht nicht zu ihren Lasten. Der Patient und sein Prozeßbevollmächtigter sind nämlich nicht verpflichtet , sich zur ordnungsgemäßen Prozeßführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Im konkreten Fall hätte überdies auch für das erstinstanzliche Gericht Veranlassung bestanden, den Sachverständigen nach einer Behandlungsalternative zu befragen, nachdem dieser ausgeführt hatte, nach Angaben in der Fachliteratur komme es erfahrungsgemäß bei dem angewandten Spickdrahtosteosyntheseverfahren bei einem Bruch wie dem vorliegenden in etwa 20 % der Fälle zu einem Korrekturverlust. Unter diesen Umständen war mit dem
Sachverständigen zu erörtern, wie die Praxis dieses beträchtliche Risiko zu vermeiden oder zu verringern suchte.
c) Bei der mithin gebotenen Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin zur Behandlungsalternative mußten sich für das Berufungsgericht konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ergeben, die eine erneute Tatsachenfeststellung geboten. Hier hat die Klägerin nämlich nach den von ihrem zweitinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten durchgeführten Recherchen in der Berufungsbegründung ausführlich und substantiiert vorgetragen und durch Nachweise aus der medizinischen Fachliteratur belegt, daß ihrer Ansicht nach eine vorzugswürdige Behandlungsmethode hätte angewendet werden müssen.

III.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß sich die Berücksichtigung des übergangenen Vortrags zum Bestehen einer Behandlungsalternative auf
die Beurteilung des Rechtsstreits ausgewirkt hätte. Deshalb war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur Nachholung der gebotenen Feststellungen zurückzuverweisen.
Müller Greiner Wellner Pauge Stöhr

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 120/03 Verkündet am:
14. Mai 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 166, 276 Fa, 281, 463 Satz 2 a.F.

a) Beauftragt der Verkäufer einen Makler mit den Vertragsverhandlungen, ist es ihm
als eigenes Verschulden gegenüber dem Käufer anzurechnen, wenn er den Makler
nicht über die Umstände informiert, die dem Käufer zu offenbaren sind.

b) Dem Verkäufer ist das Wissen seines Vertreters, der in seinem Namen den Makler
mit den Kaufverhandlungen beauftragt, im Verhältnis zu dem Käufer nicht zuzurechnen
; anderes gilt, wenn der Vertreter die Angelegenheiten des Verkäufers,
sei es allgemein, sei es für den Verkaufsfall, in eigener Verantwortlichkeit zu erledigen
und die dabei erlangten Informationen zur Kenntnis zu nehmen und weiterzugeben
hat.

