Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Sept. 2005 - XII ZB 177/00

bei uns veröffentlicht am28.09.2005
vorgehend
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 1 UF 59/99, 17.08.2000

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 177/00
vom
28. September 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587c Nr. 1
Auch bei einem sehr kurzen Zusammenleben der Eheleute rechtfertigt allein
eine lange Trennungszeit den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs
in der Regel nicht, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte
in der Trennungszeit mit der Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder eine
wesentliche aus der Ehe herrührende Aufgabe allein übernommen hat (Anschluss
an Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 -
FamRZ 1981, 130 und vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ
1985, 280).
BGH, Beschluss vom 28. September 2005 - XII ZB 177/00 - OLG Frankfurt/M.
AG Offenbach
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. September 2005 durch
die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Dr. Ahlt und Dose

beschlossen:
Auf die weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 17. August 2000 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der weiteren Beschwerde - an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: bis 4.500 €

Gründe:


I.

1
Der Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) haben am 18. September 1981 die Ehe geschlossen; aus der Ehe ist eine am 14. Januar 1982 geborene Tochter hervorgegangen. Der Scheidungsantrag wurde der Ehefrau am 15. Oktober 1994 zugestellt; das am 22. Januar 1999 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - ist zum Scheidungsausspruch rechtskräftig.
2
Während der gesetzlichen Ehezeit (1. September 1981 bis 30. September 1994, § 1587 Abs. 2 BGB) haben die Parteien folgende Versorgungsanrechte erworben:
3
Der 1926 geborene Ehemann war als Hochschullehrer für medizinische Psychologie tätig und ist mittlerweile emeritiert. Er erwarb beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften auf Emeritenbezüge, deren ehezeitanteilige Höhe auf der Grundlage einer Auskunft des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen mit monatlich 2.181,89 DM ermittelt wurde.
4
Die 1943 geborene Ehefrau ist als Lungenfachärztin tätig. Sie hat Versorgungsanwartschaften bei der Landesärztekammer Hessen erworben, deren ehezeitanteilige Höhe sich nach einer Auskunft des Versorgungsträgers auf einen Nominalbetrag von monatlich 1.942,10 DM beläuft. Daneben hat die Ehefrau eine weitere Anwartschaft auf Zahlung des Mindestbetrages der Versorgungsrente bei der Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt erworben; die Höhe dieser Versorgung wurde auf der Grundlage der Auskunft des Versorgungsträgers mit einem Nominalbetrag von monatlich 339,38 DM ermittelt.
5
Im Jahre 1981 hatte der Ehemann ein Haus in A. als Familienheim gekauft. Zu einem Zusammenleben der Parteien kam es lediglich im Dezember 1981 für einige Tage. Danach kehrte die Ehefrau gemeinsam mit ihrer in O. lebenden Mutter in deren Wohnung nach O. zurück, wo sie auch nach der Geburt der gemeinsamen Tochter verblieb und ab Oktober 1982 eine Stelle in den Städtischen Kliniken annahm. Dort blieb sie - von einer zweijährigen Beurlaubung abgesehen - in der Folgezeit durchgehend auf einer Vollzeitstelle und seit 1993 auf einer Teilzeitstelle als Ärztin beschäftigt.
6
Im Jahre 1984 stellte der Ehemann einen Scheidungsantrag, den er später wieder zurücknahm. Im gleichen Jahr wurde wegen der elterlichen Sorge für die gemeinsame Tochter ein Sorgerechtsverfahren eingeleitet, welches im Jahre 1988 mit der Übertragung der Alleinsorge auf die Ehefrau endete. Seit dem Jahre 1985 zahlte der Ehemann Kindesunterhalt; Trennungsunterhalt wurde von der Ehefrau nicht geltend gemacht. Im Jahre 1993 erhob der Ehemann eine Eheaufhebungsklage, die in der Berufungsinstanz rechtskräftig abgewiesen wurde.
7
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die von der Ehefrau erworbenen Versorgungsanwartschaften bei der Landesärztekammer Hessen als teildynamisch und die Versorgungsanwartschaften bei der Zusatzversorgungskasse als statisch angesehen. Auf der Grundlage der Barwert-Verordnung in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung hat es diese Anrechte in volldynamische Anwartschaften in Höhe von monatlich 671,61 DM bzw. 73,35 DM umgerechnet. Den Wertunterschied zwischen den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten der Parteien hat das Amtsgericht danach mit 1.436,93 DM ermittelt und den Versorgungsausgleich in der Weise geregelt, dass zu Lasten der beamtenrechtlichen Versorgung des Ehemannes zugunsten der Ehefrau Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 718,47 DM, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. September 1994, begründet wurden.
8
Gegen diese Entscheidung hat der Ehemann Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, den Versorgungsausgleich insgesamt auszuschließen. Das Oberlandesgericht hat seine Beschwerde zurückgewiesen. Mit der zugelassenen weiteren Beschwerde verfolgt der Ehemann das Ziel eines vollständigen Ausschlusses des Versorgungsausgleichs weiter.

II.

