Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Apr. 2013 - V ZR 231/12

bei uns veröffentlicht am18.04.2013
vorgehend
Landgericht München I, 25 O 17486/10, 11.07.2011
Oberlandesgericht München, 15 U 4009/11, 12.09.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 231/12
vom
18. April 2013
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. April 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Oberlandesgerichts München, 15. Zivilsenat, vom 12. September 2012 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 30.904,08 €.

Gründe:


I.

Mit notariellem Vertrag vom 20. November 2009 kauften W. B.
1
und A. S. (im Folgenden: Käufer) von den Beklagten zu 1 und 2 eine in München gelegene Dachterrassenwohnung. In dem Vertrag wurde ein Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart. Vermittelt wurde die Wohnung den Käufern durch die Beklagte zu 3. Vor
2
Vertragsschluss besichtigten die Käufer mit dem Zeugen R. , einem Mitar- beiter der Beklagten zu 3, die Wohnung. Der Zeuge R. wies die Käufer dabei auf einen Parkettschaden im Bereich der Terrassentür hin. Gegenstand des Gesprächs waren ferner starke Rostspuren an den Dachgauben, ein von der Eigentümergemeinschaft betriebenes selbständiges Beweisverfahren und die Insolvenz des Bauträgers, der das Objekt saniert hatte. Es folgte eine weitere Besichtigung durch den Zeugen W. , der von den Käufern mit der Ermittlung des Verkehrswertes der Wohnung beauftragt war. An dieser Besichtigung nahm ebenfalls der Zeuge R. teil.
3
Nach Vertragsschluss stellte ein von den Käufern beauftragter Bausachverständiger Mängel des Dachterrassenausbaus fest. Ferner übermittelte die Beklagte zu 3 auf Anforderung den Käufern das im selbständigen Beweisverfahren unter dem 13. Mai 2009 erstellte Gutachten.
4
Mit Schreiben vom 15. März 2010 fochten die Käufer den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Die Rückabwicklung des Kaufvertrages haben die Beklagten zu 1 und 2 akzeptiert. Im Streit ist die Haftung der Beklagten für die den Käufern entstandenen Kosten.
5
Der Kläger, an den die Käufer ihre Ansprüche abgetreten haben, hat die Beklagten zu 1 bis 3 auf Ersatz dieser Kosten in Anspruch genommen.
6
Das Landgericht hat der Klage auf der Grundlage einer Beweisaufnahme im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

II.

7
Das Berufungsgericht führt zur Begründung aus, dass entgegen der Ansicht des Landgerichts eine arglistige Täuschung durch den Zeugen R. , die sich die Beklagten zurechnen lassen müssten, nicht vorliege. Das Landgericht sei hinsichtlich des Feuchtigkeitsflecks an der Decke im Treppenhaus und der Feuchtigkeitsschäden im Keller schon unzutreffend von einer Aufklärungspflicht ausgegangen, da es sich jeweils um erkennbare Mängel gehandelt habe. Die Feststellung des Landgerichts, wonach der Zeuge R. den Käufern mitgeteilt habe, dass die im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens festgestellten Mängel nur unwesentlich seien und auf sie weitgehend nur anteilige Kosten für die Mängelbeseitigung am Dach in Höhe von 2.000 € bis 3.000 € zukämen, sei durch die Niederschriften der Vernehmung der Zeugen B. , S. und W. nicht gedeckt. Eine erneute Vernehmung der Zeugen sei nicht geboten. Die von der Vorinstanz abweichende Würdigung werde auf Umstände gestützt , die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe der Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit der Aussagen beträfen. Im Übrigen fehle es auch an hinreichendem Vortrag des Klägers zur Kausalität etwaiger falscher Auskünfte und zur Arglist des Zeugen R. .

III.

8
Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
9
1. Das Berufungsgericht hat die Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es deren Aussagen anders gewürdigt hat als das Landgericht. Dies verletzt den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291).
10
a) Grundsätzlich steht es im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Diesem Ermessen sind jedoch Grenzen gezogen. Im Einzelfall kann es sich zur Rechtspflicht auf Wiederholung der Zeugenvernehmung verdichten (BGH, Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500 mwN). So ist eine erneute Vernehmung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter anderem dann geboten, wenn das Berufungsgericht der Aussage eine andere Tragweite, ein anderes Gewicht oder eine vom Wortsinn abweichende Auslegung geben will oder wenn es die protokollierten Angaben des Zeugen für zu vage und präzisierungsbedürftig hält (BGH, Urteil vom 30. September 1992 - VIII ZR 196/91, NJW 1993, 64 unter II 2 a, insoweit in BGHZ 119, 283 nicht abgedruckt; Beschluss vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10, MDR 2011, 1133). Allerdings ist es dem Berufungsgericht nicht grundsätzlich verwehrt, die Aussage eines erstinstanzlich gehörten Zeugen ohne wiederholte Vernehmung entgegen der Würdigung des Erstrichters für nicht zur Beweisführung ausreichend zu erachten. Dies setzt voraus, dass keine Zweifel über die Vollständigkeit und Richtigkeit der protokollierten Aussage bestehen. Demgegenüber ist eine erneute Vernehmung geboten, wenn das Berufungsgericht die protokollierte Aussage anders verstehen will als die Richter der Vorinstanz, und zwar insbesondere dann, wenn die Aussage des Zeugen widersprüchlich oder mehrdeutig ist und es für die Auffassung des Erstrichters nicht an jedem Anhaltspunkt in der protokollierten Aussage fehlt (BGH, Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500).
11
b) Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht beachtet. Für die Beweiswürdigung des Landgerichts ergeben sich Anhaltspunkte aus den protokollierten Zeugenaussagen.
12
aa) Das Landgericht konnte die Aussagen der Zeugen B. undS. dahingehend verstehen, dass der Zeuge R. ihnen gegenüber angegeben habe, die im selbständigen Beweisverfahren durch einen Sachverständigen festgestellten Mängel seien nur unwesentlich. Der Zeuge B. hat ausweis- lich der Vernehmungsniederschrift ausgesagt, der Zeuge R. sei darauf zu sprechen gekommen, dass es kleinere Probleme gebe, da sich Mängel herausgestellt hätten, die wohl auch Gegenstand eines Beweissicherungsverfahrens gewesen seien. Der Bauträger sei mittlerweile in der Insolvenz. Daher könnten dort keine Ansprüche mehr geltend gemacht werden. Der Zeuge R. habe dann gesagt, dass es sich um mehrere kleinere, unwesentliche Mängel handele. Die Zeugin S. hat bekundet, der Zeuge R. habe angegeben, dass sich der Bauträger in der Insolvenz befinde und daher keine Ansprüche gegen diesen mehr geltend gemacht werden könnten. Es sei aber so, dass hier nur noch unwesentliche Mängel behoben werden müssten. Beide Aussagen lassen insbesondere bei Berücksichtigung ihres Gesamtzusammenhanges zwanglos den vom Landgericht gezogenen Schluss zu. Wenn das Berufungsgericht aus der protokollierten Formulierung „wohl auch“ darauf schließen will, dass sich der Zeuge B. nicht sicher gewesen sei, ob sich die Angabe des ZeugenR. hinsichtlich des Vorliegens von unwesentlichen Mängeln auf das Ergebnis des selbständigen Beweisverfahrens bezogen habe, war es nach den genannten Maßstäben verpflichtet, den Zeugen B. erneut zu hören. Dies gilt auch für die Zeugin S. , wenn das Berufungsgericht bei deren Aussage die ausdrückliche Nennung von Mängeln, die in dem selbständigen Beweisverfahren durch den dort bestellten Sachverständigen festgestellt worden sind, vermisst.
13
bb) Nichts anderes gilt, soweit das Berufungsgericht für die Feststellung des Landgerichts, der Zeuge R. habe bei den Käufern den Eindruck erweckt , mit den anteiligen Kosten an der Dachsanierung im Umfang von 2.000 € bis 3.000 € werde es weitgehend sein Bewenden haben, keine tragfähige Grundlage sieht. Die Aussagen der Zeugen B. , S. und W. lassen die Würdigung des Landgerichts durchaus zu. Der Zeuge B. hat insoweit bekundet, dass der Zeuge R. ihnen bei der Besichtigung mitgeteilt habe, es kämen Reparaturkosten von 2.000 € bis 3.000 € auf sie zu. Das habe keinen bestimmten Posten betroffen. Er vermute, dass dies die rostigen Dachbleche betroffen habe. Er habe angenommen, dass die übrigen Mängel – nachdem dies hervorgehoben worden sei – nicht mehr ins Gewicht fallen und jedenfalls unter dieser Summe liegen würden. Die Zeugin S. hat bekundet, nach Darstellung des Zeugen R. hätten nur noch unwesentliche Mängel behoben werden müssen. Dabei sei es vor allem um Bleche an den Dachgau- ben gegangen. Zahlenmäßig habe die Reparatur zwischen 20.000 € und 30.000 € kosten sollen. Auf sie als Eigentümer solltenhiervon 10% entfallen. Schließlich hat der Zeuge W. bekundet, dass ihm der Zeuge R. gesagt habe, hinsichtlich der rostigen Bleche an den Dachgauben würden Kosten von 3.000 € bis 4.000 € anfallen. Der Zeuge W. konnte sich dabei nicht mehr daran erinnern, ob damit der auf die Käufer entfallende Anteil oder der Gesamtaufwand gemeint war. Das Landgericht konnte diese Aussagen in der von ihm vorgenommenen Gesamtschau dahingehend würdigen, dass der Zeuge R. die Größenordnung der auf die Käufer im Wesentlichen entfallenden Sanierungskosten beschreiben wollte. Wenn das Berufungsgericht diese Aussage dahingehend verstehen will, dass nur eine Aussage über die Kosten der Sanierung der Dachbleche getroffen und nicht zugleich der Eindruck erweckt worden sei, damit werde es weitgehend sein Bewenden haben, so wäre es verpflichtet gewesen, die Zeugen erneut zu vernehmen.
14
2. Die Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs ist entscheidungserheblich.
15
a) Ausgehend von der Beweiswürdigung des Landgerichts liegen unrichtige Angaben des Zeugen R. vor. Das im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens eingeholte Gutachten beschreibt Mängel an der Terrasse der Wohnung, Feuchtigkeitsschäden im Keller und Risse im Außenputz durch aufsteigende Feuchtigkeit. Den Kostenaufwand für die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden im Keller schätzt der Sachverständige auf 46.850 €. Den für die Beseitigung der weiteren Mängel erforderlichen Aufwand hat der Sachverstän- dige mit 52.050 € bemessen, wobei bei zwei Positionen die Beseitigungskosten noch nicht beziffert wurden. Der Zeuge R. hat daher ausgehend von den Feststellungen des Landgerichts mit seinen Angaben sowohl das Ausmaß der Mängel wie auch die Höhe der zu ihrer Beseitigung erforderlichen Kosten bagatellisiert.
16
Damit liegt zum einen eine Verletzung des zwischen den Käufern und der Beklagten zu 3 bestehenden Maklervertrages vor. Der Makler muss den Auftraggeber nicht nur über das aufklären, was unerlässlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird, sondern über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können; diese Erklärungen des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, dass sie seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (Senat, Urteil vom 31. Januar 2003 - V ZR 389/01, NJW-RR 2003, 700, 701 f.; BGH, Urteil vom 28. September 2000 - III ZR 43/99, NJW 2000, 3642). Zum anderen liegt eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung in Bezug auf den später mit den Beklagten zu 1 und 2 zustande gekommenen Kaufvertrag vor. Auch der Verkäufer darf keine beschwichtigenden oder bagatellisierenden Erklärungen abgeben , die ein unzutreffendes Bild vermitteln (Senat, Urteil vom 10. Juli 1987 - V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11). Die Klage kann gegenüber den Beklagten zu 1 und 2 auf einen solchen Anspruch gestützt werden. Zwar sind Ansprüche aus vorvertraglichem Verschulden, wenn es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht, grundsätzlich durch die vorrangigen Vorschriften über die Haftung des Verkäufers wegen Sachmängeln nach §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen. Das gilt jedoch nicht, wenn dem Verkäufer ein vorsätzliches Verhalten zur Last fällt (Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 210 ff.).
17
b) Eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung durch den Zeugen R. ist auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts gegeben. Nach seiner eigenen Aussage kannte der Zeuge R. den Inhalt des im selbständigen Beweisverfahren erstellten Gutachtens nicht. Wenn er dann die darin festgestellten Mängel als unwesentlich bezeichnet und den Anschein hervorruft, dass auf die Käufer für eine umfassende Mängelbeseitigung lediglich Kosten in Höhe von 2.000 € bis 3.000 € zukämen, so hat er in Kenntnis einer gegebenen Mängelsituation ohne hinreichende Tatsachengrundlage „ins Blaue hinein“ Angaben gemacht, die zu deren Bagatellisierung beitrugen. Bei einer derartigen Sachlage hätte der Zeuge R. zumindest billigend in Kauf genommen, dass seine Angaben zum Umfang der Mängel und der Höhe der Beseitigungskosten falsch sein können. Dies begründet den Vorwurf der Arglist (vgl. Senat, Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, NJW-RR 2012, 1078 Rn. 28 mwN).
18
c) Das Handeln des Zeugen R. müssen sich auch die Beklagten zu 1 und 2 nach § 278 BGB zurechnen lassen. Da die Beklagte zu 3 nach den Feststellungen des Landgerichts mit Wissen und Wollen der Beklagten zu 1 und 2 als deren Repräsentantin aufgetreten und im Rahmen der Erfüllung von Aufgaben tätig geworden ist, die typischerweise ihnen oblegen haben, ist sie als deren Erfüllungsgehilfin anzusehen (BGH, Urteil vom 14. November 2000 - XI ZR 336/99, NJW 2001, 358 f.; Senat, Urteile vom 27. November 1998 - V ZR 344/97, NJW 1999, 638, 639 und vom 2. Juni 1995 - V ZR 52/94, NJW 1995, 2550, 2551).
19
d) Soweit das Berufungsgericht davon ausgeht, dass der Kläger darzulegen und zu beweisen hat, die Käufer hätten bei Kenntnis der Mängel bzw. ihres Ausmaßes den Kaufvertrag nicht geschlossen, ist dies rechtsfehlerhaft. Zwar trägt der Anfechtende für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 123 Abs. 1 BGB die Darlegungs- und Beweislast (Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65). Vorliegend verlangt der Kläger jedoch von den Beklagten zu 1 bis 3 den Ersatz des Vertrauensschadens wegen (vor)vertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen (§ 311 Abs. 2 Nr. 1, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB). Ist erwiesen, dass die aufklärungspflichtige Person ihre Pflicht verletzt hat, so obliegt es im Rahmen solcher Schadensersatzansprüche dieser darzulegen und zu beweisen, dass der Käufer den Vertrag auch bei gehöriger Offenbarung des Mangels geschlossen hätte (BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 121 ff.; Senat, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 mwN; dagegen kommt es bei der Sachmängelhaftung nicht darauf an, ob das Verschweigen des Mangels für den Kaufentschluss ursächlich war: Senat, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10, BGHZ 190, 272, 276 f.).

IV.