c) Dem Käufer, der die Einbuße aus einem Weiterverkauf als Schadensersatz statt
der Leistung wegen Verschweigens eines Fehlers geltend macht, kann nicht ent-
gegengehalten werden, der Fehler sei für den Weiterverkauf nicht ursächlich gewesen.
BGH, Urt. v. 14. Mai 2004 - V ZR 120/03 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Mai 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 10. März 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 9. September 2000 kaufte n die Kläger von dem verstorbenen Ehemann der Beklagten (Erblasser) ein Hausgrundstück. Der Kaufvertrag wurde von einem Makler im Namen des Erblassers abgeschlossen und von diesem genehmigt. Der Makler war von dem Sohn des Erblassers (und der Beklagten) aufgrund einer von diesem erteilten Vollmacht beauftragt worden. Die Kläger haben mit der Behauptung, der Verkäufer habe ihnen einen Holzbockbefall des Hauses verschwiegen, Schadensersatz verlangt und zwar die Zurückzahlung des Kaufpreises von 270.000 DM Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübertragung des Grundstücks sowie (u.a.) die Feststellung beantragt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Kosten der Rück-
übertragung zu tragen (bzw. die Kläger hiervon freizustellen) und eine Vorfälligkeitsentschädigung aus der Kaufpreisfinanzierung zu erstatten. Die Klage ist vor dem Landgericht ohne Erfolg geblieben. Im Berufungsrechtszug haben die Kläger, nachdem sie das Grundstück an Dritte verkauft hatten, Zahlung von 66.467,94 € (=130.000 DM) verlangt. Der Schadensbetrag setzt sich, unter Abzug des Wertes der Nutzung des Hauses, zusammen aus der Kaufpreisdifferenz von 60.000 DM, Vertrags- und Vollzugskosten, Grunderwerbssteuer, Maklergebühr , Umzugskosten und Abstandssumme an den bisherigen Mieter, insgesamt 30.596,95 DM, Kosten für neue Möbel und Arbeiten an dem Haus in Höhe von 20.653,24 DM sowie einem Zinsschaden von 28.066,67 DM. Die Kläger haben behauptet, der Verkäufer sei geschäftsunfähig gewesen und sie hätten den Kauf wegen Täuschung über den Holzbockbefall angefochten. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags zur Zahlung von 7.669,37 € nebst Zinsen verurteilt.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Klä ger den Berufungsantrag , soweit er erfolglos geblieben ist, weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch der Kläger a us § 463 Satz 2 BGB a.F. Der Sohn des Erblassers, der für diesen "die Kaufvertragsverhandlungen geführt und dazu den Makler unterrichtet" habe, habe es unterlassen , den Makler darauf hinzuweisen, daß die Dachsparren mit Holzbock befal-
len sein könnten. Dem Sohn sei bekannt gewesen, daß die Stufe einer zum Dachboden führenden Treppe wegen Holzbockbefalls eingebrochen gewesen sei; nach seiner Aussage als Zeuge seien auch die Sparren des Dachgeschosses mit einem Holzschutzmittel behandelt worden. Selbst wenn sich daraus nicht die Kenntnis des Holzbockbefalls ergebe, so sei dem Sohn doch die Gefahr eines solchen Befalls bekannt gewesen. Hiervon hätte er den Makler, der "im Namen des Ehemanns der Beklagten die Kaufverhandlungen mit den Klägern geführt habe", unterrichten müssen. Die Kläger könnten Ersatz der zur Beseitigung des Holzbockbefalls erforderlichen Aufwendungen verlangen, die nach einem eingeholten Sachverständigengutachten 7.699,73 € (15.000 DM) betrügen. Ersatz weiterer Schäden stehe den Klägern nicht zu, denn sie seien nicht durch die Täuschung verursacht. Das Berufungsgericht sei nicht davon überzeugt, daß der Holzbockbefall ursächlich für den Weiterverkauf des Hauses und die Rückkehr der Kläger in ihre alte Wohnung gewesen sei. Angesichts der Schadenshöhe von 15.000 DM widerspreche dies der Vernunft. Eine akute Gefahr für den Bestand des Hauses habe nicht bestanden. Die Behauptung der Beklagten, die Kläger hätten sich von Kaufreue leiten lassen, sei viel naheliegender.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.


Zu Recht rügt die Revision, daß das Berufungsgericht den Vortrag der Kläger, sie hätten den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten, unberücksichtigt gelassen hat (§ 537 ZPO a.F.). Die Kläger hatten die Anträge in ihrer ursprünglichen Fassung und nach der Weiterveräußerung des Grund-
stücks den verbliebenen Zahlungsantrag über 130.000 DM zwar auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung gestützt; dies haben sie in der Verhandlung vom 27. Mai 2002 ausdrücklich zu Protokoll gegeben und, nachdem das Berufungsgericht den reduzierten Antrag am 12. August 2002 unter dem Gesichtspunkt des "kleinen Schadensersatzes" gewürdigt hatte, nicht in Frage gestellt. Mit dem die Schlußverhandlung vorbereitenden Schriftsatz vom 28. Januar 2003 haben die Kläger aber erstmals (in eindeutiger Weise) die Behauptung aufgestellt, sie hätten den Kauf angefochten. Auf der Nichtbeachtung dieses Vortrags beruht das Berufungsurteil, soweit es zum Nachteil der Kläger ergangen ist. Denn der in Frage kommende Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung wäre über den Reparaturaufwand von 7.699,73 €, den das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt des § 463 Satz 2 BGB a.F. zugesprochen hat, hinausgegangen. In den Bereicherungsausgleich nach Scheitern des gegenseitigen Vertrags wäre jedenfalls der von der Beklagten erlangte Kaufpreis von 270.000 DM eingegangen. Für die Revision ist davon auszugehen, daß er im Wege der Saldierung nicht auf 15.000 DM (7.699,73 €) gekürzt worden wäre.
Das Berufungsgericht wird bei der neuen Verhandlung u nd Entscheidung zu klären haben, in welcher Reihenfolge die Kläger die bei Gültigkeit des Kaufs und bei seiner Ungültigkeit in Frage kommenden Ansprüche zur Entscheidung stellen. Das Verfahrensrecht hindert die Kläger nicht daran, bei der hier in Frage kommenden eventuellen Klagehäufung die verschiedenen Ansprüche auch mit sich gegenseitig widersprechendem Vortrag zu begründen (BGHZ 19, 390; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 260 Rdn. 4 m.w.N.). Die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) wird dadurch nicht berührt. Nicht vorzuwerfen ist dem Berufungsgericht dagegen, abweichend von der Revision, daß es sich mit der Behauptung, der Erblasser sei geschäftsunfähig gewesen,
nicht befaßt hat. Diese in der Berufungsbegründung ohne Klarstellung des Verhältnisses zu dem weiter verfolgten vertraglichen Schadensersatzanspruch aufgestellte Behauptung haben die Kläger, wie sich aus dem dargestellten weiteren Verfahrensablauf ergibt, fallen gelassen und auch im Schriftsatz vom 28. Januar 2003 nicht wieder aufgegriffen.

