Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2008 - XII ZB 163/06

bei uns veröffentlicht am25.06.2008
vorgehend
Amtsgericht Nordhorn, 11 F 954/04, 09.05.2006
Oberlandesgericht Oldenburg, 12 UF 54/06, 27.07.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 163/06
vom
25. Juni 2008
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1587 c Nr. 1, 1599 Abs. 1
Beruft sich in Verfahren zwischen den Eltern eines Kindes, die deren rechtliche
Beziehungen untereinander betreffen, ein Elternteil auf die Nichtabstammung
des Kindes vom rechtlichen Vater, so ist stets anhand einer umfassenden Interessenabwägung
zu prüfen, ob eine Ausnahme von der Rechtsausübungssperre
des § 1599 Abs. 1 BGB zuzulassen ist. Besonderes Gewicht hat im Rahmen
dieser Abwägung der Frage zuzukommen, ob und in welcher Intensität die
schutzwürdigen Interessen des Kindes und der Familienfriede durch eine solche
Ausnahme berührt werden (Abgrenzung zu dem Senatsbeschluss vom
15. Dezember 1982 - IVb ZB 544/80 - NJW 1983, 824). Ist die Nichtabstammung
des Kindes vom rechtlichen Vater zwischen den Parteien unstreitig, ist
(hier: im Rahmen der Prüfung nach § 1587 c BGB) eine Durchbrechung der
Rechtsausübungssperre regelmäßig in Betracht zu ziehen.
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 - XII ZB 163/06 - OLG Oldenburg
AG Nordhorn
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Juni 2008 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, den Richter Sprick, die Richterin Weber-Monecke
sowie die Richter Prof. Dr. Wagenitz und Dr. Klinkhammer

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 27. Juli 2006 wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Der am 20. Mai 1958 geborene Antragsteller und die am 13. April 1960 geborene Antragsgegnerin haben am 14. April 1978 miteinander die Ehe geschlossen. Ein aus der Ehe hervorgegangener, im Jahre 1978 geborener Sohn ist im Jahre 1995 verstorben. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin am 19. November 2004 zugestellt worden. Das am 9. Mai 2006 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordhorn ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Die Parteien leben seit Oktober 1994 getrennt. Im Februar 1998 gebar die Antragsgegnerin eine Tochter, deren tatsächliche Abstammung vom Lebensgefährten der Antragsgegnerin unstreitig ist. Seit Juli 1999 lebt die An- tragsgegnerin mit ihrem Lebensgefährten und ihrer Tochter in einer gemeinsamen Wohnung. Der Antragsteller hat die Vaterschaft nicht angefochten. Im Jahre 2004 hat die Antragsgegnerin erstmals Unterhaltsansprüche für das Kind geltend gemacht; seit August 2004 zahlt der Antragsteller aufgrund eines entsprechenden Urteils einen monatlichen Kindesunterhalt von 249 €.
3
In der Ehezeit (1. April 1978 bis 31. Oktober 2004, § 1587 Abs. 2 BGB) hat der Antragsteller, der nach seiner Schulausbildung zunächst Soldat auf Zeit war und seit 1986 als Beamter bei der Deutschen Rentenversicherung Bund tätig ist, Anwartschaften auf eine Beamtenversorgung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von monatlich 1.481,22 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit, erworben. Demgegenüber hat die Antragsgegnerin in der Ehezeit bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 127,37 €, bezogen auf das Ehezeitende, erworben.
4
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass zu Lasten der für den Antragsteller bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bestehenden Versorgungsanwartschaften im Wege des Quasisplittings gemäß § 1587 b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 676,93 €, bezogen auf den 31. Oktober 2004, begründet werden. Dem Begehren des Antragstellers, den Versorgungsausgleich nur beschränkt durchzuführen, hat es nicht entsprochen.
5
Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die Entscheidung über den Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass zu Lasten der für den Antragsteller bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bestehenden Versorgungsanwartschaften auf dem Versicherungskonto der An- tragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 456,04 €, bezogen auf den 31. Oktober 2004, begründet werden. Dabei hat es den Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anrechte ausgeschlossen, welche die Ehegatten in der Zeit vom 1. November 1995 (Ablauf des Trennungsjahres) bis zum 31. Oktober 2004 (Ende der Ehezeit ) erworben haben. Die auf diesen Zeitraum entfallenden Anrechte der Ehefrau betragen 78,36 €; die entsprechenden Anrechte des Ehemannes hat das Oberlandesgericht mit 520,13 € berechnet, indem es die Anwartschaften des Ehemannes für die gesamte ruhegehaltfähige Dienstzeit in Höhe von 2.555 € mit dem Quotienten aus den auszuschließenden neun Jahren und der ruhegehaltfähigen Dienstzeit von 44,21 Jahren multipliziert hat.
6
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Antragsgegnerin die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

II.

7
Das zulässige Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.
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1. Das Oberlandesgericht hat für die Bemessung des Versorgungsausgleichs den Zeitraum vom 1. November 1995 bis zum 31. Oktober 2004 unberücksichtigt gelassen, weil einer Einbeziehung der ungekürzten Anwartschaften der Einwand grober Unbilligkeit gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB entgegenstehe. Es hat ausgeführt, dass es für die Bejahung der Voraussetzungen eines - ggf. teilweisen - Ausschlusses des Versorgungsausgleichs grundsätzlich genüge, wenn zwischen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags ein außergewöhnlich langer Zeitraum liege. Im konkreten Fall könne bereits aufgrund des zwi- schen Trennung und Zustellung des Scheidungsantrags liegenden Zeitraums von neun Jahren festgestellt werden, dass eine formal an das Ende der Ehezeit anknüpfende Durchführung des Versorgungsausgleichs seinem Wesen nicht mehr gerecht werden könne. Unerheblich sei hierbei, dass die Antragsgegnerin in der Trennungszeit ein als ehelich geltendes Kind geboren und versorgt habe. Zwar könnten im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB trotz langer Trennungszeit die Zeiten nicht ausgeschieden werden, in denen gemeinschaftliche Kinder betreut worden seien. Ein Vertrauen auf weitere Teilhabe an den von dem anderen Ehegatten erwirtschafteten Versorgungswerten sei jedoch nicht berechtigt, wenn ein Kind nicht vom ausgleichspflichtigen Ehegatten abstamme. Dieser Gesichtspunkt komme auch dann zum Tragen, wenn es sich zwar rechtlich um ein gemeinschaftliches Kind handle, die Nichtehelichkeit jedoch tatsächlich fest- und einer erfolgreichen Anfechtungsklage nur die versäumte Anfechtungsfrist entgegenstehe. Soweit sich aus dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 1982 (NJW 1983, 824) ein gegenteiliger Standpunkt herleiten lasse, könnten die formal an § 1593 BGB a.F. anknüpfenden Erwägungen nicht auf den zu entscheidenden Fall übertragen werden. Dies werde weder den gewandelten gesellschaftlichen Verhältnissen noch der ab 1998 geltenden Rechtslage gerecht. Zwar ergebe sich auch aus § 1599 Abs. 1, 2 BGB eine Sperrwirkung, nach der ein als Vater geltender Mann seine Nichtvaterschaft nur unter den dort geregelten Voraussetzungen geltend machen könne. Diese Beschränkungen gälten im Verhältnis des Kindes zu seinem Vater und schützten seine Interessen an der Beachtung des bestehenden Status , schlössen es aber nicht grundsätzlich aus, den Gesichtspunkt der Nichtehelichkeit eines Kindes dann zu berücksichtigen, wenn Rechtsbeziehungen zwischen anderen Personen zu beurteilen seien. Auch bei Anwendung des § 1587 c BGB müsse daher das Interesse, die Abstammung eines Kindes aus einem der Parteiherrschaft unterliegenden Prozess herauszuhalten, hinter die Belange des Scheinvaters zurücktreten. Ob dies auch bei einer streitigen Abstammung gelte, bedürfe keiner Vertiefung, da die nichteheliche Abstammung des Kindes unstreitig sei.
9
Den Einwand der Antragsgegnerin, der Antragsteller habe die rechtzeitige Anfechtung der Vaterschaft unterlassen, hat das Oberlandesgericht nicht durchgreifen lassen. Es sei Teil der Elternverantwortung der Antragsgegnerin, dem Kind den mit seiner tatsächlichen Abstammung korrespondierenden rechtlichen Status zu verschaffen, insbesondere nachdem das Kind in der Beziehung seiner leiblichen Eltern seine sozial-familiären Bindungen habe. Dass die Vaterschaftsanfechtung unterblieben sei, könne die Antragsgegnerin daher nicht im Rahmen der Güterabwägung dem Antragsteller als Säumnis anlasten. Vielmehr müsse sich zu ihren Lasten auswirken, dass sie den Antragsteller erstmals im Jahr 2004 auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen habe, also zu einem Zeitpunkt, als dem Antragsteller eine Anfechtung der Vaterschaft aus Rechtsgründen unmöglich geworden sei. Dies belaste den Antragsteller bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Kindes mit einer nicht mehr zu korrigierenden Unterhaltspflicht, die ihn weitaus härter treffe als die mit einer beschränkten Durchführung des Versorgungsausgleichs verbundenen Nachteile auf Seiten der Antragsgegnerin. Unter zusätzlicher Abwägung der Umstände, dass der Antragsteller aus Anlass der Geburt mit erheblichen Arztkosten belastet gewesen sei und die Antragsgegnerin spätestens seit 1999 mit dem leiblichen Vater des Kindes in einer festen Lebensgemeinschaft lebe, sei es angemessen, bei Durchführung des gekürzten Versorgungsausgleichs auf den Zeitpunkt abzustellen , an dem der Antragsteller erstmals die Scheidung der Ehe hätte erreichen können. Wie die weitere Entwicklung belege, sei die Ehe mit Ablauf des ersten Trennungsjahres endgültig gescheitert gewesen.
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2. Diese Ausführungen des Oberlandesgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
11
Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - FamRZ 2007, 1964). Dabei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise. Die grobe Unbilligkeit muss sich vielmehr wegen des Ausnahmecharakters von § 1587 c Nr. 1 BGB im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770; BVerfG FamRZ 2003, 1173, 1174; Palandt/Brudermüller BGB 67. Aufl. § 1587 c Rdn. 19, 25). Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig erscheint, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die im Verfahren der Rechtsbeschwerde nur darauf hin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - FamRZ 2007, 1964; vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770; vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238). Auch auf der Grundlage dieser eingeschränkten Überprüfung ist die durch das Oberlandesgericht vorgenommene Abwägung zu beanstanden.
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a) Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings im Ansatz davon aus, eine lange Trennungszeit der Parteien könne Anlass geben, den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit zu überprüfen. Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versor- gungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist. Aus diesem Grunde werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute aufgehoben ist. Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen; insbesondere sollte dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden , den Ausgleichsanspruch durch Trennung vom Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit schon für sich genommen einen zumindest teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - FamRZ 2007, 1964, 1965; vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770; vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - FamRZ 2005, 2052, 2053 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182 f.).
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b) Dem Beschwerdegericht ist auch darin zuzustimmen, dass im Falle einer langen Trennungszeit im Rahmen der Abwägung nach § 1587c Nr. 1 BGB grundsätzlich die Zeiten nicht ausgeschieden werden können, in denen der ausgleichsberechtigte Ehegatte gemeinschaftliche Kinder betreut hat. Wie der Senat bereits mehrfach dargelegt hat, findet der Versorgungsausgleich in diesen Fällen seine Legitimation nicht in dem gemeinsamen Streben nach dem Aufbau einer Alterssicherung als Lebensleistung der ehelichen Gemeinschaft, sondern darin, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte mit der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder auch ohne gemeinsame Lebensführung mit dem anderen Ehegatten eine der wesentlichen aus der Ehe herrührenden Aufgaben allein übernimmt. Dies rechtfertigt schon für sich genommen das Vertrauen des die gemeinschaftlichen Kinder betreuenden Ehegatten auf Teilhabe an den in dieser Zeit von dem anderen Ehegatten erwirtschafteten Versorgungswerten im Rahmen des Versorgungsausgleichs (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - FamRZ 2005, 2052, 2053 m.w.N.).
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c) Vorliegend beruft sich der Antragsteller mit Erfolg auf den Umstand, dass das Kind unstreitig nicht von ihm abstammt. Wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat, steht dem nicht die Rechtsausübungssperre gemäß § 1599 Abs. 1 BGB n.F. entgegen.
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aa) Allerdings hat der Senat im Jahre 1982 entschieden, dass es dem Verbot des § 1593 BGB a.F. zuwiderlaufe, wenn der Ehemann ohne rechtskräftige Feststellung der Nichtehelichkeit eines Kindes im Versorgungsausgleichsverfahren geltend mache, die Ehefrau habe ihm das Kind als ehelich untergeschoben (Beschluss vom 15. Dezember 1982 - IVb ZB 544/80 - NJW 1983, 824, 825). Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, § 1593 BGB a.F. solle nicht nur das Kind in der rechtlichen Stellung eines ehelichen Kindes schützen, sondern auch verhindern, dass die Tatsache der nichtehelichen Zeugung zu dem Zweck geltend gemacht werde, daraus Rechtsfolgen herzuleiten. Dies würde nämlich bedeuten, dass die Abstammungsfrage des nach dem Gesetz als ehelich geltenden Kindes unter einem beliebigen rechtlichen Gesichtspunkt zum Gegenstand eines gewöhnlichen Rechtsstreits gemacht werden könnte, ohne dass dabei die besonderen Sicherheiten wirksam würden, mit denen das Statusverfahren im Interesse einer Ermittlung der objektiven Wahrheit und einer Vermeidung von Gefahren für das Ansehen und die soziale Stellung des Kindes ausgestattet sei (Senatsbeschluss vom 15. Dezember 1982 - IVb ZB 544/80 - NJW 1983, 824, 825). Auch in vergleichbaren Konstellationen hat die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Vergangenheit häufig ein Berufen auf die Nichtehelichkeit eines Kindes vor rechtskräftigem Abschluss des Statusverfahrens nicht zugelassen. Dieses Verbot bezwecke den Schutz des Familienfriedens und damit auch des Kindeswohls. Ein Eindringen von außen in die Intimsphäre der Familie, das mit dem Aufdecken der außerehelichen Zeugung verbunden sei, werde so verhindert. Das Interesse des Kindes sei darauf gerichtet, ungestört in der Familie aufzuwachsen und in seiner seelischen Entwicklung nicht beeinträchtigt zu werden. Dem diene es, dass die Klärung seiner familienrechtlichen Stellung - allein über die begrenzten und befristeten Möglichkeiten der Ehelichkeitsanfechtung - frühzeitig und endgültig erfolge (Senatsurteil BGHZ 80, 218, 220 f. = FamRZ 1981, 538, 539 zur Klage auf Feststellung der Abstammung; BGHZ 45, 356, 359 zum Scheidungsverfahren; BGHZ 14, 358, 360 f. zum Scheinvaterregress aus unerlaubter Handlung).
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bb) Indes wurde die Rechtsausübungssperre nach § 1593 BGB a.F. in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht als starr verstanden. Vielmehr wurden in bestimmten Einzelfällen aufgrund einer Interessenabwägung eng begrenzte Ausnahmen zugelassen. So hat der Senat in einem Fall, in dem die geschiedene Ehefrau ihren Mann erfolgreich von einer rechtzeitigen Ehelichkeitsanfechtung abgehalten hatte, im Rahmen der Billigkeitsentscheidung nach § 1579 Abs. 1 Nr. 4 BGB a.F. die unstreitige nichteheliche Abstammung eines Kindes berücksichtigt (Urteil vom 26. Oktober 1984 - IVb ZR 36/83 - FamRZ 1985, 51, 52 f.). Eine weitere Ausnahme hat der Bundesgerichtshof für den Fall des Regresses gegen einen Rechtsanwalt bejaht, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage versäumt hatte (Urteile vom 23. September 2004 - IX ZR 137/03 - NJW-RR 2005, 494 und BGHZ 72, 299, 301). Zu einer ähnlich gelagerten Problematik - Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB beim Scheinvaterregress - hat der Senat schließlich mit Urteil vom 16. April 2008 (XII ZR 144/06 - zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden, dass diese Sperre in besonders gelagerten Einzelfällen mit der Folge der Zulässigkeit einer inzidenten Feststellung der Vaterschaft des mutmaßlichen Erzeugers im Regressprozess durchbrochen werden könne. Dies komme insbesondere dann in Betracht, wenn davon auszugehen sei, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden werde, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnten oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht hätten. Der Senat hat diese Ausnahme von der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB insbesondere unter Hinweis auf die Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder mit Gesetz vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) zugelassen. Diese habe zur Folge, dass es, solange der Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebe, bis zur Volljährigkeit des Kindes alleine vom Willen der Mutter abhänge, ob sie ihrerseits Feststellungsklage erhebe oder nicht, während der Scheinvater für eine derartige Klage nicht klagebefugt sei (Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - zur Veröffentlichung bestimmt).
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cc) Ob und unter welchen Voraussetzungen weitere Ausnahmen gerechtfertigt sind, insbesondere ob in Verfahren zwischen den Eltern eines Kindes , die deren rechtliche Beziehungen untereinander betreffen, die Rechtsausübungssperre dann unter erleichterten Anforderungen gelockert werden kann, wenn die Nichtabstammung des Kindes vom rechtlichen Vater - wie hier - unstreitig ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt.
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(1) Nach einer Ansicht kann die Nichtehelichkeit eines Kindes vor rechtskräftiger Feststellung auch dann nicht außerhalb des Statusverfahrens inzident geltend gemacht werden, wenn sie zwischen den am Prozess Beteiligten unstreitig ist (OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 197, 198; OLG Köln FamRZ 1981, 553, 554, jeweils zur Verwirkung von Ehegattenunterhalt; RGRK-BGB/Cuny 12. Aufl. § 1570 Rdn. 7; Johannsen/Henrich/Büttner Eherecht 4. Aufl. § 1570 Rdn. 4; Moller FamRZ 1963, 650, 651). Das Gesetz lasse in Abstammungsfragen allgemein Unstreitigkeit nicht genügen, sondern behalte die Feststellung dem Anfechtungsprozess vor (OLG Köln FamRZ 1981, 553, 554). Eine Differenzierung danach, ob die Nichtehelichkeit des Kindes unstreitig sei, prämiere außerdem falsche Aussagen (Moller aaO). Schließlich lasse das vorrangig zu bewertende Kindeswohl es nicht zu, über die vom Gesetz bereitgestellten Anfechtungsmöglichkeiten hinaus die Frage der Ehelichkeit des Kindes zum Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen zu machen (OLG Düsseldorf NJW-RR 1994, 197, 198).
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(2) Die Vertreter der Gegenauffassung (OLG Zweibrücken NJW 1998, 318; OLG München OLGR 1995, 152, 153; OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 690; OLG Frankfurt a.M. FamRZ 1981, 1063, 1064, jeweils zum Ehegattenunterhalt; MünchKomm/Wellenhofer-Klein BGB 4. Aufl. § 1599 Rdn. 35; Schöpf FamRZ 1963, 651; Staudinger/Rauscher BGB [2004] § 1599 Rdn. 74 f.; vgl. auch OLG Köln FamRZ 2003, 1751) berufen sich darauf, dass die Sperrwirkung uneingeschränkt nur in Fällen gelte, in denen der Status des Kindes unmittelbar berührt und zum Gegenstand des Rechtsstreits gemacht werde. Sei zwischen den Parteien unstreitig, dass das Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstamme, seien die in § 1593 BGB a.F. bzw. § 1599 Abs. 1 BGB n.F. berücksichtigten Interessen des Kindes geringer zu bewerten und hätten hinter denen des Scheinvaters zurückzutreten (OLG München aaO; OLG Düsseldorf aaO). Insbesondere sei in diesem Fall eine die Interessen des Kindes möglicherweise gefährdende Beweisaufnahme über die Abstammung des Kindes nicht erforderlich (OLG Frankfurt a.M. aaO; Schöpf aaO).
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dd) Der Senat schließt sich letzterer Auffassung insofern an, als jedenfalls in Verfahren zwischen den rechtlichen Eltern eines Kindes, die deren rechtliche Beziehungen untereinander betreffen, eine Ausnahme von der aus § 1599 Abs. 1 BGB folgenden Rechtsausübungssperre regelmäßig dann in Betracht zu ziehen ist, wenn der Umstand der Nichtabstammung des Kindes vom rechtlichen Vater zwischen den Parteien unstreitig ist.
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(1) Im Ausgangspunkt hält der Senat allerdings daran fest, dass es auch in Verfahren, an denen das Kind nicht unmittelbar beteiligt ist, grundsätzlich nicht zulässig ist, dessen nichteheliche Abstammung inzident geltend zu machen.
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Zwar haben sich die gesellschaftlichen Anschauungen seit dem Jahre 1982 insofern geändert, als ein außerehelich gezeugtes Kind nicht mehr stigmatisiert wird, das Ansehen eines Kindes in der Gesellschaft infolge einer inzidenten Feststellung dieser Tatsache also keinen Schaden zu nehmen droht. Auch ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Gesetzgeber durch das am 1. April 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I 441) ein Verfahren zur Verfügung gestellt hat, das der Klärung der Abstammung dient und es gleichwohl zulässt, die sich gegebenenfalls als unzutreffend erweisende statusrechtliche Zuordnung des Kindes unverändert zu lassen (vgl. dazu bereits Senatsurteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - zur Veröffentlichung bestimmt).
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Dies rechtfertigt es aber nicht, an der Rechtsausübungssperre für die vorgenannten Verfahren generell nicht mehr festzuhalten. Vielmehr können trotz der beschriebenen gesellschaftlichen Veränderungen sowohl die Durchführung einer Beweisaufnahme über die Abstammung des Kindes als auch deren Ergebnis den Familienfrieden stören und das Kindeswohl beeinträchtigen.
Beide Rechtsgüter werden auch heute noch durch die Sperrwirkung des § 1599 Abs. 1 BGB geschützt (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2007 - XII ZB 224/03 - FamRZ 2007, 1729, 1730). Dem trägt auch das Gesetz zur Klärung der Vaterschaft Rechnung. So steht das Klärungsverfahren nur einem begrenzten Personenkreis offen, nämlich dem Kind und seinen Eltern. Von einer Einbeziehung auch des potentiellen biologischen Vaters wurde hingegen ausweislich der Gesetzesbegründung bewusst abgesehen, um zu verhindern, dass dieser nur um seines Klärungsinteresses willen Zweifel in eine funktionierende soziale Familie hineinträgt (BT-Drucks. 16/6561 S. 10, 12). Den Interessen des Kindes wird darüber hinaus dadurch Rechnung getragen, dass das Verfahren gemäß § 1598 a Abs. 3 BGB n.F. auszusetzen ist, wenn und solange die Klärung der leiblichen Abstammung eine erhebliche und unzumutbare Beeinträchtigung des Kindeswohls begründen würde. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Recht des an seiner Vaterschaft zweifelnden Antragstellers auf Kenntnis der Abstammung zumindest zeitweise hinter einem besonderen Schutzbedürfnis des Kindes zurücktreten muss (BT-Drucks. 16/6561 S. 13). Derart weitreichende Sicherungen des Kindeswohls sind demgegenüber in anderen Zivilverfahren , in welchen sich die Frage der Abstammung des Kindes inzidenter stellen kann, nicht vorgesehen. Zwar mag § 372 a ZPO einen ähnlichen Schutz gewährleisten; allerdings hat ein Gericht erst Anlass, sich mit den Voraussetzungen dieser Norm zu beschäftigen, wenn sich der zu Untersuchende darauf beruft. Demgegenüber ist das Verfahren nach § 1598 a BGB der Freiwilligen Gerichtsbarkeit unterstellt worden, weshalb der Amtsermittlungsgrundsatz Anwendung findet; außerdem sieht § 49 a Abs. 2 a FGG die Möglichkeit vor, vor einer Entscheidung über einen Anspruch aus § 1598 a BGB das Jugendamt zu hören. Somit besteht eine größere Gewähr dafür, dass eine gravierende Gefährdung des Kindeswohls rechtzeitig erkannt wird, als dies bei gewöhnlichen Zivilprozessen der Fall ist.
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(2) Jedoch geben der Wandel der gesellschaftlichen Verhältnisse und die seit April 2008 bestehende Gesetzeslage Veranlassung, unter erleichterten Voraussetzungen Ausnahmen von der Rechtsausübungssperre zuzulassen. Wie der Senat in dem bereits erwähnten Urteil vom 16. April 2008 (XII ZR 144/06 - zur Veröffentlichung bestimmt) zur Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB beim Scheinvaterregress dargelegt hat, war die Frage der Abstammung eines Kindes seinerzeit allein in den dafür vorgesehenen besonderen Verfahren in Kindschaftssachen zu klären, und verlangte es der Grundsatz der Statuswahrheit, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung hätte beeinträchtigen können. Demgegenüber lässt es das Gesetz zur Klärung der Abstammung nunmehr zu, den bestehenden Status eines Kindes außerhalb eines Statusverfahrens durch Feststellungen zur biologischen Abstammung zu hinterfragen, ohne eine ggf. als unzutreffend erkannte statusrechtliche Zuordnung zwingend zu korrigieren. Angesichts dieser neuen Rechtslage erscheint es gerechtfertigt, Bedenken gegen eine Inzidentfeststellung zurückzustellen, die sich auf die genannte Ausprägung des Grundsatzes der Statuswahrheit gründen (Senatsurteil vom 16. April 2008 aaO). Diese Erwägungen lassen sich auf den hier zu entscheidenden Fall übertragen. Auch eine Inzidentfeststellung der Abstammung in einem Verfahren über den Versorgungsausgleich erwächst nicht in Rechtskraft , nicht einmal zwischen den Parteien dieses Verfahrens.
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(3) In Konsequenz der vorstehenden Erwägungen ist in Verfahren zwischen den Eltern eines Kindes, die deren rechtliche Beziehungen untereinander betreffen, stets anhand einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen, ob eine Ausnahme von der Rechtsausübungssperre angezeigt ist. Besonderes Gewicht hat im Rahmen dieser Abwägung der Frage zuzukommen, ob und in welcher Intensität die schutzwürdigen Interessen des Kindes und der Familienfriede dadurch beeinträchtigt werden, dass sich ein Elternteil auf eine potentielle Nichtabstammung des Kindes vom rechtlichen Vater beruft. Je weniger diese Schutzgüter berührt werden, desto eher wird eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre möglich sein.
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Ist die Nichtabstammung des Kindes vom rechtlichen Vater zwischen den Parteien des Verfahrens, in welchem diese inzident thematisiert wird, unstreitig , werden regelmäßig weder die Interessen des Kindes noch sonst der Familienfriede tangiert sein. Eine Beweisaufnahme, deren Durchführung und/oder Ergebnis das Kindeswohl beeinträchtigen könnte, ist in diesem Fall nämlich grundsätzlich nicht erforderlich. Auch dürfte dann vielfach eine Beziehung des Kindes zu seinem rechtlichen Vater entweder von vornherein nicht bestehen oder ohnehin bereits beeinträchtigt sein. Besteht jedoch trotz unstreitiger anderweitiger Abstammung des Kindes eine unbeeinträchtigte Vater-KindBeziehung , so wird auch eine inzidente Geltendmachung der Vaterschaft an dieser nichts ändern können. Dasselbe gilt im Hinblick auf die Beziehungen der sonstigen Familienmitglieder untereinander. Dem Interesse des Elternteils, der sich auf die Nichtabstammung des Kindes vom rechtlichen Vater beruft, wird daher regelmäßig der Vorrang zukommen, zumal wenn das Kind - wie vorliegend der Fall - mit seiner Mutter und seinem biologischen Vater eine Familie bildet. Dies gilt unabhängig davon, ob eine Anfechtung der Vaterschaft noch möglich ist; ebenso ist, wenn die Anfechtungsfrist bereits verstrichen ist, ohne Relevanz, ob das Verstreichen der Frist von einer der Parteien zu verantworten ist.
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Ist danach der Umstand einer unstreitigen Nichtabstammung vom Vater von Bedeutung, kann dem nicht entgegengehalten werden, eine derartige Differenzierung führe zu einer Belohnung falscher Angaben. Dass eine Partei, die die Abstammung eines Kindes von einem Dritten wider besseres Wissen bestreitet , aus diesem Verhalten im Prozess Nutzen ziehen kann, ist dem deut- schen Zivilprozessrecht aufgrund seiner Beweislastregeln immanent und vermag daher keine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen.
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Nachdem vorliegend keine Anhaltspunkte für eine mögliche Beeinträchtigung des Kindeswohls, des Familienfriedens oder sonstiger schutzwürdiger Rechte Dritter gegeben sind, ist die Berücksichtigung der fehlenden Abstammung des Kindes vom Antragsteller durch das Beschwerdegericht revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
29
d) Bedenken bestehen indes insoweit, als das Oberlandesgericht im Rahmen der Abwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB auch darauf abgestellt hat, dass es Teil der Elternverantwortung der Antragsgegnerin sei, dem Kind den mit seiner tatsächlichen Abstammung korrespondierenden rechtlichen Status zu verschaffen, insbesondere nachdem das Kind in der Beziehung seiner leiblichen Eltern seine sozial-familiären Bindungen habe. Auf diese Weise hat das Beschwerdegericht der Sache nach eine Obliegenheit der Kindesmutter begründet , die Vaterschaft anzufechten. Dieser Beurteilung kann nicht gefolgt werden. Wäre eine Kindesmutter bei Auseinanderfallen der rechtlichen und der tatsächlichen Abstammung stets oder unter bestimmten Voraussetzungen gehalten , zur Vermeidung von Rechtsnachteilen Anfechtungsklage zu erheben, wären sowohl ihr Persönlichkeitsrecht als auch ihr gemäß Art. 6 Abs. 2 GG grundrechtlich geschütztes Recht der elterlichen Sorge in nicht gerechtfertigter Weise tangiert. Denn aus dem Persönlichkeitsrecht der Kindesmutter ergibt sich auch das Recht, selbst darüber zu befinden, ob, in welcher Form und wem sie Einblick in ihre Intimsphäre und ihr Geschlechtsleben gewährt (BVerfG FamRZ 2007, 441, 445). Weiter beinhaltet das Recht zur elterlichen Sorge das Recht, im Interesse des Kindes darüber zu entscheiden, ob jemand genetische Daten des Kindes erheben und verwerten darf (BVerfG FamRZ 2007, 441, 443; Senatsurteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 - FamRZ 2005, 340). Kann die Kindesmutter Rechtsnachteile nur vermeiden, indem sie ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren initiiert, ist sie zugleich gehalten, Einblick in ihre Intimsphäre zu geben und erforderlichenfalls zwecks Einholung eines Abstammungsgutachtens genetische Daten ihres Kindes erheben und verwerten zu lassen. Dieser Eingriff in den Schutzbereich der genannten Rechte ist weder infolge überwiegender Interessen des rechtlichen Vaters noch des Kindes gerechtfertigt. Beiden steht ein eigenes Anfechtungsrecht zu. Zudem ist - worauf die Rechtsbeschwerde zu Recht hinweist - nicht davon auszugehen, dass eine Vaterschaftsanfechtung stets dem Kindeswohl entspricht.
30
3. Hiernach geht die Entscheidung über den Versorgungsausgleich teilweise von unzutreffenden Erwägungen aus und kann daher mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Einer Zurückverweisung der Sache bedarf es dennoch nicht. Der Senat sieht sich auf der Grundlage der Feststellungen des Beschwerdegerichts zu einer abschließenden Entscheidung in der Lage (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO; vgl. zur Kompetenz des Rechtsbeschwerdegerichts zur Ausübung tatrichterlichen Ermessens Senatsbeschlüsse vom 24. März 2004 - XII ZB 27/99 - FamRZ 2004, 862, 863 und vom 18. Februar 1987 - IVb ZB 112/85 - NJW-RR 1987, 578, 579, jeweils zur weiteren Beschwerde). Unschädlich ist hierbei, dass das Oberlandesgericht offen gelassen hat, ob die Antragsgegnerin zusicherte, keinen Kindesunterhalt geltend zu machen. Auch wenn man zugunsten der Antragsgegnerin unterstellt, dass sie eine solche Zusage nicht abgegeben hat, ergibt eine Gesamtwürdigung aller Umstände durch den Senat, dass der Versorgungsausgleich in dem bereits durch das Beschwerdegericht vorgesehenen Umfang auszuschließen ist. Danach war die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen, weil sich die Entscheidung gleichwohl als richtig darstellt (§ 577 Abs. 3 ZPO).
31
a) Die gebotene Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten bestätigt im Ergebnis die Entscheidung des Beschwerdegerichts, den Versorgungsausgleich für den Zeitraum vom 1. November 1995 bis zum 31. Oktober 2004 auszuschließen.
32
Allerdings lässt sich für die Dauer der Trennung, welche zur Rechtfertigung eines (teilweisen) Ausschlusses des Versorgungsausgleichs erforderlich ist, kein allgemeiner Maßstab anlegen. Sie wird aber umso eher zur Anwendung der Härteklausel führen, je länger die Trennung im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben gewährt hat (Senatsbeschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - FamRZ 2007, 1964, 1965; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 24). Ob - wie im vorliegenden Fall - eine Trennungszeit von zehn Jahren bei einer Zeit des Zusammenlebens als Eheleute von 16 ½ Jahren für sich allein den teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht hier nicht entschieden zu werden. Vorliegend sind nämlich weitere Umstände zu berücksichtigen, die gemeinsam mit der langen Trennungszeit einen Teilausschluss des Versorgungsausgleichs für die Zeit vom Ablauf des Trennungsjahres bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags rechtfertigen.
33
Zunächst ist zu beachten, dass sich die Antragsgegnerin ab dem Zeitpunkt der Trennung vom Antragsteller wirtschaftlich verselbstständigt hat (zu diesem Kriterium vgl. Senatsbeschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 771). Nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts hat die Antragsgegnerin nämlich erstmals im Jahre 2004 Unterhaltsansprüche für sich geltend gemacht. Dies rechtfertigt die Annahme, dass sie in der vorausgegangenen Trennungszeit nicht wirtschaftlich vom Antragsteller abhängig war.
34
Weiter ist - worauf das Oberlandesgericht zu Recht hingewiesen hat - zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin spätestens seit dem Jahre 1999 in einer festen Lebensgemeinschaft mit dem biologischen Vater ihres Kindes lebt, die die wirtschaftliche Loslösung der Antragsgegnerin vom Antragsteller noch unterstreicht.
35
Schließlich ist in die Abwägung einzustellen, dass der Antragsteller, obwohl er unstreitig nicht der biologische Vater des Kindes ist, nicht nur nach den von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts aus Anlass der Geburt des Kindes mit erheblichen Arztkosten belastet war, sondern seit dem Jahr 2004 auch auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen wird. Diese Unterhaltsverpflichtung, welche der Antragsteller infolge der Versäumung der Anfechtungsfrist nicht mehr korrigieren kann und die ihn voraussichtlich bis zur wirtschaftlichen Selbstständigkeit des Kindes belasten wird, hat zur Folge, dass dem Antragsteller weniger Einkommen, auch zum Aufbau einer ergänzenden Altersvorsorge, zur Verfügung steht, als dies ohne die Unterhaltsverpflichtung der Fall wäre. Einer Berücksichtigung dieses Umstandes steht nicht entgegen, dass der Antragsteller die rechtzeitige Anfechtung der Vaterschaft unterlassen hat und daher für die ihn nunmehr treffende Unterhaltslast verantwortlich ist. Ein rechtlicher Vater, der die Anfechtungsfrist hat verstreichen lassen, setzt sich nicht zu seinem bisherigen Verhalten in Widerspruch , wenn er sich Dritten gegenüber auf die Folgen der unterlassenen Anfechtung beruft. Denn er kann durchaus Gründe dafür gehabt haben, um des Kindes willen von einer Anfechtung abzusehen, ohne dass sich diese Gründe auch auf Dritte erstrecken. Abgesehen hiervon steht der Würdigung eines Umstandes im Rahmen der Abwägung der groben Unbilligkeit nicht von vornherein entgegen, dass er auf eigenem Verschulden beruht (vgl. Johannsen/Henrich/ Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 20).
36
Der Senat erachtet es im Rahmen einer Gesamtwürdigung der genannten Umstände für ausgeschlossen, dass das Beschwerdegericht im Falle einer Zurückverweisung auf der Grundlage der Rechtsauffassung des Senats und unter Beachtung des Verbotes einer Schlechterstellung der Antragsgegnerin sein tatrichterliches Ermessen in anderer Weise ausüben würde, als den Versorgungsausgleich für die Zeit ab Ablauf des Trennungsjahres auszuschließen, und entscheidet daher selbst abschließend.
37
b) Die Einholung neuer Versorgungsauskünfte ist nicht erforderlich, so dass auch insoweit einer Entscheidung des Senats in der Sache nichts entgegensteht. Zwar ist für die Berechnung der jährlichen Sonderzahlung, welche dem Antragsteller als Bestandteil seiner Beamtenversorgung zusteht, der zur Zeit der Entscheidung über den Versorgungsausgleich geltende Bemessungsfaktor heranzuziehen (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 14. März 2007 - XII ZB 85/03 - FamRZ 2007, 994, 995 m.w.N.). Dieser beträgt nunmehr für das Kalenderjahr 2008 2,085 % der Versorgungsbezüge (§ 4 Abs. 1 BSZG i.d.F. des Art. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes vom 29. Juni 2006 - BGBl. I 1402), während der vom Oberlandesgericht herangezogenen Auskunft der Deutschen Rentenversicherung vom 25. Juli 2005 noch ein Bemessungsfaktor von 4,17 % zugrunde lag. Der niedrigere Bemessungsfaktor ist unbeschadet seiner - zunächst - auf die Jahre 2006 bis 2010 befristeten Geltung als derzeit maßgebend zugrunde zu legen (so etwa auch OLG Celle FamRZ 2008, 900, 902). Einer Neuberechnung unter Berücksichtigung dieses Bemessungsfaktors bedarf es hier indes nicht. Sie würde nämlich dazu führen, dass sich der Versorgungsausgleich zu Lasten der Rechtsbeschwerdeführerin verringerte. Dem steht jedoch das Verbot der Schlechterstellung entgegen.
38
4. Nicht zu beanstanden ist, dass das Oberlandesgericht den Kürzungsbetrag dergestalt ermittelt hat, dass es die von den Ehegatten in der gesamten Ehezeit erworbenen Anwartschaften jeweils um diejenigen gekürzt hat, die sie in der auszuschließenden Zeit erworben haben, und dass es anschließend den Wertunterschied aus den so bereinigten Versorgungsanwartschaften ausgeglichen hat. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Senatsbeschlüsse vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 771 und vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 - FamRZ 2004, 256, 257 m.w.N.).
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz RiBGH Dr. Klinkhammer ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Nordhorn, Entscheidung vom 09.05.2006 - 11 F 954/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 27.07.2006 - 12 UF 54/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 25. Juni 2008 - XII ZB 163/06

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Zivilprozessordnung - ZPO | § 577 Prüfung und Entscheidung der Rechtsbeschwerde


(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde a
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Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie

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§ 1592 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wurde und innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung ein Kind geboren wird. Steht fest, dass das Kind mehr als 300 Tage vor seiner Geburt empfangen wurde, so ist dieser Zeitraum maßgebe

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Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

Nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes findet zwischen den geschiedenen Ehegatten ein Ausgleich von im In- oder Ausland bestehenden Anrechten statt, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- und Invaliditätsvorsorge.

§ 1592 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wurde und innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung ein Kind geboren wird. Steht fest, dass das Kind mehr als 300 Tage vor seiner Geburt empfangen wurde, so ist dieser Zeitraum maßgebend. Wird von einer Frau, die eine weitere Ehe geschlossen hat, ein Kind geboren, das sowohl nach den Sätzen 1 und 2 Kind des früheren Ehemanns als auch nach § 1592 Nr. 1 Kind des neuen Ehemanns wäre, so ist es nur als Kind des neuen Ehemanns anzusehen. Wird die Vaterschaft angefochten und wird rechtskräftig festgestellt, dass der neue Ehemann nicht Vater des Kindes ist, so ist es Kind des früheren Ehemanns.

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 107/04
vom
11. September 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1
Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB bei
einer sogenannten phasenverschobenen Ehe und Erwerb von Versorgungsanrechten
während einer längeren Trennungszeit.
BGH, Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - OLG München
AG Fürstenfeldbruck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 22. März 2004 aufgehoben. Die Beschwerde gegen Ziffer 2 des Entscheidungssatzes des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürstenfeldbruck vom 28. Mai 2003 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
2
Die am 11. September 1981 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 28. September 2002 zugestellten Antrag durch Urteil vom 28. Mai 2003 geschieden.
3
In der Ehezeit (1. September 1981 bis 31. August 2002, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Ehegatten Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar die Antragsgegnerin (Ehefrau, geb. am 3. März 1943) in Höhe von 908,02 € und der Antragsteller (Ehemann, geb. am 17. Mai 1933) in Höhe von 688,34 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Außerdem haben beide Ehegatten in der Ehezeit Anrechte auf eine betriebliche Altersversorgung bei der Versorgungskasse der Angestellten der Münchener Rückversicherungsgesellschaft erworben, und zwar die Ehefrau in Höhe von 434,28 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. Mai 1981 bis 30. April 2003) und der Ehemann in Höhe von 318,31 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. April 1972 bis 31. Dezember 1993), jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Die Ehefrau war während der gesamten Ehezeit erwerbstätig ; der - zehn Jahre ältere - Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Vollrente wegen Alters. Die Parteien leben seit dem 15. Januar 1995 getrennt.
4
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde des Ehemannes den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto der Ehefrau auf das Versicherungskonto des Ehemannes im Wege des Splittings Rentenanwartschaften in Höhe von (908,02 € - 688,34 € = 219,68 € : 2 =) 109,84 € sowie zum Ausgleich der Betriebsrenten im Wege des erweiterten Splittings weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 46,90 € übertragen hat. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau, mit der sie hinsichtlich des Versorgungsausgleichs die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.

II.

