Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2019 - VI ZB 50/17

bei uns veröffentlicht am19.03.2019
vorgehend
Landgericht Hannover, 6 O 365/13, 18.01.2017
Oberlandesgericht Celle, 8 U 105/17, 25.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 50/17
vom
19. März 2019
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2019:190319BVIZB50.17.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. März 2019 durch den Richter Wellner als Vorsitzenden, die Richterinnen Dr. Oehler, Dr. Roloff und Müller sowie den Richter Dr. Klein
beschlossen:
Der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 25. September 2017 wird insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 gerichtete Berufung der Klägerin gemäß § 522 Abs. 1 ZPO verworfen worden ist. Die Sache wird in diesem Umfang zur Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt bis zu 1 Mio. €.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin macht einen Versicherungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 (Betriebshaftpflichtversicherer der Klägerin) und Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 (Kfz-Haftpflichtversicherer und Halterin /Vermieterin eines verunfallten Autokrans) geltend. Mit Urteil vom 18. Januar 2017 hat das Landgericht die Klage gegen alle Beklagten abgewiesen.
2
Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift - sie ging in fünf Exemplaren ein - lautet wie folgt: "In Sachen H… GmbH [Klägerin] gegen H… Versicherung AG [Beklagte zu 1] wird gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Az. 6 O 365/13, verkündet am 18.01.2017, zugestellt am 23.01.2017 Berufung erhoben."
3
Auf den Hinweis der Eingangsgeschäftsstelle des Berufungsgerichts, gegen Urteile des Landgerichts Hamburg müsse beim Oberlandesgericht in Hamburg Berufung eingelegt werden, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 7. Februar 2017 erklärt, es handele sich um einen Schreibfehler, die Berufung richte sich gegen ein Urteil des Landgerichts Hannover. Als Beleg hat die Klägerin eine Kopie der ersten Seite des landgerichtlichen Urteils beigefügt, das im Rubrum die Klägerin sowie die Beklagten zu 1, zu 2 und zu 3 aufführt.
4
Das Oberlandesgericht hat durch den angefochtenen Beschluss die Berufung gegenüber den Beklagten zu 2 und zu 3 nach § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde.

II.

5
1. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausgeführt , die Berufungsschrift der Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen des § 519 ZPO. Zwar seien an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners nicht dieselben strengen Anforderungen zu stellen wie an die Bezeichnung des Rechtsmittelführers. Auch richte sich das Rechtsmittel bei mehreren Streitgenossen auf der Gegenseite im Zweifel gegen alle Streitgenossen, selbst wenn nur einer oder wenige in der Berufungsschrift bezeichnet würden. Vorliegend ergebe sich aber eine Beschränkung der Anfechtung auf die Beklagte zu 1. Die Berufungsschrift selbst lasse nicht erkennen, dass neben der Beklagten zu 1 auch die übrigen Beklagten Rechtsmittelgegner sein sollten. Überdies habe die Klägerin nach dem Hinweis der Eingangsgeschäftsstelle Anlass gehabt, ihre Berufungsschrift nochmals zu überprüfen und Fehler sowie Unvollständigkeiten zu korrigieren. Sie habe es aber bei der Benennung der Beklagten zu 1 belassen. Durch die Übersendung der ersten Seite des landgerichtlichen Urteils sei für das Berufungsgericht erstmals erkennbar gewesen, dass die Klägerin erstinstanzlich zwei weitere Parteien in Anspruch genommen habe. Der Urteilstenor sei aber nicht übersandt worden, so dass nicht erkennbar gewesen sei, ob es im Hinblick auf die Beklagten zu 2 und zu 3 überhaupt zu einer Beschwer der Klägerin gekommen sei. Das vollständige landgerichtliche Urteil sei erst am 2. Mai 2017 eingegangen. Aus diesem ergebe sich zudem, dass eine eingeschränkte Berufung durchaus sinnvoll gewesen sei, denn gegen die Beklagte zu 1 habe die Klägerin einen rein versicherungsvertraglichen Anspruch geltend gemacht, gegen die anwaltlich gesondert vertretenen Beklagten zu 2 und zu 3 aber einen Anspruch aus Vermietung und Kfz-Pflichtversicherung.