III.


1. Im weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht zu beachten haben, daß ein Schadensersatzanspruch nicht nur nach § 463 Satz 2 BGB a.F., sondern , unabhängig davon, ob der Vertrag angefochten wurde, auch ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens wegen vorsätzlichen Verschuldens in Frage kommt (Senat, Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 97/91, NJW 1992, 2564). Beide Ansprüche setzen voraus, daß sich der Erblasser das Verschweigen des Fehlers durch dessen Sohn zurechnen lassen muß. Das Berufungsgericht hat dies für den Anspruch aus § 463 Satz 2 BGB a.F. ohne nähere Begründung bejaht. Dies könnte, wie die Beklagte zu Recht rügt (Gegenrüge), keinen Bestand haben.

a) Nach den tatbestandlichen Feststellungen in den Entsch eidungsgründen des Berufungsurteils (BGH, Urt. v. 19. Mai 1998, XI ZR 216/97, BGHR ZPO § 314, Feststellungen 3), der Sohn habe die Verhandlungen mit den Klägern geführt, wäre der Punkt allerdings unproblematisch. Dem Erblasser wäre die Kenntnis des Sohnes als seines Verhandlungsgehilfen zuzurechnen (Senatsurt. v. 8. November 1991, V ZR 260/90, WM 1992, 441). Die Feststellung entfaltet indessen nicht die Beweiskraft des § 314 ZPO, denn sie steht in Wi-
derspruch zu der weiteren Feststellung, die Kaufverhandlungen mit den Klägern habe der Makler im Namen des Erblassers geführt (BGH, Urt. v. 9. Dezember 1987, IVa ZR 155/86, BGHR ZPO § 314, Widersprüchlichkeit 1). Die Revision kann sich deshalb nur auf den allgemein in bezug genommenen tatsächlichen Vortrag der Kläger stützen. Danach wurden die Verhandlungen, wie es auch die Beklagte vorträgt, von dem Makler geführt. Aber auch dieser Sachverhalt rechtfertigt, unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens der Kläger, die Wissenszurechnung. Die Kläger haben vorgetragen, der Erblasser sei aufgrund einer Erkrankung (Parkinson'sche Krankheit) seit längerer Zeit an den Rollstuhl gefesselt gewesen. Der Sohn habe die Regelung aller Angelegenheiten des Erblassers, einschließlich des Grundstücksverkaufs an die Kläger , übernommen gehabt. Der Erblasser selbst habe sich um nichts mehr gekümmert.
War dem so, so sind im Verhältnis des Erblassers zu den Klä gern die Voraussetzungen der Zurechnung des Wissens des Sohnes um den Mangel entsprechend § 166 BGB erfüllt. Die Haftung des Verkäufers nach § 463 Satz 2 BGB a.F. bildet nach der Rechtsprechung des Senats einen auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Fall des Verschuldens bei Vertragsschluß (BGHZ 60, 319, 321). Führt der Verkäufer die Vertragsverhandlungen nicht selbst, sondern überläßt sie einem Dritten (hier dem Makler), so haftet er einerseits für Verstöße gegen vorvertragliche Aufklärungspflichten, die sich der Dritte zu Schulden kommen läßt (Senatsurt. v. 8. November 1991, aaO), andererseits ist es ihm aber auch als eigenes Verschulden anzurechnen, wenn er den Dritten nicht über die Umstände informiert, die dem Käufer zu offenbaren sind. Bedient sich der Verkäufer, wie hier, bei der Erteilung des Verkaufsauftrags an den Dritten eines Vertreters (Sohn), so hat er sich dessen Kenntnis im Verhältnis
zum Empfänger der Willenserklärung (Makler) in unmittelbarer Anwendung des § 166 BGB zurechnen zu lassen. Hierauf kommt es aber im Streitfalle nicht an. Die Frage ist, ob sich der Erblasser die Kenntnis des Sohnes im Verhältnis zu den Klägern, denen gegenüber der Sohn keine rechtsgeschäftlichen oder sonstigen Erklärungen abgegeben hat, zurechnen lassen muß. Dies ist der Fall, wenn der Sohn dazu berufen war, im Rechtsverkehr als Repräsentant des Erblassers die anfallenden Aufgaben in eigener Verantwortlichkeit zu erledigen und die dabei erlangten Informationen zur Kenntnis zu nehmen und weiter zu geben. Der Erblasser muß sich dann im Verhältnis zu den Klägern so behandeln lassen, als hätte er selbst den Makler beauftragt und dabei die Information unterlassen. Nach dem Vorbringen der Kläger sind diese Voraussetzungen erfüllt (§ 166 BGB entspr.).
Der Gesichtspunkt der Aufgabenübertragung kommt als Grun dlage der Wissenszurechnung nicht nur dann in Frage, wenn sie für den Einzelfall (BGHZ 83, 293; Senatsurt. v. 8. November 1991, aaO) erfolgt; auch eine allgemeine Aufgabenüberlassung kann Anlaß für die Zurechnung sein. Der Senat hat sich hierauf für die Wissenszurechnung im Bereich öffentlich rechtlicher Organisationen (BGHZ 109, 327: Bürgermeister; BGHZ 117, 104, 106: Gemeindebediensteter unterhalb der Organebene) gestützt. Die Zurechnung kraft allgemeiner Aufgabenübertragung ist aber nicht an das Vorliegen einer Organisation geknüpft. Auch der als Einzelperson ohne, etwa kaufmännische, Organisationspflichten im Rechtsverkehr Auftretende kann zu dessen Schutz gehalten sein, sich das Wissen eines Dritten, der seine Angelegenheiten an seiner Stelle und mit seinem Willen dauernd erledigt, zurechnen zu lassen. So wenig wie in seinem ursprünglichen Anwendungsbereich ist § 166 BGB bei seiner entsprechenden Heranziehung an eine bestimmte Organisation des Ge-
schäftsherrn geknüpft. Der Gesichtspunkt der arbeitsteiligen Organisation als Zurechnungsgrund (BGHZ 132, 30) ergänzt oder ersetzt den Ansatzpunkt der Aufgabenzuweisung für den von ihm erfaßten Bereich (juristische Personen und Organisationen). Außerhalb dieses Bereichs vermag er den Anknüpfungspunkt der eigenverantwortlichen Aufgabenübertragung nicht zu verdrängen.