9
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
10
1. Die weitere Beschwerde ist insgesamt zulässig. Das Oberlandesgericht hat die Zulassung zwar damit begründet, dass die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Barwert-Verordnung in der bei Verkündung der Beschwerdeentscheidung geltenden Fassung grundsätzliche Bedeutung habe. Damit hat das Oberlandesgericht die Zulassung jedoch nicht begrenzt, sondern die weitere Beschwerde im Tenor des angefochtenen Beschlusses vielmehr uneingeschränkt zugelassen.
11
2. Ohne Rechtsfehler hat das Oberlandesgericht allerdings angenommen , dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Versorgungsausgleiches gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB nicht vorliegen.
12
a) Das Oberlandesgericht hat dazu ausgeführt, dass auch dann, wenn die Ehegatten keine Lebens- und Versorgungsgemeinschaft gebildet hätten, es im Einzelfall für die Durchführung des Versorgungsausgleiches sprechen könne , wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte ein gemeinschaftliches Kind betreut habe. Dies müsse insbesondere dann gelten, wenn dieser Ehegatte seine Erwerbstätigkeit als Folge der Kinderbetreuung habe einschränken müssen, was hier in Ansehung der zweijährigen Beurlaubung der Ehefrau zwischen 1987 und 1989 sowie der Beschränkung auf eine Halbtagstätigkeit seit 1993 der Fall gewesen sei. Wenn die Ehefrau ihre Berufstätigkeit trotz der Kinderbetreuung in den übrigen Zeiten nicht eingeschränkt habe, so habe sie dafür finanzielle Mittel für die Fremdbetreuung des Kindes eingesetzt oder die Hilfe ihrer Verwandten in Anspruch genommen, woraus der Ehemann keine Vorteile für sich herleiten könne. Weiterhin sei in die Erwägung einzustellen, dass der Ehemann bereits seit 1991 Versorgungsempfänger und vor einer Kürzung seiner Versorgungsbezüge solange geschützt sei, bis die weitaus jüngere Ehefrau ihrerseits die Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Alters oder Erwerbsunfähigkeit erfülle.
13
Auch ein persönliches Fehlverhalten der Ehefrau rechtfertige den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs nicht. Es könne der Ehefrau nicht vorgeworfen werden, die eheliche Lebensgemeinschaft schon nach wenigen Tagen des Zusammenlebens aufgekündigt zu haben, zumal es offenbar von Anfang an zwischen den Parteien Differenzen gegeben habe. Andererseits zeige der Briefwechsel zwischen den Parteien in den ersten Ehejahren , dass diese sich durchaus emotional zugetan gewesen seien, es ihnen aber nicht gelungen sei, eine vernünftige Basis für ihre Ehe zu finden. Auch aus den Vorgängen um die Finanzierung des von dem Ehemann zu Alleineigentum erworbenen Hauses lasse sich für den Ausschluss des Versorgungsausgleiches nichts gewinnen, da es allein Sache des Ehemannes gewesen sei, für eine vernünftige Finanzierung zu sorgen. Schließlich lasse sich ein Fehlverhalten der Ehefrau auch nicht darin sehen, dass diese im Jahre 1984 damit gedroht habe, sich selbst und das Kind umzubringen, wenn der Ehemann sich scheiden lassen wolle. Dies erscheine als Ausdruck einer psychischen Notlage und sei nicht geeignet gewesen, den Ehemann im Hinblick auf das von ihm betriebene Scheidungsverfahren in unzumutbarer Weise in seiner Handlungsfreiheit zu beeinträchtigen.
14
b) Gegen diese Beurteilung durch das Oberlandesgericht wendet sich die weitere Beschwerde ohne Erfolg. Die Abwägung aller für oder gegen die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs sprechenden Gründe ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Dessen Entscheidung kann im Verfahren der weiteren Beschwerde nur darauf überprüft werden, ob sie auf einer Verletzung des Ge- setzes beruht (Senatsbeschluss vom 12. November 1986 - IVb ZB 67/85 - FamRZ 1987, 362, 364). Solche Rechtsfehler zu Lasten des Ehemannes lässt die angefochtene Entscheidung nicht erkennen.
15
Die Anwendung der Härteklausel des § 1587 c Nr. 1 BGB setzt voraus, dass aufgrund besonderer Verhältnisse die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs dessen Grundgedanken in unerträglicher Weise widerspricht und daher zu grob unbilligen Ergebnissen führen würde.
16
aa) Solche im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1587 c Nr. 1 BGB besonders zu berücksichtigenden Umstände können darin bestehen, dass eine eheliche Lebensgemeinschaft wegen der außergewöhnlichen Kürze des Zusammenlebens nicht entstanden ist (Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVb ZR 513/80 - FamRZ 1981, 944, 945) oder durch eine lange Trennung der Ehegatten aufgehoben wurde (BGHZ 75, 241, 269 f.; Senatsbeschlüsse vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 und vom 19. Mai 2004 - XII ZB 14/03 - FamRZ 2004, 1181, 1183 m.w.N.). In diesen Fällen fehlt dem Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, denn jede Ehe ist infolge der auf Lebenszeit angelegten Gemeinschaft schon während der Phase der Erwerbstätigkeit im Keim eine Versorgungsgemeinschaft, die der beiderseitigen Alterssicherung dienen soll. Soweit die weitere Beschwerde aus dieser Rechtsprechung für den vorliegenden Fall herleitet, dass das lediglich wenige Tage währende Zusammenleben der Parteien im Dezember 1981 den Versorgungsausgleich für eine Ehezeit von dreizehn Jahren nicht legitimieren könne, vermag sie damit unter den obwaltenden Umständen allerdings nicht durchzudringen. Denn die Ehefrau hat im Zeitraum zwischen der Geburt der Tochter im Januar 1982 und dem Ende der Ehezeit im September 1994 die Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes übernommen. Der Senat hat in den Trennungsfällen bereits mehrfach dargelegt, dass bei der Beurteilung der Zeitdauer einer Trennung diejenigen Zeiten nicht berücksichtigt werden können, in denen der ausgleichsberechtigte Ehegatte gemeinschaftliche Kinder betreut (Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 - FamRZ 1981, 130, 132 und vom 12. Dezember 1984 aaO, S. 282; vgl. weiterhin OLG Frankfurt FamRZ 2004, 28, 30; OLG Brandenburg FamRZ 2004, 118; Palandt /Brudermüller, BGB, 64. Aufl., § 1587 c Rdn. 18; RGRK/Wick, BGB, 12. Aufl., § 1587 c Rdn. 54; Staudinger/Rehme, BGB [2004], § 1587 c Rdn. 44; MünchKomm/Dörr, BGB, 4. Aufl., § 1587 c Rdn. 30; Erman/Klattenhoff, BGB, 11. Aufl., § 1587 c Rdn. 18; Bamberger/Roth/Bergmann, BGB, § 1587 c Rdn. 14; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 1587 c Rdn. 26). Der Versorgungsausgleich findet in diesen Fällen seine Legitimation nicht in dem gemeinsamen Streben nach Aufbau einer Alterssicherung als Lebensleistung der ehelichen Gemeinschaft, sondern darin, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte mit der Pflege und Erziehung gemeinschaftlicher Kinder auch ohne eine gemeinsame Lebensführung mit dem anderen Ehegatten eine der wesentlichen aus der Ehe herrührenden Aufgaben allein übernimmt. Dies rechtfertigt schon für sich genommen das Vertrauen des die gemeinschaftlichen Kinder betreuenden Ehegatten auf Teilhabe an den in dieser Zeit von dem anderen Ehegatten erwirtschafteten Versorgungswerten im Rahmen des Versorgungsausgleichs.
17
So ist auch der vorliegende Fall zu beurteilen, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob und inwiefern die Ehefrau durch die Kindererziehung im Zeitraum zwischen 1982 und 1994 tatsächliche Nachteile beim Aufbau ihrer eigenen Altersversorgung hinnehmen musste. Der Sinn des Versorgungsausgleichs erschöpft sich nicht darin, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten (lediglich ) die Versorgungsnachteile zu ersetzen, die ihm als Folge der Erfüllung ehelicher Aufgaben entstanden sind, so dass allein das Fehlen solcher Nachteile es nicht rechtfertigt, den Ehegatten mit den wertgeringeren Versorgungsanrechten von der Teilhabe an den werthöheren Anrechten des anderen Ehegatten auszuschließen (Senatsbeschluss vom 9. November 1988 - IVb ZB 53/87 - FamRZ 1989, 492, 493; MünchKomm/Dörr aaO Rdn. 20; Johannsen/Henrich/Hahne aaO Rdn. 21). Im Übrigen ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass die Ehefrau ihre eigenen Versorgungsanrechte in der Ehezeit größtenteils nur durch die Ausübung einer unzumutbaren Erwerbstätigkeit erwirtschaften konnte , ersichtlich zutreffend; auch die weitere Beschwerde zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf.
18