6
2. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Var. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Denn die angefochtene Entscheidung verletzt die Klägerin in ihrem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 19 Abs. 4 GG).
7
a) Dieses Verfahrensgrundrecht verbietet es, einer Partei den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG NJW 1991, 3140; BVerfGK 9, 225, 228; Senatsbeschluss vom 20. Januar 2004 - VI ZB 68/03, VersR 2004, 1623, juris Rn.14; BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 7; vom 5. April 2011 - VIII ZB 81/10, NJW 2011, 1601 Rn. 5; vom 5. März 2014 - XII ZB 736/12, VersR 2015, 1047 Rn. 6).
8
b) Dies ist vorliegend der Fall. Das Berufungsgericht hat die in § 519 ZPO enthaltenen Anforderungen an eine Berufungsschrift überspannt.
9
aa) Zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO gehört auch die Mitteilung, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird. Dabei sind allerdings an die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weniger strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (Senatsurteil vom 23. Juni 1983 - VI ZR 245/81, VersR 1983, 984, 985, juris Rn. 25; Senatsbeschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07, NJW-RR 2009, 208 Rn. 5; BGH, Urteile vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 12; vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07, juris Rn. 6; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 9, 11). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, zwar auch daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (Senatsbeschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07, NJW-RR 2009, 208 Rn. 5). Der Bundesgerichtshof hat aber eine unbeschränkte Beru- fungseinlegung auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende, genannt wurde (BGH, Urteile vom 15. Dezember 2010 - XII ZR 18/09, NJW-RR 2011, 359 Rn. 12; vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, 832, juris Rn. 9; vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, NJW 1994, 512, 514, juris Rn. 34; BGH, Beschluss vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09, NJW-RR 2011, 281 Rn. 12).
10
bb) Ein solcher Fall liegt hier vor. In der Berufungsschrift der Klägerin ist als Berufungsgegnerin diejenige von mehreren Streitgenossen auf Beklagtenseite genannt, die in dem Urteilsrubrum, welches dem Berufungsgericht innerhalb der Berufungsfrist zur Kenntnis gebracht wurde, an erster Stelle steht. Eine Beschränkung der Anfechtung des klageabweisenden Urteils auf nur diese Beklagte ist der Berufungsschrift, deren Auslegung der uneingeschränkten Nachprüfung durch den Senat unterliegt (BGH, Urteil vom 20. Januar 1988 - VIII ZR 296/86, NJW 1988, 1204, 1205, juris Rn. 21), nicht, jedenfalls nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit, zu entnehmen. Sie ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weder aus der wechselnden Anzahl der Abschriften, die die Klägerin ihren jeweiligen Schriftsätzen beigefügt hat, noch aus dem Umstand , dass sich die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 7. Februar 2017 auf eine Korrektur der Bezeichnung des Landgerichts beschränkt hat, noch daraus, dass das Berufungsgericht erst mit Vorliegen des vollständigen Urteils des Landgerichts erken- nen konnte, dass auch die Beklagten zu 2 und 3 obsiegt hatten. Eine Beschränkung der Anfechtung lässt sich schließlich nicht daraus herleiten, dass dem Berufungsgericht eine solche im Hinblick auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils "durchaus sinnvoll" erschienen wäre. Wellner Oehler Roloff Müller Klein
Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 18.01.2017 - 6 O 365/13 -
OLG Celle, Entscheidung vom 25.09.2017 - 8 U 105/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2019 - VI ZB 50/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2019 - VI ZB 50/17

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Zivilprozessordnung - ZPO | § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss


(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2019 - VI ZB 50/17 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 68/03
vom
20. Januar 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Können trotz unrichtiger Parteibezeichnung bei dem Berufungsgericht keine vernünftigen
Zweifel über die Person des Rechtsmittelklägers aufkommen, so darf die Berufung
nicht wegen des genannten Mangels als unzulässig verworfen werden.