b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Zurechnung des Wissens des Sohnes hält indessen der Gegenrüge der Beklagten, dieser habe lediglich den Auftrag gehabt, den Maklervertrag abzuschließen, im übrigen habe der Erblasser seine Angelegenheiten selbst geregelt, nicht stand. Hat sich die Rolle des Sohnes auf die Beauftragung des Maklers beschränkt, so ist sein Wissen dem Erblasser nicht zuzurechnen (vorstehend a).
2. Soweit sich das Berufungsgericht erneut mit dem Anspr uch aus § 463 Satz 2 BGB a.F. zu befassen hat, kann es den über 7.699,73 € hinausgehenden Antrag nicht mit der bisherigen Begründung abweisen. Die Schlüsse, die das Berufungsurteil aus den von ihm angenommenen Motiven des Weiterverkaufs (Kaufreue) zieht, vermögen den Anspruch nicht auf den zugesprochenen Betrag zu begrenzen.

a) Der Schadensersatzanspruch nach § 463 Satz 2 BGB a.F. i st, anders als der daneben bestehende Anspruch auf Ersatz des Vertrauensinteresses wegen Verschuldens bei Vertragsschluß (Senat, Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 97/91, NJW 1992, 2564), nicht darauf gerichtet, den Käufer so zu stellen, wie wenn der Fehler offenbart worden wäre. Der Käufer ist vielmehr so zu behandeln , wie wenn der Fehler nicht vorgelegen hätte. Dem Tatbestand liegt zwar die gesetzliche Vermutung zugrunde, daß die Täuschung für den Vertrags-
schluß ursächlich wurde (Senatsurt. v. 7. Juli 1989, V ZR 21/88, WM 1989, 1735), ist es dem Käufer aber nicht gelungen, diese zu widerlegen, ist der Haftungsumfang mit derjenigen bei Zusicherung (§ 463 Satz 1 BGB) identisch. Denn für den Fall des Verschweigens eines Mangels gilt nach § 463 Satz 2 BGB a.F. "das gleiche".
Der Umfang des Schadensersatzanspruchs der Kläger ist mithi n unabhängig davon, ob das Verschweigen des Fehlers für den Kaufabschluß selbst oder, worauf sich das Berufungsgericht stützt, für deren Entschluß, das Grundstück weiter zu verkaufen, ursächlich war. Maßgeblich ist vielmehr der Ursachenzusammenhang zwischen dem Fehler und den Schadenspositionen, die Gegenstand des Anspruchs sind (für den Fall des § 463 Satz 2 BGB a.F.: Senatsurt. v. 3. März 1995, V ZR 43/94, WM 1995, 849). Er kennzeichnet das Erfüllungsinteresse der Käufer.

