Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2012 - XII ZR 23/11

bei uns veröffentlicht am28.03.2012
vorgehend
Landgericht Berlin, 10 O 24/07, 24.02.2010
Kammergericht, 26 U 66/10, 26.01.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZR 23/11
vom
28. März 2012
in dem Rechtsstreit
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. März 2012 durch die
Richter Dose, Weber-Monecke, Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. NeddenBoeger

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Senatsbeschluss vom 7. März 2012 wird verworfen.

Gründe:

I.

1
Die Klägerin wendet sich mit der Anhörungsrüge gegen einen Beschluss, durch den ihre Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist. Sie meint, sie könnte angesichts der „nichtssagenden“ Begründung für die Zurückweisung einen eigenständigen Verstoß des Bundesgerichtshofs gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht näher belegen. Das zwinge sie dazu, ohne weitere Ausführungen in der Sache im Rahmen der Anhörungsrüge auf die Ausführungen in der Nichtzulassungsbeschwerdebegründung vollumfänglich Bezug zu nehmen.

II.

2
1. Die nach § 321 a ZPO statthafte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil sie den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht genügt.
3
Eine Anhörungsrüge ist nur zulässig, wenn mit ihr eine neue und eigenständige Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch das erkennende Gericht gerügt wird; dabei ist darzulegen, dass das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321 a Abs. 2 Satz 5 ZPO). Das gilt auch dann, wenn sich die Anhörungsrüge gegen einen Beschluss richtet, durch den eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO ohne nähere Begründung zurückgewiesen worden ist.
4
Hierdurch wird nichts Unmögliches verlangt. Dem Beschwerdeführer wird lediglich auferlegt, die eigene Rechtsansicht nochmals zu prüfen und zu erläutern , warum er meint, die Zurückweisung seiner Nichtzulassungsbeschwerde lasse nur den Schluss zu, dass sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen worden sei. Eine solche Darlegung kann im Übrigen auch erforderlich sein, wenn der Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde eine Begründung enthält. Da das Gericht sich nicht mit jedem Einzelvorbringen auseinandersetzen muss (vgl. BVerfGE 96, 205, 217), folgt nämlich allein daraus , dass bestimmtes Vorbringen in den Beschlussgründen unerwähnt geblieben ist, noch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Vielmehr müssen besondere Umstände des Einzelfalls hinzutreten, aus denen sich klar ergibt, dass das Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 85, 386, 404).
5
Ein solcher Umstand ist gegeben, wenn Gründe des formellen oder materiellen Rechts, die die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde tragen könnten, nicht erkennbar sind und sich deshalb der Schluss aufdrängt, die Entscheidung beruhe darauf, dass bestimmtes Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen worden ist. Das ist in der Anhörungsrüge darzutun (BGH Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZR 95/10 - GuT 2010, 459 mwN).
6
2. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde eine Verletzung der Verfahrensgrundrechte auf ein objektiv willkürfreies Verfahren und auf Gewährung rechtlichen Gehörs darauf gestützt hat, dass das Berufungsgericht die schriftsätzliche Bezugnahme auf die im Anlagenkonvolut befindliche Rechnung der D. Bauelemente Vertriebs GmbH vom 19. Dezember 2005 als nicht ausreichend erachtet habe, hat augenscheinlich das Berufungsgericht nur den nachgehefteten Quittungsbeleg vom 22. Dezember 2005 (Anlagenkonvolut L, nach Nr. 22) und nicht auch die mit diesem eingereichte Rechnungsabschrift vom 19. Dezember 2005 zur Kenntnis genommen. Nur so erklärt sich die Fehlbezeichnung des Ausstellungsdatums des Belegs (22.12.2005 statt 19.12.2005) wie auch die Wertung des Berufungsgerichts, der Beleg enthalte lediglich einen Gesamtbetrag, ohne dass erkennbar sei, welche konkreten Maßnahmen welche Kosten erforderlich gemacht hätten. Der Senat hat dies jedoch bereits in seinem Beschluss vom 7. März 2012 berücksichtigt und als einen - nicht grundrechtsrelevanten - schlichten Rechtsanwendungsfehler beurteilt, der eine Revisionszulassung nicht erfordert.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Günter Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 24.02.2010 - 10 O 24/07 -
KG Berlin, Entscheidung vom 26.01.2011 - 26 U 66/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2012 - XII ZR 23/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2012 - XII ZR 23/11