5
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
6
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen keine Gründe vor, die es rechtfertigen könnten, den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB als grob unbillig auszuschließen.
7
Der Versorgungsausgleich bewirke, dass die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte im Falle des Scheiterns der Ehe gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt würden. Diese Versorgungsgemeinschaft der Parteien sei von Beginn der Ehe an dadurch gekennzeichnet gewesen, dass der Ehemann, der zehn Jahre älter als die Ehefrau sei, vor der Ehefrau in Rente gehen und deshalb wesentlich früher als diese keine Beiträge zur Versorgungsgemeinschaft mehr werde leisten können. Dafür habe aber der Ehemann während der Zeit seiner Erwerbstätigkeit aufgrund seines höheren Einkommens höhere Anwartschaften als die Ehefrau erworben.
8
Auch die relativ lange Trennungszeit von 7 ½ Jahren (vom 15. Januar 1995 bis zum Ende der Ehezeit) lasse den Versorgungsausgleich nicht als grob unbillig erscheinen, da ihr ca. 14 Jahre des ehelichen Zusammenlebens (Eheschließung September 1981 bis Trennung Januar 1995) gegenüberstünden.
9
Schließlich könne auch die beiderseitige Versorgungssituation eine grobe Unbilligkeit nicht begründen. Der Ehemann verfüge über Renteneinkünfte in Höhe von 2.223,93 €, die sich bei Durchführung des Versorgungsausgleichs um 167,83 € auf 2.391,76 € erhöhen würden. Die Ehefrau werde bei ihrem Renteneintritt im September 2006 und bei Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Altersrente von ca 1.900 € zur Verfügung haben. Ein erhebliches wirt- schaftliches Ungleichgewicht zu Lasten der Ehefrau sei danach nicht festzustellen.
10
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c BGB liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238, 1239). Ob und inwieweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs danach grob unbillig erscheint, unterliegt tatrichterlicher Beurteilung, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetz entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
12
Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (etwa Senatsbeschlüsse vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182). Aus diesem Grunde werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute aufgehoben ist. Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensge- meinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen; insbesondere sollte dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden , den Ausgleichsanspruch durch Trennung vom Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit schon für sich genommen einen zumindest teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770). Für die Dauer der Trennung lässt sich dabei kein allgemeiner Maßstab anlegen. Sie wird aber um so eher zur Anwendung der Härteklausel führen, je länger sie im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben gewährt hat (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 24).
13
Ob - wie im vorliegenden Fall - eine Trennungszeit von 7 ½ Jahren bei einer Zeit des Zusammenlebens als Eheleute von etwas mehr als dreizehn Jahren (1. September 1981 bis 15. Januar 1995) für sich allein den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht hier nicht entschieden zu werden. Als weiterer Umstand ist vorliegend nämlich zu berücksichtigen, dass es sich aufgrund des Altersunterschieds der Parteien um eine sog. „phasenverschobene Ehe“ handelt. Der Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 - mithin seit mehr als sechs Jahren vor dem Ende der Ehezeit (31. August 2002) - Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung; seine für die betriebliche Altersversorgung maßgebliche Betriebszugehörigkeit endete bereits am 31. Dezember 1993, also sogar noch deutlich vor der Trennung der Parteien (am 15. Januar 1995).
14
Wie der Senat - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, kann der Ausgleich von Versorgungsanrechten, die ein Ehegatte nach der Trennung bis zum Ende der Ehe erworben hat, im Zusammenhang mit einer langen Trennungszeit zu einer groben Unbilligkeit im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB führen, wenn der ausgleichspflichtige Überschuss an Versorgungsanrechten , die dieser Ehegatte erzielt hat, nicht auf seiner höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit während der Ehezeit beruht, sondern auf dem Umstand , dass der andere Ehegatte nach der Trennung aufgrund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183). So liegen die Dinge auch hier: Zwar hat der Ehemann nach der Trennung der Parteien noch für die Dauer von rund 1 ½ Jahren Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Bis zur Trennung hatte die Ehefrau jedoch aufgrund ihres geringeren Einkommens niedrigere Versorgungsanwartschaften begründet.
15
Die ehezeitbezogene Versorgungsdifferenz zugunsten des Ehemannes ergibt sich - wie vom Amtsgericht festgestellt und vom Oberlandesgericht in Bezug genommen - nur aus dem Umstand, dass die Ehefrau Versorgungsanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch der betrieblichen Altersversorgung noch zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem die Parteien bereits getrennt gelebt haben, die Versorgungsgemeinschaft der Parteien also nicht mehr bestanden hat. Dies rechtfertigt es, den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB als grob unbillig auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als die beiderseitige Versorgungslage der Ehegatten ein Übergewicht zugunsten des Ehemannes ergibt, das nicht noch durch eine Teilhabe des Ehemannes an dem erst nach der Trennung der Parteien erzielten Versorgungsmehrerwerb der Ehefrau verstärkt werden sollte.
16
3. Nach allem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat vermag in der Sache abschließend zu entscheiden: Der Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes ist auszuschließen, die Beschwerde des Ehemannes gegen die - den Versorgungsausgleich ausschließende - Entscheidung des Amtsgerichts zurückzuweisen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Fürstenfeldbruck, Entscheidung vom 28.05.2003 - 4 F 1047/02 -
OLG München, Entscheidung vom 22.03.2004 - 2 UF 1164/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 2/02
vom
29. März 2006
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1

a) Auch bei langer Trennungszeit erfordert die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs
wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Abs. 1 Nr. 1 BGB im
Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen
Verhältnisse beider Ehegatten.

b) Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte während einer langen Trennungszeit
(hier: 17 Jahre) widerspruchslos Trennungsunterhalt gezahlt, ohne von dem
ausgleichsberechtigten Ehegatten die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen
Erwerbstätigkeit zu fordern, kann der Ausgleichsberechtigte ein
schutzwürdiges Vertrauen auf Teilhabe an den bis zum Ende der Ehezeit erworbenen
Anrechten auf Altersversorgung des Ausgleichsverpflichteten haben.
BGH, Beschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - OLG Frankfurt
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. November 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der weiteren Beschwerde - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.945 €.

Gründe:


I.

1
Der am 10. Januar 1942 geborene Antragsteller und die am 11. September 1944 geborene Antragsgegnerin haben am 26. April 1963 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, von denen das Jüngste 1966 geboren wurde. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 14. September 1999 zugestellt; das am 11. August 2000 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Die Parteien hatten sich im Jahre 1982 (nicht: 1980) getrennt. Die Antragsgegnerin war damals mit den gemeinsamen Kindern aus der Ehewohnung ausgezogen. Während der gesamten Trennungszeit hatte der Antragssteller aufgrund außergerichtlicher Vereinbarungen der Parteien Unterhalt an die Antragsgegnerin gezahlt, zuletzt in Höhe von monatlich 1.000 DM (511 €). Die Antragsgegnerin ist gelernte technische Zeichnerin, war jedoch seit 1964 nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt; sie ist in der Ehezeit lediglich unregelmäßig geringfügigen Beschäftigungen nachgegangen. Im Rahmen des Scheidungsverbundes haben sich die Parteien vor dem Amtsgericht - Familiengericht - auf einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.075 DM (549,64 €) geeinigt.
3
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts - Familiengericht - haben die Parteien während der gesetzlichen Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999; § 1587 Abs. 2 BGB) folgende Versorgungsanrechte erworben, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit: der Antragsteller bei der Bahnversicherungsanstalt (jetzt Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See, fortan: DRV KBS; weitere Beteiligte zu 2) gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 157,60 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen (weitere Beteiligte zu 3) Anrechte auf eine Beamtenversorgung in Höhe von 3.059,48 DM, die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, fortan: DRV Bund; weitere Beteiligte zu 1) Anwartschaften in Höhe von 185,77 DM.
4
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV KBS auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 1.515,66 DM (774,94 €), bezogen auf den 31. August 1999, übertragen werden sollten. Dem Begehren des Antragstellers, den Versorgungsausgleich nur beschränkt durchzuführen, hat es nicht entsprochen.
5
Auf die Beschwerde der DRV Bund, der DRV KBS und des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die Entscheidung über den Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei dem Bundeseisenbahnvermögen auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 872,67 DM (446,19 €), bezogen auf den 30. Juni 1992, begründet werden. Wegen der langen Trennungszeit der Parteien ist das Oberlandesgericht vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende ausgegangen und hat bei den weiteren Beteiligten zu 1-3 entsprechende Auskünfte eingeholt. Danach hat der Antragsteller während der fiktiven Ehezeit (1. April 1963 bis 30. Juni 1992) bei der DRV KBS Anwartschaften auf eine Altersrente von 135,24 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen Anwartschaften auf Beamtenversorgung in Höhe von 1.778,25 DM erworben, die Antragsgegnerin bei der DRV Bund monatliche gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 168,17 DM.
6
Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin das Ziel eines ungekürzten Versorgungsausgleichs weiter.

II.

7
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht, das die Voraussetzungen des Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 EheRG zu Recht verneint hat, hat eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB für gerechtfertigt gehalten und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die uneingeschränkte Durchführung des Wertausgleichs zugunsten der Antragsgegnerin führe wegen der langen Trennungszeit und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Falles zu einem grob unbilligen Ergebnis. Das jüngste Kind der Parteien sei 1985 volljährig geworden. Der damals 51 Jahre alten Antragsgegnerin sei es noch möglich gewesen , innerhalb der dann noch 14 Jahre währenden Trennungszeit eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben und zumindest teilweise eine eigene Altersversorgung aufzubauen. Es sei unbillig, dem Antragsteller nun entgegenzuhalten , er habe über Jahre hinweg ohne hinreichenden Grund Trennungsunterhalt gezahlt, und ihm über diese wirtschaftliche Belastung hinaus auch noch die hälftige Kürzung seiner Versorgungsanwartschaften zuzumuten. Dem zwischenzeitlich pensionierten Antragsteller bliebe in diesem Fall nicht einmal der angemessene Selbstbehalt. Auch sei er entsprechend seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht in der Lage gewesen, den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin sicherzustellen. Über diesen hätte die Antragsgegnerin nur aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit verfügen können. Da sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres des jüngsten Kindes zumindest eine Halbtagstätigkeit habe ausüben können, erscheine es angemessen , für den Versorgungsausgleich die Zeit von 1985 bis zur Zustellung des Scheidungsantrages nur zur Hälfte zu berücksichtigen, weshalb vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende auszugehen sei.
9
2. Diese Ausführungen des Oberlandesgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB erscheint, unterliegt zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf hin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238; vom 5. September 2001 - XII ZB 56/98 - FPR 2002, 86 und vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Selbst auf der Grundlage dieser eingeschränkten Überprüfbarkeit kann der angefochtene Beschluss aber keinen Bestand haben.
11
a) Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings im Ansatz davon aus, eine lange Trennungszeit der Parteien könne Anlass sein, den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit zu überprüfen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB zu berücksichtigende Umstände könnten auch darin bestehen, dass eine Versorgungsgemeinschaft wegen ungewöhnlich kurzer Ehedauer nicht entstanden (Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVb ZR 513/80 - FamRZ 1981, 944, 945) oder durch lange Trennung der Ehegatten aufgehoben worden sei (Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 f.; vom 28. Oktober 1992 - XII ZB 42/91 - FamRZ 1993, 302, 303; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182 f. und vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - FamRZ 2005, 2052, 2053). In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll (Senatsbeschlüsse vom 28. September 2005 aaO S. 2053; vom 19. Mai 2004 aaO S. 1182 und vom 28. Oktober 1992 aaO S. 303). Hat eine Versorgungsgemeinschaft wegen langer Trennungszeit nicht mehr bestanden, kann eine Korrektur des Versorgungsausgleichs deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt sein (h.M., vgl. OLG Köln Beschluss vom 10. Juli 2003 - 21 UF 251/02 - veröffentlicht bei juris; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 756 f. und 1998, 682, 683; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1223; OLG Celle FamRZ 2001, 163, 164; OLG Hamm FamRZ 2000, 160, 161; KG FamRZ 1997, 31 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1323 f.; OLG München FamRZ 1985, 79 f.; MünchKomm/Dörr BGB 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 30; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c BGB Rdn. 23; Staudinger/Rehme BGB 2003 § 1587 c Rdn. 44; Wick Der Versorgungsausgleich Rdn. 255; a.A. Erk/Deisenhofer FamRZ 2003, 134, 136).
12
b) Einer Beschränkung des Versorgungsausgleichs steht dabei nicht entgegen, dass § 1587 BGB den Wertausgleich grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorschreibt. Die Regelung beruht in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen , insbesondere wollte der Gesetzgeber dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit nehmen, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1183; BT-Drucks. 7/4361, S. 36). Allerdings erfordert § 1587 c Nr. 1 BGB für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Wertausgleichs eine grobe Unbilligkeit, d.h. eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs muss unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 aaO S. 1239). Hierbei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise. Die grobe Unbilligkeit muss sich vielmehr wegen des Ausnahmecharakters von § 1587 c BGB im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (BVerfG FamRZ 2003, 1173, 1174; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c Rdn. 30; Palandt/Brudermüller BGB 65. Aufl. § 1587 c Rdn. 19, 25).
13
c) Die Feststellungen des Oberlandesgerichts rechtfertigen die Annahme einer groben Unbilligkeit nicht.
14
aa) Die Parteien lebten zwar bis zur Zustellung des Scheidungsantrages (14. September 1999) von insgesamt 36 Ehejahren ca. 17 Jahre - und damit nahezu die Hälfte der Ehezeit - voneinander getrennt. Zudem weist das Oberlandesgericht zu Recht darauf hin, bei längerem Getrenntleben bestehe auch für einen bislang ausschließlich den Haushalt führenden Ehegatten im Alter von 51 Jahren grundsätzlich noch eine Erwerbsobliegenheit (Senatsurteil BGHZ 109, 211 ff. = FamRZ 1990, 283, 286), um seine Altersversorgung zumindest teilweise selbst aufzubauen. Der Antragsteller hat allerdings während der gesamten Trennungszeit freiwillig monatliche Unterhaltszahlungen geleistet, die das wesentliche Einkommen der Antragsgegnerin darstellten. Erstmals mit Anwaltsschriftsatz vom 27. Oktober 1999, somit nach Zustellung des Scheidungsantrags , hat er die Antragsgegnerin darauf verwiesen, sie hätte zumindest seit der Volljährigkeit des jüngsten Sohnes einer Erwerbstätigkeit nachgehen und so eigene Versorgungsanrechte erwerben müssen. Mit den widerspruchslosen Zahlungen während der langen Trennungszeit hat der Antragsteller aber nicht nur unterhalts-rechtlich einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der den Zeitpunkt für eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin hinausschiebt (vgl. OLG Köln FamRZ 1999, 853; OLG Hamm FamRZ 1995, 1580; Eschenbruch/Mittendorf Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 6267; Erman /Heckelmann BGB 11. Aufl. § 1361 Rdn. 23; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 260; Wendl/Staudigl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 25; Johannsen/Henrich/Büttner aaO § 1361 BGB Rdn. 26; Staudinger/Hübner aaO 2000 § 1361 Rdn. 187; Palandt /Brudermüller aaO § 1361 Rdn. 13; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 391; vgl. für den nachehelichen Unterhalt Senatsurteil vom 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 498). Er hat zugleich zu erkennen gegeben, die eheliche Solidarität nach der Trennung nicht vollkommen aufkündigen zu wollen, sondern die Antragsgegnerin an seinen in der Trennungszeit erworbenen Versorgungsanrechten teilhaben zu lassen. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist es dabei unerheblich, dass der Antragsteller den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin nicht sicherstellen konnte. Für die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes ist vielmehr entscheidend, dass sich die Antragsgegnerin erkennbar auf die monatlichen Unterhaltsleistungen verließ, davon im Wesentlichen ihren Lebensunterhalt bestritt und gerade auch deswegen keine Notwendigkeit sah, sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen. Seine Legitimation findet der ungekürzte Versorgungsausgleich letztlich in dem Umstand, dass sich die Parteien während der gesamten Trennungszeit wirtschaftlich nicht verselbständigt haben. Es ist deshalb nicht grob unbillig, sondern vielmehr geboten, die Antragsgegnerin an den vom Antragsteller erworbenen Anrechten auf Altersversorgung ungekürzt teilhaben zu lassen.
15
bb) Dass dem Antragsteller durch den Versorgungsausgleich nicht einmal der eigene angemessene Selbstbehalt verbleibt, wie das Oberlandesgericht meint, kann eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nicht rechtfertigen. Zwar darf der Versorgungsausgleich nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen. Unterhaltsrechtlich erhebliche Selbstbehaltgrenzen bestehen dabei indessen nicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 - IVb ZB 813/80 - FamRZ 1981, 756, 757 und vom 16. Dezember 1981 - IVb ZB 555/80 - FamRZ 1982, 258, 259; Schwab/Hahne Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil VI Rdn. 283; Palandt/Brudermüller aaO § 1587 c Rdn. 21; MünchKomm/Dörr aaO § 1587 c BGB Rdn. 19). Eine durch den Versorgungsausgleich entstehende Bedürftigkeit des Verpflichteten kann bei der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB allenfalls dann relevant werden, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits unter Berücksichtigung außerhalb der Ehezeit erworbener Anwartschaften oder seines sonstigen Vermögens über eine ausreichende Altersversorgung verfügt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 aaO S. 757 f. und vom 16. Dezember 1981 aaO S. 259; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c BGB Rdn. 7). Entsprechende Umstände sind vorliegend aber weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
16
cc) Schließlich lässt sich dem ungekürzten Versorgungsausgleich nicht entgegengehalten, der Antragsteller habe andernfalls zur Vermeidung finanzieller Nachteile erst nach einer Verurteilung Trennungsunterhalt zahlen dürfen oder bald möglichst Scheidungsantrag stellen müssen, was dem aus Art. 6 GG folgenden Gebot der Eheerhaltung zuwiderlaufe (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1324). Um das schutzwürdige Vertrauen der Antragsgegnerin zu erschüttern, wäre es nicht erforderlich gewesen, einen zeitnahen Scheidungsantrag zu stellen oder die Unterhaltszahlungen sofort einzustellen. Es hätte im Interesse einer wirtschaftlichen Verselbständigung und Entflechtung der Eheleute während der langen Trennungszeit genügt, auf eine Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin zu drängen.
17
dd) Im Übrigen würde es rechtlichen Bedenken begegnen, zur Kürzung des Ausgleichsanspruchs der Ehefrau nach § 1587 c Nr. 1 BGB das Ehezeitende fiktiv auf den 30. Juni 1992 vorzuverlegen. Die Bewertung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte ist immer auf das Ende der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB vorzunehmen, an die das Gesetz die für die Berechnung der Anrechte maßgebenden rentenrechtlichen Faktoren knüpft (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2001 - XII ZB 106/96 - FamRZ 2001, 1444, 1446). Um einen bestimmten Teil der Ehezeit im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen, sind deshalb grundsätzlich die auf die auszuschließende (Trennungs-)Zeit entfallenden Anwartschaften auf das gesetzliche Ehezeitende bezogen zu ermitteln und von den auf die gesamte Ehezeit entfallenden Anwartschaften abzuziehen (Wick aaO Rdn. 255). Nicht zulässig ist es, stattdessen das Ende der Ehezeit vorzuverlegen.
18
3. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da die Einholung neuer Versorgungsauskünfte erforderlich ist. Die Höhe des für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ruhegeldes des bereits bei dem Bundeseisenbahnvermögen im Versorgungsbezug stehenden Antragstellers ist unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) zu ermitteln. Im Übrigen konnten die vom Amtsgericht - Familiengericht - für die gesamte Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999) eingeholten Auskünfte der DRV KBS vom 16. Dezember 1999 und der DRV Bund vom 19. April 2000 die Änderungen der Rechtslage durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG vom 21. März 2001, BGBl. I, 403) nicht berücksichtigen. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit der Versorgungsausgleich unter Zugrundelegung neuer Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger geregelt werden kann.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose

Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 11.08.2000 - 512 F 1964/99 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 29.11.2001 - 2 UF 264/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 107/04
vom
11. September 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1
Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB bei
einer sogenannten phasenverschobenen Ehe und Erwerb von Versorgungsanrechten
während einer längeren Trennungszeit.
BGH, Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - OLG München
AG Fürstenfeldbruck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 22. März 2004 aufgehoben. Die Beschwerde gegen Ziffer 2 des Entscheidungssatzes des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürstenfeldbruck vom 28. Mai 2003 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
2
Die am 11. September 1981 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 28. September 2002 zugestellten Antrag durch Urteil vom 28. Mai 2003 geschieden.
3
In der Ehezeit (1. September 1981 bis 31. August 2002, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Ehegatten Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar die Antragsgegnerin (Ehefrau, geb. am 3. März 1943) in Höhe von 908,02 € und der Antragsteller (Ehemann, geb. am 17. Mai 1933) in Höhe von 688,34 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Außerdem haben beide Ehegatten in der Ehezeit Anrechte auf eine betriebliche Altersversorgung bei der Versorgungskasse der Angestellten der Münchener Rückversicherungsgesellschaft erworben, und zwar die Ehefrau in Höhe von 434,28 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. Mai 1981 bis 30. April 2003) und der Ehemann in Höhe von 318,31 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. April 1972 bis 31. Dezember 1993), jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Die Ehefrau war während der gesamten Ehezeit erwerbstätig ; der - zehn Jahre ältere - Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Vollrente wegen Alters. Die Parteien leben seit dem 15. Januar 1995 getrennt.
4
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde des Ehemannes den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto der Ehefrau auf das Versicherungskonto des Ehemannes im Wege des Splittings Rentenanwartschaften in Höhe von (908,02 € - 688,34 € = 219,68 € : 2 =) 109,84 € sowie zum Ausgleich der Betriebsrenten im Wege des erweiterten Splittings weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 46,90 € übertragen hat. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau, mit der sie hinsichtlich des Versorgungsausgleichs die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.

II.

5
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
6
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen keine Gründe vor, die es rechtfertigen könnten, den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB als grob unbillig auszuschließen.
7
Der Versorgungsausgleich bewirke, dass die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte im Falle des Scheiterns der Ehe gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt würden. Diese Versorgungsgemeinschaft der Parteien sei von Beginn der Ehe an dadurch gekennzeichnet gewesen, dass der Ehemann, der zehn Jahre älter als die Ehefrau sei, vor der Ehefrau in Rente gehen und deshalb wesentlich früher als diese keine Beiträge zur Versorgungsgemeinschaft mehr werde leisten können. Dafür habe aber der Ehemann während der Zeit seiner Erwerbstätigkeit aufgrund seines höheren Einkommens höhere Anwartschaften als die Ehefrau erworben.
8
Auch die relativ lange Trennungszeit von 7 ½ Jahren (vom 15. Januar 1995 bis zum Ende der Ehezeit) lasse den Versorgungsausgleich nicht als grob unbillig erscheinen, da ihr ca. 14 Jahre des ehelichen Zusammenlebens (Eheschließung September 1981 bis Trennung Januar 1995) gegenüberstünden.
9
Schließlich könne auch die beiderseitige Versorgungssituation eine grobe Unbilligkeit nicht begründen. Der Ehemann verfüge über Renteneinkünfte in Höhe von 2.223,93 €, die sich bei Durchführung des Versorgungsausgleichs um 167,83 € auf 2.391,76 € erhöhen würden. Die Ehefrau werde bei ihrem Renteneintritt im September 2006 und bei Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Altersrente von ca 1.900 € zur Verfügung haben. Ein erhebliches wirt- schaftliches Ungleichgewicht zu Lasten der Ehefrau sei danach nicht festzustellen.
10
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c BGB liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238, 1239). Ob und inwieweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs danach grob unbillig erscheint, unterliegt tatrichterlicher Beurteilung, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetz entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
12
Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (etwa Senatsbeschlüsse vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182). Aus diesem Grunde werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute aufgehoben ist. Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensge- meinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen; insbesondere sollte dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden , den Ausgleichsanspruch durch Trennung vom Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit schon für sich genommen einen zumindest teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770). Für die Dauer der Trennung lässt sich dabei kein allgemeiner Maßstab anlegen. Sie wird aber um so eher zur Anwendung der Härteklausel führen, je länger sie im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben gewährt hat (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 24).
13
Ob - wie im vorliegenden Fall - eine Trennungszeit von 7 ½ Jahren bei einer Zeit des Zusammenlebens als Eheleute von etwas mehr als dreizehn Jahren (1. September 1981 bis 15. Januar 1995) für sich allein den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht hier nicht entschieden zu werden. Als weiterer Umstand ist vorliegend nämlich zu berücksichtigen, dass es sich aufgrund des Altersunterschieds der Parteien um eine sog. „phasenverschobene Ehe“ handelt. Der Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 - mithin seit mehr als sechs Jahren vor dem Ende der Ehezeit (31. August 2002) - Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung; seine für die betriebliche Altersversorgung maßgebliche Betriebszugehörigkeit endete bereits am 31. Dezember 1993, also sogar noch deutlich vor der Trennung der Parteien (am 15. Januar 1995).
14
Wie der Senat - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, kann der Ausgleich von Versorgungsanrechten, die ein Ehegatte nach der Trennung bis zum Ende der Ehe erworben hat, im Zusammenhang mit einer langen Trennungszeit zu einer groben Unbilligkeit im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB führen, wenn der ausgleichspflichtige Überschuss an Versorgungsanrechten , die dieser Ehegatte erzielt hat, nicht auf seiner höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit während der Ehezeit beruht, sondern auf dem Umstand , dass der andere Ehegatte nach der Trennung aufgrund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183). So liegen die Dinge auch hier: Zwar hat der Ehemann nach der Trennung der Parteien noch für die Dauer von rund 1 ½ Jahren Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Bis zur Trennung hatte die Ehefrau jedoch aufgrund ihres geringeren Einkommens niedrigere Versorgungsanwartschaften begründet.
15
Die ehezeitbezogene Versorgungsdifferenz zugunsten des Ehemannes ergibt sich - wie vom Amtsgericht festgestellt und vom Oberlandesgericht in Bezug genommen - nur aus dem Umstand, dass die Ehefrau Versorgungsanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch der betrieblichen Altersversorgung noch zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem die Parteien bereits getrennt gelebt haben, die Versorgungsgemeinschaft der Parteien also nicht mehr bestanden hat. Dies rechtfertigt es, den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB als grob unbillig auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als die beiderseitige Versorgungslage der Ehegatten ein Übergewicht zugunsten des Ehemannes ergibt, das nicht noch durch eine Teilhabe des Ehemannes an dem erst nach der Trennung der Parteien erzielten Versorgungsmehrerwerb der Ehefrau verstärkt werden sollte.
16
3. Nach allem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat vermag in der Sache abschließend zu entscheiden: Der Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes ist auszuschließen, die Beschwerde des Ehemannes gegen die - den Versorgungsausgleich ausschließende - Entscheidung des Amtsgerichts zurückzuweisen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Fürstenfeldbruck, Entscheidung vom 28.05.2003 - 4 F 1047/02 -
OLG München, Entscheidung vom 22.03.2004 - 2 UF 1164/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 2/02
vom
29. März 2006
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1

a) Auch bei langer Trennungszeit erfordert die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs
wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Abs. 1 Nr. 1 BGB im
Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen
Verhältnisse beider Ehegatten.

b) Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte während einer langen Trennungszeit
(hier: 17 Jahre) widerspruchslos Trennungsunterhalt gezahlt, ohne von dem
ausgleichsberechtigten Ehegatten die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen
Erwerbstätigkeit zu fordern, kann der Ausgleichsberechtigte ein
schutzwürdiges Vertrauen auf Teilhabe an den bis zum Ende der Ehezeit erworbenen
Anrechten auf Altersversorgung des Ausgleichsverpflichteten haben.
BGH, Beschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - OLG Frankfurt
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. November 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der weiteren Beschwerde - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.945 €.

Gründe:


I.

1
Der am 10. Januar 1942 geborene Antragsteller und die am 11. September 1944 geborene Antragsgegnerin haben am 26. April 1963 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, von denen das Jüngste 1966 geboren wurde. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 14. September 1999 zugestellt; das am 11. August 2000 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Die Parteien hatten sich im Jahre 1982 (nicht: 1980) getrennt. Die Antragsgegnerin war damals mit den gemeinsamen Kindern aus der Ehewohnung ausgezogen. Während der gesamten Trennungszeit hatte der Antragssteller aufgrund außergerichtlicher Vereinbarungen der Parteien Unterhalt an die Antragsgegnerin gezahlt, zuletzt in Höhe von monatlich 1.000 DM (511 €). Die Antragsgegnerin ist gelernte technische Zeichnerin, war jedoch seit 1964 nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt; sie ist in der Ehezeit lediglich unregelmäßig geringfügigen Beschäftigungen nachgegangen. Im Rahmen des Scheidungsverbundes haben sich die Parteien vor dem Amtsgericht - Familiengericht - auf einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.075 DM (549,64 €) geeinigt.
3
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts - Familiengericht - haben die Parteien während der gesetzlichen Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999; § 1587 Abs. 2 BGB) folgende Versorgungsanrechte erworben, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit: der Antragsteller bei der Bahnversicherungsanstalt (jetzt Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See, fortan: DRV KBS; weitere Beteiligte zu 2) gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 157,60 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen (weitere Beteiligte zu 3) Anrechte auf eine Beamtenversorgung in Höhe von 3.059,48 DM, die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, fortan: DRV Bund; weitere Beteiligte zu 1) Anwartschaften in Höhe von 185,77 DM.
4
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV KBS auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 1.515,66 DM (774,94 €), bezogen auf den 31. August 1999, übertragen werden sollten. Dem Begehren des Antragstellers, den Versorgungsausgleich nur beschränkt durchzuführen, hat es nicht entsprochen.
5
Auf die Beschwerde der DRV Bund, der DRV KBS und des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die Entscheidung über den Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei dem Bundeseisenbahnvermögen auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 872,67 DM (446,19 €), bezogen auf den 30. Juni 1992, begründet werden. Wegen der langen Trennungszeit der Parteien ist das Oberlandesgericht vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende ausgegangen und hat bei den weiteren Beteiligten zu 1-3 entsprechende Auskünfte eingeholt. Danach hat der Antragsteller während der fiktiven Ehezeit (1. April 1963 bis 30. Juni 1992) bei der DRV KBS Anwartschaften auf eine Altersrente von 135,24 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen Anwartschaften auf Beamtenversorgung in Höhe von 1.778,25 DM erworben, die Antragsgegnerin bei der DRV Bund monatliche gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 168,17 DM.
6
Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin das Ziel eines ungekürzten Versorgungsausgleichs weiter.

II.

7
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht, das die Voraussetzungen des Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 EheRG zu Recht verneint hat, hat eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB für gerechtfertigt gehalten und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die uneingeschränkte Durchführung des Wertausgleichs zugunsten der Antragsgegnerin führe wegen der langen Trennungszeit und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Falles zu einem grob unbilligen Ergebnis. Das jüngste Kind der Parteien sei 1985 volljährig geworden. Der damals 51 Jahre alten Antragsgegnerin sei es noch möglich gewesen , innerhalb der dann noch 14 Jahre währenden Trennungszeit eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben und zumindest teilweise eine eigene Altersversorgung aufzubauen. Es sei unbillig, dem Antragsteller nun entgegenzuhalten , er habe über Jahre hinweg ohne hinreichenden Grund Trennungsunterhalt gezahlt, und ihm über diese wirtschaftliche Belastung hinaus auch noch die hälftige Kürzung seiner Versorgungsanwartschaften zuzumuten. Dem zwischenzeitlich pensionierten Antragsteller bliebe in diesem Fall nicht einmal der angemessene Selbstbehalt. Auch sei er entsprechend seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht in der Lage gewesen, den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin sicherzustellen. Über diesen hätte die Antragsgegnerin nur aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit verfügen können. Da sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres des jüngsten Kindes zumindest eine Halbtagstätigkeit habe ausüben können, erscheine es angemessen , für den Versorgungsausgleich die Zeit von 1985 bis zur Zustellung des Scheidungsantrages nur zur Hälfte zu berücksichtigen, weshalb vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende auszugehen sei.
9
2. Diese Ausführungen des Oberlandesgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB erscheint, unterliegt zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf hin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238; vom 5. September 2001 - XII ZB 56/98 - FPR 2002, 86 und vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Selbst auf der Grundlage dieser eingeschränkten Überprüfbarkeit kann der angefochtene Beschluss aber keinen Bestand haben.
11
a) Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings im Ansatz davon aus, eine lange Trennungszeit der Parteien könne Anlass sein, den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit zu überprüfen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB zu berücksichtigende Umstände könnten auch darin bestehen, dass eine Versorgungsgemeinschaft wegen ungewöhnlich kurzer Ehedauer nicht entstanden (Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVb ZR 513/80 - FamRZ 1981, 944, 945) oder durch lange Trennung der Ehegatten aufgehoben worden sei (Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 f.; vom 28. Oktober 1992 - XII ZB 42/91 - FamRZ 1993, 302, 303; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182 f. und vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - FamRZ 2005, 2052, 2053). In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll (Senatsbeschlüsse vom 28. September 2005 aaO S. 2053; vom 19. Mai 2004 aaO S. 1182 und vom 28. Oktober 1992 aaO S. 303). Hat eine Versorgungsgemeinschaft wegen langer Trennungszeit nicht mehr bestanden, kann eine Korrektur des Versorgungsausgleichs deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt sein (h.M., vgl. OLG Köln Beschluss vom 10. Juli 2003 - 21 UF 251/02 - veröffentlicht bei juris; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 756 f. und 1998, 682, 683; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1223; OLG Celle FamRZ 2001, 163, 164; OLG Hamm FamRZ 2000, 160, 161; KG FamRZ 1997, 31 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1323 f.; OLG München FamRZ 1985, 79 f.; MünchKomm/Dörr BGB 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 30; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c BGB Rdn. 23; Staudinger/Rehme BGB 2003 § 1587 c Rdn. 44; Wick Der Versorgungsausgleich Rdn. 255; a.A. Erk/Deisenhofer FamRZ 2003, 134, 136).
12
b) Einer Beschränkung des Versorgungsausgleichs steht dabei nicht entgegen, dass § 1587 BGB den Wertausgleich grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorschreibt. Die Regelung beruht in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen , insbesondere wollte der Gesetzgeber dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit nehmen, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1183; BT-Drucks. 7/4361, S. 36). Allerdings erfordert § 1587 c Nr. 1 BGB für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Wertausgleichs eine grobe Unbilligkeit, d.h. eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs muss unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 aaO S. 1239). Hierbei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise. Die grobe Unbilligkeit muss sich vielmehr wegen des Ausnahmecharakters von § 1587 c BGB im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (BVerfG FamRZ 2003, 1173, 1174; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c Rdn. 30; Palandt/Brudermüller BGB 65. Aufl. § 1587 c Rdn. 19, 25).
13
c) Die Feststellungen des Oberlandesgerichts rechtfertigen die Annahme einer groben Unbilligkeit nicht.
14
aa) Die Parteien lebten zwar bis zur Zustellung des Scheidungsantrages (14. September 1999) von insgesamt 36 Ehejahren ca. 17 Jahre - und damit nahezu die Hälfte der Ehezeit - voneinander getrennt. Zudem weist das Oberlandesgericht zu Recht darauf hin, bei längerem Getrenntleben bestehe auch für einen bislang ausschließlich den Haushalt führenden Ehegatten im Alter von 51 Jahren grundsätzlich noch eine Erwerbsobliegenheit (Senatsurteil BGHZ 109, 211 ff. = FamRZ 1990, 283, 286), um seine Altersversorgung zumindest teilweise selbst aufzubauen. Der Antragsteller hat allerdings während der gesamten Trennungszeit freiwillig monatliche Unterhaltszahlungen geleistet, die das wesentliche Einkommen der Antragsgegnerin darstellten. Erstmals mit Anwaltsschriftsatz vom 27. Oktober 1999, somit nach Zustellung des Scheidungsantrags , hat er die Antragsgegnerin darauf verwiesen, sie hätte zumindest seit der Volljährigkeit des jüngsten Sohnes einer Erwerbstätigkeit nachgehen und so eigene Versorgungsanrechte erwerben müssen. Mit den widerspruchslosen Zahlungen während der langen Trennungszeit hat der Antragsteller aber nicht nur unterhalts-rechtlich einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der den Zeitpunkt für eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin hinausschiebt (vgl. OLG Köln FamRZ 1999, 853; OLG Hamm FamRZ 1995, 1580; Eschenbruch/Mittendorf Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 6267; Erman /Heckelmann BGB 11. Aufl. § 1361 Rdn. 23; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 260; Wendl/Staudigl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 25; Johannsen/Henrich/Büttner aaO § 1361 BGB Rdn. 26; Staudinger/Hübner aaO 2000 § 1361 Rdn. 187; Palandt /Brudermüller aaO § 1361 Rdn. 13; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 391; vgl. für den nachehelichen Unterhalt Senatsurteil vom 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 498). Er hat zugleich zu erkennen gegeben, die eheliche Solidarität nach der Trennung nicht vollkommen aufkündigen zu wollen, sondern die Antragsgegnerin an seinen in der Trennungszeit erworbenen Versorgungsanrechten teilhaben zu lassen. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist es dabei unerheblich, dass der Antragsteller den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin nicht sicherstellen konnte. Für die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes ist vielmehr entscheidend, dass sich die Antragsgegnerin erkennbar auf die monatlichen Unterhaltsleistungen verließ, davon im Wesentlichen ihren Lebensunterhalt bestritt und gerade auch deswegen keine Notwendigkeit sah, sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen. Seine Legitimation findet der ungekürzte Versorgungsausgleich letztlich in dem Umstand, dass sich die Parteien während der gesamten Trennungszeit wirtschaftlich nicht verselbständigt haben. Es ist deshalb nicht grob unbillig, sondern vielmehr geboten, die Antragsgegnerin an den vom Antragsteller erworbenen Anrechten auf Altersversorgung ungekürzt teilhaben zu lassen.
15
bb) Dass dem Antragsteller durch den Versorgungsausgleich nicht einmal der eigene angemessene Selbstbehalt verbleibt, wie das Oberlandesgericht meint, kann eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nicht rechtfertigen. Zwar darf der Versorgungsausgleich nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen. Unterhaltsrechtlich erhebliche Selbstbehaltgrenzen bestehen dabei indessen nicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 - IVb ZB 813/80 - FamRZ 1981, 756, 757 und vom 16. Dezember 1981 - IVb ZB 555/80 - FamRZ 1982, 258, 259; Schwab/Hahne Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil VI Rdn. 283; Palandt/Brudermüller aaO § 1587 c Rdn. 21; MünchKomm/Dörr aaO § 1587 c BGB Rdn. 19). Eine durch den Versorgungsausgleich entstehende Bedürftigkeit des Verpflichteten kann bei der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB allenfalls dann relevant werden, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits unter Berücksichtigung außerhalb der Ehezeit erworbener Anwartschaften oder seines sonstigen Vermögens über eine ausreichende Altersversorgung verfügt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 aaO S. 757 f. und vom 16. Dezember 1981 aaO S. 259; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c BGB Rdn. 7). Entsprechende Umstände sind vorliegend aber weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
16
cc) Schließlich lässt sich dem ungekürzten Versorgungsausgleich nicht entgegengehalten, der Antragsteller habe andernfalls zur Vermeidung finanzieller Nachteile erst nach einer Verurteilung Trennungsunterhalt zahlen dürfen oder bald möglichst Scheidungsantrag stellen müssen, was dem aus Art. 6 GG folgenden Gebot der Eheerhaltung zuwiderlaufe (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1324). Um das schutzwürdige Vertrauen der Antragsgegnerin zu erschüttern, wäre es nicht erforderlich gewesen, einen zeitnahen Scheidungsantrag zu stellen oder die Unterhaltszahlungen sofort einzustellen. Es hätte im Interesse einer wirtschaftlichen Verselbständigung und Entflechtung der Eheleute während der langen Trennungszeit genügt, auf eine Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin zu drängen.
17
dd) Im Übrigen würde es rechtlichen Bedenken begegnen, zur Kürzung des Ausgleichsanspruchs der Ehefrau nach § 1587 c Nr. 1 BGB das Ehezeitende fiktiv auf den 30. Juni 1992 vorzuverlegen. Die Bewertung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte ist immer auf das Ende der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB vorzunehmen, an die das Gesetz die für die Berechnung der Anrechte maßgebenden rentenrechtlichen Faktoren knüpft (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2001 - XII ZB 106/96 - FamRZ 2001, 1444, 1446). Um einen bestimmten Teil der Ehezeit im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen, sind deshalb grundsätzlich die auf die auszuschließende (Trennungs-)Zeit entfallenden Anwartschaften auf das gesetzliche Ehezeitende bezogen zu ermitteln und von den auf die gesamte Ehezeit entfallenden Anwartschaften abzuziehen (Wick aaO Rdn. 255). Nicht zulässig ist es, stattdessen das Ende der Ehezeit vorzuverlegen.
18
3. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da die Einholung neuer Versorgungsauskünfte erforderlich ist. Die Höhe des für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ruhegeldes des bereits bei dem Bundeseisenbahnvermögen im Versorgungsbezug stehenden Antragstellers ist unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) zu ermitteln. Im Übrigen konnten die vom Amtsgericht - Familiengericht - für die gesamte Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999) eingeholten Auskünfte der DRV KBS vom 16. Dezember 1999 und der DRV Bund vom 19. April 2000 die Änderungen der Rechtslage durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG vom 21. März 2001, BGBl. I, 403) nicht berücksichtigen. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit der Versorgungsausgleich unter Zugrundelegung neuer Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger geregelt werden kann.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose

Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 11.08.2000 - 512 F 1964/99 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 29.11.2001 - 2 UF 264/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 135/02
vom
25. Mai 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1

a) Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB liegt nur vor, wenn eine
rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den
besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des
Versorgungsausgleichs, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider
Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten
zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde.

b) Ein Härtegrund im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB kann dann bestehen, wenn
der ausgleichsberechtigte Ehegatte über Vermögen verfügt, durch das seine
Altersversorgung uneingeschränkt abgesichert ist und außerdem der Verpflichtete
auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung
seines Unterhalts dringend angewiesen ist (Fortführung des Senatsbeschlusses
vom 5. September 2001 - XII ZB 56/98 - FUR 2002, 86).
BGH, Beschluß vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - OLG Hamm
AG Lippstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 25. Mai 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne, die Richterin Weber-Monecke, den Richter
Prof. Dr. Wagenitz, die Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des 7. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Juni 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 2.485 €.

Gründe:


I.

