Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2004 - 4 StR 43/04
Bundesgerichtshof
Richter
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
2. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. die Kosten und Auslagen ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. Die Nebenkläger haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Die in dem Revisionsverfahren gegen den Angeklagten Jashar M. E. entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenkläger je zur Hälfte. Die in den Revisonsverfahren gegen die Angeklagten Tamer A. , Emrullah A. und Mazlum Yi. entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und der Nebenkläger Abdel H. A. -H. je zur Hälfte.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Landfriedensbruchs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Den Ange-
klagten Sinan Y. hat es unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Vorverur- teilung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten Tamer A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten Jashar M. E. zu einer Jugendstrafe von drei Jahren, den Angeklagten Emrullah A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten Tuncer A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten Mazlum Yi. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten Tamer A. , Tuncer A. und den Angeklagten Mazlum Yi. verhängten Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. rügen mit ihren Revisionen die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, eine Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Totschlags. Sie beanstandet ferner, daß die Schuldsprüche nicht auch auf den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB gestützt worden sind, und wendet sich gegen die Strafzumessung. Die Nebenkläger rügen die Verletzung sachlichen Rechts. Sie erstreben eine Verurteilung des Angeklagten Jashar M. E. , der Nebenkläger Abdel H. A. -H. darüber hinaus auch der Angeklagten Tamer A. , Emrullah A. und Mazlum Yi. , wegen versuchten Totschlags und beanstanden die Strafzumessung.
Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
I.
Die Angeklagten sind Asylbewerber. Sie wohnten Ende Juni 2002 mit weiteren Landsleuten ("Gruppe der Kurden") in der Landeswohnsiedlung in L. , in der neben anderen nichtkurdischen Asylbewerbern die aus Algerien stammenden Abdel H. A. -H. , Antar Z. und Najib B. ("Gruppe der Araber") wohnten. Zwischen beiden Gruppen kam es häufig zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen, die auch zu Polizeieinsätzen führten. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 2002 wurde der Angeklagte Jashar M. E. von algerischen Asylbewerbern angegriffen und verletzt. 30 bis 40 kurdische Asylbewerber, die sich danach auf dem Gelände der Landeswohnsiedlung versammelt hatten, beschlossen, angestachelt von dem Angeklagten Jashar M. E. , sich „wegen der vorgefallenen Auseinandersetzungen an den Arabern zu rächen.“ Sie wollten "den Arabern gehörige Angst einjagen, sie verprügeln und krankenhausreif schlagen.“ Angeführt von dem Angeklagten Jashar M. E. , begaben sich 25 bis 30 Kurden, die sich mit Stöcken und Holzknüppeln bewaffnet hatten, zu dem Wohnblock, in dem arabische Asylbewerber untergebracht waren. Der Angeklagte Emrullah A. führte für alle sichtbar ein Messer mit sich. Ohne Vorwarnung drangen die Angeklagten sowie weitere Kurden in das Zimmer des Antar Z. ein, in dem sich auch Abdel H. A. -H. und Najib B. aufhielten. Der Angeklagte Jashar M. E. zeigte auf Antar Z. und sagte auf arabisch: "Heute bringen wir euch/dich um" bzw. "erledigen wir euch/dich". Danach wurde mit Fäusten und mit Knüppeln massiv auf Antar Z. und Abdel H. A. - H. eingeschlagen. Der Angeklagte Emrullah A. schlug mit einem Stuhlbein einen der Nebenkläger, zielte mit seinem Messer auf das Gesicht von Najib B. und machte dabei eine Bewegung von unten nach oben, „als
wolle er ihn stechen.“ Wer Antar Z. im Verlauf der Auseinandersetzung die Schnittverletzung an der linken Hand zufügte, die zur Durchtrennung einer Sehne führte, konnte nicht geklärt werden. Antar Z. , Abdel H. A. -H. und Najib B. flüchteten schließlich durch das Fenster.
Der Nebenkläger Antar Z. wurde von einer Gruppe von etwa 10 bis 14 Kurden, unter ihnen die Angeklagten Jashar M. E. , Tamer A. und Sinan Y. in einem Gebüsch entdeckt und umzingelt. Jashar M. E. , der Antar Z. aus dem Gebüsch gezogen hatte, und Tamer A. schlugen auf Antar Z. ein. Als dieser auf dem Boden lag, trat Sinan Y. ihn mit den beschuhten Füßen. Von weiteren Kurden wurde Antar Z. mit Stöcken geschlagen.