b) Die Kläger haben, wie sich aus dem Prozeßverlauf (ob en zu 1) ergibt, nach dem Verkauf des Anwesens den "kleinen Schadensersatz" gewählt. Dies stand ihnen (auch), ohne daß hierzu die Zustimmung der Beklagten nach § 263 ZPO erforderlich gewesen wäre (BGH, Urt. v. 9. Oktober 1991, VIII ZR 88/90, NJW 1992, 566), frei; ob sie, worauf die Revision abhebt, unbeschadet des Weiterverkaufs den durch die Nichterfüllung des ganzen Vertrags entstandenen Schaden ("großer Schadensersatz") hätten geltend machen können , kann dahinstehen. Der Schadensersatzanspruch erfaßt die Kaufpreisdifferenz aus dem Weiterverkauf (60.000 €) und unter dem Gesichtspunkt der Rentabilitätsvermutung (Senat BGHZ 114, 193; 143, 41) die frustrierten Aufwendungen (Verkaufs- und Vollzugskosten, Maklergebühr, Umzugskosten, Abstandszahlung an den Mieter, 30.596,95 DM); das gleiche gilt grundsätzlich für
die durch die Finanzierung des Kaufpreises entstandenen Aufwendungen. Die Kosten für die Anschaffung neuer Möbel und für Arbeiten an dem Haus zählen nicht zu diesem Bereich. Denn sie waren mit dem Erwerb von Besitz und Eigentum an der Kaufsache nicht notwendig verbunden. Sie sind zu den erstattungsfähigen Mangelfolgekosten zu rechnen. Ob der Haftungsgrund hierfür § 463 Satz 2 BGB a.F. oder positive Forderungsverletzung ist, braucht
der Senat nicht zu entscheiden. Die Täuschung begründet den Schadensersatz in dem einen wie dem anderen Falle. Für die den Klägern zugesprochenen Reparaturkosten fehlt es an der prozessualen Grundlage. Der Käufer kann im Falle des § 463 Satz 2 BGB a.F. seinen Schaden zwar auf dieser Grundlage berechnen (Senat BGHZ 108, 156, 160). Er muß dies aber nicht. Die Kläger haben einen anderen Weg gewählt.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