Die Parteien haben am 6. Juli 1973 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 21. November 1952) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 3. August 1951) am 16. August 1999 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich ausgeschlossen. Dabei ist es - jeweils bezogen auf den 31. Juli 1999 - von ehezeitlichen (1. Juli 1973 bis 31. Juli 1999; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der
Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 1) in Höhe von 1.270,15 DM (Auskunft vom 9. Dezember 1999) und bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 2) in Höhe von monatlich 468,96 DM (Auskunft vom 23. November 1999) sowie des Antragsgegners bei der BfA in Höhe von 544,04 DM (Auskunft vom 9. Januar 2001) ausgegangen. Die Anwartschaften der Antragstellerin bei der VBL hat das Amtsgericht insgesamt als nicht volldynamisch gewertet und nach Tabelle 1 der Barwertverordnung in eine volldynamische Anwartschaft in Höhe von 84,01 DM monatlich umgerechnet. Auf dieser Grundlage ist es zu einer rechnerischen Ausgleichsforderung des Antragsgegners in Höhe von monatlich 405,06 DM = 207,10 € gelangt. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs zugunsten des Antragsgegners sei aber grob unbillig (§ 1587 c Nr. 1 BGB), weil die Vermögensverhältnisse der Parteien durch ein erhebliches Ungleichgewicht zu Ungunsten der Antragstellerin gekennzeichnet seien. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen den Ausschluß des Versorgungsausgleichs und beantragt dessen gesetzmäßige Durchführung. Die weiteren Beteiligten haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sind für den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zwar weder die als frühere Ehewohnung dienende Immobilie in Deutschland noch die frühere Lebensversicherung des Antragsgegners ausschlaggebend. Denn der Antragsgegner hatte das bebaute Grundstück schon mit notariellem Vertrag vom 20. Februar 1995 auf die Antragstellerin übertragen, die dieses später veräußert und mit dem Veräußerungserlös im wesentlichen darauf lastende Verbindlichkeiten sowie weitere Schulden des Antragsgegners zurückgeführt hat. Die Lebensversicherung des Antragsgegners wurde aufgelöst und deren Rückkaufswert ist hälftig auf die Parteien aufgeteilt worden. Gleichwohl sei wegen der besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalles die (auch nur teilweise) Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig. Mit den notariellen Verträgen vom 20. Februar 1995 (Urkundenrolle Nr. 105/95 und 106/95), in denen u.a. der Güterstand der Gütergemeinschaft aufgehoben und Gütertrennung vereinbart wurde, sei eine vollständige Unabhängigkeit der beiderseitigen Vermögensmassen vereinbart worden. Während die Antragstellerin danach über keine besonderen Vermögenswerte verfüge, lebe der Antragsgegner mietfrei in seinem neu errichteten Haus auf Mallorca. Außerdem habe er letztlich nach Vorlage entsprechender spanischer Urkunden eingeräumt, seit 1993 Eigentümer eines Grundstücks von nahezu 19.000 m² in der Nähe von A., Spanien zu sein. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragsgegners seien undurchsichtig und er habe jeweils nur das eingeräumt, was ihm unwiderleglich nachzuweisen gewesen sei. Daraus füge sich das Bild "einer illoyalen Vermögensdarstellung und einer geflissentlichen Verheimlichung der eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse". 2. Diese Ausführungen des Oberlandesgerichts halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.

a) Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig erscheint, unterliegt zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die durch das Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (Senatsbeschlüsse vom 5. September 2001 - XII ZB 56/98 - FPR 2002, 86 und vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362). Selbst auf der Grundlage dieser eingeschränkten Überprüfbarkeit hält der angefochtene Beschluß aber den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
b) Die Voraussetzungen des § 1587 c Nr. 1 BGB können in der Regel erst dann geprüft werden, wenn ermittelt ist, welche Versorgungsanrechte die Ehegatten in der Ehezeit erworben haben (Johannsen/Henrich/Hahne EheR 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 6). Diese notwendige Grundlage der Ermessensentscheidung nach § 1587 c Nr. 1 BGB ist nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Das Oberlandesgericht stützt sich vielmehr auf die vom Amtsgericht errechnete nominelle Ausgleichsbilanz, der die Auskünfte der Versorgungsträger aus den Jahren 1999 bzw. 2001 zu Grunde liegen. Dabei hat es die zum 1. Januar 2001 in Kraft getretene Satzungsänderung der VBL nicht berücksichtigt. Außerdem konnte die Berechnung die neueste Rechtsprechung des Senats zur Volldynamik der Versorgungsanrechte bei der VBL im Leistungsstadium (Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474) noch nicht berücksichtigen. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts beruht - aus heutiger Sicht - schon deswegen auf einer unzutreffenden Grundlage.
c) Der angefochtene Beschluß hält auch sonst einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere des beiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mit der Scheidung grob unbillig wäre. Das ist nur ausnahmsweise der Fall. Die gesetzliche Regelung macht die gleichmäßige Verteilung der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte grundsätzlich nicht davon abhängig, ob der Ausgleichsberechtigte zu seiner sozialen Absicherung auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewiesen ist. Ebensowenig ist es von entscheidender Bedeutung, ob die auszugleichenden Anrechte im Verhältnis zu dem Vermögen und den Einkommensverhältnissen des Ausgleichsberechtigten eine ins Gewicht fallende Größe darstellen (Senatsbeschluß vom 24. Februar 1999 - XII ZB 47/96 - FamRZ 1999, 714, 715). Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit insgesamt erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen würde (Senatsbeschluß vom 5. September 2001 aaO). Ein Härtegrund im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB kann nach der Rechtsprechung des Senats dann bestehen, wenn nicht nur der ausgleichsberechtigte Ehegatte über Vermögen verfügt, durch das seine Altersversorgung uneingeschränkt abgesichert ist, sondern außerdem der Verpflichtete auf die von ihm erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (Senatsbeschlüsse vom 25. September 1991 - XII ZB 68/90 - FamRZ 1992, 47 und vom 24. Februar 1999 aaO). Die bloße Trennung der Vermögensmassen durch Vereinbarung der Gütertrennung kann - entgegen der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts - ebenfalls keinen Ausschluß des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1
BGB begründen. Nach dem Gesetz tritt mit einem wirksamen Ausschluß des Versorgungsausgleichs zwar zugleich auch Gütertrennung ein (§ 1414 Satz 2 BGB), umgekehrt schließt die - wie hier - vereinbarte Gütertrennung die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht gleichzeitig aus. Die Vereinbarung der Gütertrennung mit gleichzeitigem Ausschluß des Zugewinnausgleichs kann allerdings eine Unbilligkeit aufgrund extrem unterschiedlicher Vermögensmassen verstärken und somit zu einer groben Unbilligkeit im Sinne des § 1587 c Nr. 1 BGB führen. Das ist z.B. dann der Fall, wenn der im Versorgungsausgleich ausgleichsberechtigte Ehegatte über ganz erhebliches Vermögen verfügt, das er anstelle der Ausgleichsforderung für seine Altersversorgung verwenden kann und der Ausgleichspflichtige - auch unter Berücksichtigung der weiteren Versicherungszeit bis zum Eintritt des Rentenalters - auf die volle in der Ehezeit erworbene Rentenanwartschaft angewiesen ist (Senatsbeschluß vom 23. September 1987 - IVb ZB 115/84 - FamRZ 1988, 47, 48). Solches hat das Beschwerdegericht hingegen nicht verfahrensfehlerfrei festgestellt. aa) Zwar bewohnt der Antragsgegner nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts ein ca. 5.300 m² großes Grundstück auf Mallorca, das mit einem älteren Haus und einem weiteren, neu errichteten Haus bebaut ist. Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde allerdings darauf hin, daß das Beschwerdegericht bei der Bewertung dieser Vermögensmasse den Sachvortrag des Antragsgegners übergangen hat, wonach für das neu errichtete Haus keine Baugenehmigung vorliegt und deswegen mit einer behördlichen Abrißverfügung zu rechnen ist. Ob das Grundstück auch sonst in erheblichem Umfang die Altersvorsorge des Antragsgegners sicherstellen kann, hat das Beschwerdegericht nicht geprüft.
bb) Zu Recht greift die Rechtsbeschwerde zudem die Feststellungen des Beschwerdegerichts zu einem (angeblich) weiteren Grundstück des Antragsgegners in der Nähe von A. an. Denn während das Beschwerdegericht in dem angefochtenen Beschluß ausführt, der Antragsgegner habe dieses Eigentum nach Vorlage "entsprechender spanischer Urkunden" eingeräumt, ergibt sich aus dem vom Vorsitzenden unterzeichneten Berichterstattervermerk das Gegenteil. Danach hat der Antragsgegner den vorgelegten Grundbuchauszug als "eine Fälschung" bezeichnet und weiteren Grundbesitz ausdrücklich abgestritten. Das Beschwerdegericht hätte deswegen den Widerspruch zwischen dem Inhalt des Berichterstattervermerks und seinen Feststellungen im angefochtenen Beschluß aufklären müssen. Weil dieses nicht geschehen ist, entfällt die Bindungswirkung des Tatbestandes, wie es auch bei Widersprüchen innerhalb des Urteilstatbestandes (BGH Urteil vom 13. Juli 1994 - VIII ZR 256/93 - NJWRR 1994, 1340, 1341) oder zwischen den Feststellungen der angefochtenen Entscheidung und einer in Bezug genommenen erstinstanzlichen Entscheidung (BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03 - zur Veröffentlichung bestimmt) der Fall ist. Hat der Antragsgegner aber kein weiteres Vermögen in Form eines Grundstücks in der Nähe von A. und ist der Vermögenswert auf Mallorca wegen einer drohenden Abrißverfügung weitaus geringer als vom Beschwerdegericht angenommen, entfällt die Grundlage für die Ermessensentscheidung des Beschwerdegerichts. 3. Das Beschwerdegericht wird deswegen die Vermögensverhältnisse der Parteien auf der Grundlage ihres Parteivortrags prozeßordnungsgemäß ermitteln müssen. Dabei wird es auch zu berücksichtigen haben, daß der Antragsgegner nach seinem eigenen Vortrag bei seinem Umzug nach Mallorca Anfang 1996 ein Barvermögen in Höhe von 104.000 DM mitgenommen hat, das
möglicherweise auch für die anfängliche Lebenshaltung oder für den Bau des ggf. vom Abriß bedrohten Hauses verwendet wurde. Den Wert eventueller Betriebe in Spanien wird das Beschwerdegericht ohne konkrete Ermittlung nicht zur Begründung eines Ausschlusses des Versorgungsausgleichs nach § 1578 c Nr. 1 ZPO heranziehen können. Denn der Antragsgegner kann damit zwar seinen Lebensunterhalt und den Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge sichern, wie es auch die Antragstellerin durch ihre fortdauernde Tätigkeit als Verwaltungsfachangestellte tut. Ob den Betrieben darüber hinaus ein weiterer Wert zukommt, den der Antragsgegner im Zeitpunkt seines Renteneintritts realisieren kann, ist bislang nicht festgestellt. Letztlich wird das Beschwerdegericht auch die vom Antragsgegner unter Beweis (Parteivernehmung der Antragstellerin) gestellte streitige Behauptung berücksichtigen müssen, die Antragstellerin habe aus dem Verkaufserlös des früheren Familienheims einen Betrag in der Größenordnung von 75.000 DM für sich angelegt.
Hahne Weber-Monecke Wagenitz Vézina Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 107/04
vom
11. September 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1
Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB bei
einer sogenannten phasenverschobenen Ehe und Erwerb von Versorgungsanrechten
während einer längeren Trennungszeit.
BGH, Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - OLG München
AG Fürstenfeldbruck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 22. März 2004 aufgehoben. Die Beschwerde gegen Ziffer 2 des Entscheidungssatzes des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürstenfeldbruck vom 28. Mai 2003 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
2
Die am 11. September 1981 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 28. September 2002 zugestellten Antrag durch Urteil vom 28. Mai 2003 geschieden.
3
In der Ehezeit (1. September 1981 bis 31. August 2002, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Ehegatten Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar die Antragsgegnerin (Ehefrau, geb. am 3. März 1943) in Höhe von 908,02 € und der Antragsteller (Ehemann, geb. am 17. Mai 1933) in Höhe von 688,34 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Außerdem haben beide Ehegatten in der Ehezeit Anrechte auf eine betriebliche Altersversorgung bei der Versorgungskasse der Angestellten der Münchener Rückversicherungsgesellschaft erworben, und zwar die Ehefrau in Höhe von 434,28 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. Mai 1981 bis 30. April 2003) und der Ehemann in Höhe von 318,31 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. April 1972 bis 31. Dezember 1993), jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Die Ehefrau war während der gesamten Ehezeit erwerbstätig ; der - zehn Jahre ältere - Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Vollrente wegen Alters. Die Parteien leben seit dem 15. Januar 1995 getrennt.
4
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde des Ehemannes den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto der Ehefrau auf das Versicherungskonto des Ehemannes im Wege des Splittings Rentenanwartschaften in Höhe von (908,02 € - 688,34 € = 219,68 € : 2 =) 109,84 € sowie zum Ausgleich der Betriebsrenten im Wege des erweiterten Splittings weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 46,90 € übertragen hat. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau, mit der sie hinsichtlich des Versorgungsausgleichs die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.

II.

5
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
6
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen keine Gründe vor, die es rechtfertigen könnten, den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB als grob unbillig auszuschließen.
7
Der Versorgungsausgleich bewirke, dass die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte im Falle des Scheiterns der Ehe gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt würden. Diese Versorgungsgemeinschaft der Parteien sei von Beginn der Ehe an dadurch gekennzeichnet gewesen, dass der Ehemann, der zehn Jahre älter als die Ehefrau sei, vor der Ehefrau in Rente gehen und deshalb wesentlich früher als diese keine Beiträge zur Versorgungsgemeinschaft mehr werde leisten können. Dafür habe aber der Ehemann während der Zeit seiner Erwerbstätigkeit aufgrund seines höheren Einkommens höhere Anwartschaften als die Ehefrau erworben.
8
Auch die relativ lange Trennungszeit von 7 ½ Jahren (vom 15. Januar 1995 bis zum Ende der Ehezeit) lasse den Versorgungsausgleich nicht als grob unbillig erscheinen, da ihr ca. 14 Jahre des ehelichen Zusammenlebens (Eheschließung September 1981 bis Trennung Januar 1995) gegenüberstünden.
9
Schließlich könne auch die beiderseitige Versorgungssituation eine grobe Unbilligkeit nicht begründen. Der Ehemann verfüge über Renteneinkünfte in Höhe von 2.223,93 €, die sich bei Durchführung des Versorgungsausgleichs um 167,83 € auf 2.391,76 € erhöhen würden. Die Ehefrau werde bei ihrem Renteneintritt im September 2006 und bei Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Altersrente von ca 1.900 € zur Verfügung haben. Ein erhebliches wirt- schaftliches Ungleichgewicht zu Lasten der Ehefrau sei danach nicht festzustellen.
10
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c BGB liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238, 1239). Ob und inwieweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs danach grob unbillig erscheint, unterliegt tatrichterlicher Beurteilung, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetz entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
12
Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (etwa Senatsbeschlüsse vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182). Aus diesem Grunde werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute aufgehoben ist. Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensge- meinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen; insbesondere sollte dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden , den Ausgleichsanspruch durch Trennung vom Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit schon für sich genommen einen zumindest teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770). Für die Dauer der Trennung lässt sich dabei kein allgemeiner Maßstab anlegen. Sie wird aber um so eher zur Anwendung der Härteklausel führen, je länger sie im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben gewährt hat (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 24).
13
Ob - wie im vorliegenden Fall - eine Trennungszeit von 7 ½ Jahren bei einer Zeit des Zusammenlebens als Eheleute von etwas mehr als dreizehn Jahren (1. September 1981 bis 15. Januar 1995) für sich allein den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht hier nicht entschieden zu werden. Als weiterer Umstand ist vorliegend nämlich zu berücksichtigen, dass es sich aufgrund des Altersunterschieds der Parteien um eine sog. „phasenverschobene Ehe“ handelt. Der Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 - mithin seit mehr als sechs Jahren vor dem Ende der Ehezeit (31. August 2002) - Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung; seine für die betriebliche Altersversorgung maßgebliche Betriebszugehörigkeit endete bereits am 31. Dezember 1993, also sogar noch deutlich vor der Trennung der Parteien (am 15. Januar 1995).
14
Wie der Senat - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, kann der Ausgleich von Versorgungsanrechten, die ein Ehegatte nach der Trennung bis zum Ende der Ehe erworben hat, im Zusammenhang mit einer langen Trennungszeit zu einer groben Unbilligkeit im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB führen, wenn der ausgleichspflichtige Überschuss an Versorgungsanrechten , die dieser Ehegatte erzielt hat, nicht auf seiner höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit während der Ehezeit beruht, sondern auf dem Umstand , dass der andere Ehegatte nach der Trennung aufgrund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183). So liegen die Dinge auch hier: Zwar hat der Ehemann nach der Trennung der Parteien noch für die Dauer von rund 1 ½ Jahren Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Bis zur Trennung hatte die Ehefrau jedoch aufgrund ihres geringeren Einkommens niedrigere Versorgungsanwartschaften begründet.
15
Die ehezeitbezogene Versorgungsdifferenz zugunsten des Ehemannes ergibt sich - wie vom Amtsgericht festgestellt und vom Oberlandesgericht in Bezug genommen - nur aus dem Umstand, dass die Ehefrau Versorgungsanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch der betrieblichen Altersversorgung noch zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem die Parteien bereits getrennt gelebt haben, die Versorgungsgemeinschaft der Parteien also nicht mehr bestanden hat. Dies rechtfertigt es, den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB als grob unbillig auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als die beiderseitige Versorgungslage der Ehegatten ein Übergewicht zugunsten des Ehemannes ergibt, das nicht noch durch eine Teilhabe des Ehemannes an dem erst nach der Trennung der Parteien erzielten Versorgungsmehrerwerb der Ehefrau verstärkt werden sollte.
16
3. Nach allem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat vermag in der Sache abschließend zu entscheiden: Der Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes ist auszuschließen, die Beschwerde des Ehemannes gegen die - den Versorgungsausgleich ausschließende - Entscheidung des Amtsgerichts zurückzuweisen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Fürstenfeldbruck, Entscheidung vom 28.05.2003 - 4 F 1047/02 -
OLG München, Entscheidung vom 22.03.2004 - 2 UF 1164/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 2/02
vom
29. März 2006
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1

a) Auch bei langer Trennungszeit erfordert die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs
wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Abs. 1 Nr. 1 BGB im
Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen
Verhältnisse beider Ehegatten.

b) Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte während einer langen Trennungszeit
(hier: 17 Jahre) widerspruchslos Trennungsunterhalt gezahlt, ohne von dem
ausgleichsberechtigten Ehegatten die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen
Erwerbstätigkeit zu fordern, kann der Ausgleichsberechtigte ein
schutzwürdiges Vertrauen auf Teilhabe an den bis zum Ende der Ehezeit erworbenen
Anrechten auf Altersversorgung des Ausgleichsverpflichteten haben.
BGH, Beschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - OLG Frankfurt
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. November 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der weiteren Beschwerde - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.945 €.

Gründe:


I.

1
Der am 10. Januar 1942 geborene Antragsteller und die am 11. September 1944 geborene Antragsgegnerin haben am 26. April 1963 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, von denen das Jüngste 1966 geboren wurde. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 14. September 1999 zugestellt; das am 11. August 2000 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Die Parteien hatten sich im Jahre 1982 (nicht: 1980) getrennt. Die Antragsgegnerin war damals mit den gemeinsamen Kindern aus der Ehewohnung ausgezogen. Während der gesamten Trennungszeit hatte der Antragssteller aufgrund außergerichtlicher Vereinbarungen der Parteien Unterhalt an die Antragsgegnerin gezahlt, zuletzt in Höhe von monatlich 1.000 DM (511 €). Die Antragsgegnerin ist gelernte technische Zeichnerin, war jedoch seit 1964 nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt; sie ist in der Ehezeit lediglich unregelmäßig geringfügigen Beschäftigungen nachgegangen. Im Rahmen des Scheidungsverbundes haben sich die Parteien vor dem Amtsgericht - Familiengericht - auf einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.075 DM (549,64 €) geeinigt.
3
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts - Familiengericht - haben die Parteien während der gesetzlichen Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999; § 1587 Abs. 2 BGB) folgende Versorgungsanrechte erworben, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit: der Antragsteller bei der Bahnversicherungsanstalt (jetzt Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See, fortan: DRV KBS; weitere Beteiligte zu 2) gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 157,60 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen (weitere Beteiligte zu 3) Anrechte auf eine Beamtenversorgung in Höhe von 3.059,48 DM, die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, fortan: DRV Bund; weitere Beteiligte zu 1) Anwartschaften in Höhe von 185,77 DM.
4
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV KBS auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 1.515,66 DM (774,94 €), bezogen auf den 31. August 1999, übertragen werden sollten. Dem Begehren des Antragstellers, den Versorgungsausgleich nur beschränkt durchzuführen, hat es nicht entsprochen.
5
Auf die Beschwerde der DRV Bund, der DRV KBS und des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die Entscheidung über den Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei dem Bundeseisenbahnvermögen auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 872,67 DM (446,19 €), bezogen auf den 30. Juni 1992, begründet werden. Wegen der langen Trennungszeit der Parteien ist das Oberlandesgericht vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende ausgegangen und hat bei den weiteren Beteiligten zu 1-3 entsprechende Auskünfte eingeholt. Danach hat der Antragsteller während der fiktiven Ehezeit (1. April 1963 bis 30. Juni 1992) bei der DRV KBS Anwartschaften auf eine Altersrente von 135,24 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen Anwartschaften auf Beamtenversorgung in Höhe von 1.778,25 DM erworben, die Antragsgegnerin bei der DRV Bund monatliche gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 168,17 DM.
6
Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin das Ziel eines ungekürzten Versorgungsausgleichs weiter.

II.

7
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht, das die Voraussetzungen des Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 EheRG zu Recht verneint hat, hat eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB für gerechtfertigt gehalten und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die uneingeschränkte Durchführung des Wertausgleichs zugunsten der Antragsgegnerin führe wegen der langen Trennungszeit und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Falles zu einem grob unbilligen Ergebnis. Das jüngste Kind der Parteien sei 1985 volljährig geworden. Der damals 51 Jahre alten Antragsgegnerin sei es noch möglich gewesen , innerhalb der dann noch 14 Jahre währenden Trennungszeit eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben und zumindest teilweise eine eigene Altersversorgung aufzubauen. Es sei unbillig, dem Antragsteller nun entgegenzuhalten , er habe über Jahre hinweg ohne hinreichenden Grund Trennungsunterhalt gezahlt, und ihm über diese wirtschaftliche Belastung hinaus auch noch die hälftige Kürzung seiner Versorgungsanwartschaften zuzumuten. Dem zwischenzeitlich pensionierten Antragsteller bliebe in diesem Fall nicht einmal der angemessene Selbstbehalt. Auch sei er entsprechend seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht in der Lage gewesen, den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin sicherzustellen. Über diesen hätte die Antragsgegnerin nur aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit verfügen können. Da sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres des jüngsten Kindes zumindest eine Halbtagstätigkeit habe ausüben können, erscheine es angemessen , für den Versorgungsausgleich die Zeit von 1985 bis zur Zustellung des Scheidungsantrages nur zur Hälfte zu berücksichtigen, weshalb vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende auszugehen sei.
9
2. Diese Ausführungen des Oberlandesgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB erscheint, unterliegt zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf hin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238; vom 5. September 2001 - XII ZB 56/98 - FPR 2002, 86 und vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Selbst auf der Grundlage dieser eingeschränkten Überprüfbarkeit kann der angefochtene Beschluss aber keinen Bestand haben.
11
a) Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings im Ansatz davon aus, eine lange Trennungszeit der Parteien könne Anlass sein, den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit zu überprüfen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB zu berücksichtigende Umstände könnten auch darin bestehen, dass eine Versorgungsgemeinschaft wegen ungewöhnlich kurzer Ehedauer nicht entstanden (Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVb ZR 513/80 - FamRZ 1981, 944, 945) oder durch lange Trennung der Ehegatten aufgehoben worden sei (Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 f.; vom 28. Oktober 1992 - XII ZB 42/91 - FamRZ 1993, 302, 303; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182 f. und vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - FamRZ 2005, 2052, 2053). In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll (Senatsbeschlüsse vom 28. September 2005 aaO S. 2053; vom 19. Mai 2004 aaO S. 1182 und vom 28. Oktober 1992 aaO S. 303). Hat eine Versorgungsgemeinschaft wegen langer Trennungszeit nicht mehr bestanden, kann eine Korrektur des Versorgungsausgleichs deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt sein (h.M., vgl. OLG Köln Beschluss vom 10. Juli 2003 - 21 UF 251/02 - veröffentlicht bei juris; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 756 f. und 1998, 682, 683; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1223; OLG Celle FamRZ 2001, 163, 164; OLG Hamm FamRZ 2000, 160, 161; KG FamRZ 1997, 31 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1323 f.; OLG München FamRZ 1985, 79 f.; MünchKomm/Dörr BGB 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 30; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c BGB Rdn. 23; Staudinger/Rehme BGB 2003 § 1587 c Rdn. 44; Wick Der Versorgungsausgleich Rdn. 255; a.A. Erk/Deisenhofer FamRZ 2003, 134, 136).
12
b) Einer Beschränkung des Versorgungsausgleichs steht dabei nicht entgegen, dass § 1587 BGB den Wertausgleich grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorschreibt. Die Regelung beruht in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen , insbesondere wollte der Gesetzgeber dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit nehmen, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1183; BT-Drucks. 7/4361, S. 36). Allerdings erfordert § 1587 c Nr. 1 BGB für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Wertausgleichs eine grobe Unbilligkeit, d.h. eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs muss unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 aaO S. 1239). Hierbei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise. Die grobe Unbilligkeit muss sich vielmehr wegen des Ausnahmecharakters von § 1587 c BGB im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (BVerfG FamRZ 2003, 1173, 1174; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c Rdn. 30; Palandt/Brudermüller BGB 65. Aufl. § 1587 c Rdn. 19, 25).
13
c) Die Feststellungen des Oberlandesgerichts rechtfertigen die Annahme einer groben Unbilligkeit nicht.
14
aa) Die Parteien lebten zwar bis zur Zustellung des Scheidungsantrages (14. September 1999) von insgesamt 36 Ehejahren ca. 17 Jahre - und damit nahezu die Hälfte der Ehezeit - voneinander getrennt. Zudem weist das Oberlandesgericht zu Recht darauf hin, bei längerem Getrenntleben bestehe auch für einen bislang ausschließlich den Haushalt führenden Ehegatten im Alter von 51 Jahren grundsätzlich noch eine Erwerbsobliegenheit (Senatsurteil BGHZ 109, 211 ff. = FamRZ 1990, 283, 286), um seine Altersversorgung zumindest teilweise selbst aufzubauen. Der Antragsteller hat allerdings während der gesamten Trennungszeit freiwillig monatliche Unterhaltszahlungen geleistet, die das wesentliche Einkommen der Antragsgegnerin darstellten. Erstmals mit Anwaltsschriftsatz vom 27. Oktober 1999, somit nach Zustellung des Scheidungsantrags , hat er die Antragsgegnerin darauf verwiesen, sie hätte zumindest seit der Volljährigkeit des jüngsten Sohnes einer Erwerbstätigkeit nachgehen und so eigene Versorgungsanrechte erwerben müssen. Mit den widerspruchslosen Zahlungen während der langen Trennungszeit hat der Antragsteller aber nicht nur unterhalts-rechtlich einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der den Zeitpunkt für eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin hinausschiebt (vgl. OLG Köln FamRZ 1999, 853; OLG Hamm FamRZ 1995, 1580; Eschenbruch/Mittendorf Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 6267; Erman /Heckelmann BGB 11. Aufl. § 1361 Rdn. 23; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 260; Wendl/Staudigl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 25; Johannsen/Henrich/Büttner aaO § 1361 BGB Rdn. 26; Staudinger/Hübner aaO 2000 § 1361 Rdn. 187; Palandt /Brudermüller aaO § 1361 Rdn. 13; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 391; vgl. für den nachehelichen Unterhalt Senatsurteil vom 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 498). Er hat zugleich zu erkennen gegeben, die eheliche Solidarität nach der Trennung nicht vollkommen aufkündigen zu wollen, sondern die Antragsgegnerin an seinen in der Trennungszeit erworbenen Versorgungsanrechten teilhaben zu lassen. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist es dabei unerheblich, dass der Antragsteller den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin nicht sicherstellen konnte. Für die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes ist vielmehr entscheidend, dass sich die Antragsgegnerin erkennbar auf die monatlichen Unterhaltsleistungen verließ, davon im Wesentlichen ihren Lebensunterhalt bestritt und gerade auch deswegen keine Notwendigkeit sah, sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen. Seine Legitimation findet der ungekürzte Versorgungsausgleich letztlich in dem Umstand, dass sich die Parteien während der gesamten Trennungszeit wirtschaftlich nicht verselbständigt haben. Es ist deshalb nicht grob unbillig, sondern vielmehr geboten, die Antragsgegnerin an den vom Antragsteller erworbenen Anrechten auf Altersversorgung ungekürzt teilhaben zu lassen.
15
bb) Dass dem Antragsteller durch den Versorgungsausgleich nicht einmal der eigene angemessene Selbstbehalt verbleibt, wie das Oberlandesgericht meint, kann eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nicht rechtfertigen. Zwar darf der Versorgungsausgleich nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen. Unterhaltsrechtlich erhebliche Selbstbehaltgrenzen bestehen dabei indessen nicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 - IVb ZB 813/80 - FamRZ 1981, 756, 757 und vom 16. Dezember 1981 - IVb ZB 555/80 - FamRZ 1982, 258, 259; Schwab/Hahne Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil VI Rdn. 283; Palandt/Brudermüller aaO § 1587 c Rdn. 21; MünchKomm/Dörr aaO § 1587 c BGB Rdn. 19). Eine durch den Versorgungsausgleich entstehende Bedürftigkeit des Verpflichteten kann bei der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB allenfalls dann relevant werden, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits unter Berücksichtigung außerhalb der Ehezeit erworbener Anwartschaften oder seines sonstigen Vermögens über eine ausreichende Altersversorgung verfügt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 aaO S. 757 f. und vom 16. Dezember 1981 aaO S. 259; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c BGB Rdn. 7). Entsprechende Umstände sind vorliegend aber weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
16
cc) Schließlich lässt sich dem ungekürzten Versorgungsausgleich nicht entgegengehalten, der Antragsteller habe andernfalls zur Vermeidung finanzieller Nachteile erst nach einer Verurteilung Trennungsunterhalt zahlen dürfen oder bald möglichst Scheidungsantrag stellen müssen, was dem aus Art. 6 GG folgenden Gebot der Eheerhaltung zuwiderlaufe (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1324). Um das schutzwürdige Vertrauen der Antragsgegnerin zu erschüttern, wäre es nicht erforderlich gewesen, einen zeitnahen Scheidungsantrag zu stellen oder die Unterhaltszahlungen sofort einzustellen. Es hätte im Interesse einer wirtschaftlichen Verselbständigung und Entflechtung der Eheleute während der langen Trennungszeit genügt, auf eine Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin zu drängen.
17
dd) Im Übrigen würde es rechtlichen Bedenken begegnen, zur Kürzung des Ausgleichsanspruchs der Ehefrau nach § 1587 c Nr. 1 BGB das Ehezeitende fiktiv auf den 30. Juni 1992 vorzuverlegen. Die Bewertung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte ist immer auf das Ende der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB vorzunehmen, an die das Gesetz die für die Berechnung der Anrechte maßgebenden rentenrechtlichen Faktoren knüpft (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2001 - XII ZB 106/96 - FamRZ 2001, 1444, 1446). Um einen bestimmten Teil der Ehezeit im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen, sind deshalb grundsätzlich die auf die auszuschließende (Trennungs-)Zeit entfallenden Anwartschaften auf das gesetzliche Ehezeitende bezogen zu ermitteln und von den auf die gesamte Ehezeit entfallenden Anwartschaften abzuziehen (Wick aaO Rdn. 255). Nicht zulässig ist es, stattdessen das Ende der Ehezeit vorzuverlegen.
18
3. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da die Einholung neuer Versorgungsauskünfte erforderlich ist. Die Höhe des für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ruhegeldes des bereits bei dem Bundeseisenbahnvermögen im Versorgungsbezug stehenden Antragstellers ist unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) zu ermitteln. Im Übrigen konnten die vom Amtsgericht - Familiengericht - für die gesamte Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999) eingeholten Auskünfte der DRV KBS vom 16. Dezember 1999 und der DRV Bund vom 19. April 2000 die Änderungen der Rechtslage durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG vom 21. März 2001, BGBl. I, 403) nicht berücksichtigen. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit der Versorgungsausgleich unter Zugrundelegung neuer Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger geregelt werden kann.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose

Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 11.08.2000 - 512 F 1964/99 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 29.11.2001 - 2 UF 264/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 177/00
vom
28. September 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587c Nr. 1
Auch bei einem sehr kurzen Zusammenleben der Eheleute rechtfertigt allein
eine lange Trennungszeit den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs
in der Regel nicht, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte
in der Trennungszeit mit der Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder eine
wesentliche aus der Ehe herrührende Aufgabe allein übernommen hat (Anschluss
an Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 -
FamRZ 1981, 130 und vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ
1985, 280).
BGH, Beschluss vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - OLG Frankfurt/M.
AG Offenbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. August 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der weiteren Beschwerde - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: bis 4.500 €

Gründe:


I.

1
Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) haben am 18. September 1981 die Ehe geschlossen; aus der Ehe ist eine am 14. Januar 1982 geborene Tochter hervorgegangen. Der Scheidungsantrag wurde der Ehefrau am 15. Oktober 1994 zugestellt; das am 22. Januar 1999 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Während der gesetzlichen Ehezeit (1. September 1981 bis 30. September 1994, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Parteien folgende Versorgungsanrechte erworben:
3
Der 1926 geborene Ehemann war als Hochschullehrer für medizinische Psychologie tätig und ist mittlerweile emeritiert. Er erwarb beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften auf Emeritenbezüge, deren ehezeitanteilige Höhe auf der Grundlage einer Auskunft des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen mit monatlich 2.181,89 DM ermittelt wurde.
4
Die 1943 geborene Ehefrau ist als Lungenfachärztin tätig. Sie hat Versorgungsanwartschaften bei der Landesärztekammer Hessen erworben, deren ehezeitanteilige Höhe sich nach einer Auskunft des Versorgungsträgers auf einen Nominalbetrag von monatlich 1.942,10 DM beläuft. Daneben hat die Ehefrau eine weitere Anwartschaft auf Zahlung des Mindestbetrages der Versorgungsrente bei der Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt erworben; die Höhe dieser Versorgung wurde auf der Grundlage der Auskunft des Versorgungsträgers mit einem Nominalbetrag von monatlich 339,38 DM ermittelt.
5
Im Jahre 1981 hatte der Ehemann ein Haus in A. als Familienheim gekauft. Zu einem Zusammenleben der Parteien kam es lediglich im Dezember 1981 für einige Tage. Danach kehrte die Ehefrau gemeinsam mit ihrer in O. lebenden Mutter in deren Wohnung nach O. zurück, wo sie auch nach der Geburt der gemeinsamen Tochter verblieb und ab Oktober 1982 eine Stelle in den Städtischen Kliniken annahm. Dort blieb sie - von einer zweijährigen Beurlaubung abgesehen - in der Folgezeit durchgehend auf einer Vollzeitstelle und seit 1993 auf einer Teilzeitstelle als Ärztin beschäftigt.
6
Im Jahre 1984 stellte der Ehemann einen Scheidungsantrag, den er später wieder zurücknahm. Im gleichen Jahr wurde wegen der elterlichen Sorge für die gemeinsame Tochter ein Sorgerechtsverfahren eingeleitet, welches im Jahre 1988 mit der Übertragung der Alleinsorge auf die Ehefrau endete. Seit dem Jahre 1985 zahlte der Ehemann Kindesunterhalt; Trennungsunterhalt wurde von der Ehefrau nicht geltend gemacht. Im Jahre 1993 erhob der Ehemann eine Eheaufhebungsklage, die in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen wurde.
7
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die von der Ehefrau erworbenen Versorgungsanwartschaften bei der Landesärztekammer Hessen als teildynamisch und die Versorgungsanwartschaften bei der Zusatzversorgungskasse als statisch angesehen. Auf der Grundlage der Barwert-Verordnung in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung hat es diese Anrechte in volldynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 671,61 DM bzw. 73,35 DM umgerechnet. Den Wertunterschied zwischen den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten der Parteien hat das Amtsgericht danach mit 1.436,93 DM ermittelt und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgung des Ehemannes zugunsten der Ehefrau Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 718,47 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. September 1994, begründet wurden.
8
Gegen diese Entscheidung hat der Ehemann Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Versorgungsausgleich insgesamt auszuschließen. Das Oberlandesgericht hat seine Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt der Ehemann das Ziel eines vollständigen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs weiter.

II.