Neben der Schnittverletzung an der Hand erlitt Antar Z. durch die Schläge und Tritte eine Vielzahl von Verletzungen am gesamten Körper, insbesondere im Bereich des Kopfes, des Halses und des Rumpfes. "Die Gewalt war fast ausschließlich gegen lebenswichtige Körperbereiche gerichtet". Ein massiver Fußtritt, der geeignet war, lebensgefährliche Verletzungen am Kehlkopf hervorzurufen, zeichnete sich am vorderen Hals im Bereich des Kehlkopfs ab.
Der Nebenkläger Abdel H. A. -H. fiel bei seiner Flucht auf den Boden und wurde mit Stöcken geschlagen und mit einem Messer angegriffen. Er erlitt eine Vielzahl von Schürfungen, insbesondere im Bereich der Extremitäten , sowie zwei lebensgefährliche Stichverletzungen im Rücken. Wer Abdel H. A. -H. die Stichverletzungen beibrachte, konnte nicht geklärt werden.
II.
1. Die Revisionen der Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. sind unbegründet.
a) Die Verfahrensrügen sind unzulässig; im übrigen wären sie auch unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 11. Februar 2004 verwiesen.
b) Die Überprüfung des Urteils auf die Sachbeschwerden hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer ergeben.
Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei, auch soweit sie die Mittäterschaft des bei den Gewalttätigkeiten in dem Zimmer des Nebenklägers Antar Z. anwesenden Angeklagten Tuncer A. betrifft. Sie weist, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten keine Widersprüche, Lücken oder Verstöße gegen die Denkgesetze auf.
Auch die Schuldsprüche wegen Landfriedensbruchs (§§ 125 Abs. 1 Nr. 1, 125 a StGB) begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten Tuncer A. steht der Annahme des Landgerichts, daß sich die Beschwerdeführer im Sinne dieser Vorschrift als Mittäter an Gewalttätigkeiten beteiligt haben, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise begangen worden sind, nicht entgegen, daß sich die Gewalttätigkeiten allein gegen Abdel H. A. - H. , Antar Z. und Najib B. richteten. Sind die Tathandlungen des
§ 125 Abs. 1 StGB gegen bestimmte Personen gerichtet oder tritt nur an einzelnen Schaden ein, so genügt es, wenn diese als Repräsentanten eines Personenkreises angegriffen werden, weil solche Gewalthandlungen nicht nur das Sicherheitsgefühl der unmittelbar betroffenen, sondern einer Vielzahl von Personen beeinträchtigen und zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen (vgl. BGH NStZ 1993, 538; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 125 Rdn. 9, jew. m. w. N.). So liegt es hier. Zwar war Auslöser der Gewalttätigkeiten letztlich der Überfall mehrerer Araber auf Jashar M. E. . Die "Gruppe der Kurden" wollte sich aber nach dem Tatplan wegen der zwischen Kurden und Arabern „vorgefallenen Auseinandersetzungen an den Arabern" rächen. Die Tatopfer wurden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, als Vertreter ihrer Volksgruppe angegriffen. Durch die aus der unter anderem mit Knüppeln bewaffneten Gruppe von mindestens 30 Kurden begangenen Gewalttätigkeiten wurde demgemäß das Sicherheitsgefühl nicht nur der Tatopfer, sondern einer unbestimmten Vielzahl von Personen „der Volksgruppe der Araber“ beeinträchtigt.
