Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 413/12

bei uns veröffentlicht am16.01.2014
vorgehend
Amtsgericht Hannover, 627 F 2380/11, 16.04.2012
Oberlandesgericht Celle, 10 UF 110/12, 29.06.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 413/12
vom
16. Januar 2014
in der Familiensache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Einem beteiligten Ehegatten kann Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerdeinstanz
in der Versorgungsausgleichsfolgesache nicht deswegen versagt
werden, weil er selbst keine Beschwerde eingelegt hat.
BGH, Beschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 413/12 - OLG Celle
AG Hannover
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Januar 2014 durch
den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling,
Dr. Nedden-Boeger und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 10. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 29. Juni 2012 aufgehoben. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt J. B. in H. beigeordnet. Wert: 1.000 €

Gründe:

I.

1
Die Ehe der beteiligten Ehegatten ist durch Verbundbeschluss des Amtsgerichts geschieden worden. Den Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht dahin geregelt, dass es zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund im Wege der internen Teilung 1,6635 Entgeltpunkte übertragen hat. Hinsichtlich der Anrechte des Antragsgegners (Ehemann) bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (Ausgleichswert: 0,0606 Entgeltpunkte), die es als knappschaftliche Anrechte angesehen hat, hat es angeordnet, dass ein Wertausgleich bei der Scheidung wegen Geringfügigkeit nach § 18 Abs. 2 VersAusglG nicht stattfinde.
2
Dagegen hat die Beteiligte zu 1 (Deutsche Rentenversicherung Knappschaft Bahn See) Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, dass das Amtsgericht wegen der Gleichartigkeit der Rentenanwartschaften nicht zu einem Ausschluss des Ausgleichs des Anrechts der Antragstellerin wegen Geringfügigkeit hätte gelangen dürfen.
3
Das Oberlandesgericht hat die Beteiligten mit Verfügung vom 31. Mai 2012 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde begründet sein dürfte. Es hat zugleich neue Auskünfte der Rentenversicherungsträger eingeholt, weil die erteilten Auskünfte nach Ehezeitende liegende rentenrechtliche Zeiten einbezogen hätten. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 7. Juni 2012 um Verfahrenskostenhilfe nachgesucht. Diese hat ihr das Oberlandesgericht versagt. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.

II.