20
Der Senat hat von der auch im Verfahren nach § 544 Abs. 7 ZPO bestehenden Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO (dazu: Senat, Beschluss vom 1. Februar 2007 - V ZR 200/06, NJW-RR 2007, 1221, 1222) Gebrauch gemacht. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
21
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf eine Erkennbarkeit von Feuchtigkeitsschäden , die lediglich einen Teil der im selbständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel betreffen, ist nicht tragfähig. Zwar kann der Käufer für Mängel, die einer Besichtigung zugänglich und damit erkennbar sind, eine Aufklärung nicht erwarten, weil er solche Mängel bei der im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (Senat, Urteil vom 2. Februar 1996 - V ZR 239/94, BGHZ 132, 30, 34 mwN). Dabei kommt es indes stets auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere darauf an, ob der Käufer bei einer dem allgemein Üblichen entsprechenden Besichtigung überhaupt die Möglichkeit der Mängelwahrnehmung hat (Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 10. Aufl., Rn. 997). In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers übergangen, wonach eine Besichtigung des Kellers durch die Käufer nicht möglich gewesen sei, weil der Zeuge R. ihnen erklärt habe, nicht im Besitz des Schlüssels zum Keller zu sein. Zwar ist vor Vertragsschluss noch eine Besichtigung durch den von den Käufern beauftragten Sachverständigen erfolgt. Diesbezüglich fehlt es jedoch an Feststellungen, welche Räume für diesen zugänglich und welche Feuchtigkeitserscheinungen in diesen sichtbar waren. Der Hinweis des Berufungsgerichts auf Lichtbilder eines Kellerraums, der der streitgegenständlichen Wohnung nicht zuzuordnen ist, ist vor diesem Hintergrund zur Feststellung einer Erkennbarkeit für die Käufer nicht ausreichend. Dies gilt auch für den schlichten Verweis auf einen an der Decke im Treppenhaus befindlichem Feuchtigkeitsfleck. Nähere Feststellungen zur Erkennbarkeit des Flecks in der konkreten Situation und Einordnung der Verfärbung als Feuchtigkeitsfleck für die Käufer hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Hinzu kommt, dass der Zeuge R. sowohl gegenüber den Käufern als auch gegenüber dem Zeugen W. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts das Vorliegen anderer als der ausdrücklich angesprochenen Mängel gerade bagatellisiert hat.

V.

22
Von einer weitergehenden Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
23
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 3, § 4 ZPO. In dem vom Landgericht zugesprochenen Betrag sind Rechtsanwaltskosten in Höhe von 6.013,78 € enthalten,die im Hinblick auf die nicht streitgegenständliche Rück- abwicklung des Kaufvertrages angefallen sind. Diese sind als streitwerterhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2009 - VI ZB 60/07, FamRZ 2009, 867).
Stresemann Czub Brückner Weinland Kazele
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 11.07.2011 - 25 O 17486/10 -
OLG München, Entscheidung vom 12.09.2012 - 15 U 4009/11 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Apr. 2013 - V ZR 231/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Apr. 2013 - V ZR 231/12

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Apr. 2013 - V ZR 231/12 zitiert 13 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 544 Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde). (2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn1.der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Eur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 4 Wertberechnung; Nebenforderungen


(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht,

Zivilprozessordnung - ZPO | § 398 Wiederholte und nachträgliche Vernehmung


(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen. (2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Proze

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Bundesgerichtshof Urteil, 12. Juli 2018 - I ZR 152/17

bei uns veröffentlicht am 12.07.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 152/17 Verkündet am: 12. Juli 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juli 2015 - V ZR 245/14

bei uns veröffentlicht am 22.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 245/14 vom 22. Juli 2015 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juli 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinl

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(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 3/09
vom
14. Juli 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO § 529 Abs. 1 Nr. 1; § 398, § 544 Abs. 7
Würdigt das Berufungsgericht eine Zeugenaussage anders als das erstinstanzliche
Gericht, ohne den Zeugen selbst zu vernehmen, liegt darin ein Verstoß
gegen das rechtliche Gehör der benachteiligten Partei (im Anschluss an
BVerfG, NJW 2005, 1487 und BGH, Beschluss vom 5. April 2006 - IV ZR
253/05, FamRZ 2006, 946).
BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09 - OLG Hamm
LG Essen
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Juli 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger
und Dr. Hessel sowie den Richter Dr. Schneider

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. November 2008 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde , an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 42.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus abgetretenem Recht ihres Geschäftsführers auf Zahlung des Kaufpreises in Höhe von 42.000 € nebst Zinsen für die Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils in Anspruch. Die Beklagte behauptet, bei Abschluss des Kaufvertrages sei vereinbart worden, dass der Kaufpreis mit einer persönlichen Darlehensschuld des Verkäufers gegenüber der "W. -Gruppe" (hier: der S. -GmbH) verrechnet werde; dadurch sei die Forderung erloschen.
2
Durch Vorbehaltsurteil vom 29. Januar 2007 ist die Beklagte im Urkundsprozess entsprechend den Anträgen der Klägerin verurteilt worden. Im Nachverfahren hat das Landgericht die Verrechnungsvereinbarung aufgrund der Aussagen der von der Beklagten benannten Zeugen R. , P. , B. und W. für bewiesen erachtet und deshalb die Klage unter Aufhebung des Vorbehaltsurteils abgewiesen.
3
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und das Vorbehaltsurteil unter Wegfall des Vorbehalts mit der Begründung aufrechterhalten, die Beklagte habe den Beweis für die behauptete Verrechnungsvereinbarung nicht erbracht. Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten.

II.

4
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO). Sie ist auch begründet und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlich vernommenen Zeugen entgegen § 529 Abs. 1 Nr. 1, § 398 Abs. 1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es deren Aussagen anders gewürdigt hat als das Landgericht. Diese rechtsfehlerhafte Anwendung des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verletzt den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, NJW 2005, 1487; BGH, Beschluss vom 5. April 2006 - IV ZR 253/05, FamRZ 2006, 946).
5
Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten Rechtszuges gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß § 398 Abs. 1 ZPO vernehmen, wenn es deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz (BGH, Urteil vom 28. November 1995 - XI ZR 37/97, NJW 1996, 663, unter III 3; Senatsurteil vom 8. Dezember 1999 - VIII ZR 340/98, NJW 2000, 1199, unter II 2 a, st. Rspr.). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (Senatsurteil vom 19. Juni 1991 - VIII ZR 116/90, NJW 1991, 3285, unter II 2 b aa; BGH, Urteil vom 10. März 1998 - VI ZR 30/97, NJW 1998, 2222, unter II 1 b). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Beschwerdeerwiderung nicht vor.
6
Das Landgericht hat die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen dahin gewürdigt, dass die in der Besprechung vom 31. Januar 2005 im Rahmen der beabsichtigten Auseinandersetzung nur skizzierte, aber noch nicht verbindlich vereinbarte Verrechnungsabrede bei dem späteren Abschluss des Anteilsübertragungsvertrages am 8. August 2005 (konkludent) vereinbart worden sei. Es hat dabei maßgeblich auf die Angaben der Zeugen zu den Hintergründen des Geschäftsanteilskaufs abgestellt. Danach sei der Anteilskauf von vornherein nur im Hinblick auf die von allen Beteiligten erstrebte gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung zwischen der W. -Gruppe und dem Geschäftsführer der Klägerin erfolgt, dem auf diese Weise die Möglichkeit habe eröffnet werden sollen, seine hohen Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der W. -Gruppe abzutragen. Vor diesem Hintergrund hat das Landgericht die vom Zeugen R. geschilderte Einschätzung, die Verrechnung sei für die Parteien bei Ab- schluss des Geschäftanteilskaufs selbstverständlich gewesen, für zutreffend erachtet. Das Berufungsgericht hat demgegenüber gemeint, dass sich der Aussage des Zeugen R. , der als einziger der vernommenen Zeugen bei dem Vertragsschluss am 8. August 2005 zugegen gewesen sei, ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien im Hinblick auf eine Verrechnungsabrede nicht entnehmen lasse. Somit hat das Berufungsgericht die Zeugenaussagen für unergiebig erachtet und abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung des Zeugen einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer abweichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die Zeugen erneut vernommen hätte. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Schneider
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 15.10.2007 - 3 O 382/06 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 05.11.2008 - I-8 U 5/08 -

(1) Das Prozessgericht kann nach seinem Ermessen die wiederholte Vernehmung eines Zeugen anordnen.

(2) Hat ein beauftragter oder ersuchter Richter bei der Vernehmung die Stellung der von einer Partei angeregten Frage verweigert, so kann das Prozessgericht die nachträgliche Vernehmung des Zeugen über diese Frage anordnen.

(3) Bei der wiederholten oder der nachträglichen Vernehmung kann der Richter statt der nochmaligen Beeidigung den Zeugen die Richtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den früher geleisteten Eid versichern lassen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 103/10
vom
21. Juni 2011
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Das Berufungsgericht hat einen Zeugen erneut zu vernehmen, wenn es dessen Aussage
anders verstehen oder würdigen will als das erstinstanzliche Gericht.
BGH, Beschluss vom 21. Juni 2011 - II ZR 103/10 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. Juni 2011 durch den Vorsitzenden
Richter Dr. Bergmann, den Richter Dr. Strohn, die Richterin
Dr. Reichart und die Richter Dr. Drescher und Sunder

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. April 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 170.000 € festgesetzt.

Gründe:

1
I. Der Kläger war Geschäftsführer und zu 50 % Gesellschafter der Beklagten. Wegen Meinungsverschiedenheiten mit dem anderen GeschäftsführerGesellschafter kam man überein, dass der Kläger seinen Geschäftsanteil veräußern solle. Dies geschah mit Vertrag vom 5. Februar 2009 zu einem Kaufpreis in Höhe von 1,285 Mio. €. In dem Vertrag ist nicht ausdrücklich geregelt, ob der Kläger weiter Geschäftsführer bleiben und sein Anstellungsvertrag fortbestehen sollte. Am 13. Februar 2009 beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten, den Kläger als Geschäftsführer abzuberufen und seinen Anstellungsvertrag aus wichtigem Grund fristlos, hilfsweise fristgerecht zu kündigen. Diese Erklärung ging dem Kläger am 16. Februar 2009 zu. Seit Mitte Februar 2009 zahlt die Beklagte dem Kläger kein Gehalt mehr.
2
Die Parteien streiten darum, ob im Zuge der Vertragsverhandlungen über die Veräußerung des Geschäftsanteils konkludent eine Vereinbarung des Inhalts zustande gekommen ist, dass mit seinem Ausscheiden als Gesellschafter auch der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer aufgehoben werde.
3
Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass sein Anstellungsvertrag bis zum 31. Dezember 2009 fortbestanden habe. Im Übrigen hat er beantragt, die Beklagte zur Zahlung seines Gehalts in Höhe von zuletzt insgesamt 145.664,41 € zu verurteilen.
4
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Die Beklagte begehrt mit der Beschwerde die Zulassung der Revision.
5
II. Die Beschwerde ist begründet. Das Berufungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten auf rechtliches Gehör verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO).
6
1. Das Berufungsgericht hat zwar festgestellt, im Hinblick auf die gerade bei der Führung der Geschäfte entstandenen persönlichen Spannungen sei keiner der Beteiligten davon ausgegangen, dass der Kläger nach seinem Aus- scheiden als Gesellschafter weiter als Geschäftsführer habe tätig werden sollen , da sonst die Auseinandersetzung im Übrigen weitgehend sinnlos gewesen wäre. Es hat aber nach dem Ergebnis der von dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme - abweichend vom Landgericht - eine einvernehmliche Aufhebung des Anstellungsvertrags des Klägers nicht feststellen können. Die Nichtzulassungsbeschwerde sieht darin zu Recht eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 4). Das Berufungsgericht durfte ohne erneute Vernehmung der Zeugen das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht anders würdigen als das Landgericht.
7
Grundsätzlich steht es allerdings im Ermessen des Berufungsgerichts, ob es Zeugen, die in der Vorinstanz bereits vernommen worden sind, nach § 398 Abs. 1 ZPO erneut vernimmt. Das Berufungsgericht ist zur nochmaligen Vernehmung jedoch verpflichtet, wenn es die protokollierten Zeugenaussagen anders verstehen oder würdigen will als die Vorinstanz. Eine erneute Vernehmung kann in diesem Fall allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Berufungsgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (st. Rspr., siehe etwa BGH, Beschluss vom 24. März 2010 - VIII ZR 270/09, BauR 2010, 1095 Rn. 7). Insbesondere wenn das erstinstanzliche Gericht über streitige Äußerungen und die Umstände, unter denen sie gemacht worden sind, Zeugen vernommen hat und es auf Grund einer Würdigung der Aussagen zu einem bestimmten Ergebnis gekommen ist, kann das Berufungsgericht diese Auslegung nicht verwerfen und zum gegenteiligen Ergebnis kommen, ohne zuvor die Zeugen erneut vernom- men zu haben (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - IV ZR 130/05, NJW 2007, 372 Rn. 23). So hat der Bundesgerichtshof etwa eine Pflicht zur nochmaligen Vernehmung eines Zeugen angenommen, wenn das erstinstanzliche Gericht die Worte "es war besprochen worden" dahin verstanden hat, der Zeuge habe damit ausdrücken wollen, die Parteien seien sich im Gespräch über den besprochenen Punkt einig geworden, während das Berufungsgericht diese Äußerung lediglich im Sinne einer ergebnislosen Erörterung werten will (BGH, Urteil vom 22. Mai 2002 - VIII ZR 337/00, NJW-RR 2002, 1500 f.; ebenso BGH, Beschluss vom 14. Juli 2009 - VIII ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn. 5 f.).
8
Das Berufungsgericht hat hier den Bekundungen der Zeugen ein anderes Gewicht und einen anderen Sinn beigemessen als das Landgericht. So hat das Landgericht die Aussage der Zeugin G. dahin verstanden, dass die Parteien schlüssig ihren Willen zur Aufhebung der Geschäftsführerposition - und damit im Zweifel auch zur Aufhebung des Anstellungsvertrages - bekundet hätten. Das Berufungsgericht meint dagegen, die Antwort des Klägers auf die Frage der Zeugin, was er nach seinem Ausscheiden aus der Beklagten machen werde, könne sich auch auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2009, dem Ende der Kündigungsfrist, bezogen haben. Die Aussage des Zeugen J. hat das Berufungsgericht nur ganz lückenhaft gewürdigt, nämlich nur im Hinblick auf die Frage nach der weiteren Tätigkeit des Klägers. Das Landgericht hat aber die Aussage dieses Zeugen dahin verstanden, dass der Kläger seinen Willen zur Aufhebung des Dienstvertrags deutlich erklärt habe und dafür auch schon der Zeitpunkt festgestanden hätte, nämlich der Ablauf der Einarbeitung des neuen Geschäftsführers. Das Berufungsgericht ist folglich zu einer von der- jenigen des Landgerichts abweichenden Würdigung der Zeugenaussagen gelangt , die es nicht ohne eine nochmalige Vernehmung hätte vornehmen dürfen.
9
2. Der Verfahrensfehler ist entscheidungserheblich.
10
Zum einen kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn es die Zeugen erneut vernommen und sich einen eigenen Eindruck verschafft hätte.
11
Zum anderen ist die Klage nicht schon aus anderen Gründen, nämlich wegen der fristlosen Kündigung des Anstellungsvertrages durch die Beklagte, unbegründet. Denn das Berufungsgericht hat diese Kündigung mangels eines Kündigungsgrundes i.S. des § 626 Abs. 1 BGB als unwirksam angesehen.
Bergmann Strohn Reichart Drescher Sunder
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 23.07.2009 - 11 O 6/09 -
OLG Celle, Entscheidung vom 28.04.2010 - 9 U 86/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 389/01 Verkündet am:
31. Januar 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 4. Oktober 2001 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Abweisung der gegen die Beklagte zu 2 und gegen den Beklagten zu 3 gerichteten Klage bestätigt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin beabsichtigte den Erwerb einer Immobilie in den neuen Bundesländern. Die Finanzierung sollte die Beklagte zu 1 erbringen. Nachdem ein im Jahr 1995 abgeschlossener Kaufvertrag nicht durchgeführt worden war, beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 2, die auch als Maklerin tätig ist, mit der Beschaffung eines anderen Objekts.