9
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
10
1. Die weitere Beschwerde ist insgesamt zulässig. Das Oberlandesgericht hat die Zulassung zwar damit begründet, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Barwert-Verordnung in der bei Verkündung der Beschwerdeentscheidung geltenden Fassung grundsätzliche Bedeutung habe. Damit hat das Oberlandesgericht die Zulassung jedoch nicht begrenzt, sondern die weitere Beschwerde im Tenor des angefochtenen Beschlusses vielmehr uneingeschränkt zugelassen.
11
2. Ohne Rechtsfehler hat das Oberlandesgericht allerdings angenommen , dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Versorgungsausgleiches gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB nicht vorliegen.
12
a) Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, dass auch dann, wenn die Ehegatten keine Lebens- und Versorgungsgemeinschaft gebildet hätten, es im Einzelfall für die Durchführung des Versorgungsausgleiches sprechen könne , wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind betreut habe. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn dieser Ehegatte seine Erwerbstätigkeit als Folge der Kinderbetreuung habe einschränken müssen, was hier in Ansehung der zweijährigen Beurlaubung der Ehefrau zwischen 1987 und 1989 sowie der Beschränkung auf eine Halbtagstätigkeit seit 1993 der Fall gewesen sei. Wenn die Ehefrau ihre Berufstätigkeit trotz der Kinderbetreuung in den übrigen Zeiten nicht eingeschränkt habe, so habe sie dafür finanzielle Mittel für die Fremdbetreuung des Kindes eingesetzt oder die Hilfe ihrer Verwandten in Anspruch genommen, woraus der Ehemann keine Vorteile für sich herleiten könne. Weiterhin sei in die Erwägung einzustellen, dass der Ehemann bereits seit 1991 Versorgungsempfänger und vor einer Kürzung seiner Versorgungsbezüge solange geschützt sei, bis die weitaus jüngere Ehefrau ihrerseits die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit erfülle.
13
Auch ein persönliches Fehlverhalten der Ehefrau rechtfertige den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nicht. Es könne der Ehefrau nicht vorgeworfen werden, die eheliche Lebensgemeinschaft schon nach wenigen Tagen des Zusammenlebens aufgekündigt zu haben, zumal es offenbar von Anfang an zwischen den Parteien Differenzen gegeben habe. Andererseits zeige der Briefwechsel zwischen den Parteien in den ersten Ehejahren , dass diese sich durchaus emotional zugetan gewesen seien, es ihnen aber nicht gelungen sei, eine vernünftige Basis für ihre Ehe zu finden. Auch aus den Vorgängen um die Finanzierung des von dem Ehemann zu Alleineigentum erworbenen Hauses lasse sich für den Ausschluss des Versorgungsausgleiches nichts gewinnen, da es allein Sache des Ehemannes gewesen sei, für eine vernünftige Finanzierung zu sorgen. Schließlich lasse sich ein Fehlverhalten der Ehefrau auch nicht darin sehen, dass diese im Jahre 1984 damit gedroht habe, sich selbst und das Kind umzubringen, wenn der Ehemann sich scheiden lassen wolle. Dies erscheine als Ausdruck einer psychischen Notlage und sei nicht geeignet gewesen, den Ehemann im Hinblick auf das von ihm betriebene Scheidungsverfahren in unzumutbarer Weise in seiner Handlungsfreiheit zu beeinträchtigen.
14
b) Gegen diese Beurteilung durch das Oberlandesgericht wendet sich die weitere Beschwerde ohne Erfolg. Die Abwägung aller für oder gegen die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs sprechenden Gründe ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Dessen Entscheidung kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf überprüft werden, ob sie auf einer Verletzung des Ge- setzes beruht (Senatsbeschluss vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Solche Rechtsfehler zu Lasten des Ehemannes lässt die angefochtene Entscheidung nicht erkennen.
15
Die Anwendung der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB setzt voraus, dass aufgrund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs dessen Grundgedanken in unerträglicher Weise widerspricht und daher zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde.
16
aa) Solche im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB besonders zu berücksichtigenden Umstände können darin bestehen, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft wegen der außergewöhnlichen Kürze des Zusammenlebens nicht entstanden ist (Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVb ZR 513/80 - FamRZ 1981, 944, 945) oder durch eine lange Trennung der Ehegatten aufgehoben wurde (BGHZ 75, 241, 269 f.; Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183 m.w.N.). In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll. Soweit die weitere Beschwerde aus dieser Rechtsprechung für den vorliegenden Fall herleitet, dass das lediglich wenige Tage währende Zusammenleben der Parteien im Dezember 1981 den Versorgungsausgleich für eine Ehezeit von dreizehn Jahren nicht legitimieren könne, vermag sie damit unter den obwaltenden Umständen allerdings nicht durchzudringen. Denn die Ehefrau hat im Zeitraum zwischen der Geburt der Tochter im Januar 1982 und dem Ende der Ehezeit im September 1994 die Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes übernommen. Der Senat hat in den Trennungsfällen bereits mehrfach dargelegt, dass bei der Beurteilung der Zeitdauer einer Trennung diejenigen Zeiten nicht berücksichtigt werden können, in denen der ausgleichsberechtigte Ehegatte gemeinschaftliche Kinder betreut (Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 - FamRZ 1981, 130, 132 und vom 12. Dezember 1984 aaO, S. 282; vgl. weiterhin OLG Frankfurt FamRZ 2004, 28, 30; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 118; Palandt /Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1587 c Rdn. 18; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl., § 1587 c Rdn. 54; Staudinger/Rehme, BGB [2004], § 1587 c Rdn. 44; MünchKomm/Dörr, BGB, 4. Aufl., § 1587 c Rdn. 30; Erman/Klattenhoff, BGB, 11. Aufl., § 1587 c Rdn. 18; Bamberger/Roth/Bergmann, BGB, § 1587 c Rdn. 14; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 c Rdn. 26). Der Versorgungsausgleich findet in diesen Fällen seine Legitimation nicht in dem gemeinsamen Streben nach Aufbau einer Alterssicherung als Lebensleistung der ehelichen Gemeinschaft, sondern darin, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte mit der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder auch ohne eine gemeinsame Lebensführung mit dem anderen Ehegatten eine der wesentlichen aus der Ehe herrührenden Aufgaben allein übernimmt. Dies rechtfertigt schon für sich genommen das Vertrauen des die gemeinschaftlichen Kinder betreuenden Ehegatten auf Teilhabe an den in dieser Zeit von dem anderen Ehegatten erwirtschafteten Versorgungswerten im Rahmen des Versorgungsausgleichs.
17
So ist auch der vorliegende Fall zu beurteilen, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob und inwiefern die Ehefrau durch die Kindererziehung im Zeitraum zwischen 1982 und 1994 tatsächliche Nachteile beim Aufbau ihrer eigenen Altersversorgung hinnehmen musste. Der Sinn des Versorgungsausgleichs erschöpft sich nicht darin, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten (lediglich ) die Versorgungsnachteile zu ersetzen, die ihm als Folge der Erfüllung ehelicher Aufgaben entstanden sind, so dass allein das Fehlen solcher Nachteile es nicht rechtfertigt, den Ehegatten mit den wertgeringeren Versorgungsanrechten von der Teilhabe an den werthöheren Anrechten des anderen Ehegatten auszuschließen (Senatsbeschluss vom 9. November 1988 - IVb ZB 53/87 - FamRZ 1989, 492, 493; MünchKomm/Dörr aaO Rdn. 20; Johannsen/Henrich/Hahne aaO Rdn. 21). Im Übrigen ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass die Ehefrau ihre eigenen Versorgungsanrechte in der Ehezeit größtenteils nur durch die Ausübung einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit erwirtschaften konnte , ersichtlich zutreffend; auch die weitere Beschwerde zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf.
18
bb) Ohne Erfolg rügt die weitere Beschwerde, dass das Oberlandesgericht die näheren Umstände des Auszugs der Ehefrau aus der gemeinsamen Wohnung und damit die Trennungsursache nicht weiter aufgeklärt habe. Ein den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs rechtfertigender Härtegrund ist regelmäßig nicht darin zu sehen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte seinen Ehepartner verlassen hat (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 781/80 - FamRZ 1983, 35, 36 und vom 28. März 1984 - IVb ZB 64/82 - FamRZ 1984, 662, 665). Ein zur Trennung führendes Fehlverhalten des Berechtigten kann als Abwägungskriterium allenfalls bei der Beurteilung der Frage bedeutsam werden, ob wegen eines anschließenden längeren Trennungszeitraums die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleiches grob unbillig erscheint (OLG München FamRZ 1985, 79, 80; jurisPK Bregger, BGB, 2. Aufl., § 1587 c Rdn. 25; zweifelnd Johannsen/Henrich/ Hahne, aaO, § 1587 c Rdn. 25). Diese Frage stellt sich hier aber nicht, da nach den oben bereits dargestellten Maßstäben derjenige Zeitraum, in dem die Ehefrau nach Beendigung der häuslichen Gemeinschaft die ihr zugewiesene Aufgabe der Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes erfüllt hat, im Rahmen der Billigkeitsabwägung nicht als Trennungszeit gilt.
19
cc) Es ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht ein zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs führendes persönliches Fehlverhalten der Ehefrau auch nicht darin gesehen hat, dass diese im Jahre 1984 damit gedroht habe, für den Fall der von dem Ehemann in Aussicht gestellten Scheidung sich selbst und das Kind umzubringen.
20
Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch ein persönliches Fehlverhalten des Ausgleichsberechtigten, das ohne wirtschaftliche Relevanz ist, zur Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB führen. Es ist jedoch nur dann geeignet, die Herabsetzung oder den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu begründen, wenn es wegen seiner Auswirkungen auf den Ehepartner ganz besonders ins Gewicht fällt; es muss für den anderen Ehegatten so belastend gewesen sein, dass die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs deshalb unerträglich erscheint.
21
Die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass sich die Ehefrau zu jener Zeit in einer psychischen Notlage befunden habe, wird von der weiteren Beschwerde nicht angegriffen. Soweit das Oberlandesgericht daraus ersichtlich den Schluss gezogen hat, das Fehlverhalten erscheine wegen eines zufolge der psychischen Belastung geringeren Verschuldens der Ehefrau nicht als in besonderem Maße schwerwiegend, hält sich diese Würdigung im Rahmen tatrichterlichen Ermessens und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Senat hat mehrfach ausgesprochen, dass eine geringe persönliche Schuld auch bei objektiv gravierendem Fehlverhalten des ausgleichsberechtigten Ehegatten im Rahmen der Gesamtwürdigung der Annahme grober Unbilligkeit einer ungekürzten Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegenstehen kann (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 12. November 1986 aaO und vom 9. Mai 1990 - XII ZB 76/89 - FamRZ 1990, 985, 986).
22
dd) Schließlich geben auch die weitergehenden Erwägungen des Oberlandesgerichts zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien in rechtlicher Hinsicht zu keinen Bedenken Anlass. Es stellt keinen im Rahmen der Billigkeitsabwägung zugunsten des Ehemannes zu berücksichtigenden Umstand dar, dass dieser nach der Trennung der Parteien die mit der Finanzierung des - in seinem Alleineigentum stehenden - Hauses verbundenen Darlehenskosten allein getragen hat, obwohl auch die Ehefrau im Außenverhältnis als Kreditnehmerin für diese Verbindlichkeiten mithaftete. Denn regelmäßig hat derjenige Ehegatte, in dessen Alleineigentum die Immobilie steht und der es nach der Trennung allein nutzt, auch für die Bedienung der gesamtschuldnerisch eingegangenen Verbindlichkeiten allein aufzukommen (Senatsurteil vom 27. November 1996 - XII ZR 43/95 - FamRZ 1997, 487, 488). Im Übrigen hat das Oberlandesgericht mit Recht in die Gesamtbetrachtung einbezogen , dass die Ehefrau einerseits den Ehemann über einen Zeitraum von drei Jahren nicht auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen und andererseits während der Ehezeit keinen Trennungsunterhalt geltend gemacht hat. Soweit die weitere Beschwerde darauf abstellt, dass die Ehefrau durch ihre eigene Erwerbstätigkeit angeblich ein höheres Einkommen als der Ehemann erzielt habe, misst sie dabei dem Gesichtspunkt, dass sich die Erwerbstätigkeit der Ehefrau unterhaltsrechtlich als überobligatorisch dargestellt hat, zu Unrecht keine Bedeutung bei. Darüber hinaus hatte die Ehefrau selbst dann keinen Ehegattenunterhalt von dem Ehemann verlangt, als sie in den Jahren 1987 bis 1989 unstreitig keiner voll- oder teilschichtigen Erwerbstätigkeit nachging und sie grundsätzlich hierzu unterhaltsrechtlich auch nicht verpflichtet gewesen wäre, weil das zu betreuende Kind zu dieser Zeit noch nicht acht Jahre alt war (vgl. Senatsurteile vom 21. Dezember 1988 - IVb ZR 18/88 - FamRZ 1989, 487 und vom 30. November 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292).
23
3. Dennoch kann die angefochtene Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt keinen Bestand mehr haben.
24
a) Das Oberlandesgericht hat die Umrechnung der nicht volldynamischen Anrechte der Ehefrau auf der Grundlage der Barwert-Verordnung in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung vorgenommen. Maßgebend ist nunmehr die durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26. Mai 2003 (BGBl I S. 728) geänderte Fassung der Barwert-Verordnung, gegen deren Anwendung derzeit keine durchgreifenden Bedenken bestehen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2003 - XII ZB 152/01 - FamRZ 2003, 1639, 1640).
25
b) Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da die Einholung neuer Versorgungsauskünfte erforderlich ist.
26
Auf deren Grundlage kann die aktuelle Höhe des für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ruhegeldes für den bereits im Versorgungsbezug stehenden Ehemann ermittelt werden. Hinsichtlich der Berechnung der jährlichen Sonderzahlung (§ 4 a LBesG NW i.V. mit §§ 6, 7 des Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzahlung an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2003, GVBl. S. 696) wird zu beachten sein, dass es auf den Bemessungsfaktor im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ankommt (Senatsbeschluss vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437, 438 m.w.N.).
27
Die Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt hat - wie andere Träger der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes - mit Wirkung zum 1. Januar 2002 das bisherige Gesamtversorgungssystem durch ein "Punktemodell" abgelöst. Die Ehefrau gehörte bei Änderung der Satzung der Zusatzversorgungskasse zu den sog. rentennahen Jahrgän- gen, die nach Maßgabe des § 73 Abs. 2 der Satzung einen Besitzstandsschutz für die auf der Grundlage des alten Rechts erworbenen Anrechte genießen. Ausgangswert für die Berechnung der Startgutschrift an Versorgungspunkten ist danach grundsätzlich die bis zum 31. Dezember 2001 in der Gesamtversorgung erworbene Anwartschaft bei (fiktivem) Eintritt des Versicherungsfalls am 31. Dezember 2001, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Erreichens des 63. Lebensjahres. Anhand einer erneuten Auskunft des Versorgungsträgers wird zu überprüfen sein, ob sich hieraus eine geänderte Bewertung der bis zum 31. Dezember 2001 erworbenen Versorgungsanwartschaften der Ehefrau ergibt. Im Übrigen sind die Anrechte bei Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes, die ihre Satzung nach der von einer Arbeitsgruppe der gemeindlichen Zusatzversorgungskassen erarbeiteten Mustersatzung geändert haben, nach der Neuregelung der Satzung im Anwartschaftsstadium als statisch , im Leistungsstadium als volldynamisch anzusehen (Senatsbeschlüsse vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706: Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden; vom 23. März 2005 - XII ZB 255/03 - FamRZ 2005, 878: Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 209/03 - FamRZ 2005, 1532: Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Thüringen).
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Offenbach am Main, Entscheidung vom 22.01.1999 - 314 F 1070/94 -
OLG Frankfurt, Entscheidung vom 17.08.2000 - 1 UF 59/99 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 14/03
vom
19. Mai 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1
Zum Ausschluß des Versorgungsausgleichs bei langer Trennungszeit und bei sogenannter
phasenverschobener Ehe.
BGH, Beschluß vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - OLG Karlsruhe
AG Heidelberg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Mai 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerden der Antragsgegnerin und des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des 16. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 12. Dezember 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 4.958 €

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 28. Januar 1966 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 26. März 1925) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 10. März 1939) am 31. März 2000 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht -, das von einer Trennung der Parteien im Jahre 1997 ausgegangen ist, hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt , daß es zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin beim Landesamt
für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1) im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 942,46 DM, bezogen auf den 29. Februar 2000, begründet hat. Dem Antrag der Ehefrau, den Versorgungsausgleich für die Zeit ab 1. September 1988 auszuschließen, hat es nicht stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen , daß der Ausgleichsbetrag 435,94 € (852,62 DM) betrage. Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 von ehezeitlichen (1. Januar 1966 bis 29. Februar 2000; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Antragsgegnerin beim LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von monatlich 3.778,69 DM und bei der BfA in Höhe von monatlich 203,99 DM, bezogen auf den 29. Februar 2000, sowie bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 3) in Höhe von (dynamisiert) monatlich 7,36 DM ausgegangen. Ausweislich der jeweiligen Auskünfte hat die Antragsgegnerin die Anwartschaften bei der BfA und der VBL für Zeiten bis einschließlich Juli 1971 erworben. Der Antragsteller bezieht seit 1. September 1988 eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung - zunächst wegen Erwerbsunfähigkeit, ab 1. April 1990 Vollrente wegen Alters - bei der BfA, deren Ehezeitanteil monatlich 1.182,06 DM beträgt. Darüber hinaus bezieht der Antragsgegner ebenfalls seit 1988 eine Versorgungsrente von der VBL, deren Ehezeitanteil das Oberlandesgericht mit 1.102,73 DM zugrunde gelegt hat.
Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts haben sowohl das LBV als auch die Antragsgegnerin (zugelassene) Rechtsbeschwerde eingelegt. Das LBV macht geltend, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Antragsgegnerin verfolgt ihren Antrag, den Versorgungsausgleich (teilweise) auszuschließen, weiter. Die BfA und die VBL haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Rechtsbeschwerden führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. A. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde des LBV ist lediglich in geringem Umfang begründet. 1. Das Oberlandesgericht, das am 12. Dezember 2002 entschieden hat, hat den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des (neuen) § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt. Dies ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2
Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag gegebenenfalls später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO 261). Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für den Antragsteller durch das Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß der Antragsgegnerin unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte ihrer ihr tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beur-
teilt werden kann -, müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben. 2. Eine Änderung ergibt sich insoweit lediglich aus de r nunmehr erforderlichen Anwendung des baden-württembergischen Bemessungsfaktors von 5,33 % monatlich für 2004 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschrift en vom 10. September 2003 - BGBl. I, 1798 - in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Sonderzahlungen in Baden-Württemberg - Landesanteil Besoldung vom 29. Oktober 2003 - GBl. S. 693, 694; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N). B. Dagegen erweist sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin als begründet, soweit ihr Antrag auf Ausschluß des Versorgungsausgleichs für die Zeit ab 1. September 1988 zurückgewiesen wurde. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, das Vorbringen der Ehefrau rechtfertige weder einen Ausschluß noch eine Kürzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c BGB. Das Familiengericht habe zu Recht auf die Anhörung der Ehefrau vom 22. November 2000 hingewiesen, wonach erst seit 1997 auch die wirtschaftliche Gemeinschaft der Parteien nicht mehr fortgeführt worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt sei offensichtlich noch Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe vorhanden gewesen, auch wenn sich die Ehefrau berufsbedingt nach wie vor in Deutschland aufgehalten habe, während der Ehemann das gemeinsame Ferienhaus in Frankreich bewohnt habe. Die Anhörung der Ehefrau durch den beauftragten Richter habe keine andere Beurteilung erge-
ben. Bis zum Umzug des Ehemannes in ein zweites von ihm auf dem Feriengrundstück errichtetes Haus in Frankreich hätten die Parteien nahezu sämtliche Schulferien unter einem Dach - lediglich in getrennten Schlafzimmern - verbracht. Bis zu diesem Zeitpunkt und darüber hinaus hätte sich die Ehefrau nach eigenem Bekunden vorstellen können, die Zeit nach ihrer Pensionierung dort zu verbringen. Die Trennung sei jedenfalls noch nicht soweit verfestigt gewesen, daß sie auf eine Scheidung hinausgelaufen sei. Eine solche sei nach ihren Angaben erstmals im Jahr 1999 ins Gespräch gekommen, also ein Jahr vor der Zustellung des Scheidungsantrags. Eine Trennungszeit von nicht einmal drei Jahren rechtfertige aber keine Einschränkung der gesetzlichen Regelung, wonach der Versorgungsausgleich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben sei. Selbst bei Berücksichtigung der unstreitigen Beendigung der Versorgungsgemeinschaft der Parteien (mit Ausnahme der Ferienzeit) im Jahr 1988 sei die Dauer von nicht ganz zwölf Jahren bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im Hinblick auf die Dauer der Ehezeit von insgesamt 34 Jahren nicht so lang, daß die Durchführung des Versorgungsausgleichs als grob unbillig zu bewerten wäre. Ebensowenig könne der beantragte Ausschluß des Versorgungsausgleichs auf die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und gesetzlichen Renten gestützt werden. Schließlich führe auch die Tatsache, daß der Ehemann seit 1988 mietfrei im gemeinsamen Anwesen in Frankreich gewohnt habe, zu keiner anderen Beurteilung. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 2. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin rügt zu Recht, das Oberlandesgericht habe die Angaben der Ehefrau bei ihrer erneuten Anhörung vor dem Oberlandesgericht protokollwidrig gewürdigt.
Ausweislich der Terminsniederschrift vom 10. Juli 2002 hat die Antragsgegnerin erklärt, bis 1997, sogar bis 1999, habe ein freundschaftlicher Umgang miteinander bestanden, wie er bei getrennt lebenden Eheleuten möglich sein könne. Die Eheleute hätten schon seit 1988 nicht mehr zusammengelebt. Damals sei der Ehemann, als sie sich in Frankreich aufgehalten habe, aus der ehegemeinsamen Wohnung ausgezogen und habe sich eine Wohnung in Mannheim genommen. Noch im selben Jahr sei er dann nach Frankreich in das gemeinsame Anwesen verzogen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei eine deutliche Trennung in wirtschaftlicher Hinsicht vorhanden gewesen. Vor dem Familiengericht habe sie das Jahr 1997 wohl deswegen angegeben, da zu diesem Zeitpunkt das zweite Haus von ihrem Mann erstellt worden sei und er in das zweite Haus auf dem gemeinsamen Grundstück in Frankreich umgezogen sei. Dieses Jahr 1997 habe mit der grundsätzlichen Trennung nichts zu tun. Bis 1997 habe sie ihre Ferien in dem gemeinsamen Haus in Frankreich verbracht, wobei man aber innerhalb dieses Hauses getrennt gelebt habe. Von einer Scheidung sei erstmals 1999 die Rede gewesen, als ein unfreundlicher Ton in die Beziehung gekommen sei. Beide Parteien hätten immer die Einstellung gehabt, daß jeder von seinem Geld leben solle. Diese Angaben der Antragsgegnerin stimmen mit den - zu keinem Zeitpunkt widerrufenen - Angaben des Antragstellers vor dem Familiengericht überein. Ausweislich des Protokolls vom 22. November 2000 hatte der Antragsteller - wie zuvor bereits schriftsätzlich vorgetragen - erklärt, er sei 1988 aus der letzten gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Die insoweit übereinstimmenden Angaben der Parteien durfte das Oberlandesgericht - wie auch die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - ohne Angabe von Gründen nicht dahingehend würdigen, die Parteien hätten sich erst 1997 getrennt.
3. Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, daß jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601, 605, das ausführt, daß der Versorgungsausgleich seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunterhalt verstanden werden kann). Aus diesem Grund werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung der Eheleute aufgehoben ist (vgl. etwa BGHZ 74, 38, 47 und 83; BGHZ 75, 241, 269 ff.; Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 - FamRZ 1981, 130, 131; vom 9. Dezember 1981 - IVb ZB 569/80 - FamRZ 1982, 475, 477; vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 648/80 - FamRZ 1983, 36, 38; vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 und vom 28. Oktober 1992 -XII ZB 42/91 - FamRZ 1993, 302, 303 ). Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben (§ 1587 BGB). Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Insbesondere sollte dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (vgl. BGHZ 75 aaO 269; BT-Drucks. 7/4361 S. 36). Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit mit einer wirtschaftlichen Verselbständigung von - wie hier - 11 1/2 Jahren
schon für sich genommen den (teilweisen) Ausschluß des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen (vgl. bereits BGHZ 75, aaO 271 und die Senatsbeschlüsse vom 12. Dezember 1984 aaO 282 und vom 28. Oktober 1992 aaO 303). Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist insoweit mangels anderweitiger Feststellungen auf die von den Parteien übereinstimmend angegebene Trennung im Jahre 1988, verbunden mit der wirtschaftlichen Verselbständigung, die auch nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts unstreitig im Jahr 1988 erfolgte, abzustellen, da nach der wirtschaftlichen Trennung der Parteien keine ehebedingten Auswirkungen auf die Versorgungssituation mehr eintreten konnten. Ob die lange Trennungszeit von 11 1/2 Jahren bei einer Ehezeit von 34 Jahren für sich alleine den beantragten Ausschluß des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht indessen hier nicht abschließend entschieden zu werden. Als weiterer Umstand ist vorliegend nämlich zu berücksichtigen, daß es sich auf Grund des Altersunterschiedes der Parteien um eine sogenannte "phasenverschobene Ehe" handelt. Der Antragsteller bezieht bereits seit September 1988 - und damit seit Trennung der Parteien - Rente. Mit Beginn des Rentenbezuges konnte er keine Versorgungsanwartschaften für die eheliche Lebensgemeinschaft mehr erwerben. Der ausgleichspflichtige Überschuß, den die Antragsgegnerin bei ihren Versorgungsanrechten erzielt hat, beruht also nicht auf einer höheren wirtschaftlichen Leistung der Antragsgegnerin während der Ehezeit, sondern auf der Tatsache, daß der Antragsteller seit September 1988 wegen seiner Erwerbsunfähigkeit und seit April 1990 auf Grund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat. Müßte die Antragsgegnerin formal auch die von ihr nach der Trennung 1988 bis zum Ende der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte ausgleichen, würde dies im Zusammenhang mit der langen Trennungszeit jedenfalls zu einer groben Unbilligkeit im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB führen (so auch OLG Köln FamRZ 1988,
849). Der Versorgungsausgleich ist daher teilweise, nämlich für die Zeit ab 1. September 1988, auszuschließen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kommt dagegen ein vollständiger Ausschluß des Versorgungsausgleichs, den sie auf die steuerliche Ungleichbehandlung von Pensionen und gesetzlichen Renten sowie auf ein mietfreies Wohnen des Antragstellers im gemeinsamen Anwesen in Frankreich ab 1988 stützt, bei der gebotenen Gesamtabwägung nicht in Betracht. Anhaltspunkte dafür, daß durch den Ausgleich, der auf die Zeit bis zur Trennung beschränkt bleibt, ein grob unbilliges wirtschaftliches Ungleichgewicht zu Lasten der Antragsgegnerin eintreten könnte, sind weder festgestellt noch ersichtlich. C. Der Senat ist nicht in der Lage, auf Grund der Feststellungen des Oberlandesgerichts in der Sache selbst abschließend zu entscheiden. Die Ehefrau hat in der Zwischenzeit das 65. Lebensjahr vollendet, so daß für die Durchführung des Versorgungsausgleichs insoweit nicht mehr die Versorgungsanwartschaften der Ehefrau, sondern die tatsächlich gezahlte Versorgung maßgebend ist. Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen,
damit der (teilweise) Ausschluß des Versorgungsausgleichs auf der Grundlage neuer Auskünfte für die Ehefrau durchgeführt werden kann.
Hahne RiBGH Sprick ist urlaubs- Weber-Monecke bedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 177/00
vom
28. September 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587c Nr. 1
Auch bei einem sehr kurzen Zusammenleben der Eheleute rechtfertigt allein
eine lange Trennungszeit den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs
in der Regel nicht, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte
in der Trennungszeit mit der Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder eine
wesentliche aus der Ehe herrührende Aufgabe allein übernommen hat (Anschluss
an Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 -
FamRZ 1981, 130 und vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ
1985, 280).
BGH, Beschluss vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - OLG Frankfurt/M.
AG Offenbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. August 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der weiteren Beschwerde - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: bis 4.500 €

Gründe:


I.

1
Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) haben am 18. September 1981 die Ehe geschlossen; aus der Ehe ist eine am 14. Januar 1982 geborene Tochter hervorgegangen. Der Scheidungsantrag wurde der Ehefrau am 15. Oktober 1994 zugestellt; das am 22. Januar 1999 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Während der gesetzlichen Ehezeit (1. September 1981 bis 30. September 1994, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Parteien folgende Versorgungsanrechte erworben:
3
Der 1926 geborene Ehemann war als Hochschullehrer für medizinische Psychologie tätig und ist mittlerweile emeritiert. Er erwarb beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften auf Emeritenbezüge, deren ehezeitanteilige Höhe auf der Grundlage einer Auskunft des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen mit monatlich 2.181,89 DM ermittelt wurde.
4
Die 1943 geborene Ehefrau ist als Lungenfachärztin tätig. Sie hat Versorgungsanwartschaften bei der Landesärztekammer Hessen erworben, deren ehezeitanteilige Höhe sich nach einer Auskunft des Versorgungsträgers auf einen Nominalbetrag von monatlich 1.942,10 DM beläuft. Daneben hat die Ehefrau eine weitere Anwartschaft auf Zahlung des Mindestbetrages der Versorgungsrente bei der Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt erworben; die Höhe dieser Versorgung wurde auf der Grundlage der Auskunft des Versorgungsträgers mit einem Nominalbetrag von monatlich 339,38 DM ermittelt.
5
Im Jahre 1981 hatte der Ehemann ein Haus in A. als Familienheim gekauft. Zu einem Zusammenleben der Parteien kam es lediglich im Dezember 1981 für einige Tage. Danach kehrte die Ehefrau gemeinsam mit ihrer in O. lebenden Mutter in deren Wohnung nach O. zurück, wo sie auch nach der Geburt der gemeinsamen Tochter verblieb und ab Oktober 1982 eine Stelle in den Städtischen Kliniken annahm. Dort blieb sie - von einer zweijährigen Beurlaubung abgesehen - in der Folgezeit durchgehend auf einer Vollzeitstelle und seit 1993 auf einer Teilzeitstelle als Ärztin beschäftigt.
6
Im Jahre 1984 stellte der Ehemann einen Scheidungsantrag, den er später wieder zurücknahm. Im gleichen Jahr wurde wegen der elterlichen Sorge für die gemeinsame Tochter ein Sorgerechtsverfahren eingeleitet, welches im Jahre 1988 mit der Übertragung der Alleinsorge auf die Ehefrau endete. Seit dem Jahre 1985 zahlte der Ehemann Kindesunterhalt; Trennungsunterhalt wurde von der Ehefrau nicht geltend gemacht. Im Jahre 1993 erhob der Ehemann eine Eheaufhebungsklage, die in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen wurde.
7
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die von der Ehefrau erworbenen Versorgungsanwartschaften bei der Landesärztekammer Hessen als teildynamisch und die Versorgungsanwartschaften bei der Zusatzversorgungskasse als statisch angesehen. Auf der Grundlage der Barwert-Verordnung in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung hat es diese Anrechte in volldynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 671,61 DM bzw. 73,35 DM umgerechnet. Den Wertunterschied zwischen den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten der Parteien hat das Amtsgericht danach mit 1.436,93 DM ermittelt und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgung des Ehemannes zugunsten der Ehefrau Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 718,47 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. September 1994, begründet wurden.
8
Gegen diese Entscheidung hat der Ehemann Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Versorgungsausgleich insgesamt auszuschließen. Das Oberlandesgericht hat seine Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt der Ehemann das Ziel eines vollständigen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs weiter.

II.

9
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
10
1. Die weitere Beschwerde ist insgesamt zulässig. Das Oberlandesgericht hat die Zulassung zwar damit begründet, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Barwert-Verordnung in der bei Verkündung der Beschwerdeentscheidung geltenden Fassung grundsätzliche Bedeutung habe. Damit hat das Oberlandesgericht die Zulassung jedoch nicht begrenzt, sondern die weitere Beschwerde im Tenor des angefochtenen Beschlusses vielmehr uneingeschränkt zugelassen.
11
2. Ohne Rechtsfehler hat das Oberlandesgericht allerdings angenommen , dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Versorgungsausgleiches gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB nicht vorliegen.
12
a) Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, dass auch dann, wenn die Ehegatten keine Lebens- und Versorgungsgemeinschaft gebildet hätten, es im Einzelfall für die Durchführung des Versorgungsausgleiches sprechen könne , wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind betreut habe. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn dieser Ehegatte seine Erwerbstätigkeit als Folge der Kinderbetreuung habe einschränken müssen, was hier in Ansehung der zweijährigen Beurlaubung der Ehefrau zwischen 1987 und 1989 sowie der Beschränkung auf eine Halbtagstätigkeit seit 1993 der Fall gewesen sei. Wenn die Ehefrau ihre Berufstätigkeit trotz der Kinderbetreuung in den übrigen Zeiten nicht eingeschränkt habe, so habe sie dafür finanzielle Mittel für die Fremdbetreuung des Kindes eingesetzt oder die Hilfe ihrer Verwandten in Anspruch genommen, woraus der Ehemann keine Vorteile für sich herleiten könne. Weiterhin sei in die Erwägung einzustellen, dass der Ehemann bereits seit 1991 Versorgungsempfänger und vor einer Kürzung seiner Versorgungsbezüge solange geschützt sei, bis die weitaus jüngere Ehefrau ihrerseits die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit erfülle.
13
Auch ein persönliches Fehlverhalten der Ehefrau rechtfertige den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nicht. Es könne der Ehefrau nicht vorgeworfen werden, die eheliche Lebensgemeinschaft schon nach wenigen Tagen des Zusammenlebens aufgekündigt zu haben, zumal es offenbar von Anfang an zwischen den Parteien Differenzen gegeben habe. Andererseits zeige der Briefwechsel zwischen den Parteien in den ersten Ehejahren , dass diese sich durchaus emotional zugetan gewesen seien, es ihnen aber nicht gelungen sei, eine vernünftige Basis für ihre Ehe zu finden. Auch aus den Vorgängen um die Finanzierung des von dem Ehemann zu Alleineigentum erworbenen Hauses lasse sich für den Ausschluss des Versorgungsausgleiches nichts gewinnen, da es allein Sache des Ehemannes gewesen sei, für eine vernünftige Finanzierung zu sorgen. Schließlich lasse sich ein Fehlverhalten der Ehefrau auch nicht darin sehen, dass diese im Jahre 1984 damit gedroht habe, sich selbst und das Kind umzubringen, wenn der Ehemann sich scheiden lassen wolle. Dies erscheine als Ausdruck einer psychischen Notlage und sei nicht geeignet gewesen, den Ehemann im Hinblick auf das von ihm betriebene Scheidungsverfahren in unzumutbarer Weise in seiner Handlungsfreiheit zu beeinträchtigen.
14
b) Gegen diese Beurteilung durch das Oberlandesgericht wendet sich die weitere Beschwerde ohne Erfolg. Die Abwägung aller für oder gegen die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs sprechenden Gründe ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Dessen Entscheidung kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf überprüft werden, ob sie auf einer Verletzung des Ge- setzes beruht (Senatsbeschluss vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Solche Rechtsfehler zu Lasten des Ehemannes lässt die angefochtene Entscheidung nicht erkennen.
15
Die Anwendung der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB setzt voraus, dass aufgrund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs dessen Grundgedanken in unerträglicher Weise widerspricht und daher zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde.
16
aa) Solche im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB besonders zu berücksichtigenden Umstände können darin bestehen, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft wegen der außergewöhnlichen Kürze des Zusammenlebens nicht entstanden ist (Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVb ZR 513/80 - FamRZ 1981, 944, 945) oder durch eine lange Trennung der Ehegatten aufgehoben wurde (BGHZ 75, 241, 269 f.; Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183 m.w.N.). In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll. Soweit die weitere Beschwerde aus dieser Rechtsprechung für den vorliegenden Fall herleitet, dass das lediglich wenige Tage währende Zusammenleben der Parteien im Dezember 1981 den Versorgungsausgleich für eine Ehezeit von dreizehn Jahren nicht legitimieren könne, vermag sie damit unter den obwaltenden Umständen allerdings nicht durchzudringen. Denn die Ehefrau hat im Zeitraum zwischen der Geburt der Tochter im Januar 1982 und dem Ende der Ehezeit im September 1994 die Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes übernommen. Der Senat hat in den Trennungsfällen bereits mehrfach dargelegt, dass bei der Beurteilung der Zeitdauer einer Trennung diejenigen Zeiten nicht berücksichtigt werden können, in denen der ausgleichsberechtigte Ehegatte gemeinschaftliche Kinder betreut (Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 - FamRZ 1981, 130, 132 und vom 12. Dezember 1984 aaO, S. 282; vgl. weiterhin OLG Frankfurt FamRZ 2004, 28, 30; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 118; Palandt /Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1587 c Rdn. 18; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl., § 1587 c Rdn. 54; Staudinger/Rehme, BGB [2004], § 1587 c Rdn. 44; MünchKomm/Dörr, BGB, 4. Aufl., § 1587 c Rdn. 30; Erman/Klattenhoff, BGB, 11. Aufl., § 1587 c Rdn. 18; Bamberger/Roth/Bergmann, BGB, § 1587 c Rdn. 14; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 c Rdn. 26). Der Versorgungsausgleich findet in diesen Fällen seine Legitimation nicht in dem gemeinsamen Streben nach Aufbau einer Alterssicherung als Lebensleistung der ehelichen Gemeinschaft, sondern darin, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte mit der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder auch ohne eine gemeinsame Lebensführung mit dem anderen Ehegatten eine der wesentlichen aus der Ehe herrührenden Aufgaben allein übernimmt. Dies rechtfertigt schon für sich genommen das Vertrauen des die gemeinschaftlichen Kinder betreuenden Ehegatten auf Teilhabe an den in dieser Zeit von dem anderen Ehegatten erwirtschafteten Versorgungswerten im Rahmen des Versorgungsausgleichs.
17
So ist auch der vorliegende Fall zu beurteilen, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob und inwiefern die Ehefrau durch die Kindererziehung im Zeitraum zwischen 1982 und 1994 tatsächliche Nachteile beim Aufbau ihrer eigenen Altersversorgung hinnehmen musste. Der Sinn des Versorgungsausgleichs erschöpft sich nicht darin, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten (lediglich ) die Versorgungsnachteile zu ersetzen, die ihm als Folge der Erfüllung ehelicher Aufgaben entstanden sind, so dass allein das Fehlen solcher Nachteile es nicht rechtfertigt, den Ehegatten mit den wertgeringeren Versorgungsanrechten von der Teilhabe an den werthöheren Anrechten des anderen Ehegatten auszuschließen (Senatsbeschluss vom 9. November 1988 - IVb ZB 53/87 - FamRZ 1989, 492, 493; MünchKomm/Dörr aaO Rdn. 20; Johannsen/Henrich/Hahne aaO Rdn. 21). Im Übrigen ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass die Ehefrau ihre eigenen Versorgungsanrechte in der Ehezeit größtenteils nur durch die Ausübung einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit erwirtschaften konnte , ersichtlich zutreffend; auch die weitere Beschwerde zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf.
18
bb) Ohne Erfolg rügt die weitere Beschwerde, dass das Oberlandesgericht die näheren Umstände des Auszugs der Ehefrau aus der gemeinsamen Wohnung und damit die Trennungsursache nicht weiter aufgeklärt habe. Ein den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs rechtfertigender Härtegrund ist regelmäßig nicht darin zu sehen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte seinen Ehepartner verlassen hat (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 781/80 - FamRZ 1983, 35, 36 und vom 28. März 1984 - IVb ZB 64/82 - FamRZ 1984, 662, 665). Ein zur Trennung führendes Fehlverhalten des Berechtigten kann als Abwägungskriterium allenfalls bei der Beurteilung der Frage bedeutsam werden, ob wegen eines anschließenden längeren Trennungszeitraums die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleiches grob unbillig erscheint (OLG München FamRZ 1985, 79, 80; jurisPK Bregger, BGB, 2. Aufl., § 1587 c Rdn. 25; zweifelnd Johannsen/Henrich/ Hahne, aaO, § 1587 c Rdn. 25). Diese Frage stellt sich hier aber nicht, da nach den oben bereits dargestellten Maßstäben derjenige Zeitraum, in dem die Ehefrau nach Beendigung der häuslichen Gemeinschaft die ihr zugewiesene Aufgabe der Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes erfüllt hat, im Rahmen der Billigkeitsabwägung nicht als Trennungszeit gilt.
19
cc) Es ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht ein zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs führendes persönliches Fehlverhalten der Ehefrau auch nicht darin gesehen hat, dass diese im Jahre 1984 damit gedroht habe, für den Fall der von dem Ehemann in Aussicht gestellten Scheidung sich selbst und das Kind umzubringen.
20
Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch ein persönliches Fehlverhalten des Ausgleichsberechtigten, das ohne wirtschaftliche Relevanz ist, zur Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB führen. Es ist jedoch nur dann geeignet, die Herabsetzung oder den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu begründen, wenn es wegen seiner Auswirkungen auf den Ehepartner ganz besonders ins Gewicht fällt; es muss für den anderen Ehegatten so belastend gewesen sein, dass die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs deshalb unerträglich erscheint.
21
Die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass sich die Ehefrau zu jener Zeit in einer psychischen Notlage befunden habe, wird von der weiteren Beschwerde nicht angegriffen. Soweit das Oberlandesgericht daraus ersichtlich den Schluss gezogen hat, das Fehlverhalten erscheine wegen eines zufolge der psychischen Belastung geringeren Verschuldens der Ehefrau nicht als in besonderem Maße schwerwiegend, hält sich diese Würdigung im Rahmen tatrichterlichen Ermessens und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Senat hat mehrfach ausgesprochen, dass eine geringe persönliche Schuld auch bei objektiv gravierendem Fehlverhalten des ausgleichsberechtigten Ehegatten im Rahmen der Gesamtwürdigung der Annahme grober Unbilligkeit einer ungekürzten Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegenstehen kann (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 12. November 1986 aaO und vom 9. Mai 1990 - XII ZB 76/89 - FamRZ 1990, 985, 986).
22
dd) Schließlich geben auch die weitergehenden Erwägungen des Oberlandesgerichts zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien in rechtlicher Hinsicht zu keinen Bedenken Anlass. Es stellt keinen im Rahmen der Billigkeitsabwägung zugunsten des Ehemannes zu berücksichtigenden Umstand dar, dass dieser nach der Trennung der Parteien die mit der Finanzierung des - in seinem Alleineigentum stehenden - Hauses verbundenen Darlehenskosten allein getragen hat, obwohl auch die Ehefrau im Außenverhältnis als Kreditnehmerin für diese Verbindlichkeiten mithaftete. Denn regelmäßig hat derjenige Ehegatte, in dessen Alleineigentum die Immobilie steht und der es nach der Trennung allein nutzt, auch für die Bedienung der gesamtschuldnerisch eingegangenen Verbindlichkeiten allein aufzukommen (Senatsurteil vom 27. November 1996 - XII ZR 43/95 - FamRZ 1997, 487, 488). Im Übrigen hat das Oberlandesgericht mit Recht in die Gesamtbetrachtung einbezogen , dass die Ehefrau einerseits den Ehemann über einen Zeitraum von drei Jahren nicht auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen und andererseits während der Ehezeit keinen Trennungsunterhalt geltend gemacht hat. Soweit die weitere Beschwerde darauf abstellt, dass die Ehefrau durch ihre eigene Erwerbstätigkeit angeblich ein höheres Einkommen als der Ehemann erzielt habe, misst sie dabei dem Gesichtspunkt, dass sich die Erwerbstätigkeit der Ehefrau unterhaltsrechtlich als überobligatorisch dargestellt hat, zu Unrecht keine Bedeutung bei. Darüber hinaus hatte die Ehefrau selbst dann keinen Ehegattenunterhalt von dem Ehemann verlangt, als sie in den Jahren 1987 bis 1989 unstreitig keiner voll- oder teilschichtigen Erwerbstätigkeit nachging und sie grundsätzlich hierzu unterhaltsrechtlich auch nicht verpflichtet gewesen wäre, weil das zu betreuende Kind zu dieser Zeit noch nicht acht Jahre alt war (vgl. Senatsurteile vom 21. Dezember 1988 - IVb ZR 18/88 - FamRZ 1989, 487 und vom 30. November 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292).
23
3. Dennoch kann die angefochtene Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt keinen Bestand mehr haben.
24
a) Das Oberlandesgericht hat die Umrechnung der nicht volldynamischen Anrechte der Ehefrau auf der Grundlage der Barwert-Verordnung in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung vorgenommen. Maßgebend ist nunmehr die durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26. Mai 2003 (BGBl I S. 728) geänderte Fassung der Barwert-Verordnung, gegen deren Anwendung derzeit keine durchgreifenden Bedenken bestehen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2003 - XII ZB 152/01 - FamRZ 2003, 1639, 1640).
25
b) Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da die Einholung neuer Versorgungsauskünfte erforderlich ist.
26
Auf deren Grundlage kann die aktuelle Höhe des für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ruhegeldes für den bereits im Versorgungsbezug stehenden Ehemann ermittelt werden. Hinsichtlich der Berechnung der jährlichen Sonderzahlung (§ 4 a LBesG NW i.V. mit §§ 6, 7 des Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzahlung an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2003, GVBl. S. 696) wird zu beachten sein, dass es auf den Bemessungsfaktor im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ankommt (Senatsbeschluss vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437, 438 m.w.N.).
27
Die Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt hat - wie andere Träger der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes - mit Wirkung zum 1. Januar 2002 das bisherige Gesamtversorgungssystem durch ein "Punktemodell" abgelöst. Die Ehefrau gehörte bei Änderung der Satzung der Zusatzversorgungskasse zu den sog. rentennahen Jahrgän- gen, die nach Maßgabe des § 73 Abs. 2 der Satzung einen Besitzstandsschutz für die auf der Grundlage des alten Rechts erworbenen Anrechte genießen. Ausgangswert für die Berechnung der Startgutschrift an Versorgungspunkten ist danach grundsätzlich die bis zum 31. Dezember 2001 in der Gesamtversorgung erworbene Anwartschaft bei (fiktivem) Eintritt des Versicherungsfalls am 31. Dezember 2001, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Erreichens des 63. Lebensjahres. Anhand einer erneuten Auskunft des Versorgungsträgers wird zu überprüfen sein, ob sich hieraus eine geänderte Bewertung der bis zum 31. Dezember 2001 erworbenen Versorgungsanwartschaften der Ehefrau ergibt. Im Übrigen sind die Anrechte bei Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes, die ihre Satzung nach der von einer Arbeitsgruppe der gemeindlichen Zusatzversorgungskassen erarbeiteten Mustersatzung geändert haben, nach der Neuregelung der Satzung im Anwartschaftsstadium als statisch , im Leistungsstadium als volldynamisch anzusehen (Senatsbeschlüsse vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706: Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden; vom 23. März 2005 - XII ZB 255/03 - FamRZ 2005, 878: Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 209/03 - FamRZ 2005, 1532: Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Thüringen).
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Offenbach am Main, Entscheidung vom 22.01.1999 - 314 F 1070/94 -
OLG Frankfurt, Entscheidung vom 17.08.2000 - 1 UF 59/99 -

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

§ 1592 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wurde und innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung ein Kind geboren wird. Steht fest, dass das Kind mehr als 300 Tage vor seiner Geburt empfangen wurde, so ist dieser Zeitraum maßgebend. Wird von einer Frau, die eine weitere Ehe geschlossen hat, ein Kind geboren, das sowohl nach den Sätzen 1 und 2 Kind des früheren Ehemanns als auch nach § 1592 Nr. 1 Kind des neuen Ehemanns wäre, so ist es nur als Kind des neuen Ehemanns anzusehen. Wird die Vaterschaft angefochten und wird rechtskräftig festgestellt, dass der neue Ehemann nicht Vater des Kindes ist, so ist es Kind des früheren Ehemanns.