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2012 - XII ZR 23/11 zitiert 2 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2012 - XII ZR 23/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 28. März 2012 - XII ZR 23/11 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 16. Dez. 2010 - V ZR 95/10

bei uns veröffentlicht am 16.12.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZR 95/10 vom 16. Dezember 2010 in dem Rechtsstreit Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Dezember 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, die Richter Dr. Czub u
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Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Juni 2015 - XI ZR 186/13

bei uns veröffentlicht am 05.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X I Z R 1 8 6 / 1 3 vom 5. Juni 2015 in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2015 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Rich

Bundesgerichtshof Beschluss, 01. Sept. 2015 - XI ZR 434/13

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Referenzen

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZR 95/10
vom
16. Dezember 2010
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Dezember 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Czub und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

beschlossen:
Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Senatsbeschluss vom 18. November 2010 wird als unzulässig verworfen.

Gründe:


I.

1
Die Kläger wenden sich mit der Anhörungsrüge gegen einen Beschluss, durch den ihre Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen worden ist. Sie meinen, sie könnten angesichts der nichtssagenden Begründung für die Zurückweisung einen eigenständigen Verstoß des Bundesgerichtshofs gegen ihren Anspruch auf rechtliches Gehör nicht näher belegen. Ein solcher erscheine aber nicht ausgeschlossen.

II.

2
Die nach § 321a ZPO statthafte Anhörungsrüge ist unzulässig, weil sie den gesetzlichen Darlegungsanforderungen nicht genügt.
3
Eine Anhörungsrüge ist nur zulässig, wenn mit ihr eine neue und eigenständige Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG durch das erkennende Gericht ge- rügt wird; dabei ist darzulegen, dass das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 321a Abs. 2 Satz 5 ZPO; vgl. Senat, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609). Das gilt auch dann, wenn sich die Anhörungsrüge gegen einen Beschluss richtet, durch den eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO ohne nähere Begründung zurückgewiesen worden ist.
4
Hierdurch wird nichts Unmögliches verlangt. Dem Beschwerdeführer wird lediglich auferlegt, die eigene Rechtsansicht nochmals zu prüfen und zu erläutern , warum er meint, die Zurückweisung seiner Nichtzulassungsbeschwerde lasse nur den Schluss zu, dass sein Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen sei. Eine solche Darlegung kann im Übrigen auch erforderlich sein, wenn der Beschluss über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde eine Begründung enthält. Da das Gericht sich nicht mit jedem Einzelvorbringen auseinandersetzen muss (vgl. BVerfGE 96, 205, 217), folgt nämlich allein daraus, dass bestimmtes Vorbringen in den Beschlussgründen unerwähnt geblieben ist, noch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Vielmehr müssen besondere Umstände des Einzelfalls hinzutreten, aus denen sich klar ergibt, dass das Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfGE 85, 386, 404).
5
Ein solcher Umstand ist gegeben, wenn Gründe des formellen oder materiellen Rechts, die die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde tragen könnten, nicht erkennbar sind und sich deshalb der Schluss aufdrängt, die Entscheidung beruhe darauf, dass bestimmtes Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen worden ist. Das ist in der Anhörungsrüge darzutun. Liegt, wie hier, eine Beschwerdeerwiderung vor, muss sich der Beschwerdeführer zudem mit dieser auseinandersetzen und darlegen, dass sich die Zurückweisung der Be- schwerde auch unter Berücksichtigung der Argumente der Gegenseite nur damit erklären lässt, dass bestimmtes Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 19. März 2009 - V ZR 142/08, NJW 2009, 1609, 1610; Beschluss vom 25. Februar 2010 - V ZR 108/09, juris). Eine solche Darlegung enthält die Anhörungsrüge der Kläger nicht. Krüger Stresemann Czub Brückner Roth
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.05.2009 - 7 O 159/06 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.04.2010 - I-18 U 112/09 -