4
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte (vgl. BGHZ 184, 323, 326 f. = FGPrax 2010, 154; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 - XII ZB 451/11 - FamRZ 2012, 619 Rn. 5) und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
5
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass Verfahrenskostenhilfe im Rahmen des Versorgungsausgleichs nur für eine eigene Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung gewährt werden könne. Verfahrenskostenhilfe sei dagegen nicht zu bewilligen, wenn ein Beteiligter nur "verfahrensbegleitend" seine Rechte wahrnehme. Im vorliegenden Fall habe die Antragstellerin keine Verteidigung gegen die Beschwerde angekündigt, denn die vom Versorgungsträger angestrebte Änderung habe eine Verbesserung ihrer Rechtsposition zur Folge, da die Anrechte des Antragsgegners in den Versorgungsausgleich einbezogen werden sollten. Für die bloße Mitteilung, dass dem Beschwerdebegehren nicht entgegengetreten werde, sei eine anwaltliche Vertretung - ebenso wie bei einem Anerkenntnis - nicht geboten. Für die bloße anwaltliche Beratung genüge das Institut der Beratungshilfe. Allerdings sei nicht zu verkennen, dass ein Beteiligter, der - anwaltlich ordnungsgemäß beraten - keinen Antrag stelle, schlechter stehe als ein Beteiligter, der ohne Abwägung der Sach- und Rechtslage Gegenanträge stelle und Verfahrenskostenhilfe erhalten könne.
6
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
7
a) Nach § 76 Abs. 1 FamFG, §§ 114 ff. ZPO ist bedürftigen Beteiligten Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn deren Rechtsverfolgung (oder Rechtsverteidigung) Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. § 76 FamFG erfasst den Antragsteller, den Antragsgegner und die vom Gericht hinzugezogenen weiteren Beteiligten, die sich im Verfahren äußern, und zwar unabhängig davon, ob sie einen eigenen Antrag stellen (BT-Drucks. 16/6308 S. 212). Das gilt insbesondere für Verfahren, die - wie der Versorgungsausgleich bei der Scheidung - auch ohne Antrag eines Verfahrensbeteiligten durchzuführen sind. Die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung ist in diesen Fällen nach dem erkennbaren Verfahrensziel des Beteiligten zu beurteilen (vgl. BTDrucks. 16/6308 S. 212).
8
Dass der Versorgungsausgleich bei der Scheidung ein von Amts wegen durchzuführendes und dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegendes Verfahren ist, steht demnach der Verfahrenskostenhilfebewilligung nicht entgegen.
Dementsprechend erstreckt sich nach § 149 FamFG die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für die Scheidungssache auf eine Versorgungsausgleichsfolgesache , sofern nicht eine Erstreckung ausdrücklich ausgeschlossen wird, was allenfalls in Ausnahmefällen gerechtfertigt ist (vgl. Helms in Prütting/Helms FamFG 3. Aufl. § 149 Rn. 4 mwN; Keidel/Weber FamFG 18. Aufl. § 149 Rn. 6). Verfahrenskostenhilfe für die Scheidungssache ist aber ohne Rücksicht darauf zu bewilligen, ob der Antragsgegner der Scheidung widerspricht oder ihr zustimmt. Die Verfahrenskostenhilfe steht demnach selbst dem Beteiligten zu, der der Scheidung zustimmt und zum Versorgungsausgleich keinen eigenen Antrag stellt.
9
In der Rechtsmittelinstanz dürfen insoweit jedenfalls dann keine strengeren Anforderungen gestellt werden, wenn das erkennbare Verfahrensziel des beteiligten Ehegatten Aussicht auf Erfolg hat (aA - allerdings teilweise für andere Fallgestaltungen - OLG Karlsruhe FamRZ 2013, 392 [LS]; FamRZ 2006, 1134; OLG Zweibrücken FamRZ 2012, 1717 [LS]; FamRZ 1999, 1092 [LS]; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1754, OLG Frankfurt Beschluss vom 9. März 2006 - 6 UF 273/05 - juris; Keidel/Zimmermann FamFG 18. Aufl. § 76 Rn. 9). Legt ein beteiligter Ehegatte selbst ein Rechtsmittel ein, ist ihm hierfür bei bestehender Erfolgsaussicht Verfahrenskostenhilfe unzweifelhaft zu bewilligen. Im vorliegenden Verfahren hätte der Antragstellerin für eine eigene Beschwerde demnach Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden müssen, weil der vom Oberlandesgericht festgestellte Fehler des angefochtenen Beschlusses zu ihren Lasten gegangen ist. Dass bereits ein Versorgungsträger Beschwerde eingelegt hat, stellt in Anbetracht des Umstands, dass eine Antragstellung - wie ausgeführt - nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht erforderlich ist, keinen entscheidenden Unterschied dar. Auch wenn ein Ehegatte der Beschwerde lediglich nicht entgegentritt, ist ihm beim Versorgungsausgleich bei der Schei- dung jedenfalls dann Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn die Beschwerde zu seinen Gunsten Aussicht auf Erfolg hat.
10
Indem das Gesetz den Ehegatten eine Beteiligtenstellung einräumt, geht es davon aus, dass es diesen möglich sein muss, ihre Interessen selbständig wahrzunehmen. Der Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe kann also nicht deswegen in Frage gestellt werden, weil mit dem Versorgungsträger bereits ein anderer Verfahrensbeteiligter oder das Gericht die Interessen der Ehegatten wahrt (vgl. auch Senatsbeschluss vom 13. Juni 2012 - XII ZB 218/11 - FamRZ 2012, 1290 Rn. 20 ff.). In Anbetracht der Komplexität der Materie muss es diesen vielmehr auch im Beschwerdeverfahren möglich sein, den Versorgungsausgleich bei der Scheidung sachgerecht zu beurteilen und gegebenenfalls richtigstellend einzugreifen. Das zeigt sich im vorliegenden Fall nicht zuletzt auch daran, dass das Oberlandesgericht ohne entsprechende Rüge der Beschwerdeführerin neue Auskünfte der Versorgungsträger eingeholt hat. Zur Wahrung ihrer Rechte benötigt die Antragstellerin rechtskundige Unterstützung, schon weil sie die Richtigkeit der Auskünfte und die sich aus diesen ergebenden rechtlichen Folgen für den Versorgungsausgleich aus eigener Kenntnis nicht beurteilen kann. Es lässt sich dann nicht rechtfertigen, dem beteiligten Ehegatten in der Beschwerdeinstanz bei bestehender Erfolgsaussicht weniger Unterstützung zuzubilligen als in erster Instanz.
11
Die Beratungshilfe stellt insoweit keine gleichwertige Alternative dar und vermag die Verfahrenskostenhilfe zur Ermöglichung der sachgerechten Beteiligung im Beschwerdeverfahren nicht zu ersetzen. Damit ist nicht ausgeschlossen , dass die Verfahrenskostenhilfe in Einzelfällen wegen Mutwilligkeit zu versagen ist.
12
b) Der angefochtene Beschluss ist demnach aufzuheben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil Gründe, die der Verfahrenskostenhilfebewilligung entgegenstehen, nicht in Betracht kommen. Aus dem oben Ausgeführten ergibt sich zugleich die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts.
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Guhling

Vorinstanzen:
AG Hannover, Entscheidung vom 16.04.2012 - 627 F 2380/11 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.06.2012 - 10 UF 110/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Jan. 2014 - XII ZB 413/12

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG | § 18 Geringfügigkeit


(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. (2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen. (3) Ein Wer
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(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist. (2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskosten

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Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für die Scheidungssache erstreckt sich auf eine Versorgungsausgleichsfolgesache, sofern nicht eine Erstreckung ausdrücklich ausgeschlossen wird.

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(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist.

(2) Einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert soll das Familiengericht nicht ausgleichen.

(3) Ein Wertunterschied nach Absatz 1 oder ein Ausgleichswert nach Absatz 2 ist gering, wenn er am Ende der Ehezeit bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße höchstens 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert höchstens 120 Prozent der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

5
Zwar hat der Gesetzgeber gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuches trotz ihres Charakters als Zwischenentscheidung in § 6 Abs. 2 FamFG eine Anfechtungsmöglichkeit vorgesehen. Soweit das Gesetz hierfür auf die entsprechende Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO verweist, bestimmt sich die Rechtsbeschwerde jedoch nicht nach § 70 FamFG, sondern nach §§ 574 ff. ZPO (Senatsbeschlüsse vom 30. März 2011 - XII ZB 692/10 - FamRZ 2011, 966 Rn. 10 f. und vom 5. Januar 2011 - XII ZB 152/10 - FamRZ 2011, 368 Rn. 2 jeweils zu § 7 Abs. 5 Satz 2 FamFG; BGH Beschluss vom 4. März 2010 - V ZB 222/09 - BGHZ 184, 323 = FGPrax 2010, 154 Rn. 5; Fölsch FamRZ 2011, 260, 261 f., jeweils zu § 76 Abs. 2 FamFG [insoweit anders noch Senatsbeschlüsse vom 18. Mai 2011 - XII ZB 265/10 - FamRZ 2011, 1138 Rn. 6 und vom 23. Juni 2010 - XII ZB 82/10 - FamRZ 2010, 1425 Rn. 3]; Zöller/Feskorn ZPO 29. Aufl. § 70 FamFG Rn. 2; vgl. auch Senatsbeschluss vom 28. September 2011 - XII ZB 2/11 - FamRZ 2011, 1933 Rn. 7 f. zur Anfechtung isolierter Kostenentscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen. AA, wonach die Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO ausgeschlossen ist, Bork/Jacoby/Schwab/ Müther FamFG § 70 Rn. 6; s. auch Bahrenfuss FamFG § 6 Rn. 41).

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für die Scheidungssache erstreckt sich auf eine Versorgungsausgleichsfolgesache, sofern nicht eine Erstreckung ausdrücklich ausgeschlossen wird.

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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem in Abstammungssachen geltenden Untersuchungsgrundsatz, der in § 177 Abs. 1 FamFG geregelt ist. Dies folgt schon daraus, dass der Amtsermittlungsgrundsatz im Vaterschaftsanfechtungsverfahren nicht uneingeschränkt gilt. Von den beteiligten Personen nicht vorgebrachte Tatsachen dürfen nämlich nur berücksichtigt werden, wenn sie geeignet sind, dem Fortbestand der Vaterschaft zu dienen, oder wenn der die Vaterschaft Anfechtende einer Berücksichtigung nicht widerspricht. § 177 Abs. 1 FamFG knüpft an die bis zum 1. September 2009 geltende Vorschrift des § 640 d ZPO an, zu der der Senat ausgeführt hat, dass das Gericht für das Anfechtungsbegehren günstige Tatsachen schon dann nicht berücksichtigen dürfe, wenn sie mit dem Tatsachenvortrag des Anfechtenden nicht vereinbar seien. Es liegt mithin in der Hand des Antragstellers, ob die relevanten Umstände im Verfahren eingeführt werden dürfen oder nicht. Dann kann der Antragsteller aber Tatsachenvortrag, der an sich erforderlich wäre, nicht mit der Begründung unterlassen, die entsprechenden Tatsachen könnten vom Gericht von Amts wegen eingeführt werden. Dem Gericht ist auch nicht zuzumuten, wenn der Antragsteller einen entsprechenden Vortrag unterlässt, diese Umstände von Amts wegen zu ermitteln und dann abzuwarten, ob der Antragsteller ihre Verwertung hinnimmt oder anders vorträgt (vgl. Senatsurteil vom 22. April 1998 - XII ZR 229/96 - FamRZ 1998, 955, 956).