BGH, Beschluß vom 20. Januar 2004 - VI ZB 68/03 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Januar 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen
und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Klägers wird der Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. September 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht Hamm zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.628,50

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt den Beklagten zu 1 und dessen Haftpflichtversicherer, die Beklagte zu 2, wegen eines Verkehrsunfalles auf Schadensersatz in vollem Umfang in Anspruch. Die Beklagten haben die Haftung dem Grunde nach in Höhe von 50% anerkannt. Das Landgericht hat daraufhin die Hälfte des geltend gemachten Anspruchs zugesprochen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Urteil ist am 12. April 2003 dem Kläger zugestellt worden. Am 5. Mai 2003
ist eine Berufungsschrift der seinerzeitigen Prozeßbevollmächtigten des Klägers per Telefax beim Berufungsgericht eingegangen. Eine Ablichtung des vollständigen Urteils des Landgerichts war beigefügt. Der Text der Berufungsschrift lautet auszugsweise: "In Sachen des Herrn J. P., ... - Beklagter und Berufungskläger -, - Prozeßbevollmächtigte II. Instanz: Rechtsanwälte W. und Partner ..., gegen 1. Herrn D. D. S. ... - Beklagter zu 1 und Berufungsbeklagter -, 2. die D.-AG ... - Beklagte zu 2 und Berufungsbeklagte – Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte T. ... legen wir namens der Beklagten Berufung ein." Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 18. September 2003, dem Kläger zugestellt am 1. Oktober 2003, die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers, die er zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für zulässig hält.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist auch im übrigen zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), form- und fristgerecht eingelegt (§ 575 ZPO) und begründet. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert im vorliegenden Fall eine höchstrichterliche Entscheidung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der angefochtene Beschluß verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Aus diesem Prinzip wird als "allgemeines Prozeßgrundrecht" der Anspruch auf ein faires Verfahren abgeleitet (BVerfGE 57, 250, 275). Die Verfahrensgarantien des Grundgesetzes verbieten es, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren (BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG NJW 1991, 3140). Dieser aus Art. 19 Abs. 4 GG entwickelte Grundsatz gebietet eine rechtsstaatliche Verfahrensgestaltung, der jedes Gerichtsverfahren genügen muß (vgl. BVerfGE 50, 1, 3; 51, 352, 354). 2. Das Oberlandesgericht hat zur Begründung ausgeführt: Die Berufung des Klägers sei als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht formgerecht eingelegt worden sei. Der Berufungsschrift sei die Person des Rechtsmittelführers nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu entnehmen , weil der Kläger darin als Beklagter und Berufungskläger bezeichnet werde. Auch wenn aus der beigefügten Urteilsabschrift eindeutig ersichtlich sei, daß es sich bei Herrn P. um den Kläger handle und die Rechtsanwälte W., die Prozeßbevollmächtigten des Klägers in der zweiten Instanz, die Berufungsschrift verfaßt hätten, sei nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise
erkennbar, für wen das Rechtsmittel eingelegt werden sollte. Es heiße nämlich im weiteren Text der Berufungsschrift "legen wir namens der Beklagten Berufung ein". Da beide Parteien durch das Urteil beschwert seien, ergäben sich berechtigte Zweifel. Die Rechtsanwälte, die die Berufung einlegten, seien zwar in der ersten Instanz nicht tätig gewesen, doch sei nur deswegen, weil die als die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten genannten Rechtsanwälte diese in erster Instanz ebenfalls vertreten hätten, nicht zwingend, daß die Verfasser der Berufungsschrift gerade für den Kläger tätig würden. Es könne auch ein Fehler bei der Angabe der Prozeßbevollmächtigten vorliegen. Auch sei "namens der Beklagten" die Mehrzahl verwandt worden, eine Personenmehrheit liege aber nur auf Beklagtenseite vor. 3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Die Auslegung von Prozeßhandlungen unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs freier revisionsrechtlicher Nachprüfung. Sie orientiert sich an dem Grundsatz, daß im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht verstandenen Interesse entspricht (BGH, Urteil vom 24. November 1999 - XII ZR 94/98 - NJW-RR 2000, 1446; Urteil vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 210/99 - NJW 2000, 3216, 3217 unter II. 1.). Lediglich theoretisch mögliche Zweifel, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht festgestellt sind, können bei der Auslegung der Berufungsschrift nicht ausschlaggebend sein.