Mit Schreiben vom 20. August 1997 übermittelte die Beklagte zu 1 als Vertreterin der Beklagten zu 2 der Klägerin ein Angebot über das Objekt und teilte ihr mit, daß ein Mietinteressent vorhanden sei, der die Gewerbeeinheit zu einem Mietpreis von 25 DM/qm anmieten wolle.
In der Folgezeit erhielt die Klägerin einen unter dem 19. September 1997 unterzeichneten Geschäftsraummietvertrag, abgeschlossen zwischen einer aus dem Beklagten zu 3 und einem Dritten bestehenden Objektgesellschaft als Vermieter und dem Steuerberater B. als Mieter; danach sollte das Objekt auf zehn Jahre zu einem Nettomietzins von 3.300 DM pro Monat vermietet gewesen sein. B. , der mit dem Beklagten zu 3 in persönlichem und geschäftlichem Kontakt stand, war zu der Zeit noch Mieter in einem anderen Objekt des Beklagten zu 3. Dort war er mit der Bezahlung von zwei Monatsmieten im Rückstand. Bereits 1996 war gegen ihn eine Haftandrohung zur Erzwingung der Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ergangen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 26. September 1997 erwarb die Klägerin von dem Beklagten zu 3 für 588.039,56 DM die Teileigentumseinheit. In Abschnitt IV Nr. 6 heißt es unter der Überschrift "Lastenübernahme":
"Es besteht ein Mietverhältnis. Das bestehende Mietverhältnis wird vom Erwerber übernommen. Der Inhalt des Vertrages ist dem Erwerber bekannt. Der Veräußerer sichert zu, daß - zur Zeit keine Mietrückstände bestehen,
- keine Mietstreitigkeiten außergerichtlich oder gerichtlich geführt werden."
B. bezog die von der Klägerin erworbene Gewerbeeinheit nicht; er zahlte auch keine Miete.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 3 habe die finanzielle und persönliche Situation B. gekannt; sie meint, er habe sie auf Zweifel an dessen Bonität hinweisen müssen. Auch habe der Beklagte zu 3 in dem Kaufvertrag zu Unrecht das Bestehen eines Mietverhältnisses und das Fehlen von Mietrückständen hinsichtlich des anderen Objekts und der Mietkaution versichert. Weiter behauptet die Klägerin, die Beklagte zu 1 habe die fehlende Zahlungsfähigkeit B. gekannt. Nach ihrer Auffassung muß sich die Beklagte zu 2 diese Kenntnis zurechnen lassen. Auch seien die Beklagten zu 1 und zu 2 verpflichtet gewesen, die Bonität B. zu prüfen oder auf die unterlassene Prüfung hinzuweisen.
Die Klägerin hat von den Beklagten die Zahlung von Mietausfall in Höhe von 58.335,25 DM nebst Zinsen verlangt; weiter hat sie die Feststellung beantragt , daß die Beklagten ihr zur Erstattung der künftig fällig werdenden Mietzinsen verpflichtet sind. Hilfsweise hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 588.039,56 DM Zug um Zug gegen Übertragung des Kaufgegenstands auf die Beklagten als Gesamtberechtigte und die Feststellung erstrebt , daß die Beklagten verpflichtet sind, sie von sämtlichen Ansprüchen der Beklagten zu 1 freizustellen, die über den zurückzuzahlenden Kaufpreis hinausgehen , und daß sie auch verpflichtet sind, ihr die bereits an die Beklagte zu 1 erbrachten Darlehensrückzahlungen zu erstatten.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre Haupt- und Hilfsanträge weiter verfolgt hat, ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, erstrebt die Klägerin weiterhin die Durchsetzung der Klage.

Entscheidungsgründe:

I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten zu 3 aus § 463 S. 1 BGB a.F., weil er das Bestehen eines Mietvertrags oder einen Mietertrag nicht zugesichert habe. Auch hafte der Beklagte zu 3 nicht aus § 463 S. 2 BGB a.F., weil die Klägerin kein arglistiges Verhalten bewiesen habe. Ebenso scheide ein Anspruch gegen den Beklagten zu 3 aus c.i.c. aus. Mangels Vorsatzes bestehe auch kein Anspruch gegen ihn aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB. Die Beklagte zu 2 hafte mangels einer Pflichtverletzung nicht; die Zurechnung des Wissens von Mitarbeitern der Beklagten zu 1 sei nicht geboten. Schließlich bestehe auch kein Anspruch gegen die Beklagte zu 1; sie habe keine Maklerleistungen erbracht und keine Pflichten aus dem Kreditverhältnis verletzt.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

II.


1. Zu Unrecht versagt das Berufungsgericht der Klägerin einen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten zu 3.

a) Allerdings rügt die Revision ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 463 S. 1 BGB a.F. wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft verneint. Zutreffend geht es nämlich davon aus, daß nur die in einem Kaufvertrag enthaltenen und ausdrücklich zum Gegenstand der Vereinbarungen gemachten Angaben über tatsächlich erzielte Mieterträge als Zusicherung einer Eigenschaft zu verstehen sind, wenn der Käufer nicht aufgrund besonderer Umstände andere Vorstellungen über den Wert des Kaufgrundstücks hegt, als sie nach der Verkehrsanschauung bei solchen Objekten mit dem zugesicherten Mietertrag verbunden sind (Senat, Urt. v. 30. März 2001, V ZR 461/99, WM 2001, 1155, 1156 f m.w.N.). Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer Aufnahme der ab Fertigstellung des Objekts zu erzielenden Mieterträge in den Kaufvertrag. Es sind weder konkrete Mieteinnahmen in der Vertragsurkunde selbst genannt noch durch Verweis auf das Verkaufsangebot der Beklagten zu 1 oder den der Klägerin vor Vertragsschluß übergebenen Mietvertrag einbezogen. Danach fehlt die Angabe eines bestimmten Mietertrags , der Gegenstand einer Zusicherung sein könnte.

b) Fehlerfrei verneint das Berufungsgericht auch einen Anspruch der Klägerin aus § 463 Satz 2 BGB a.F. wegen arglistigen Verschweigens eines Fehlers. Ob ein errichtetes Gewerbeobjekt bereits vermietet ist, kann zwar Gegenstand einer Beschaffenheitsangabe i.S.d. § 459 Abs. 1 BGB a.F. sein. Das Berufungsgericht hat sich jedoch nicht davon überzeugen können, daß der Be-
klagte zu 3 die Vermietung in arglistiger Absicht vorgespiegelt hat. Diese tat- richterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird abgesehen (§ 565a ZPO a.F.).

c) Zu Unrecht verneint das Berufungsgericht jedoch eine Haftung des Beklagten zu 3 aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsabschluß (culpa in contrahendo) wegen unterlassener Aufklärung über Zweifel an der Bonität des Mieters B. .
Allerdings ist dem Berufungsgericht im Ansatz darin zu folgen, daß der Verkäufer einer Gewerbeeinheit grundsätzlich nicht verpflichtet ist, dem Käufer ungefragt Angaben zu etwaigen negativen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Mieters des Objekts zu machen. Aus den konkreten Umständen des Einzelfalls kann sich jedoch auch etwas anderes ergeben. So verhält es sich hier. Die Tatsache, daß der Beklagte zu 3 der Klägerin unter Bezugnahme auf den Inhalt des ihr vorher zugeleiteten Mietvertrags mit dem Zeugen B. in dem Kaufvertrag versichert hat, daß "zur Zeit keine Mietrückstände bestehen (und) keine Mietstreitigkeiten außergerichtlich oder gerichtlich geführt werden", war irreführend und geeignet, bei der Klägerin den falschen Eindruck zu erwecken, als sei die Immobilie an jemanden vermietet, dessen Bonität bei Vertragsabschluß außer Zweifel stehe. Der Beklagte zu 3 durfte daher der Klägerin nicht die ihm bekannten Umstände verschweigen, die einem solchen Eindruck entgegenstanden, die also Zweifel daran aufkommen lassen konnten, ob der Zeuge B. den Mietvertrag auch werde erfüllen können.

Nach den von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen wurde der Zeuge B. wegen Alkoholkrankheit seit Ende 1996 fast durchgehend in verschiedenen Krankenanstalten behandelt. Die Krankheit war vor Abschluß des Mietvertrags offen ausgebrochen, so daß er seine Praxis als Steuerberater vom Krankenzimmer aus leiten und sein altes Büro am Holzmarkt aufgeben mußte, weil es infolge des Geschäftsrückgangs zu teuer wurde. Ob der Beklagte zu 3 von alledem Kenntnis besaß oder nicht, stellt das Berufungsgericht nicht fest, sondern läßt es offen, weil es diese Kenntnis für nicht entscheidend hält. Das greift die Revision zu Recht an. Denn wenn er die von der Klägerin behauptete Kenntnis hatte, hätte der Beklagte zu 3 ihr die gesamten Umstände mitteilen müssen, weil sich daraus unschwer das Risiko ergab , daß der Zeuge B. den Mietvertrag nicht werde erfüllen können. Zumindest hätte der Beklagte zu 3 es fahrlässig unterlassen, die Klägerin vor einem von ihm hervorgerufenen Irrtum über die Bonität des Zeugen als Mieter zu bewahren.
2. Zu Unrecht versagt das Berufungsgericht der Klägerin einen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte zu 2. Sie hat nämlich ihr obliegende Aufklärungspflichten aus dem Maklervertrag verletzt (pFV.).

a) Ohne Erfolg bleibt die von dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten zu 2 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobene Rüge, die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 habe den von dem Beklagten zu 3 abgeschlossenen Mietvertrag an die Klägerin weitergegeben, entspreche nicht dem Sachvortrag der Klägerin und sei jedenfalls von den Beklagten zu 1 und zu 2 bestritten worden. Diese tatsächliche Feststellung hat
das Berufungsgericht in zulässiger Weise in den Entscheidungsgründen seines Urteils mit tatbestandlicher Wirkung (§ 314 ZPO) getroffen (vgl. Senat, BGHZ 119, 300, 301). Das gilt selbst dann, wenn zwischen dem Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und der Wiedergabe des Parteivorbringens in dem angefochtenen Urteil ein Widerspruch bestünde; denn in einem solchen Fall sind die Ausführungen in dem Urteil maßgeblich (vgl. BGHZ 140, 335, 339). Die Beweiskraft des Tatbestands könnte nur dann entfallen, wenn er in sich widersprüchlich wäre (BGHZ aaO). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Zwar hat das Berufungsgericht in dem Tatbestand seiner Entscheidung wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands umfassend auf die zwischen den Parteien in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze verwiesen. Aber aus diesen Schriftsätzen ergibt sich nichts, was der gerügten Feststellung entgegensteht. Vielmehr hat die Klägerin auf Seite 6 ihres Schriftsatzes vom 6. Juni 2000 vorgetragen , daß der - für die Beklagte zu 2 handelnde - Zeuge P. mit Schreiben vom 19. September 1997 den von dem Zeugen B. unterzeichneten Mietvertrag an die Klägerin übersandt hat. Das haben die Beklagten zu 1 und zu 2 nicht bestritten. Somit ist die gerügte Feststellung für den Senat bindend (§ 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).

b) Der Makler muß den Auftraggeber nicht nur über das aufklären, was unerläßlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können; diese Erklärungen des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, daß sie seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (BGH, Urt. v. 28. September 2000, III ZR 43/99, WM 2001, 92 f). Davon geht auch das Berufungsgericht aus. Nicht zu folgen ist ihm jedoch darin, daß die Beklagte zu 2 keine Veranlassung gehabt habe, die Klä-
gerin darauf hinzuweisen, daß sie die Bonität des Mieters B. nicht ge- prüft habe. Wenn nämlich, was das Berufungsgericht unterstellt, die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2 deutlich gemacht hatte, daß es ihr darauf ankam , daß das anzukaufende Objekt gut vermietet sei, dann durfte die Beklagte zu 2 sich nicht einfach mit der Weiterleitung des mit dem Zeugen B. abgeschlossenen Mietvertrags an die Klägerin begnügen, sondern mußte entweder prüfen, ob der Mietvertrag den von der Klägerin gestellten Anforderungen entsprach oder aber darauf hinweisen, daß sie diese Prüfung nicht vorgenommen habe. Dies war umso notwendiger, als der Mitarbeiter P. der Beklagten zu 1 als Vertreterin der Beklagten zu 2 der Klägerin mit Schreiben vom 20. August 1997 mitgeteilt hatte, die Immobilie weise eine "gesicherte Vermietbarkeit an einen auserlesenen Interessentenkreis" auf. Auch soll P. die Klägerin auf einen "etablierten Steuerberater" als Mietinteressenten hingewiesen haben, der die Quadratmetermiete von 25 DM bezahlen könne und wolle. Da P. insoweit für die Beklagte zu 2 handelte, mußte die Klägerin den Eindruck gewinnen, der in dem ihr übersandten Mietvertrag aufgeführte Mieter sei jener etablierte Steuerberater, der zu dem "erlesenen Interessentenkreis" gehöre. Die Beklagte zu 2 hätte daher die Klägerin darüber aufklären müssen, daß sie hinsichtlich der Bonität des Mieters über keinerlei Informationen verfüge. Auf die Frage, ob die Beklagte zu 2 sich das Wissen der Kreditabteilung der Beklagten zu 1 zurechnen lassen muß, kommt es danach nicht an.
3. Zu Recht verneint das Berufungsgericht dagegen eine Haftung der Beklagten zu 1. Nach den getroffenen Feststellungen ist die Beklagte zu 1 nicht selbst als Maklerin, sondern nur in Vertretung der als Maklerin aufgetretenen Beklagten zu 2 tätig geworden. Die hiergegen erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer nähe-
ren Begründung wird abgesehen (§ 565a ZPO a.F.). Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht auch eine Eigenhaftung der Beklagten zu 1 als Vertreterin der Beklagten zu 2. Die Voraussetzungen einer solchen Haftung (BGHZ 88, 67, 69; BGH, Urt. v. 1. Juli 1991, II ZR 180/90, ZIP 1991, 1140, 1142; BGHZ 126, 181, 189; BGH, Urt. v. 13. Juni 2002, VII ZR 30/01, WM 2003, 34, 35) sind nicht erfüllt. Die hierzu getroffenen Feststellungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
4. Nach alledem hat das angefochtene Urteil im Kostenpunkt und insoweit keinen Bestand, als es die Abweisung der gegen die Beklagte zu 2 und gegen den Beklagten zu 3 gerichteten Klage bestätigt hat. Hinsichtlich des Beklagten zu 3 muß das Berufungsgericht aufklären, ob er die Einzelheiten des Krankheitszustands des Zeugen B. und den darauf beruhenden Geschäftsverfall kannte. Hinsichtlich der Klage gegen die Beklagte zu 2 ist aufzuklären , ob die Klägerin die Beklagte zu 2 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, daß es ihr auf eine gute Vermietung des Objekts ankam.
Wenzel Tropf Klein Lemke Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 43/99 Verkündet am:
28. September 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
------------------------------------
Zur Haftung des Maklers für fehlerhafte Angaben und zu seiner Pflicht,
solche Angaben richtig zu stellen.
BGH, Urteil vom 28. September 2000 - III ZR 43/99 - OLG Frankfurt a.M.
LG Frankfurt a.M.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2000 durch die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa, Dörr
und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 2. Zivilsenat - vom 20. November 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Aufgrund einer Immobilienkurzbeschreibung eines Einfamilienhauses, in der es unter anderem hieß, "die Einliegerwohnung ist ebenso realisierbar wie Wohnen und Arbeiten", nahmen die Kläger Verbindung mit der beklagten Maklerin auf. Diese übersandte den Klägern mit Telefax vom 2. Februar 1996, das die Provisionserwartung enthielt, ein Exposé, in dem unter anderem eine Wohnfläche im Souterrain/Einliegerwohnung von 67,90 qm ausgewiesen ist.
Nach der Besichtigung des Objekts unterzeichneten die Klägerin zu 2) und die Beklagte am 5. Februar 1996 eine Reservierungsvereinbarung. Die Kläger erhielten von der Beklagten noch das Original des Exposés, dem ein Plan beigefügt war, in welchem drei Räume des Untergeschosses als "Zimmer" bezeichnet waren. Nach unmittelbaren Verhandlungen mit den Verkäufern erwarben die Kläger die Immobilie mit notariellem Kaufvertrag vom 21. Februar 1996 zu einem Kaufpreis von 750.000 DM und zahlten an die Beklagte die auf dieser Grundlage berechnete Provision von 43.125 DM.
Im März 1996 erfuhren die Kläger vom Kreisbauamt, die Räume im Untergeschoß seien nicht als Wohnräume genehmigt. In den Originalbauplänen sind die in Rede stehenden Räume mit dem Stempelaufdruck "kein Aufenthaltsraum" versehen. Mit der Behauptung, der Beklagten seien die Originalbaupläne bekannt gewesen und sie hätten bei Kenntnis dieses Umstandes die Immobilie nicht zu einem Preis von 750.000 DM gekauft, verlangen die Kläger als Schadensersatz den Betrag, um den das Haus wegen der mangelnden Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung weniger wert sei, und den hierauf bezogenen Anteil der Maklerprovision. Ihre auf Zahlung von 130.019,52 DM nebst Zinsen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Die Revision der Kläger führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung noch möglich ist. Es verneint eine Schadensersatzpflicht der Beklagten, weil nicht nachgewiesen sei, daß der für die Beklagte tätig gewesene frühere Büroleiter W. gewußt, aber den Klägern verschwiegen habe, daß die Räume im Untergeschoß in der Baugenehmigung nicht als Wohnräume genehmigt gewesen seien. Die Beklagte habe auch nicht gegen die dem Makler obliegende Pflicht verstoßen, dem Auftraggeber keine unrichtigen Vorstellungen zu vermitteln. Zwar sei die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv falsch gewesen. Daß diese Aussage bereits insofern unrichtig gewesen sei, als eine Einliegerwohnung schon mangels einer Küche nicht vorhanden gewesen sei, hätten die Kläger selbst erkennen können. Für die Frage der Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung gelte dies zwar nicht. Insoweit treffe die Beklagte aber kein Verschulden. Der Beschaffenheit der Fußbodenbeläge habe der Büroleiter der Beklagten entnehmen können, daß die Voreigentümer die Räume als Wohnräume genutzt hätten. Für die Nutzbarkeit als Wohnräume hätten auch ihre Höhe und die großen Fenster zur Gartenseite gesprochen. Da die Kläger nicht behauptet hätten, daß die Möglichkeit der Nutzung einer Einliegerwohnung bei den Kaufverhandlungen eine Rolle gespielt hätte, habe der Büroleiter der Beklagten keinen Anlaß gehabt, diese Frage näher zu prüfen; er habe sich mit dem sich aufdrängenden Augenschein zufrieden geben dürfen.

