Bundesgerichtshof Urteil, 20. März 2014 - 3 StR 304/13

bei uns veröffentlicht am20.03.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 3 0 4 / 1 3
vom
20. März 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
9. Januar 2014 in der Sitzung am 20. März 2014, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung - ,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hildesheim vom 21. Januar 2013 mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben, - soweit der Angeklagte in den Fällen B. I. 2. a. bis d. der Urteilsgründe freigesprochen worden ist, - soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. II. Auf die Revision des Angeklagten wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit dieser verurteilt worden ist. III. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Strafkammer des Landgerichts Göttingen zurückverwiesen. IV. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in zwei Fällen (Fälle A. I. 4. b. der Urteilsgründe; Taten 3 und 4) und wegen Betruges oder Anstiftung zum Betrug in drei Fällen (Fälle A. I. 4. a. und c. der Urteilsgründe; Taten 1, 2 und 5) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und bestimmt, dass drei Monate hiervon als vollstreckt gelten. Vom Vorwurf der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung in zwei Fällen (Fälle B. I. 1. a. und b. der Urteilsgründe) sowie des Betruges in weiteren sieben Fällen (Fälle B. I. 2. a. bis d. der Urteilsgründe) hat es den Angeklagten freigesprochen.
2
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge gegen den Freispruch und, soweit das Landgericht den Angeklagten verurteilt hat, gegen den Strafausspruch; den Schuldspruch hat die Beschwerdeführerin von ihrem Revisionsangriff ausgenommen. Das Rechtsmittel hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Es führt auch zur Aufhebung des Schuldspruchs, denn die von der Staatsanwaltschaft erklärte Beschränkung des Rechtsmittels ist unwirksam, und der Schuldspruch - zulasten wie zugunsten des Angeklagten - rechtsfehlerhaft.
3
Auch die gegen die Verurteilung gerichtete, auf die Rügen der Verletzung des materiellen und des formellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.
4
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft
5
1. Der Freispruch des Angeklagten
6
a) Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf des Betruges in sieben Fällen (Fälle B. I. 2. a. bis d. der Urteilsgründe) hat keinen Bestand, denn die Beweiswürdigung des Landgerichts erweist sich insoweit als lückenhaft. Das Urteil lässt nicht erkennen, dass das Landgericht alle Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen , in seine Überlegungen einbezogen und dabei nicht nur isoliert gewertet , sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (zu diesen Erfordernissen zuletzt BGH, Urteil vom 5. Dezember 2013 - 4 StR 371/13, juris Rn. 8 ff.).
7
aa) Soweit das Landgericht den Angeklagten verurteilt hat (Fälle A. I. 4. a. bis c. der Urteilsgründe; Taten 1 bis 5), liegen dem folgende Feststellungen zu Grunde:
8
Der Angeklagte handelte mit GmbH-Mänteln. Er hatte erkannt, dass er die Verkaufschancen für die Gesellschaften - die weder über einen Geschäftsbetrieb noch über Stammkapital oder sonstiges Vermögen verfügten - und damit auch die von ihm zu erzielenden Provisionen dadurch erhöhen konnte, dass er sie vor der Veräußerung mit kreditfinanzierten oder geleasten Kraftfahrzeugen ausstattete. Er wusste, dass die von ihm zum Verkauf angebotenen Gesellschaften nicht über eigene Mittel verfügten, um Kredit- bzw. Leasingraten zu bezahlen. Er rechnete auch damit, dass Käufer weder selbst die Raten erbringen noch den Mantel mit den hierfür erforderlichen Mitteln ausstatten und das ihnen übergebene Fahrzeug unter Verletzung des Eigentums bzw. Sicherungseigentums des Leasing- oder Kreditgebers für sich verwerten würden.