18
c) Das Handeln des Zeugen R. müssen sich auch die Beklagten zu 1 und 2 nach § 278 BGB zurechnen lassen. Da die Beklagte zu 3 nach den Feststellungen des Landgerichts mit Wissen und Wollen der Beklagten zu 1 und 2 als deren Repräsentantin aufgetreten und im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben tätig geworden ist, die typischerweise ihnen oblegen haben, ist sie als deren Erfüllungsgehilfin anzusehen (BGH, Urteil vom 14. November 2000 - XI ZR 336/99, NJW 2001, 358 f.; Senat, Urteile vom 27. November 1998 - V ZR 344/97, NJW 1999, 638, 639 und vom 2. Juni 1995 - V ZR 52/94, NJW 1995, 2550, 2551).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 30/01 Verkündet am:
13. Juni 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zur Haftung eines Verhandlungsführers aus Verschulden bei Vertragsschluß, der bei
den von ihm geführten Verhandlungen den Auftragnehmer nicht darauf hinweist, daß
der als GmbH mit Sitz im Inland ausgegebene Auftraggeber eine Gesellschaft ungarischen
Rechts mit ausschließlichem Sitz in Ungarn ist, die nur zum Schein vorgeschoben
ist.
BGH, Urteil vom 13. Juni 2002 - VII ZR 30/01 - OLG Frankfurt am Main
LG Fulda
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Dr. Kuffer und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, 14. Zivilsenat in Kassel, vom 12. Dezember 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 26. Juli 1999 im Umfang der mit der Revision gegen den Beklagten zu 2 verfolgten Anträge 1. a) bis d) und des Hilfsantrages 2. zurückgewiesen worden ist. In diesem Umfang wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten zu 2 auf Schadensersatz in Anspruch, weil er sie bei den von ihm geführten Verhandlungen über einen Bauvertrag mit der Beklagten zu 1 darüber nicht aufgeklärt habe, dass der Vertrag mit einer Gesellschaft ungarischen Rechts mit Sitz in Ungarn geschlossen wird.
Die Klägerin unterbreitete dem Beklagten zu 2 auf dessen Aufforderung ein Angebot für Bauarbeiten auf einem Grundstück in Sch. , das diesem gehörte und auf dem ein Hotel, ein Supermarkt sowie Wohnungen errichtet werden sollten. Die anschlieûenden Vertragsverhandlungen führte der Beklagte zu 2 im Namen der Beklagten zu 1, einer in Budapest ansässigen Gesellschaft ungarischen Rechts, deren Gesellschafter er zumindest früher einmal gewesen war. Gegenüber der Klägerin bezeichnete er die Beklagte zu 1 nicht mit ihrem ungarischen Namen, sondern als Analysis III. GmbH. Auf ihren ausländischen Geschäftssitz wies er nicht hin. Die Klägerin und die Beklagte zu 1 schlossen daraufhin einen schriftlichen Bauvertrag. Die Klägerin führte die vom Beklagten zu 2 als Architekten geleiteten Bauarbeiten durch. Hierfür erhielt sie Abschlagszahlungen. Nach Fertigstellung erteilte sie eine Schluûrechnung, aus der sie nach Abzug der Abschlagszahlungen und verschiedener Umlagen noch 104.866,05 DM geltend machte. Die Beklagte zu 1 lehnte eine weitere Zahlung unter Hinweis auf eine nach ihrer Auffassung unzutreffende Abrechnung, verbliebene Mängel sowie weitere Gegenforderungen ab. Die Klägerin hat von den Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner Zahlung von 104.866,05 DM Werklohn sowie 4.010 DM Kosten aus einem Vorprozess gegen die Beklagte zu 1 verlangt. Der Beklagte zu 2 hat zur Erfüllung einer Geldauflage, die ihm als Voraussetzung für die Einstellung eines gegen ihn wegen Betrugs eingeleiteten Strafverfahrens gemacht worden war, nach Rechtshängigkeit auf die Forderung aus dem Bauvertrag weitere 25.000 DM gezahlt. Das Landgericht hat die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 53.983,03 DM verurteilt. Die Klage gegen den Beklagten zu 2 hat es abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie Zahlung von insgesamt 70.535,65 DM und Zinsen sowie hilfsweise die Feststellung der Schadensersatzpflicht verlangt hat, ist er-