II.


Diese Beurteilung hält den Rügen der Revision in einem maßgebenden Punkt nicht stand.
1. Der Makler steht - wie das Berufungsgericht nicht verkennt - zu seinem Auftraggeber als dessen Interessenvertreter in einem besonderen Treueverhältnis , aus dem sich für ihn bei der Erfüllung seiner Aufgabe bestimmte Nebenpflichten ergeben. Eine sachgemäße Interessenwahrnehmung gebietet regelmäßig , den Auftraggeber nicht nur über das aufzuklären, was unerläßlich ist, damit dieser vor Schaden bewahrt wird, sondern auch über alle dem Makler bekannten Umstände, die für die Entschließung des Auftraggebers von Bedeutung sein können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 1981 - IVa ZR 244/80 - NJW 1981, 2685 f). Wieweit die Unterrichtungspflicht im einzelnen zu ziehen ist, hängt von den Umständen des konkreten Falles ab. Ist der Makler hiernach zu einer Unterrichtung seines Auftraggebers verpflichtet, gebietet es die von ihm wahrzunehmende Sorgfalt, keine Informationen zu erteilen, für die es an einer hinreichenden Grundlage fehlt. Steht ihm eine solche nicht zur Verfügung oder kann er sie sich nicht verschaffen, muß er - ebenso wie der Bundesgerichtshof dies für den Anlagevermittler entschieden hat (vgl. Urteil vom 25. November 1981 - IVa ZR 286/80 - NJW 1982, 1095, 1096; Senatsurteile vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - NJW-RR 1993, 1114, 1115 und vom 13. Januar 2000 - III ZR 62/99 - NJW-RR 2000, 998) - zumindest diesen Umstand offenlegen. Die Erklärungen des Maklers müssen insgesamt so beschaffen sein, daß sie bei seinem Kunden keine unzutreffenden Vorstellungen vermitteln (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 197/89 - NJW-RR 1991, 627, 628). Hier-
aus folgt für den Makler, der sich in Verhandlungen mit einem Kunden befindet, ebenso wie für den Anlagevermittler im Rahmen eines stillschweigend geschlossenen Auskunftsvertrags (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1997 - III ZR 278/95 - NJW 1998, 448), auch die Pflicht, fehlerhafte Angaben richtig zu stellen.
2. Gemessen an diesen Maßstäben kann nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts eine schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten der Beklagten nicht verneint werden.

a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Aussage im Exposé, das Haus verfüge über eine Einliegerwohnung, objektiv unrichtig war. Insoweit liegt eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten vor; denn für ihre Aussage im Exposé fehlte es ihr an jeder Grundlage. Soweit das Berufungsgericht diesem Umstand haftungsrechtlich keine Bedeutung beimißt, weil die Kläger im Rahmen der Besichtigung das Nichtvorhandensein der Einliegerwohnung wahrgenommen hätten, ist seine Entscheidung nicht zu beanstanden.

b) Demgegenüber konnten die Kläger bei der Besichtigung nicht erkennen , daß die in Frage stehenden Räume im Untergeschoß nicht als Aufenthaltsräume genehmigt waren. Mangels anderweitiger Feststellungen des Berufungsgerichts muß im Revisionsverfahren ferner zugunsten der Kläger davon ausgegangen werden, daß - jedenfalls auch aus diesem Grund - die Angabe der Beklagten, im Untergeschoß des Hauses ließe sich eine Einliegerwohnung realisieren, unrichtig war.

c) Wegen der hierin liegenden Pflichtverletzung hat die Beklagte den ihr obliegenden Entlastungsbeweis nicht geführt. Das Berufungsgericht übersieht bzw. berücksichtigt nicht, daß die Beklagte auch für ihren Hinweis auf die Realisierbarkeit einer Eigentumswohnung im Untergeschoß keine ausreichende Grundlage hatte. Nach ihrem eigenen Vortrag hatten die Voreigentümer ihrem Büroleiter bei der Hereinnahme des Objekts anläßlich einer Besichtigung erklärt , ein Raum sei von ihrem Vater als Gymnastikraum benutzt worden, einen anderen hätten sie als Arbeitsraum bezeichnet, in einem dritten habe einer von ihnen gewohnt. Auch wenn diese Darstellung nicht in jeder Einzelheit mit den Bekundungen der als Zeugen vernommenen Verkäufer übereinstimmt, läßt sich ihr doch nichts für eine Information der Beklagten durch die Verkäufer entnehmen , im Untergeschoß des Hauses befinde sich eine Einliegerwohnung oder eine solche sei realisierbar. Deshalb hätte die Beklagte lediglich die Information der Verkäufer weitergeben dürfen, die fraglichen Räume im Untergeschoß seien von den Vorbesitzern als Wohnräume genutzt worden. Zu einer entsprechenden Richtigstellung ihrer ohne ausreichende Grundlage gemachten Aussagen in der Kurzbeschreibung und im Exposéwar die Beklagte spätestens im Zusammenhang mit der Besichtigung des Anwesens oder kurz danach verpflichtet. Denn da s ich ihre haltlose Aussage über das Vorhandensein einer Einliegerwohnung jedenfalls bei der Besichtigung herausstellte, bestand für sie Anlaß, auch ihre weitere Aussage über die Realisierbarkeit einer Einliegerwohnung zu überprüfen. Da die Beklagte nach ihrem Prozeßvortrag jedenfalls seinerzeit noch nicht die Erkundigungen beim Kreisbauamt eingeholt hatte, mit denen sie im anhängigen Rechtsstreit die Richtigkeit ihrer Angaben über die Realisierbarkeit der Einliegerwohnung dartun will, hätte eine solche Überprüfung ergeben, daß sie ihre zu weit gehenden Angaben hätte zurücknehmen
und sich auf eine Weitergabe der von den Verkäufern erteilten Informationen hätte beschränken müssen.
Gegen eine solche Verpflichtung kann nicht eingewandt werden, die Kläger hätten das Haus selbst nutzen wollen und an eine Vermietung der Räumlichkeiten im Untergeschoß nicht gedacht. Zum einen war der Beklagten dies nicht sicher bekannt, als sie im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluß des Maklervertrages das von ihr hereingenommene Objekt in der Kurzbeschreibung und im Exposé beschrieb. Vielmehr spricht der Umstand, daß der Kunde des Maklers auf einen solchen Nachweis eingeht und das Objekt sodann besichtigt, grundsätzlich für ein entsprechendes Interesse. Zum anderen ergibt sich aus der Bekundung des Zeugen K., daß bei der Besichtigung die Frage erörtert wurde, ob ein Raum als Küche genutzt werden könne. Dann stand aber ungeachtet der möglicherweise im Vordergrund stehenden Absicht der Kläger, das Haus selbst zu nutzen, auch für die Beklagte erkennbar die Möglichkeit der Einrichtung einer Einliegerwohnung als eine - vielleicht später zu realisierende - Option im Raum, die die Beklagte dazu verpflichtete, ihre wirklichen Kenntnisse zu offenbaren und von dem zu trennen, was zum damaligen Zeitpunkt Gegenstand bloßer Vermutungen war.

III.


Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).
1. Ist die Genehmigung der Nutzung des Untergeschosses als Einliegerwohnung nicht möglich, ist nach dem derzeitigen Sachstand grundsätzlich von einer Haftung der Beklagten auszugehen. Die Kläger, die am Kaufvertrag mit den Verkäufern festgehalten haben, können als Ersatz ihres Vertrauensschadens den Betrag verlangen, um den sie das Haus objektiv zu teuer erworben haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es ihnen bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen wäre, den Vertrag zu einem günstigeren Preis abzuschließen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1988 - VII ZR 83/88 - NJW 1989, 1793, 1794). Daß den Klägern, die einen Wert ihres Hauses von maximal 627.000 DM behauptet haben, überhaupt ein Schaden in dieser Hinsicht entstanden ist, haben sie zulässigerweise in das Wissen eines Sachverständigen gestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Wertfestsetzung nach § 19 Abs. 1, 2 KostO durch die Geschäftsstelle der Abteilung 6 a des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 21. November 1995 für die Beurteilung des den Klägern möglicherweise entstandenen Schadens ohne Bedeutung.
2. Einem Anspruch der Kläger steht auch nicht nach § 254 BGB entgegen, daß sie auf eine vom Zeugen G. T. bekundete Anregung nicht eingegangen sind, mit Rücksicht auf die bekannt gewordenen Umstände den Kauf rückgängig zu machen. Die Kläger, die nach ihrem Vortrag zu diesem Zeitpunkt schon mit der Renovierung des Hauses begonnen hatten, mußten sich wegen eines möglichen Fehlverhaltens der Beklagten nicht auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages einlassen, zumal die Frage noch völlig offen war, wer für die durch den Vertragsschluß bereits entstandenen und durch seine Rückgängigmachung weiter anfallenden Kosten hätte aufkommen sollen. Den Verkäufern war dies nicht anzusinnen. Daß die Beklagte bereit gewesen wäre, die Kläger hiervon zu entlasten, hat sie nicht dargetan.

3. Der Senat kann im gegenwärtigen Verfahrensstadium davon absehen, auf die Verfahrensrügen der Revision gegen die Würdigung des Berufungsgerichts einzugehen, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, daß dem Büroleiter der Beklagten der Originalbauplan bekannt gewesen sei. Das Berufungsgericht hat, sollte es hierauf im weiteren Verfahren ankommen, Gelegenheit, diesen Fragenkreis unter Berücksichtigung der von der Revision erhobenen Rügen erneut tatrichterlich zu würdigen.
Streck Schlick Kapsa Dörr Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 30/08 Verkündet am:
27. März 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später
aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen Mangel der
Kaufsache begründen, der ungefragt zu offenbaren ist; Fragen des Vertragspartners
müssen vollständig und richtig beantwortet werden.

b) Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragschluss sind im Sachbereich der §§
434 ff. BGB nach Gefahrübergang grundsätzlich ausgeschlossen; das gilt jedoch
zumindest dann nicht, wenn der Verkäufer den Käufer über die Beschaffenheit der
Sache arglistig getäuscht hat.
BGH, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08 - OLG Celle
LG Lüneburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Februar 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2006 kauften die Kläger von den Beklagten für 85.000 € ein Hausgrundstück unter Ausschluss der „Gewähr für Fehler und Mängel“. Das Wohngebäude war im Jahr 1980 in Fertigbauweise errichtet worden. Den Beklagten war vor dem Vertragsschluss bekannt, dass in der Fassade Asbestzementplatten verarbeitet wurden. Sie teilten dies den Klägern jedoch nicht mit, obwohl zuvor ein Kaufinteressent wegen der Asbestbelastung von seinen Kaufabsichten abgerückt war. Nach der Übergabe forderten die Kläger die Beklagten erfolglos auf, die Fassade im Wege der Nacherfüllung zu sanieren.
2
Die Kläger verlangen nunmehr Schadensersatz in Höhe von 38.455,34 € sowie die Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz weiterer Sanierungskosten verpflichtet sind. In dem (einzigen) Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht haben sie erstmals behauptet und unter Beweis gestellt, der Beklagte zu 1 habe vor Vertragsschluss auf Nachfrage des Klägers zu 1 wahrheitswidrig behauptet, er wisse nicht, aus welchem Material die Fassade sei. Dieses Vorbringen haben die Beklagten bestritten.
3
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, die Kläger könnten von den Beklagten nicht nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB Schadensersatz in Höhe der Kosten einer Asbestsanierung verlangen. Die Verkleidung der Außenwände des Gebäudes mit Asbestzementplatten stelle schon keinen Sachmangel dar, der Gegenstand einer Offenbarungspflicht hätte sein können. Die Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken werde nicht beeinträchtigt. Als Erwerber eines älteren Fertighauses hätten die Kläger mit einer Asbestbelastung rechnen müssen. Auf die von den Klägern behauptete Nachfrage nach dem Material der Fassade und die darauf von dem Beklagten zu 1 gegebene Antwort komme es nicht an. Ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) scheide aus. Nach Gefahrübergang bildeten die Vorschriften der §§ 434 ff. BGB eine abschließende Sonderregelung, soweit es um Merkmale der Sache gehe, die - wie hier die Freiheit von Asbest - einer Beschaffenheitsvereinbarung zugänglich seien.