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1.
die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,
2.
der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,
3.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
4.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
5.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
6.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
7.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
8.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 144/06 Verkündet am:
16. April 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Abs. 1 Nr. 1

a) Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB kann im Regressprozess
des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders
gelagerten Einzelfällen mit der Folge durchbrochen werden, dass die Vaterschaft
des Beklagten inzident festgestellt werden kann.

b) Nach Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder zum
1. Juli 1998 kommt dies in Betracht, wenn der Kläger andernfalls rechtlos gestellt
wäre, weil weder die Kindesmutter noch der mutmaßliche Erzeuger bereit sind,
dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen (Abgrenzung zu Senatsurteil
BGHZ 121, 299).
BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - OLG Celle
AG Uelzen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 9. August 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch und verlangt im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die Einkünfte des Beklagten.
2
Während der 1989 geschlossenen und am 10. August 2004 geschiedenen Ehe des Klägers mit Petra T. hat diese drei Kinder geboren, nämlich 1992 die Tochter Rebecca, 1994 die Tochter Nina und 1995 den Sohn Jan. Mit rechtskräftigem Urteil des Familiengerichts vom 23. Dezember 2003 wurde festgestellt, dass der Kläger nicht deren Vater ist. Die Vaterschaft zu den drei Kindern ist bisher weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt.
3
Der Beklagte ist der Lebensgefährte der Kindesmutter. Der Kläger behauptet , außer ihm selbst habe nur dieser während der gesetzlichen Empfängniszeiten Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter gehabt.
4
Der Kläger vertritt die Auffassung, seiner Klage stehe nicht entgegen, dass die Vaterschaft des Beklagten nicht feststehe. Denn sowohl der Beklagte als auch die Kindesmutter, die die alleinige Vertreterin der Kinder ist, weigerten sich, die gerichtliche Klärung der Vaterschaft herbeizuführen; auch sei der Beklagte nicht bereit, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNATest mitzuwirken. Unter diesen Umständen sei § 1600d Abs. 4 BGB, demzufolge die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, nicht anwendbar. Vielmehr sei die Vaterschaft des Beklagten im vorliegenden Verfahren zu klären.
5
Das Amtsgericht hat die Klage - in der Auskunftsstufe - insgesamt abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FuR 2006, 574 ff. und OLGR Celle 2007, 138 ff. veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
7
1. Das Oberlandesgericht hat - ebenso wie die Vorinstanz - dahinstehen lassen, ob der Beklagte der biologische Vater der drei während der Ehe der Kindesmutter mit dem Kläger geborenen Kinder ist, und der Stufenklage insgesamt den Erfolg versagt. Der Kläger sei nämlich nach § 1600d Abs. 4 BGB gehindert , den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen, solange die Vaterschaft des Beklagten weder anerkannt noch mit Wirkung für und gegen alle gerichtlich festgestellt sei.
8
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte seine Vaterschaft für die drei Kinder nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern lediglich vorgetragen habe, diese sei nicht geklärt. Das genüge nicht, die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB zu überwinden. Weder könne die Vaterschaft im vorliegenden Regressprozess als Vorfrage inzident festgestellt werden, noch sei es unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte sich auf diese Vorschrift berufe. Aus den gleichen Gründen komme auch ein Anspruch aus § 826 BGB nicht in Betracht, weil es nicht sittenwidrig sei, wenn der Beklagte seine Vaterschaft weder anerkenne noch deren gerichtliche Feststellung betreibe.
9
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
10
2. Mangels entsprechender Feststellungen ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die drei Kinder vom Beklagten abstammen und der Kläger ihnen über Jahre hinweg als vermeintlicher Vater Unterhalt gewährt hat. Folglich ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass dem Kläger der mit seiner Stufenklage geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zusteht (vgl. Erman/Hammermann BGB 12. Aufl. § 1600d Rdn. 38; Staudinger /Rauscher BGB [2004] § 1600d Rdn. 90) und lediglich zu entscheiden ist, ob der Kläger auch dann gemäß § 1600d Abs. 4 BGB gehindert ist, den Anspruch vor Rechtskraft eines die Vaterschaft des Beklagten feststellenden Urteils im Sinne des § 1600d Abs. 1 BGB geltend zu machen, wenn das Kind, seine Mutter oder ein seine eigene Vaterschaft behauptender Mann, die nach § 1600e Abs. 1 Satz 1 BGB allein zur Erhebung einer Vaterschaftsfeststellung befugt sind, die Einleitung eines solchen Verfahrens ablehnen.
11
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 1600d Abs. 4 BGB eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes grundsätzlich ausschließt, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. zu §§ 1600a, 1615b Abs. 2 BGB a.F.). Dem ist die herrschende Meinung weitgehend gefolgt (vgl. Schwonberg FamRZ 2008, 449, 450 m.N. in Fn. 19).
12
b) An dieser Entscheidung hält der Senat jedoch aufgrund inzwischen veränderter Gesetzeslage nicht mehr uneingeschränkt fest:
13
aa) Soweit er darin offen gelassen hat, ob eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. in Betracht kommt, wenn der Scheinvater seinen Anspruch auf Delikt, namentlich auf § 826 BGB, stützen kann, bedarf dies auch hier keiner Entscheidung.
14
bb) In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat sich bereits mit Stimmen in der Literatur auseinander gesetzt, die eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre und eine Zulassung einer Inzidentfeststellung in besonders gelagerten Fällen befürworten (vgl. MünchKomm/Mutschler BGB 3. Aufl. § 1600a Rdn. 15; Raiser FamRZ 1986, 942, 945), und auch darauf hingewiesen , dass die Ausübungssperre nicht uneingeschränkt gilt, sondern § 1600d Abs. 4 BGB Ausnahmen hiervon zulässt, namentlich "soweit sich … aus dem Gesetz anderes ergibt", so etwa im Sozialversicherungsrecht sowie zur Regelung dringender, zeitlich begrenzter Unterhaltsansprüche des Kindes oder der Mutter im Wege einstweiliger Verfügung (§1615o BGB, § 641d ZPO). Eine weitere Ausnahme hatte der Bundesgerichtshof bereits zuvor für den Fall des Regresses gegen den Rechtsanwalt bejaht, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage versäumt hat (BGHZ 72, 299 ff. = FamRZ 1979, 112 ff.).
15
Der Senat hat sich seinerzeit gleichwohl gehindert gesehen, angesichts der Problematik einer "Anspruchsvereitelung trotz bestehender Anspruchsnorm" (Raiser aaO S. 945) von dem Grundsatz der Unzulässigkeit einer Inzidentfeststellung und dem klaren Wortlaut des § 1600a Satz 2 BGB a.F. abzuweichen , und zwar unter anderem aus folgenden Erwägungen:
16
Erstens dürfe aus den aufgezeigten Ausnahmen von dieser Vorschrift nicht auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden. Zweitens liefe dies dem in § 1600a BGB a.F. als Teil der Reform des Nichtehelichenrechts zum Ausdruck gekommenen Bestreben des Gesetzgebers zuwider, dem nichtehelichen Kind durch die Notwendigkeit eines Abstammungsverfahrens nach § 1600d Abs. 1 BGB, § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen. Drittens sei das finanzielle Interesse des Scheinvaters nicht höher zu bewerten als die anerkennenswerten und verfassungsrechtlich geschützten Gründe des Kindes, seine Abstammung zu einem Dritten nicht feststellen zu lassen.
17
cc) Diese Erwägungen gelten im Grundsatz nach wie vor, stehen hier aber wegen der besonderen Umstände des Falles einer Durchbrechung der Rechtsausübungssperre nicht entgegen.
18
Zum einen wird damit nicht in unzulässiger Weise aus einer Ausnahmevorschrift auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen. Der Rechtsprechung ist es unbenommen, den Anwendungsbereich einer gesetzlichen Vorschrift im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken, wenn und soweit dies erforderlich erscheint, in besonders gelagerten Fällen, deren Auswirkungen der Gesetzgeber offensichtlich nicht in vollem Umfang bedacht hat, schlechthin untragbare Ergebnisse zu vermeiden. Dazu bedarf es keiner analogen Erweiterung etwa bestehender Ausnahmevorschriften; deren Existenz kann aber bei der Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob der Gesetzgeber die in der grundlegenden Norm aufgestellte Regelung als unabdingbar angesehen hat oder jedenfalls bestimmte Ausnahmen für möglich hielt.
19
Zum anderen kann eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB dem Bestreben, dem nichtehelichen Kind einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum biologischen Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen, ausnahmsweise dann nicht zuwiderlaufen, wenn dieses Ziel aufgrund besonderer Umstände auf lange Zeit ohnehin faktisch nicht erreicht werden kann. Das ist hier beispielsweise der Fall, weil weder die die Kinder allein vertretende Mutter noch der Beklagte als möglicher biologischer Vater bereit sind, dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.
20
Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen Zweifel geäußert , ob und in welchem Umfang ein Kind ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung hat (BVerfGE FamRZ 2007, 441, 444 unter B I 3 b aa [1]), wie der Senat bislang angenommen hatte (vgl. Senatsurteile BGHZ 121, 299, 303 f. = FamRZ 1993, 696, 697 und BGHZ 162, 1, 5 = FamRZ 2005, 340, 341). Der Senat hält deshalb nicht mehr daran fest, dass demgegenüber das finanzielle Interesse des Scheinvaters gegenüber dem ihm möglicherweise regresspflichtigen Erzeuger stets zurückzustehen habe.
21
dd) Inzwischen hat sich die Rechtslage, vor deren Hintergrund 1993 die Senatsentscheidung BGHZ 121, 299 (= FamRZ 1993, 696 f.) getroffen worden war, in zwei Punkten entscheidend geändert.
22
(1) Zum einen weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass bis zum 30. Juni 1998 in den alten Bundesländern die alleinsorgeberechtigte Mutter ihr nichteheliches Kind nicht vertreten konnte, soweit es um die Feststellung der Vaterschaft ging; insoweit stand die gesetzliche Vertretung gemäß §§ 1706, 1709 BGB a.F. dem Jugendamt als Pfleger zu, das in aller Regel im Interesse des Kindes ein solches Verfahren einleitete. Mit Rücksicht darauf schien es vertretbar , den Scheinvater wegen der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. darauf zu verweisen, den rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens abzuwarten, bevor er den als Vater festgestellten Erzeuger des Kindes gemäß § 1615b Abs. 2 BGB a.F. auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen konnte. Denn dies führte, von extremen Ausnahmefällen abgesehen, allenfalls zu einer Verzögerung der Durchsetzung seines bereits bestehenden gesetzlichen Anspruchs, nicht aber zu dessen dauernder Vereitelung.
23
Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuregelung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist jedoch die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Dies hat zur Folge, dass es, solange der potentielle Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, bis zur Volljährigkeit des Kindes allein vom Willen der Mutter abhängt, ob sie ihrerseits Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt oder nicht. Unterlässt sie dies, kann ihr die Vertretung des Kindes auch nicht nach § 1796 BGB durch das Familiengericht entzogen werden, § 1629 Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB. Der Scheinvater selbst ist für eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft nicht klagebefugt, § 1600e Abs. 1 BGB.
24
Damit würde sich bei der vom Senat in BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. bislang vertretenen Auffassung zu § 1600d Abs. 4 BGB der Rückgriffsanspruch des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes nunmehr in einer Vielzahl von Fällen als undurchsetzbar erweisen, nämlich immer dann, wenn weder dieser noch die Kindesmutter - aus welchen Motiven auch immer - von dem ihnen allein zustehenden Recht, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, keinen Gebrauch machen.
25
(2) Zum anderen ist diese Entscheidung des Senats vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Frage der Abstammung eines Kindes seinerzeit allein in dem dafür vorgesehenen besonderen Verfahren in Kindschaftssachen (§ 640 ZPO) zu klären war und der Grundsatz der Statuswahrheit es verlangte, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung hätte beeinträchtigen können. Auch dies gilt inzwischen nicht mehr uneingeschränkt. Durch das am 1. April 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I 441) hat der Gesetzgeber ein Verfahren zur Verfügung gestellt, das der Klärung der Abstammung dient und es gleichwohl zulässt , die sich gegebenenfalls als unzutreffend erweisende statusrechtliche Zuordnung des Kindes unverändert zu lassen. Allerdings steht dieses Verfahren nur dem Kind und seinen Eltern zu, nicht aber einem Dritten.
26
In diesem neuartigen Verfahren wird zwar keine gerichtliche Feststellung über die Abstammung getroffen; sie ermöglicht aber eine gutachterliche Feststellung , deren Beweiswert bei Befolgung der anerkannten Regeln der DNAAnalyse regelmäßig keinen vernünftigen Zweifel mehr zulässt. Es handelt sich mithin um ein gerichtsförmiges Verfahren, das Gewissheit über die tatsächliche Abstammung herbeiführen soll, einen dieser Erkenntnis entgegenstehenden Status des Kindes aber unberührt lässt.
27
Angesichts dieser neuen Rechtslage erscheint es gerechtfertigt, Bedenken gegen eine Inzidentfeststellung zurückzustellen, die sich darauf gründen, dass ein bestehender Status des Kindes nicht außerhalb eines Statusverfahrens durch Feststellungen zur biologischen Abstammung hinterfragt werden soll. Denn auch eine Inzidentfeststellung der Abstammung im Regressprozess des Scheinvaters gegen den Erzeuger erwächst nicht in Rechtskraft, nicht einmal zwischen den Parteien dieses Prozesses, und führt deshalb auch nicht zur Feststellung einer "relativen Vaterschaft" (entgegen OLG Hamm FamRZ 2003, 401, 402). Sie ist vielmehr lediglich Vorfrage für das Bestehen des Anspruchs (vgl. Schwonberg aaO S. 453).
28
c) Nach alledem ist eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess des Scheinvaters nicht schlechthin ausgeschlossen. Sie ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
29
aa) Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht, wenn - wie hier - davon auszugehen ist, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben. Wird eine solche Vaterschaftsfeststel- lungsklage allerdings während der Rechtshängigkeit des Scheinvaterregresses des Scheinvaters erhoben, wird das Regressverfahren auszusetzen sein.
30
Hingegen ist auch unter diesen Umständen eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB nicht schon dann gerechtfertigt , wenn der Kläger die Vaterschaft des Beklagten "ins Blaue hinein" behauptet und sie erst durch ein Vaterschaftsgutachten bewiesen werden soll. Vielmehr werden zumindest die Voraussetzungen darzulegen sein, an die § 1600d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft knüpft. Darüber wird gegebenenfalls Beweis zu erheben sein, ehe die Einholung eines Vaterschaftsgutachtens in Betracht kommt. Sind diese Voraussetzungen unstreitig oder reicht die Beweisaufnahme aus, das Gericht gemäß § 286 ZPO von ihrem Vorliegen zu überzeugen , dürfte sich die Einholung eines solchen Gutachtens erübrigen, es sei denn, dass nunmehr der Beklagte die Einholung eines solchen Gutachtens beantragt , um die Vermutung seiner Vaterschaft zu entkräften. Denn an den Beweis sind im Rahmen einer solchen Zahlungsklage nicht die Anforderungen zu stellen, die eine inter omnes wirkende Vaterschaftsfeststellung erfordert.
31
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt eine solche Klage regelmäßig auch nicht die Mitwirkung der Mutter und des Kindes an einem (weiteren ) DNA-Test voraus. Ist dem Verfahren - wie hier - ein erfolgreiches Vaterschaftsanfechtungsverfahren vorausgegangen, liegen die insoweit erforderlichen Untersuchungsergebnisse regelmäßig bereits vor, so dass sich eine etwa erforderliche weitere Begutachtung auf die Analyse der entsprechenden Merkmale des Beklagten und deren Vergleich mit den bereits vorliegenden Ergebnissen beschränken kann.
32
bb) Die Beweisaufnahme in einem solchen Regressprozess berührt zwar auch die verfassungsrechtlich geschützten Interessen Dritter, hier der Mutter und des Kindes bzw. der Kinder, sowie Interessen des Beklagten selbst.
33
Das Interesse des Beklagten, nicht auf Erstattung des Unterhalts in Anspruch genommen zu werden, ist allerdings nach der gesetzlichen Wertung des § 1607 Abs. 3 BGB nicht schutzwürdig (vgl. Schwonberg aaO S. 452). Sein Interesse , im Falle der Anordnung eines Sachverständigengutachtens seine genetischen Daten nicht preisgeben zu müssen, ist hinreichend dadurch geschützt , dass er die Mitwirkung an der Begutachtung verweigern und die Rechtmäßigkeit seiner Weigerung nach §§ 372a Abs. 2 Satz 1, 387 Abs. 1 ZPO in einem Zwischenstreit geltend machen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 283, 290 = FamRZ 2006, 686, 688 und Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 199/05 - FamRZ 2007, 1728, 1729).
34
Ein schützenswertes Interesse der Kindesmutter, eine eheliche Untreue nicht offenbaren zu müssen, kommt in Fällen der vorliegenden Art schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Untreue bereits durch den Erfolg des vorausgegangenen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens offenbar geworden ist. Ihr Interesse , einem Dritten keinen weitergehenden Einblick in ihr Sexualleben zu gewähren, kann die Kindesmutter bereits dadurch wahren, dass sie als frühere Ehefrau des Klägers von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Gebrauch macht. Für ein Interesse, im Falle der Zeugung des Kindes durch Inzest oder Vergewaltigung eine Feststellung des biologischen Vaters zu vermeiden (vgl. Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2007] § 1629 Rdn. 95), werden regelmäßig keine Anhaltspunkte vorliegen.
35
Nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung geht das Interesse des Kindes regelmäßig auf Kenntnis seines wirklichen Erzeugers (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1972 - IV ZR 53/71 - NJW 1972, 1708) und nicht auf Beibehaltung eines "vaterlosen" Zustandes. Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft (oder auch der Nichtvaterschaft) des Beklagten steht dem Interesse des Kindes somit in aller Regel nicht entgegen. Etwas anderes könnte sich allerdings ergeben, wenn der Beklagte - wie hier - mit der Kindesmutter zusammenlebt und beide mit dem Kind eine Familie bilden. Hier könnte eine Inzidentfeststellung mit dem Ergebnis, dass der Beklagte nicht der Erzeuger des Kindes ist, dessen Interesse an der Wahrung der neuen sozial-familiären Bindung zum Beklagten beeinträchtigen , vor allem, wenn bereits das Vaterschaftsanfechtungsverfahren das Vertrauen des Kindes in den Fortbestand seiner Bindung zu dem Kläger als bisherigem rechtlichen Vater erschüttert hatte und nunmehr seine danach aufgebaute Bindung zu dem Lebensgefährten der Mutter erneut erschüttert zu werden droht.
36
Sollten sich im Einzelfall Anhaltspunkte dafür ergeben, dass durch die Inzidentfeststellung der Vaterschaft in höherrangige verfassungsrechtlich geschützte Rechte Dritter eingegriffen werden könnte, wird das Gericht diesen Bedenken aber von Amts wegen nachgehen können und müssen. Denn die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB ist von Amts wegen zu beachten (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 146 f.; Schwonberg aaO S. 453). Ob sie im Einzelfall ausnahmsweise durchbrochen werden kann, ist daher ebenfalls von Amts wegen unter Berücksichtigung aller hierfür maßgeblichen Umstände zu prüfen.
37
3. Die angefochtene Entscheidung kann daher nicht bestehen bleiben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zum Grund und zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs und insbesondere zur Passivlegitimation des Beklagten getroffen hat. Die erneute Verhandlung gibt dem Berufungsge- richt Gelegenheit, dies nachzuholen, sofern nicht im Rahmen der erneuten Amtsprüfung Umstände im Sinne des vorstehenden Absatzes bekannt werden, die der hier grundsätzlich bejahten Durchbrechung der Rechtsausübungssperre im vorliegenden Einzelfall entgegenstehen.
Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt Dose verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 10.01.2006 - 3b F 1022/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.08.2006 - 15 UF 46/06 -

§ 1592 Nr. 1 gilt entsprechend, wenn die Ehe durch Tod aufgelöst wurde und innerhalb von 300 Tagen nach der Auflösung ein Kind geboren wird. Steht fest, dass das Kind mehr als 300 Tage vor seiner Geburt empfangen wurde, so ist dieser Zeitraum maßgebend. Wird von einer Frau, die eine weitere Ehe geschlossen hat, ein Kind geboren, das sowohl nach den Sätzen 1 und 2 Kind des früheren Ehemanns als auch nach § 1592 Nr. 1 Kind des neuen Ehemanns wäre, so ist es nur als Kind des neuen Ehemanns anzusehen. Wird die Vaterschaft angefochten und wird rechtskräftig festgestellt, dass der neue Ehemann nicht Vater des Kindes ist, so ist es Kind des früheren Ehemanns.

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 144/06 Verkündet am:
16. April 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Abs. 1 Nr. 1

a) Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB kann im Regressprozess
des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders
gelagerten Einzelfällen mit der Folge durchbrochen werden, dass die Vaterschaft
des Beklagten inzident festgestellt werden kann.

b) Nach Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder zum
1. Juli 1998 kommt dies in Betracht, wenn der Kläger andernfalls rechtlos gestellt
wäre, weil weder die Kindesmutter noch der mutmaßliche Erzeuger bereit sind,
dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen (Abgrenzung zu Senatsurteil
BGHZ 121, 299).
BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - OLG Celle
AG Uelzen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 9. August 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch und verlangt im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die Einkünfte des Beklagten.
2
Während der 1989 geschlossenen und am 10. August 2004 geschiedenen Ehe des Klägers mit Petra T. hat diese drei Kinder geboren, nämlich 1992 die Tochter Rebecca, 1994 die Tochter Nina und 1995 den Sohn Jan. Mit rechtskräftigem Urteil des Familiengerichts vom 23. Dezember 2003 wurde festgestellt, dass der Kläger nicht deren Vater ist. Die Vaterschaft zu den drei Kindern ist bisher weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt.
3
Der Beklagte ist der Lebensgefährte der Kindesmutter. Der Kläger behauptet , außer ihm selbst habe nur dieser während der gesetzlichen Empfängniszeiten Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter gehabt.
4
Der Kläger vertritt die Auffassung, seiner Klage stehe nicht entgegen, dass die Vaterschaft des Beklagten nicht feststehe. Denn sowohl der Beklagte als auch die Kindesmutter, die die alleinige Vertreterin der Kinder ist, weigerten sich, die gerichtliche Klärung der Vaterschaft herbeizuführen; auch sei der Beklagte nicht bereit, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNATest mitzuwirken. Unter diesen Umständen sei § 1600d Abs. 4 BGB, demzufolge die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, nicht anwendbar. Vielmehr sei die Vaterschaft des Beklagten im vorliegenden Verfahren zu klären.
5
Das Amtsgericht hat die Klage - in der Auskunftsstufe - insgesamt abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FuR 2006, 574 ff. und OLGR Celle 2007, 138 ff. veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
7
1. Das Oberlandesgericht hat - ebenso wie die Vorinstanz - dahinstehen lassen, ob der Beklagte der biologische Vater der drei während der Ehe der Kindesmutter mit dem Kläger geborenen Kinder ist, und der Stufenklage insgesamt den Erfolg versagt. Der Kläger sei nämlich nach § 1600d Abs. 4 BGB gehindert , den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen, solange die Vaterschaft des Beklagten weder anerkannt noch mit Wirkung für und gegen alle gerichtlich festgestellt sei.
8
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte seine Vaterschaft für die drei Kinder nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern lediglich vorgetragen habe, diese sei nicht geklärt. Das genüge nicht, die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB zu überwinden. Weder könne die Vaterschaft im vorliegenden Regressprozess als Vorfrage inzident festgestellt werden, noch sei es unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte sich auf diese Vorschrift berufe. Aus den gleichen Gründen komme auch ein Anspruch aus § 826 BGB nicht in Betracht, weil es nicht sittenwidrig sei, wenn der Beklagte seine Vaterschaft weder anerkenne noch deren gerichtliche Feststellung betreibe.
9
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
10
2. Mangels entsprechender Feststellungen ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die drei Kinder vom Beklagten abstammen und der Kläger ihnen über Jahre hinweg als vermeintlicher Vater Unterhalt gewährt hat. Folglich ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass dem Kläger der mit seiner Stufenklage geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zusteht (vgl. Erman/Hammermann BGB 12. Aufl. § 1600d Rdn. 38; Staudinger /Rauscher BGB [2004] § 1600d Rdn. 90) und lediglich zu entscheiden ist, ob der Kläger auch dann gemäß § 1600d Abs. 4 BGB gehindert ist, den Anspruch vor Rechtskraft eines die Vaterschaft des Beklagten feststellenden Urteils im Sinne des § 1600d Abs. 1 BGB geltend zu machen, wenn das Kind, seine Mutter oder ein seine eigene Vaterschaft behauptender Mann, die nach § 1600e Abs. 1 Satz 1 BGB allein zur Erhebung einer Vaterschaftsfeststellung befugt sind, die Einleitung eines solchen Verfahrens ablehnen.
11
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 1600d Abs. 4 BGB eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes grundsätzlich ausschließt, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. zu §§ 1600a, 1615b Abs. 2 BGB a.F.). Dem ist die herrschende Meinung weitgehend gefolgt (vgl. Schwonberg FamRZ 2008, 449, 450 m.N. in Fn. 19).
12
b) An dieser Entscheidung hält der Senat jedoch aufgrund inzwischen veränderter Gesetzeslage nicht mehr uneingeschränkt fest:
13
aa) Soweit er darin offen gelassen hat, ob eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. in Betracht kommt, wenn der Scheinvater seinen Anspruch auf Delikt, namentlich auf § 826 BGB, stützen kann, bedarf dies auch hier keiner Entscheidung.
14
bb) In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat sich bereits mit Stimmen in der Literatur auseinander gesetzt, die eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre und eine Zulassung einer Inzidentfeststellung in besonders gelagerten Fällen befürworten (vgl. MünchKomm/Mutschler BGB 3. Aufl. § 1600a Rdn. 15; Raiser FamRZ 1986, 942, 945), und auch darauf hingewiesen , dass die Ausübungssperre nicht uneingeschränkt gilt, sondern § 1600d Abs. 4 BGB Ausnahmen hiervon zulässt, namentlich "soweit sich … aus dem Gesetz anderes ergibt", so etwa im Sozialversicherungsrecht sowie zur Regelung dringender, zeitlich begrenzter Unterhaltsansprüche des Kindes oder der Mutter im Wege einstweiliger Verfügung (§1615o BGB, § 641d ZPO). Eine weitere Ausnahme hatte der Bundesgerichtshof bereits zuvor für den Fall des Regresses gegen den Rechtsanwalt bejaht, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage versäumt hat (BGHZ 72, 299 ff. = FamRZ 1979, 112 ff.).
15
Der Senat hat sich seinerzeit gleichwohl gehindert gesehen, angesichts der Problematik einer "Anspruchsvereitelung trotz bestehender Anspruchsnorm" (Raiser aaO S. 945) von dem Grundsatz der Unzulässigkeit einer Inzidentfeststellung und dem klaren Wortlaut des § 1600a Satz 2 BGB a.F. abzuweichen , und zwar unter anderem aus folgenden Erwägungen:
16
Erstens dürfe aus den aufgezeigten Ausnahmen von dieser Vorschrift nicht auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden. Zweitens liefe dies dem in § 1600a BGB a.F. als Teil der Reform des Nichtehelichenrechts zum Ausdruck gekommenen Bestreben des Gesetzgebers zuwider, dem nichtehelichen Kind durch die Notwendigkeit eines Abstammungsverfahrens nach § 1600d Abs. 1 BGB, § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen. Drittens sei das finanzielle Interesse des Scheinvaters nicht höher zu bewerten als die anerkennenswerten und verfassungsrechtlich geschützten Gründe des Kindes, seine Abstammung zu einem Dritten nicht feststellen zu lassen.
17
cc) Diese Erwägungen gelten im Grundsatz nach wie vor, stehen hier aber wegen der besonderen Umstände des Falles einer Durchbrechung der Rechtsausübungssperre nicht entgegen.
18
Zum einen wird damit nicht in unzulässiger Weise aus einer Ausnahmevorschrift auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen. Der Rechtsprechung ist es unbenommen, den Anwendungsbereich einer gesetzlichen Vorschrift im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken, wenn und soweit dies erforderlich erscheint, in besonders gelagerten Fällen, deren Auswirkungen der Gesetzgeber offensichtlich nicht in vollem Umfang bedacht hat, schlechthin untragbare Ergebnisse zu vermeiden. Dazu bedarf es keiner analogen Erweiterung etwa bestehender Ausnahmevorschriften; deren Existenz kann aber bei der Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob der Gesetzgeber die in der grundlegenden Norm aufgestellte Regelung als unabdingbar angesehen hat oder jedenfalls bestimmte Ausnahmen für möglich hielt.
19
Zum anderen kann eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB dem Bestreben, dem nichtehelichen Kind einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum biologischen Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen, ausnahmsweise dann nicht zuwiderlaufen, wenn dieses Ziel aufgrund besonderer Umstände auf lange Zeit ohnehin faktisch nicht erreicht werden kann. Das ist hier beispielsweise der Fall, weil weder die die Kinder allein vertretende Mutter noch der Beklagte als möglicher biologischer Vater bereit sind, dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.
20
Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen Zweifel geäußert , ob und in welchem Umfang ein Kind ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung hat (BVerfGE FamRZ 2007, 441, 444 unter B I 3 b aa [1]), wie der Senat bislang angenommen hatte (vgl. Senatsurteile BGHZ 121, 299, 303 f. = FamRZ 1993, 696, 697 und BGHZ 162, 1, 5 = FamRZ 2005, 340, 341). Der Senat hält deshalb nicht mehr daran fest, dass demgegenüber das finanzielle Interesse des Scheinvaters gegenüber dem ihm möglicherweise regresspflichtigen Erzeuger stets zurückzustehen habe.
21
dd) Inzwischen hat sich die Rechtslage, vor deren Hintergrund 1993 die Senatsentscheidung BGHZ 121, 299 (= FamRZ 1993, 696 f.) getroffen worden war, in zwei Punkten entscheidend geändert.
22
(1) Zum einen weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass bis zum 30. Juni 1998 in den alten Bundesländern die alleinsorgeberechtigte Mutter ihr nichteheliches Kind nicht vertreten konnte, soweit es um die Feststellung der Vaterschaft ging; insoweit stand die gesetzliche Vertretung gemäß §§ 1706, 1709 BGB a.F. dem Jugendamt als Pfleger zu, das in aller Regel im Interesse des Kindes ein solches Verfahren einleitete. Mit Rücksicht darauf schien es vertretbar , den Scheinvater wegen der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. darauf zu verweisen, den rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens abzuwarten, bevor er den als Vater festgestellten Erzeuger des Kindes gemäß § 1615b Abs. 2 BGB a.F. auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen konnte. Denn dies führte, von extremen Ausnahmefällen abgesehen, allenfalls zu einer Verzögerung der Durchsetzung seines bereits bestehenden gesetzlichen Anspruchs, nicht aber zu dessen dauernder Vereitelung.
23
Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuregelung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist jedoch die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Dies hat zur Folge, dass es, solange der potentielle Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, bis zur Volljährigkeit des Kindes allein vom Willen der Mutter abhängt, ob sie ihrerseits Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt oder nicht. Unterlässt sie dies, kann ihr die Vertretung des Kindes auch nicht nach § 1796 BGB durch das Familiengericht entzogen werden, § 1629 Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB. Der Scheinvater selbst ist für eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft nicht klagebefugt, § 1600e Abs. 1 BGB.
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Damit würde sich bei der vom Senat in BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. bislang vertretenen Auffassung zu § 1600d Abs. 4 BGB der Rückgriffsanspruch des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes nunmehr in einer Vielzahl von Fällen als undurchsetzbar erweisen, nämlich immer dann, wenn weder dieser noch die Kindesmutter - aus welchen Motiven auch immer - von dem ihnen allein zustehenden Recht, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, keinen Gebrauch machen.
25
(2) Zum anderen ist diese Entscheidung des Senats vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Frage der Abstammung eines Kindes seinerzeit allein in dem dafür vorgesehenen besonderen Verfahren in Kindschaftssachen (§ 640 ZPO) zu klären war und der Grundsatz der Statuswahrheit es verlangte, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung hätte beeinträchtigen können. Auch dies gilt inzwischen nicht mehr uneingeschränkt. Durch das am 1. April 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I 441) hat der Gesetzgeber ein Verfahren zur Verfügung gestellt, das der Klärung der Abstammung dient und es gleichwohl zulässt , die sich gegebenenfalls als unzutreffend erweisende statusrechtliche Zuordnung des Kindes unverändert zu lassen. Allerdings steht dieses Verfahren nur dem Kind und seinen Eltern zu, nicht aber einem Dritten.
26
In diesem neuartigen Verfahren wird zwar keine gerichtliche Feststellung über die Abstammung getroffen; sie ermöglicht aber eine gutachterliche Feststellung , deren Beweiswert bei Befolgung der anerkannten Regeln der DNAAnalyse regelmäßig keinen vernünftigen Zweifel mehr zulässt. Es handelt sich mithin um ein gerichtsförmiges Verfahren, das Gewissheit über die tatsächliche Abstammung herbeiführen soll, einen dieser Erkenntnis entgegenstehenden Status des Kindes aber unberührt lässt.
27
Angesichts dieser neuen Rechtslage erscheint es gerechtfertigt, Bedenken gegen eine Inzidentfeststellung zurückzustellen, die sich darauf gründen, dass ein bestehender Status des Kindes nicht außerhalb eines Statusverfahrens durch Feststellungen zur biologischen Abstammung hinterfragt werden soll. Denn auch eine Inzidentfeststellung der Abstammung im Regressprozess des Scheinvaters gegen den Erzeuger erwächst nicht in Rechtskraft, nicht einmal zwischen den Parteien dieses Prozesses, und führt deshalb auch nicht zur Feststellung einer "relativen Vaterschaft" (entgegen OLG Hamm FamRZ 2003, 401, 402). Sie ist vielmehr lediglich Vorfrage für das Bestehen des Anspruchs (vgl. Schwonberg aaO S. 453).
28
c) Nach alledem ist eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess des Scheinvaters nicht schlechthin ausgeschlossen. Sie ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
29
aa) Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht, wenn - wie hier - davon auszugehen ist, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben. Wird eine solche Vaterschaftsfeststel- lungsklage allerdings während der Rechtshängigkeit des Scheinvaterregresses des Scheinvaters erhoben, wird das Regressverfahren auszusetzen sein.
30
Hingegen ist auch unter diesen Umständen eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB nicht schon dann gerechtfertigt , wenn der Kläger die Vaterschaft des Beklagten "ins Blaue hinein" behauptet und sie erst durch ein Vaterschaftsgutachten bewiesen werden soll. Vielmehr werden zumindest die Voraussetzungen darzulegen sein, an die § 1600d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft knüpft. Darüber wird gegebenenfalls Beweis zu erheben sein, ehe die Einholung eines Vaterschaftsgutachtens in Betracht kommt. Sind diese Voraussetzungen unstreitig oder reicht die Beweisaufnahme aus, das Gericht gemäß § 286 ZPO von ihrem Vorliegen zu überzeugen , dürfte sich die Einholung eines solchen Gutachtens erübrigen, es sei denn, dass nunmehr der Beklagte die Einholung eines solchen Gutachtens beantragt , um die Vermutung seiner Vaterschaft zu entkräften. Denn an den Beweis sind im Rahmen einer solchen Zahlungsklage nicht die Anforderungen zu stellen, die eine inter omnes wirkende Vaterschaftsfeststellung erfordert.
31
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt eine solche Klage regelmäßig auch nicht die Mitwirkung der Mutter und des Kindes an einem (weiteren ) DNA-Test voraus. Ist dem Verfahren - wie hier - ein erfolgreiches Vaterschaftsanfechtungsverfahren vorausgegangen, liegen die insoweit erforderlichen Untersuchungsergebnisse regelmäßig bereits vor, so dass sich eine etwa erforderliche weitere Begutachtung auf die Analyse der entsprechenden Merkmale des Beklagten und deren Vergleich mit den bereits vorliegenden Ergebnissen beschränken kann.
32
bb) Die Beweisaufnahme in einem solchen Regressprozess berührt zwar auch die verfassungsrechtlich geschützten Interessen Dritter, hier der Mutter und des Kindes bzw. der Kinder, sowie Interessen des Beklagten selbst.
33
Das Interesse des Beklagten, nicht auf Erstattung des Unterhalts in Anspruch genommen zu werden, ist allerdings nach der gesetzlichen Wertung des § 1607 Abs. 3 BGB nicht schutzwürdig (vgl. Schwonberg aaO S. 452). Sein Interesse , im Falle der Anordnung eines Sachverständigengutachtens seine genetischen Daten nicht preisgeben zu müssen, ist hinreichend dadurch geschützt , dass er die Mitwirkung an der Begutachtung verweigern und die Rechtmäßigkeit seiner Weigerung nach §§ 372a Abs. 2 Satz 1, 387 Abs. 1 ZPO in einem Zwischenstreit geltend machen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 283, 290 = FamRZ 2006, 686, 688 und Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 199/05 - FamRZ 2007, 1728, 1729).
34
Ein schützenswertes Interesse der Kindesmutter, eine eheliche Untreue nicht offenbaren zu müssen, kommt in Fällen der vorliegenden Art schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Untreue bereits durch den Erfolg des vorausgegangenen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens offenbar geworden ist. Ihr Interesse , einem Dritten keinen weitergehenden Einblick in ihr Sexualleben zu gewähren, kann die Kindesmutter bereits dadurch wahren, dass sie als frühere Ehefrau des Klägers von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Gebrauch macht. Für ein Interesse, im Falle der Zeugung des Kindes durch Inzest oder Vergewaltigung eine Feststellung des biologischen Vaters zu vermeiden (vgl. Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2007] § 1629 Rdn. 95), werden regelmäßig keine Anhaltspunkte vorliegen.
35
Nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung geht das Interesse des Kindes regelmäßig auf Kenntnis seines wirklichen Erzeugers (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1972 - IV ZR 53/71 - NJW 1972, 1708) und nicht auf Beibehaltung eines "vaterlosen" Zustandes. Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft (oder auch der Nichtvaterschaft) des Beklagten steht dem Interesse des Kindes somit in aller Regel nicht entgegen. Etwas anderes könnte sich allerdings ergeben, wenn der Beklagte - wie hier - mit der Kindesmutter zusammenlebt und beide mit dem Kind eine Familie bilden. Hier könnte eine Inzidentfeststellung mit dem Ergebnis, dass der Beklagte nicht der Erzeuger des Kindes ist, dessen Interesse an der Wahrung der neuen sozial-familiären Bindung zum Beklagten beeinträchtigen , vor allem, wenn bereits das Vaterschaftsanfechtungsverfahren das Vertrauen des Kindes in den Fortbestand seiner Bindung zu dem Kläger als bisherigem rechtlichen Vater erschüttert hatte und nunmehr seine danach aufgebaute Bindung zu dem Lebensgefährten der Mutter erneut erschüttert zu werden droht.
36
Sollten sich im Einzelfall Anhaltspunkte dafür ergeben, dass durch die Inzidentfeststellung der Vaterschaft in höherrangige verfassungsrechtlich geschützte Rechte Dritter eingegriffen werden könnte, wird das Gericht diesen Bedenken aber von Amts wegen nachgehen können und müssen. Denn die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB ist von Amts wegen zu beachten (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 146 f.; Schwonberg aaO S. 453). Ob sie im Einzelfall ausnahmsweise durchbrochen werden kann, ist daher ebenfalls von Amts wegen unter Berücksichtigung aller hierfür maßgeblichen Umstände zu prüfen.
37
3. Die angefochtene Entscheidung kann daher nicht bestehen bleiben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zum Grund und zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs und insbesondere zur Passivlegitimation des Beklagten getroffen hat. Die erneute Verhandlung gibt dem Berufungsge- richt Gelegenheit, dies nachzuholen, sofern nicht im Rahmen der erneuten Amtsprüfung Umstände im Sinne des vorstehenden Absatzes bekannt werden, die der hier grundsätzlich bejahten Durchbrechung der Rechtsausübungssperre im vorliegenden Einzelfall entgegenstehen.
Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt Dose verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 10.01.2006 - 3b F 1022/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.08.2006 - 15 UF 46/06 -

(1) § 1592 Nr. 1 und 2 und § 1593 gelten nicht, wenn auf Grund einer Anfechtung rechtskräftig festgestellt ist, dass der Mann nicht der Vater des Kindes ist.

(2) § 1592 Nr. 1 und § 1593 gelten auch nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt; § 1594 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Neben den nach den §§ 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist; für diese Zustimmung gelten § 1594 Abs. 3 und 4, § 1596 Abs. 1 Satz 1 bis 3, Abs. 3 und 4, § 1597 Abs. 1 und 2 und § 1598 Abs. 1 entsprechend. Die Anerkennung wird frühestens mit Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses wirksam.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 224/03
vom
4. Juli 2007
in der Kindschaftssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO §§ 66, 621 Abs. 1 Nr. 10, 621 a Abs. 1; BGB § 1600 e Abs. 2; FGG §§ 20
Abs. 1, 56 c
Im postmortalen Vaterschaftsanfechtungsverfahren nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 10,
621 a Abs. 1 ZPO, § 1600 e Abs. 2 BGB, § 56 c FGG ist es dem als Erzeuger
des Kindes in Betracht kommenden Mann verwehrt, sich als Nebenintervenient
mit dem Ziel der Abweisung der Klage zu beteiligen und gegen die stattgebende
Entscheidung Beschwerde einzulegen.
BGH, Beschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 224/03 - OLG Dresden
AG Weißwasser
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. Juli 2007 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 22. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. September 2003 wird auf Kosten des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen. Beschwerdewert: 3.000 €

Gründe:

I.

1
Der Antragsteller ist am 12. Oktober 1963 während der Ehe seiner Mutter mit dem am 7. September 1970 verstorbenen H. geboren worden. Er hat die Feststellung beantragt, dass H. nicht sein Vater sei. Dabei hat der Antragsteller geltend gemacht, erst im Oktober 2002 erfahren zu haben, sein leiblicher Vater sei B. Mit diesem habe seine Mutter während der Empfängniszeit ein außereheliches Verhältnis gehabt.
2
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Mutter des Antragstellers und B. als Zeugen vernommen. Die Mutter hat ausgesagt, in der gesetzlichen Empfängniszeit vom 16. Dezember 1962 bis 14. April 1963 außer mit ihrem Ehemann auch einmal, nämlich am 14. Januar 1963, mit B. verkehrt zu haben. Als sie schwanger geworden sei, habe sie sogleich vermutet, dass das Kind von B. abstamme. Dieser hat bei seiner Vernehmung den Verkehr mit der Mutter des Antragstellers eingeräumt, aber bekundet, sich nicht daran zu erinnern, wann dieser stattgefunden habe.
3
Daraufhin hat das Amtsgericht mit am 19. Juni 2003 verkündetem Beschluss dem Antrag mit der Begründung entsprochen, aufgrund der glaubhaften Darstellung der Kindesmutter stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Verkehr mit B. am 14. Januar 1963 zur Empfängnis geführt habe. Die Kindesmutter habe nämlich ausgeschlossen, dass ihr verstorbener Ehemann der Vater des Antragstellers sei.
4
Mit am 30. Juni 2003 beim Amtsgericht - Familiengericht - eingegangenem Schriftsatz erklärte B., er trete dem Anfechtungsverfahren auf Seiten des verstorbenen H. als Nebenintervenient bei und beantrage, "die Klage abzuweisen". Nach gerichtlichem Hinweis auf den bereits erfolgten Verfahrensabschluss hat B. mit am 23. Juli 2003 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz als Nebenintervenient "für den Antragsgegner" befristete Beschwerde gegen den Beschluss vom 19. Juni 2003 eingelegt, vorsorglich für den Fall der Fristversäumung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und sich u.a. darauf berufen, der Antragsteller habe entgegen seinem Vorbringen die Anfechtungsfrist des § 1600 b Abs. 1 BGB versäumt. Das Oberlandesgericht hat das Rechtsmittel als unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des B.

II.