folglos geblieben. Nach der Behauptung der Klägerin ist die Beklagte zu 1 mit Wirkung vom 1. Juli 1999 nach Liquidation erloschen und verwertbares Vermögen nicht vorhanden. Mit der Revision verfolgt die Klägerin nach Rücknahme des Rechtsmittels gegen die Beklagte zu 1 ihre Anträge allein gegen den Beklagten zu 2 mit der Maûgabe weiter, daû sie lediglich 53.983,03 DM und Zinsen sowie hilfsweise die Feststellung seiner Verpflichtung zum Schadensersatz verlangt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis ist das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung anwendbar (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht hält den Beklagten zu 2, der nicht selbst Vertragspartner der Klägerin geworden sei, weder wegen eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen noch aus Delikt für verpflichtet, für den mit der Beklagten zu 1 vereinbarten Werklohn einzustehen. Der Beklagte zu 2 habe als Verhandlungsvertreter keine für den Entschluû der Klägerin bedeutsame zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen übernommen. Auch unter dem Gesichtspunkt eines wirtschaftlichen Eigeninteresses sei eine Haftung nicht begründet. Hierfür sei nicht
ausreichend, daû der Beklagte zu 2 Eigentümer des Grundstücks sei, auf dem die Werkleistungen erbracht worden seien. Sein wirtschaftliches Interesse habe sich wegen der Beauftragung der Beklagten zu 1 nicht mehr auf die einzelnen Verträge mit den Bauhandwerkern gerichtet. Soweit die Klägerin behauptet habe , daû der Beklagte zu 2 keinen Vertrag mit der Beklagten zu 1 geschlossen oder darin übernommene Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt habe, fehle es an dem nach dem Bestreiten des Beklagten zu 2 notwendigen Beweisantritt. Auch eine deliktische Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 Abs. 1 StGB oder nach § 826 BGB komme nicht in Betracht. Es könne jedenfalls nicht festgestellt werden, daû der Beklagte zu 2 bei der unterlassenen Aufklärung der Klägerin über den Sitz der Beklagten zu 1 in Ungarn den Vorsatz gehabt habe, die Klägerin zu schädigen und sich oder der Beklagten zu 1 einen dem Schaden entsprechenden rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. 1. Eine Haftung des Beklagten zu 2 wegen der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens lehnt das Berufungsgericht zu Recht ab. Eine solche würde voraussetzen, daû er der Klägerin eine über das normale Verhandlungsvertrauen hinausgehende, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäfts oder die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen geboten hat, die für den Willensentschluû des anderen Teils bedeutsam gewesen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1991 – II ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1312, 1314; BGH, Urteil vom 29. Januar 1992 – VIII ZR 80/91, BauR 1992, 393, 394; BGH, Urteil vom 29. Januar 1997 – VIII ZR
356/95, NJW 1997, 1233, 1234). Aus dem Umstand, daû der Beklagte zu 2 nach dem Vortrag der Klägerin bei den Vertragsverhandlungen darauf hingewiesen hat, daû er die zu errichtenden Gebäude geplant habe, die Bauarbeiten leiten und überwachen sowie die Rechnungen prüfen werde, läût sich die Erfüllung dieser Voraussetzung nicht herleiten. Die Gebäudeplanung, die Bauaufsicht und die Mitwirkung bei der Prüfung von Rechnungen fallen in den gewöhnlichen Aufgabenbereich eines Architekten und lassen deshalb nicht den Schluû auf ein besonderes Vertrauensverhältnis zu. 2. Eine Haftung des Beklagten zu 2 nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen könnte sich aber aus einem qualifizierten Eigeninteresse des Beklagten zu 2 ergeben.
a) Die Verpflichtungen aus dem durch die Anbahnung von Vertragsverhandlungen begründeten gesetzlichen Schuldverhältnis treffen grundsätzlich den Vertretenen und nur ausnahmsweise unter besonderen Umständen auch den Vertreter. Eine Haftungserstreckung wegen besonderen wirtschaftlichen Eigeninteresses setzt voraus, daû der Vertreter eine so enge Beziehung zum Vertragsgegenstand hat, daû er wirtschaftlich gleichsam in eigener Sache handelnd erscheint (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1988 ± X ZR 57/87, NJW-RR 1989, 110, 111; BGH, Urteil vom 18. September 1990 ± XI ZR 77/89, NJW-RR 1991, 289). Dazu reicht die Beteiligung des Geschäftsführers und Gesellschafters einer GmbH an der von ihm vertretenen Gesellschaft allein nicht aus (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1991 ± II ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1312, 1313; BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 ± II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 184 ff. m.w.N.). Auf die Frage, ob der Beklagte zu 2 als Gesellschafter oder Geschäftsführer beherrschenden Einfluû auf die Beklagte zu 1 hatte, kommt es daher nicht entscheidend an.