2. Auch die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen die Angeklagten begünstigenden oder – was der Senat gemäß § 301 StPO zu prüfen hat – benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.
a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht ein Handeln der Angeklagten mit (bedingtem) Tötungsvorsatz verneint hat und mit denen es davon ausgegangen ist, daß die Angeklagten ihrem Tatplan entsprechend, „den Arabern gehörig Angst einzujagen, sie zu verprügeln und krankenhausreif zu
schlagen,“ während des gesamten Tatgeschehens lediglich mit Körperverletzungsvorsatz handelten, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
Die Annahme, daß die Angeklagten entgegen ihrer Einlassung mit direktem Tötungsvorsatzes handelten, ließe sich, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, nach den zum äußeren Tatgeschehen getroffenen Feststellungen allenfalls damit begründen, daß der Angeklagte Emrullah A. , was auch die anderen Angeklagten wußten, ein Messer mit sich führte und daß der Angeklagte Jashar M. E. beim Eindringen in das Zimmer auf arabisch rief: „Heute bringen wir euch/dich um“ oder „erledigen wir euch/dich.“ Das Landgericht hat eine Tötungsabsicht der Angeklagten unter anderem deshalb verneint, weil der Angeklagte Jashar M. E. selbst – ungeachtet seiner Äußerung - nur mit den Händen zuschlug, die anderen Angeklagten nicht arabisch sprechen und auch die von diesen Angeklagten eigenhändig begangenen Tathandlungen nicht auf eine Tötungsabsicht schließen lassen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Daß einer oder mehrere der an den Gewalttätigkeiten Beteiligten Antar Z. eine Schnittverletzung an der Hand und Abdel H. A. -H. zwei lebensgefährliche Stichverletzungen zufügten, hat das Landgericht zu Recht keinem der Angeklagten als versuchte Tötungshandlung zugerechnet. Zwar legt insbesondere die Schwere der Abdel H. A. -H. zugefügten Stichverletzungen die Annahme nahe, daß der nicht ermittelte Täter , der Abdel H. A. -H. die Stiche in den Rücken versetzte, mit direktem oder zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Nach § 25 Abs. 2 StGB könnten aber den Angeklagten diese Tathandlungen nur dann zugerechnet werden, wenn auch solche von anderen Tatbeteiligten begangenen Handlungen vom gemeinsamen Tatplan umfasst waren oder jedenfalls nachträglich gebilligt worden wären. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft führt
aber weder die Tatsache, daß der Angeklagte Emrullah A. mit einem Messer , andere Mittäter mit Knüppeln bewaffnet waren, noch der Umstand, daß auf die Tatopfer mit beschuhten Füßen eingetreten wurde, zwangsläufig zu der Annahme, daß sich die Angeklagten mit Tötungsabsicht an den Gewalttätigkeiten beteiligt oder daß sie jedenfalls im Verlauf der Auseinandersetzung mit tödlichen Verletzungen der Tatopfer gerechnet und solche gebilligt haben.
b) Die Staatsanwaltschaft beanstandet allerdings zu Recht, daß das Landgericht die Schuldsprüche wegen gefährlicher Körperverletzung lediglich auf § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB, nicht aber auch auf Nr. 5 dieser Vorschrift (Begehung der Tat mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung) gestützt hat. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten auch diesen Tatbestand verwirklicht. Nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB braucht die Behandlung das Leben nicht konkret zu gefährden; es genügt, daß die Art der Behandlung nach den Umständen des Einzelfalles dazu geeignet ist (vgl. BGHSt 2, 160, 163; BGHR § 223a I (a.F.) Lebensgefahr 1; BGH NStZ-RR 1997, 67). Tritte mit dem beschuhten Fuß und Schläge mit Knüppeln gegen den Kopf und den Oberkörper stellen eine das Leben gefährdende Behandlung dar, wenn sie nach der Art der Ausführung der Verletzungshandlungen zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können (vgl. BGHSt 2, 160, 162 f.; 19, 352). Die Umstände , aus denen sich die Lebensgefährdung des von den Angeklagten nach den Feststellungen gebilligten Einsatzes jedenfalls der von Tatbeteiligten mitgeführten Knüppel ergibt, waren den Angeklagten bekannt.
Der Senat schließt jedoch aus, daß das Landgericht höhere Strafen verhängt hätte, wenn es nicht übersehen hätte, dass die Angeklagten sich jeweils auch nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 strafbar gemacht haben; denn es hat bei der
Strafzumessung die enorme Gewaltbereitschaft und die durch Tritte und Schläge mit Knüppeln verursachten schweren Verletzungen strafschärfend berücksichtigt und damit im Ergebnis auch dem Schuldgehalt des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB Rechnung getragen.
c) Die Strafzumessung ist auch im übrigen rechtsfehlerfrei. Insbesondere weist sie entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft keinen die Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 11. Februar 2004.