5
Die statthafte (§§ 621 e Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
6
1. Das Oberlandesgericht ist der Auffassung, B. könne dem Verfahren nicht als Nebenintervenient beitreten und auch nicht in dieser Eigenschaft Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Amtsgerichts einlegen. Da der Antragsteller eine Klage auf Anfechtung der Vaterschaft gegen H. nur zu dessen Lebzeiten hätte erheben können, dieser aber bei Antragstellung bereits verstorben gewesen sei, sei das Anfechtungsverfahren als einseitiges Antragsverfahren nach §§ 621 a Abs. 1 ZPO, 56 c FGG durchzuführen. In diesem Verfahren fehle es aber an einem Antragsgegner, auf dessen Seite B. entsprechend seinem Interesse an einer erfolglosen Anfechtung beitreten könne. Im Übrigen sei B. als potentieller Vater auch nicht wegen Verletzung subjektiver Rechte beschwerdeberechtigt (§ 20 Abs. 1 FGG). Erst durch die Anerkennung oder die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft werde eine rechtsbedeutsame Stellung zwischen B. und dem Antragsteller begründet, nicht aber bereits durch die erfolgreiche Anfechtung der Vaterschaft des verstorbenen H. Das Amtsgericht habe B. deshalb auch nicht zwingend am Anfechtungsverfahren beteiligen müssen.
7
Das hält der rechtlichen Nachprüfung und den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
8
2. Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, dass B. nicht beschwerdeberechtigt ist. Die Beschwerdeberechtigung ergibt sich insbesondere nicht aus einer Befugnis des B. zur Nebenintervention.
9
a) Im zivilprozessualen Anfechtungsverfahren (§ 640 Abs. 1, 2 Nr. 2 ZPO) kann der als Erzeuger des Kindes in Betracht kommende Mann sich gemäß § 66 ZPO als (einfacher, nicht streitgenössischer) Nebenintervenient an dem Rechtsstreit beteiligen und in dieser Eigenschaft Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen (h.M., vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 92, 275, 276 = FamRZ 1985, 61; vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - zur Veröffentlichung bestimmt, und vom 23. März 1988 - IVb ZB 169/86 - veröffentlicht bei juris; ferner BGHZ 76, 299, 301 ff. = FamRZ 1980, 559 f.; BGHZ 83, 391, 395 = FamRZ 1982, 692, 693; BGH Urteile vom 29. Oktober 1981 - IX ZR 83/80 - FamRZ 1982, 47, 48 und vom 19. Februar 1987 - IX ZR 33/86 - NJW-RR 1988, 898 f.; OLG Köln FamRZ 2003, 536, 537; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 1841 und FamRZ 2004, 1985, 1986; MünchKomm/Coester-Waltjen ZPO 2. Aufl. § 640 e Rdn. 3; Zöller /Philippi ZPO 26. Aufl. § 640 e Rdn. 9; Staudinger/Rauscher BGB 2004 § 1600 e Rdn. 88). In welcher Parteirolle das Kind und der rechtliche Vater nach §§ 1592 Nr. 1, 2, 1593 BGB am Rechtsstreit teilnehmen, ist dabei unerheblich. Der potentielle biologische Vater kann deshalb dem Prozess bei Anfechtungsklagen des Kindes auch auf Seiten des beklagten Mannes beitreten und das Rechtsmittel mit dem Ziel einlegen, dass die Klage abgewiesen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGH Urteil vom 29. Oktober 1981 - IX ZR 83/80 - FamRZ 1982, 47, 48; OLG Köln FamRZ 2003, 536, 537).
10
b) Vorliegend war der nach § 1592 Nr. 1 BGB als Vater des Antragstellers geltende H., gegen den (zu Lebzeiten) eine Vaterschaftsanfechtungsklage hätte erhoben werden können, allerdings bereits verstorben. Das Verfahren ist deshalb nach § 1600 e Abs. 2 BGB, § 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 56 c FGG als einseitiges Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durchzuführen. Die von B. beabsichtigte Nebenintervention ist im Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht geregelt. Jedoch sind die Bestimmungen der Zivilprozessordnung im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - soweit ihre Anwendung nicht ausdrücklich vorgesehen ist - entsprechend heranzuziehen, wenn eine Regelungslücke besteht, die eine Anwendung dieser Normen ungeachtet der Besonderheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur sachgerechten Verfahrensgestaltung gebietet (BGH Beschluss vom 14. De- zember 1989 - IX ZB 40/89 - NJW 1990, 1794, 1795; OLG Hamm FamRZ 1991, 844 f.; Keidel/Meyer-Holz FGG 15. Aufl. Vorb. §§ 8-18 Rdn. 3 ff.). Vor diesem Hintergrund befürworten Rechtsprechung und Literatur die analoge Anwendung der §§ 66 - 74 ZPO bei einem rechtlichen Interesse des Beitretenden am Verfahrensausgang nur für sog. echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. BGHZ 38, 110, 111; BayObLG ZIP 2002, 127, 128; OLG Hamm aaO S. 845.; OLG Schleswig NJW-RR 2000, 43, 44; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 10. Aufl. Einl. FGG Rdn. 29), weil sich hier die Beteiligten wie im Zivilprozess mit entgegengesetzten Interessen gegenüberstehen, über die das Gericht zu entscheiden hat (vgl. OLG Hamm FamRZ 1991, 844, 845).
11
c) Hingegen kann der als Erzeuger des Kindes in Betracht kommende Mann im postmortalen Anfechtungsverfahren des Kindes schon deshalb nicht entsprechend §§ 66 ff. ZPO auf Seiten des verstorbenen rechtlichen Vaters beitreten , weil dieser - da schon verstorben - im einseitigen Antragsverfahren nach §§ 621 Abs. 1 Nr. 10, 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 1600 e Abs. 2 BGB i.V.m. § 56 c FGG nicht Partei sein kann. Hier fehlt es an einer mit der zivilprozessualen Nebenintervention vergleichbaren Sachlage, bei der ein Streithelfer sein Interesse daran verfolgt, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Verfahren die eine oder die andere Partei obsiegt.
12
Auch erhielte B. durch die Zulassung als Nebenintervenient eine Verfahrensstellung , die ihm sämtliche Befugnisse eines Beklagten im zivilprozessualen Anfechtungsverfahren verschaffen würde. Seine Prozesshandlungen, insbesondere die Entscheidung, Rechtsmittel einzulegen, könnten dann nicht entsprechend § 67 Halbs. 2 ZPO daran gemessen werden, ob sie den Erklärungen und Handlungen des "unterstützten" - jedoch bereits verstorbenen - Beklagten widersprächen. Zudem müsste für ihn dann - in Ermangelung einer Zustellung der Entscheidung an den unterstützten "Hauptbeteiligten" - eine eigene Rechtsmittelfrist gelten. Eine derart selbständige Verfahrensstellung des biologischen Vaters lässt sich im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht mit einer entsprechenden Anwendung der §§ 66 ff. ZPO begründen, denn er kann im zivilprozessualen Anfechtungsverfahren allenfalls unselbständiger Nebenintervenient sein (vgl. für den Beitritt auf Seiten des Kindes Senatsbeschlüsse BGHZ 92, 275, 276 ff. = FamRZ 1985, 61; vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - zur Veröffentlichung bestimmt und vom 23. März 1988 - IVb ZB 169/86 - (juris); OLG Oldenburg FamRZ 2005, 1841; OLG Hamm FamRZ 2002, 30 f.; MünchKomm /Coester-Waltjen aaO § 640 e Rdn. 4; Zöller/Philippi aaO § 640 e Rdn. 9; Musielak/Weth ZPO 5. Aufl. § 69 Rdn. 5; a.A. Musielak/Borth aaO § 640 e Rdn. 2; Stein/Jonas/Schlosser ZPO 21. Aufl. § 640 e Rdn. 7).
13
aa) Eine streitgenössische, nicht den Beschränkungen des § 67 Halbs. 2 ZPO unterliegende Nebenintervention (§ 69 ZPO) setzt voraus, dass nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Rechtskraft der im Hauptprozess erlassenen Entscheidung auf das Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zum Gegner von Wirksamkeit ist. Die erfolgreiche Vaterschaftsanfechtung des Kindes lässt zwar die Sperrwirkung des § 1592 Nr. 1 BGB entfallen und ist damit Voraussetzung für ein späteres Vaterschaftsfeststellungsverfahren gegen einen Dritten (§§ 1599 Abs. 1, 1600 d Abs. 1 BGB). Dennoch hat die nach § 640 h Abs. 1 Satz 1 ZPO für und gegen alle wirkende Rechtskraft der Anfechtungsentscheidung keine Auswirkungen auf ein bestehendes Rechtsverhältnis zwischen dem potentiellen biologischen Vater als Streithelfer des beklagten rechtlichen Vaters und dem klagenden Kind. Die Sperrwirkung des § 1592 Nr. 1 BGB schützt nicht den mutmaßlichen biologischen Vater, sondern dient dem Familienfrieden und dem Wohl des Kindes (vgl. zu § 1593 BGB a.F. Senatsbeschluss BGHZ 92, 275, 278). Auch wenn nach Wegfall dieser Sperrwirkung für ein späteres Vaterschaftsfeststellungsverfahren rechtskräftig feststeht, dass das Kind rechtlich nicht dem bisherigen Scheinvater zuzuordnen ist (Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - zur Veröffentlichung bestimmt), bleibt der Status des als Erzeuger des Kindes in Betracht kommenden Mannes durch die erfolgreiche Anfechtung zunächst unberührt. Er kann in einem späteren Feststellungsverfahren nach § 1600d Abs. 1 BGB seine eigene biologische Vaterschaft bestreiten, ohne dass die Erforschung der wahren Abstammungsverhältnisse unter Einbeziehung des im erfolgreichen Anfechtungsverfahren als Hauptpartei beteiligten Mannes ausgeschlossen ist (Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - zur Veröffentlichung bestimmt; BGHZ 83, 391, 394; Senatsbeschluss vom 2. März 1994 - XII ZR 207/92 - FamRZ 1994, 694, 695; MünchKomm/Coester-Waltjen aaO § 640 h Rdn. 10; Staudinger/Rauscher aaO § 1600 e Rdn. 87; Saenger/Kemper Hk-ZPO 2. Aufl. § 640 h Rdn. 5; a.A. MünchKomm/Seidl BGB 4. Aufl. § 1592 Rdn. 59; Musielak/Borth ZPO 5. Aufl. § 640 h Rdn. 2; Zöller/Philippi aaO § 640 h Rdn. 3; Erman/Holzhauer BGB 11. Aufl. § 1599 Rdn. 5; für das bis 30. Juni 1998 geltende Recht Stein/Jonas/Schlosser aaO § 640 e Rdn. 7).
14
bb) Die Annahme einer streitgenössischen Nebenintervention lässt sich auch nicht damit rechtfertigen, der potentielle biologische Vater könne sich in einem späteren Vaterschaftsfeststellungsverfahren nicht mehr darauf berufen, das klagende Kind habe die zweijährige Anfechtungsfrist versäumt. Die Ausschlussfrist des § 1600b BGB dient nicht dem Interesse des mutmaßlichen Erzeugers , der Feststellung seiner Vaterschaft oder möglichen Unterhaltsansprüchen zu entgehen (vgl. BGH Beschluss vom 26. Oktober 2006 - III ZR 49/06 - FamRZ 2007, 36). Sie soll vielmehr im Interesse des betroffenen Kindes den Familien- und Rechtsfrieden wahren, indem innerhalb eines vorgegebenen Zeitraumes eine Entscheidung darüber herbeizuführen ist, ob der bestehende Status beibehalten oder geändert werden soll (Senatsbeschluss BGHZ 92, 275, 278; BGHZ 14, 358, 360; vgl. auch BT-Drucks. 13/4899, 87 f.). Auch falls der Antragsteller vorliegend falsche Angaben zu den die Frist des § 1600 b Abs. 1 BGB in Lauf setzenden Umständen gemacht und die Entscheidung des Amtsgerichts arglistig erschlichen haben sollte, kann der B. daraus folglich nichts für sich herleiten (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - zur Veröffentlichung bestimmt; OLG Hamm FamRZ 2002, 30, 31; OLG Jena FamRZ 2006 S. 1602; OLG Saarbrücken NJW-RR 2005, 1672, 1673; Staudinger/Rauscher BGB 2004 § 1600 e Rdn. 87).
15
d) Dass der als Erzeuger des Kindes in Betracht kommende Mann somit im zivilprozessualen Anfechtungsverfahren als Nebenintervenient Streitstoff zur Wahrnehmung seiner berechtigten Interessen beibringen kann, während ihm im postmortalen Anfechtungsverfahren ein Beitritt verwehrt ist, bedeutet - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - keine Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Ungleichbehandlung. Ihre sachliche Rechtfertigung findet die fehlende Möglichkeit zum Beitritt in der besonderen verfahrensrechtlichen Ausgestaltung der postmortalen Vaterschaftsanfechtung, die als einseitiges Antragsverfahren eine Beteiligung des (verstorbenen) rechtlichen Vaters als Hauptpartei nicht kennt.
16
Dagegen bestehen auch sonst keine verfassungsrechtlichen Bedenken. B. kann sich insbesondere nicht auf den aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs berufen, obwohl er - wie ein potentieller Vater im zivilprozessualen Anfechtungsverfahren - ein rechtliches Interesse an der Zurückweisung des Anfechtungsantrags hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist das verfahrensmäßige Gegenstück zu der Befugnis, Rechte zu Lasten anderer geltend zu machen (BGHZ 83, 391, 393 f. = FamRZ 1982, 692, 693). Anders als das weit auszulegende, auch bei mittelbaren Beeinträchtigungen gegebene "rechtliche Interesse" nach § 66 ZPO (Zöller/Vollkommer aaO § 66 Rdn. 8) setzt er voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung unmittelbar in die Rechtsstellung einer Person eingreift (vgl. BVerfGE 21, 132, 137 = FamRZ 1967, 135; und 65, 227, 233 = NJW 1984, 719; Keidel/Schmidt aaO § 12 Rdn. 141). Damit ist der Anspruch auf rechtliches Gehör an die Person des sachlich Betroffenen gebunden (BGHZ 83, 391, 394 = FamRZ 1982, 692, 693). In die Rechtsstellung des potentiellen biologischen Vaters greift die der Anfechtung stattgebende Entscheidung indessen aus den unter II. 2 b) dargestellten Gründen nicht unmittelbar ein; er ist deshalb weder sachlich betroffen noch materiell am Verfahren beteiligt (BayObLG FamRZ 1992, 984, 985 und 1997, 1173, 1174; Keidel/Engelhardt aaO § 56 c Rdn. 20; Jansen/Sonnenfeld FGG 3. Aufl. § 56 c Rdn. 31; a.A. für das ZPO-Verfahren: Zöller/Philippi aaO § 640 e Rdn. 2 i.V.m. § 640 h Rdn. 8; Stein/Jonas/Schlosser aaO § 640 e Rdn. 7). Deshalb ist der Gesetzgeber auch nicht verpflichtet, dem biologischen Vater durch geeignete Verfahrensvorschriften die Möglichkeit zu verschaffen, dem postmortalen Anfechtungsverfahren zur Wahrnehmung der Interessen des verstorbenen Scheinvaters oder seiner eigenen Interessen beizutreten.
17
Durch die fehlenden Verfahrensbefugnisse wird B. schließlich nicht in seinem verfassungsrechtlich geschützten Elternrecht verletzt (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG). Auf das Elternrecht kann sich nur berufen, wer bereit ist, gegenüber seinem Kind Pflichten zu tragen (BVerfGE 108, 82, 102 = FamRZ 2003, 816, 819). Das entgegengesetzte Begehren des B., mit einer Beteiligung am Anfechtungsverfahren die Zurückweisung des Antrags sicherzustellen und ein gegen ihn gerichtetes Vaterschaftsfeststellungsverfahren zu verhindern, wird vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht umfasst (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 68/04 - zur Veröffentlichung bestimmt).
18
3. Im postmortalen Anfechtungsverfahren des Kindes nach §§ 621 a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 56 c FGG werden der als Erzeuger des Kindes in Betracht kommende Mann sowie die Mutter allerdings im Rahmen des nach § 12 FGG bestehenden Amtsermittlungsgrundsatzes (vgl. Jansen/Sonnenfeld aaO § 56 c Rdn. 33) in der Regel als Zeugen zu hören sein. Das Gericht kann ihre Aussa- gen dabei entsprechend § 640 d ZPO auch gegen den Willen des anfechtenden Kindes berücksichtigen, wenn sie geeignet sind, der Anfechtung entgegengesetzt zu werden.
19
Ein eigenes Beschwerderecht des biologischen Vaters ließe sich indessen auch nicht mit einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes begründen. Beim erfolgreichen postmortalen Anfechtungsverfahren bestimmt sich die Beschwerdeberechtigung nach § 20 Abs. 1 FGG (Keidel/Engelhardt aaO § 56 c Rdn. 27); danach muss der Beschwerdeführer durch die Anfechtungsentscheidung in eigenen Rechten unmittelbar betroffen sein (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Januar 1989 - IVb ZB 208/87 - FamRZ 1989, 369, 370; BGHZ 135, 107, 109 f. = NJW 1997, 1855; BayObLG FamRZ 1997, 1173, 1174). Das ist hier nicht der Fall, denn der Status des biologischen Vaters bleibt durch die Anfechtungsentscheidung zunächst unberührt. Zu Recht hat das Oberlandesgericht deshalb die von B. als vermeintlichem Nebenintervenienten eingelegte befristete Beschwerde auch nicht entsprechend § 140 BGB in ein eigenes Rechtsmittel des B. umgedeutet, zumal dieser im Verfahren vor dem Oberlandesgericht mehrfach klargestellt hat, die Beschwerde "nicht im eigenen Namen, sondern für den Antragsgegner" einzulegen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Weißwasser, Entscheidung vom 19.06.2003 - 2 F 205/03 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 11.09.2003 - 22 UF 494/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 144/06 Verkündet am:
16. April 2008
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Abs. 1 Nr. 1

a) Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB kann im Regressprozess
des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders
gelagerten Einzelfällen mit der Folge durchbrochen werden, dass die Vaterschaft
des Beklagten inzident festgestellt werden kann.

b) Nach Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder zum
1. Juli 1998 kommt dies in Betracht, wenn der Kläger andernfalls rechtlos gestellt
wäre, weil weder die Kindesmutter noch der mutmaßliche Erzeuger bereit sind,
dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen (Abgrenzung zu Senatsurteil
BGHZ 121, 299).
BGH, Urteil vom 16. April 2008 - XII ZR 144/06 - OLG Celle
AG Uelzen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. April 2008 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 9. August 2006 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch und verlangt im Wege der Stufenklage zunächst Auskunft über die Einkünfte des Beklagten.
2
Während der 1989 geschlossenen und am 10. August 2004 geschiedenen Ehe des Klägers mit Petra T. hat diese drei Kinder geboren, nämlich 1992 die Tochter Rebecca, 1994 die Tochter Nina und 1995 den Sohn Jan. Mit rechtskräftigem Urteil des Familiengerichts vom 23. Dezember 2003 wurde festgestellt, dass der Kläger nicht deren Vater ist. Die Vaterschaft zu den drei Kindern ist bisher weder anerkannt noch gerichtlich festgestellt.
3
Der Beklagte ist der Lebensgefährte der Kindesmutter. Der Kläger behauptet , außer ihm selbst habe nur dieser während der gesetzlichen Empfängniszeiten Geschlechtsverkehr mit der Kindesmutter gehabt.
4
Der Kläger vertritt die Auffassung, seiner Klage stehe nicht entgegen, dass die Vaterschaft des Beklagten nicht feststehe. Denn sowohl der Beklagte als auch die Kindesmutter, die die alleinige Vertreterin der Kinder ist, weigerten sich, die gerichtliche Klärung der Vaterschaft herbeizuführen; auch sei der Beklagte nicht bereit, auf Kosten des Klägers an einem außergerichtlichen DNATest mitzuwirken. Unter diesen Umständen sei § 1600d Abs. 4 BGB, demzufolge die Rechtswirkungen der Vaterschaft erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, nicht anwendbar. Vielmehr sei die Vaterschaft des Beklagten im vorliegenden Verfahren zu klären.
5
Das Amtsgericht hat die Klage - in der Auskunftsstufe - insgesamt abgewiesen. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FuR 2006, 574 ff. und OLGR Celle 2007, 138 ff. veröffentlicht ist, hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision des Klägers, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
7
1. Das Oberlandesgericht hat - ebenso wie die Vorinstanz - dahinstehen lassen, ob der Beklagte der biologische Vater der drei während der Ehe der Kindesmutter mit dem Kläger geborenen Kinder ist, und der Stufenklage insgesamt den Erfolg versagt. Der Kläger sei nämlich nach § 1600d Abs. 4 BGB gehindert , den Beklagten auf gemäß § 1607 Abs. 3 BGB übergegangenen Kindesunterhalt in Anspruch zu nehmen, solange die Vaterschaft des Beklagten weder anerkannt noch mit Wirkung für und gegen alle gerichtlich festgestellt sei.
8
Dem stehe nicht entgegen, dass der Beklagte seine Vaterschaft für die drei Kinder nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, sondern lediglich vorgetragen habe, diese sei nicht geklärt. Das genüge nicht, die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB zu überwinden. Weder könne die Vaterschaft im vorliegenden Regressprozess als Vorfrage inzident festgestellt werden, noch sei es unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich, wenn der Beklagte sich auf diese Vorschrift berufe. Aus den gleichen Gründen komme auch ein Anspruch aus § 826 BGB nicht in Betracht, weil es nicht sittenwidrig sei, wenn der Beklagte seine Vaterschaft weder anerkenne noch deren gerichtliche Feststellung betreibe.
9
Das hält der revisionsrechtlichen Prüfung und den Angriffen der Revision nicht in allen Punkten stand.
10
2. Mangels entsprechender Feststellungen ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass die drei Kinder vom Beklagten abstammen und der Kläger ihnen über Jahre hinweg als vermeintlicher Vater Unterhalt gewährt hat. Folglich ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass dem Kläger der mit seiner Stufenklage geltend gemachte Anspruch gegen den Beklagten zusteht (vgl. Erman/Hammermann BGB 12. Aufl. § 1600d Rdn. 38; Staudinger /Rauscher BGB [2004] § 1600d Rdn. 90) und lediglich zu entscheiden ist, ob der Kläger auch dann gemäß § 1600d Abs. 4 BGB gehindert ist, den Anspruch vor Rechtskraft eines die Vaterschaft des Beklagten feststellenden Urteils im Sinne des § 1600d Abs. 1 BGB geltend zu machen, wenn das Kind, seine Mutter oder ein seine eigene Vaterschaft behauptender Mann, die nach § 1600e Abs. 1 Satz 1 BGB allein zur Erhebung einer Vaterschaftsfeststellung befugt sind, die Einleitung eines solchen Verfahrens ablehnen.
11
a) Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass § 1600d Abs. 4 BGB eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes grundsätzlich ausschließt, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. zu §§ 1600a, 1615b Abs. 2 BGB a.F.). Dem ist die herrschende Meinung weitgehend gefolgt (vgl. Schwonberg FamRZ 2008, 449, 450 m.N. in Fn. 19).
12
b) An dieser Entscheidung hält der Senat jedoch aufgrund inzwischen veränderter Gesetzeslage nicht mehr uneingeschränkt fest:
13
aa) Soweit er darin offen gelassen hat, ob eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. in Betracht kommt, wenn der Scheinvater seinen Anspruch auf Delikt, namentlich auf § 826 BGB, stützen kann, bedarf dies auch hier keiner Entscheidung.
14
bb) In der vorgenannten Entscheidung hat der Senat sich bereits mit Stimmen in der Literatur auseinander gesetzt, die eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre und eine Zulassung einer Inzidentfeststellung in besonders gelagerten Fällen befürworten (vgl. MünchKomm/Mutschler BGB 3. Aufl. § 1600a Rdn. 15; Raiser FamRZ 1986, 942, 945), und auch darauf hingewiesen , dass die Ausübungssperre nicht uneingeschränkt gilt, sondern § 1600d Abs. 4 BGB Ausnahmen hiervon zulässt, namentlich "soweit sich … aus dem Gesetz anderes ergibt", so etwa im Sozialversicherungsrecht sowie zur Regelung dringender, zeitlich begrenzter Unterhaltsansprüche des Kindes oder der Mutter im Wege einstweiliger Verfügung (§1615o BGB, § 641d ZPO). Eine weitere Ausnahme hatte der Bundesgerichtshof bereits zuvor für den Fall des Regresses gegen den Rechtsanwalt bejaht, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage versäumt hat (BGHZ 72, 299 ff. = FamRZ 1979, 112 ff.).
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Der Senat hat sich seinerzeit gleichwohl gehindert gesehen, angesichts der Problematik einer "Anspruchsvereitelung trotz bestehender Anspruchsnorm" (Raiser aaO S. 945) von dem Grundsatz der Unzulässigkeit einer Inzidentfeststellung und dem klaren Wortlaut des § 1600a Satz 2 BGB a.F. abzuweichen , und zwar unter anderem aus folgenden Erwägungen:
16
Erstens dürfe aus den aufgezeigten Ausnahmen von dieser Vorschrift nicht auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen werden. Zweitens liefe dies dem in § 1600a BGB a.F. als Teil der Reform des Nichtehelichenrechts zum Ausdruck gekommenen Bestreben des Gesetzgebers zuwider, dem nichtehelichen Kind durch die Notwendigkeit eines Abstammungsverfahrens nach § 1600d Abs. 1 BGB, § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen. Drittens sei das finanzielle Interesse des Scheinvaters nicht höher zu bewerten als die anerkennenswerten und verfassungsrechtlich geschützten Gründe des Kindes, seine Abstammung zu einem Dritten nicht feststellen zu lassen.
17
cc) Diese Erwägungen gelten im Grundsatz nach wie vor, stehen hier aber wegen der besonderen Umstände des Falles einer Durchbrechung der Rechtsausübungssperre nicht entgegen.
18
Zum einen wird damit nicht in unzulässiger Weise aus einer Ausnahmevorschrift auf einen allgemeinen Grundsatz geschlossen. Der Rechtsprechung ist es unbenommen, den Anwendungsbereich einer gesetzlichen Vorschrift im Wege teleologischer Reduktion einzuschränken, wenn und soweit dies erforderlich erscheint, in besonders gelagerten Fällen, deren Auswirkungen der Gesetzgeber offensichtlich nicht in vollem Umfang bedacht hat, schlechthin untragbare Ergebnisse zu vermeiden. Dazu bedarf es keiner analogen Erweiterung etwa bestehender Ausnahmevorschriften; deren Existenz kann aber bei der Beurteilung der Frage herangezogen werden, ob der Gesetzgeber die in der grundlegenden Norm aufgestellte Regelung als unabdingbar angesehen hat oder jedenfalls bestimmte Ausnahmen für möglich hielt.
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Zum anderen kann eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB dem Bestreben, dem nichtehelichen Kind einen für und gegen alle wirkenden Status zu geben und seine Zuordnung zum biologischen Vater im Sinne eines echten Verwandtschaftsverhältnisses herbeizuführen, ausnahmsweise dann nicht zuwiderlaufen, wenn dieses Ziel aufgrund besonderer Umstände auf lange Zeit ohnehin faktisch nicht erreicht werden kann. Das ist hier beispielsweise der Fall, weil weder die die Kinder allein vertretende Mutter noch der Beklagte als möglicher biologischer Vater bereit sind, dessen Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen.
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Schließlich hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen Zweifel geäußert , ob und in welchem Umfang ein Kind ein verfassungsrechtlich geschütztes Recht auf Nichtkenntnis der eigenen Abstammung hat (BVerfGE FamRZ 2007, 441, 444 unter B I 3 b aa [1]), wie der Senat bislang angenommen hatte (vgl. Senatsurteile BGHZ 121, 299, 303 f. = FamRZ 1993, 696, 697 und BGHZ 162, 1, 5 = FamRZ 2005, 340, 341). Der Senat hält deshalb nicht mehr daran fest, dass demgegenüber das finanzielle Interesse des Scheinvaters gegenüber dem ihm möglicherweise regresspflichtigen Erzeuger stets zurückzustehen habe.
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dd) Inzwischen hat sich die Rechtslage, vor deren Hintergrund 1993 die Senatsentscheidung BGHZ 121, 299 (= FamRZ 1993, 696 f.) getroffen worden war, in zwei Punkten entscheidend geändert.
22
(1) Zum einen weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass bis zum 30. Juni 1998 in den alten Bundesländern die alleinsorgeberechtigte Mutter ihr nichteheliches Kind nicht vertreten konnte, soweit es um die Feststellung der Vaterschaft ging; insoweit stand die gesetzliche Vertretung gemäß §§ 1706, 1709 BGB a.F. dem Jugendamt als Pfleger zu, das in aller Regel im Interesse des Kindes ein solches Verfahren einleitete. Mit Rücksicht darauf schien es vertretbar , den Scheinvater wegen der Rechtsausübungssperre des § 1600a Satz 2 BGB a.F. darauf zu verweisen, den rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens abzuwarten, bevor er den als Vater festgestellten Erzeuger des Kindes gemäß § 1615b Abs. 2 BGB a.F. auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen konnte. Denn dies führte, von extremen Ausnahmefällen abgesehen, allenfalls zu einer Verzögerung der Durchsetzung seines bereits bestehenden gesetzlichen Anspruchs, nicht aber zu dessen dauernder Vereitelung.
23
Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuregelung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist jedoch die gesetzliche Amtspflegschaft für nichteheliche Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Dies hat zur Folge, dass es, solange der potentielle Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, bis zur Volljährigkeit des Kindes allein vom Willen der Mutter abhängt, ob sie ihrerseits Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt oder nicht. Unterlässt sie dies, kann ihr die Vertretung des Kindes auch nicht nach § 1796 BGB durch das Familiengericht entzogen werden, § 1629 Abs. 2 Satz 3 2. Halbs. BGB. Der Scheinvater selbst ist für eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft nicht klagebefugt, § 1600e Abs. 1 BGB.
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Damit würde sich bei der vom Senat in BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f. bislang vertretenen Auffassung zu § 1600d Abs. 4 BGB der Rückgriffsanspruch des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes nunmehr in einer Vielzahl von Fällen als undurchsetzbar erweisen, nämlich immer dann, wenn weder dieser noch die Kindesmutter - aus welchen Motiven auch immer - von dem ihnen allein zustehenden Recht, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, keinen Gebrauch machen.
25
(2) Zum anderen ist diese Entscheidung des Senats vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Frage der Abstammung eines Kindes seinerzeit allein in dem dafür vorgesehenen besonderen Verfahren in Kindschaftssachen (§ 640 ZPO) zu klären war und der Grundsatz der Statuswahrheit es verlangte, alles zu vermeiden, was die Übereinstimmung von statusmäßiger und tatsächlicher biologischer Abstammung hätte beeinträchtigen können. Auch dies gilt inzwischen nicht mehr uneingeschränkt. Durch das am 1. April 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I 441) hat der Gesetzgeber ein Verfahren zur Verfügung gestellt, das der Klärung der Abstammung dient und es gleichwohl zulässt , die sich gegebenenfalls als unzutreffend erweisende statusrechtliche Zuordnung des Kindes unverändert zu lassen. Allerdings steht dieses Verfahren nur dem Kind und seinen Eltern zu, nicht aber einem Dritten.
26
In diesem neuartigen Verfahren wird zwar keine gerichtliche Feststellung über die Abstammung getroffen; sie ermöglicht aber eine gutachterliche Feststellung , deren Beweiswert bei Befolgung der anerkannten Regeln der DNAAnalyse regelmäßig keinen vernünftigen Zweifel mehr zulässt. Es handelt sich mithin um ein gerichtsförmiges Verfahren, das Gewissheit über die tatsächliche Abstammung herbeiführen soll, einen dieser Erkenntnis entgegenstehenden Status des Kindes aber unberührt lässt.
27
Angesichts dieser neuen Rechtslage erscheint es gerechtfertigt, Bedenken gegen eine Inzidentfeststellung zurückzustellen, die sich darauf gründen, dass ein bestehender Status des Kindes nicht außerhalb eines Statusverfahrens durch Feststellungen zur biologischen Abstammung hinterfragt werden soll. Denn auch eine Inzidentfeststellung der Abstammung im Regressprozess des Scheinvaters gegen den Erzeuger erwächst nicht in Rechtskraft, nicht einmal zwischen den Parteien dieses Prozesses, und führt deshalb auch nicht zur Feststellung einer "relativen Vaterschaft" (entgegen OLG Hamm FamRZ 2003, 401, 402). Sie ist vielmehr lediglich Vorfrage für das Bestehen des Anspruchs (vgl. Schwonberg aaO S. 453).
28
c) Nach alledem ist eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess des Scheinvaters nicht schlechthin ausgeschlossen. Sie ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen zulässig.
29
aa) Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht, wenn - wie hier - davon auszugehen ist, dass ein Vaterschaftsfeststellungsverfahren auf längere Zeit nicht stattfinden wird, weil die zur Erhebung einer solchen Klage Befugten dies ausdrücklich ablehnen oder von einer solchen Möglichkeit seit längerer Zeit keinen Gebrauch gemacht haben. Wird eine solche Vaterschaftsfeststel- lungsklage allerdings während der Rechtshängigkeit des Scheinvaterregresses des Scheinvaters erhoben, wird das Regressverfahren auszusetzen sein.
30
Hingegen ist auch unter diesen Umständen eine Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB nicht schon dann gerechtfertigt , wenn der Kläger die Vaterschaft des Beklagten "ins Blaue hinein" behauptet und sie erst durch ein Vaterschaftsgutachten bewiesen werden soll. Vielmehr werden zumindest die Voraussetzungen darzulegen sein, an die § 1600d Abs. 2 BGB die Vermutung der Vaterschaft knüpft. Darüber wird gegebenenfalls Beweis zu erheben sein, ehe die Einholung eines Vaterschaftsgutachtens in Betracht kommt. Sind diese Voraussetzungen unstreitig oder reicht die Beweisaufnahme aus, das Gericht gemäß § 286 ZPO von ihrem Vorliegen zu überzeugen , dürfte sich die Einholung eines solchen Gutachtens erübrigen, es sei denn, dass nunmehr der Beklagte die Einholung eines solchen Gutachtens beantragt , um die Vermutung seiner Vaterschaft zu entkräften. Denn an den Beweis sind im Rahmen einer solchen Zahlungsklage nicht die Anforderungen zu stellen, die eine inter omnes wirkende Vaterschaftsfeststellung erfordert.
31
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt eine solche Klage regelmäßig auch nicht die Mitwirkung der Mutter und des Kindes an einem (weiteren ) DNA-Test voraus. Ist dem Verfahren - wie hier - ein erfolgreiches Vaterschaftsanfechtungsverfahren vorausgegangen, liegen die insoweit erforderlichen Untersuchungsergebnisse regelmäßig bereits vor, so dass sich eine etwa erforderliche weitere Begutachtung auf die Analyse der entsprechenden Merkmale des Beklagten und deren Vergleich mit den bereits vorliegenden Ergebnissen beschränken kann.
32
bb) Die Beweisaufnahme in einem solchen Regressprozess berührt zwar auch die verfassungsrechtlich geschützten Interessen Dritter, hier der Mutter und des Kindes bzw. der Kinder, sowie Interessen des Beklagten selbst.
33
Das Interesse des Beklagten, nicht auf Erstattung des Unterhalts in Anspruch genommen zu werden, ist allerdings nach der gesetzlichen Wertung des § 1607 Abs. 3 BGB nicht schutzwürdig (vgl. Schwonberg aaO S. 452). Sein Interesse , im Falle der Anordnung eines Sachverständigengutachtens seine genetischen Daten nicht preisgeben zu müssen, ist hinreichend dadurch geschützt , dass er die Mitwirkung an der Begutachtung verweigern und die Rechtmäßigkeit seiner Weigerung nach §§ 372a Abs. 2 Satz 1, 387 Abs. 1 ZPO in einem Zwischenstreit geltend machen kann (vgl. Senatsurteil BGHZ 166, 283, 290 = FamRZ 2006, 686, 688 und Senatsbeschluss vom 4. Juli 2007 - XII ZB 199/05 - FamRZ 2007, 1728, 1729).
34
Ein schützenswertes Interesse der Kindesmutter, eine eheliche Untreue nicht offenbaren zu müssen, kommt in Fällen der vorliegenden Art schon deshalb nicht in Betracht, weil diese Untreue bereits durch den Erfolg des vorausgegangenen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens offenbar geworden ist. Ihr Interesse , einem Dritten keinen weitergehenden Einblick in ihr Sexualleben zu gewähren, kann die Kindesmutter bereits dadurch wahren, dass sie als frühere Ehefrau des Klägers von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO Gebrauch macht. Für ein Interesse, im Falle der Zeugung des Kindes durch Inzest oder Vergewaltigung eine Feststellung des biologischen Vaters zu vermeiden (vgl. Staudinger/Peschel-Gutzeit BGB [2007] § 1629 Rdn. 95), werden regelmäßig keine Anhaltspunkte vorliegen.
35
Nach erfolgreicher Vaterschaftsanfechtung geht das Interesse des Kindes regelmäßig auf Kenntnis seines wirklichen Erzeugers (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 1972 - IV ZR 53/71 - NJW 1972, 1708) und nicht auf Beibehaltung eines "vaterlosen" Zustandes. Eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft (oder auch der Nichtvaterschaft) des Beklagten steht dem Interesse des Kindes somit in aller Regel nicht entgegen. Etwas anderes könnte sich allerdings ergeben, wenn der Beklagte - wie hier - mit der Kindesmutter zusammenlebt und beide mit dem Kind eine Familie bilden. Hier könnte eine Inzidentfeststellung mit dem Ergebnis, dass der Beklagte nicht der Erzeuger des Kindes ist, dessen Interesse an der Wahrung der neuen sozial-familiären Bindung zum Beklagten beeinträchtigen , vor allem, wenn bereits das Vaterschaftsanfechtungsverfahren das Vertrauen des Kindes in den Fortbestand seiner Bindung zu dem Kläger als bisherigem rechtlichen Vater erschüttert hatte und nunmehr seine danach aufgebaute Bindung zu dem Lebensgefährten der Mutter erneut erschüttert zu werden droht.
36
Sollten sich im Einzelfall Anhaltspunkte dafür ergeben, dass durch die Inzidentfeststellung der Vaterschaft in höherrangige verfassungsrechtlich geschützte Rechte Dritter eingegriffen werden könnte, wird das Gericht diesen Bedenken aber von Amts wegen nachgehen können und müssen. Denn die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB ist von Amts wegen zu beachten (vgl. OLG Koblenz NJW-RR 2004, 146 f.; Schwonberg aaO S. 453). Ob sie im Einzelfall ausnahmsweise durchbrochen werden kann, ist daher ebenfalls von Amts wegen unter Berücksichtigung aller hierfür maßgeblichen Umstände zu prüfen.
37
3. Die angefochtene Entscheidung kann daher nicht bestehen bleiben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen zum Grund und zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs und insbesondere zur Passivlegitimation des Beklagten getroffen hat. Die erneute Verhandlung gibt dem Berufungsge- richt Gelegenheit, dies nachzuholen, sofern nicht im Rahmen der erneuten Amtsprüfung Umstände im Sinne des vorstehenden Absatzes bekannt werden, die der hier grundsätzlich bejahten Durchbrechung der Rechtsausübungssperre im vorliegenden Einzelfall entgegenstehen.
Hahne Sprick Weber-Monecke RiBGH Prof. Dr. Wagenitz ist urlaubsbedingt Dose verhindert zu unterschreiben. Hahne

Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 10.01.2006 - 3b F 1022/05 -
OLG Celle, Entscheidung vom 09.08.2006 - 15 UF 46/06 -

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 227/03 Verkündet am:
12. Januar 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
ZPO § 640 Abs. 2 Nr. 2; BGB §§ 1600 Nr. 1, 1600 b Abs. 1 Satz 2;
Zur Frage der Verwertbarkeit einer heimlich eingeholten DNA-Analyse im
Vaterschaftsanfechtungsverfahren.
BGH, Urteil vom 12. Januar 2005 - XII ZR 227/03 - OLG Celle
AG Hildesheim
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Weber-Monecke, Prof. Dr. Wagenitz und Dose

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Celle vom 29. Oktober 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger begehrt im Wege erneuter Anfechtungsklage die Feststellung, nicht der Vater der am 3. Oktober 1994 geborenen Beklagten zu sein. Mit Urkunde der Stadt S. vom 20. Oktober 1994 (UR-Nr. ) hatten der Kläger die Vaterschaft anerkannt und das Jugendamt der Stadt S. als gesetzlicher Vertreter der Beklagten diesem Anerkenntnis zugestimmt. Eine im Jahre 2001 erhobene Vaterschaftsanfechtungsklage, die der Kläger auf ein Gutachten über seine verminderte Zeugungsfähigkeit gestützt hatte, war abgewiesen und die dagegen eingelegte Berufung des Klägers durch rechtskräftiges Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 9. August 2002 (15 UF 42/02) zurückgewiesen worden.
Seine erneute Anfechtungsklage stützt der Kläger auf das Ergebnis einer DNA-Vaterschaftsanalyse, die er ohne Kenntnis und ohne Einverständnis der allein sorgeberechtigten Mutter der Beklagten am 21. Oktober 2002 in Auftrag gegeben hatte. Nach dem Privatgutachten vom 1. November 2002 ist mit 100 % Sicherheit ausgeschlossen, daß der Spender der einen Probe der Vater des Spenders (oder der Spenderin) der zweiten Probe ist. Insoweit behauptet der Kläger, Grundlage der Untersuchung sei zum einen sein eigener Speichel, zum anderen ein von der Beklagten benutztes Kaugummi gewesen. Die gesetzliche Vertreterin der Beklagten widerspricht der Verwertung des Gutachtens. Das Amtsgericht wies die Anfechtungsklage des Klägers ab. Das Oberlandesgericht , dessen Entscheidung u.a. in FamRZ 2004, 481 ff. veröffentlicht ist, wies die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurück. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

Die Vorinstanzen haben die erneute Anfechtungsklage für zulässig erachtet , weil ihr insbesondere die Rechtskraft des zwischen den Parteien ergangenen früheren Urteils vom 9. August 2002 nicht entgegenstehe. Denn die
Rechtskraft jenes Urteils erstrecke sich allein darauf, daß die dem Kläger 2001 attestierte verminderte Zeugungsfähigkeit nicht geeignet sei, den für die Erhebung einer Anfechtungsklage erforderlichen Anfangsverdacht zu begründen, während es sich nunmehr bei dem außergerichtlich eingeholten DNA-Gutachten , demzufolge der Kläger von der Vaterschaft ausgeschlossen sei, um einen anderen, neuen Lebenssachverhalt handele. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1998 - XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955, 956 a.E. und vom 30. Oktober 2002 - XII ZR 345/00 - FamRZ 2003, 155, 156) und wird von der Revision als ihr günstig nicht angegriffen.