9
Im Bestreben, möglichst hohe Provisionen zu vereinnahmen, entschloss sich der Angeklagte gleichwohl in insgesamt fünf Fällen, von ihm zum Verkauf vorgesehenen Gesellschaften kreditfinanzierte oder geleaste Fahrzeuge zu verschaffen. Dabei ging er jeweils so vor, dass er sich an ein Autohaus wandte, mit dessen Vertretern die Inhalte des Kaufvertrags über das Fahrzeug und des von dort der kredit- bzw. leasinggebenden Bank zu übermittelnden Antrags aushandelte und sodann einen auf sein Betreiben für die GmbH bestellten Strohmann-Geschäftsführer anwies, die auf dieser Grundlage unterschriftsreif vorbereiteten Dokumente namens der Gesellschaft zu unterzeichnen. Mit deren nachfolgender Veräußerung überließ er das Fahrzeug dem Erwerber. Wie der Angeklagte von Anfang an billigend in Kauf genommen hatte, blieben die Versuche der Banken, ihre Forderungen beizutreiben oder aus der Verwertung des Fahrzeugs Befriedigung zu erlangen, in allen Fällen im Wesentlichen erfolglos.
10
bb) In den Fällen B. I. 2. c. und d. der Urteilsgründe hat sich das Landgericht demgegenüber nicht davon überzeugen können, dass der Angeklagte bei Abschluss der Finanzierungsverträge spätere Zahlungsausfälle billigend in Kauf nahm. Wie sich aus den bei der späteren Abtretung der Geschäftsanteile jeweils vereinbarten Kaufpreisen ergebe, hätten die Gesellschaften über ausreichendes Vermögen verfügt, um die künftig fällig werdenden Raten zu bedienen. Im Falle B. I. 2. a. der Urteilsgründe hat das Landgericht offen gelassen, ob der Angeklagte mit Ausfällen rechnete. Im Gegensatz zu den zur Verurteilung führenden Fällen habe er den Geschäftsführer hier nur allgemein zur Beschaffung von Fahrzeugen angewiesen, ohne auf deren Auswahl und die Vertragsbedingungen Einfluss zu nehmen. Mangels Tatherrschaft könne er somit nicht wegen täterschaftlichen Betruges bestraft werden. Was Anstiftung oder Beihilfe betreffe , liege keine rechtswidrige Haupttat vor, denn der Geschäftsführer sei davon ausgegangen, dass der Erwerber der Geschäftsanteile für eine Bezahlung der Raten sorgen werde.
11
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, denn das Landgericht legt der Würdigung der Beweise auch hier jeweils das festgestellte "Geschäftsmodell" des Angeklagten zu Grunde, das dahin gegangen sei, GmbH-Mäntel mit Kraftfahrzeugen auszustatten, um bei der nachfolgenden Abtretung der Geschäftsanteile für sich eine höhere Provision zu erwirtschaften. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe ein solches "Geschäftsmodell" betrieben , beruht indes allein auf dessen eigener Einlassung. Das Landgericht ist dieser gefolgt und hat sich dabei den Blick auf Beweisanzeichen verstellt, die gegen ein solches Vorgehen und damit für einen anderen Tatablauf sprechen können. Insbesondere hätte das Landgericht Anlass zur Prüfung sehen müssen , ob der Tatplan des Angeklagten abweichend von seiner Einlassung in Wahrheit dahin ging, die Fahrzeuge jeweils für sich zu erlangen.
12
So nahm der Angeklagte im Falle B. I. 2. a. der Urteilsgründe beide der auf seine Weisung beschafften Fahrzeuge in Besitz; sie wurden später auf dem Gelände einer mit ihm in enger Geschäftsbeziehung stehenden Autovermietung sichergestellt. In den Fällen B. I. 2. b. der Urteilsgründe nutzte er einen der beschafften Pkws zeitweise selbst, hinsichtlich eines weiteren betrieb er die Vermietung auf eigene Rechnung. Überdies stand hier eine Weiterveräußerung der Geschäftsanteile unter Vermittlung des Angeklagten von vornherein nicht im Raum (unten cc). Im Falle B. I. 2. d. der Urteilsgründe nutzte er das erlangte Fahrzeug ebenfalls jedenfalls vorübergehend selbst bzw. überließ es seiner Freundin. Ferner behielt der Angeklagte auch in allen den Gegenstand der Verurteilung bildenden Fällen die auf die Gesellschaften zugelassenen Fahrzeuge zunächst in Besitz, bei Tat 4 vermietete er überdies eines der erlangten Fahrzeuge für geraume Zeit auf eigene Rechnung an einen Dritten.