b) Gemessen an diesen Grundsätzen hätte das Oberlandesgericht die Berufung nicht als formwidrig verwerfen dürfen. Zutreffend geht das Oberlandesgericht allerdings davon aus, daß an die eindeutige Bezeichnung des Rechtsmittelführers strenge Anforderungen zu stellen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Formvorschrift des § 519
Abs. 2 ZPO (früher § 518 Abs. 2 ZPO) nur entsprochen, wenn bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist angegeben wird, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll (Senatsurteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - VersR 1999, 900; Beschluß vom 13. Januar 2003 - VI ZB 53/03 - noch nicht veröff.; vom 30. Mai 2000 - VI ZB 12/00 - VersR 2000, 1299, 1300 und vom 7. November 1995 - VI ZB 12/95 - VersR 1996, 251). Daran fehlt es, wenn in der Berufungsschrift anstelle des wirklichen Berufungsklägers ein anderer, mit ihm nicht identischer Beteiligter bezeichnet wird (BGH, Beschluß vom 16. Juli 1998 - VII ZB 7/98 - VersR 1998, 1529, 1530). Das bedeutet aber nicht, daß die erforderliche Klarheit über die Person des Rechtsmittelklägers ausschließlich durch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre. Vielmehr kann sie auch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorliegenden Unterlagen gewonnen werden (Senatsurteile vom 13. Oktober 1998 - VI ZR 81/98 - VersR 1999, 636, 637 und vom 15. Dezember 1998 aaO; Beschluß vom 18. April 2000 - VI ZB 1/00 - NJW-RR 2000, 1371 sowie vom 30. Mai 2000 - VI ZB 12/00 - aaO).
c) Das Berufungsgericht hat im Ansatz zutreffend bei der Auslegung der Berufungsschrift auch die beigefügte Urteilsablichtung mitberücksichtigt. Bei der Auslegung hat es aber Zweifel an der Person des Berufungsklägers mit rein theoretisch möglichen Fehlern begründet und außerdem den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils nicht zutreffend erfaßt. Bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung sind Zweifel an der Person des Klägers als Rechtsmittelführer ausgeschlossen. Berechtigte Zweifel können weder damit begründet werden, daß der Berufungskläger als Beklagter und nicht seiner Parteienstellung entsprechend als Kläger bezeichnet worden ist, noch damit, daß "namens der Beklagten“ Berufung eingelegt worden ist.
aa) Die Rechtsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, daß die Prozeßbevollmächtigten der Beklagten, die in der Berufungsschrift zutreffend bezeichnet sind, bereits in erster Instanz die Beklagten vertreten haben, wohingegen die Prozeßbevollmächtigten des Klägers, die für die Berufungsschrift verantwortlich zeichnen, in erster Instanz nicht aufgetreten sind. Eine fehlerhafte Bezeichnung der Prozeßbevollmächtigten, wie sie das Berufungsgericht in Erwägung zieht, ist zwar theoretisch denkbar. Rein theoretische Möglichkeiten sind aber nicht geeignet, Zweifel an der korrekten Bezeichnung des Rechtsmittelführers zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - aaO). Auch der Geschäftsstellenbeamte des Berufungsgerichts hat eine solche theoretische Möglichkeit einer fehlerhaften Bezeichnung nicht in Betracht gezogen. Er hat vielmehr, der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 6. Juni 2003 entsprechend, den Antrag des Berufungsklägers auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 13. Juni 2003 an die Rechtsanwälte der Beklagten als die Prozeßvertreter der Berufungsgegner zugestellt. bb) Das Berufungsgericht hat weiterhin irrigerweise dem erstinstanzlichen Urteil entnommen, daß beide Parteien als Berufungskläger in Frage kämen , weil sie beide beschwert worden seien. Aus dem Urteil ergibt sich aber für den fachkundigen Leser, dessen Sicht hier maßgeblich ist, in eindeutiger Weise , daß die Beklagten die Haftung in Höhe von 50% dem Grunde nach anerkannt haben und in dieser Höhe die Verurteilung erfolgt ist. Obwohl die Beklagten im Tenor des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung an den Kläger verurteilt worden sind und sie dadurch formell beschwert sind, können ernsthafte Zweifel daran, wer als Rechtsmittelkläger in Betracht kommt, daraus nicht hergeleitet werden. Nur der Kläger, der von einer vollen Haftung der Beklagten ausgeht, ist in erster Instanz, soweit Streit zwischen den Parteien bestand, unterlegen , so daß bei vernünftiger Betrachtung ein Rechtsmittel nur für ihn in Betracht zu ziehen war.