bb) Ohne Erfolg rügt die weitere Beschwerde, dass das Oberlandesgericht die näheren Umstände des Auszugs der Ehefrau aus der gemeinsamen Wohnung und damit die Trennungsursache nicht weiter aufgeklärt habe. Ein den Ausschluss oder die Herabsetzung des Versorgungsausgleichs rechtfertigender Härtegrund ist regelmäßig nicht darin zu sehen, dass der ausgleichsberechtigte Ehegatte seinen Ehepartner verlassen hat (Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 781/80 - FamRZ 1983, 35, 36 und vom 28. März 1984 - IVb ZB 64/82 - FamRZ 1984, 662, 665). Ein zur Trennung führendes Fehlverhalten des Berechtigten kann als Abwägungskriterium allenfalls bei der Beurteilung der Frage bedeutsam werden, ob wegen eines anschließenden längeren Trennungszeitraums die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleiches grob unbillig erscheint (OLG München FamRZ 1985, 79, 80; jurisPK Bregger, BGB, 2. Aufl., § 1587 c Rdn. 25; zweifelnd Johannsen/Henrich/ Hahne, aaO, § 1587 c Rdn. 25). Diese Frage stellt sich hier aber nicht, da nach den oben bereits dargestellten Maßstäben derjenige Zeitraum, in dem die Ehefrau nach Beendigung der häuslichen Gemeinschaft die ihr zugewiesene Aufgabe der Pflege und Erziehung des gemeinschaftlichen Kindes erfüllt hat, im Rahmen der Billigkeitsabwägung nicht als Trennungszeit gilt.
19
cc) Es ist aus Rechtsgründen ebenfalls nicht zu beanstanden, dass das Oberlandesgericht ein zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs führendes persönliches Fehlverhalten der Ehefrau auch nicht darin gesehen hat, dass diese im Jahre 1984 damit gedroht habe, für den Fall der von dem Ehemann in Aussicht gestellten Scheidung sich selbst und das Kind umzubringen.
20
Zwar kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch ein persönliches Fehlverhalten des Ausgleichsberechtigten, das ohne wirtschaftliche Relevanz ist, zur Anwendung des § 1587 c Nr. 1 BGB führen. Es ist jedoch nur dann geeignet, die Herabsetzung oder den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu begründen, wenn es wegen seiner Auswirkungen auf den Ehepartner ganz besonders ins Gewicht fällt; es muss für den anderen Ehegatten so belastend gewesen sein, dass die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs deshalb unerträglich erscheint.
21
Die Beurteilung des Oberlandesgerichts, dass sich die Ehefrau zu jener Zeit in einer psychischen Notlage befunden habe, wird von der weiteren Beschwerde nicht angegriffen. Soweit das Oberlandesgericht daraus ersichtlich den Schluss gezogen hat, das Fehlverhalten erscheine wegen eines zufolge der psychischen Belastung geringeren Verschuldens der Ehefrau nicht als in besonderem Maße schwerwiegend, hält sich diese Würdigung im Rahmen tatrichterlichen Ermessens und lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Senat hat mehrfach ausgesprochen, dass eine geringe persönliche Schuld auch bei objektiv gravierendem Fehlverhalten des ausgleichsberechtigten Ehegatten im Rahmen der Gesamtwürdigung der Annahme grober Unbilligkeit einer ungekürzten Durchführung des Versorgungsausgleichs entgegenstehen kann (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 12. November 1986 aaO und vom 9. Mai 1990 - XII ZB 76/89 - FamRZ 1990, 985, 986).
22
dd) Schließlich geben auch die weitergehenden Erwägungen des Oberlandesgerichts zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien in rechtlicher Hinsicht zu keinen Bedenken Anlass. Es stellt keinen im Rahmen der Billigkeitsabwägung zugunsten des Ehemannes zu berücksichtigenden Umstand dar, dass dieser nach der Trennung der Parteien die mit der Finanzierung des - in seinem Alleineigentum stehenden - Hauses verbundenen Darlehenskosten allein getragen hat, obwohl auch die Ehefrau im Außenverhältnis als Kreditnehmerin für diese Verbindlichkeiten mithaftete. Denn regelmäßig hat derjenige Ehegatte, in dessen Alleineigentum die Immobilie steht und der es nach der Trennung allein nutzt, auch für die Bedienung der gesamtschuldnerisch eingegangenen Verbindlichkeiten allein aufzukommen (Senatsurteil vom 27. November 1996 - XII ZR 43/95 - FamRZ 1997, 487, 488). Im Übrigen hat das Oberlandesgericht mit Recht in die Gesamtbetrachtung einbezogen , dass die Ehefrau einerseits den Ehemann über einen Zeitraum von drei Jahren nicht auf Kindesunterhalt in Anspruch genommen und andererseits während der Ehezeit keinen Trennungsunterhalt geltend gemacht hat. Soweit die weitere Beschwerde darauf abstellt, dass die Ehefrau durch ihre eigene Erwerbstätigkeit angeblich ein höheres Einkommen als der Ehemann erzielt habe, misst sie dabei dem Gesichtspunkt, dass sich die Erwerbstätigkeit der Ehefrau unterhaltsrechtlich als überobligatorisch dargestellt hat, zu Unrecht keine Bedeutung bei. Darüber hinaus hatte die Ehefrau selbst dann keinen Ehegattenunterhalt von dem Ehemann verlangt, als sie in den Jahren 1987 bis 1989 unstreitig keiner voll- oder teilschichtigen Erwerbstätigkeit nachging und sie grundsätzlich hierzu unterhaltsrechtlich auch nicht verpflichtet gewesen wäre, weil das zu betreuende Kind zu dieser Zeit noch nicht acht Jahre alt war (vgl. Senatsurteile vom 21. Dezember 1988 - IVb ZR 18/88 - FamRZ 1989, 487 und vom 30. November 1994 - XII ZR 226/93 - FamRZ 1995, 291, 292).
23
3. Dennoch kann die angefochtene Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt keinen Bestand mehr haben.
24
a) Das Oberlandesgericht hat die Umrechnung der nicht volldynamischen Anrechte der Ehefrau auf der Grundlage der Barwert-Verordnung in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung vorgenommen. Maßgebend ist nunmehr die durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26. Mai 2003 (BGBl I S. 728) geänderte Fassung der Barwert-Verordnung, gegen deren Anwendung derzeit keine durchgreifenden Bedenken bestehen (Senatsbeschluss vom 23. Juli 2003 - XII ZB 152/01 - FamRZ 2003, 1639, 1640).
25
b) Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da die Einholung neuer Versorgungsauskünfte erforderlich ist.
26
Auf deren Grundlage kann die aktuelle Höhe des für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Ruhegeldes für den bereits im Versorgungsbezug stehenden Ehemann ermittelt werden. Hinsichtlich der Berechnung der jährlichen Sonderzahlung (§ 4 a LBesG NW i.V. mit §§ 6, 7 des Gesetzes über die Gewährung einer Sonderzahlung an Beamte, Richter und Versorgungsempfänger für das Land Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2003, GVBl. S. 696) wird zu beachten sein, dass es auf den Bemessungsfaktor im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ankommt (Senatsbeschluss vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437, 438 m.w.N.).
27
Die Zusatzversorgungskasse der Gemeinden und Gemeindeverbände in Darmstadt hat - wie andere Träger der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes - mit Wirkung zum 1. Januar 2002 das bisherige Gesamtversorgungssystem durch ein "Punktemodell" abgelöst. Die Ehefrau gehörte bei Änderung der Satzung der Zusatzversorgungskasse zu den sog. rentennahen Jahrgän- gen, die nach Maßgabe des § 73 Abs. 2 der Satzung einen Besitzstandsschutz für die auf der Grundlage des alten Rechts erworbenen Anrechte genießen. Ausgangswert für die Berechnung der Startgutschrift an Versorgungspunkten ist danach grundsätzlich die bis zum 31. Dezember 2001 in der Gesamtversorgung erworbene Anwartschaft bei (fiktivem) Eintritt des Versicherungsfalls am 31. Dezember 2001, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Erreichens des 63. Lebensjahres. Anhand einer erneuten Auskunft des Versorgungsträgers wird zu überprüfen sein, ob sich hieraus eine geänderte Bewertung der bis zum 31. Dezember 2001 erworbenen Versorgungsanwartschaften der Ehefrau ergibt. Im Übrigen sind die Anrechte bei Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen Dienstes, die ihre Satzung nach der von einer Arbeitsgruppe der gemeindlichen Zusatzversorgungskassen erarbeiteten Mustersatzung geändert haben, nach der Neuregelung der Satzung im Anwartschaftsstadium als statisch , im Leistungsstadium als volldynamisch anzusehen (Senatsbeschlüsse vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706: Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden; vom 23. März 2005 - XII ZB 255/03 - FamRZ 2005, 878: Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg; vom 20. Juli 2005 - XII ZB 209/03 - FamRZ 2005, 1532: Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Thüringen).
Hahne Sprick Weber-Monecke Ahlt Dose