13
cc) Zu den Fällen B. I. 2. b. der Urteilsgründe hat das Landgericht festgestellt :
14
Auf Vermittlung des Angeklagten übernahm der frühere Mitangeklagte A. im Juli 2005 den zum Verkauf stehenden Mantel einer GmbH & Co KG. Zum neuen Geschäftsführer der Komplementärin wurde, ebenfalls vermittelt durch den Angeklagten, der anderweitig verfolgte M. bestellt. Dieser betrieb in der Folge auf Weisung A. s die Ausstattung des Mantels mit Kraftfahrzeugen. Hierzu stellte er im August 2005 in insgesamt drei Fällen über Autohäuser Leasinganträge, denen auch entsprochen wurde. Eines der Fahrzeuge nahm der Angeklagte bei der Auslieferung in Besitz, da er sich um eine Vermietung bemühte; als sich diese Möglichkeit zerschlug, übergab er es an A. . Ein anderes nutzte er gegen Mietzinszahlungen vorübergehend selbst und gab es dann ebenfalls an A. zurück. Auf zwei Verträge zahlten Unbekannte die ersten Raten; weitere Zahlungen erfolgten nicht. Ein Fahrzeug blieb unauffindbar, eines wurde im Oktober 2005 - bereits vor der Weiterveräußerung der Gesellschaft durch A. Ende November 2005 - in die Ukraine verbracht. Mit dem dritten Fahrzeug wurde A. , ebenfalls im Oktober 2005, beim Grenzübertritt nach Polen angehalten.
15
Den Vorwurf, der Angeklagte habe den Erwerb dieser Fahrzeuge betrieben , um diese sodann für sich zu verwerten, hält das Landgericht für nicht erweislich. Der Angeklagte habe in Abrede gestellt, die Leasing-Anträge veranlasst oder sonst hierauf Einfluss genommen zu haben; M. habe ebenso wie der auf seiner Seite beteiligte Zeuge K. von seinem Auskunftsverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Für zwei der Fälle habe auch der Verkaufsberater des beteiligten Autohauses ein Auftreten des Angeklagten bei den Verhandlungen oder bei der Abholung der Fahrzeuge nicht bestätigen können. Im dritten Fall habe der Angeklagte zwar die Abholung des Fahrzeugs eingeräumt, eine darüber hinausgehende Beteiligung an dem Geschäft sei ihm jedoch nicht nachzuweisen. Soweit hier der Inhaber des beteiligten weiteren Autohauses bekundet habe, der Angeklagte habe die Verhandlungen geführt und auch eine Provision beansprucht, könne angesichts der mittlerweile verstrichenen Zeit und des Umstands, dass der Angeklagte dort tatsächlich in einer Vielzahl von Fällen aufgetreten sei, ein Irrtum nicht ausgeschlossen werden. Im Übrigen spreche auch nichts dafür, dass der Angeklagte, wie ihm in der Anklageschrift vorgeworfen werde, beabsichtigt habe, die Fahrzeuge auf eigene Rechnung zu veräußern. Zwar habe A. behauptet, der Angeklagte habe das nun unauffindbare ebenso wie das an der polnischen Grenze sichergestellte Fahrzeug an einen "O. " verkauft; soweit er - A. - im Besitz des letztgenannten Fahrzeugs gewesen sei, habe er dieses lediglich im Auftrag des Angeklagten überführen wollen. Jedoch bestünden an der Glaubhaftigkeit A. s durchgreifende Zweifel, denn dieser habe auch darüber hinaus wiederholt eigene Aktivitäten entfaltet, um sich auf betrügerische Weise Kraftfahrzeuge zu verschaffen.