cc) Die Auslegung der am 5. Mai 2003 fristgerecht eingegangenen Be- rufungsschrift muß nach alledem zu dem Ergebnis führen, daß der Kläger als Berufungskläger anzusehen ist, so daß das Berufungsgericht die Berufung nicht als unzulässig verwerfen durfte. Auf den weiteren von der Rechtsbeschwerde vorgetragenen Gesichtspunkt, daß sich auch aus der Reihenfolge der Nennung der Parteienrollen im Berufungsschriftsatz ergebe, wer Berufungskläger und Berufungsbeklagter sei, kommt es deshalb nicht mehr an. 4. Die Sache war unter Aufhebung des Beschlusses vom 18. September 2003 an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Müller Greiner Diederichsen
Pauge Zoll
9
verworfen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO neben den weiteren , gesetzlich normierten Voraussetzungen auch die Angabe gehört, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 12. Januar 2010 - VIII ZB 64/09, juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 13. März 2007
5
1. Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde des Beklagten ist zulässig, weil eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert ist (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Die angegriffene Entscheidung verletzt die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche des Beklagten auf Gewährleistung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) und auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die Darlegung eines Wiedereinsetzungsgrundes überspannt und dadurch dem Beklagten den Zugang zur Rechtsmittelinstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert (st. Rspr., vgl. nur BVerfGK 9, 225, 228; BGH, Be- schlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 227; vom 24. Juni 2010 - V ZB 170/09, WuM 2010, 592 Rn. 4; jeweils mwN).
6
Sie ist gemäß §§ 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 ZPO statthaft, aber nicht zulässig, weil die Klägerin nicht aufzuzeigen vermag, dass eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich wäre, § 574 Abs. 2 ZPO. Der angefochtene Beschluss verletzt die Klägerin weder in ihrem verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden und den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (ständige Rechtsprechung, Senatsbeschluss vom 11. Juni 2008 - XII ZB 184/07 - FamRZ 2008, 1605 Rn. 6 mwN).

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

5
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO nur genügt, wenn bei der Einlegung der Berufung aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sind oder - ggf. aus anderen im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegenden Unterlagen - eindeutig erkennbar werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Berufung unzulässig (vgl. BGHZ 21, 168, 170 ff.; 65, 114, 115; 113, 228, 230; BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - juris Rn. 6; Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06 - NJW-RR 2007, 413, 414). An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand , keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung , d.h. gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - VersR 1983, 984, 985; BGH, Urteile vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928 f.; vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92 - NJW 1994, 512, 514 unter B. II. 1., insoweit in BGHZ 124, 151 nicht abgedruckt; vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831, 832; vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - aaO; Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569, 1570). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, beispielsweise daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - aaO, 929).
12
b) An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weniger strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (BGH Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - Juris Rn. 6 und Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09 - MDR 2010, 828 Rn. 11 und vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07 - NJW-RR 2009, 208 Rn. 5). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen , zwar auch daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (BGH Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928, 929 und Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07 - NJW-RR 2009, 208 Rn. 5). Dies ist jedoch nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat eine unbeschränkte Berufungseinlegung auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende, genannt wurde (BGH Urteile vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831 und vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - NJW 1984, 58 jeweils mwN).