3. Die Revisionen der Nebenkläger sind unzulässig (§ 400 Abs. 1 StPO), soweit sie sich gegen die Strafzumessung wenden; zu den Schuldsprüchen sind sie aus den oben genannten Gründen unbegründet.
III.
Bei den Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. hat der Senat von der Auferlegung der Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel abgesehen (§ 74 Abs. 2 JGG). Da die gegenläufigen Revisionen des Angeklagten Jashar M. E. und der Nebenkläger ohne Erfolg geblieben sind, findet eine Überbürdung der notwendigen Auslagen der Nebenkläger auf
den Angeklagten nicht statt (vgl. BGH NStZ 1993, 230). Hinsichtlich des weiteren Kostenausspruchs wird auf die Entscheidungen des BGH vom 10. April 2003 – 4 StR 73/03, vom 10. Juli 2003 - 3 StR 130/03 und vom vom 20. Dezember 1957 - 1 StR 33/57 (BGHSt 11, 189) verwiesen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible
Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2004 - 4 StR 43/04
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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2004 - 4 StR 43/04 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Wer sich an
- 1.
Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder - 2.
Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,
(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß. Dies gilt auch in Fällen des § 114, wenn die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Absatz 1 ist.
Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
(1) Wer die Körperverletzung
- 1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen, - 2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs, - 3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls, - 4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder - 5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
(2) Der Versuch ist strafbar.
(1) Der Nebenkläger kann das Urteil nicht mit dem Ziel anfechten, daß eine andere Rechtsfolge der Tat verhängt wird oder daß der Angeklagte wegen einer Gesetzesverletzung verurteilt wird, die nicht zum Anschluß des Nebenklägers berechtigt.
(2) Dem Nebenkläger steht die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß zu, durch den die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt oder das Verfahren nach den §§ 206a und 206b eingestellt wird, soweit er die Tat betrifft, auf Grund deren der Nebenkläger zum Anschluß befugt ist. Im übrigen ist der Beschluß, durch den das Verfahren eingestellt wird, für den Nebenkläger unanfechtbar.
Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
2. Die Staatskasse und die Nebenklägerin tragen die Kosten des Revisionsverfahrens je zur Hälfte. Die notwendigen Auslagen des Angeklagten in der Revisionsinstanz trägt die Staatskasse allein.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der zum Nachteil der Nebenklägerin begangenen Vergewaltigung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen wenden sich die Staatsanwaltschaft und die Nebenklägerin mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen. Die - zulässigen - Rechtsmittel haben keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat festgestellt:
Am 18. Juli 2000 traf die zu diesem Zeitpunkt drogenabhängige 19jährige Nebenklägerin gegen 17.30 Uhr an einer Bushaltestelle auf den Angeklagten , der früher ebenfalls Drogenkonsum betrieben hatte. Sie erkundigte sich bei ihm nach einer nahegelegenen Bezugsquelle für Haschisch. Der Angeklagte suchte daraufhin mit ihr die Wohnung eines "Dealers" auf, in der die Nebenklägerin etwas Haschisch erwarb. Anschließend begleitete er sie zu ihrer
Wohnung. Auf wessen Initiative dies geschah, konnte nicht geklärt werden. In der Wohnung rauchten beide von dem zuvor gekauften Haschisch und tranken Bier. Während des Haschischkonsums bat die Nebenklägerin den Angeklagten , von dessen Mobiltelefon ihren Freund anrufen zu dürfen, mit dem sie sich für den Abend verabreden wollte, wozu dieser jedoch keine Zeit hatte. Anschließend kam es zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin zum ungeschützten Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguß. Danach verließ der Angeklagte die Wohnung und begab sich zurück zu der besagten Bushaltestelle zu seinen Freunden. Dort wurde er kurze Zeit später von der Polizei festgenommen , nachdem die Nebenklägerin um 18.10 Uhr telefonisch angezeigt hatte, sie sei vergewaltigt worden.
2. Das Landgericht hat den Angeklagten freigesprochen, weil es sich nicht davon zu überzeugen vermochte, daß der Angeklagte den Geschlechtsverkehr gegen den Willen der Nebenklägerin erzwungen hat.