Vorinstanzen:
AG Offenbach am Main, Entscheidung vom 22.01.1999 - 314 F 1070/94 -
OLG Frankfurt, Entscheidung vom 17.08.2000 - 1 UF 59/99 -

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I.

Die Parteien haben am 28. Januar 1966 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 26. März 1925) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 10. März 1939) am 31. März 2000 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht -, das von einer Trennung der Parteien im Jahre 1997 ausgegangen ist, hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin gehend geregelt , daß es zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin beim Landesamt
für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1) im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 942,46 DM, bezogen auf den 29. Februar 2000, begründet hat. Dem Antrag der Ehefrau, den Versorgungsausgleich für die Zeit ab 1. September 1988 auszuschließen, hat es nicht stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen , daß der Ausgleichsbetrag 435,94 € (852,62 DM) betrage. Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 von ehezeitlichen (1. Januar 1966 bis 29. Februar 2000; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Antragsgegnerin beim LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von monatlich 3.778,69 DM und bei der BfA in Höhe von monatlich 203,99 DM, bezogen auf den 29. Februar 2000, sowie bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 3) in Höhe von (dynamisiert) monatlich 7,36 DM ausgegangen. Ausweislich der jeweiligen Auskünfte hat die Antragsgegnerin die Anwartschaften bei der BfA und der VBL für Zeiten bis einschließlich Juli 1971 erworben. Der Antragsteller bezieht seit 1. September 1988 eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung - zunächst wegen Erwerbsunfähigkeit, ab 1. April 1990 Vollrente wegen Alters - bei der BfA, deren Ehezeitanteil monatlich 1.182,06 DM beträgt. Darüber hinaus bezieht der Antragsgegner ebenfalls seit 1988 eine Versorgungsrente von der VBL, deren Ehezeitanteil das Oberlandesgericht mit 1.102,73 DM zugrunde gelegt hat.
Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts haben sowohl das LBV als auch die Antragsgegnerin (zugelassene) Rechtsbeschwerde eingelegt. Das LBV macht geltend, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Antragsgegnerin verfolgt ihren Antrag, den Versorgungsausgleich (teilweise) auszuschließen, weiter. Die BfA und die VBL haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die Rechtsbeschwerden führen zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. A. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde des LBV ist lediglich in geringem Umfang begründet. 1. Das Oberlandesgericht, das am 12. Dezember 2002 entschieden hat, hat den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des (neuen) § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt. Dies ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2
Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag gegebenenfalls später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO 261). Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für den Antragsteller durch das Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften des Antragstellers in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß der Antragsgegnerin unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte ihrer ihr tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beur-
teilt werden kann -, müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben. 2. Eine Änderung ergibt sich insoweit lediglich aus de r nunmehr erforderlichen Anwendung des baden-württembergischen Bemessungsfaktors von 5,33 % monatlich für 2004 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschrift en vom 10. September 2003 - BGBl. I, 1798 - in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Sonderzahlungen in Baden-Württemberg - Landesanteil Besoldung vom 29. Oktober 2003 - GBl. S. 693, 694; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N). B. Dagegen erweist sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin als begründet, soweit ihr Antrag auf Ausschluß des Versorgungsausgleichs für die Zeit ab 1. September 1988 zurückgewiesen wurde. 1. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, das Vorbringen der Ehefrau rechtfertige weder einen Ausschluß noch eine Kürzung des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c BGB. Das Familiengericht habe zu Recht auf die Anhörung der Ehefrau vom 22. November 2000 hingewiesen, wonach erst seit 1997 auch die wirtschaftliche Gemeinschaft der Parteien nicht mehr fortgeführt worden sei. Bis zu diesem Zeitpunkt sei offensichtlich noch Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe vorhanden gewesen, auch wenn sich die Ehefrau berufsbedingt nach wie vor in Deutschland aufgehalten habe, während der Ehemann das gemeinsame Ferienhaus in Frankreich bewohnt habe. Die Anhörung der Ehefrau durch den beauftragten Richter habe keine andere Beurteilung erge-
ben. Bis zum Umzug des Ehemannes in ein zweites von ihm auf dem Feriengrundstück errichtetes Haus in Frankreich hätten die Parteien nahezu sämtliche Schulferien unter einem Dach - lediglich in getrennten Schlafzimmern - verbracht. Bis zu diesem Zeitpunkt und darüber hinaus hätte sich die Ehefrau nach eigenem Bekunden vorstellen können, die Zeit nach ihrer Pensionierung dort zu verbringen. Die Trennung sei jedenfalls noch nicht soweit verfestigt gewesen, daß sie auf eine Scheidung hinausgelaufen sei. Eine solche sei nach ihren Angaben erstmals im Jahr 1999 ins Gespräch gekommen, also ein Jahr vor der Zustellung des Scheidungsantrags. Eine Trennungszeit von nicht einmal drei Jahren rechtfertige aber keine Einschränkung der gesetzlichen Regelung, wonach der Versorgungsausgleich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben sei. Selbst bei Berücksichtigung der unstreitigen Beendigung der Versorgungsgemeinschaft der Parteien (mit Ausnahme der Ferienzeit) im Jahr 1988 sei die Dauer von nicht ganz zwölf Jahren bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im Hinblick auf die Dauer der Ehezeit von insgesamt 34 Jahren nicht so lang, daß die Durchführung des Versorgungsausgleichs als grob unbillig zu bewerten wäre. Ebensowenig könne der beantragte Ausschluß des Versorgungsausgleichs auf die unterschiedliche Besteuerung von Beamtenpensionen und gesetzlichen Renten gestützt werden. Schließlich führe auch die Tatsache, daß der Ehemann seit 1988 mietfrei im gemeinsamen Anwesen in Frankreich gewohnt habe, zu keiner anderen Beurteilung. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 2. Die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin rügt zu Recht, das Oberlandesgericht habe die Angaben der Ehefrau bei ihrer erneuten Anhörung vor dem Oberlandesgericht protokollwidrig gewürdigt.
Ausweislich der Terminsniederschrift vom 10. Juli 2002 hat die Antragsgegnerin erklärt, bis 1997, sogar bis 1999, habe ein freundschaftlicher Umgang miteinander bestanden, wie er bei getrennt lebenden Eheleuten möglich sein könne. Die Eheleute hätten schon seit 1988 nicht mehr zusammengelebt. Damals sei der Ehemann, als sie sich in Frankreich aufgehalten habe, aus der ehegemeinsamen Wohnung ausgezogen und habe sich eine Wohnung in Mannheim genommen. Noch im selben Jahr sei er dann nach Frankreich in das gemeinsame Anwesen verzogen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei eine deutliche Trennung in wirtschaftlicher Hinsicht vorhanden gewesen. Vor dem Familiengericht habe sie das Jahr 1997 wohl deswegen angegeben, da zu diesem Zeitpunkt das zweite Haus von ihrem Mann erstellt worden sei und er in das zweite Haus auf dem gemeinsamen Grundstück in Frankreich umgezogen sei. Dieses Jahr 1997 habe mit der grundsätzlichen Trennung nichts zu tun. Bis 1997 habe sie ihre Ferien in dem gemeinsamen Haus in Frankreich verbracht, wobei man aber innerhalb dieses Hauses getrennt gelebt habe. Von einer Scheidung sei erstmals 1999 die Rede gewesen, als ein unfreundlicher Ton in die Beziehung gekommen sei. Beide Parteien hätten immer die Einstellung gehabt, daß jeder von seinem Geld leben solle. Diese Angaben der Antragsgegnerin stimmen mit den - zu keinem Zeitpunkt widerrufenen - Angaben des Antragstellers vor dem Familiengericht überein. Ausweislich des Protokolls vom 22. November 2000 hatte der Antragsteller - wie zuvor bereits schriftsätzlich vorgetragen - erklärt, er sei 1988 aus der letzten gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Die insoweit übereinstimmenden Angaben der Parteien durfte das Oberlandesgericht - wie auch die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt - ohne Angabe von Gründen nicht dahingehend würdigen, die Parteien hätten sich erst 1997 getrennt.
3. Wie der Senat bereits mehrfach ausgeführt hat, soll der Versorgungsausgleich dem Gedanken Rechnung tragen, daß jede Ehe infolge der auf Lebenszeit angelegten Lebensgemeinschaft schon während der Erwerbstätigkeit des oder der Ehegatten im Keim (auch) eine Versorgungsgemeinschaft ist (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 11. Februar 2004 - XII ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601, 605, das ausführt, daß der Versorgungsausgleich seiner Zielrichtung nach als ein vorweggenommener Altersunterhalt verstanden werden kann). Aus diesem Grund werden die während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanwartschaften gemäß dem ursprünglichen gemeinsamen Zweck der beiderseitigen Alterssicherung aufgeteilt. Daher fehlt für den Versorgungsausgleich die eigentlich rechtfertigende Grundlage, solange die eheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung der Eheleute aufgehoben ist (vgl. etwa BGHZ 74, 38, 47 und 83; BGHZ 75, 241, 269 ff.; Senatsbeschlüsse vom 12. November 1980 - IVb ZB 503/80 - FamRZ 1981, 130, 131; vom 9. Dezember 1981 - IVb ZB 569/80 - FamRZ 1982, 475, 477; vom 13. Oktober 1982 - IVb ZB 648/80 - FamRZ 1983, 36, 38; vom 15. Februar 1984 - IVb ZB 577/80 - FamRZ 1984, 467, 469 f.; vom 12. Dezember 1984 - IVb ZB 928/80 - FamRZ 1985, 280, 281 und vom 28. Oktober 1992 -XII ZB 42/91 - FamRZ 1993, 302, 303 ). Zwar ist der Versorgungsausgleich nach der gesetzlichen Regelung nicht auf die Zeit der ehelichen Lebensgemeinschaft beschränkt, sondern grundsätzlich für die gesamte Ehezeit vorgeschrieben (§ 1587 BGB). Dies beruht jedoch in erster Linie auf Zweckmäßigkeitserwägungen. Insbesondere sollte dem Ausgleichsverpflichteten die Möglichkeit genommen werden, den Ausgleichsanspruch durch Trennung von dem Ehegatten zu manipulieren (vgl. BGHZ 75 aaO 269; BT-Drucks. 7/4361 S. 36). Nach dem Grundgedanken des Versorgungsausgleichs als beiderseitiger Alterssicherung kann daher eine lange Trennungszeit mit einer wirtschaftlichen Verselbständigung von - wie hier - 11 1/2 Jahren
schon für sich genommen den (teilweisen) Ausschluß des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB rechtfertigen (vgl. bereits BGHZ 75, aaO 271 und die Senatsbeschlüsse vom 12. Dezember 1984 aaO 282 und vom 28. Oktober 1992 aaO 303). Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist insoweit mangels anderweitiger Feststellungen auf die von den Parteien übereinstimmend angegebene Trennung im Jahre 1988, verbunden mit der wirtschaftlichen Verselbständigung, die auch nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts unstreitig im Jahr 1988 erfolgte, abzustellen, da nach der wirtschaftlichen Trennung der Parteien keine ehebedingten Auswirkungen auf die Versorgungssituation mehr eintreten konnten. Ob die lange Trennungszeit von 11 1/2 Jahren bei einer Ehezeit von 34 Jahren für sich alleine den beantragten Ausschluß des Versorgungsausgleichs rechtfertigen würde, braucht indessen hier nicht abschließend entschieden zu werden. Als weiterer Umstand ist vorliegend nämlich zu berücksichtigen, daß es sich auf Grund des Altersunterschiedes der Parteien um eine sogenannte "phasenverschobene Ehe" handelt. Der Antragsteller bezieht bereits seit September 1988 - und damit seit Trennung der Parteien - Rente. Mit Beginn des Rentenbezuges konnte er keine Versorgungsanwartschaften für die eheliche Lebensgemeinschaft mehr erwerben. Der ausgleichspflichtige Überschuß, den die Antragsgegnerin bei ihren Versorgungsanrechten erzielt hat, beruht also nicht auf einer höheren wirtschaftlichen Leistung der Antragsgegnerin während der Ehezeit, sondern auf der Tatsache, daß der Antragsteller seit September 1988 wegen seiner Erwerbsunfähigkeit und seit April 1990 auf Grund seines Alters - und damit nicht ehebedingt - keine Versorgungsanwartschaften mehr erworben hat. Müßte die Antragsgegnerin formal auch die von ihr nach der Trennung 1988 bis zum Ende der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte ausgleichen, würde dies im Zusammenhang mit der langen Trennungszeit jedenfalls zu einer groben Unbilligkeit im Sinne von § 1587 c Nr. 1 BGB führen (so auch OLG Köln FamRZ 1988,
849). Der Versorgungsausgleich ist daher teilweise, nämlich für die Zeit ab 1. September 1988, auszuschließen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kommt dagegen ein vollständiger Ausschluß des Versorgungsausgleichs, den sie auf die steuerliche Ungleichbehandlung von Pensionen und gesetzlichen Renten sowie auf ein mietfreies Wohnen des Antragstellers im gemeinsamen Anwesen in Frankreich ab 1988 stützt, bei der gebotenen Gesamtabwägung nicht in Betracht. Anhaltspunkte dafür, daß durch den Ausgleich, der auf die Zeit bis zur Trennung beschränkt bleibt, ein grob unbilliges wirtschaftliches Ungleichgewicht zu Lasten der Antragsgegnerin eintreten könnte, sind weder festgestellt noch ersichtlich. C. Der Senat ist nicht in der Lage, auf Grund der Feststellungen des Oberlandesgerichts in der Sache selbst abschließend zu entscheiden. Die Ehefrau hat in der Zwischenzeit das 65. Lebensjahr vollendet, so daß für die Durchführung des Versorgungsausgleichs insoweit nicht mehr die Versorgungsanwartschaften der Ehefrau, sondern die tatsächlich gezahlte Versorgung maßgebend ist. Die Sache war daher an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen,
damit der (teilweise) Ausschluß des Versorgungsausgleichs auf der Grundlage neuer Auskünfte für die Ehefrau durchgeführt werden kann.
Hahne RiBGH Sprick ist urlaubs- Weber-Monecke bedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne Wagenitz Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 152/01
vom
23. Juli 2003
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGB §§ 1587 a Abs. 3 Nr. 2; BarwertVO
Die Ermittlung des Barwertes von Anrechten einer nicht-volldynamischen Versorgung
(hier: Bayerische Apothekerversorgung) bestimmt sich seit dem 1. Januar 2003 nach
der Barwert-Verordnung in der Fassung der Zweiten Verordnung zur Änderung der
Barwert-Verordnung vom 26. Mai 2003 (BGBl. I S. 728). Den Bedenken des Senats
im Beschluß vom 5. September 2001 (BGHZ 148, 351) ist durch die Änderung der
Barwert-Verordnung Rechnung getragen.
BGH, Beschluß vom 23. Juli 2003 - XII ZB 152/01 -OLG München
AG Fürstenfeldbruck
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Juli 2003 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke, Prof.
Dr. Wagenitz und Dr. Ahlt