16
Der Senat schließt nicht aus, dass das Landgericht zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre, hätte es bei der Würdigung der Beweise wie oben aufgezeigt die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass der Tatplan des Angeklagten auch sonst darauf gerichtet war, Kraftfahrzeuge für sich selbst zu erlangen.
17
b) Soweit die Staatsanwaltschaft den Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der banden- und gewerbsmäßigen Urkundenfälschung in den Fällen B. I. 1. a. und b. der Urteilsgründe beanstandet, bleibt ihr Rechtsmittel demgegenüber aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts ohne Erfolg.
18
2. Die Verurteilung des Angeklagten
19
a) Der Schuldspruch hat keinen Bestand, denn er beruht auf Feststellungen , die in dem mitgeteilten Beweisergebnis keine tragfähige Grundlage finden. Er ist deshalb (auch) auf die Revision der Staatsanwaltschaft aufzuheben, denn die insoweit erklärte Beschränkung des Rechtsmittels auf den Strafausspruch ist unwirksam.
20
aa) Die aus dem verfassungsrechtlich verankerten Schuldprinzip folgende Verpflichtung des Gerichts, von Amts wegen den wahren Sachverhalt - die materielle Wahrheit - zu erforschen, verbietet es, dem Urteil einen Sachverhalt zu Grunde zu legen, der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht. Nichts anderes gilt für den Fall, dass sich der Angeklagte geständig gezeigt oder sich sonst zur Sache eingelassen hat. Zwar unterliegt auch die Bewertung der Einlassung des Angeklagten dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das Tatgericht muss aber, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein. Es hat deshalb stets zu untersuchen , ob die Einlassung mit dem Ermittlungsergebnis zu vereinbaren ist, ob sie in sich stimmig ist und ob sie die getroffenen Feststellungen trägt (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 6. August 2013 - 3 StR 212/13, StV 2013, 703,

704).


21
bb) Daran mangelt es hier, denn der Verurteilung des Angeklagten in den Fällen A. I. 4. a. bis c. der Urteilsgründe (Taten 1 bis 5) liegt die allein auf die Einlassung gestützte Feststellung des Landgerichts zu Grunde, der Angeklagte habe die Ausstattung von GmbH-Mänteln mit Kraftfahrzeugen betrieben, um bei der nachfolgenden Abtretung der Geschäftsanteile für sich eine höhere Provision zu erwirtschaften. Wie bereits unter I. 1. a) im Einzelnen dargelegt hat es das Landgericht versäumt, bei der Überprüfung der Glaubhaftigkeit dieser Einlassung auch diejenigen Beweisanzeichen zu würdigen, die gegen das behauptete "Geschäftsmodell" und damit auch gegen das angenommene Tatgeschehen sprechen.
22
cc) Wie der von der Staatsanwaltschaft erfolgreich angefochtene Freispruch in den Fällen B. I. 2. a. bis d. der Urteilsgründe beruht danach auch der Schuldspruch darauf, dass das Landgericht bei seiner Würdigung der Beweise rechtsfehlerhaft von einem bestimmten, sich allein aus der Einlassung des Angeklagten ergebenden "Geschäftsmodell" ausgegangen ist. Müssten die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen infolge der von der Staatsanwaltschaft erklärten Beschränkung ihres Rechtsmittels auf den Strafausspruch aufrechterhalten bleiben, so wäre deshalb zu besorgen, dass nach neuer Verhandlung und Entscheidung der Fälle B. I. 2. a. bis d. der Urteilsgründe das als Einheit anzusehende abschließende Erkenntnis unter inneren Widersprüchen litte. Dies führt zur Unwirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung (hierzu Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., § 318 Rn. 7, § 344 Rn. 7).
23
Der neue Tatrichter wird deshalb insgesamt neue Feststellungen zu treffen haben.
24
b) Der Senat schließt nicht aus, dass das Landgericht die Einzelstrafen in den Fällen A. I. 4. a. bis c. der Urteilsgründe höher als geschehen bemessen hätte, wenn es sich von anderen Tathergängen überzeugt hätte. Dies führt zur Aufhebung des Urteils auch im Ausspruch über die Gesamtstrafe und zum Wegfall der angegriffenen Bewährungsentscheidung.