Der Freispruch hält der sachlich-rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Spricht das Gericht den Angeklagten frei, weil es vorhandene Zweifel nicht zu überwinden vermag, so ist das grundsätzlich hinzunehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat aufgrund der Sachrüge nur zu prüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gegen gesicherte Erfahrungssätze verstößt, ferner dann, wenn das Gericht an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen stellt. Einen solchen Sachmangel dekken die Revisionen nicht auf.
b) Der Angeklagte hat den Tatvorwurf bestritten. Eindeutige objektive Umstände, die einen erzwungenen Geschlechtsverkehr sicher belegen könnten , vermochte das Landgericht nicht festzustellen. Deshalb hängt der Tatnachweis allein davon ab, ob den den Angeklagten belastenden Angaben der Nebenklägerin zu glauben ist. Daß deren Darstellung - wie das Landgericht gemeint hat - "wahrscheinlicher als die des Angeklagten" (UA 8) ist, hat die Strafkammer bei der gegebenen Sachlage, bei der letztlich "Aussage gegen Aussage" steht, zu Recht nicht als ausreichend für die Überzeugung von der Tatbegehung durch den Angeklagten erachtet. Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es dem Urteil nicht an der gebotenen umfassenden Würdigung aller wesentlichen Umstände, die Schlüsse auch zu Ungunsten des Angeklagten ermöglichen (vgl. BGHSt 25, 285, 286). Dies gilt auch für die geringfügigen Verletzungen, die die sachverständige Zeugin Dr. K. bei der Untersuchung der Nebenklägerin festgestellt hat. Wenn das Landgericht, ersichtlich gestützt auf die Angaben der sachverständigen Zeugin, diese Verletzungen als mit der Einlassung des Angeklagten vereinbar angesehen hat, so deckt dies weder für sich noch in der Gesamtschau der Beweisanzeichen einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf. Mit ihren Einwendungen unternimmt die Staatsanwaltschaft demgegenüber lediglich den im Revisionsverfahren untauglichen Versuch, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eine eigene Wertung zu ersetzen.
Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft weist die Beweiswürdigung auch zum Aussageverhalten der Nebenklägerin keine den Bestand des Freispruchs in Frage stellenden Lücken auf. Das Landgericht war nicht gehalten , im Urteil den wesentlichen Ablauf und Inhalt der Angaben der Nebenklägerin im Ermittlungsverfahren im Urteil wiederzugeben. Auch wenn das Aussage-
verhalten der Nebenklägerin sich - wie die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision geltend macht - durch Konstanz auszeichnete, mußte das Landgericht diesem Umstand im Rahmen der Beweiswürdigung keine besondere Bedeutung beimessen, die eine ausdrückliche Erörterung erforderlich gemacht hätte. Abgesehen davon, daß dem Senat ohne zulässige Verfahrensrüge die nur durch Rückgriff auf den Akteninhalt mögliche Überprüfung der von der Revision behaupteten Konstanz der Aussage versperrt ist, weisen die Urteilsgründe selbst aus, daß die Nebenklägerin jedenfalls in Teilbereichen gerade nicht konstant ausgesagt, sondern in der Hauptverhandlung gegenüber ihren früheren Aussagen teilweise ergänzende, teilweise abweichende Aussagen gemacht hat. Das Landgericht hat dem Aussageverhalten entnommen, daß die Nebenklägerin den Inhalt ihrer Aussage so gestaltet habe, daß sie selbst in einem möglichst günstigen Licht erscheine. Zugleich hat das Landgericht darin konkrete Anknüpfungspunkte für ein mögliches Falschbelastungsmotiv gefunden, zumal die Nebenklägerin selbst ihr damaliges Verhalten heute mißbilligt und - wie das Urteil mitteilt - "ihren Umgang mit 'asozialen Typen wie dem Angeklagten' mit ihrem zur Tatzeit durch den Drogenkonsum getrübten Einschätzungsvermögen erklärt hat" (UA 8).
c) Wenn die Strafkammer bei dieser Sachlage verbleibende Zweifel an der Aussage der Nebenklägerin nicht zu überwinden vermochte, so ist dies aus
Rechtsgründen nicht zu beanstanden, auch wenn eine andere Würdigung durchaus möglich gewesen wäre.
Tepperwien Maatz Kuckein
Athing Ernemann