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der weiteren Beteiligten zu 2 werden der Be- schluß des 26. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 26. Juni 2001 aufgehoben und Nr. 2 des Entscheidungssatzes des Endurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürstenfeldbruck vom 7. Februar 2001 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Bayerischen Versorgungskammer - Bayerische Apothekerversorgung - werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 150,28 DM, bezogen auf den 30. Juni 2000, begründet. Der Monatsbetrag der zu begründenden Anwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen. Die Gerichtskosten der Rechtsmittelverfahren tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden in diesen Verfahren nicht erstattet. Beschwerdewert: 605 DM).

Gründe:

I.

Die am 5. Januar 1987 geschlossene Ehe der Parteien wurde auf den dem Ehemann (Antragsgegner) am 21. Juli 2000 zugestellten Antrag der Ehefrau (Antragstellerin) durch Verbundurteil vom 7. Februar 2001 geschieden (insoweit rechtskräftig am selben Tage) und der Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1. Januar 1987 bis 30. Juni 2000; § 1587 Abs. 2 BGB) erwarb die am 18. März 1963 geborene Ehefrau nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Familiengerichts Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (weitere Beteiligte zu 1, BfA) in Höhe von 441,89 DM. Der am 2. Mai 1962 geborene Ehemann erwarb während der Ehezeit eine Altersruhegeldanwartschaft in Höhe von monatlich 3.142,20 DM bei der Bayerischen Versorgungskammer - Bayerische Apothekerversorgung - (weitere Beteiligte zu 2). Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es zu Lasten der Versorgungsanwartschaften des Ehemannes bei der Bayerischen Versorgungskammer - Bayerische Apothekerversorgung - für die Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 168,46 DM, bezogen auf den 30. Juni 2000, auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei der BfA begründet hat. Dabei hat es die Versorgungsanwartschaft des Ehemannes als im Anwartschaftsteil statisch bewertet. Für die erforderliche Umrechnung hat es den Wert des Anrechts nicht nach der Barwert-Verordnung (in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung), die es für verfassungswidrig erachtet hat, sondern unter Bezugnahme auf in der Literatur veröffentlichte "Ersatztabellen" mit 169.678,80 DM ermittelt und das Anrecht auf dieser Grundlage in eine volldynamische Anwartschaft in Höhe von monatlich 778,80 DM umgerechnet.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen die Entscheidung des Amtsgerichts zurückgewiesen. Dagegen richtet sich ihre zugelassene weitere Beschwerde, mit der sie weiterhin die Abänderung der Entscheidung begehrt, weil die Barwert-Verordnung zur Ermittlung des Barwerts zwingend anwendbar sei.

II.