25
Aber auch unabhängig davon weist die Bemessung der Einzelstrafen in den Fällen A. I. 4. a. bis c. der Urteilsgründe einen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Das Landgericht ist jeweils lediglich vom Strafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB ausgegangen. Die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns (§ 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB) hat es mit der Begründung verneint, die den Taten entspringenden Vermögensvorteile seien dem Angeklagten weder unmittelbar noch mittelbar zugeflossen. Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand, denn die für eine gewerbsmäßige Tatbegehung erforderliche Eigennützigkeit des Handelns steht nach den Feststellungen außer Frage. Der Angeklagte hatte es nach den Feststellungen darauf angelegt , den Verkehrswert der in seiner Verfügung stehenden GmbH-Mäntel zu erhöhen, um hiervon beim geplanten alsbaldigen Verkauf zu profitieren. Mittelbar sollten die Leistungen der Banken somit gerade auch dem Angeklagten zu Gute kommen. Ob der Angeklagte sich durch die Taten eine fortlaufende Einnahmequelle verschaffen wollte, wird der neue Tatrichter zu prüfen haben.
26
II. Die Revision des Angeklagten
27
Aus den oben I. 2. a) genannten Gründen hat auch die gegen die Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten Erfolg.
Becker Schäfer Mayer Gericke Spaniol

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8
1. Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies vom Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (st. Rspr.; vgl. die Nachweise bei Brause, NStZ-RR 2010, 329, 330 f.; MeyerGoßner , StPO, 56. Aufl., § 337 Rn. 26 ff.).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 212/13
vom
6. August 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts – zu 2. auf dessen Antrag – am
6. August 2013 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 10. April 2013 aufgehoben. Die Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zum Wirkstoffgehalt der eingeführten Betäubungsmittel bleiben aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Sie hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
2
1. Der Schuldspruch wird von den Feststellungen nicht getragen. Danach veranlasste der Angeklagten einen anderen jeweils dazu, in die Niederlande zu fahren, dort "mindestens 500 Gramm Marihuana" mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils "mindestens 1,5%" THC (Wirkstoff demnach mindestens 7,5 g THC) zu erwerben und nach Deutschland einzuführen. Hier entnahmen beide der Einfuhrmenge jeweils Marihuana zum Eigenverbrauch. Der Rest wurde auf Weisung des Angeklagten von dem anderen gewinnbringend verkauft. Damit ist eine Anstiftung zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht belegt, da der zum Eigenverbrauch verwendete Anteil nicht zum gewinnbringenden Verkauf dienen sollte und die zum Handeltreiben bestimmte Menge deshalb unter dem Grenzwert von 7,5 g THC (BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 – 3 StR 183/84, BGHSt 33, 8) lag.
3
2. Eine Schuldspruchänderung durch den Senat kommt nicht in Betracht. Es liegt vielmehr nahe, dass in einer erneuten Hauptverhandlung weitere, den bisherigen Schuldspruch tragende Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Marihuanas getroffen werden können, die das Landgericht bislang rechtsfehlerhaft nicht getroffen hat.