b) Ein die Haftung begründendes Eigeninteresse des Beklagten ist, wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, dann zu bejahen, wenn der Bauvertrag mit der Beklagten zu 1 nicht oder nur zum Schein geschlossen wurde. In diesem Fall hätte der Beklagte zu 2 die Verhandlungen ausschlieûlich in seinem eigenen Interesse geführt. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, der Frage, ob der Vertrag nicht oder nur zum Schein geschlossen wurde, nicht weiter nachgehen zu müssen, weil die Klägerin keinen Beweis für diese Behauptung angetreten habe. Denn der Beklagte zu 2 hat diese Behauptung bisher nicht substantiiert bestritten. aa) Den Gegner der primär darlegungs- und beweisbelasteten Partei trifft im Rahmen der ihm nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht eine sekundäre Behauptungslast, wenn diese Partei auûerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maûgebenden Tatsachen besitzt, während der Prozeûgegner sie hat und ihm nähere Angaben zumutbar sind (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1986 ± IV b ZR 78/85, LM Nr. 53 zu § 323 ZPO; BGH, Urteil vom 11. Juni 1990 ± II ZR 159/89, NJW 1990, 3151; BGH, Urteil vom 24. November 1998 ± VI ZR 388/97, NJW 1999, 714, 715). bb) So liegt es hier. Die Klägerin kann nicht wissen, ob vertragliche Beziehungen zwischen den Beklagten bestanden, wie diese ausgestaltet waren und ob sie durchgeführt worden sind. Dem Beklagten zu 2 ist es dagegen möglich , zu dem Inhalt des nach seinem Vortrag geschlossenen Bauvertrages und zu dessen Abwicklung näher vorzutragen. Das ist ihm auch zumutbar, weil die Klägerin das Fehlen eines tatsächlich durchgeführten Vertrages nicht ohne jeden tatsächlichen Anhaltspunkt behauptet hat, sondern die Gesamtumstände ihre Behauptung nachhaltig stützen:
Es sind bisher keine Umstände erkennbar, aus denen sich ergibt, dass die Beklagte zu 1 überhaupt Bauleistungen erbracht hat. Alle im Zusammenhang mit der Errichtung des Bauvorhabens notwendigen Leistungen sind vom Beklagten zu 2 selbst erbracht worden. Dieser hat das Bauvorhaben nicht nur geplant, sondern auch selbst die Verhandlungen mit den Bauunternehmern geführt. Auf die in erster Instanz vorgelegte Auskunft der ungarischen Korrespondenzanwälte der Klägerin, an dem angegebenen Sitz der Beklagten zu 1 in Budapest habe ebenso wie unter einer weiteren, aus dem öffentlichen Telefonverzeichnis ersichtlichen Anschrift einer Gesellschaft Analysis III. nur ein Briefkasten ermittelt werden können, hat der Beklagte zu 2 lediglich vortragen lassen , auch nach deutschem Recht sei die Errichtung eines eigenen Bürohauses nicht vorgeschrieben. Er hat damit die indiziell verwertbare Tatsache, daû die Beklagte zu 1 unter der angegebenen Anschrift über keine zur Geschäftstätigkeit normalerweise erforderlichen Büroräume verfügt, nicht in Abrede gestellt. Der Beklagte zu 2 hat sich zum Beweis seiner Vertragsbeziehungen zu der Beklagten zu 1 im Berufungsverfahren zwar auf die Vorlage des Bauvertrages bezogen. Er hat jedoch weder eine Kopie hiervon eingereicht noch nähere Einzelheiten zu dem Vertragsinhalt vorgetragen. Die Abschlagszahlungen an die Klägerin sind nach deren Vortrag im Berufungsrechtszug nicht von der Beklagten zu 1, sondern von einer in N. ansässigen Analysis III. GmbH geleistet worden , deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagte zu 2 war. Der Beklagte zu 2 hat sich hierzu nicht eindeutig erklärt. Während er zunächst angegeben hat, die Beklagte zu 1 habe die Zahlungen lediglich durch Nutzung eines deutschen Bankkontos bewirkt, hat er nach Konkretisierung des Vortrags der Klägerin eingeräumt, es könne sein, daû die Zahlungen "unter Einschaltung der Niederlassung der Analysis III. Kft. in Deutschland" erfolgt seien. 3. Der Beklagte zu 2 hat die vorvertragliche Pflicht verletzt, die Klägerin anläûlich der Vertragsverhandlungen darüber aufzuklären, daû es sich bei der
Auftraggeberin um eine in Budapest ansässige Gesellschaft ungarischen Rechts ohne eingetragene Niederlassung (§ 13 e Abs. 2 HGB) in der Bundesrepublik Deutschland handelt. Diese Information war für die Klägerin von wesentlicher Bedeutung. Davon konnte abhängen, ob oder mit welcher Sicherung sie den Vertrag abschlieût. Das war für den Beklagten zu 2 ohne weiteres erkennbar. Die Gestaltung des Vertragstextes einschlieûlich der Angabe unterschiedlicher Firmennamen im Vertragskopf und bei der Unterschrift legen eine Absicht nahe, einen Geschäftssitz im Inland vorzuspiegeln und Verwechslungen mit Gesellschaften ähnlich klingenden Namens bei der Bonitätsprüfung Vorschub zu leisten. 4. Die Pflichtverletzung kann auch zu dem Schaden geführt haben, der darin liegt, dass die Beklagte zu 1 zunächst in einem anderen Rechtsstreit erfolglos in Anspruch genommen worden ist und die Forderung nunmehr nicht mehr realisiert werden kann. Wäre die Klägerin zutreffend aufgeklärt worden, wären die Kosten des Vorprozesses voraussichtlich nicht in vollem Umfang entstanden. Sie wäre zudem mit dem Werklohn nicht ausgefallen, wenn sie den Vertrag mit der Beklagten zu 1 nur mit vollständiger Absicherung ihrer Werklohnforderung geschlossen hätte, wie sie behauptet. Wäre eine Sicherheitsvereinbarung nicht zu realisieren gewesen und hätte die Klägerin den Vertrag dann überhaupt nicht geschlossen, bestünde ihr Schaden in Höhe der vergeblichen Prozesskosten und des Wertes der nicht vergüteten Bauleistungen.

III.

Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben , die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird unter Beachtung der Grundsätze der sekundären Darlegungslast erneut zu prüfen haben, ob eine Haftung des Beklagten zu 2 aus dem Gesichtspunkt eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen oder aus Delikt in Betracht kommt. Dabei wird zu berücksichtigen sein, daû der Beklagte zu 2 seiner Vortragslast angesichts der besonderen Umstände nicht durch die bloûe Darlegung des Inhalts oder die Vorlage eines zwischen den Beklagten geschlossenen Bauvertrages erfüllen kann, sondern es ihm obliegen wird, auch Angaben zu dessen tatsächlicher Durchführung zu machen, insbesondere zu einer Zahlung des vereinbarten Entgelts. Ullmann Hausmann Wiebel Kuffer Kniffka

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.