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1. Richtig ist, dass den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO nur dann genügt ist, wenn bei der Einlegung der Berufung aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sind oder doch jedenfalls bis zum Ablauf der Berufungsfrist eindeutig erkennbar werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Berufung unzulässig (st. Rspr.; vgl. BGHZ 21, 168, 170 ff.; 65, 114, 115; 113, 228, 230; BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06 - NJW-RR 2007, 413, 414 Rn. 8; jeweils m.w.N.). An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand, keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung, d.h. gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (BGH, Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928 f.; Urteil vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - VersR 1983, 984, 985; Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92 - NJW 1994, 512, 514 unter B II 1, insoweit in BGHZ 124, 151 nicht abgedruckt; Urteil vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831, 832; Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569, 1570 Rn. 9). Das stellt auch das vom Berufungsgericht für seine Rechtsauffassung angeführte Urteil des V. Zivilsenats vom 11. Juli 2003 (V ZR 233/01 - NJW 2003, 3203, 3204) nicht in Frage.
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verworfen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO neben den weiteren , gesetzlich normierten Voraussetzungen auch die Angabe gehört, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 12. Januar 2010 - VIII ZB 64/09, juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 13. März 2007
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a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist den Anforderungen des § 519 Abs. 2 ZPO nur genügt, wenn bei der Einlegung der Berufung aus der Berufungsschrift sowohl der Rechtsmittelkläger als auch der Rechtsmittelbeklagte erkennbar sind oder - ggf. aus anderen im Zeitpunkt des Ablaufs der Berufungsfrist vorliegenden Unterlagen - eindeutig erkennbar werden. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, ist die Berufung unzulässig (vgl. BGHZ 21, 168, 170 ff.; 65, 114, 115; 113, 228, 230; BGH, Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - juris Rn. 6; Beschluss vom 10. Oktober 2006 - XI ZB 14/06 - NJW-RR 2007, 413, 414). An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen bestand , keine strengen Anforderungen zu stellen. Unter solchen Umständen richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung , d.h. gegen alle gegnerischen Streitgenossen. Etwas anderes gilt nur, wenn die Rechtsmittelschrift eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - VersR 1983, 984, 985; BGH, Urteile vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928 f.; vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92 - NJW 1994, 512, 514 unter B. II. 1., insoweit in BGHZ 124, 151 nicht abgedruckt; vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831, 832; vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - aaO; Beschluss vom 15. Mai 2006 - II ZB 5/05 - NJW-RR 2006, 1569, 1570). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen, beispielsweise daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (vgl. BGH, Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - aaO, 929).
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b) An die Bezeichnung des Rechtsmittelgegners sind indessen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weniger strenge Anforderungen zu stellen. Jedenfalls in denjenigen Fallgestaltungen, in denen der in der Vorinstanz obsiegende Gegner aus mehreren Streitgenossen besteht, richtet sich das Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung und somit gegen alle gegnerischen Streitgenossen, es sei denn, die Rechtsmittelschrift lässt eine Beschränkung der Anfechtung erkennen (BGH Urteil vom 14. Februar 2008 - III ZR 73/07 - Juris Rn. 6 und Beschlüsse vom 11. Mai 2010 - VIII ZB 93/09 - MDR 2010, 828 Rn. 11 und vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07 - NJW-RR 2009, 208 Rn. 5). Eine solche Beschränkung kann sich, wenn auf der Gegenseite mehrere Streitgenossen stehen , zwar auch daraus ergeben, dass in der Rechtsmittelschrift nur einige von ihnen angegeben werden (BGH Urteil vom 19. März 1969 - VIII ZR 63/67 - NJW 1969, 928, 929 und Beschluss vom 9. September 2008 - VI ZB 53/07 - NJW-RR 2009, 208 Rn. 5). Dies ist jedoch nicht zwingend. Der Bundesgerichtshof hat eine unbeschränkte Berufungseinlegung auch in Fällen bejaht, in denen als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen, und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende, genannt wurde (BGH Urteile vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - NJW 2002, 831 und vom 21. Juni 1983 - VI ZR 245/81 - NJW 1984, 58 jeweils mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 65/01 Verkündet am:
8. November 2001
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Die fehlende Bezeichnung "Berufungsbeklagter" allein rechtfertigt nicht, die Berufung
als unzulässig zu behandeln, wenn die Auslegung der Berufungsschrift ergibt,
gegen wen sich die Berufung richtet.
BGH, Urteil vom 8. November 2001 - VII ZR 65/01 - OLG Schleswig-Holstein
LG Lübeck
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des 3. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 23. Januar 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 21. Juli 1999 betreffend den Drittwiderbeklagten als unzulässig verworfen worden ist. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein Architekt, verlangt von der Beklagten Honorar aus einem Architektenvertrag mit der Behauptung, alleiniger Inhaber der Forderung zu sein. Die Beklagte bestreitet das. Wegen behaupteter Mängel aus einem anderen Vertrag rechnet die Beklagte zudem auf und erhebt wegen des durch die
Aufrechnung nicht gedeckten Betrages Widerklage gegen den Kläger und den Drittwiderbeklagten, einen weiteren Architekten. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Im Rubrum des landgerichtlichen Urteils wird zunächst der Kläger und Widerbeklagte, anschließend nach "gegen" die Beklagte und Widerklägerin sowie im Anschluß hieran der Drittwiderbeklagte aufgeführt. Die Beklagte und Widerklägerin hat dagegen unter Vorlage des landgerichtlichen Urteils Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift richtet sich im Rubrumsteil "gegen" den Kläger, Widerbeklagten und Berufungsbeklagten. Sie ist eingelegt für die Beklagte , Widerklägerin und Berufungsklägerin. Diese wird zuerst aufgeführt, im Anschluß daran ist der Drittwiderbeklagte nur mit dieser Bezeichnung genannt. Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil u.a. die Berufung der Beklagten , soweit sie sich gegen den Drittwiderbeklagten richtet, als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 547 ZPO zulässige Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Berufung als unzulässig verworfen worden ist und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hält die Berufung für unzulässig, weil sie nicht der Form des § 518 Abs. 2 ZPO entspreche. Die Auslegung der Berufungsschrift ergebe eindeutig, daû die Beklagte nur gegen den Kläger und Widerbeklagten habe Berufung einlegen wollen, nicht aber im Verhältnis zum Drittwiderbeklagten. Unter der Rubrik "gegen", die kennzeichne, gegen wen sich die Beklagte wende, sei nur der Kläger mit der Bezeichnung "Kläger, Widerbeklagter und Berufungsbeklagter" aufgeführt. Der Drittwiderbeklagte sei nur mit seiner erstinstanzlichen Parteirolle bezeichnet. Es fehle der Zusatz "und Berufungsbeklagter". Folgerichtig habe der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Senats die Berufungsschrift nur dem Prozeûbevollmächtigten des Klägers zugestellt. Eine andere Auslegung sei auch nicht deswegen geboten, weil eine Urteilskopie beigefügt worden sei.

II.

Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg. Die Berufung hinsichtlich des Drittwiderbeklagten genügt der Form des § 518 Abs. 2 ZPO. 1. Die Form des § 518 Abs. 2 ZPO ist nur beachtet, wenn bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist angegeben ist, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll (BGH, Beschluû vom 16. Juli 1998 - VII ZB 7/98, NJW 1998, 3499 = BGHR ZPO § 518 Abs. 2 Parteibezeichnung 14). Die Berufung darf auch unter Beachtung der Verfahrensgarantie des Grundgesetzes,
den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen eingerichteten Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren, nicht an unvollständigen oder fehlerhaften Angaben scheitern, wenn für Gericht und Prozeûgegner das wirklich Gewollte deutlich wird (BGH, Urteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97, NJW 1999, 1554 = BGHR ZPO § 518 Abs. 2 Parteibezeichnung 16). Eine uneingeschränkt eingelegte Berufung gegen ein klageabweisendes Urteil richtet sich im Zweifel gegen alle erfolgreichen Streitgenossen. Ist nur der an erster Stelle des Urteilsrubrums stehende Streitgenosse als Berufungsbeklagter genannt, so ist das Urteil auch gegenüber den anderen angefochten, auûer wenn die Berufungsschrift eine Beschränkung erkennen läût (BGH, Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, NJW 1994, 512, 514). Eine unbeschränkte Berufungseinlegung wird vom Bundesgerichtshof auch dann bejaht, wenn als Rechtsmittelgegner nur einer von mehreren Streitgenossen und zwar der im Urteilsrubrum an erster Stelle Stehende genannt wird oder wenn die Streitgenossen auf seiten des Rechtsmittelgegners nur teilweise als "Beklagte und Berufungsbeklagte", im übrigen aber nur als "Beklagte" bezeichnet worden waren (BGH, Urteil vom 20. Januar 1988 - VIII ZR 296/86, NJW 1988, 1204, 1205). 2. Nach diesen Grundsätzen genügt die Berufungsschrift in Verbindung mit dem vom Prozeûbevollmächtigten der Beklagten vorgelegten angefochtenen Urteil den Formerfordernissen des § 518 Abs. 2 ZPO. Der Berufungsschrift ist zu entnehmen, daû sich die Berufung auch gegen den Drittwiderbeklagten richten soll. Für die Auslegung ist nicht maûgebend , daû der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nur die Zustellung an den Prozeûbevollmächtigten des Klägers veranlaût hat und nur eine Urteilsabschrift vorgelegt worden ist. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen wegen
der fehlenden Bezeichnung des Drittwiderbeklagten als "Berufungsbeklagten" die Berufung für unzulässig gehalten. Es hat nicht bedacht, daû die Berufung sich in ihrem Aufbau nach dem Rubrum des landgerichtlichen Urteils richtet. Die Beklagte und Widerklägerin wird entsprechend den Gepflogenheiten im Rechtsmittelverfahren als Rechtsmittelführerin an erster Stelle genannt. Im Anschluû hieran wird wie im landgerichtlichen Urteil der Drittwiderbeklagte aufgeführt. Auch wenn er nicht gleichzeitig als "Berufungsbeklagter" bezeichnet ist, wird durch die an das Rubrum des angefochtenen Urteils angepaûte Bezeichnung der Parteien deutlich, daû er nicht an der Seite der Beklagten, Widerklägerin und Berufungsklägerin steht. Die Nennung des Drittwiderbeklagten im Rubrum der Berufungsschrift auf der Seite der berufungsführenden Beklagten und Widerklägerin ist erkennbar fehlerhaft. Der Fehler war schon im Rubrum des beigefügten Urteils des Landgerichts angelegt. Ein Widerbeklagter kann nicht auf seiten des einzigen Widerklägers stehen, der das Rechtsmittel führt. Er ist notwendigerweise dem Gegner zuzuordnen. Dem Drittwiderbeklagten kann nur die Rolle des Rechtsmittelgegners zukommen. Die fehlende Bezeichnung des Drittwiderbeklagten als "Berufungsbeklagter" ist wegen der umfassend eingelegten Berufung unschädlich (BGH, Urteil vom 16. November 1993 - XI ZR 294/92 aaO). Die Berufung weist nämlich keine Beschränkung auf. Ullmann Thode Kuffer Kniffka Bauner
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verworfen.
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 519 Abs. 2 ZPO neben den weiteren , gesetzlich normierten Voraussetzungen auch die Angabe gehört, für und gegen welche Partei das Rechtsmittel eingelegt wird. Die Berufungsschrift muss entweder für sich allein betrachtet oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eindeutig erkennen lassen, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 12. Januar 2010 - VIII ZB 64/09, juris, Tz. 5; BGH, Beschluss vom 13. März 2007