II.

5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
1. Die Verneinung von Ansprüchen nach §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Baustoffe, die bei der Errichtung eines Wohnhauses gebräuchlich waren, später aber als gesundheitsschädlich erkannt worden sind, können einen offenbarungspflichtigen Mangel der Kaufsache begründen.
7
a) Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Sachmangel vorliegt, kommt es nicht auf das Baujahr des verkauften Hauses (hier 1980) an. Entscheidend ist vielmehr - wenn die Vertragsparteien wie hier keine Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB getroffen haben -, ob der Rechtsverkehr im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (hier 2006) ein älteres Wohnhaus, dessen Fassade aus Asbestzementplatten besteht, als uneingeschränkt geeignet ansieht für die gewöhnliche bzw. die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung (§ 434 Abs. 1 Satz 2 BGB).
8
Ob der bei Errichtung eines Gebäudes übliche oder als unbedenklich angesehene Einsatz bestimmter Techniken oder Materialien aufgrund des technischen Fortschritts oder besserer wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Bewertung der Kaufsache als mangelhaft führt, kann nicht schematisch für alle Fälle gleichermaßen beantwortet werden. Dazu sind die möglichen Sachverhaltskonstellationen - auch in ihren Auswirkungen - zu vielgestaltig. So kommt es etwa bei Altbauten mit Feuchtigkeitsschäden auf die Umstände des Einzelfalles an (Senat, Urt. v. 7. November 2008, V ZR 138/07, Rdn. 13, juris, m.w.N.; vgl. auch Senat, Urt. v. 16. Juni 1989, V ZR 74/88, Rdn. 17, juris), weil die Verwendbarkeit der Sache je nach Art und Ausmaß der Feuchtigkeitserscheinungen unterschiedlich in Mitleidenschaft gezogen wird und der Rechtsverkehr bei älteren Häusern von vornherein nicht die heute gültigen Trockenheitsstandards erwartet. Demgegenüber ist das Vorliegen eines offenbarungspflichtigen Mangels bei der Kontaminierung eines Grundstücks mit sog. Altlasten , deren Gefährdungspotential ursprünglich als nicht gegeben oder nur als geringfügig eingestuft, nunmehr aber als gravierend erkannt worden ist, zumindest in der Regel anzunehmen (vgl. Senat, Urt. v. 20. Oktober 2000, V ZR 285/99, NJW 2001, 64; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rdn. 213; vgl. auch BGH, Urt. v. 19. März 1992, III ZR 16/90, NJW 1992, 1953, 1954 f.). Insoweit besteht zwar eine Gemeinsamkeit mit dem Einsatz von Baumaterialien , die ein gravierendes gesundheitsschädigendes Potential aufweisen. Das gilt umso mehr, wenn diese Materialien Stoffe enthalten, die selbst in geringen Dosen karzinogen wirken. Andererseits gilt es dem Umstand Rechnung zu tragen, dass selbst Baustoffe mit bedenklichen Inhaltsstoffen je nach der Art ihrer Verwendung und Nutzung keine konkrete Gefährlichkeit aufweisen und sie ihre Funktion unproblematisch erfüllen können, solange es nicht zu einem Substanzeingriff kommt - man denke etwa an eine von Mauern umschlossene und von außen nicht zugängliche Dämmschicht, die, solange die Ummantelung aufrechterhalten wird, keine gefährlichen Stoffe diffundiert.
9
Vor diesem Hintergrund verbietet es sich nach Auffassung des Senats, allein auf das abstrakte Gefährdungspotential abzustellen (so aber der Sache nach LG Hannover MDR 1998, 1474 f.). Andererseits greift es zu kurz, einen aufklärungspflichtigen Sachmangel erst bei Bestehen eines akuten Sanierungsbedarfs anzunehmen (so aber OLG Celle OLGR 1996, 51; 2007, 461, 462; vgl. auch LG Magdeburg, Urt. v. 15. Januar 2002, 9 O 2665/01, Rdn. 16, juris). Vielmehr ist von einem solchen Mangel erst, aber auch schon dann aus- zugehen, wenn die ernsthafte Gefahr besteht, dass Stoffe mit einem erheblichen gesundheitsgefährdenden Potential im Rahmen der üblichen Nutzung des Kaufobjekts austreten. Dabei liegt eine erhebliche Einschränkung der Nutzbarkeit eines Wohngebäudes auch dann vor, wenn übliche Umgestaltungs-, Renovierungs - oder Umbaumaßnahmen nicht ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorgenommen werden können. Das gilt jedenfalls für solche Arbeiten, die üblicherweise auch von Laien und nicht nur von mit dem Umgang gefährlicher Baustoffe vertrauten Betrieben des Fachhandwerks vorgenommen werden. In solchen Bereichen muss ein verständiger Verkäufer in Rechnung stellen, dass Heimwerker mit gesundheitsgefährdenden Stoffen in Berührung kommen, ohne die zur Abwehr von Gesundheitsgefahren notwendigen Maßnahmen zu ergreifen , wenn sie nicht wissen, dass die verbauten Materialien gefährliche Stoffe enthalten.
10
b) Gemessen daran liegt auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger, wonach bei den von ihnen beabsichtigten Fassadenbohrungen zur Anbringung von Außenlampen und einer Überdachung krebserregender Asbeststaub austritt , ein aufklärungspflichtiger Sachmangel vor. Dass mit Bohrungen an der Außenfassade eines Wohngebäudes auch durch Laien stets gerechnet werden muss, liegt auf der Hand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schränkt dies die Nutzbarkeit des Gebäudes zu Wohnzwecken in erheblicher Weise ein. Denn die Nutzbarkeit eines Wohnhauses umfasst über das bloße Bewohnen hinaus auch die Möglichkeit, jedenfalls im üblichen Umfang Umgestaltungen , bauliche Veränderungen oder Renovierungen ohne gravierende Gesundheitsgefahren vorzunehmen. Die von dem Berufungsgericht als streitig festgestellte Behauptung der Kläger ist danach erheblich.
11
2. Durchgreifenden Bedenken begegnet auch die Annahme des Berufungsgerichts , Ansprüche der Kläger wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) seien durch die Vorschriften der §§ 434 ff. BGB ausgeschlossen.
12
a) Die Frage nach der Anwendbarkeit der genannten Anspruchsgrundlage ist entscheidungserheblich, weil das Landgericht das Vorbringen der Kläger zu einer arglistigen Täuschung durch aktives Tun zu Unrecht als nach §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO präkludiert angesehen hat und schon deshalb eine Bindung der Rechtsmittelgerichte nach § 531 Abs. 1 ZPO ausscheidet. Vorbringen im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung unterliegt nicht der Zurückweisung nach den Vorschriften der §§ 296 Abs. 2, 282 Abs. 1 ZPO (BGH, Urt. v. 1. April 1992, VIII ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 4. Mai 2005, XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007). Ob das Landgericht die Zurückweisung rechtsfehlerfrei auf § 296 Abs. 1 ZPO hätte stützen können, bedarf keiner Entscheidung , weil das Rechtsmittelgericht die fehlerhafte Präklusionsentscheidung nicht auf eine andere rechtliche Grundlage stellen darf (BGH, Urt. v. 13. Dezember 1989, VIII ZR 204/82, NJW 1990, 1302, 1304; Urt. v. 1. April 1992, VIII ZR 86/91, NJW 1992, 1965; Urt. v. 4. Mai 2005, XII ZR 23/03, NJW-RR 2005, 1007, 1008).
13
b) Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen auf die Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 i.V.m. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) im Sachbereich der §§ 434 ff. BGB zurückgegriffen werden darf, ist umstritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt (vgl. auch BGH, Urt. v. 17. Januar 2008, III ZR 224/06, NJW-RR 2008, 564, 565).
14
aa) Teilweise wird vertreten, Ansprüche aus kaufrechtlicher Gewährleistung und solche aus Verschulden bei Vertragsschluss bestünden stets neben- einander. Es handle sich um unterschiedliche Haftungssysteme, die verschiedene Zwecke verfolgten und unterschiedliche Voraussetzungen hätten (Bamberger /Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 437 Rdn. 190; MünchKomm-BGB/ Emmerich, 5. Aufl., § 311 Rdn. 143; Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen , 6. Aufl., § 7 Rdn. 35; Derleder, NJW 2004, 969, 974 f.; Emmerich, FS Honsell, 209, 219 ff.; Häublein, NJW 2003, 388, 391 ff.; Reischl, JuS 2003, 1076, 1079; vgl. Barnert, WM 2003, 416, 424 f.; Kindl, WM 2003, 409; Köndgen in Schulze/Schulte-Nölke [Hrsg.], Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 231, 238 f.).
15
bb) Eine zweite Auffassung lehnt einen Rückgriff auf die Regeln des Verschuldens bei Vertragsschluss nach Gefahrübergang stets ab, sofern es um Verhaltenspflichten des Verkäufers im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache geht. Der Käufer sei durch das Gewährleistungsrecht der §§ 434 ff. BGB hinreichend geschützt. Das gelte auch bei vorsätzlichem Verhalten des Verkäufers (AnwK-BGB/Krebs, § 311 Rdn. 76; Bamberger/Roth/ Grüneberg/Sutschet, BGB, 2. Aufl., § 311 Rdn. 79; Erman/Kindl, BGB, 12. Aufl., § 311 Rdn. 45 f.; Jauernig/Stadler, BGB, 12. Aufl., § 311 Rdn. 38; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 311 Rdn. 14 f.; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 437 Rdn. 51a f.; Roth, JZ 2006, 1026; Schaub, AcP 202 [2002], 757, 782 f.; Schulze/Ebers, JuS 2004, 462, 463; vgl. PWW/Medicus, BGB, 3. Aufl., § 311 Rdn. 58 ff.; so wohl auch Hk-BGB/Schulze, 5. Aufl., § 311 Rdn. 14; Staudinger/ Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 437 Rdn. 67 ff.).
16
cc) Die wohl herrschende Meinung erkennt zwar grundsätzlich einen Vorrang des Gewährleistungsrechts nach Gefahrübergang an, lässt hiervon aber Ausnahmen zu.
17
(1) Ein Teil der Lehre meint, bei vorsätzlichem Verhalten hafte der Verkäufer auch aus Verschulden bei Vertragsschluss, weil der Verkäufer in diesem Fall nicht schutzwürdig sei und kein berechtigtes Interesse an der Möglichkeit der Nacherfüllung habe (Erman/Grunewald, aaO, vor § 437 Rdn. 15 ff.; Jauernig /Berger, aaO, § 437 Rdn. 34; jurisPK-BGB/Pammler, 4. Aufl., § 437 Rdn. 57; MünchKomm-BGB/Westermann, 5. Aufl., § 437 Rdn. 58; PWW/D. Schmidt, aaO, § 437 Rdn. 75; Huber in Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 14. Kap. Rdn. 29; Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rdn. 669; Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, 2. Aufl., § 2 Rdn. 298; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 7. Aufl., Rdn. 861; Berger, JZ 2004, 276, 282 Fn. 77; Huber, AcP 202 [2002], 179, 228 Fn. 165; Kulke, ZGS 2007, 89, 92; Lorenz, NJW 2006, 1925, 1926; ders., NJW 2007, 1, 4; Müller, FS Hadding, 199, 205 ff.; Rösler, AcP 207 [2007], 564, 603; Schröcker, ZGR 2005, 63, 89 f.; vgl. auch OLG Hamm ZGS 2005, 315, 317).
18
(2) Teilweise wird eine weitere Ausnahme für den Fall befürwortet, dass der Umstand, auf den sich das Verschulden des Verkäufers bei dem Vertragsschluss bezieht, zwar zum Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung hätte gemacht werden können, dies aber nicht geschehen ist. Einem Käufer, der von dem Verkäufer irregeführt worden sei und der deshalb keinen Anlass gehabt habe, eine Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen, könne der Anspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss nicht abgeschnitten werden (OLG Hamm ZGS 2005, 315, 317; MünchKomm-BGB/Westermann, aaO, § 437 Rdn. 59; Musielak, Grundkurs BGB, 10. Aufl., Rdn. 620; Canaris in E. Lorenz [Hrsg.], Karlsruher Forum, 2002: Schuldrechtsmodernisierung, S. 5, 89 f.; Grigoleit /Herresthal, JZ 2003, 118, 126; Mertens, AcP 203 [2003], 818, 839 f.; Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569, 572; Weiler, ZGS 2002, 249, 255; vgl. AnwK/Büdenbender, BGB, § 437 Rdn. 116; Rösler, AcP 207 [2007], 564, 603).
19
dd) Der Senat entscheidet die Rechtsfrage dahin, dass nach Gefahrübergang zwar von einem grundsätzlichen Vorrang der §§ 434 ff. BGB auszugehen ist, eine Ausnahme jedoch zumindest bei vorsätzlichem Verhalten geboten ist.
20
(1) Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung der Konkurrenzfrage. Der Gesetzgeber hat die Problematik zwar gesehen, sie aber offenbar Rechtsprechung und Lehre zur Klärung überlassen (vgl. BT-Drs. 14/6040 S. 161 f.). Im Übrigen lässt sich den Materialien lediglich entnehmen, dass die Heranziehung der Grundsätze über das Verschulden bei Vertragsschluss zumindest beim Unternehmenskauf zugunsten der kaufrechtlichen Regelungen zurückgedrängt werden sollte (aaO S. 242). Das spricht eher für als gegen eine abschließende Sonderregelung durch die §§ 434 ff. BGB.
21
(2) Systematische und teleologische Erwägungen erhärten die Annahme einer Sperrwirkung.
22
(a) Nach ständiger Rechtsprechung war das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Schuldrecht von einem grundsätzlichen Vorrang der Bestimmungen der §§ 459 ff. BGB a.F. geprägt, der nur bei Vorsatz entfiel (vgl. BGHZ 136, 102, 109; Senat, BGHZ 60, 319, 320 ff.; 114, 263, 266; Urt. v. 10. Juli 1987, V ZR 236/85, NJW-RR 1988, 10, 11; Urt. v. 3. Juli 1992, V ZR 97/91, NJW 1992, 2564, 2566; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 275/00, NJW 2002, 208, 210). Zwar ist das für diese Lösung seinerzeit ins Feld geführte Argument - die Beschränkung des § 463 BGB a.F. auf Vorsatz dürfe über die Anwendung der Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsschluss nicht unterlaufen werden -, nunmehr obsolet geworden; das geltende Recht billigt gewährleistungsrechtliche Schadensersatzansprüche nunmehr schon bei Fahrlässigkeit zu (§§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 Satz 2, 276 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch erscheint es zumindest zweifelhaft, ob die von der regelmäßigen Verjährung nach §§ 195, 199 BGB abweichenden Verjährungsfristen (§ 438 BGB) die Annahme einer Sperrwirkung stützen können, weil es für den hier in Rede stehenden Sachbereich nahe liegen dürfte, § 438 BGB auf Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss entsprechend anzuwenden (vgl. auch Canaris, aaO S. 88; Krüger in Krüger/ Hertel, aaO, Rdn. 666). Indessen bestehen auch hiervon abgesehen kaufrechtliche Besonderheiten, die die Annahme einer Sperrwirkung gebieten. So steht dem Verkäufer grundsätzlich das Recht zur Nacherfüllung zu (§ 439 BGB), und Ansprüche wegen eines Mangels sind grundsätzlich schon bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers ausgeschlossen (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB). Diese Sonderregelungen würden unterlaufen, wenn die Regeln über das Verschulden bei Vertragsschluss daneben stets anwendbar wären. Der Gesetzgeber hätte in sinnwidriger Weise etwas weithin Überflüssiges normiert. Davon kann nicht ausgegangen werden.
23
(b) Der Annahme einer Sperrwirkung steht nicht entgegen, dass Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss und solche aus § 437 BGB an unterschiedliche Haftungsgrundlagen anknüpfen. Denn bei der gebotenen teleologischen Betrachtungsweise ist nicht die formale Anknüpfung - Verletzung vorvertraglicher (gesetzlicher) Verpflichtungen bei § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB, Mangelhaftigkeit der Sache bei § 437 BGB - von entscheidender Bedeutung, sondern der Umstand, dass der Gesetzgeber die Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Beschaffenheit der Kaufsache dem späteren Vertrag zuordnet (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 2004, 569, 571). Es unterliegt nämlich keinem Zweifel, dass Schadensersatzansprüche wegen Lieferung einer anfänglich mangelbehafteten Sache, die an einen vor Abschluss der Vertrages liegenden Umstand anknüpfen (§ 311a Abs. 2 BGB), nach § 438 BGB verjähren (vgl. nur Schmidt-Räntsch, aaO). Für behebbare Mängel, die sich auf ein anfängliches Leistungshindernis gründen, kann nichts anderes gel- ten. Auf die Beschaffenheit der Sache bezogene Aufklärungspflichten sind daher in dem einen wie in dem anderen Fall grundsätzlich dem vertraglichen Regime unterworfen.
24
(3) Allerdings besteht der Vorrang der kaufrechtlichen Regelungen nicht ausnahmslos. Auch unter der Geltung des neuen Schuldrechts ist eine Ausnahme jedenfalls bei arglistigem (vorsätzlichem) Verhalten des Verkäufers gerechtfertigt. Kaufrechtliche Sonderregelungen, die umgangen werden könnten, greifen dann nämlich nicht ein. Die Verjährung richtet sich bei Arglist nach der regelmäßigen Verjährungsfrist (§ 438 Abs. 3 Satz 1 BGB). Der Verkäufer kann sich auf einen Haftungsausschluss nicht berufen (§ 444 BGB). Er haftet auch bei grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers (§ 442 Abs. 1 Satz 2 BGB) und verliert im Regelfall die Möglichkeit der Nacherfüllung (Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 837; BGH, Urt. v. 9. Januar 2008, VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371, 1373). Auch nach neuem Schuldrecht ist der arglistig handelnde Verkäufer nicht schutzbedürftig (vgl. auch Senat, BGHZ 167, 19, 24).
25
3. Nach allem ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen noch getroffen werden müssen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss hängt davon ab, ob die Kläger aktiv getäuscht worden sind, diejenige aus §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB zunächst von dem Vorliegen eines aufklärungspflichtigen Sachmangels, der auf der Grundlage des - jedenfalls in dem Berufungsurteil als streitig dargestellten - tatsächlichen Vorbringens der Kläger zu bejahen ist. Mit Blick auf die erforderlichen Feststellungen zur Arglist (allgemein zu den Anforderungen etwa Senat, Beschl. v. 8. Dezember 2006, V ZR 249/05, NJW 2007, 835, 836 m.w.N.) weist der Senat darauf hin, dass Fragen des Vertragspartners vollständig und richtig beantwortet werden müssen (vgl. nur BGHZ 74, 383, 392; BGH, Urt. v. 14. Januar 1993, IX ZR 206/91, NJW 1993, 1323, 1324). Allerdings wären Schadensersatzansprüche zu verneinen, wenn den Klägern die Verwendung von Asbest bekannt gewesen sein sollte. Grob fahrlässige Unkenntnis schadete dagegen nicht. Dies folgt für beide Anspruchsgrundlagen aus § 442 Abs. 1 BGB. Mit Blick auf die Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss liegt jedenfalls bei arglistigen Täuschungen, die sich auf die Beschaffenheit der Sache beziehen, eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift zu schließen ist.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG Lüneburg, Entscheidung vom 30.08.2007 - 5 O 104/07 -
OLG Celle, Entscheidung vom 07.02.2008 - 8 U 203/07 -
28
aa) Der Verkäufer ist zwar verpflichtet, Fragen des Käufers richtig und vollständig zu beantworten (Senatsurteile vom 20. September 1996 - V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 155 und vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205, 215 Rn. 25). Allein der Umstand, dass Fragen - hier die nach der Ursache der Feuchtigkeitsflecken - falsch beantwortet wurden, begründet jedoch noch nicht den Vorwurf der Arglist. Derjenige, der gutgläubig falsche Angaben macht, handelt nämlich grundsätzlich nicht arglistig, mag der gute Glaube auch auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen (BGH, Urteil vom 8. Mai 1980 - IVa ZR 1/80, NJW 1980, 2460, 2461; Senatsurteil vom 12. Januar 2001 - V ZR 322/99, BGHReport, 2001, 362, 363). Anders ist es, wenn der Verkäufer auf Fragen des Käufers falsche Angaben ohne tatsächliche Grundlage - „ins Blaue hinein“ - macht, mit deren Unrichtigkeit er rechnet. Wer so antwortet , handelt grundsätzlich bedingt vorsätzlich (Senat, Urteile vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 und vom 12. Januar 2001 - V ZR 322/99, BGHReport 2001, 362, 363).

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 285/99 Verkündet am:
20. Oktober 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------

a) Sind dem Verkäufer eines Grundstücks Altlasten bekannt, so genügt er seiner
Aufklärungspflicht nicht dadurch, daß er dem Käufer von einem bloßen Altlastenverdacht
Mitteilung macht. Infolgedessen besteht die Offenbarungspflicht fort,
wenn dem Käufer Umstände bekannt sind oder durch eine Besichtigung hätten
bekannt werden können, aus denen sich ein Altlastenverdacht ergibt.

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß der Verkäufer den Käufer über offenbarungspflichtige
Umstände aufgeklärt hat, trifft den Käufer. Dieser muß allerdings
nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen.
Vielmehr genügt er seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die von
dem Verkäufer vorzutragende konkrete, d.h. räumlich, zeitlich und inhaltlich spezifizierte
, Aufklärung widerlegt.
BGH, Urt. v. 20. Oktober 2000 - V ZR 285/99 - OLG Dresden
LG Bautzen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Juli 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 17. September 1993 kaufte der Kläger von der Rechtsvorgängerin der Beklagten für 200.000 DM ein Grundstück, auf dem deren Rechtsvorvorgänger, ein VEB, einen metallverarbeitenden Betrieb unterhalten hatte. Die Gewährleistung für Sachmängel, auch für Altlasten, wurde ausgeschlossen. Wegen des Kaufpreises unterwarf sich der Kläger in der Vertragsurkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung.
Wie die Verkäuferin wußte, war das Grundstück in erheblichem Maße durch Mineralkohlenwasserstoffe verunreinigt, die beim Betrieb der Metallver-
arbeitung in den Boden des Hauptgebäudes und in den darunter liegenden Graben gelangt waren. Ob der Kläger hierüber vor dem Kauf oder bei Vertragsschluß aufgeklärt worden ist, ist unter den Parteien streitig.
Nach den von dem Kläger in Auftrag gegebenen Gutachten von Juli/ August 1997 sind erhebliche Sanierungskosten zu erwarten. Die Schätzungen belaufen sich auf etwa 270.000 DM bis etwa 480.000 DM.
Am 5. Mai 1998 focht der Kläger den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung an. Seiner Klage auf Erklärung der Zwangsvollstreckung als unzulässig hat das Landgericht stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen einer Anfechtung nach §§ 123, 142 BGB nicht für gegeben. Es fehle an einer Täuschungshandlung, weil eine Aufklärung über Mängel, die einer Besichtigung zugänglich bzw. ohne weiteres erkennbar seien, vom Käufer nicht erwartet werden könne. So lägen die Dinge hier, da der Kläger bei Anwendung der im eigenen Interesse zu erwartenden Sorgfalt habe erkennen können, daß ein Altlastenverdacht bestehe. Im Rahmen einer "ordnungsgemäßen Besichtigung" habe er die Ölverschmutzungen erkennen können, auf die verschiedene Indizien (Färbung des Beton-
fußbodens, Ölspuren an der Wand, Geruchsbildung) hingewiesen hätten. Angesichts dessen könne es dahingestellt bleiben, ob die Verkäuferin den Kläger vor Abschluß des Kaufvertrages auf das Vorhandensein der Altlasten oder zumindest auf den bestehenden Altlastenverdacht hingewiesen habe.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Das Berufungsgericht verkennt nicht, daß den Verkäufer eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Umstände trifft, die für die Entschließung des Käufers von entscheidender Bedeutung sind und deren Mitteilung dieser nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte (st. Senatsrechtspr., Urt. v. 2. März 1979, V ZR 157/77, NJW 1979, 2243; Urt. v. 25. Juni 1982, V ZR 143/81, WM 1982, 960 m.w.N.). Es geht ferner zutreffend davon aus, daß bei einem Grundstücksverkauf die Kontaminierung des Grundstücks mit Altölrückständen einen solchen offenbarungspflichtigen Umstand darstellt und daß der Verkäufer arglistig handelt, wenn er diesen Umstand verschweigt, obwohl er ihn kennt oder ihn jedenfalls für möglich hält und dies in Kauf nimmt (s. nur Senat, Urt. v. 10. Juni 1983, V ZR 292/81, WM 1983, 990). Schließlich ist es auch nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht eine Offenbarungspflicht hinsichtlich solcher Mängel der Kaufsache verneint, die einer Besichtigung zugänglich und damit ohne weiteres erkennbar sind. Der Käufer kann insoweit eine Aufklärung nicht erwarten, weil er diese Mängel bei einer im eigenen Interesse gebotenen Sorgfalt selbst wahrnehmen kann (vgl. nur Senat, BGHZ 132, 30, 34).

2. Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze im konkreten Fall aber nicht fehlerfrei angewendet.

a) Es unterscheidet schon nicht ausreichend zwischen dem offenbarungspflichtigen Umstand eines Altlastenverdachts und dem einer vorhandenen Kontaminierung. Sind dem Verkäufer Altlasten bekannt, genügt er seiner Aufklärungspflicht nicht dadurch, daß er dem Käufer von einem bloßen Altlastenverdacht Mitteilung macht. Der Käufer kann vielmehr erwarten, daß er über eine konkret vorhandene Kontamination Aufklärung erhält. Infolgedessen besteht die Offenbarungspflicht fort, wenn dem Käufer Umstände bekannt sind oder durch eine Besichtigung hätten bekannt werden können, aus denen sich ein Altlastenverdacht ergibt. Hält der Verkäufer in einer solchen Situation mit konkretem Wissen über vorhandene Altlasten zurück, so handelt er arglistig, wenn er es für möglich hält, daß der Käufer lediglich einen Altlastenverdacht hat.

b) Darüber hinaus rechtfertigen die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen weder den Schluß auf einen Altlastenverdacht, geschweige denn auf konkrete Altlasten.
aa) Nach dem Gutachten des Sachverständigen T. vom 20. August 1997 war eine durchgehend dunkle Färbung des Betonfußbodens im Erdgeschoß des Hauptgebäudes zu sehen. Diese hätte auch der Kläger bei einer Besichtigung vor Abschluß des Kaufvertrages erkennen können. Es ist jedoch nicht ersichtlich, wieso sich für einen Laien - daß der Kläger besondere Fachkenntnisse hatte oder daß er wußte, was früher auf dem Gelände produziert wurde, ist nicht festgestellt - hieraus der Schluß auf konkrete Altlasten ergeben
sollte. Die Färbung konnte vielfache Ursachen haben und mußte nicht auf einen unsachgemäßen Umgang mit Öl schließen lassen. Jedenfalls läßt das Berufungsgericht Feststellungen vermissen, die diesen Schluß nahelegen und bei der Beklagten die Erwartung begründen konnte, der Kläger wisse Bescheid und bedürfe keiner weiteren Aufklärung.
bb) Der Sachverständige T. hat ferner festgestellt, daß Öl bzw. Bohrölemulsionen "an der Wand heruntergelaufen ist". Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich jedoch, daß diese Ölspuren bei einer Besichtigung nicht erkennbar waren, sich dem Sachverständigen vielmehr erst nach Öffnen des Betonfußbodens offenbarten. In dem darunter liegenden Hohlraum von 1,5 bis 2 m zeigten sich diese Rückstände von heruntergelaufenem Öl. Als Erkenntnisquelle für die vom Berufungsgericht angenommene Erkennbarkeit für den Kläger scheidet dieser Umstand daher aus, unabhängig davon, ob ein Käufer hieraus überhaupt auf Altlasten größeren Ausmaßes schließen kann.
cc) Die Annahme, man habe die Kontaminierung durch Öl riechen können , hat das Berufungsgericht nicht nachvollziehbar belegt. Einerseits geht das Gericht davon aus, der Kläger habe bei einer Besichtigung der aufstehenden Gebäude, und zwar auch bei trockener Witterung, Ölgeruch wahrnehmen können , da dies eine Bodenprobe ergeben habe. Dabei übersieht es jedoch, daß die Bodenprobe irgendwo außerhalb des Gebäudes entnommen wurde und nichts über Wahrnehmungsmöglichkeiten innerhalb des Gebäudes besagt. Zum anderen stellt das Gericht selbst darauf ab, daß die Probe aus dem Grundstück außerhalb der Gebäude entnommen wurde. Dann aber ist ebensowenig naheliegend, daß dem Kläger Ölgeruch hätte auffallen müssen. Zwar ist nachvollziehbar, daß eine kontaminierte Bodenprobe nach Öl riecht. Das
bedeutet aber nicht, daß in gleicher Weise Ölgeruch wahrnehmbar ist, wenn die Probe nicht entnommen ist und ein etwaiger Ölgeruch durch andere Gerüche oder Umstände überdeckt oder zumindest erheblich gemindert wird.
dd) Daß das Herumliegen von geringen Mengen von verwitterten Metallspänen nichts über eine Kontaminierung aussagt, sondern allenfalls die vage Überlegung rechtfertigt, daß bei der Produktion mit Öl gearbeitet worden sein könnte und daß es dabei - wie vielfach - zu unsachgemäßem Umgang hiermit gekommen sein kann, bedarf keiner näheren Darlegung.

III.