II.

1. Das Berufungsgericht verneint, wie auch schon das Amtsgericht, die Schlüssigkeit der Anfechtungsklage. Das außergerichtlich eingeholte DNA-Gutachten sei nämlich nicht geeignet, den hierfür erforderlichen Anfangsverdacht, das Kind stamme nicht von ihm, zu begründen. Abgesehen davon, daß das Gutachten keine Feststellungen dazu enthalte, von wem das untersuchte genetische Material stamme, könne das Ergebnis dieser Untersuchung aus prozessualen Gründen im Anfechtungsverfahren nicht verwertet werden, weil das untersuchte Material, soweit es von der Beklagten stammt, ohne deren Zustimmung bzw. der Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreterin und damit in rechtswidriger Weise erlangt sei. Denn die heimliche DNA-Analyse des genetischen Materials eines anderen verletze dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausformung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG). Dem stehe zwar ein Recht des Klägers auf Kenntnis des Bestehens oder Nichtbestehens seiner Vaterschaft gegenüber. Die Abwägung dieser
beiden gegenläufigen Grundrechtspositionen ergebe aber nicht, daß das Grundrecht der Beklagten auf informationelle Selbstbestimmung dahinter zurückstehen müsse. 2. Dies hält den Angriffen der Revision stand. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsurteile vom 22. April 1998 aaO und vom 30. Oktober 2002 aaO) reicht das bloße Vorbringen des Klägers, er sei nicht der Vater des Kindes und ein gerichtliches Sachverständigengutachten werde seine Vaterschaft ausschließen, für eine Vaterschaftsanfechtungsklage nicht aus. Vielmehr muß der Kläger Umstände vortragen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Zweifel an der Abstammung des Kindes von dem als Vater geltenden Kläger zu wecken und die Möglichkeit der Abstammung des Kindes von einem anderen Mann als nicht ganz fernliegend erscheinen zu lassen. Daran fehlt es, ohne daß es hier schon einer Entscheidung bedarf, welche Anforderungen an die Umstände, mit denen ein Anfangsverdacht zu begründen ist, im einzelnen gegebenenfalls weiterhin zu stellen sind.
a) Entgegen der Auffassung der Revision begründet nicht schon die Weigerung der Mutter und gesetzlichen Vertreterin der Beklagten, die Einholung des DNA-Gutachtens nachträglich zu genehmigen und in seine Verwertung einzuwilligen, als solche einen die Anfechtungsklage schlüssig machenden Anfangsverdacht. Sie stellt auch keine Beweisvereitelung dar. Insbesondere vermag der Senat sich nicht der von Mutschler (FamRZ 2003, 74, 76 a.E.) vertretenen Ansicht anzuschließen, allein die Weigerung der Mutter oder des Kindes , auf Bitten des (gesetzlichen) Vaters an einer DNA-Begutachtung mitzuwirken , könne je nach den Umständen des Falles einen ausreichenden Anfangsverdacht der Nichtvaterschaft begründen. Denn ein solches Verhalten ist Aus-
fluß des - negativen - informationellen Selbstbestimmungsrechts. Dieses würde ausgehöhlt, wenn die Weigerung, an einer außergerichtlichen Begutachtung mitzuwirken, die Vaterschaftsanfechtungsklage eröffnen würde, mit der Folge, daß die Informationen, die dieses Grundrecht schützen will, immer dann im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme preisgegeben werden müßten, wenn dies dem Willen des Betroffenen zuwiderläuft und die freiwillige Preisgabe deshalb zuvor abgelehnt wurde. Erst recht kann hier die Weigerung der gesetzlichen Vertreterin der Beklagten , der Verwertung bereits rechtswidrig erlangter Informationen nachträglich zuzustimmen, nicht als ein die Anfechtungsklage eröffnender Umstand angesehen werden. Denn wenn das Gesetz eine Verpflichtung, Untersuchungen zum Zwecke der Feststellung der Abstammung zu dulden, nur unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht, kann ihre Verweigerung nicht dazu herangezogen werden, diese Voraussetzungen zu bejahen.
b) Auch die Vorlage eines heimlich eingeholten DNA-Gutachtens ist zur Darlegung solcher Umstände nicht geeignet. aa) Insoweit kommt es auf die Rüge der Revision nicht an, das Berufungsgericht habe verfahrensfehlerhaft versäumt, den angebotenen Zeugenbeweis dafür zu erheben, daß eine der der Gutachterin vorgelegten Speichelproben von einem von der Beklagten ausgespuckten Kaugummi und damit von ihr stamme. Desgleichen kommt es auch nicht auf die weitere Rüge an, das Berufungsgericht habe seine Entscheidung nicht auf den erstmals im Berufungsurteil erwähnten zusätzlichen Gesichtspunkt stützen dürfen, es sei auch nicht nachgewiesen , daß die zweite Speichelprobe vom Kläger stamme, ohne zuvor gemäß § 139 Abs. 2 ZPO auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen zu haben.
Denn auch dann, wenn feststünde, daß die Gutachterin genetisches Material der beiden Parteien untersucht hat, ist dieses Gutachten aus den vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten Gründen nicht nur als Beweismittel, sondern auch als Parteivortrag im Vaterschaftsanfechtungsverfahren nicht verwertbar und daher unbeachtlich. bb) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von einer Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Beklagten ausgegangen, weil auch diese ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung ihrer Abstammung habe, das sich somit mit dem Interesse des Klägers decke. Die Beklagte hat zwar ebenfalls ein grundgesetzlich geschütztes Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung; die Entscheidung darüber, ob sie dieses Recht wahrnehmen und ein entsprechendes Interesse geltend machen will, bleibt aber ihr allein bzw. ihrer gesetzlichen Vertreterin überlassen, zumal ihr Interesse auch dann schutzwürdig ist, wenn es dahin geht, ihren gesetzlichen Status als Kind des Klägers gerade nicht in Frage stellen zu lassen. Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung schließt nämlich auch das Recht auf Unkenntnis ein (vgl. Bohnert FPR 2002, 383, 389). Soweit die Revision geltend macht, mit ihrer Weigerung verfolge die gesetzliche Vertreterin der Beklagten nicht deren Interessen, sondern nur ihr höchst egoistisches Eigeninteresse, ist dies schon revisionsrechtlich als neuer Sachvortrag unbeachtlich. 3. Auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung, daß das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beklagten hier nicht hinter dem Interesse des Klägers an der Feststellung seiner Nichtvaterschaft zurückstehen müsse, hält der revisionsrechtlichen Prüfung stand.

a) Jede Untersuchung und Verwendung des DNA-Identifizierungsmusters greift in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Persönlichkeitsrecht, hier in der Ausprägung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, ein. Dieses darf nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden; die Einschränkung darf nicht weiter gehen als es zum Schutz des öffentlichen Interesses unerläßlich ist (vgl. BVerfG NJW 2001, 2320, 2321). Welcher Stellenwert diesem Grundrecht beizumessen ist, ergibt sich beispielsweise aus der gesetzlichen Einschränkung des § 81 g StPO in Verbindung mit § 2 des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes (DNA-IFG vom 7. September 1998 BGBl. I 2646), die eine Feststellung und Speicherung des DNA-Identifizierungsmusters eines verurteilten Straftäters nur zuläßt, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß gegen ihn künftig erneut Strafverfahren wegen Straftaten von erheblicher Bedeutung zu führen sind. Diesem Schutz des Grundrechts eines jeden Menschen, die Untersuchung seines Genoms grundsätzlich von seiner Zustimmung abhängig zu machen , dienen auch Art. 5 der Allgemeinen Erklärung zum menschlichen Genom und zu den Menschenrechten (UNESCO Universal Declaration on the Human Genome and Human Rights) vom 11. November 1997; Art. II-68 der Verfassung der Europäischen Union (Amtsblatt C 310/43 vom 16. Dezember 2004); Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und, soweit es sich um das Recht eines Kindes handelt, Art. 8 Abs. 1 und Art. 16 der UN-Kinderrechtskonvention vom 20. November 1989 (BGBl. 1992 II 121).
b) Dies ist auch bei der Verwertung von Beweisen oder Kenntnissen im gerichtlichen Verfahren zu beachten, gleichgültig, ob es sich um einen Strafprozeß oder Zivilprozeß handelt. Denn der Richter hat kraft Verfassungsgebots zu
prüfen, ob von der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften im Einzelfall Grundrechte berührt werden. Trifft dies zu, dann hat er diese Vorschriften im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerfG NJW 1991, 2411 f. m.w.N.) und darf dies nicht als praxisfern (vgl. Huber FamRZ 2004, 825, 826) oder als Ausfluß einer "verfassungsrechtlichen Überhöhung" (vgl. Spickhoff FamRZ 2003, 1581 f.) abtun. So dürfen etwa rechtswidrig erlangte Kenntnisse aus dem heimlichen Mithören eines Telefonats nur ganz ausnahmsweise in einem gerichtlichen Verfahren verwertet werden, etwa dann, wenn sich der Beweisführer in einer notwehrähnlichen Situation befindet oder erpresserischen Drohungen oder einem kriminellen Angriff auf seine berufliche Existenz auf andere Weise nicht begegnen kann. Demgegenüber reicht allein das Interesse, sich ein Beweismittel für zivilrechtliche Ansprüche zu sichern, nicht aus (vgl. BVerfG NJW 2002, 3619, 3624; BGH, Urteil vom 18. Februar 2003 - XI ZR 165/02 - NJW 2003, 1727, 1728). Demgemäß ist eine ohne Wissen des Betroffenen vorgenommene DNA-Analyse beispielsweise auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht geeignet , eine Verdachtskündigung zu rechtfertigen, sondern unterliegt einem Verwertungsverbot (vgl. VGH Baden-Württemberg NJW 2001, 1082; vgl. auch EuGH NJW 1994, 3005 ff.: Aufhebung einer Entscheidung, soweit sie auf einem anläßlich einer Einstellungsuntersuchung ohne Einwilligung vorgenommenen Lymphozytentest beruht).
c) Dies führt dazu, daß heimlich veranlaßte DNA-Vaterschaftsanalysen rechtswidrig (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 64. Aufl. Einf. vor § 1591, Rdn. 11) und im Vaterschaftsanfechtungsverfahren gegen den Willen des Kindes oder seines gesetzlichen Vertreters nicht verwertbar sind (vgl. Bohnert FPR 2002,
383, 389; Musielak-Foerste ZPO 4. Aufl. § 286 Rdn. 7), und zwar auch nicht zur schlüssigen Darlegung von Zweifeln an der Vaterschaft im Sinne des § 1600 b BGB (vgl. Zöller/Greger ZPO 25. Aufl. § 286 Rdn. 15 b a.E.; im Ergebnis ebenso OLG Köln FamRZ 2004, 1987 a.E.), weil auch dies einen erneuten Verstoß gegen das Persönlichkeitsrecht und die informationelle Selbstbestimmung des Kindes bedeuten würde (vgl. Rittner/Rittner NJW 2002, 1745, 1751).
d) Dieser Auffassung entsprechen offenbar auch Überlegungen der Bundesregierung , heimliche Vaterschaftsgutachten im Rahmen eines künftigen Gendiagnostikgesetzes (Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen ) insgesamt zu verbieten (Nachweise bei Staudinger/Rauscher BGB [2004] Einl. zu §§ 1589 ff. Rdn. 113 a.E.). Derartige Bestrebungen sind auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland festzustellen, ohne daß die nachstehend angeführten Beispiele Anspruch auf Vollständigkeit erheben: In Belgien zielen mehrere Gesetzesinitiativen darauf ab, private DNAAnalysen auf Veranlassung des Vaters und/oder der Mutter zuzulassen, dies jedoch nur innerhalb des ersten Lebensjahres des Kindes, sowie auf Betreiben des Kindes innerhalb einer Frist von vier Jahren nach Eintritt seiner Volljährigkeit ; im übrigen sollen private Analysen unzulässig sein (vgl. z.B. Art. 5, 6 und 16 der Proposition de loi visant à réglementer l’usage des analyses génétiques à des fins d’identification en matière de filiation, Chambre des Représentants de Belgique Dokument Nr. 51 0066/001); in Frankreich sind außergerichtliche DNA-Analysen ohne Zustimmung des Betroffenen untersagt (vgl. Art. 16-11 Code Civil, Art. 145-15 und Art. 14520 des Code de la Santé publique, eingefügt durch Gesetz Nr. 94-654 vom 29. Juli 1994 - Loi relative au don et à l’utilisation des éléments et produits du
corps humain, à l’assistance médicale, à la procréation et au diagnostic prénatal , i.V.m. Art. 226-28 Code Pénal); in Großbritannien sind DNA-Analysen ohne Zustimmung des Betroffenen verboten (section 45 Human Tissue Act 2004); in Kanada (Provinz Quebec) bedürfen DNA-Analysen grundsätzlich der Zustimmung des Betroffenen und unterliegen andernfalls vor Gericht dem Verwertungsverbot des Art. 2858 Code Civil du Québec (vgl. Obadia, L’incidence des tests d’ADN sur le droit québécois de la filiation,McGill Law Journal 2000, 483, 502, 507); in der Schweiz sollen außergerichtliche DNA-Analysen ohne Zustimmung des Betroffenen untersagt werden (vgl. Art. 5, 6, 32, 34 und 36 des Bundesgesetzes über genetische Untersuchungen beim Menschen - GUMG - vom 8. Oktober 2004 Bundesblatt 2004, 5483; Ablauf der Referendumsfrist: 27. Januar 2005).
e) Dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes steht auch ein ebenfalls aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleitendes Recht des Vaters oder Scheinvaters auf Kenntnis seiner Vaterschaft (vgl. BVerfG FamRZ 2003, 816, 820 unter C I 3 c; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Januar 1999 -XII ZR 117/97 - FamRZ 1999, 716) nicht entgegen. Dieses ist nicht als höherwertig anzusehen (vgl. Rittner/Rittner aaO 1749; einschränkend Erman/ Holzhauer BGB 11. Aufl. § 1600 b Rdn. 8; a.A. Reichelt/Schmidt/Schmidtke FamRZ 1995, 777, 779 unter B I b; Staudinger/Rauscher aaO Einl. zu §§ 1589 ff. Rdn. 116). Das zeigt sich schon daran, daß seine Durchsetzung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren u.a. durch die gesetzliche Fristenregelung des § 1600 b BGB wesentlich eingeschränkt ist, während das aus dem informationellen Selbstbestimmungsrecht des Kindes folgende Recht, der Erhebung oder
Verwertung genetischer Daten zu widersprechen, demgegenüber keiner zeitlichen Schranke unterworfen ist. Auch hat der Gesetzgeber sich bei der Kindschaftsrechtsreform im Jahre 1997 dagegen entschieden, in jedem Fall die biologische Abstammung eines Kindes zu klären, und statt dessen hingenommen, daß die biologische Vaterschaft zugunsten des Kindeswohls unter anderem dann in den Hintergrund tritt, wenn ein Kind aufgrund seiner Geburt in die Ehe der Mutter bereits in einem Familienverbund aufwächst (vgl. Rittner/Rittner aaO 1749). Zudem verleiht das Recht auf Kenntnis der eigenen Vaterschaft oder Nichtvaterschaft selbst dann, wenn es dem Grundrecht auf Kenntnis der eigenen Abstammung gleichzustellen wäre, noch kein Recht auf Verschaffung solcher Kenntnis (vgl. Senatsurteil BGHZ 156, 153, 164 f. m.N.). Das Interesse des Vaters oder Scheinvaters, sich Gewißheit über seine Vaterschaft zu verschaffen, kann auch dann nicht als höherrangig angesehen werden, wenn es der Abwehr zivilrechtlicher Ansprüche, denen er als gesetzlicher Vater ausgesetzt ist, dienen soll. Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 27/99
vom
24. März 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1
Zum Ausschluß des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit (§ 1587 c
Nr. 1 BGB), wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte während der Ehezeit weder
erwerbstätig war, noch den gemeinsamen Haushalt überwiegend versorgt, sondern
auf Kosten des anderen Ehegatten eine Berufsausbildung absolviert hat, die es ihm
ermöglicht, sich im Rahmen einer späteren Berufsausübung eine eigene Alterssicherung
zu verschaffen.
BGH, Beschluß vom 24. März 2004 - XII ZB 27/99 - OLG Hamm
AG Dortmund
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des 4. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. November 1998 aufgehoben. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Dortmund vom 18. Mai 1998 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde werden gegeneinander aufgehoben. Beschwerdewert: bis 3.000 €

Gründe:


I.

Die Parteien haben am 12. Juli 1985 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 5. Januar 1954) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 13. Dezember 1957) am 12. März 1996 zugestellt
worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Urteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig), nachdem der Versorgungsausgleich abgetrennt worden war. Im weiteren hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich durch Beschluß gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB ausgeschlossen. Dabei hat es nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften der Ehefrau beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (LBV; weiterer Beteiligter zu 2) in Höhe von monatlich 971,03 DM sowie gesetzliche Rentenanwartschaften des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 1) in Höhe von monatlich 151,05 DM, bezogen auf den 29. Februar 1996, zu Grunde gelegt. Auf die Beschwerde des Ehemannes hat das Oberlandesgericht die Entscheidung des Amtsgerichts dahin gehend abgeändert, daß zu Lasten der für die Ehefrau beim LBV bestehenden Anwartschaften auf dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA monatliche Rentenanwartschaften in Höhe von 377,92 DM, bezogen auf den 29. Februar 1996, begründet werden. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde möchte die Ehefrau die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung erreichen. Der Ehemann beantragt die Zurückweisung der weiteren Beschwerde. Die weiteren Beteiligten haben sich im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht geäußert.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners.
1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, daß die Anwendung der Härteklausel nach § 1587 c Nr. 1 BGB vorliegend nicht gerechtfertigt sei, weil unter Berücksichtigung aller hier zu bewertenden Umstände die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht als grob unbillig erscheine. Zwar habe die Ehefrau dem Ehemann das Studium finanziert und - als Ausgleichspflichtige - den größeren Anteil an der Hausarbeit und der Kinderbetreuung wahrgenommen. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles lägen jedoch darin, daß die Ehefrau das Studium des Ehemannes nur bis zu seinem erfolgreichen Abschluß im Februar 1992 finanziert habe. Von September 1992 bis Dezember 1993 habe der Ehemann eine eigene Erwerbstätigkeit ausgeübt. Anschließende Zeiten der Arbeitslosigkeit seien unschädlich. Der Ehemann habe sich während seines Studiums nach seinen Kräften auch um Haushalt und Kinderbetreuung gekümmert , woraus die Ehefrau jedenfalls insoweit auf eine partnerschaftliche Gesinnung des Ehemannes habe schließen können. Im übrigen habe der Ehemann in gewissem Umfang zum Lebensunterhalt der Familie beigetragen, wenn er auch aus der Nachbetrachtung heraus offensichtlich den finanziellen Erfolg seiner zeitweiligen Berufstätigkeiten während seines Studiums überschätze. Schließlich seien dem Ehemann durch seine Übersiedlung nach Deutschland ebenfalls berufliche Nachteile entstanden. 2. Diese Erwägungen werden der Sachlage nicht gerecht. Zwar unterliegt es in erster Linie der tatrichterlichen Beurteilung, ob und inwieweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig nach § 1587 c Nr. 1 BGB erscheint. Die tatrichterliche Bewertung ist im Verfahren der weiteren Beschwerde nur daraufhin zu überprüfen, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt worden sind und das Gericht sein Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437, 438; vom 5. Sep-
tember 2001 - XII ZB 56/98 - FPR 2002, 86; vom 12. April 1989 - IVb ZB 159/87 - FamRZ 1989, 1060, 1061; vom 9. März 1988 - IVb ZB 147/86 - FamRZ 1988, 600; vom 18. Februar 1987 - IVb ZB 112/85 - NJW-RR 1987, 578, 579; vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1978, 362, 364 und vom 5. Oktober 1983 - IVb ZB 807/81 - FamRZ 1983, 1217, 1218). Dabei hat das Oberlandesgericht indes nicht ausreichend gewürdigt, daß die Ehefrau nicht nur für die gesamte Ausbildung des Ehemannes in Deutschland aufgekommen ist, sondern daß er auch nach Abschluß des Studiums lediglich für den Zeitraum von September 1992 bis Dezember 1993 einer eigenen Beschäftigung nachgegangen ist, während er ansonsten weiterhin vom Einkommen der Ehefrau gelebt hat, ohne sich seinerseits in angemessener Weise in den Dienst der Familie zu stellen. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts hat die Ehefrau sogar nach der Geburt der Tochter der Parteien am 10. Oktober 1987 im Erziehungsurlaub (6. Dezember 1987 bis 9. Oktober 1988) weiter gearbeitet (vom 1. Februar 1988 bis 9. Oktober 1988 als Teilzeitbeschäftigte ), um den Unterhaltsbedarf der Familie sicherzustellen. Die Ehefrau hat während sieben der acht Jahre, die die Parteien nach der Eheschließung zusammengelebt haben, durch ihre Erwerbstätigkeit nahezu allein für den Unterhalt der Familie gesorgt. Die geringen und sehr unregelmäßigen Einkünfte, die der Ehemann während seines Studiums durch Gelegenheitsarbeiten erzielt hat, fallen demgegenüber nicht ins Gewicht. Die Ehefrau hat somit sowohl das Studium des Ehemannes finanziert als ihn auch in der anschließenden Zeit seiner Arbeitslosigkeit unterhalten. Auf der anderen Seite kann nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht davon ausgegangen werden, daß der Ehemann etwa die Führung des Haushaltes übernommen hätte. Die Mithilfe, die er geleistet hat, hat sich im Wesentlichen auf die Kindesbetreuung unmittelbar nach der Geburt der Tochter beschränkt. Denn er räumt selbst ein, daß in den Jahren 1990 bis 1992 eine Betreuerin für die Tochter herangezogen werden
mußte, da seine Examensvorbereitungen ihn daran gehindert hätten, die Tochter selbst zu versorgen. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts kann die fehlende Haushaltstätigkeit des Ehemannes auch nicht etwa durch eine partnerschaftliche Gesinnung ausgeglichen werden. Indem das Oberlandesgericht selbst unter diesen Umständen nicht von der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB Gebrauch gemacht hat, hat es an das Vorliegen einer groben Unbilligkeit im Sinne dieser Bestimmung zu strenge Anforderungen gestellt. Die Anwendung der Härteklausel kommt jeweils in Betracht , wenn aufgrund besonderer Verhältnisse die uneingeschränkte Durchführung des Versorgungsausgleichs dem Grundgedanken des Rechtsinstituts in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. September 2001 aaO; vom 12. April 1989 aaO 1061; vom 9. März 1988 aaO; vom 18. Februar 1987 aaO 579 und vom 5. Oktober 1983 aaO 1218; Wick Der Versorgungsausgleich 2004 Rdn. 240). So liegt der Fall hier. Der Gesetzgeber wollte mit dem Versorgungsausgleich vornehmlich die soziale Lage desjenigen Ehegatten verbessern, der wegen in der Ehe übernommener anderer Aufgaben Einschränkungen in seiner beruflichen Entfaltung auf sich genommen und dadurch ehebedingte Nachteile in seiner versorgungsrechtlichen Lage erlitten hat (st. Rspr. des Senats seit BGHZ 74, 38, 42 ff.). Das trifft nicht auf einen Ehegatten zu, der während der Ehezeit weder erwerbstätig war, noch den Haushalt versorgt, sondern sich - wie hier der Ehemann - einer Ausbildung gewidmet hat, die es ihm zudem ermöglicht, sich im Rahmen einer späteren Berufsausübung eine Alterssicherung zu verschaffen. Er erleidet dann keine ehebedingten Nachteile im Aufbau eigener Versorgungsanwartschaften, sondern steht insoweit nicht anders da, als wenn er nicht geheiratet hätte. Allerdings vermag es für sich allein noch keine "grobe" Unbilligkeit im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB zu begründen, daß der Fall von der Grundkonstellation ab-
weicht, die dem Gesetzgeber bei der Einführung des Versorgungsausgleichs vor Augen stand. Entscheidend ist vielmehr, wie der Senat bereits mehrfach ausgesprochen hat, der Umstand, daß der erwerbstätige Teil das Studium des anderen finanziert und ihm damit die Basis für ein eigenes berufliches Fortkommen und den Aufbau einer eigenen Altersversorgung verschafft hat. Es wäre grob unbillig, ihn ohne Rücksicht darauf dem Versorgungsausgleich zu unterwerfen , daß er sein Einkommen bereits in dieser Form für den anderen Ehegatten zur Verfügung gestellt hat. Dieser würde dann aus dem Einkommen des erwerbstätigen Teils gleichsam zum zweiten Mal Nutzen ziehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. April 1989 aaO 1061; vom 9. März 1988 aaO 600; vom 18. Februar 1987 aaO 579 und vom 5. Oktober 1983 aaO 1218; Johannsen /Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 21; Wick aaO Rdn. 248). Danach war vorliegend die Durchführung des Versorgungsausgleichs insgesamt auszuschließen. Von der Heirat im Juli 1985 bis zur Trennung der Parteien im Oktober 1993 lebte der Ehemann bis auf die Zeit ab September 1992 nahezu ausschließlich vom Einkommen der Ehefrau. Auch hatte er nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts weder die Haushaltsführung übernommen , noch sich überwiegend der Kindesbetreuung gewidmet. Unter diesen Umständen wäre es grob unbillig, wenn man die Ehefrau gleichwohl zusätzlich zum Versorgungsausgleich heranziehen würde. Daß der Ehemann nach seinen Angaben sein Studium in Frankreich bis 1985 hätte abschließen können, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen , da die Parteien erst im Juli 1985 geheiratet haben. Damit kann der Abbruch des Studiums in Frankreich nicht als ehebedingter Nachteil gewertet werden.
3. Einer Zurückverweisung der Sache an den Tatrichter bedarf es nicht. Der Senat sieht sich auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer abschließenden Entscheidung in der Lage. Zwar können die Voraussetzungen des § 1587 c Nr. 1 BGB in der Regel erst dann geprüft werden , wenn ermittelt ist, welche Versorgungsanrechte die Ehegatten in der Ehezeit erworben haben. Denn erst dann wird eine Abwägung aller Umstände möglich sein (vgl. Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c Rdn. 6 m.w.N.). Vorliegend berücksichtigen die Auskünfte der weiteren Beteiligten zu 1 und 2, die das Berufungsgericht seinen Feststellungen zugrunde gelegt hat, naturgemäß noch nicht die zwischenzeitlich eingetretenen Rechtsänderungen durch das Gesetz zur Reform des öffentlichen Dienstrechts vom 24. Februar 1997 (BGBl. I S. 322) und die Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3926) und den nordrhein-westfälischen Bemessungsfaktor von 50 % für 2004 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Än derung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. September 2003 - BGBl. I S. 1798 - in Verbindung mit § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzahlung an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2003 - GVBl. S. 696) sowie die Absenkung des Rentenniveaus in der gesetzlichen Rentenversicherung durch das Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensgesetz/AVmG - vom 26. Juni 2001, BGBl. I S. 1310) und das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvorsorgevermögens (Altersvermögensergänzungsgesetz/AVmEG - vom 21. März 2001, BGBl. I S. 403; zur Anwendung des zur Zeit der Ent-
scheidung geltenden Versorgungsrechts, sofern es seinem zeitlichen Geltungswillen nach auch das ehezeitlich erworbene Versorgungsanrecht umfaßt, vgl. etwa Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 46/98 - FamRZ 2003, 435 ff. m.w.N.). Auch mit Rücksicht darauf, daß die zum Ruhegehalt gezahlte jährliche Sonderzuwendung als einheitlicher Bestandteil der Beamtenversorgung keiner Dynamisierung bedarf (vgl. Senatsbeschlüsse vom 3. Februar 1999 - XII ZB 124/98 - FamRZ 1999, 713 f.; vom 9. Februar 2000 - XII ZB 24/96 - FamRZ 2000, 748, 749 und vom 4. September 2002 - XII ZB 46/98 und XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 435, 437; 437, 438), wird aufgrund der genannten Rechtsänderungen weder eine gravierende Änderung des ermittelt en Betrages noch eine Umkehr des Versorgungsausgleichs zu Gunsten der Ehefrau in Betracht kommen. Der Senat erachtet es deswegen für ausgeschlossen, daß das Beschwerdegericht bei den vorliegenden Gegebenheiten nach Ermittlung der zutreffenden Beträge sein Ermessen in anderer Weise ausübt, als den Versorgungsausgleich insgesamt auszuschließen, und entscheidet daher selbst abschließend.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

(1) Das Rechtsbeschwerdegericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rechtsbeschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rechtsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(2) Der Prüfung des Rechtsbeschwerdegerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die geltend gemachten Rechtsbeschwerdegründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf die angefochtene Entscheidung nur geprüft werden, wenn die Mängel nach § 575 Abs. 3 und § 574 Abs. 4 Satz 2 gerügt worden sind. § 559 gilt entsprechend.

(3) Ergibt die Begründung der angefochtenen Entscheidung zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

(4) Wird die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen. § 562 Abs. 2 gilt entsprechend. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Gerichts erfolgen, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde liegt, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(5) Das Rechtsbeschwerdegericht hat in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung der Entscheidung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist. § 563 Abs. 4 gilt entsprechend.

(6) Die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde ergeht durch Beschluss. § 564 gilt entsprechend. Im Übrigen kann von einer Begründung abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 107/04
vom
11. September 2007
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1
Zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB bei
einer sogenannten phasenverschobenen Ehe und Erwerb von Versorgungsanrechten
während einer längeren Trennungszeit.
BGH, Beschluss vom 11. September 2007 - XII ZB 107/04 - OLG München
AG Fürstenfeldbruck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. September 2007 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 22. März 2004 aufgehoben. Die Beschwerde gegen Ziffer 2 des Entscheidungssatzes des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürstenfeldbruck vom 28. Mai 2003 wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller. Beschwerdewert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.
2
Die am 11. September 1981 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den am 28. September 2002 zugestellten Antrag durch Urteil vom 28. Mai 2003 geschieden.
3
In der Ehezeit (1. September 1981 bis 31. August 2002, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Ehegatten Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, und zwar die Antragsgegnerin (Ehefrau, geb. am 3. März 1943) in Höhe von 908,02 € und der Antragsteller (Ehemann, geb. am 17. Mai 1933) in Höhe von 688,34 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Außerdem haben beide Ehegatten in der Ehezeit Anrechte auf eine betriebliche Altersversorgung bei der Versorgungskasse der Angestellten der Münchener Rückversicherungsgesellschaft erworben, und zwar die Ehefrau in Höhe von 434,28 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. Mai 1981 bis 30. April 2003) und der Ehemann in Höhe von 318,31 € (Betriebszugehörigkeit vom 1. April 1972 bis 31. Dezember 1993), jeweils monatlich und bezogen auf den 31. August 2002. Die Ehefrau war während der gesamten Ehezeit erwerbstätig ; der - zehn Jahre ältere - Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Vollrente wegen Alters. Die Parteien leben seit dem 15. Januar 1995 getrennt.
4
Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB ausgeschlossen. Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde des Ehemannes den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto der Ehefrau auf das Versicherungskonto des Ehemannes im Wege des Splittings Rentenanwartschaften in Höhe von (908,02 € - 688,34 € = 219,68 € : 2 =) 109,84 € sowie zum Ausgleich der Betriebsrenten im Wege des erweiterten Splittings weitere Rentenanwartschaften in Höhe von 46,90 € übertragen hat. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau, mit der sie hinsichtlich des Versorgungsausgleichs die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.

II.

5
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
6
1. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts liegen keine Gründe vor, die es rechtfertigen könnten, den Versorgungsausgleich nach § 1587 c BGB als grob unbillig auszuschließen.
7
Der Versorgungsausgleich bewirke, dass die in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte im Falle des Scheiterns der Ehe gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt würden. Diese Versorgungsgemeinschaft der Parteien sei von Beginn der Ehe an dadurch gekennzeichnet gewesen, dass der Ehemann, der zehn Jahre älter als die Ehefrau sei, vor der Ehefrau in Rente gehen und deshalb wesentlich früher als diese keine Beiträge zur Versorgungsgemeinschaft mehr werde leisten können. Dafür habe aber der Ehemann während der Zeit seiner Erwerbstätigkeit aufgrund seines höheren Einkommens höhere Anwartschaften als die Ehefrau erworben.
8
Auch die relativ lange Trennungszeit von 7 ½ Jahren (vom 15. Januar 1995 bis zum Ende der Ehezeit) lasse den Versorgungsausgleich nicht als grob unbillig erscheinen, da ihr ca. 14 Jahre des ehelichen Zusammenlebens (Eheschließung September 1981 bis Trennung Januar 1995) gegenüberstünden.
9
Schließlich könne auch die beiderseitige Versorgungssituation eine grobe Unbilligkeit nicht begründen. Der Ehemann verfüge über Renteneinkünfte in Höhe von 2.223,93 €, die sich bei Durchführung des Versorgungsausgleichs um 167,83 € auf 2.391,76 € erhöhen würden. Die Ehefrau werde bei ihrem Renteneintritt im September 2006 und bei Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Altersrente von ca 1.900 € zur Verfügung haben. Ein erhebliches wirt- schaftliches Ungleichgewicht zu Lasten der Ehefrau sei danach nicht festzustellen.
10
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
Eine unbillige Härte im Sinne des § 1587 c BGB liegt nur vor, wenn eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238, 1239). Ob und inwieweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs danach grob unbillig erscheint, unterliegt tatrichterlicher Beurteilung, die vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetz entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.
12
Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, dass jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (etwa Senatsbeschlüsse vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182). Aus diesem Grunde werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglich gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch die Trennung der Eheleute aufgehoben ist. Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensge- meinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben. Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen; insbesondere sollte dem Ausgleichspflichtigen die Möglichkeit genommen werden , den Ausgleichsanspruch durch Trennung vom Ehegatten zu manipulieren. Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit schon für sich genommen einen zumindest teilweisen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183; vgl. auch Senatsbeschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - FamRZ 2006, 769, 770). Für die Dauer der Trennung lässt sich dabei kein allgemeiner Maßstab anlegen. Sie wird aber um so eher zur Anwendung der Härteklausel führen, je länger sie im Verhältnis zum tatsächlichen Zusammenleben gewährt hat (Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 24).
13
Ob - wie im vorliegenden Fall - eine Trennungszeit von 7 ½ Jahren bei einer Zeit des Zusammenlebens als Eheleute von etwas mehr als dreizehn Jahren (1. September 1981 bis 15. Januar 1995) für sich allein den Ausschluss des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht hier nicht entschieden zu werden. Als weiterer Umstand ist vorliegend nämlich zu berücksichtigen, dass es sich aufgrund des Altersunterschieds der Parteien um eine sog. „phasenverschobene Ehe“ handelt. Der Ehemann bezieht seit dem 1. Juni 1996 - mithin seit mehr als sechs Jahren vor dem Ende der Ehezeit (31. August 2002) - Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung; seine für die betriebliche Altersversorgung maßgebliche Betriebszugehörigkeit endete bereits am 31. Dezember 1993, also sogar noch deutlich vor der Trennung der Parteien (am 15. Januar 1995).
14
Wie der Senat - nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden hat, kann der Ausgleich von Versorgungsanrechten, die ein Ehegatte nach der Trennung bis zum Ende der Ehe erworben hat, im Zusammenhang mit einer langen Trennungszeit zu einer groben Unbilligkeit im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB führen, wenn der ausgleichspflichtige Überschuss an Versorgungsanrechten , die dieser Ehegatte erzielt hat, nicht auf seiner höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit während der Ehezeit beruht, sondern auf dem Umstand , dass der andere Ehegatte nach der Trennung aufgrund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183). So liegen die Dinge auch hier: Zwar hat der Ehemann nach der Trennung der Parteien noch für die Dauer von rund 1 ½ Jahren Versorgungsanrechte der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Bis zur Trennung hatte die Ehefrau jedoch aufgrund ihres geringeren Einkommens niedrigere Versorgungsanwartschaften begründet.
15
Die ehezeitbezogene Versorgungsdifferenz zugunsten des Ehemannes ergibt sich - wie vom Amtsgericht festgestellt und vom Oberlandesgericht in Bezug genommen - nur aus dem Umstand, dass die Ehefrau Versorgungsanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung wie auch der betrieblichen Altersversorgung noch zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem die Parteien bereits getrennt gelebt haben, die Versorgungsgemeinschaft der Parteien also nicht mehr bestanden hat. Dies rechtfertigt es, den Versorgungsausgleich gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB als grob unbillig auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als die beiderseitige Versorgungslage der Ehegatten ein Übergewicht zugunsten des Ehemannes ergibt, das nicht noch durch eine Teilhabe des Ehemannes an dem erst nach der Trennung der Parteien erzielten Versorgungsmehrerwerb der Ehefrau verstärkt werden sollte.
16
3. Nach allem kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der Senat vermag in der Sache abschließend zu entscheiden: Der Versorgungsausgleich zugunsten des Ehemannes ist auszuschließen, die Beschwerde des Ehemannes gegen die - den Versorgungsausgleich ausschließende - Entscheidung des Amtsgerichts zurückzuweisen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Vorinstanzen:
AG Fürstenfeldbruck, Entscheidung vom 28.05.2003 - 4 F 1047/02 -
OLG München, Entscheidung vom 22.03.2004 - 2 UF 1164/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 2/02
vom
29. März 2006
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 c Nr. 1

a) Auch bei langer Trennungszeit erfordert die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs
wegen grober Unbilligkeit nach § 1587 c Abs. 1 Nr. 1 BGB im
Einzelfall eine Gesamtwürdigung aller wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen
Verhältnisse beider Ehegatten.

b) Hat der ausgleichspflichtige Ehegatte während einer langen Trennungszeit
(hier: 17 Jahre) widerspruchslos Trennungsunterhalt gezahlt, ohne von dem
ausgleichsberechtigten Ehegatten die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen
Erwerbstätigkeit zu fordern, kann der Ausgleichsberechtigte ein
schutzwürdiges Vertrauen auf Teilhabe an den bis zum Ende der Ehezeit erworbenen
Anrechten auf Altersversorgung des Ausgleichsverpflichteten haben.
BGH, Beschluss vom 29. März 2006 - XII ZB 2/02 - OLG Frankfurt
AG Kassel
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. März 2006 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des 2. Familiensenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. November 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der weiteren Beschwerde - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 3.945 €.

Gründe:


I.

1
Der am 10. Januar 1942 geborene Antragsteller und die am 11. September 1944 geborene Antragsgegnerin haben am 26. April 1963 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind drei Kinder hervorgegangen, von denen das Jüngste 1966 geboren wurde. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 14. September 1999 zugestellt; das am 11. August 2000 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Die Parteien hatten sich im Jahre 1982 (nicht: 1980) getrennt. Die Antragsgegnerin war damals mit den gemeinsamen Kindern aus der Ehewohnung ausgezogen. Während der gesamten Trennungszeit hatte der Antragssteller aufgrund außergerichtlicher Vereinbarungen der Parteien Unterhalt an die Antragsgegnerin gezahlt, zuletzt in Höhe von monatlich 1.000 DM (511 €). Die Antragsgegnerin ist gelernte technische Zeichnerin, war jedoch seit 1964 nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt; sie ist in der Ehezeit lediglich unregelmäßig geringfügigen Beschäftigungen nachgegangen. Im Rahmen des Scheidungsverbundes haben sich die Parteien vor dem Amtsgericht - Familiengericht - auf einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.075 DM (549,64 €) geeinigt.
3
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts - Familiengericht - haben die Parteien während der gesetzlichen Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999; § 1587 Abs. 2 BGB) folgende Versorgungsanrechte erworben, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit: der Antragsteller bei der Bahnversicherungsanstalt (jetzt Deutsche Rentenversicherung Knappschaft - Bahn - See, fortan: DRV KBS; weitere Beteiligte zu 2) gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 157,60 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen (weitere Beteiligte zu 3) Anrechte auf eine Beamtenversorgung in Höhe von 3.059,48 DM, die Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund, fortan: DRV Bund; weitere Beteiligte zu 1) Anwartschaften in Höhe von 185,77 DM.
4
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, dass vom Versicherungskonto des Antragstellers bei der DRV KBS auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 1.515,66 DM (774,94 €), bezogen auf den 31. August 1999, übertragen werden sollten. Dem Begehren des Antragstellers, den Versorgungsausgleich nur beschränkt durchzuführen, hat es nicht entsprochen.
5
Auf die Beschwerde der DRV Bund, der DRV KBS und des Antragstellers hat das Oberlandesgericht die Entscheidung über den Versorgungsausgleich dahin abgeändert, dass zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Antragstellers bei dem Bundeseisenbahnvermögen auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der DRV Bund Rentenanwartschaften in Höhe von 872,67 DM (446,19 €), bezogen auf den 30. Juni 1992, begründet werden. Wegen der langen Trennungszeit der Parteien ist das Oberlandesgericht vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende ausgegangen und hat bei den weiteren Beteiligten zu 1-3 entsprechende Auskünfte eingeholt. Danach hat der Antragsteller während der fiktiven Ehezeit (1. April 1963 bis 30. Juni 1992) bei der DRV KBS Anwartschaften auf eine Altersrente von 135,24 DM und bei dem Bundeseisenbahnvermögen Anwartschaften auf Beamtenversorgung in Höhe von 1.778,25 DM erworben, die Antragsgegnerin bei der DRV Bund monatliche gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von 168,17 DM.
6
Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin das Ziel eines ungekürzten Versorgungsausgleichs weiter.

II.