4
Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge des Rauschgifts bestimmt. Hierzu bedarf es deshalb konkreter Feststellungen. Stehen die tatgegenständlichen Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung, muss das Tatgericht unter Berücksichtigung der anderen ausreichend sicher festgestellten Umstände (Herkunft, Preis, Handelsstufe, Beurteilung durch die Tatbeteiligten, Begutachtungen in Parallelverfahren etc.) die Wirkstoffkonzentration – notfalls unter Anwendung des Zweifelssatzes – durch eine "Schätzung" festlegen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 4 StR 517/11, NStZ 2012, 339 mwN). Hierauf darf auch dann nicht verzichtet werden, wenn das Urteil – wie hier – auf einer Verständigung beruht. Auch in diesen Fällen gilt die aus dem verfassungsrechtlich verankerten Schuldprinzip folgende Verpflichtung des Gerichts, von Amts wegen den wahren Sachverhalt – die materielle Wahrheit – zu erforschen (§ 244 Abs. 2 StPO, vgl. zuletzt BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2155/11, NJW 2013, 1058; BGH, Beschluss vom 15. April 2013 – 3 StR 35/13, juris). Es ist daher unzulässig, dem Urteil einen Sachverhalt zu Grunde zu legen , der nicht auf einer Überzeugungsbildung unter vollständiger Ausschöpfung des Beweismaterials beruht. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte – unter Umständen aufgrund einer Verständigung – geständig gezeigt hat. Zwar unterfällt auch die Bewertung eines Geständnisses dem Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung. Das Tatgericht muss aber, will es die Verurteilung des Angeklagten auf dessen Einlassung stützen, von deren Richtigkeit überzeugt sein. Es ist deshalb stets zu untersuchen, ob das abgelegte Geständnis mit dem Ermittlungsergebnis zu vereinbaren ist, ob es in sich stimmig ist und ob es die getroffenen Feststellungen trägt (BGH aaO Rn. 7 mwN).
5
Dem genügt das angefochtene Urteil nicht. Das Landgericht nimmt ohne weitere Erörterungen einen Mindestwirkstoffgehalt an, der mit 1,5% THC gerade noch ausreicht, um die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG zu erfüllen. Er entfernt sich indes weit von den üblicherweise festzustellenden Wirkstoffgehalten (vgl. dazu Weber, BtMG, 4. Aufl., Einleitung Rn. 146), ohne dass der Sachverhalt dazu einen Anhaltspunkt geben würde. Vielmehr sind die Betäubungsmittel in ihrer Qualität von den Konsumenten erkennbar niemals beanstandet worden.
6
Die sonstigen Urteilsfeststellungen sind von diesem Aufklärungsmangel nicht betroffen und können daher – mit Ausnahme derjenigen zum Wirkstoffge- halt – aufrechterhalten bleiben. Über die Qualität der Betäubungsmittel muss dagegen erneut verhandelt und entschieden werden.
7
3. Rechtsfehlerhaft ist das Urteil auch insoweit, als es das Landgericht unterlassen hat zu prüfen, ob gegen den Angeklagten die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) anzuordnen ist, obwohl die Feststellungen dazu drängten. Danach wollte der Angeklagte mit den Taten "seinen eigenen Betäubungsmittelkonsum finanzieren" (UA S. 10) und "seine Betäubungsmittelabhängigkeit befriedigen" (UA S. 15). Der Angeklagte ist erst in jüngster Zeit – erkennbar für eine Tat während der Verbüßung einer seiner Vorstrafen – we- gen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln bestraft worden. Er ist jetzt "gewillt, eine Drogentherapie zu absolvieren" (UA S. 17). Danach hätte es der Erörterung bedurft, ob bei dem Angeklagten ein Hang zum Konsum berauschender Mittel im Übermaß vorliegt und die anderen Voraussetzungen für eine Unterbringung gegeben sind. Auch dies wird der neue Tatrichter nachzuholen haben.
8
4. Zuletzt gibt das Urteil Anlass zu folgendem Hinweis:
9
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Verurteilung des Angeklagten zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe durch das Amtsgericht Rinteln am 11. Mai 2010 eine Zäsur darstellt. Es hat deshalb – wie sich allerdings erst aus den Urteilsgründen ergibt – wegen drei der hier verfahrensgegenständlichen , vor der Zäsur liegenden Taten unter Einbeziehung der Vorstrafe eine Gesamtstrafe und hinsichtlich der anderen sechs Taten eine weitere Gesamtstrafe gebildet. Der neue Tatrichter wird bereits in der Entscheidungsformel die Anzahl der Taten zum Ausdruck bringen müssen, aus deren Einzelstrafen jeweils die Gesamtstrafen gebildet worden sind.
Becker Pfister Mayer Gericke Spaniol

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)