Das Rechtsmittel ist begründet. 1. Zu Recht hat das Oberlandesgericht die Versorgungsanwartschaft des Ehemannes bei der Bayerischen Apothekerversorgung als im Anwartschaftsteil statisch und nur in der Leistungsphase volldynamisch bewertet (vgl. Senatsbeschluß vom 10. Juli 2002 - XII ZB 122/99 - FamRZ 2002, 1554, 1555; vgl. auch Senatsbeschluß vom 23. September 1987 - IVb ZB 18/85 - FamRZ 1987, 1241). Auch die weitere Beschwerde erinnert hiergegen nichts. 2. Für die Umrechnung dieser Versorgungsanwartschaft hat das Oberlandesgericht allerdings nicht die Barwert-Verordnung (in der bis zum 31. Dezember 2002 geltenden Fassung) herangezogen, da diese zu einer übermäßigen Abwertung der mit ihr bewerteten Anrechte führe und daher den Gleichheitssatz verletze. Anstelle der Tabellen der Barwert-Verordnung seien deshalb die im Jahre 2000 veröffentlichten "Ersatztabellen" (Glockner/Gutdeutsch FamRZ 2000, 270, 271) für die Barwertermittlung zugrunde zu legen. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Insbesondere kann bei der Ermittlung der Barwerte für nicht volldynamische Anwart-
schaften grundsätzlich nicht auf "Ersatztabellen" anstelle der BarwertVerordnung zurückgegriffen werden, und zwar unbeschadet der Einwände, die gegen die bisherige und vom Beschwerdegericht zugrunde gelegte Fassung der Barwert-Verordnung bestanden (BGHZ 148, 351). 3. Nachdem die Barwert-Verordnung zwischenzeitlich - durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26. Mai 2003 (BGBl. I S. 728) - geändert worden ist, hat die Umrechnung der Versorgungsanwartschaft des Ehemannes bei der Bayerischen Apothekerversorgung nunmehr anhand der geänderten Barwert-Verordnung zu erfolgen (zur Maßgeblichkeit des zur Zeit der Entscheidung geltenden Rechts auch für die Höhe des Versorgungsausgleichs vgl. etwa Senatsbeschluß vom 9. Februar 2000 - XII ZB 24/96 - FamRZ 2000, 748, 749). Den Bedenken, die der Senat in seinem Beschluß vom 5. September 2001 gegen die bisherige Fassung der BarwertVerordnung geltend gemacht hat (BGHZ aaO), ist mit der geänderten BarwertVerordnung Rechnung getragen.
a) Die bisherige Fassung der Barwert-Verordnung beruhte, wie der Senat dargelegt hat (BGHZ aaO), auf - überholten - Annahmen über biometrische Grundwahrscheinlichkeiten (Sterbens- und Invalidisierungswahrscheinlichkeiten ), die aus demographischem Material aus den Jahren 1920 bis 1940 gewonnen waren. Sie berücksichtigte insbesondere nicht die gestiegene Lebenserwartung der Versicherten, die bewirkt, daß zur Finanzierung einer bestimmten zugesagten Versorgungshöhe ein größeres Deckungsvolumen erforderlich wird und folglich bei gleichem Nominalwert eines Anrechts dessen Barwert steigt. Die unveränderten Umrechnungsfaktoren der bisherigen Barwert-Verordnung führten umgekehrt zu einer Unterbewertung der nach der Barwert-Verordnung umzurechnenden Anrechte. Aufgrund dieser Fehlbewertung wurde der Grundsatz der Halbteilung des in der Ehe erworbenen Versorgungsvermögens nicht
mehr verwirklicht und das Gebot materieller Gerechtigkeit in einem Maße verletzt , das den Senat veranlaßt hat, den Normgeber aufzufordern, bis zum 31. Dezember 2002 eine legislative Abhilfe zumindest in Form einer vorläufigen Regelung zu schaffen. Nur bis zu diesem Zeitpunkt sei - zur Wahrung der Rechtseinheit und im Interesse der Rechtssicherheit - der Barwertermittlung im Regelfall weiterhin die bisherige Barwert-Verordnung zugrunde zu legen; danach könne die den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechende Barwertbildung nicht mehr hingenommen werden.
b) Mit der rückwirkend zum 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Zweiten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung (aaO) ist den Bedenken des Senats Genüge getan. Die mit der Änderungsverordnung vorgenommene Neuberechnung der Tabellen 1 bis 7 der Barwert-Verordnung baut auf den 1998 von Heubeck veröffentlichten und namentlich für eine Anwendung in der betrieblichen Alterversorgung konzipierten Richttafeln auf. Die Grunddaten hinsichtlich der Sterblichkeit und Invalidisierungshäufigkeit beruhen u.a. auf bis zum Jahre 1998 bekannten und verfügbaren Statistiken der betrieblichen Altersversorgung , der gesetzlichen Rentenversicherung sowie des Statistischen Bundesamtes. Ein Änderung der Sterblichkeiten ist für die nächsten etwa 20 bis 30 Jahre projiziert und in den verwendeten Sterblichkeitsraten berücksichtigt (BR-Drs. 198/03 S. 12). Die Typisierung der unterschiedlichen Arten von Versorgungsanrechten hat der Verordnungsgeber dabei unverändert aus der bisherigen Barwert-Verordnung übernommen. Für die verschiedenen Typen von Versorgungsanrechten sind anhand der aktualisierten Grundannahmen nach den anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik - ebenfalls wie bisher - altersspezifische Barwerte ermittelt worden.
c) Der geänderten Barwert-Verordnung liegt - wie auch schon der bisherigen Barwert-Verordnung - ein Rechnungszinsfuß von 5,5 % zugrunde. Dieser
Abzinsungsfaktor wurde bereits früher mitunter als überhöht kritisiert (Ellger/ Glockner FamRZ 1984, 733, 735; Lang FamRZ 1984, 317, 318; Glockner/Gutdeutsch FamRZ 1999, 896, 898; Bergner FamRZ 1999, 1487). Der Senat hat sich diese Kritik in seinem Beschluß vom 5. September 2001 (aaO) nicht zu eigen gemacht. Hieran hält der Senat - unbeschadet erneuter gegenteiliger Meinungsäußerungen (Borth FamRZ 2003, 889, 893; Glockner FamRB 2003, 169; vgl. auch Bergmann FuR 2003, 108, 112) - fest. Bei einer versicherungsmathematischen Definition des Barwerts als einer kapitalwertbezogenen und damit zinsabhängigen Rechengröße kann, wie in der Begründung zum Regierungsentwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung zutreffend ausgeführt ist (BR-Drs. 198/03 S. 12), die zur Zeit gedämpfte Dynamik von Anrechten aus der gesetzlichen Rentenversicherung keinen Anlaß zu einer Korrektur des Rechnungszinses geben. Zwar ist richtig, daß sich aus der Differenz von Zins- und Rentendynamik bei der Umwertung nicht volldynamischer Anrechte Wertveränderungen ergeben können. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine Eigenheit der Barwert-Verordnung. Diese Wertveränderungen sind vielmehr eine Konsequenz des gesetzlichen Umwertungsmechanismus , nach dem für das umzurechnende Anrecht zunächst - unter Berücksichtigung der Abzinsung - ein Kapitalwert ermittelt und dieser sodann in ein umlagefinanziertes Versorgungssystem transferiert wird mit der Folge, daß an die Stelle des Abzinsungsfaktors (zur Zeit) eine Bruttoeinkommensdynamik tritt. Auch für sich genommen kann, worauf die Begründung zum Regierungsentwurf einer Zweiten Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung (aaO) mit Recht hinweist, der von der Barwert-Verordnung mit 5,5 % angenommene Abzinsungsfaktor nicht als realitätsfremd angesehen werden. Das umzurechnende nicht-volldynamische Anrecht entwickelt sich regelmäßig über viele Jahre hinweg. Schon dieser Umstand legt es nahe, bei der Bemessung des Rechnungszinses nicht von einer lediglich punktuellen und auf die aktuellen Verhältnisse
bezogenen Betrachtung auszugehen; vielmehr erscheint es sachgerecht, den Zeitwert der künftigen Versorgung mittels eines Diskontierungssatzes zu bestimmen, der aus einer langfristigen Beobachtung der maßgebenden volkswirtschaftlichen Orientierungsgrößen gewonnen ist. Dem wird, wie die von der Bundesregierung angeführten Daten belegen (BR-Drs. 198 S. 12), der gewählte Rechnungszins, der auch sonst bei Bewertungen (vgl. § 12 Abs. 2, §§ 13, 15 BewG) zugrunde gelegt wird, unverändert gerecht (vgl. auch Riedel OLGReport 14/2003 K 29, K 31 f.).
d) Zu zusätzlichen Problemen, die sich aus der Konzeption des Versorgungsausgleichs als einem die unterschiedlichen Versorgungssysteme übergreifenden Einmal-Ausgleich ergeben, hat der Senat in seinem Beschluß vom 5. September 2001 (aaO 354 ff.) eingehend Stellung genommen. Er hat dabei insbesondere die Schwierigkeiten gewürdigt, die der Umrechnungsmechanismus des § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB mit sich bringt (aaO 356 ff.). Diese Schwierigkeiten sind nicht in der Ermittlung des Barwerts angelegt, sondern in dem Umstand begründet, daß zur Feststellung des volldynamischen Nominalbetrags für ein außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung begründetes nichtvolldynamisches Anrecht dessen Deckungskapital oder Barwert fiktiv als Einmalbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird mit der Folge, daß der so ermittelte Wert zwar den Nominalbetrag eines volldynamischen Anrechts wiedergibt, dieses fiktive volldynamische Anrecht aber nicht in dem Versorgungssystem , dem das umzurechnende Anrecht angehört, sondern in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet und sein Nominalbetrag deshalb unter Berücksichtigung der spezifischen Rechnungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung ermittelt ist. Wie der Senat dargelegt hat, lassen diese Probleme die Verfassungsmäßigkeit des geltenden Ausgleichssystems unberührt. Sie können zudem nicht durch eine weitergehende Modifizierung der Barwert-Verordnung, sondern nur im Rahmen umfassenderer gesetzgeberi-
scher Maßnahmen gelöst werden. Die Bundesregierung hat ihre Bereitschaft bekundet, das Recht des Versorgungsausgleichs beschleunigt und grundsätzlich zu überarbeiten (Stenografischer Bericht 15. Wp. 23. Sitzung S. 1985); der geänderten Barwert-Verordnung soll insoweit nur der Charakter von Übergangsrecht zukommen (BT-Drs. 198/03 S. 11; vgl. auch Riedel aaO K 32 ff.). Damit muß es - unbeschadet der erneut und mit im wesentlichen gleichbleibenden Argumenten geäußerten Kritik (Bergner NJW 2003, 1625, 1627 ff.; vgl. ders. FamRZ 2003, 65, 69; 2002, 218; 1999, 1487 u.ö.) - jedenfalls bis auf weiteres sein Bewenden haben. 4. Die angefochtene Entscheidung kann danach nicht bestehen bleiben. Der Senat kann auf der Grundlage der vorgelegten Versorgungsauskünfte, gegen die von Seiten der Beteiligten keine Einwände erhoben wurden und auch sonst keine Bedenken ersichtlich sind, selbst entscheiden. Da der Wert der Versorgung des Ehemannes nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise steigt, wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung, ist der ehezeitlich erworbene Anteil der Versorgung gemäß § 1587 a Abs. 3 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen. Dies geschieht, indem zunächst der Barwert des im Anwartschaftsstadium statischen Anrechts, das für den Fall des Alters und der Invalidität zugesagt ist, nach Tabelle 1 Barwert-Verordnung ermittelt wird. Bei dem anzuwendenden Barwertfaktor von 2,6 (Alter des Ehemanns zum Ende der Ehezeit: 38 Jahre) - erhöht um 65 % gemäß Anmerkung 2 zu Tabelle 1 Barwert-Verordnung - ergibt sich ein Barwert von [3.142,20 x 12 Monate = 37.706,40 DM x 4,29 =] 161.760,46 DM. Zur Umrechnung in ein dynamisches Anrecht wird dieser Betrag fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt. Der Betrag wird daher mit dem für das Ende der Ehezeit geltenden Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte umgerechnet, diese sodann mit
Hilfe des aktuellen Rentenwerts nach § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung. Dies ergibt eine dynamisierte Rente von monatlich [161.760,46 x 0,0000950479 = 15, 3748 Entgeltpunkte x 48,29 DM =] 742,45 DM. Auf Seiten der Ehefrau sind in der Ehezeit erworbene Anwartschaften bei der BfA in Höhe von 441,89 DM zu berücksichtigen. Dementsprechend ist gemäß § 1587 a Abs. 1 BGB der Ehemann, der die werthöheren Anwartschaften erworben hat, in Höhe von [(742,45 DM – 441,89 DM) : 2 =] 150,28 DM ausgleichspflichtig. Der Ausgleich hat im Wege des analogen Quasisplittings gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG zu erfolgen. Der Höchstbetrag nach § 1587 b Abs. 5 BGB von 861,94 DM ist nicht überschritten. Die begründeten Rentenanwartschaften sind nach § 1587 b Abs. 6 BGB in Entgeltpunkte umzurechnen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Bundesrichter Dr. Ahlt ist urlaubsbedingt verhindert zu unterschreiben. Hahne

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 144/04
vom
8. September 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 4
Anrechte bei der Bayerischen Versorgungskammer - Zusatzversorgungskasse der
bayerischen Gemeinden - sind nach der ab 1. Januar 2002 geltenden Änderung
der für sie geltenden Regelung im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium
jedoch als volldynamisch zu beurteilen (im Anschluß an Senatsbeschluß
vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474).
BGH, Beschluß vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - OLG Nürnberg
AG Regensburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 8. September 2004 durch die
Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs, die Richterin Dr. Vézina und den
Richter Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin werden der Beschluß des 10. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 22. April 2004 aufgehoben und die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Regensburg vom 10. Februar 2004 zurückgewiesen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die weitere Beteiligte zu 1; die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Beschwerdewert: 500 €

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 28. Mai 1976 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 19. November 1955) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 18. Juli 1945) am 21. August 2003 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin
geregelt, daß es im Wege des Rentensplittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellt (BfA; weitere Beteiligte zu 2) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 148,05 €, bezogen auf den 31. Juli 2003, übertragen hat. Ferner hat es zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 1) im Wege des analogen Quasisplittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 101,73 €, bezogen auf den 31. Juli 2003, begründet. Dabei ist das Amtsgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 von ehezeitlichen (1. Mai 1976 bis 31. Juli 2003; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften der Parteien in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA, jeweils monatlich und bezogen auf das Ende der Ehezeit, in Höhe von 670,52 € für die Antragstellerin und 966,62 € für den Antragsgegner ausgegangen. Die für die Antragstellerin bei der Bayerischen Versorgungskammer (ZVK; weitere Beteiligte zu 3) und für den Antragsgegner bei der VBL bestehenden Anwartschaften hat das Amtsgericht jeweils als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch bewertet und nach entsprechender Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für die Antragstellerin monatlich 114,30 € und für den Antragsgegner monatlich 317,76 € dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der VBL hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahin abgeändert, daß im Wege des Quasisplittings Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 61,66 €, bezogen auf den 31. Juli 2003, begründet werden.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Antragstellerin den Beschluß des Familiengerichts Regensburg wiederhergestellt wissen. Der Antragsgegner und die weiteren Beteiligten haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs.2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Das Oberlandesgericht hat die für die Antragstellerin bei der ZVK und für den Antragsgegner bei der VBL bestehenden Anwartschaften als insgesamt statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 1. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474). 2. Ebenso sind die Versorgungsanrechte der Antragstellerin bei der ZVK nach der Neufassung der Satzung der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden in der Fassung vom 25. Juni 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten. Die ZVK hat - wie die VBL - mit Wirkung ab 1. Januar 2002 ihre Versorgungsregelungen grundlegend geändert und anstelle des bisherigen Gesamt-
versorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sogenanntes "Punktemodell" eingeführt. Nach dem Punktemodell bestimmen sich die Anrechte bei der ZVK im Anwartschaftsstadium nach § 34 Abs. 1 Satz 1 a), Satz 2, Abs. 2 der Satzung der ZVK (Neufassung vom 25. Juni 2002) grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem 1. Januar 2002 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 €, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich nach § 33 Abs. 1 der Satzung der ZVK dann dadurch, daß die Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Meßbetrag von 4 € multipliziert wird. Dies gilt auch für die als sogenannte Startgutschrift aus den bis zum 31. Dezember 2001 erworbenen unverfallbaren Anwartschaften sich ergebenden Versorgungspunkte. Wie bei der VBL ist in § 34 Abs. 3 der Satzung der ZVK während der Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % angesetzt. Darüber hinaus können Versorgungspunkte nach §§ 34 Abs. 1 Satz 1 c), d), 35, 66, 68 der Satzung der ZVK noch für soziale Komponenten (Kindererziehung u.ä.) und durch Bonuspunkte erworben werden. Daß die ZVK bisher solche Überschüsse erzielt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Leistungsstadium wird die Betriebsrente der ZVK nach § 37 der Satzung jeweils zum 1. Juli jährlich um 1 % erhöht. Danach entspricht die Zusatzversorgung bei der ZVK strukturell derjenigen bei der VBL, so daß Versorgungsanrechte bei der ZVK aus denselben Gründen wie bei der VBL (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 aaO) ebenfalls als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind.
3. Damit verbleibt es im Ergebnis bei der zutreffenden Bewertung des Familiengerichts.
Sprick Wagenitz Fuchs Vézina Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 255/03
vom
23. März 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 4
Anrechte bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes
Baden-Württemberg (ZVK-KVBW) sind nach der Änd erung der für sie
geltenden Satzung der ZVK-KVBW im Anwartschaftsstadium als statisch, im
Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu beurteilen (im Anschluß an die
Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474 und
vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706 und vom
6. Oktober 2004 - XII ZB 133/04 - FamRZ 2004, 1959).
BGH, Beschluß vom 23. März 2005 - XII ZB 255/03 - OLG Karlsruhe
AG Überlingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. März 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs
und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - vom 30. Oktober 2003 aufgehoben. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Überlingen vom 21. Juli 2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der monatliche Ausgleichsbetrag, bezogen auf den 31. August 2002, nicht 468,44 €, sondern 455,43 € beträgt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der weitere Beteiligte zu 1; die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Beschwerdewert: 500 €

Gründe:


I.

Die Parteien haben am 10. August 1973 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 15. März 1941) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 17. Oktober 1951) am 12. September 2002 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den abgetrennten Versorgungsausgleich nachfolgend dahin geregelt, daß es zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1) im Wege des Quasisplittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 468,44 €, bezogen auf den 31. August 2002, begründet hat. Dabei ist das Amtsgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 von ehezeitlichen (1. August 1973 bis 31. August 2002; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften des Antragstellers beim LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von monatlich 1.282,59 € sowie der Antragsgegnerin bei der BfA in Höhe von monatlich 339,94 €, bezogen auf den 31. August 2002, ausgegangen. Die für die Antragsgegnerin bei der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (KVBW; weitere Beteiligte zu 3) bestehenden Anwartschaften hat das Amtsgericht als insgesamt statisch bewertet und nach entsprechender Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für die Antragsgegnerin monatlich 5,77 € dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde des LBV hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des LBV, mit der es weiterhin geltend macht, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien, die BfA und die KVBW haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. 1. Zwar ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers rechtlich nicht zu beanstanden, daß das Oberlandesgericht den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt hat. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Über-
gangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag gegebenenfalls später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO 261). Daß der Antragsteller vorliegend die Regelaltersgrenze von 65 Jahren (§ 25 Abs. 1 BRRG) im Jahre 2006 und damit vor dem bisher angenommenen Ende der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG erreichen wird, gebietet keine andere Bewertung. Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragsgegnerin durch das Quasisplitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß dem Antragsteller unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte der ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im
Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben. Allerdings ergibt sich hinsichtlich der Anwartschaften des Antragstellers rechnerisch eine Abänderung durch die nunmehr erforderliche Anwendung des baden-württembergischen Bemessungsfaktors von 5,33 % monatlich für 2005 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienstund Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. September 2003 - BGBl. I, 1798 - in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Sonderzahlungen in Baden-Württemberg - Landesanteil Besoldung vom 29. Oktober 2003 - GBl. S. 693, 694; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N.). Damit errechnet sich für den Antragsteller ein Ehezeitanteil von 1.260,33 €. 2. Indessen hat das Oberlandesgericht die für die Antragsgegnerin bei der KVBW bestehenden Anwartschaften als insgesamt statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbeschluß vom 7.Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474). Gleiches gilt für Versorgungsanrechte bei der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Ge-
meinden und der Bahnversicherungsanstalt, Abteilung B (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706 und vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 133/04 - FamRZ 2004, 1959). 3. Ebenso sind die Versorgungsanrechte der Antragstellerin bei der KVBW nach der Neufassung der Satzung der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg in der Fassung vom 2. Juli 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten. Die KVBW hat - wie die VBL - mit Wirkung ab 1. Januar 2002 ihre Versorgungsregelungen grundlegend geändert und anstelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sogenanntes "Punktemodell" eingeführt. Nach dem Punktemodell bestimmen sich die Anrechte bei der KVBW im Anwartschaftsstadium nach § 34 Abs. 1 Satz 1 a), Satz 2, Abs. 2 der Satzung der KVBW (Neufassung vom 2. Juli 2002) grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten , die ab dem 1. Januar 2002 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 €, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich nach § 33 Abs. 1 der Satzung der KVBW dann dadurch, daß die Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Meßbetrag von 4 € multipliziert wird. Dies gilt auch für die Versorgungspunkte, die als sogenannte Startgutschrift sich aus den bis zum 31. Dezember 2001 erworbenen unverfallbaren Anwartschaften ergeben. Wie bei der VBL ist in § 34 Abs. 3 der Satzung der KVBW während der Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % angesetzt. Darüber hinaus können Versorgungspunkte nach §§ 34 Abs. 1 Satz 1 c), d), 35, 66, 68 der Satzung der KVBW noch für soziale Komponenten (Kindererziehung u.ä.) und durch Bonuspunkte für Über-
schüsse erworben werden. Daß die KVBW bisher solche Überschüsse erzielt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Leistungsstadium wird die Betriebsrente der KVBW nach § 37 der Satzung jeweils zum 1. Juli jährlich um 1 % erhöht. Danach entspricht die Zusatzversorgung bei der KVBW strukturell derjenigen bei der VBL, so daß Versorgungsanrechte bei der KVBW aus denselben Gründen wie bei der VBL (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 aaO) ebenfalls als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind. 4. Danach ergibt sich folgende Berechnung: Bei der Umwertung der KVBW-Anwartschaften in eine dynamische Versorgung kommt Tabelle 1 zu § 2 Abs. 2 BarwertVO zur Anwendung. Dies führt zur Erhöhung des sich daraus ergebenden Faktors 4,9 (Alter der Antragsgegnerin bei Ende der Ehezeit: 50 Jahre) um 65 % auf 8,085 (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 BarwertVO ). Aus der Jahresrente von 248,28 € errechnet sich demnach ein Barwert von 248,28 € x 8,085 = 2.007,34 €. Nach Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung für 2002 von 0,0001835894 ergeben sich 0,3685 Entgeltpunkte und nach weiterer Multiplikation mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ehezeitende von 25,86 € eine dynamische Rente von 9,53 €. Der in der Ehezeit erworbenen Versorgung des Antragstellers in Höhe von 1.260,33 € stehen somit Anwartschaften der Antragsgegnerin in Höhe von
insgesamt 339,94 € + 9,53 € = 349,47 € gegenüber, so daß sich eine Ausgleichspflicht des Antragsgegners in Höhe von 455,43 € errechnet (1.260,33 € ./. 349,47 € = 910,86 €; 910,86 € : 2 = 455,43 €).
Hahne Sprick Wagenitz Fuchs Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 209/03
vom
20. Juli 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 4
Auch Anrechte bei der Zusatzversorgungskasse Thüringen beim Kommunalen Versorgungsverband
Thüringen (ZVK-KVTh) sind nach der Ände rung der für sie geltenden
Satzung im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als
volldynamisch zu beurteilen (im Anschluß an die Senatsbeschlüsse vom 7. Juli 2004
- XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474, vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 -
FamRZ 2004, 1706, vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 133/04 - FamRZ 2004, 1959 und
vom 23. März 2005 - XII ZB 255/03 - FamRZ 2005, 878).
BGH, Beschluß vom 20. Juli 2005 - XII ZB 209/03 - OLG Jena
AG Stadtroda
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juli 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz,
Fuchs und Dose

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des 1. Senats für Familiensachen des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 20. August 2003
a) dahin abgeändert, daß beim analogen Quasi-Splitting zu Lasten der Zusatzversorgungskasse Thüringen beim Kommunalen Versorgungsverband Thüringen der monatliche Ausgleichsbetrag , bezogen auf den 31. Juli 2001, nicht 13,51 €, sondern 7,02 € beträgt, und
b) darüber hinaus wie folgt ergänzt: Zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei der SV Nr. werden auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Vers.Nr.: ) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1,39 €, bezogen auf den 31. Juli 2001, begründet. Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Beschwerdewert: 500 €

Gründe:

I.

Die Parteien haben am 18. Dezember 1982 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 31. Dezember 1961) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 31. Januar 1961) am 3. August 2001 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es vom Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2) im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei der BfA (angleichungsdynamische) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 22,18 €, bezogen auf den 31. Juli 2001, übertragen hat. Ferner hat es zu Lasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei der Zusatzversorgungskasse Thüringen beim Kommunalen Versorgungsverband Thüringen (ZVK-KVTh; weitere Beteiligte zu 1) im Wege des analogen Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG auf dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der BfA (angleichungsdynamische ) Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 1,87 €, bezogen auf den 31. Juli 2001, begründet. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde der ZVK-KVTh hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahin abgeändert, daß der Ausgleichsbetrag im Wege des analogen Quasi-Splittings
13,51 € beträgt, und daß die insoweit begründeten Anwartschaften nicht angleichungsdynamisch sind. Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 und 2 von ehezeitlichen (1. Dezember 1982 bis 31. Juli 2001; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften des Antragstellers bei der BfA in Höhe von (angleichungsdynamisch) 351,95 € sowie der Antragsgegnerin bei der BfA in Höhe von (angleichungsdynamisch) 396,30 €, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Juli 2001, ausgegangen. Die für die Antragsgegnerin bei der ZVKKVTh bestehenden (nicht angleichungsdynamischen) Anwartschaften hat das Oberlandesgericht als in der Anwartschaftsphase volldynamisch und in der Leistungsphase statisch bewertet und nach entsprechender Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für die Antragsgegnerin mit monatlich 27,02 € dem Versorgungsausgleich zugrunde gelegt. Die weiteren (nicht angleichungsdynamischen ) Anwartschaften der Antragsgegnerin bei der SV weitere B (SV; eteiligte zu 3) haben Amts- und Oberlandesgericht entgegen der Auskunft der SV als private Rentenversicherung gewertet und dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten. Nach der Auskunft der SV vom 28. Januar 2001 beträgt das ehezeitliche Deckungskapital 587 €; eine Realteilung ist nicht vorgesehen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde macht die ZVK-KVTh weiter geltend, die bei ihr bestehenden Anrechte seien auch im Anwartschaftsstadium als statisch zu behandeln. Die Parteien und die BfA haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. 1. Das Oberlandesgericht hat die für die Antragsgegnerin bei der ZVKKVTh bestehenden (nicht angleichungsdynamischen) Anwartschaften als im Anwartschaftsstadium volldynamisch und im Leistungsstadium statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1. Januar 2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (vgl. Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474). Gleiches gilt für Versorgungsanrechte bei der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden und der Bahnversicherungsanstalt, Abteilung B (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. September 2004 - XII ZB 144/04 - FamRZ 2004, 1706 und vom 6. Oktober 2004 - XII ZB 133/04 - FamRZ 2004, 1959) und für Versorgungsanrechte bei der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (vgl. Senatsbeschluß vom 23. März 2005 - XII ZB 255/03 - FamRZ 2005, 878). 2. Ebenso sind die Versorgungsanrechte der Antragsgegnerin bei der ZVK-KVTh nach der Neufassung der Satzung der Zusatzversorgungskasse in der Neufassung vom 18. September 2002 (ThürStAnz Nr. 42/2002, S. 2565), geändert durch die 1. Änderungssatzung vom 21. November 2 003 (ThürStAnz Nr. 7/2004, S. 498) und durch die 2. Änderungssatzung vo m 19. Mai 2004
(ThürStAnz Nr. 27/2004, S. 1724) als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten. Die ZVK-KVTh hat - wie die VBL - mit Wirkung ab 1. Januar 2002 ihre Versorgungsregelungen grundlegend geändert und anstelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sogenanntes "Punktemodell" eingeführt. Nach dem Punktemodell bestimmen sich die Anrechte bei der ZVK-KVTh im Anwartschaftsstadium nach § 34 Abs. 1 Satz 1 a), Satz 2, Abs. 2 der Satzung der ZVK-KVTh grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem 1. Januar 2002 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 €, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich nach § 33 Abs. 1 der Satzung der ZVK-KVTh dann dadurch, daß die Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Meßbetrag von 4 € multipliziert wird. Dies gilt auch für die als sogenannte Startgutschrift aus den bis zum 31. Dezember 2001 erworbenen unverfallbaren Anwartschaften sich ergebenden Versorgungspunkte. Wie bei der VBL ist in § 34 Abs. 3 der Satzung der ZVK-KVTh während der Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % angesetzt. Darüber hinaus können Versorgungspunkte nach §§ 34 Abs. 1 Satz 1 c), d), 35, 66, 68 der Satzung der ZVK-KVTh noch für soziale Komponenten (Kindererziehung u.ä.) und durch Bonuspunkte erworben werden. Daß die ZVK-KVTh bisher solche Überschüsse für die Bewilligung von Bonuspunkten erzielt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Leistungsstadium wird die Betriebsrente der ZVK-KVTh nach § 37 der Satzung jeweils zum 1. Juli jährlich um 1 % erhöht. Danach entspricht die Zusatzversorgung bei der ZVK-KVTh strukturell derjenigen bei der VBL, so daß Versorgungsanrechte bei der ZVK-KVTh aus
denselben Gründen wie bei der VBL (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 aaO) ebenfalls als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind. 3. Entgegen der Auffassung beider Vorinstanzen ist darüber hinaus die (nicht angleichungsdynamische) Leibrentenversicherung der Antragsgegnerin bei der SV in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen (vgl. nur Senatsbeschluß vom 13. November 1985 - IVb ZB 131/82 - FamRZ 1986, 344). 4. Danach ergibt sich gemäß §§ 1587 a Abs. 2 Nr. 2, Nr. 3 a und Nr. 5 a, Abs. 3, 4, 1587 b Abs. 1 BGB, 1 Abs. 3 VAHRG, 2 Abs. 1 Nr. 1 b VAÜG folgende Berechnung: Bei der Umwertung der ZVK-KVTh-Anwartschaften in eine dynamische Versorgung kommt Tabelle 1 zu § 2 Abs. 2 BarwertVO zur Anwendung. Dies führt zur Erhöhung des sich daraus ergebenden Faktors 2,9 (Alter der Antragsgegnerin bei Ende der Ehezeit: 40 Jahre) um 65 % auf 4,785 (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 BarwertVO). Aus der Jahresrente von 619,56 € errechnet sich demnach ein Barwert von 619,56 € x 4,785 = 2.964,59 €. Nach Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung für 2001 von 0,0000957429 ergeben sich 0,2838 Entgeltpunkte und nach weiterer Multiplikation mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ehezeitende von 49,51 eine dynamische Rente von 14,05 €. Aus dem ehezeitlichen Deckungskapital der Leibrentenversicherung der Antragsgegnerin bei der SV (587 €) errechnet sich durch Multiplikationen mit dem am Ende der Ehezeit maßgeblichen Umrechnungsfaktor von 0,0000957429 und dem allgemeinen Rentenwert zum Ende der Ehezeit von 49,51 eine dynamische Rente in Höhe von monatlich 2,78 €.
Der in der Ehezeit erworbenen Versorgung des Antragstellers in Höhe von 351,95 € stehen somit Anwartschaften der Antragsgegnerin in Höhe von insgesamt 396,30 € + 14,05 € + 2,78 € = 413,13 € gegenüber, so daß sich eine Ausgleichspflicht der Antragsgegnerin in Höhe von 30,59 € errechnet (413,13 € ./. 351,95 € = 61,18 €; 61,18 € : 2 = 30,59 €). Davon entfallen - wovon bereits das Amtsgericht ausgegangen ist - 22,18 € auf das (angleichungsdynamische) Splitting sowie hinsichtlich des (nicht angleichungsdynamischen) analogen Quasi-Splittings 7,02 € auf die ZVK-KVTh und 1,39 € auf die SV.
Hahne Sprick Wagenitz Fuchs Dose