7
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
8
1. Das Oberlandesgericht, das die Voraussetzungen des Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 EheRG zu Recht verneint hat, hat eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB für gerechtfertigt gehalten und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die uneingeschränkte Durchführung des Wertausgleichs zugunsten der Antragsgegnerin führe wegen der langen Trennungszeit und unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Falles zu einem grob unbilligen Ergebnis. Das jüngste Kind der Parteien sei 1985 volljährig geworden. Der damals 51 Jahre alten Antragsgegnerin sei es noch möglich gewesen , innerhalb der dann noch 14 Jahre währenden Trennungszeit eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit auszuüben und zumindest teilweise eine eigene Altersversorgung aufzubauen. Es sei unbillig, dem Antragsteller nun entgegenzuhalten , er habe über Jahre hinweg ohne hinreichenden Grund Trennungsunterhalt gezahlt, und ihm über diese wirtschaftliche Belastung hinaus auch noch die hälftige Kürzung seiner Versorgungsanwartschaften zuzumuten. Dem zwischenzeitlich pensionierten Antragsteller bliebe in diesem Fall nicht einmal der angemessene Selbstbehalt. Auch sei er entsprechend seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten nicht in der Lage gewesen, den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin sicherzustellen. Über diesen hätte die Antragsgegnerin nur aufgrund einer eigenen Erwerbstätigkeit verfügen können. Da sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres des jüngsten Kindes zumindest eine Halbtagstätigkeit habe ausüben können, erscheine es angemessen , für den Versorgungsausgleich die Zeit von 1985 bis zur Zustellung des Scheidungsantrages nur zur Hälfte zu berücksichtigen, weshalb vom 30. Juni 1992 als fiktivem Ehezeitende auszugehen sei.
9
2. Diese Ausführungen des Oberlandesgerichts halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB erscheint, unterliegt zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung, die im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf hin zu überprüfen ist, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2005 - XII ZB 135/02 - FamRZ 2005, 1238; vom 5. September 2001 - XII ZB 56/98 - FPR 2002, 86 und vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Selbst auf der Grundlage dieser eingeschränkten Überprüfbarkeit kann der angefochtene Beschluss aber keinen Bestand haben.
11
a) Zu Recht geht das Oberlandesgericht allerdings im Ansatz davon aus, eine lange Trennungszeit der Parteien könne Anlass sein, den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs wegen grober Unbilligkeit zu überprüfen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB zu berücksichtigende Umstände könnten auch darin bestehen, dass eine Versorgungsgemeinschaft wegen ungewöhnlich kurzer Ehedauer nicht entstanden (Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVb ZR 513/80 - FamRZ 1981, 944, 945) oder durch lange Trennung der Ehegatten aufgehoben worden sei (Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 f.; vom 28. Oktober 1992 - XII ZB 42/91 - FamRZ 1993, 302, 303; vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1182 f. und vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - FamRZ 2005, 2052, 2053). In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll (Senatsbeschlüsse vom 28. September 2005 aaO S. 2053; vom 19. Mai 2004 aaO S. 1182 und vom 28. Oktober 1992 aaO S. 303). Hat eine Versorgungsgemeinschaft wegen langer Trennungszeit nicht mehr bestanden, kann eine Korrektur des Versorgungsausgleichs deshalb unter Billigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt sein (h.M., vgl. OLG Köln Beschluss vom 10. Juli 2003 - 21 UF 251/02 - veröffentlicht bei juris; OLG Brandenburg FamRZ 2002, 756 f. und 1998, 682, 683; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1223; OLG Celle FamRZ 2001, 163, 164; OLG Hamm FamRZ 2000, 160, 161; KG FamRZ 1997, 31 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1323 f.; OLG München FamRZ 1985, 79 f.; MünchKomm/Dörr BGB 4. Aufl. § 1587 c Rdn. 30; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 c BGB Rdn. 23; Staudinger/Rehme BGB 2003 § 1587 c Rdn. 44; Wick Der Versorgungsausgleich Rdn. 255; a.A. Erk/Deisenhofer FamRZ 2003, 134, 136).
12
b) Einer Beschränkung des Versorgungsausgleichs steht dabei nicht entgegen, dass § 1587 BGB den Wertausgleich grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorschreibt. Die Regelung beruht in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen , insbesondere wollte der Gesetzgeber dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit nehmen, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2004 aaO S. 1183; BT-Drucks. 7/4361, S. 36). Allerdings erfordert § 1587 c Nr. 1 BGB für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Wertausgleichs eine grobe Unbilligkeit, d.h. eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs muss unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2005 aaO S. 1239). Hierbei verbietet sich eine schematische Betrachtungsweise. Die grobe Unbilligkeit muss sich vielmehr wegen des Ausnahmecharakters von § 1587 c BGB im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (BVerfG FamRZ 2003, 1173, 1174; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c Rdn. 30; Palandt/Brudermüller BGB 65. Aufl. § 1587 c Rdn. 19, 25).
13
c) Die Feststellungen des Oberlandesgerichts rechtfertigen die Annahme einer groben Unbilligkeit nicht.
14
aa) Die Parteien lebten zwar bis zur Zustellung des Scheidungsantrages (14. September 1999) von insgesamt 36 Ehejahren ca. 17 Jahre - und damit nahezu die Hälfte der Ehezeit - voneinander getrennt. Zudem weist das Oberlandesgericht zu Recht darauf hin, bei längerem Getrenntleben bestehe auch für einen bislang ausschließlich den Haushalt führenden Ehegatten im Alter von 51 Jahren grundsätzlich noch eine Erwerbsobliegenheit (Senatsurteil BGHZ 109, 211 ff. = FamRZ 1990, 283, 286), um seine Altersversorgung zumindest teilweise selbst aufzubauen. Der Antragsteller hat allerdings während der gesamten Trennungszeit freiwillig monatliche Unterhaltszahlungen geleistet, die das wesentliche Einkommen der Antragsgegnerin darstellten. Erstmals mit Anwaltsschriftsatz vom 27. Oktober 1999, somit nach Zustellung des Scheidungsantrags , hat er die Antragsgegnerin darauf verwiesen, sie hätte zumindest seit der Volljährigkeit des jüngsten Sohnes einer Erwerbstätigkeit nachgehen und so eigene Versorgungsanrechte erwerben müssen. Mit den widerspruchslosen Zahlungen während der langen Trennungszeit hat der Antragsteller aber nicht nur unterhalts-rechtlich einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der den Zeitpunkt für eine Erwerbsobliegenheit der Antragsgegnerin hinausschiebt (vgl. OLG Köln FamRZ 1999, 853; OLG Hamm FamRZ 1995, 1580; Eschenbruch/Mittendorf Der Unterhaltsprozess 3. Aufl. Rdn. 6267; Erman /Heckelmann BGB 11. Aufl. § 1361 Rdn. 23; FA-FamR/Gerhardt 5. Aufl. 6. Kap. Rdn. 260; Wendl/Staudigl/Pauling Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 4 Rdn. 25; Johannsen/Henrich/Büttner aaO § 1361 BGB Rdn. 26; Staudinger/Hübner aaO 2000 § 1361 Rdn. 187; Palandt /Brudermüller aaO § 1361 Rdn. 13; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. Rdn. 391; vgl. für den nachehelichen Unterhalt Senatsurteil vom 31. Januar 1990 - XII ZR 36/89 - FamRZ 1990, 496, 498). Er hat zugleich zu erkennen gegeben, die eheliche Solidarität nach der Trennung nicht vollkommen aufkündigen zu wollen, sondern die Antragsgegnerin an seinen in der Trennungszeit erworbenen Versorgungsanrechten teilhaben zu lassen. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist es dabei unerheblich, dass der Antragsteller den vollständigen eheangemessenen Bedarf der Antragsgegnerin nicht sicherstellen konnte. Für die Annahme eines schutzwürdigen Vertrauenstatbestandes ist vielmehr entscheidend, dass sich die Antragsgegnerin erkennbar auf die monatlichen Unterhaltsleistungen verließ, davon im Wesentlichen ihren Lebensunterhalt bestritt und gerade auch deswegen keine Notwendigkeit sah, sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bemühen. Seine Legitimation findet der ungekürzte Versorgungsausgleich letztlich in dem Umstand, dass sich die Parteien während der gesamten Trennungszeit wirtschaftlich nicht verselbständigt haben. Es ist deshalb nicht grob unbillig, sondern vielmehr geboten, die Antragsgegnerin an den vom Antragsteller erworbenen Anrechten auf Altersversorgung ungekürzt teilhaben zu lassen.
15
bb) Dass dem Antragsteller durch den Versorgungsausgleich nicht einmal der eigene angemessene Selbstbehalt verbleibt, wie das Oberlandesgericht meint, kann eine Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nicht rechtfertigen. Zwar darf der Versorgungsausgleich nicht zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht zu Lasten des Ausgleichspflichtigen führen. Unterhaltsrechtlich erhebliche Selbstbehaltgrenzen bestehen dabei indessen nicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 - IVb ZB 813/80 - FamRZ 1981, 756, 757 und vom 16. Dezember 1981 - IVb ZB 555/80 - FamRZ 1982, 258, 259; Schwab/Hahne Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Teil VI Rdn. 283; Palandt/Brudermüller aaO § 1587 c Rdn. 21; MünchKomm/Dörr aaO § 1587 c BGB Rdn. 19). Eine durch den Versorgungsausgleich entstehende Bedürftigkeit des Verpflichteten kann bei der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB allenfalls dann relevant werden, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits unter Berücksichtigung außerhalb der Ehezeit erworbener Anwartschaften oder seines sonstigen Vermögens über eine ausreichende Altersversorgung verfügt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 29. April 1981 aaO S. 757 f. und vom 16. Dezember 1981 aaO S. 259; Johannsen/Henrich/Hahne aaO § 1587 c BGB Rdn. 7). Entsprechende Umstände sind vorliegend aber weder festgestellt noch sonst ersichtlich.
16
cc) Schließlich lässt sich dem ungekürzten Versorgungsausgleich nicht entgegengehalten, der Antragsteller habe andernfalls zur Vermeidung finanzieller Nachteile erst nach einer Verurteilung Trennungsunterhalt zahlen dürfen oder bald möglichst Scheidungsantrag stellen müssen, was dem aus Art. 6 GG folgenden Gebot der Eheerhaltung zuwiderlaufe (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 1322, 1324). Um das schutzwürdige Vertrauen der Antragsgegnerin zu erschüttern, wäre es nicht erforderlich gewesen, einen zeitnahen Scheidungsantrag zu stellen oder die Unterhaltszahlungen sofort einzustellen. Es hätte im Interesse einer wirtschaftlichen Verselbständigung und Entflechtung der Eheleute während der langen Trennungszeit genügt, auf eine Erwerbstätigkeit der Antragsgegnerin zu drängen.
17
dd) Im Übrigen würde es rechtlichen Bedenken begegnen, zur Kürzung des Ausgleichsanspruchs der Ehefrau nach § 1587 c Nr. 1 BGB das Ehezeitende fiktiv auf den 30. Juni 1992 vorzuverlegen. Die Bewertung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte ist immer auf das Ende der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB vorzunehmen, an die das Gesetz die für die Berechnung der Anrechte maßgebenden rentenrechtlichen Faktoren knüpft (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2001 - XII ZB 106/96 - FamRZ 2001, 1444, 1446). Um einen bestimmten Teil der Ehezeit im Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen, sind deshalb grundsätzlich die auf die auszuschließende (Trennungs-)Zeit entfallenden Anwartschaften auf das gesetzliche Ehezeitende bezogen zu ermitteln und von den auf die gesamte Ehezeit entfallenden Anwartschaften abzuziehen (Wick aaO Rdn. 255). Nicht zulässig ist es, stattdessen das Ende der Ehezeit vorzuverlegen.
18
3. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da die Einholung neuer Versorgungsauskünfte erforderlich ist. Die Höhe des für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ruhegeldes des bereits bei dem Bundeseisenbahnvermögen im Versorgungsbezug stehenden Antragstellers ist unter Berücksichtigung der Auswirkungen des Versorgungsänderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) zu ermitteln. Im Übrigen konnten die vom Amtsgericht - Familiengericht - für die gesamte Ehezeit (1. April 1963 bis 31. August 1999) eingeholten Auskünfte der DRV KBS vom 16. Dezember 1999 und der DRV Bund vom 19. April 2000 die Änderungen der Rechtslage durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG vom 21. März 2001, BGBl. I, 403) nicht berücksichtigen. Die Sache war deshalb an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen, damit der Versorgungsausgleich unter Zugrundelegung neuer Auskünfte der beteiligten Versorgungsträger geregelt werden kann.
Hahne Sprick Weber-Monecke Fuchs Dose

Vorinstanzen:
AG Kassel, Entscheidung vom 11.08.2000 - 512 F 1964/99 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 29.11.2001 - 2 UF 264/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 75/02
vom
26. November 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 1587 Abs. 2, 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2, 1587 o;
BeamtVG §§ 14 Abs. 1 und 6, 69 e i.d.F. des Versorgungsänderungsgesetzes vom
20. Dezember 2001 (BGBl I S. 3926 ff.)

a) Zur Berechnung der Herabsetzung des Versorgungsausgleichs aufgrund einer
Vereinbarung der Ehegatten (hier: beamtenrechtliche Versorgungsansprüche und
berufsständische Anwartschaften).

b) Bei der Bewertung von Beamtenversorgungen zum Zwecke des Versorgungsausgleichs
bei Entscheidungen ab dem 1. Januar 2003 sind die zu diesem Zeitpunkt
in Kraft getretenen Regelungen des Versorgungsänderungsgesetzes vom
20. Dezember 2001 zu berücksichtigen (im Anschluß an Senatsbeschluß vom
7. Oktober 1992 - XII ZB 5/91 - FamRZ 1993, 414). Danach ist der verminderte
Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % maßgeblich.
BGH, Beschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 - OLG Celle
AG Hannover
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. November 2003 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 30. April 2002 wird auf seine Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der monatliche Ausgleichsbetrag , bezogen auf den 31. Mai 2000, nicht 333,57 DM, sondern 334,32 DM beträgt. Beschwerdewert: 500

Gründe:


I.

Die Parteien haben am 11. Juli 1980 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin) am 15. Juni 2000 zugestellt worden. Beide Parteien haben in der Ehezeit (1. Juli 1980 bis 31. Mai 2000; § 1587 Abs. 2 BGB) Versorgungsanrechte erworben, und zwar der Ehemann eine berufsständische Versorgung bei der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen (im folgenden: Rechtsanwaltsversorgung; weitere Beteiligte zu 3) und die Ehefrau Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung (Bundes-
versicherungsanstalt für Angestellte, im folgenden: BfA; weitere Beteiligte zu 1) und in der Beamtenversorgung Niedersachsen (Niedersächsisches Landesamt für Bezüge und Versorgung, im folgenden: NLBV; weiterer Beteiligter zu 2). Abweichend von der gesetzlichen Regelung des Ehezeitendes gemäß § 1587 Abs. 2 BGB hatten die Parteien zunächst durch notarielle Scheidungsfolgenvereinbarung vom 12. Juli 2000 vereinbart, "daß als Eheende der 31. Juli 1998 genommen werden und auf dieser Basis eine Abrechnung erfolgen soll. Danach ergibt sich für die Ehefrau eine monatliche Rentenanwartschaft (sic!) von 991,80 DM, für den Ehemann eine solche von 1.667,99 DM; auszugleichen ist ein Betrag von 338,10 DM. Das Familiengericht wird gebeten, die Vereinbarung über den Versorgungsausgleich zu genehmigen und eine entsprechende Regelung zu treffen." Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Vereinbarung der Parteien zum Versorgungsausgleich genehmigt, durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB für die Ehefrau gesetzliche Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 338,10 DM, bezogen auf den 31. Juli 1998, auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA begründet hat. Dabei hat das Amtsgericht die Versorgungsanwartschaften der Parteien nicht selbst ermittelt, sondern die Auskünfte der Rechtsanwaltsversorgung und des NLBV, die die Parteien eingeholt hatten und die jeweils auf den 31. Juli 1998 als vertraglich vereinbartes Ehezeitende bezogen waren, zu Grunde gelegt. Mit ihren hiergegen gerichteten Beschwerden haben die BfA und das NLBV geltend gemacht, das Amtsgericht habe sie zu Unrecht am Verfahren über den Versorgungsausgleich nicht beteiligt und die von der Ehefrau in der
Ehezeit bei der BfA erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften unberücksichtigt gelassen. Das Oberlandesgericht hat rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der Parteivereinbarung zum Versorgungsausgleich vom 12. Juli 2000 erhoben. Daraufhin haben die Parteien diese durch weitere notarielle Vereinbarung vom 5. Dezember 2001 dahingehend abgeändert, "daß als Eheende der 31. Juli 1998 genommen werden und auf dieser Basis eine Abrechnung aller Rentenanwartschaften erfolgen soll". Nach Einholung neuer Auskünfte hinsichtlich der von den Parteien während der Ehezeit gemäß § 1587 Abs. 2 BGB erworbenen Versorgungsanwartschaften hat das Oberlandesgericht für den Ehemann berufsständische Anwartschaften bei der Rechtsanwaltsversorgung in Höhe von 2.001,04 DM festgestellt und für die Ehefrau Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA in Höhe von 138,95 DM, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit, sowie beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften - unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 - in Höhe von monatlich 1.136,15 DM. Das Oberlandesgericht hat die den Versorgungsausgleich modifizierende Parteivereinbarung vom 5. Dezember 2001 genehmigt und die Entscheidung des Amtsgerichts - unter Berücksichtigung der Vereinbarung - dahingehend abgeändert, daß es im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der Rechtsanwaltsversorgung Niedersachsen auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von 333,57 DM monatlich, bezogen auf den 31. Mai 2000, begründet hat.
Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des NLBV, mit der es geltend macht, die beamtenrechtlichen Versorgungsanwartschaften der Ehefrau hätten nicht unter Berücksichtigung des erwähnten verminderten Ruhegehaltssatzes bewertet werden dürfen, da das Versorgungsänderungsgesetz 2001 erst am 1. Januar 2003 in Kraft treten werde. Die Parteien haben sich im Rechtsmittelverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. i.V. mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist im wesentlichen nicht begründet. 1. a) Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2002, 823 ff. veröffentlicht ist, ist im Anschluß an die ständige Rechtsprechung des Senates (vgl. Senatsbeschlüsse vom 28. Mai 1986 - IVb ZB 63/82 - FamRZ 1986, 890, 892; vom 7. Oktober 1987 - IVb ZB 4/87 - FamRZ 1988, 153, 154; vom 4. Oktober 1989 - IVb ZB 106/88 - FamRZ 1990, 273, 274 f.; vom 4. Oktober 1989 - IVb ZB 30/88 - FamRZ 1990, 384, 386; vom 18. Juli 2001 - XII ZB 106/96 - FamRZ 2001, 1444, 1445 ff.) zutreffend davon ausgegangen, daß die Parteien durch Vereinbarung im Zusammenhang mit der Scheidung nach § 1587 o BGB zwar nicht das Ehezeitende vorverlegen können, da es nicht ihrer Dispositionsbefugnis unterliegt (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Juli 2001 aaO S. 1446 m.w.N.). Sie können aber grundsätzlich den Versorgungsausgleich teilweise ausschließen, indem sie vereinbaren, daß die in einem bestimmten Teil der Ehezeit erworbenen Anwartschaften nicht in den Versorgungsausgleich
einbezogen werden sollen. Die Dispositionsbefugnis der Ehegatten wird nur insoweit begrenzt, als sie den durch die §§ 1587 ff. BGB abgesteckten Rahmen für Eingriffe in öffentlich-rechtliche Versorgungsverhältnisse nicht überschreiten darf. Deshalb ist eine Vereinbarung nach §§ 1587 o Abs. 1 Satz 2, 134 BGB nichtig, wenn sie zur Folge hat, daß zu Lasten des Ausgleichspflichtigen mehr Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung übertragen werden, als dies bei Einbeziehung aller in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften der Fall wäre. Ebensowenig darf sich durch die Vereinbarung die Richtung ändern, in der nach der gesetzlichen Regelung der Ausgleich zu erfolgen hätte (vgl. nur Senatsbeschluß vom 18. Juli 2001 aaO S. 1445).
b) Vor diesem Hintergrund hat das Beschwerdegericht, das die Ehegatten vor Abschluß der zweiten notariellen Vereinbarung auf die rechtlichen Bedenken gegen die erste Vereinbarung hingewiesen hatte, die notarielle Vereinbarung vom 5. Dezember 2001 zur Erhaltung ihres Geltungswillens dahingehend ausgelegt, daß (lediglich) die zeitlich nach dem vereinbarten Ehezeitende erworbenen Anrechte aus dem Versorgungsausgleich herausgenommen werden sollten. Dies begegnet - ebenso wie der Abschluß einer weiteren Vereinbarung während des Beschwerdeverfahrens und deren Genehmigung durch das Beschwerdegericht (vgl. dazu etwa Senatsbeschluß vom 24. März 1982 - IVb ZB 530/80 - FamRZ 1982, 688, 688 f.) - keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Juli 2001 aaO S. 1446) und wird von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffen.
c) Die Vereinbarung der Ehegatten ist danach in der Weise umzusetzen, daß die auf die gesamte Ehezeit entfallenden Anwartschaften um diejenigen bereinigt werden, die in der Zeit vom 1. August 1998 bis zum 31. Mai 2000 erworben wurden, so daß nur die verbleibenden auszugleichen sind. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden, daß dabei rechnerisch nicht die jeweils von
den Ehegatten erworbenen Versorgungsanrechte nach einem reinen Zeit/Zeit- Verhältnis - d.h. nach dem Verhältnis der gesamten Ehezeit zu der in Frage stehenden auszuschließenden Zeit - aufgeteilt werden dürfen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. Oktober 1989 - IVb ZB 106/88 - aaO S. 275 und vom 4. Dezember 1985 - IVb ZB 907/81 - FamRZ 1986, 252, 253, beide m.w.N., für Kürzungen des Versorgungsausgleichs nach Art. 12 Nr. 3 Abs. 3 Satz 3 und 4 des 1. EheRG oder durch Parteivereinbarung bei gesetzlichen Rentenanwartschaften sowie Senatsbeschlüsse vom 18. Juli 2001 aaO S. 1446 und vom 22. Oktober 1986 - IVb ZB 55/83 - FamRZ 1987, 145, 149, ebenfalls m.w.N., bei einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes). Denn dies würde zu Unbilligkeiten führen, soweit die Parteien in der auszuschließenden Zeit und in der übrigen Ehezeit unterschiedlich hohe Versorgungsanrechte erlangt haben. Vielmehr stehen zwei Berechnungsweisen offen, die mathematisch zum selben Ergebnis führen: Entweder wird der Ausgleichsanspruch jeweils nach den für die konkret auszugleichenden Anwartschaften geltenden Grundregeln für die auszuschließende Zeit gesondert ermittelt und der gesetzliche Ausgleichsanspruch entsprechend gekürzt oder es werden die von den Ehegatten in der gesamten Ehezeit erworbenen Anwartschaften um jeweils diejenigen gekürzt, die sie in der auszuschließenden Zeit erworben haben, und der Wertunterschied aus den so bereinigten Versorgungsanwartschaften ausgeglichen.
d) Die vorgenannten Berechnungsweisen sind grundsätzlich auch dann heranzuziehen, wenn in den Versorgungsausgleich, den die Parteien durch Vereinbarung nach § 1587 o BGB modifiziert haben, beamtenrechtliche Versorgungsansprüche oder berufsständische Anwartschaften fallen. Auch insoweit bestimmt sich der gesetzliche Ehezeitanteil nach § 1587 a Abs. 2 ff. BGB, und auch die nach der jeweiligen Parteivereinbarung auszuschließenden Teile der Versorgungsanwartschaften sind konkret für die einzelnen Anrechte nach den dort geregelten Grundsätzen zum gesetzlichen Ehezeitende zu ermitteln. Nur
so kann ein dem Halbteilungsgrundsatz entsprechendes Ergebnis erzielt werden , weil Unbilligkeiten, die durch unterschiedlich hohen Erwerb von Anwart- schaften in der ausgeschlossenen und in der übrigen Ehezeit eintreten können, vermieden werden. Dies zeigt sich hier konkret bei den gesetzlichen Rentenanwartschaften der Ehefrau, die nach den genannten Berechnungsweisen vollständig dem Versorgungsausgleich unterfallen, während bei einer reinen Zeit/Zeit-Berechnung nur 126,16 DM von 138,95 DM auszugleichen wären. Ob die Berechnungsweise zu modifizieren ist, wenn die Höhe der Gesamtversorgung durch besondere Umstände beeinflußt wird, die erst während des ausgeschlossenen Zeitraums eingetreten sind (vgl. Senatsbeschluß vom 18. Juli 2001 aaO S. 1446), bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, da solche Umstände weder festgestellt noch ersichtlich sind. Bei der Beamtenversorgung der Ehefrau ergibt sich im übrigen auf Grund der Anrechnung der gesetzlichen Rente keine Kürzung nach § 55 BeamtVG.
e) Die Berechnungsweise, die das Beschwerdegericht seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, entspricht den dargelegten Anforderungen. Es hat zur Ermittlung der auszugleichenden Teile der Versorgungsanwartschaften zunächst nach §§ 1587 a Abs. 2 Nr. 4 b (Rechtsanwaltsversorgung), 1587 a Abs. 2 Nr. 2 (gesetzliche Rentenversicherung) und 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB (beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften) jeweils den gesamten gesetzlichen Ehezeitanteil der Versorgungsanwartschaften ermittelt. Außerdem hat es, bezogen auf das gesetzliche Ehezeitende, denjenigen Anteil der jeweiligen Versorgungsanwartschaft ermittelt, der auf den auszuschließenden Zeitraum vom 1. August 1998 bis zum 31. Mai 2000 entfällt, und die gesamten Ehezeitanteile jeweils um die auszuschließenden Anteile bereinigt. In Höhe der Hälfte der verbleibenden Differenz hat es das analoge Quasisplitting durchgeführt. Wie die vom Oberlandesgericht durchgeführte Kontrollberechnung zeigt, werden dadurch im Ergebnis weder höhere Rentenanwartschaften übertragen oder
begründet, als dies bei Einbeziehung aller in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften der Fall wäre, noch wird die Richtung des Ausgleichs geändert. Grundsätzlich bestehen gegen diese Berechnungsweise daher keine rechtlichen Bedenken. Die Rechtsbeschwerde erhebt insoweit auch keine Einwendungen. 2. a) Das Oberlandesgericht hat die Beamtenversorgung der Ehefrau im Vorgriff auf das zur Zeit seiner Beschwerdeentscheidung zwar schon verkündete , aber noch nicht in Kraft getretene Versorgungsänderungsgesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926 ff.) ermittelt. Es hat hierzu ausgeführt: Der Ruhegehaltssatz bestimme sich nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Nach dessen zur Zeit der Beschwerdeentscheidung noch geltender Fassung betrage das Ruhegehalt für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875 %, insgesamt jedoch höchstens 75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge. Es dürfe jedoch nicht außer Betracht gelassen werden, daß die Beamtenversorgung durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 gekürzt worden sei. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 werde der Ruhegehaltssatz auf 1,79375 % für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Lebenszeit und der Höchstruhegehaltsatz auf 71,75 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge vermindert. Es stehe bereits fest, daß sich dies auf das künftige Ruhegehalt der Ehefrau auswirken werde. Auch wenn § 14 Abs. 1 BeamtVG i.d.F. des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 erst am 1. Januar 2003 in Kraft trete und nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Gesetzesänderungen im Rahmen der Entscheidung über den Versorgungsausgleich nur insoweit Berücksichtigung fänden, als sie nicht nur verkündet , sondern bereits in Kraft getreten seien, müsse der künftig maßgebende Ruhegehaltssatz bereits jetzt zugrunde gelegt werden. Der Versorgungsfall werde bei der Ehefrau voraussichtlich erst im Jahre 2019 eintreten. Das Versorgungsänderungsgesetz 2001 sei aber im Grundsatz bereits am 1. Januar 2001 in Kraft getreten. Das aufgeschobene Inkrafttreten der Neufassung des
§ 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG habe allein berechnungstechnische Gründe. So seien die Übergangsregelungen des §69 e BeamtVG (i.d.F. des Art. 1 Nr. 48 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001) bereits am 1. Januar 2002 in Kraft getreten. Es bestehe keine Rechtfertigung dafür, bei aktiven Beamten in einer im Laufe des Jahres 2002 zu treffenden Entscheidung noch von dem nach altem Recht maßgebenden Ruhegehalt auszugehen, obwohl auch hier sicher sei, daß der Beamte nach seiner Pensionierung nur noch das gekürzte Ruhegehalt beziehen werde. Auch im Hinblick auf § 10 a VAHRG sei die genannte Gesetzesänderung bereits zu berücksichtigen. Dies hält rechtlicher Überprüfung lediglich im Ergebnis stand, nachdem die entscheidenden Bestimmungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 (Art. 1 Nr. 11 i.V. mit Art. 20 Abs. 2 Nr. 1) nunmehr zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten sind.
b) Zutreffend geht das Oberlandesgericht im Grundsatz davon aus, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 46/98 - FamRZ 2003, 435 ff. m.w.N.) für die Regelung des Versorgungsausgleichs das zur Zeit der Entscheidung geltende Versorgungsrecht anzuwenden ist, sofern es nach seinem zeitlichen Geltungswillen auch das ehezeitlich erworbene Versorgungsanrecht umfaßt. Gesetzesänderungen sind danach auch dann zu berücksichtigen, wenn das Ehezeitende zeitlich vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung - die noch im Verfahren der weiteren Beschwerde/Rechtsbeschwerde eintreten kann - liegt, unabhängig davon, ob sie zu einer Erhöhung oder Herabsetzung des Versorgungsanspruchs führen (vgl. Senatsbeschluß vom 28. September 1994 - XII ZB 178/93 - FamRZ 1995, 27). Durch die Berücksichtigung von bis zur Entscheidung eingetretenen Änderungen durch gesetzliche Neuregelungen wird erreicht, daß die Regelung des Versorgungsausgleichs dem verfassungsrechtlich gebotenen
Grundsatz der Halbteilung (vgl. dazu etwa BVerfG FamRZ 1980, 326, 333 f.; FamRZ 1984, 653, 654; Senatsbeschluß vom 5. Februar 1986 - IVb ZB 728/81 - FamRZ 1986, 447, 448) möglichst nahekommt.
c) Ein Gesetz gilt nicht schon dann, wenn es verkündet ist, sondern erst dann, wenn es in Kraft getreten ist. Aus der Abänderungsmöglichkeit des § 10 a VAHRG läßt sich nichts anderes herleiten, da diese nicht dazu dient, erwartete, erst künftig eintretende Veränderungen rechtlicher oder tatsächlicher Art schon im Vorgriff zu berücksichtigen (Senatsbeschluß vom 7. Oktober 1992 - XII ZB 5/91 - FamRZ 1993, 414, 415). aa) Die Bestimmung des Inkrafttretens eines Gesetzes kann nur durch den Gesetzgeber selbst erfolgen. Mit der Verkündung eines Gesetzes, die einen integrierenden Bestandteil der Gesetzgebung darstellt, ist das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen. Hiervon zu unterscheiden ist das in Art. 82 Abs. 2 GG geregelte Inkrafttreten des Gesetzes, das den Inhalt des Gesetzes betrifft und daher materielle Bedeutung hat. Das verkündete, noch nicht in Kraft getretene Gesetz ist zwar rechtlich existent, übt jedoch noch keine Wirkungen aus; ihm fehlt die Kraft, das Rechtsleben zu gestalten. Erst das Inkrafttreten verhilft der Geltungsanordnung zur Wirksamkeit und bestimmt den zeitlichen Geltungsbereich der Vorschriften, d.h. von welchem Zeitpunkt ab die Rechtsfolgen des Gesetzes für die Normadressaten eintreten und seine Bestimmungen von den Behörden und Gerichten anzuwenden sind. Das Inkrafttreten des verkündeten Gesetzes ist somit nicht ein Teil des Gesetzgebungsverfahrens, sondern ein Teil der normativen Regelung des Gesetzes. Da die Bestimmung des Gesetzesinhalts ausschließlich den demokratischen Gesetzgebungsorganen vorbehalten ist und das Grundgesetz - abgesehen von Art. 80 Abs. 1 GG - keine Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen kennt, kann die Bestimmung des Inkrafttretens nur durch den Gesetzgeber selbst erfolgen, soweit nicht die
verfassungsrechtliche Regelung des Art. 82 Abs. 2 Satz 2 GG eingreift (BVerfGE 42, 263, 282 f.). Danach ist es nicht zulässig, im Rahmen der Berechnung der Höhe des Versorgungsausgleichs die vom Gesetzgeber getroffene Bestimmung des Inkrafttretens als "allein berechnungstechnisch" zu qualifizieren und mit dieser Begründung den zeitlichen Geltungsbereich der Vorschrift außer Acht zu lassen. Vielmehr verbleibt es dabei, daß bei der Regelung des Versorgungsausgleichs lediglich geltende, d.h. in Kraft getretene Gesetzesänderungen berücksichtigt werden dürfen. bb) Enthält eine aus mehreren Bestimmungen zusammengesetzte Vorschrift , von denen nur einige den Versorgungsausgleich betreffen, unterschiedliche Regelungen über das Inkrafttreten der einzelnen Bestimmungen, so ist im Rahmen der Entscheidung über den Versorgungsausgleich entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichtes ausschließlich maßgeblich, wann die konkret den Versorgungsausgleich betreffenden Vorschriften in Kraft treten. Insoweit kann nicht darauf abgestellt werden, daß andere Teile der Vorschrift bereits früher in Kraft getreten sind. Die Neufassung des § 14 BeamtVG durch das Versorgungsänderungsgesetz 2001 ist hinsichtlich der Höhe der Ruhegehaltsbezüge nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 aber erst zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten und galt somit zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oberlandesgerichtes noch nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Übergangsregelung des § 69 e BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 48 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001, die nach Art. 20 Abs. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 bereits am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Hierdurch ist das Inkrafttreten der Neufassung des § 14 BeamtVG durch Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsge-
setzes 2001 nicht vorverlegt worden. Vielmehr bestimmt § 69 e Abs. 2 Satz 1 und 3 BeamtVG i.d.F. des Versorgungsänderungsgesetzes 2001, daß auf Versorgungsfälle , die nach dem 31. Dezember 2001 eintreten, § 14 Abs. 1 (und 6) BeamtVG bis zum Tag vor Inkrafttreten der achten auf den 31. Dezember 2002 folgenden Anpassung nach § 70 BeamtVG noch in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung anzuwenden ist. cc) Das Oberlandesgericht hat weiter ausgeführt, die Versorgung von Beamten, die sich am 1. Januar 2002 bereits im Ruhestand befunden hätten oder im Laufe des Jahres 2002 in den Ruhestand treten würden, bestimme sich zwar vorläufig noch nach altem Recht, doch sei bereits wirksam geregelt, daß das Ruhegehalt stufenweise auf das Niveau abgeschmolzen werde, das sich aus § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG n.F. ergebe. Da der abzuschmelzende Besitzstandsanteil der Versorgung im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich nicht zu berücksichtigen sei, müsse bei Ruhestandsbeamten schon jetzt die sich nach neuem Recht ergebende Versorgung im Versorgungsausgleich zugrunde gelegt werden. Dem kann so nicht gefolgt werden. Berechnungstechnisch erfolgt die Absenkung des Höchstversorgungssatzes von bisher 75 % auf 71,75 % - voraussichtlich im Jahre 2010 - weder durch eine Kürzung noch durch eine Abschmelzung der Pensionen. Vielmehr nehmen die Pensionen nach wie vor an den allgemeinen Anpassungen nach § 70 BeamtVG teil, ab 2003 bei den nächsten acht Anpassungen allerdings lediglich mit jeweils um rund 0,5 % verminderten Zuwachsraten (vgl. Der öffentliche Dienst in Deutschland, Stand: Dezember 2002, S. 163). Wirtschaftlich entspricht dies zwar der vom Oberlandesgericht angesprochenen Abschmelzung; dies vermag aber keine innere Rechtfertigung für eine Vorabanwendung des neuen Ruhegehalts zu bilden.
dd) Nachdem § 14 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten und deshalb nunmehr anzuwenden ist, bestehen gegen die Berechnungsweise des Oberlandesgerichts entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz indessen keine Bedenken. Die Antragsgegnerin (geboren am 26. Oktober 1954) wird die Regelaltersgrenze von 65 Jahren (§ 25 Abs. 1 BRRG) im Jahre 2019 erreichen. Anhaltspunkte dafür, daß der Versorgungsausgleich zu einem früheren Zeitpunkt zum Tragen kommen sollte, sind weder festgestellt noch ersichtlich. Der Versorgungsfall wird danach jedenfalls nach 2010 und damit nach dem bisher angenommenen Ende der Übergangs-/Anpassungszeit eintreten (vgl. etwa die Begründung zu § 69 f. - entspricht § 69 e des späteren Gesetzes - des Gesetzentwurfes der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen für das Versorgungsänderungsgesetz 2001, BT-Drucks. 14/7064 S. 42). Damit kommt die Übergangsregelung nach § 69 e BeamtVG nicht mehr zur Anwendung, so daß der verminderte Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % uneingeschränkt maßgeblich sein wird. Nur diese Versorgung ist für die Antragsgegnerin - gerade auch im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz - in den Versorgungsausgleich einzustellen. ee) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des NLBV auch nicht aus der Regelung des § 255 e SGB VI. Diese Vorschrift regelt die Bestimmung des aktuellen Rentenwerts in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 und damit die rentenrechtliche Niveauabsenkung durch die Reformmaßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Rentenanwartschaften, die für die Antragsgegnerin durch das analoge Quasisplitting - unter Berücksichtigung des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, unterliegen (wie alle Anwartschaften der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung) für die
Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI. Dies beruht auf den strukturellen Unterschieden zwischen der beamtenrechtlichen Versorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung und kann nicht dadurch umgangen werden, daß für die Antragsgegnerin unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die ihr tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften in den Versorgungsausgleich eingestellt werden. Die beamtenrechtliche Versorgung und die gesetzliche Rentenversicherung sind bezüglich der Übergangsphasen nicht vergleichbar: Während für die Beamtenversorgung immerhin feststeht, daß sie auf ein Niveau von 71,75 % absinken wird und sich lediglich der Zeitraum der Übergangsphase nach § 69 e Abs. 3 und 4 BeamtVG nicht sicher bestimmen läßt, lassen sich demgegenüber für die gesetzliche Rentenversicherung weder der Zeitraum der Übergangsphase noch das Absenkungsniveau verläßlich feststellen (so im Erg. auch Bergner FamRZ 2002, 1229, 1234). Soweit in der Literatur teilweise (vgl. Bergner aaO, 1233) Berechnungen der beamtenrechtlichen Anwartschaften für den Eintritt des Versorgungsfalls in der Übergangsphase mit dem zum Beginn der Versorgung maßgebenden Anpassungsfaktor durchgeführt werden, stehen diese ausdrücklich unter der vereinfachenden Prämisse einer jährlichen Anpassung ab 2003 und der zusätzlichen Annahme, daß die Versorgung in einem Kalendermonat beginnt, in dem die jeweilige Anpassung bereits in Kraft getreten ist. Die Berechnungen führen folgerichtig zu dem Ergebnis, daß diese Vorgehensweise im Regelfall wegen der Unvorhersehbarkeit des maßgebenden Anpassungsfaktors und des Zeitraums der Übergangsphase nicht ratsam ist; es sei daher zweckmäßig, der Berechnung der Anwartschaften den verminderten Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % zugrunde zu legen (Bergner aaO S. 1234). Erst recht lassen sich diese Berechnungen nicht auf die gesetzliche Rentenversicherung übertragen. Sollten wegen der genannten systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die
gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.
d) Soweit gegen das Versorgungsänderungsgesetz 2001 Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde, vermag dieser Umstand nicht zu einer anderweitigen Beurteilung zu führen. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde - 2 BvR 1387/02 - bisher (soweit ersichtlich) noch nicht entschieden. Die Verfassungsbeschwerde entfaltet aber keine aufschiebende Wirkung. Die Aussetzung der Anwendung des Versorgungsänderungsgesetzes müßte durch einstweilige Anordnung eigens angeordnet werden, §§ 32, 93 d Abs. 2 Satz 2 BVerfGG. Dies ist nicht erfolgt. Eventuelle Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 erachtet der Senat im Ergebnis nicht für durchgreifend. Mit Beschluß vom 12. Februar 2003 (DVBl 2003, 1148 ff.) hat das Bundesverfassungsgericht seine ständige Rechtssprechung bestätigt, wonach Art. 33 Abs. 5 GG ein grundrechtsgleiches Recht der Beamten begründet, soweit ein hergebrachter Grundsatz ihre persönliche Rechtsstellung betrifft. Zu den hergebrachten Grundsätzen gehört auch das Alimentationsprinzip. Verfassungsrechtlich gewährleistet sind aber weder die ziffernmäßige Höhe noch die Auszahlungsmodalitäten der Besoldung bzw. Versorgung, sondern nur ein Kernbestand bzw. Wesensgehalt des Alimentationsprinzips: Es verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang angemessen zu alimentieren und ihm nach seinem Dienstrang, nach der mit seinem Amt verbundenen Verantwortung und nach Maßgabe der Bedeutung des Berufsbeamtentums für die Allgemeinheit entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse und des allgemeinen Lebensstandards einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewähren. Bei der Bestimmung
der Höhe der amtsangemessenen Besoldung sowie bei deren Entwicklung und Anpassung ist dem Besoldungsgesetzgeber ein weiter Spielraum eingeräumt, der - unter Berücksichtigung von Vertrauensschutz - auch die Möglichkeit einer - sachgerechten - Herabsetzung der Besoldung für die Zukunft umfaßt (BVerfG Beschluß vom 12. Februar 2003, aaO S. 1149 f., 1152, 1154). Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nach Auffassung des Senats von einer Verfassungswidrigkeit des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 - soweit es den Höchstruhegehaltssatz betrifft - nicht ausgegangen werden. 3. Soweit das Oberlandesgericht bei der Berechnung der jährlichen Sonderzuwendung den zur Zeit seiner Entscheidung geltenden Bemessungsfaktor herangezogen hat, entspricht dies entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers in der Vorinstanz der Rechtsprechung des Senates (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff.; vom 9. Februar 2000 - XII ZB 24/96 - FamRZ 2000, 748, 749 und vom 3. Februar 1999 - XII ZB 124/98 - FamRZ 1999, 713 f.). Die Abänderung des monatlichen Ausgleichsbetrags beruht lediglich auf der nunmehr erforderlichen Anwendung des Bemessungsfaktors (West) für 2003 von 84,29 %. Im Einzelnen ergibt sich folgende Berechnung: Das Ruhegehalt der Ehefrau beträgt: 5.708,82 DM (ruhegehaltfähige Dienstbezüge der Ehefrau) x 59,52 % (Ruhegehaltssatz ) = 3.397,89 DM (Ruhegehalt) + 1/12 der jährlichen Sonderzuwendung (3.397,89 DM x 84,29 % = 2.864,08 DM : 12) 238,67 DM = 3.636,56 DM. Der Ehezeitanteil der vollen Versorgung beläuft sich auf: 3.636,56 DM x 10,35 (in die Ehezeit fallende Dienstjahre) : 33,18 (gesamte bis zur Altersgrenze erreichbare ruhegehaltfähige Dienstzeit) = 1.134,37 DM.
Auf den nach der Vereinbarung der Parteien von dem Versorgungsausgleich auszunehmenden Zeitraum vom 1. August 1998 bis 31. Mai 2000 entfällt eine Versorgungsanwartschaft von (3.636,56 DM x 1,5 : 33,18) 164,40 DM. Die auszugleichende Anwartschaft beträgt mithin (1.134,37 - 164,40 DM) 969,97 DM. Der Versorgungsausgleich ist mithin in Höhe von [1.777,57 DM - (138,95 DM + 969,97 DM) : 2] 334,32 DM zugunsten der Ehefrau durchzuführen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Bundesrichterin Dr. Vézina ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne