Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03

bei uns veröffentlicht am22.06.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 247/03
vom
22. Juni 2005
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine Partei, die rechtsmißbräuchlich die Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt
erhalten hat, trifft grundsätzlich die Pflicht, hiervon Rücklagen zu bilden, um
die Kosten eines Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können.
BGH, Beschluß vom 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03 - OLG Bamberg
AG Aschaffenburg
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 22. Juni 2005 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter Sprick, Weber-Monecke,
Prof. Dr. Wagenitz und Dose

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 2. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Bamberg vom 23. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Gründe:


I.

Die Antragstellerin begehrt Prozeßkostenhilfe für ein Verfahren auf Aufhebung der mit dem Antragsgegner geschlossenen Ehe. Die 1976 geborene Antragstellerin hat am 7. Dezember 1999 eine Scheinehe mit dem Antragsgegner, einem ukrainischen Staatsangehörigen, der derzeit unbekannten Aufenthalts ist, geschlossen. Hierfür hat sie von diesem eine Zahlung von mindestens 10.000 DM erhalten. Eine eheliche Lebensgemeinschaft wurde nicht begründet. Am 13. Juni 2001 hat die Antragstellerin ein Kind geboren, dessen biologischer Vater ihr Lebensgefährte ist. Sie möchte die Aufhebung der Ehe erreichen, um den Vater des Kindes heiraten zu können. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe versagt. Ihre sofortige Beschwerde blieb erfolglos. Mit
der vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihr Begehren weiter.

II.

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (Senatsbeschluß vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633, 1634; BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671). Das ist hier indessen der Fall, da die Antragstellerin geltend macht, die personenbezogene Beurteilung ihrer Rechtsverfolgung als mutwillig sei ebensowenig gerechtfertigt wie die Annahme, sie könne die Kosten des Verfahrens aus dem erhaltenen Betrag begleichen, wenn sie hiervon ihrer Verpflichtung entsprechend Rücklagen gebildet hätte. 2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg.
a) Das Oberlandesgericht hat die Auffassung vertreten, die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe sei wegen Mutwilligkeit zu versagen; darüber hinaus sei die Antragstellerin nicht als hilfsbedürftig anzusehen. Zur Begründung hat das Oberlandesgericht im wesentlichen ausgeführt: Wer eine - hier unstreitig vorlie-
gende - Scheinehe eingehe, könne vom Staat keine Prozeßkostenhilfe für die Aufhebung dieser Ehe verlangen, denn er wolle die Ehe nicht und wisse bereits bei der Eheschließung, daß er sich von dem bestehenden rechtlichen Band nur unter Kostenaufwand befreien könne. Da er diesen Kostenaufwand durch die Eheschließung letztlich selbst verursacht habe, sei sein Verhalten mutwillig. Davon abgesehen sei jemand, der für die Eheschließung einen Geldbetrag erhalten habe, verpflichtet, von dem Entgelt Rücklagen zu bilden, um damit die sich bereits abzeichnenden Kosten des Aufhebungsverfahrens tragen zu können. Dieser Verpflichtung sei die Antragstellerin nicht nachgekommen. Sie habe mindestens 10.000 DM erhalten, wovon sie die Kosten des Verfahrens hätte begleichen können, wenn sie das Geld zur Seite gelegt hätte. Die Verweigerung von Prozeßkostenhilfe könne zwar zur Folge haben, daß die Antragstellerin nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen die Verfahrenskosten jetzt nicht mehr aufbringen könne, so daß sie nicht in der Lage sei, die Aufhebung der Ehe zu erreichen und ihren Partner zu heiraten. Einen Verstoß gegen Art. 6 GG stelle dieses Ergebnis indessen nicht dar, weil sich die Antragstellerin durch ihr rechtsmißbräuchliches Verhalten selbst in diese Situation gebracht habe. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde im Ergebnis ohne Erfolg.
b) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozeßkostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 114 Satz 1 ZPO). Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen nach dieser Bestimmung Prozeßkostenhilfe für ein auf Aufhebung einer Scheinehe gerichtetes Verfahren zu gewähren ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beantwortet.
aa) Teilweise wird die Auffassung vertreten, Prozeßkostenhilfe sei grundsätzlich nicht zu bewilligen, weil die Inanspruchnahme staatlicher Mittel rechtsmißbräuchlich sei. Dem Prozeßkostenhilfeantrag sei ein Rechtsschutzbedürfnis zu versagen, weil die Partei das Rechtsinstitut der Ehe in der Absicht mißbraucht habe, aus der Eheschließung finanzielle Vorteile zu erlangen. Es sei nicht Aufgabe der Prozeßkostenhilfe, die durch den Rechtsmißbrauch herbeigeführten Folgen zu beseitigen, nachdem die erhaltenen Mittel nicht für das Scheidungsverfahren vorgehalten oder sonst Rücklagen für die Auflösung der Ehe gebildet worden seien (OLG Köln FamRZ 1984, 278, 279; OLG Stuttgart FamRZ 1992, 195; Schwab/Maurer/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. Kap. I Rdn. 158; Zimmermann Prozeßkostenhilfe in Familiensachen 2. Aufl. Rdn. 202; einschränkend OLG Celle FamRZ 1984, 279: nur bei Durchsetzung grob selbstsüchtiger und unlauterer Interessen). bb) Ferner wird angenommen, die Rechtsverfolgung sei mutwillig, wenn die Ehe nur zu dem Zweck geschlossen worden sei, einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. Dann könnten Erschleichung der Aufenthaltserlaubnis , Heirat und Scheidungsbegehren nicht voneinander isoliert betrachtet, sondern müßten als Gesamtplan gewürdigt werden. Wenn die Parteien schon bei der Heirat die Scheidung beabsichtigt und gewußt hätten, daß sie diese nicht würden bezahlen können, dürfe Prozeßkostenhilfe wegen Mutwillens versagt werden (OLG Hamm FamRZ 2000, 1092; OLG Koblenz FamRZ 2004, 548; OLG Naumburg FamRZ 2004, 548, 549; Zöller/Philippi ZPO 25. Aufl. § 114 Rdn. 45; Philippi FPR 2002, 479, 484; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe 3. Aufl. Rdn. 464; Johannsen/Henrich/ Thalmann Eherecht 4. Aufl. § 114 ZPO Rdn. 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann ZPO 63. Aufl. § 114 Rdn. 124; vgl. auch Schneider MDR 1985, 441, 442).
cc) Eine weitere Meinung geht davon aus, daß aufgrund der Rechtsmißbräuchlichkeit der Eheschließung an die Glaubhaftmachung der Hilfsbedürftigkeit strenge Anforderungen zu stellen seien. Die Prozeßkostenhilfe beantragende Partei müsse substantiiert darlegen, weshalb weder ein Unterhaltsanspruch noch ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß gegen den Ehegatten bestehe. Wenn für die Eingehung der Ehe ein Entgelt gezahlt worden sei, müsse der Betrag für die Finanzierung des Rechtsstreits verwendet werden. Denn die Partei habe von vornherein mit der Notwendigkeit eines Scheidungsverfahrens und der damit verbundenen Kosten rechnen und deshalb hierfür Rücklagen bilden müssen. Sie könne sich deshalb nicht darauf berufen, das Entgelt verbraucht zu haben. Insofern liege - von besonderen Fallgestaltungen abgesehen - regelmäßig selbst verschuldete Hilfsbedürftigkeit vor (OLG Celle FamRZ 1983, 593; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 680, 681; OLG Hamm FamRZ 2001, 1081; OLG Nürnberg FamRZ 1995, 1502, 1503 u. 1996, 615, 616; OLG Frankfurt FamRZ 1996, 615; OLG Schleswig OLGR 1997, 10, 11; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410 u. 2002, 890; MünchKomm-ZPO/Wax 2. Aufl. § 114 Rdn. 97; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 114 Rdn. 50; Musielak/Fischer ZPO 4. Aufl. § 114 Rdn. 32; Zöller/Philippi aaO § 114 Rdn. 45; Kalthoener/Büttner/ Wrobel-Sachs aaO Rdn. 464; Soergel/Heintzmann BGB 12. Aufl. § 1564 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1565 Rdn. 18; Staudinger/Rauscher BGB Neubearb. 2004 § 1564 Rdn. 141; Schoreit/Dehn Beratungshilfe und Prozeßkostenhilfe 8. Aufl. § 114 Rdn. 16; a.A. Spangenberg FamRZ 1985, 1105, 1106). dd) Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage, welche Auswirkungen die Rechtsmißbräuchlichkeit des Eingehens einer Scheinehe auf das Prozeßkostenhilfebegehren für die anschließende Scheidung der Ehe hat, offen gelassen (BVerfG FamRZ 1984, 1206, 1207). Nach Ansicht der Richter, deren Auffassung die vorgenannte Entscheidung nicht getragen hat, ist dagegen Prozeß-
kostenhilfe zu bewilligen, wenn die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind. Die Ablehnung des Prozeßkostenhilfegesuchs mit der Begründung, wegen des Mißbrauchs des Rechtsinstituts der Ehe dürfe der Steuerzahler nicht mit den Kosten des Scheidungsverfahrens belastet werden, finde im Gesetz keine Stütze. Eine solche Entscheidung führe dazu, daß die bedürftige Partei unter Verletzung des Grundsatzes der Rechtsanwendungsgleichheit schlechter gestellt werde als die nicht bedürftige. Da rechtsmißbräuchlich zwar die Eingehung einer Scheinehe, nicht aber deren Scheidung sei, wäre eine reiche Partei nicht gehindert, im Wege des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens die Aufhebung einer Scheinehe zu erreichen. Die arme Partei werde hingegen an der Scheinehe festgehalten (BVerfG aaO).
c) Für diese Betrachtungsweise sprechen auch nach Auffassung des Senats gewichtige Gründe. Wenn die Rechtsordnung die zu ehefremden Zwecken geschlossene Ehe als wirksam ansieht, stellt ein Scheidungsbegehren die einzige Möglichkeit zur Auflösung einer solchen Ehe dar. Bereits das spricht dagegen, das Prozeßkostenhilfegesuch als rechtsmißbräuchlich anzusehen (ebenso: OLG Köln FamRZ 1983, 592, 593; OLG Celle FamRZ 1984, 279; OLG Karlsruhe FamRZ 1986, 680, 681; OLG Nürnberg FamRZ 1996, 615; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410 u. 2002, 890; OLG Naumburg FamRZ 2001, 629; Stein/Jonas/Bork aaO § 114 Rdn. 50; Soergel/Heintzmann aaO § 1564 Rdn. 40; Johannsen/Henrich/Jaeger aaO § 1565 Rdn. 18; Schoreit/Dehn aaO § 114 Rdn. 16; Staudinger/Rauscher aaO § 1564 Rdn. 141). Aus diesen Erwägungen ergeben sich zugleich Bedenken gegen die Beurteilung der beabsichtigten Rechtsverfolgung als mutwillig. Auch eine bemittelte Partei könnte die Auflösung einer Scheinehe nicht auf anderem Weg erreichen. Letztlich bedarf die Frage, ob rechtsmißbräuchliches oder mutwilliges Verhalten anzunehmen ist, im vorliegenden Fall indessen keiner Entscheidung.

d) Der Senat teilt die Auffassung, daß eine Partei, die rechtsmißbräuchlich eine Ehe geschlossen und hierfür ein Entgelt erhalten hat, die Verpflichtung trifft, hiervon Rücklagen zu bilden, um die Kosten eines - regelmäßig absehbaren - Eheaufhebungsverfahrens finanzieren zu können. Nur wenn die Partei zur Bildung von Rücklagen nicht imstande war, können die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe erfüllt sein. Diese Beurteilung hat auch das Bundesverfassungsgericht nicht beanstandet. Daß die Partei nach diesen Grundsätzen hilfsbedürftig ist, hat sie im einzelnen darzulegen. Sie muß deshalb angeben, welche Beträge sie erhalten und wie sie die Mittel verwendet hat.
e) Danach hat das Oberlandesgericht der Antragstellerin die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe jedenfalls zu Recht mangels Darlegung der wirtschaftlichen Voraussetzungen versagt. Sie hat nach ihrem eigenen Vorbringen 10.000 DM für die Eheschließung mit dem Antragsgegner erhalten. Nach dem von dem Oberlandesgericht in Bezug genommenen Beschluß des Amtsgerichts hat sie den Angaben des Antragsgegnervertreters zufolge sogar 8.000 € bezogen. Dem ist die Antragsgegnerin in ihrer sofortigen Beschwerde nicht entgegengetreten , sondern hat ausgeführt, 10.000 DM oder 8.000 € erhalten zu haben. Das Geld habe sie ausgegeben, inzwischen habe sie nur noch Schulden. Aus diesem Vorbringen ergibt sich nicht, daß es der Antragstellerin nicht möglich gewesen wäre, Rücklagen für die Kosten des Scheidungsverfahrens zu bilden. Soweit die Rechtsbeschwerde einwendet, hierzu habe kein Anlaß bestanden , weil zum Zeitpunkt der Eingehung der Scheinehe nicht festgestanden habe, daß diese wieder aufgehoben werde und der Grund für das angestrebte Verfahren erst in der Geburt des Kindes am 13. Juni 2001 zu sehen sei, vermag
sie damit nicht durchzudringen. Die Rechtsbeschwerde rügt nicht, daß das Oberlandesgericht entsprechenden Sachvortrag der Antragstellerin übergangen habe. Daß die bei der Eheschließung mit dem Antragsgegner fast 23 Jahre alte Antragstellerin auf Dauer auf eine wirkliche Ehe verzichten und stattdessen an der Scheinehe festhalten wollte, würde auch der Lebenserfahrung widersprechen. Danach ist vielmehr davon auszugehen, daß die Aufhebung der Scheinehe absehbar war und die Geburt des Kindes nur den zeitlichen Anlaß für das entsprechende Begehren gegeben hat. Daß der Antragstellerin, wie die Rechtsbeschwerde weiter ausführt, nicht bekannt und bewußt gewesen sei, daß das Verfahren auf Aufhebung einer Scheinehe Kosten verursache, stellt neuen Sachvortrag dar, der im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zu berücksichtigen ist. Die Rechtsbeschwerde macht nicht geltend, entsprechendes Vorbringen sei in den Tatsacheninstanzen übergangen worden. Im übrigen widerspricht auch eine solche Annahme der Lebenserfahrung. Die Rechtsbeschwerde rügt schließlich, das Oberlandesgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, daß die Antragstellerin finanziell überhaupt in der Lage gewesen sei, Rücklagen für das Eheaufhebungsverfahren zu bilden. Deshalb könne nicht davon ausgegangen werden, daß die Unfähigkeit, die Verfahrenskosten zu tragen, auf dem Verbrauch des vom Antragsgegner gezahlten Betrages beruhe. Auch damit hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Es war Sache der Antragstellerin, im einzelnen darzulegen, wie sie die erhaltenen Mittel verwendet hat. Solange und soweit sie hierzu keine konkreten Angaben macht, durfte das Oberlandesgericht annehmen, sie sei bei - ihr zuzumutendem - wirtschaftli-
chen Verhalten in der Lage gewesen, einen Teilbetrag des bezogenen Entgelts zurückzulegen. Zu Recht ist das Oberlandesgericht auch davon ausgegangen, es stelle keinen Verstoß gegen Art. 6 GG dar, wenn die Antragstellerin die Aufhebung der Scheinehe derzeit nicht erreichen und deshalb den leiblichen Vater ihres Kindes nicht heiraten könne. Denn sie hat sich durch die rechtsmißbräuchlich geschlossene Scheinehe selbst in die beklagte Situation gebracht. Daß die Antragstellerin auf Dauer nicht in der Lage sein wird, eine Aufhebung der Scheinehe zu erreichen, kann im übrigen nicht festgestellt werden. Nach den Angaben , die sie zu der vor dem Senat beantragten Prozeßkostenhilfe gemacht hat, ist sie wieder erwerbstätig und verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.000 €. Mit Rücksicht darauf dürfte es ihr möglich sein, die Verfahrenskosten anzusparen.
Hahne Sprick Weber-Monecke Wagenitz Dose

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 22. Juni 2005 - XII ZB 247/03

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZA 6/04
vom
4. August 2004
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 114, 115 Abs. 1 und 2; BGB § 1360 a Abs. 2, 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2

a) Eine zugelassene Rechtsbeschwerde hat in aller Regel dann hinreichende Aussicht
auf Erfolg i.S. von § 114 ZPO, wenn die Entscheidung von der Beantwortung
schwieriger Rechtsfragen abhängt.

b) Eltern schulden ihren minderjährigen Kindern einen Prozeßkostenvorschuß auch
dann, wenn sie ihn zwar nicht in einer Summe zahlen können, aber nach § 115
Abs. 1 und 2 ZPO, der regelmäßig auch ihren notwendigen Selbstbehalt wahrt, für
eine eigene Prozeßführung zu Ratenzahlungen in der Lage wären. Dann kann
dem vorschußberechtigten Kind Prozeßkostenhilfe auch nur gegen entsprechende
Ratenzahlung bewilligt werden.
BGH, Beschluß vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - OLG Stuttgart
AG Tübingen
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. August 2004 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter Sprick, Prof. Dr. Wagenitz, die
Richterin Dr. Vézina und den Richter Dose

beschlossen:
Der Klägerin wird als Rechtsbeschwerdeführerin für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Prozeßkostenhilfe bewilligt. Die Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts bleibt vorbehalten. Die Klägerin hat auf die Prozeßkosten monatliche Raten in Höhe von 30 € ab Wegfall der Ratenzahlungspflicht aus dem Beschluß des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Januar 2004 zu zahlen. Die Zahlungen sind an die zuständige Landeskasse zu leisten.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Kindesunterhalt ab August 2003. Die 16 Jahre alte Klägerin ist die Tochter der Beklagten. Sie ist Schülerin und wohnt beim Kindesvater. Die Ehe der Eltern ist seit Juni 2003 rechtskräftig geschieden. Mit Beschluß vom 29. August 2003 hat das Amtsgericht der Klägerin für die beabsichtigte Klage Prozeßkostenhilfe ohne Raten bewilligt. Auf die Beschwerde der Staatskasse hat das Oberlandesgericht den angefochtenen Be-
schluß abgeändert und der Klägerin aufgegeben, auf die bewilligte Prozeßkostenhilfe ab März 2004 monatliche Raten in Höhe von 175 € zu zahlen. Gegen diesen Beschluß hat es die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Klägerin begehrt für die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ratenlose Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung ihrer zweitinstanzlichen Rechtsanwältin.

II.

Der Klägerin ist die begehrte Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (§ 114 ZPO). 1. Die beabsichtigte Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Zwar kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde im Verfahren der Prozeßkostenhilfe unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. BGH Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 - FamRZ 2003, 671 m.w.N.). Um solche Fragen der persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe geht es hier allerdings.
2. Nach ständiger Rechtsprechung hat eine beabsichtigte Rechtsverfolgung in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Verfahren der Prozeßkostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Verfahren der Prozeßkostenhilfe bietet den nach rechtsstaatlichen Grundsätzen geschützten Rechtsschutz nicht selbst, sondern will ihn erst zugänglich machen (BVerfGE 81, 347, 357 ff.; BVerfG NJW 1994, 241, 242; NJW 2000, 1936, 1937; BGH Beschlüsse vom 31. Juli 2003 - III ZB 7/03 - NJW-RR 2003, 1438; vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554; vom 9. September 1997 - IX ZB 92/97 - NJW 1998, 82 und vom 26. April 2001 - IX ZB 25/01 - MDR 2001, 1007). Hier hat das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde wegen der rechtsgrundsätzlichen Frage zugelassen, ob auf die bewilligte Prozeßkostenhilfe Ratenzahlung angeordnet werden kann, wenn der Berechtigte zwar sonst die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der Bewilligung ratenloser Prozeßkostenhilfe erfüllt, ihm allerdings ein Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß in Form von Ratenzahlungen zusteht. Diese Frage ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte umstritten und vom Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden. Sie ist deswegen nicht im Verfahren der Prozeßkostenhilfe, sondern der zugelassenen Rechtsbeschwerde zu klären.

III.

Eine Beiordnung der in zweiter Instanz für die Klägerin aufgetretenen Rechtsanwältin kommt für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht in Betracht. Nach § 78 Abs. 1 Satz 4 ZPO muß sich die Klägerin im Verfahren der Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Auch die Beiordnung des erst- oder zweitinstanzlich beigeordneten Rechtsanwalts als Verkehrsanwalt kommt grundsätzlich nicht in Betracht, weil allein Rechtsfragen zu klären sind, für die eine Korrespondenz mit der Prozeßpartei von untergeordneter Bedeutung ist. Besondere Umstände, die ausnahmsweise die Bestellung eines Rechtsanwalts zur Vermittlung des Verkehrs zwischen der Partei und dem am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt erforderlich machen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere reicht es nicht aus, wenn der zweitinstanzliche Rechtsanwalt den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde begründet hat (BGH Beschluß vom 7. Juni 1982 - VIII ZR 118/80 - WM 1982, 881). Die Beiordnung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts bleibt zunächst vorbehalten, weil die Klägerin noch keinen solchen Rechtsanwalt namentlich benannt hat (§ 121 Abs. 1 und 5 ZPO).

IV.

Der Klägerin kann auch für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Prozeßkostenhilfe nur gegen Ratenzahlung bewilligt werden, weil sie im Umfang der Raten über einzusetzendes Vermögen im Sinne von § 115 ZPO verfügt. 1. Nach einhelliger Auffassung schulden Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern in entsprechender Anwendung des § 1360 a Abs. 4 BGB Prozeßkostenvorschuß für erfolgversprechende Rechtsstreitigkeiten in persönlichen Angelegenheiten (vgl. Schwab/Borth Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. IV 65; Wendl/Scholz Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. § 6 Rdn. 23; Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen Rdn. 106). Die Verpflichtung hat ihren Grund in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen zwischen Eltern und Kindern und ergibt sich aus einer besonderen Verantwortung des Unterhaltspflichtigen. Wie bei der im Gesetz ausdrücklich geregelten Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses an den getrennt lebenden Ehegatten (§ 1360 a Abs. 4 BGB) schulden auch die Eltern einen solchen Vorschuss aber nur dann, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die persönlichen Beziehungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien zu berücksichtigen. Der materiell-rechtliche Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß setzt deswegen voraus, daß der Berechtigte nicht in der Lage ist, die Prozeßkosten selbst zu tragen. Dies folgt schon aus dem allgemeinen unterhaltsrechtlichen Grundsatz, wonach der Berechtigte zunächst selbst für seinen Bedarf aufkommen muß. Außerdem muß auch die Belastung des Unterhaltsschuldners mit den Prozeßkosten der Billigkeit entsprechen. Dies ist nicht der Fall, wenn er nicht hinreichend leistungsfähig ist. Dabei ist auf die auch sonst gültigen Selbstbehaltssätze der Leitlinien zurückzugreifen. Soweit dabei nach überwie-
gender Auffassung der angemessene Selbstbehalt nach §§ 1581 Satz 1, 1603 Abs. 1 BGB gewahrt bleiben muß (vgl. OLG Koblenz FamRZ 1986, 284; OLG Köln FamRZ 1999, 792), entspringt dieses der im Gesetz ausdrücklich geregelten Vorschusspflicht unter Ehegatten. Für die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozesskostenvorschusses an minderjährige Kinder gilt dieses nicht in gleichem Maße. Aus der besonderen Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber ihren minderjährigen (und den diesen gleichgestellten) Kindern nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB ergibt sich auch insoweit als unterste Grenze der Inanspruchnahme der notwendige Selbstbehalt. Nur wenn der unterhaltspflichtige Elternteil nach Abzug der vorrangigen Verpflichtungen auf Elementarunterhalt unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts nicht zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses in der Lage ist, entfällt dieser Anspruch. Gleiches gilt nach prozeßkostenhilferechtlichen Grundsätzen dann, wenn der Vorschußpflichtige selbst Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlung erhalten würde. Denn der unterhaltspflichtige Elternteil kann nicht verpflichtet sein, seinem Kind als Vorschuß die Kosten eines Prozesses zu erstatten, wenn er für die Kosten eines Prozesses in eigenen Angelegenheiten nicht aufkommen müsste, weil ihm dafür ratenlos Prozeßkostenhilfe bewilligt würde. 2. In der Rechtsprechung und der Literatur ist allerdings umstritten, ob ein Prozeßkostenvorschuß auch dann geschuldet ist, wenn der Vorschußpflichtige den gesamten Betrag zwar nicht in einer Summe zahlen kann, aber zu Ratenzahlungen in der Lage ist.
a) Teilweise wird die Verpflichtung zur Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses in Raten als unbillig angesehen (OLG Brandenburg FamRZ 2002, 1414; OLG Naumburg FamRZ 2000, 1095; OLG Oldenburg FamRZ 1999, 1148; OLG München (12. Zivilsenat) FamRZ 1993, 714; OLG Karlsruhe FamRZ 1992, 77; OLG Celle (15. Zivilsenat) NdsRpfl 1995, 47; Wendl/Scholz aaO § 6
Rdn. 27; Gerhardt/Oelkers Handbuch des Fachanwalts im Familienrecht Kap. 16 Rdn. 21 f.; Dose aaO Rdn. 114). Überwiegend wird inzwischen allerdings vertreten, daß bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Elternteils nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben zu prüfen ist, ob er den Prozeßkostenvorschuß ohne Gefährdung seines eigenen Selbstbehalts ratenweise leisten kann (OLG Dresden FamRZ 2002, 1412; OLG Köln FamRZ 2003, 102; OLG Naumburg Beschluß vom 2. Januar 2001 - 3 WF 156/00 - veröffentlicht bei Juris; OLG Nürnberg FamRZ 2001, 233; OLG München (1. Zivilsenat) OLGR München 1999, 321; OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 757; OLG Koblenz FamRZ 1991, 346; KG FamRZ 1990, 183; OLG Bamberg JurBüro 1994, 45; OLG Celle (21. Zivilsenat) JurBüro 2002, 540; Schwab/ Borth Handbuch des Scheidungsrechts 4. Aufl. Rdn. IV 78; Johannsen/Henrich/Thalmann § 115 ZPO Rdn. 67; Kühner in Scholz/Stein Teil K Rdn. 124).
b) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist der Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß unterhaltsrechtlicher Natur (BGHZ 56, 92, 94; Senatsurteil BGHZ 89, 33, 38 f.; Senatsurteil BGHZ 110, 247, 248). Nach unterhaltsrechtlichen Grundsätzen schuldet ein Elternteil jedenfalls dann keinen Prozeßkostenvorschuß an sein minderjähriges Kind, wenn dadurch sein notwendiger Selbstbehalt verletzt würde (Senatsurteil BGHZ 110, 247, 249). Ist der Elternteil hingegen in der Lage, ohne Verletzung seines Eigenbedarfs Raten auf den Prozeßkostenvorschuß zu leisten, steht eine mangelnde Fähigkeit, den Vorschuß in einer Summe zu leisten, dem Anspruch nicht entgegen. Die unterhaltsrechtliche Natur und der Vergleich mit den wiederkehrenden monatlichen Unterhaltsleistungen sprechen sogar ausdrücklich für eine Vorschußpflicht auch in Form von Ratenzahlungen.
Dem steht nicht entgegen, daß ein vorschußberechtigtes Kind seinerseits gegenüber seinem Prozeßbevollmächtigten und der Staatskasse in vollem Umfang vorschußpflichtig ist. Denn diese Vorschußpflicht entfällt, wenn ihm - sei es auch nur gegen Raten - Prozeßkostenhilfe bewilligt wird (a.A. Gerhardt/Oelkers aaO 16. Kap. Rdn. 22 m.w.N.). Maßgeblich ist vielmehr die Überlegung, daß der Prozeßkostenvorschuß unterhaltsrechtlich zu beurteilen ist und eine Form des Sonderbedarfs darstellt (vgl. dazu Kalthoener/Büttner/Worbel-Sachs, Prozeßkostenhilfe und Beratungshilfe 2. Aufl. Rdn. 371 ff.). Wenn also der unterhaltspflichtige Elternteil für ein von ihm selbst zu führendes Gerichtsverfahren Prozeßkostenhilfe nur unter Anordnung von Raten erhalten würde und er weiterhin - wie hier der Kindesvater - über ein den notwendigen Selbstbehalt deutlich übersteigendes Einkommen verfügt, das ihn unterhaltsrechtlich in die Lage versetzt, den Sonderbedarf Prozeßkostenvorschuß zumindest in diesen Raten aufzubringen, erscheint es nicht gerechtfertigt, das prozeßführende Kind von jeder Ratenzahlungspflicht freizustellen , obwohl es unterhaltsrechtlich über Vermögen in Form eines - wenn auch ratenweise zu erfüllenden - Anspruchs auf Prozeßkostenvorschuß gegen einen Elternteil verfügt (OLG Köln FamRZ 2003, 102). Aus Gründen der Billigkeit ist lediglich eine weitergehende Ratenzahlungsbelastung, als sie nach § 115 Abs. 1 ZPO in Betracht käme, ausgeschlossen. Denn es würde dem unterhaltsrechtlichen Maßstab der Billigkeit widersprechen, wenn der Unterhaltspflichtige in stärkerem Maße in Anspruch genommen würde, als dieses bei eigener Prozeßführung der Fall wäre (OLG Dresden FamRZ 2002, 1412). 3. Mit den Raten auf seinen Anspruch auf Prozeßkostenvorschuß erlangt das unterhaltsberechtigte Kind Vermögen im Sinne von § 115 ZPO, das es für die Prozeßkosten einsetzen muß. Im Umfang der Raten auf den geschuldeten
Prozeßkostenvorschuß sind der Klägerin deswegen auch für das Verfahren der Rechtsbeschwerde Ratenzahlungen aufzuerlegen. Unterhaltsrechtlich ist der Kindesvater ohne Gefährdung seines eigenen notwendigen - und hier sogar des angemessenen - Selbstbehalts in der Lage, an die Klägerin einen Prozeßkostenvorschuß in monatlichen Raten zu je 30 € zu zahlen. Diese Verpflichtung zur Ratenzahlung ist für den Vater der Klägerin auch nicht unbillig, weil er nach den nunmehr nachgewiesenen Einkommensund Vermögensverhältnissen für einen eigenen Prozeß Raten in gleicher Höhe aufbringen müßte. Aus dem nachgewiesenen Nettoeinkommen in Höhe von insgesamt 2.295 € und der Mieteinnahme in Höhe von monatlich 300 € ergeben sich Gesamteinkünfte in Höhe von monatlich 2.595 €. Davon sind im Rahmen des § 115 ZPO der Erwerbstätigenfreibetrag nach § 76 Abs. 2 a BSHG mit 149 €, der Einkommensfreibetrag in Höhe von 364 € und der Unterhaltsfreibetrag für die Klägerin in Höhe von 256 € abzusetzen. Weiterhin sind die Kreditbelastungen der vom Kindesvater bewohnten Eigentumswohnung in Höhe von 1.100 € und die entsprechenden Heizkosten mit 75 € zu berücksichtigen. Abzusetzen sind zusätzlich die monatlichen Darlehensraten von 600 € für die zweite Eigentumswohnung, deren Mieteinkünfte im Gegenzug als Einkommen berücksichtigt worden sind. Das ergibt ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von monatlich 51 € und damit nach § 115 ZPO eine zu erbringende monatliche Rate in Höhe von 30 €. Jedenfalls in dieser Höhe ist die Verpflichtung zur Zahlung
eines Prozeßkostenvorschusses für den Kindesvater nicht unbillig und wahrt auch dessen notwendigen Selbstbehalt, wie es der Berechnung nach § 115 ZPO systemimmanent ist.
Hahne Sprick Wagenitz Vézina Dose

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 40/02
vom
21. November 2002
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Rechtsbeschwerde kann im Verfahren über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe
nur wegen solcher Fragen zugelassen werden, die das Verfahren oder
die persönlichen Voraussetzungen betreffen.

b) Hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung grundsätzliche
Bedeutung oder wirft sie Fragen auf, die einer Klärung durch höchstrichterliche
Entscheidung bedürfen, so verspricht die Sache Aussicht auf Erfolg und es ist
Prozeßkostenhilfe zu bewilligen.
BGH, Beschl. v. 21. November 2002 - V ZB 40/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. November 2002 durch
die Richter Tropf, Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. Schmidt-Räntsch

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Juli 2002 wird zurückgewiesen.

Gründe


I.


Mit notariellem Vertrag vom 30. Juli 1970 übertrug die Antragstellerin ihrer Tochter, der Ehefrau des Antragsgegners, das Eigentum an ihrem Hausgrundstück. Im Vertrag ist folgendes bestimmt:
"III. Die Beteiligte zu 2. [das ist die Ehefrau des Antragsgegners] räumt ihrer Mutter, der Beteiligten zu 1. [das ist die Antragstellerin] ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht an sämtlichen Räumen in der ersten Etage, mit Ausnahme eines Zimmers straßenwärts gelegen, ein.

IV.

Die Beteiligte zu 2. verpflichtet sich auf jederzeit zulässiges Verlangen der Beteiligten zu 1., dieser bis zum Lebensende unentgeltlich Pflege und Aufwartung zu gewähren."
Der Vertrag wurde im Grundbuch vollzogen. Die bei Abschluß des Vertrages 54 Jahre alte Antragstellerin lebte bis zum Ablauf des März 2001 wei-
terhin in dem Anwesen. Der Antragsgegner und seine Ehefrau lebten in den Räumen des Erdgeschosses. Am 21. November 1994 verstarb die Ehefrau des Antragsgegners. Sie wurde von diesem beerbt. Er zog Ende Februar 1998 aus dem Hause aus.
Seit dem 1. April 2001 lebt die Antragstellerin in einem Altenheim, weil sie pflegebedürftig ist. Sie hat beantragt, ihr Prozeßkostenhilfe für eine auf Zahlung einer monatlichen Rente und von Rückständen auf eine solche Rente gerichtete Klage zu gewähren. Die Antragstellerin ist der Auffassung, daß sie von dem Antragsgegner als Rechtsnachfolger seiner Ehefrau die Zahlung einer monatlichen Rente verlangen könne, da sie infolge ihrer Pflegebedürftigkeit außerstande sei, das ausbedungene Wohnrecht weiterhin in Anspruch zu nehmen. Sie stützt den Antrag in erster Linie auf Art. 15 § 9 Abs. 3 des Preußischen „Allgemeinen Landrechts“ und hilfsweise auf ergänzende Vertragsauslegung sowie den Wegfall der Geschäftsgrundlage.
Der Antrag ist vor dem Landgericht und dem Oberlandesgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der – zugelassenen – Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsstellerin ihren Antrag weiter.

II.


Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneint.
1. Die Rechtsbeschwerde hätte allerdings nicht zugelassen werden dür- fen. Die Zulassung setzt nach § 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO voraus, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) oder daß die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sie erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen kommen bei der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht. Hängt die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe , wie im vorliegenden Fall, allein von Frage ab, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, kommt eine Rechtsbeschwerde dagegen nicht in Betracht. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung kann zwar Fragen aufwerfen, die einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen oder Veranlassung für eine Vertiefung der höchstrichterlichen Rechtsprechung geben. Das Prozeßkostenhilfeverfahren hat aber nicht den Zweck, über zweifelhafte Rechtsfragen vorweg zu entscheiden (BVerfG, Beschl. v. 13. März 1990, 2 BvR 94/88 u. a., NJW 1991, 413, 414; BGH, Beschl. v. 9. September 1997, IX ZB 92/97, MDR 1997, 1147, 1148; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 61. Aufl., § 114 Rdn. 100; MünchKomm -ZPO/Wax, 2. Aufl., § 114 Rdn. 104; Musielak/Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 114 Rdn. 20; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rdn. 21). Deshalb ist die Erfolgsaussicht einer beabsichtigten Rechtsverfolgung zu bejahen und Prozeßkostenhilfe , wenn die persönlichen Voraussetzungen gegeben sind, zu gewähren , wenn ein Rechtsmittel zugelassen werden müßte, weil die durch die Rechtsverfolgung aufgeworfenen Rechtsfragen einer höchstrichterlichen Klärung bedürfen (OLG Karlsruhe, IPRax 1988, 176; OLG Köln, MDR 2000, 601; OLG Celle, FamRZ 2001, 700, 701). Ein Beschwerdegericht, das wegen der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung die Voraussetzungen
des § 574 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 ZPO für gegeben hält, muß deshalb Prozesskostenhilfe bewilligen; es darf die Prozeßkostenhilfe nicht ablehnen, gleichzeitig aber die Rechtsbeschwerde wegen eben jener Fragen zulassen. Geschieht dies dennoch, ist das Rechtsbeschwerdegericht allerdings daran gebunden, § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.

a) Der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Geldrente läßt sich nicht auf Art. 15 § 9 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 des Preußischen Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (PrAGBGB) vom 20. September 1899 in der im Land Nordrhein-Westfalen fortgeltenden Fassung (SGVNW Nr. 40) stützen. Bei dem Vertrag vom 30. Juli 1970 handelt es sich, wie das Beschwerdegericht mit Recht ausgeführt hat, nicht um einen Altenteils - oder Leibgedingvertrag im Sinne des Einleitungssatzes von Art. 15 PrAGBGB, Art. 96 EGBGB. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats wird eine Grundstücksübertragung noch nicht allein durch eine Wohnrechtsgewährung mit Pflege- und Versorgungsverpflichtung zu einem Altenteils- oder Leibgedingvertrag (Senatsurt. v. 3. April 1981, V ZR 55/80, NJW 1981, 2568, 2569; v. 28. Oktober 1988, V ZR 60/87, NJW 1989, 451, 452; v. 23. September 1994, V ZR 113/93, NJW-RR 1995, 77, 78, v. 28. Januar 2000, V ZR 252/98, WM 2000, 586; u. v. 25. Oktober 2002, V ZR 293/01, zur Veröffentlichung vorgesehen ). Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, daß dem Übernehmer ein Gut oder Grundstück überlassen wird, kraft dessen Nutzung er sich eine eigene Lebensgrundlage verschaffen und gleichzeitig den dem Altenteil geschuldeten Unterhalt gewinnen kann (BGHZ 53, 41, 43). Der verstorbenen Ehefrau des Antragsgegners war indessen nur ein Hausgrundstück übertragen worden, das
keine eine Existenz – wenigstens teilweise – begründende Wirtschaftseinheit (Senatsurt. v. 28. Oktober 1988, V ZR 60/87, NJW 1989, 451, 452; u. v. 25. Oktober 2002, V ZR 293/01) darstellt.

b) Der Beschluß hat im Ergebnis auch insoweit Bestand, als er einen Anspruch unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung verneint.
aa) Beim Abschluß des Übergabevertrags vom 30. Juli 1970 mögen die Vertragsparteien nicht im einzelnen erwogen haben, daß die Antragstellerin ihre Tochter überleben werde. Das würde aber nichts daran ändern, daß der in diesem Vertrag ausbedungene Anspruch der Antragstellerin auf Wart und Pflege nunmehr auf den Antragsgegner als Erben seiner zunächst verpflichteten Ehefrau übergegangen ist. Nach der Rechtsprechung des Senats sind solche Pflichten grundsätzlich nicht höchstpersönlicher Natur (BGHZ 25, 293, 299). Dem entspricht auch die Formulierung des Vertrags ("hat zu gewähren"), zumal die Ehefrau des Antragsgegners damals schon verheiratet war und kaum anzunehmen ist, daß die Antragstellerin die Erfüllung der Pflegeverpflichtung durch ihren Schwiegersohn oder andere Mitglieder der Familie ihrer Tochter abgelehnt hätte.
bb) Die Vertragsparteien sind, wie sich aus dem Text des Vertrags er- gibt, davon ausgegangen, daß die Antragstellerin zu Hause würde gepflegt werden können. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. Das macht eine Anpassung des Vertrags unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Vertragsauslegung erforderlich. Bei einem Übergabevertrag stellt die Einräumung des Anspruchs auf Wart und Pflege (zusammen mit dem Wohnrecht) die Gegenleis-
tung für die Übertragung des Eigentums an dem Hausgrundstück dar. Dem Absicherungsinteresse des Übergebenden entspricht es, daß ihm im Umfang der ersparten Aufwendungen ein Anspruch auf Beteiligung an den Pflegekosten zusteht, wenn der Pflegeverpflichtete seine Pflegeverpflichtung nicht mehr selbst erfüllen kann, weil der Übergebende in einem Maße pflegbedürftig wird, daß er professionelle Pflege braucht (Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599; OLG Koblenz, MittBayNK 1999, 284). Der Umfang der ersparten Aufwendung richtet sich nach dem Inhalt der ursprünglich bestehenden Pflicht zu Wart und Pflege (Senatsurt. v. 21. September 2001, V ZR 14/01, WM 2002, 598, 599). Diese Verpflichtung ist in dem vorliegenden Vertrag in allgemeiner Form bestimmt. Das bedeutet nicht, daß sich die Ehefrau des Antragsgegners und Tochter der Antragstellerin in unbegrenztem Umfang zu Wart und Pflege verpflichtet hätte. Sie war bei Abschluß des Vertrags verheiratet und Hausfrau. Daraus ergibt sich, daß die Ehefrau des Antragsgegners die Antragstellerin in einem Umfang pflegen sollte, wie es einer Tochter auch unter Berücksichtigung ihrer Pflichten gegenüber der eigenen Familie und ihrer berechtigten eigenen Lebensführungsinteressen zumutbar ist (vgl. Krauß, DNotZ 2002, 705, 711, 712). Hierzu findet sich in dem Antrag nichts. Auf seiner Grundlage konnte der Antragstellerin daher auch nicht teilweise Prozeßkostenhilfe bewilligt werden. Der Antragstellerin bleibt es jedoch unbenommen, mit einem neuen Prozeßkostenhilfeantrag das Streitverhältnis umfassend, auch unter diesem Gesichtspunkt, darzustellen.
Tropf Klein Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.