Fehlt es somit an einer Grundlage für die Annahme, daß die Beklagte erwarten durfte, der Kläger bedürfe keiner weiteren Aufklärung, da er sich bei einer Besichtigung selbst ein Bild über die vorhandenen - und ohne weiteres erkennbaren - Kontaminationen hätte machen können, kann das angefochtene Urteil nicht bestehen bleiben. Es kommt daher auf die Frage an, ob die Beklagte den Kläger hinreichend aufgeklärt hat. Entgegen der Meinung des Landgerichts ist hierfür nicht die Beklagte darlegungs- und beweispflichtig. Vielmehr muß der Kläger, der für den gesamten Arglisttatbestand die Darlegungs - und Beweislast trägt, vortragen und nachweisen, daß die Beklagte ihn nicht gehörig aufgeklärt hat (vgl. nur Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, 2. Aufl., § 123 Rdn. 5 m.w.N.). Dabei muß er allerdings nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen. Vielmehr genügt
er seiner Darlegungs- und Beweislast, wenn er die von der Beklagten vorzutragende konkrete, d.h. räumlich, zeitlich und inhaltlich spezifizierte, Aufklärung widerlegt.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 171/10
Verkündet am:
15. Juli 2011
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Auch wenn ein arglistig verschwiegener Sachmangel für den Willensentschluss des
Käufers nicht ursächlich war, ist dem Verkäufer die Berufung auf den vereinbarten
Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB verwehrt.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2011 - V ZR 171/10 - OLG Hamm
LG Bielefeld
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Juli 2011 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Juli 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariellem Vertrag vom 23. November 2007 erwarben die Kläger von dem Beklagten eine Eigentumswohnung unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel. Die Wohnung befindet sich in einem ehemaligen Brennereigebäude , das zuvor nicht zu Wohnzwecken genutzt wurde und noch unrenoviert ist. Eine durch den Beklagten selbst übernommene Baulast sichert öffentlichrechtliche Veränderungsbeschränkungen hinsichtlich des Gestaltwerts des Gebäudes , dem eine das Bild der Kulturlandschaft prägende Bedeutung zukommt (§ 35 Abs. 4 Nr. 4 BauGB). Auch der Vertreter des Beklagten bei den Vertragsverhandlungen , ein Immobilienkaufmann, hatte hiervon Kenntnis. Im Gegensatz zu vier anderen Baulasten wird diese Baulast in dem Kaufvertrag nicht erwähnt.
2
Die Kläger sehen sich arglistig getäuscht und verlangen Rückabwicklung des Vertrags. Ihre auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübereignung der Eigentumswohnung, Erstattung von Nebenkosten und vorgerichtlichen Anwaltskosten sowie Feststellung des Annahmeverzugs gerichtete Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht unterstellt, dass die Kläger über die durch die Baulast gesicherte Baubeschränkung nicht aufgeklärt worden sind. Dennoch verneint es eine Haftung des Beklagten, weil der vereinbarte Haftungsausschluss eingreife. Weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht liege ein arglistiges Verhalten vor. Es fehle an einer Aufklärungspflicht, weil der Mangel für den Kaufentschluss der Kläger nicht wesentlich gewesen sei. Aufgrund der persönlichen Anhörung der Kläger stehe fest, dass diese den Vertrag auch dann geschlossen hätten, wenn sie von der Baulast gewusst hätten. Sie hätten nämlich keine baulichen Veränderungen in Erwägung gezogen, die durch die Baulast eingeschränkt würden, und wollten sich aus anderen Gründen von dem Vertrag lossagen. Selbst wenn eine bestimmte aufgrund der Baulast ausgeschlossene Fassadengestaltung bei Vertragsschluss in Rede gestanden haben sollte, könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese maßgeblich für den Kaufentschluss gewesen sei. Erst recht fehle es dann in subjektiver Hinsicht an der Arglist, weil weder der Beklagte noch sein Vertreter gewusst haben könn- ten, dass die Kläger ihren Kaufentschluss von einer bestimmten Fassadengestaltung hätten abhängig machen wollen.

II.

4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Verneinung des geltend gemachten Rückabwicklungsanspruchs (§ 437 Nr. 2 i.V.m. §§ 323, 346 BGB) und des Schadensersatzanspruchs (§ 437 Nr. 3 i.V.m. §§ 280, 281 BGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
5
1. Für das Revisionsverfahren ist zu unterstellen, dass der Beklagte die Kläger über die durch die Baulast gesicherte Baubeschränkung nicht aufgeklärt hat und diese nicht als Beschaffenheit der Eigentumswohnung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vereinbart worden ist. Inhalt der Baulast ist die Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers, das Gebäude entsprechend dem gestellten Bauantrag umzubauen, künftig seinen Gestaltwert in der dann bestehenden Form zu unterhalten und alle weiteren Baumaßnahmen in Abstimmung mit der Baubehörde so zu planen, dass der Gestaltwert für die Kulturlandschaft nicht beeinträchtigt wird. Eine solche Baubeschränkung stellt - wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend annimmt - einen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB dar (vgl. Senat, Urteil vom 10. März 1978 - V ZR 69/76, ZMR 1978, 307; Masloh, NJW 1995, 1993, 1996 mwN).
6
2. Infolgedessen hat der Beklagte seine Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache gemäß § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB verletzt. Entscheidend ist, ob ihm die Berufung auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB verwehrt ist, weil er bzw. sein Vertreter (§ 166 Abs. 1 BGB) den Mangel arglistig verschwiegen hat.
7
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht auch bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss eines verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann. Für den Kauf eines Hausgrundstücks hat der Senat eine Pflicht zur Offenbarung verborgener wesentlicher Mängel angenommen (vgl. nur Senat, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 330; Urteil vom 23. März 1990 - V ZR 233/88, NJW-RR 1990, 847, 848 jeweils mwN).
8
b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein solcher wesentlicher Mangel auch dann vor, wenn der Käufer - wie hier - den Vertrag in Kenntnis des Mangels ebenfalls geschlossen hätte und dieser damit nicht ursächlich für seinen Kaufentschluss geworden ist. Ob ein Mangel so wesentlich ist, dass er ungefragt offenbart werden muss, kann, wie die Revision zu Recht geltend macht, nicht aus der Sicht des jeweiligen Käufers bestimmt werden. Klärt der Verkäufer über einen objektiv wesentlichen Sachmangel nicht auf, kann er nämlich nicht wissen, ob dieser für die Kaufentscheidung seines Vertragspartners bedeutsam ist oder nicht. Maßgeblich ist allein, ob ein verständiger Verkäufer damit rechnen muss, dass der verschwiegene Mangel Einfluss auf die Entscheidung des Käufers hat. Dann ist der Mangel unabhängig von seinem tatsächlichen Einfluss auf den Kaufentschluss wesentlich und der Verkäufer zur Offenbarung verpflichtet. So liegt es hier. Nach der Verkehrsanschauung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die durch die Baulast gesicherte Baubeschränkung angesichts des unrenovierten, nach Nutzungsänderung noch umzubauenden und zudem in Wohnungseigentum aufgeteilten Haus einen wesentlichen Mangel darstellt. Dabei ist ohne Bedeutung, ob dieKläger - wie sie erst in zweiter Instanz vorgetragen haben - im Laufe der Vertragsverhandlungen konkret eine durch die Baulast ausgeschlossene Außengestaltung des Gebäudes thematisiert haben. Dann hätte erst recht eine Aufklärung erfolgen müssen, weil Fragen unabhängig von der Erheblichkeit des Mangels stets vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten sind (vgl. nur Senat, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 25 mwN). Ebenso rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, wegen der dem Beklagten unbekannten fehlenden Kausalität fehle es an den subjektiven Voraussetzungen der Arglist.
9
3. Das Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
10
a) Die seitens des Berufungsgerichts festgestellte fehlende Ursächlichkeit des Mangels für den Kaufentschluss schließt die geltend gemachten Ansprüche nicht aus. Ob sich ein Verkäufer auf den vereinbarten Haftungsausschluss berufen kann, wenn ein arglistig verschwiegener Mangel ohne Einfluss auf den Willensentschluss seines Vertragspartners war, ist für § 444 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung höchstrichterlich allerdings noch nicht entschieden worden.
11
aa) Während das Reichsgericht Kausalitätsfragen im Gewährleistungsrecht allgemein für unerheblich hielt (RG WarnR 1933 Nr. 193; zu § 477 BGB aF RGZ 55, 210, 215 f.; zu § 463 BGB aF RGZ 102, 394, 395; ebenso Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, 15. Aufl., S. 436; Planck/Knoke, BGB, 4. Aufl., § 463 Anm. 2 a.E.), hat der Senat für § 463 Satz 2 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung angenommen, dass die von dem Verkäufer zu beweisende fehlende Kausalität den Anspruch ausschließt. So differenziert das Urteil des Senats vom 30. April 2003, auf das sich das Berufungs- gericht gestützt hat, zwischen der arglistigen Täuschung, für die es die Beweislast bei dem Käufer sieht, und der von dem Verkäufer zu beweisenden fehlenden Ursächlichkeit der Täuschung für den Willensentschluss (V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2381; ebenso Senat, Urteil vom 7. Juli 1989 - V ZR 21/88, NJW 1990, 42, 43; Urteil vom 19. September 1980 - V ZR 51/78, NJW 1981, 45, 46; BGH, Urteil vom 29. Juni 1977 - VIII ZR 43/76, NJW 1977, 1914, 1915; KG, NJW-RR 1989, 972, 973). In der Literatur war die Frage umstritten. Teils wurde vertreten, dass die fehlende Kausalität einen Schadensersatzanspruch gemäß § 463 S. 2 BGB a.F. ausschließe (Erman/Grunewald, BGB, 10. Aufl., § 463 Rn. 6; Palandt/Putzo, BGB, 60. Aufl., § 463 Rn. 29), teils wurde sie für irrelevant gehalten (Soergel/Huber, BGB, 12. Aufl., § 463 Rn. 25; § 476 Rn. 9 f.; Staudinger/Honsell, BGB [1995] § 476 Rn. 24).
12
bb) Für § 444 BGB in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung wird - soweit zu dieser Frage überhaupt Stellung bezogen wird - überwiegend angenommen, dass die Arglist nicht ursächlich für den Vertragsschluss gewesen sein muss (Krüger in Krüger/Hertel, Der Grundstückskauf, 9. Aufl., Rn. 748; allgemein zum Recht der Sachmängelhaftung Bamberger/Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 438 Rn. 37; widersprüchlich Staudinger/Matuschke-Beckmann, BGB [2004], § 444 Rn. 42 einerseits, § 438 Rn. 95 andererseits; aA MünchKomm -BGB/Westermann, 5. Aufl, § 438 Rn. 35).
13
cc) Richtigerweise ist die Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss unerheblich. Anders als in § 123 Abs. 1 BGB ("zur Abgabe einer Wil- lenserklärung durch arglistige Täuschung … bestimmt") findet die Kausalität in dem Wortlaut des § 444 BGB keine Erwähnung ("kann sich der Verkäufer nicht berufen, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen … hat"). Ein Kausalitäts- erfordernis wäre im Recht der Sachmängelhaftung systemwidrig. Während die Anfechtbarkeit im Falle einer arglistigen Täuschung die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit schützt (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1968 - II ZR 214/66, BGHZ 51, 141, 147), sind Ansprüche aus Sachmängelhaftung an eine Verletzung der in § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB normierten Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache geknüpft. Sie setzen grundsätzlich nicht voraus, dass der Mangel die Kaufentscheidung beeinflusst hat. Während das arglistige Verhalten des Verkäufers nach § 463 Satz 2 BGB a.F. Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch war, ist die Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Sache seit der Reform des Schuldrechts Teil des Erfüllungsanspruchs, § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB. Ein Schadensersatzanspruch ist gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 Satz 2, § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB auch bei einer fahrlässig verschuldeten mangelhaften Lieferung gegeben. Das arglistige Verhalten des Verkäufers ist in diesem Zusammenhang nur noch im Rahmen von § 444 BGB von Bedeutung. Diese Vorschrift soll den Käufer allein vor einer unredlichen Freizeichnung des Verkäufers von der Sachmängelhaftung schützen. Eine solche unredliche Freizeichnung ist gegeben, wenn der Verkäufer arglistig handelt. Weitere Voraussetzungen enthält § 444 BGB nicht.
14
b) Der Vorrang der Nacherfüllung, der sich für den Rücktritt aus § 437 Nr. 2, § 323 Abs. 1 BGB und für den Schadens- bzw. Aufwendungsersatz aus § 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1 Satz 1, § 284 BGB ergibt, steht den von den Klägern geltend gemachten Ansprüchen nicht entgegen. Ohnehin ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte die Baulast beseitigen könnte. Jedenfalls aber wäre bei einer arglistigen Täuschung die Nacherfüllung unzumutbar (Senat, Urteil vom 8. Dezember 2006 - V ZR 249/05, NJW 2007, 835 Rn. 10 ff.; BGH, Urteil vom 9. Januar 2008 - VIII ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 19 f.).
15
4. Damit ist das Urteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - offen gelassen, ob die Aufklärung erfolgt ist. Auch fehlen Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen der Arglist.
16
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
17
a) Die Darlegungs- und Beweislast für die unterbliebene Aufklärung tragen im Grundsatz die Kläger. Dabei begründet die im Gegensatz zu den weiteren Baulasten fehlende Erwähnung der Baulast in dem Vertrag zwar keine negative Vermutung, weil es sich nicht um eine Vereinbarung, sondern um eine Information handelt. Sie kann aber indizielle Bedeutung für die Beweisführung haben (vgl. Senat, Urteil vom 20. Juni 1986 - V ZR 158/85, juris Rn. 11 f.).
18
b) Zunächst trifft jedoch den Beklagten als Verkäufer hinsichtlich der behaupteten Aufklärung durch seinen Vertreter eine sekundäre Darlegungslast, weil es sich um eine negative Tatsache handelt. Der Käufer kann sich in dieser Fallkonstellation darauf beschränken, zunächst die fehlende Offenbarung zu behaupten. Er muss lediglich die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise zu spezifizierende Aufklärung ausräumen. Kommt der Verkäufer der sekundären Darlegungslast nicht nach, ist sein Vorbringen nicht erheblich (näher Senat, Urteil vom 12. November 2010 - V ZR 181/09, NJW 2011, 1280 Rn. 12 mwN, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Das Berufungsgericht wird daher zu prüfen haben, ob der bisherige Vortrag des Beklagten zu der behaupteten mündlichen Aufklärung diesen Anforderungen entspricht. Dabei dürfte sich die Aufklärung nicht in allgemein gehaltenen Aussagen erschöpft haben, sondern müsste Art, Inhalt und Tragweite der baurechtlichen Beschränkung in wesentlichen Zügen umfasst haben. Nicht ausreichend wäre wegen der Wirkung der Baulast in die Zukunft die bloße Vorstellung der bislang genehmigten Planung.
19
c) In subjektiver Hinsicht setzt die Arglist neben der Kenntnis des Mangels voraus, dass der Verkäufer bzw. sein Vertreter (§ 166 Abs. 1 BGB) weiß oder für möglich hält, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und er bei Offenbarung den Vertrag nicht oder zumindest nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Sollte der Beklagte aber in objektiver Hinsicht keine ausreichende Aufklärung darlegen, träfe ihn auch in subjektiver Hinsicht die sekundäre Darlegungslast für diejenigen Umstände, aufgrund derer er bzw. sein Vertreter trotz unterbliebener eigener Aufklärung davon ausgegangen sein will, die Kläger hätten Kenntnis von dem Mangel gehabt (vgl. zum Ganzen Senat aaO. Rn. 14 f.).
Krüger Stresemann Roth
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
LG Bielefeld, Entscheidung vom 19.01.2010 - 8 O 342/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 08.07.2010 - I-22 U 40/10 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 200/06
vom
1. Februar 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei einer Zurückverweisung im Beschlusswege nach § 544 Abs. 7 ZPO kommt in
entsprechender Anwendung von § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO auch die Zurückverweisung
an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts in Betracht.
BGH, Beschl. v. 1. Februar 2007 - V ZR 200/06 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 1. Februar 2007 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Dem Kläger wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gewährt.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 8. März 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung weiterer 2.337.000 € nebst Zinsen aberkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens , an den 14. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Gründe

I.


1
Der Kläger erwarb 1994 von der später in die Beklagte eingemeindeten Gemeinde L. ein Grundstück, um darauf eine Freizeiteinrichtung und Saunaanlage zu betreiben. Das Vorhaben scheiterte daran, dass die Beklagte die Erteilung der notwendigen kommunalaufsichtlichen Genehmigung erfolgreich hintertrieb. Der Kläger verlangt nunmehr von der Beklagten Ersatz des ihm entgangenen Gewinns, hilfsweise Ersatz seines Vertrauensschadens.
2
Das Landgericht hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Revision hat der Senat nicht zur Entscheidung angenommen (V ZR 472/99). In dem anschließenden Betragsverfahren, um das es hier geht, hat der Kläger Zahlung von zuletzt 15.102.582,30 € nebst Zinsen verlangt. Das Landgericht hat ihm 163.000 € zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit welcher dieser die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer 2.337.000 € nebst Zinsen erreichen will. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Beschwerde.

II.


3
1. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, in dem Grundurteil sei lediglich die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des aus der Vertragsvereitelung entstandenen Schadens festgestellt worden, aber offen geblieben, ob es sich um den Vertrauens- oder den Erfüllungsschaden handele. In der Sache stehe dem Beklagten jedoch ein Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu. Dieser sei nur mit 163.000 € zu bemessen. Der Kläger habe zwar "ein durchdachtes Konzept und eine gute Planung" gehabt. Dass sein entgangener Gewinn den (ihm als Vertrauensschaden) zugesprochenen Betrag übersteige, davon habe es sich nicht überzeugen können.
4
2. Das angefochtene Urteil ist nach § 544 Abs. 7 ZPO aufzuheben, weil das Berufungsgericht den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, indem es ihm keine Gelegenheit gegeben hat, zu den Gründen Stellung zu nehmen, aus denen es einen über 163.000 € hinausgehenden ent gangenen Gewinn des Klägers verneint hat.
5
a) Nach Art. 103 Abs. 1 GG darf ein Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf - selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen - nicht zu rechnen brauchte (BVerfGE 84, 188, 190; 86, 133, 144 f.; 96, 189, 204; 108, 341, 345 f.). Es hat in einem solchen Fall auf seine (geänderte) Rechtsauffassung hinzuweisen und den Prozessbeteiligten eine Möglichkeit zur Stellungnahme zu eröffnen (BVerfGE 84, 188, 191; 86, 133, 144; 98, 218, 263; BVerfG NVwZ 2006, 586, 587).
6
b) Das hat das Berufungsgericht hier versäumt.
7
aa) Sein Versäumnis ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass das Berufungsgericht den Kläger mit seiner Annahme überrascht hätte, ein entgangener Gewinn lasse sich jenseits der ersten fünf Betriebsjahre nicht seriös beurteilen. Diese Auffassung hat nämlich schon der in erster Instanz tätig gewordene Sachverständige M. vertreten. Er ist davon bei seiner Befragung durch das Berufungsgericht nicht abgerückt. Auch der von dem Berufungsgericht hinzugezogene Sachverständige Dr. V. hat diese Annahme nicht in Zweifel gezogen. Das Berufungsgericht war an seiner Einschätzung entgegen der Meinung des Klägers nicht aus Rechtsgründen gehindert. Zwar stellte sein Grundurteil die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des Erfüllungsschadens ohne zeitliche Begrenzung fest. Das Berufungsgericht sieht sich aber nicht aus Rechtsgründen, sondern deshalb daran gehindert, dem Kläger einen entgangenen Gewinn jenseits von fünf Jahren nach der Betriebsaufnahme zuzusprechen , weil er sich nicht mit der erforderlichen Gewissheit abschätzen lasse. Dem steht das Grundurteil nicht entgegen.
8
bb) Das Berufungsgericht war auch nicht gehindert, bei der Ermittlung des dem Kläger entgangenen Gewinns die von dem in erster Instanz mit der Sache befassten Sachverständigen M. seiner Berechnung zugrunde gelegten Ansätze unter Berücksichtigung der Ausführungen des von ihm selbst hinzugezogenen Sachverständigen Dr. V. kritisch zu hinterfagen und eine abweichende Berechnungsmethode anzuwenden. Es durfte dabei das geschäftliche Risiko berücksichtigen und die Frage aufwerfen, ob der Kläger angesichts seiner bisherigen geschäftlichen Erfahrungen zu der Führung eines Sauna- und Badebetriebs in der Lage war, den er sich hier vorgenommen hatte.
9
cc) Das Berufungsgericht hat aber nicht beachtet, dass der Kläger auch bei gewissenhafter Prozessführung und insbesondere bei gewissenhafter Vorbereitung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht mit dieser Wendung des Rechtsstreits nicht rechnen konnte.
10
(1) Der Sachverständige Dr. V. stimmte zwar nicht mit allen von dem Sachverständigen M. angesetzten Einzelpositionen überein, folgte aber dessen Berechnung. Einen Ansatz für die von dem Berufungsgericht angestellten Überlegungen hatte weder die schriftsätzliche Vorbereitung der mündlichen Verhandlung durch die Parteien noch die Anhörung der beiden Sachverständigen durch das Berufungsgericht ergeben. Sie war auch deswegen nicht zu er- warten, weil der Sachverständige M. selbst Leiter eines großen Badebetriebs ist und über große Erfahrung bei der betriebswirtschaftlichen Bewältigung eines solchen Unternehmens hat. Wenn das Berufungsgericht bei dieser Sachlage zu anderen Erkenntnissen kam, musste es die Parteien vor seiner Entscheidung darauf hinweisen und ihnen Gelegenheit geben, dazu Stellung zu nehmen.
11
(2) Nach der Überzeugung des Berufungsgerichts scheitert der Kläger vor allem an dem geschäftlichen Risiko und seiner fehlenden beruflichen Erfahrung bei der Führung eines anspruchsvolleren Bäderbetriebs. Der erste Gesichtspunkt ist in dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen M. gestreift, der zweite in der Beweisaufnahme vor dem Berufungsgericht kurz angesprochen worden. Keiner der beiden Sachverständigen ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bei der Umsetzung seines Konzepts auf Schwierigkeiten gestoßen wäre, die er nicht oder nur mit geschäftlichen Nachteilen hätte meistern können. Welche Risiken dies konkret hätten sein sollen, war nicht vorgetragen und wird von dem Berufungsgericht auch in seinem Urteil nicht näher erläutert. Die geschäftliche Eignung des Klägers ist von dem Gericht in der mündlichen Verhandlung hinterfragt worden. Ob dazu die aus der Niederschrift der mündlichen Verhandlung zu entnehmende Frage ausreichte, ob der Kläger in der Lage sei, sich mit seinem Konzept am Markt zu behaupten, ist zweifelhaft , kann aber offen bleiben. Denn es haben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Kläger zur Führung eines solchen Betriebs und auch nicht in der Lage gewesen wäre, sich den bei ihm nicht vorhandenen, aber erforderlichen Sachverstand etwa durch Anstellung eines Betriebsleiters zu beschaffen. Worauf das Berufungsgericht seine gegenteilige Annahme konkret stützt, lässt das Berufungsurteil nicht erkennen. Es bescheinigt dem Kläger vielmehr ausdrücklich ein durchdachtes Konzept und eine gute Planung. Dass seine Klage im Kern an diesen beiden Umständen, denen das Berufungsgericht nicht weiter nachgegangen ist, scheitern könnte, damit konnte der Kläger bei dieser Sachlage nicht rechnen. Zu diesem Ergebnis konnte das Berufungsgericht nur nach näherer Sachaufklärung und auch nur gelangen, wenn diese hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür erbrachte, dass und in welchem Umfang der Kläger bei der Umsetzung seines Plans an diesen Umständen gescheitert wäre. Nähere Sachaufklärung konnte das Berufungsgericht sachgerecht zudem nur erreichen, wenn es die Parteien auf die Notwendigkeit dazu hinwies und ihnen Gelegenheit gab, dazu näher vorzutragen. Beides ist unterblieben und macht die Entscheidung des Berufungsgerichts zu einer mit Art. 103 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Überraschungsentscheidung.
12
3. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um die erforderliche Sachaufklärung nachzuholen. Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Diese Möglichkeit ist zwar in § 544 Abs. 7 ZPO nicht ausdrücklich vorgesehen. Auf diesen Fall ist § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO aber entsprechend anzuwenden. Die Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör würde nämlich ohne die Regelung des § 544 Abs. 7 ZPO regelmäßig nicht nur zur Zulassung der Revision, sondern auch dazu führen, dass die Sache nach eingelegter Revision an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um das rechtliche Gehör nachträglich zu gewähren. Diesen Vorgang soll das Revisionsgericht im Interesse einer Verfahrensbeschleunigung durch die Zurückverweisung im Beschlusswege nach § 544 Abs. 7 ZPO abkürzen können. Ersetzt die Zurückverweisung durch Beschluss aber ohne inhaltliche Einbußen die Zurückverweisung durch Revisionsurteil, dann bietet sie auch die gleichen Gestaltungsmöglichkeiten (BGH, Beschl. v. 18. Januar 2005, XI ZR 340/03, BGHReport 2005, 939, 940).

13
4. Für die neue Verhandlung vor dem Berufungsgericht weist der Senat auf folgendes hin:
14
a) Dem Kläger ist mit dem rechtskräftigen Grundurteil ein Anspruch auf Ersatz seines Erfüllungsschadens dem Grunde nach zugesprochen worden. In diesem Sinne hat der Senat das Grundurteil auch bestätigt. Ersatz seines Vertrauensschadens kann dem Kläger deshalb nur hilfsweise für den Fall zugesprochen werden, dass sich ein Erfüllungsschaden nicht oder nicht in einem den zuerkannten Betrag übersteigendem Umfang sollte nachweisen lassen.
15
b) Bei der Feststellung des entgangenen Gewinns wird den in dem Berufungsurteil aufgeführten Gesichtspunkten mit sachverständiger Unterstützung nach zugehen sein. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob sich angesichts der nur geringen Erfahrungen des bislang von dem Berufungsgericht herangezogenen Sachverständigen Dr. V. bei der Begutachtung des wirtschaftlichen Betriebs von Bädern eine erneute Heranziehung dieses Sachverständigen empfiehlt.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 13.11.2003 - 3 O 10774/97 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 08.03.2006 - 11 U 59/04 -

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht unterliegt der Beschwerde (Nichtzulassungsbeschwerde).

(2) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20 000 Euro übersteigt oder
2.
das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verworfen hat.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sechs Monaten nach der Verkündung des Urteils bei dem Revisionsgericht einzulegen. Mit der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, vorgelegt werden.

(4) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber bis zum Ablauf von sieben Monaten nach der Verkündung des Urteils zu begründen. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend. In der Begründung müssen die Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2) dargelegt werden.

(5) Das Revisionsgericht gibt dem Gegner des Beschwerdeführers Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Revisionsgericht entscheidet über die Beschwerde durch Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Die Entscheidung über die Beschwerde ist den Parteien zuzustellen.

(7) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Revisionsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(8) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(9) Hat das Berufungsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Revisionsgericht abweichend von Absatz 8 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 60/07
vom
17. Februar 2009
in dem Rechtsstreit
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. Februar 2009 durch die
Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen
und den Richter Stöhr

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 25. Oktober 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 900,-- €

Gründe:


I.


1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 4. Juli 2005 in Anspruch. Auf den ursprünglich geltend gemachten Schaden von 3.053,61 € zahlte die Beklagte zu 3 als Haftpflichtversicherer vorgerichtlich 1.859,08 €. Mit seiner Klage hat der Kläger daraufhin zunächst den sich ergebenden Differenzbetrag von 1.194,53 € nebst Zinsen geltend gemacht, in der Folge aber die Klage mit Zustimmung der Beklagten in Höhe von 65,-- € zurückgenommen. Daneben begehrte er den Ersatz des auf die Verfahrensgebühr nicht anrechenbaren Teils der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 186,82 €.
2
Das Amtsgericht hat dem Kläger unter Zugrundelegung einer Mitverschuldensquote von 20 % einen Betrag von 536,81 € zuerkannt und eine Ersatzverpflichtung hinsichtlich der vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltskosten verneint. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und sein Klagebegehren in Höhe des ihm vom Amtsgericht nicht zuerkannten Differenzbetrages von 592,72 € sowie der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten von 186,82 € weiterverfolgt. Das Berufungsgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen, weil die erforderliche Berufungssumme von 600 € nicht erreicht sei. Die außergerichtlichen Anwaltskosten seien dabei Nebenforderungen im Sinne des § 4 Abs. 1 2. Halbs. ZPO und daher nicht zu berücksichtigen.

II.


3
1. Die gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 2 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet , da im vorliegenden Fall die vorprozessualen Kosten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts (teilweise) streitwerterhöhend zu berücksichtigen sind.
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a) Der erkennende Senat hat mit seinem Beschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06 - VersR 2008, 557, den das Berufungsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung freilich noch nicht kennen konnte, entschieden, dass die geltend gemachten vorprozessualen Anwaltskosten als streitwerterhöhender Hauptanspruch zu berücksichtigen sind, wenn und soweit der geltend gemachte Hauptanspruch übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Entsprechendes gilt auch für den hier vorliegenden Fall, in dem sich die nicht anrechenbaren vorprozessualen Anwaltskosten auf einen Teil des ursprünglich geltend gemachten Anspruchs beziehen, der von der Beklagtenseite vorprozessual ausgeglichen wurde und deshalb nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist.
5
b) Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass vorprozessual aufgewendete Kosten zur Durchsetzung des im laufenden Verfahren geltend gemachten Hauptanspruchs nicht werterhöhend wirken, wenn dieser Hauptanspruch Gegenstand des laufenden Verfahrens ist. Wird der materiell -rechtliche Kostenerstattungsanspruch neben der Hauptforderung, aus der er sich herleitet, geltend gemacht, ist er von dem Bestehen der Hauptforderung abhängig und stellt deshalb eine Nebenforderung im Sinne von § 4 Abs. 1 ZPO dar. Dieses - eine Werterhöhung ausschließende - Abhängigkeitsverhältnis besteht , solange die Hauptforderung Gegenstand des Rechtsstreits ist (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2007 - X ZB 7/06 - VersR 2007, 1102; Senatsurteil vom 12. Juni 2007 - VI ZR 200/06 - juris Rdn. 5 ff.; Senatsbeschlüsse vom 15. Mai 2007 - VI ZB 18/06 - BGH-Report 2007, 845, 846; vom 25. September 2007 - VI ZB 22/07 - juris Rdn. 5 f. und vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06 - aaO).
6
c) Soweit die Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist, etwa weil eine auf die Hauptforderung oder einen Teil der Hauptforderung beschränkte Erledigung erklärt worden ist, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung , weil sie sich von der sie bedingenden Forderung "emanzipiert" hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 - VI ZB 73/06 - aaO m.w.N.). Entsprechendes gilt für den vorliegenden Fall, in dem sich ein Teil der ursprünglich geltend gemachten Hauptforderung bereits vorgerichtlich durch Zahlung erledigt hat und deshalb von vorneherein nicht Gegenstand des Rechtsstreits geworden ist.
7
2. Für den Streitfall ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass der Wert des Beschwerdegegenstands nicht nur die im Berufungsverfahren geltend gemachte restliche Hauptforderung von 592,72 € umfasst, sondern durch die vorprozessualen Rechtsanwaltskosten, die auf den vorprozessual erledigten Teil der ursprünglichen Gesamtforderung entfallen, auf über 600 € erhöht wird. Mithin ist die Berufung zulässig (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Müller Zoll Wellner
Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
AG Görlitz, Entscheidung vom 31.05.2007 - 4 C 850/05 -
LG Görlitz, Entscheidung vom 25.10.2007 - 2 S 51/07 -