Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - 4 StR 670/10

bei uns veröffentlicht am24.03.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 670/10
vom
24. März 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 24. März
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Bender
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
die Angeklagten F. und G. in Person,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Franke,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten F. wird das Urteil des Landgerichts Rostock 6. März 2010, soweit es ihn betrifft,
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen Landfriedensbruchs entfällt,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten F. sowie die Revision des Angeklagten G. werden verworfen.
3. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil
a) in den Schuldsprüchen dahin abgeändert, dass die Angeklagten F. und G. jeweils der gefährlichen Körperverletzung schuldig sind, der Angeklagte G. in Tateinheit mit Landfriedensbruch,
b) in den Strafaussprüchen mit den Feststellungen aufgehoben.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft sowie des An- geklagten F. , an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
5. Der Angeklagte G. trägt die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen Landfriedensbruchs in Tateinheit mit Körperverletzung schuldig gesprochen und den Angeklagten G. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, den Angeklagten F. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Ferner hat es die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit der Sachrüge; auch die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren Rechtsmitteln, die vom Generalbundesanwalt vertreten werden, die Verletzung materiellen Rechts. Während der Revision des Angeklagten G. der Erfolg versagt bleibt, haben die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten F. jeweils den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.

A.


2
Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
Am Vormittag des 30. Juni 2007 waren etwa 150 Sympathisanten der politisch rechten Szene von G. aus in einem S-Bahn-Zug unterwegs nach R. , um dort an einer Demonstration der NPD teilzunehmen. In dem ersten Doppelstock-Wagen der S-Bahn befanden sich lediglich sieben Personen dieser Gruppe im Obergeschoß; der größte Teil der Demonstranten fuhr im zweiten und dritten Wagen mit. Während eines Zwischenhaltes im Bahnhof S. stiegen etwa 50 bis 60 dem linken politischen Spektrum zuzuordnende Personen in den ersten Wagen des Zuges. Sie beabsichtigten, in R. an einer für denselben Zeitpunkt organisierten Gegendemonstration teilzunehmen. In dieser Gruppe der Gegendemonstranten befanden sich auch die späteren Geschädigten, die Zeugen T. , M. , A. und B. . Während der Weiterfahrt entdeckten einige unbekannt gebliebene Gegendemonstranten die an ihrem Äußeren erkennbaren sieben Personen der rechten Szene. Nachdem sie die Zwischentür zum zweiten Wagen versperrt hatten, begannen die Gegendemonstranten ohne ersichtlichen Grund eine verbale und dann auch eine körperliche Auseinandersetzung. Um den zahlenmäßig deutlich überlegenen Gegendemonstranten auszuweichen, stiegen die Angegriffenen am nächstfolgenden Bahnhof P. sämtlich in den zweiten S-Bahn-Wagen um. Noch im Bahnhof verhinderte ein Unbekannter die Weiterfahrt des Zuges durch Betätigung der Notbremse. Zahlreiche Sympathisanten der rechten Szene, darunter die Angeklagten, verschafften sich daraufhin in Gruppen von bis zu 20 Personen Zugang zum ersten Wagen des S-Bahn-Zuges. Dort versetzten sie Gegendemonstranten und unbeteiligten Fahrgästen eine Vielzahl von Schlägen und Tritten, stießen Drohungen aus und forderten die in dem Wagen befindlichen Personen auf, den Zug zu verlassen. Der Angeklagte G. , Fraktionsmitarbeiter der NDP im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern und nach eigenen Angaben Leiter des Ordnungsdienstes der NPD am Tattag, schlug zunächst einer unbeteiligten Frau, deren Identität nicht näher festgestellt werden konnte, in den Bauch. Ferner trat er der Zeugin K. gegen das Bein, versetzte dem Zeugen T. einen Faustschlag gegen das linke Ohr und schlug den Zeugen B. nieder; sodann trat er auf diesen ein. Währenddessen erteilte er im Befehlston lautstark Anweisungen. Der Angeklagte F. schlug während des insgesamt mehrere Minuten dauernden Geschehens auf den Zeugen A. sowie auf weitere, namentlich nicht bekannte Personen ein. Die Personen, die auf Grund der Gewalttätigkeiten den Zug verließen, mussten ein Spalier von etwa 100 NPD-Sympathisanten passieren und erlitten dabei weitere Misshandlungen. Auch auf dem Bahnsteig kam es zwischen Anhängern der beiden politischen Gruppierungen zu Schlägereien; der Geschädigte T. wurde nach dem Faustschlag des Angeklagten G. von Unbekannten weiter misshandelt und vom Bahnsteigrand eine Böschung hinunter geworfen.
4
Durch die Gewalttätigkeiten der Angeklagten erlitten die Geschädigten multiple Kontusionen, Schürfwunden und Schwellungen.

B.


I.


5
Zu den Revisionen der Angeklagten:
6
1. a) Soweit der Angeklagte F. vom Landgericht wegen Körperverletzung verurteilt worden ist, hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge keinen Rechtsfehler zu dessen Nachteil ergeben. Der Schuldspruch wird insoweit von den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen getragen. Die Strafkammer hat insbesondere zu Recht eine Notwehrsituation verneint, da die Aggressionen der Gegendemonstranten im ersten Wagen des Zuges zum Tatzeitpunkt bereits beendet waren.
7
b) Jedoch muss die tateinheitliche Verurteilung wegen Landfriedensbruchs im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB entfallen.
8
Danach kann eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs nur erfolgen, wenn die Tat nicht in einer anderen Vorschrift mit schwererer Strafe bedroht ist. So verhält es sich hier jedoch, da die Körperverletzung gemäß § 223 StGB mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, Landfriedensbruch gemäß § 125 StGB aber nur mit einer solchen bis zu drei Jahren bedroht ist. Dies hat das Landgericht im Ansatz zwar nicht verkannt, die tateinheitliche Verurteilung jedoch ausnahmsweise "zur Klarstellung des spezifischen Tatunrechts für unbedingt erforderlich“ gehalten. Ungeachtet der Frage der Zweckmäßigkeit einer solchen Subsidiaritätsklausel überschreitet deren vom Landgericht vorgenommene Auslegung den Wortsinn, der keine einschränkende Auslegung gestattet (BGH, Beschluss vom 9. September 1997 – 1 StR 730/96, BGHSt 43, 237, 238).
9
c) Zwar wird der auf rechtsfehlerfreien Erwägungen beruhende Strafausspruch von dieser Änderung des Schuldspruchs für sich genommen nicht berührt. Er kann gleichwohl keinen Bestand haben, da die Strafkammer, wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen zutreffend dargelegt hat, mit den grundsätzlich gesamtstrafenfähigen Verurteilungen durch das Amtsgericht Sch. vom 8. Oktober 2007 und durch das Amtsgericht W. vom 29. November 2007 keine Gesamtstrafe gebildet und entgegen § 55 StGB mit nicht tragfähiger Begründung von der Einbeziehung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts W. vom 29. Januar 2008 abgesehen hat (zum zwingenden Charakter von § 55 StGB vgl. Fischer, StGB, 58. Aufl., § 55 Rn. 34 m. Nachw. z. Rspr. des BGH).
10
2. Die Revision des Angeklagten G. ist unbegründet; die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
11
a) Die Annahme eines – unbenannten – besonders schweren Falles des Landfriedensbruchs im Sinne des § 125a StGB hält rechtlicher Nachprüfung stand. Außerhalb der in § 125a StGB genannten Regelbeispiele kommt eine Verurteilung wegen eines besonders schweren Falles des Landfriedensbruchs namentlich dann in Betracht, wenn der Täter – wie nach den von der Strafkammer getroffenen Feststellungen der Angeklagte – Rädelsführer der Menschenmenge ist (Senatsbeschluss vom 7. Mai 1998 – 4 StR 88/98). Die für die Anwendung der Strafverschärfung gebotene Prüfung, ob der Ausnahmestrafrahmen unter Berücksichtigung des gesamten Tatbildes, der Täterpersönlichkeit und der besonderen Umstände des Falles geboten erscheint (Senat aaO), hat das Landgericht in den Urteilsgründen vorgenommen. Sie ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
12
b) Die Subsidiaritätsklausel des § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB steht der tateinheitlichen Verurteilung auch wegen Körperverletzung im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB nicht entgegen.
13
Zwar greift diese Klausel nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann ein, wenn ein besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs nach § 125a StGB vorliegt. Maßstab für den nach § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB vorzunehmenden Vergleich ist dann aber der Strafrah- men der als Strafzumessungsregel ausgestalteten Bestimmung des § 125 a Satz 1 StGB, die Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren androht (BGH, Beschluss vom 9. September 1997 – 1 StR 730/96, BGHSt 43, 237, 240; Urteil vom 31. Mai 1994 – 5 StR 154/94; Beschluss vom 11. März 1998 – 3 StR 591/97; Beschluss vom 14. Oktober 1999 – 4 StR 312/99, NStZ 2000, 194, 195; Urteil vom 29. April 2004 – 4 StR 43/04, BGHR StGB § 125 Abs. 1 Menschenmenge 2; Beschluss vom 6. April 2009 – 5 StR 94/09; vgl. aber auch BGH, Beschluss vom 7. April 2005 – 2 StR 537/04 unter unklarer Bezugnahme auf BGH, Beschluss vom 2. September 1998 – 2 StR 369/98, BGHR StGB § 125a Konkurrenzen 1; zum Schrifttum SSW-StGB/Fahl, § 125a Rn. 7).

II.


14
Zu den Revisionen der Staatsanwaltschaft:
15
1. Die Staatsanwaltschaft beanstandet zu Recht, dass das Landgericht die Angeklagten lediglich wegen Körperverletzung (§ 223 StGB), nicht aber wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) verurteilt hat. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten die Tat mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen.
16
Der Qualifikationstatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, der neben einem weiteren (Mit-)Täter auch den Teilnehmer ausdrücklich einschließt (BGH, Urteil vom 3. September 2002 – 5 StR 210/02, BGHSt 47, 384, 386), setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken, wobei die eigenhändige Ausführung von Verletzungshandlungen durch jeden der Anwesenden nicht erforderlich ist (vgl. nur Senatsurteil vom 25. März 2010 – 4 StR 522/09, NStZ- RR 2010, 236 m.w.N.). Gemessen daran wird die rechtliche Bewertung des Verhaltens der Angeklagten als gefährliche Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB von den dazu getroffenen Urteilsfeststellungen in jeder Hinsicht getragen, da diese die Körperverletzungshandlungen gemeinsam mit ihren gruppenweise in den S-Bahn-Wagen eingedrungenen Gesinnungsgenossen verübten. Der Senat hat die Schuldsprüche entsprechend geändert. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegenüber dem geänderten Schuldvorwurf ersichtlich nicht anders hätten verteidigen können. Soweit der Angeklagte G. betroffen ist, steht die Subsidiaritätsklausel des § 125 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB einer tateinheitlichen Verurteilung wegen der übereinstimmenden Strafrahmen der § 125a Satz 1, § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB nicht entgegen.
17
2. Im Hinblick auf die höhere Strafdrohung des § 224 Abs. 1 StGB ist jedoch nicht auszuschließen, dass die verhängten Strafen bei zutreffender rechtlicher Bewertung höher ausgefallen wären. Die Sache bedarf daher zu den Strafaussprüchen neuer Verhandlung und Entscheidung.

C.


18
Da sich das Verfahren nunmehr ausschließlich gegen Erwachsene richtet , verweist der Senat die Sache daher an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück (Senatsurteil vom 28. April 1988 – 4 StR 33/88, BGHSt 35, 267).
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Bender

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - 4 StR 670/10

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - 4 StR 670/10

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.
Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - 4 StR 670/10 zitiert 7 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 125 Landfriedensbruch


(1) Wer sich an 1. Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder2. Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Tä

Strafgesetzbuch - StGB | § 125a Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs


In besonders schweren Fällen des § 125 Abs. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter 1. eine Schußwaffe bei sich führt,2. eine andere Waffe oder ein ande

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - 4 StR 670/10 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - 4 StR 670/10 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Sept. 2002 - 5 StR 210/02

bei uns veröffentlicht am 03.09.2002

Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung: ja StGB § 224 Abs. 1 Nr. 4 Das Zusammenwirken des Täters einer Körperverletzung mit einem Gehilfen kann zur Erfüllung des Qualifikationstatbestandes der "mit einem anderen Beteiligten gemeinsch

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Apr. 2009 - 5 StR 94/09

bei uns veröffentlicht am 06.04.2009

5 StR 94/09 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 6. April 2009 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2009 beschlossen: Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2004 - 4 StR 43/04

bei uns veröffentlicht am 29.04.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 43/04 vom 29. April 2004 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. 6. wegen Landfriedensbruchs u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April 2004, an der teilgenommen

Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2010 - 4 StR 522/09

bei uns veröffentlicht am 25.03.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil 4 StR 522/09 vom 25. März 2010 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. März 2010, an der teilgen
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 24. März 2011 - 4 StR 670/10.

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. März 2019 - 4 StR 381/18

bei uns veröffentlicht am 26.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 381/18 vom 26. März 2019 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. wegen zu 1. bis 4. und 6. bis 7.: versuchter gefährlicher Körperverletzung u.a. zu 5. und 8.: versuchter gefährlicher Körperver

Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Apr. 2019 - 3 StR 23/19

bei uns veröffentlicht am 02.04.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 23/19 vom 2. April 2019 in der Strafsache gegen wegen zu 1.: Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion u.a. zu 2.: Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion ECLI:DE:BGH:2019:020419B3STR23.19.0 Der 3.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2013 - 2 StR 119/13

bei uns veröffentlicht am 09.10.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 2 StR 119/13 vom 9. Oktober 2013 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u. a. Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. Oktober 2013, an der teilgenommen ha

Bundesgerichtshof Beschluss, 26. Juni 2012 - 2 StR 137/12

bei uns veröffentlicht am 26.06.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 2 StR 137/12 vom 26. Juni 2012 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja StGB §§ 246 Abs. 1 und 2, 266 Abs. 2 i.V.m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Veruntreuende Unterschlagung tritt aufgrund formell

Referenzen

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer sich an

1.
Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder
2.
Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,
die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß. Dies gilt auch in Fällen des § 114, wenn die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Absatz 1 ist.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

In besonders schweren Fällen des § 125 Abs. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schußwaffe bei sich führt,
2.
eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
3.
durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
4.
plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

In besonders schweren Fällen des § 125 Abs. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schußwaffe bei sich führt,
2.
eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
3.
durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
4.
plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 43/04
vom
29. April 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen Landfriedensbruchs u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Sinan Y. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Tamer A. ,
Rechtsanwältin
für den Angeklagten Jasher M. E. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Emrullah A. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Tuncer A. ,
Rechtsanwalt
für den Angeklagten Mazlum Yi.
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
für den Nebenkläger Antar Z. ,
Rechtsanwalt
für den Nebenkläger Abdel H. A. -H.
als Nebenkläger-Vertreter,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. , der Staatsanwalt- schaft sowie der Nebenkläger Antar Z. und Abdel H. A. -H. gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 11. Juni 2003 werden verworfen.
2. Es wird davon abgesehen, den Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. die Kosten und Auslagen ihrer Rechtsmittel aufzuerlegen. Die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. Die Nebenkläger haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen. Die in dem Revisionsverfahren gegen den Angeklagten Jashar M. E. entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenkläger je zur Hälfte. Die in den Revisonsverfahren gegen die Angeklagten Tamer A. , Emrullah A. und Mazlum Yi. entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und der Nebenkläger Abdel H. A. -H. je zur Hälfte.
Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des Landfriedensbruchs in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen. Den Ange-
klagten Sinan Y. hat es unter Einbeziehung einer rechtskräftigen Vorverur- teilung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten Tamer A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, den Angeklagten Jashar M. E. zu einer Jugendstrafe von drei Jahren, den Angeklagten Emrullah A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten Tuncer A. zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und den Angeklagten Mazlum Yi. zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die Vollstreckung der gegen die Angeklagten Tamer A. , Tuncer A. und den Angeklagten Mazlum Yi. verhängten Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt.
Die Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. rügen mit ihren Revisionen die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen, die vom Generalbundesanwalt nicht vertreten werden, eine Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Totschlags. Sie beanstandet ferner, daß die Schuldsprüche nicht auch auf den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB gestützt worden sind, und wendet sich gegen die Strafzumessung. Die Nebenkläger rügen die Verletzung sachlichen Rechts. Sie erstreben eine Verurteilung des Angeklagten Jashar M. E. , der Nebenkläger Abdel H. A. -H. darüber hinaus auch der Angeklagten Tamer A. , Emrullah A. und Mazlum Yi. , wegen versuchten Totschlags und beanstanden die Strafzumessung.
Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


Die Angeklagten sind Asylbewerber. Sie wohnten Ende Juni 2002 mit weiteren Landsleuten ("Gruppe der Kurden") in der Landeswohnsiedlung in L. , in der neben anderen nichtkurdischen Asylbewerbern die aus Algerien stammenden Abdel H. A. -H. , Antar Z. und Najib B. ("Gruppe der Araber") wohnten. Zwischen beiden Gruppen kam es häufig zu verbalen und körperlichen Auseinandersetzungen, die auch zu Polizeieinsätzen führten. In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 2002 wurde der Angeklagte Jashar M. E. von algerischen Asylbewerbern angegriffen und verletzt. 30 bis 40 kurdische Asylbewerber, die sich danach auf dem Gelände der Landeswohnsiedlung versammelt hatten, beschlossen, angestachelt von dem Angeklagten Jashar M. E. , sich „wegen der vorgefallenen Auseinandersetzungen an den Arabern zu rächen.“ Sie wollten "den Arabern gehörige Angst einjagen, sie verprügeln und krankenhausreif schlagen.“ Angeführt von dem Angeklagten Jashar M. E. , begaben sich 25 bis 30 Kurden, die sich mit Stöcken und Holzknüppeln bewaffnet hatten, zu dem Wohnblock, in dem arabische Asylbewerber untergebracht waren. Der Angeklagte Emrullah A. führte für alle sichtbar ein Messer mit sich. Ohne Vorwarnung drangen die Angeklagten sowie weitere Kurden in das Zimmer des Antar Z. ein, in dem sich auch Abdel H. A. -H. und Najib B. aufhielten. Der Angeklagte Jashar M. E. zeigte auf Antar Z. und sagte auf arabisch: "Heute bringen wir euch/dich um" bzw. "erledigen wir euch/dich". Danach wurde mit Fäusten und mit Knüppeln massiv auf Antar Z. und Abdel H. A. - H. eingeschlagen. Der Angeklagte Emrullah A. schlug mit einem Stuhlbein einen der Nebenkläger, zielte mit seinem Messer auf das Gesicht von Najib B. und machte dabei eine Bewegung von unten nach oben, „als
wolle er ihn stechen.“ Wer Antar Z. im Verlauf der Auseinandersetzung die Schnittverletzung an der linken Hand zufügte, die zur Durchtrennung einer Sehne führte, konnte nicht geklärt werden. Antar Z. , Abdel H. A. -H. und Najib B. flüchteten schließlich durch das Fenster.
Der Nebenkläger Antar Z. wurde von einer Gruppe von etwa 10 bis 14 Kurden, unter ihnen die Angeklagten Jashar M. E. , Tamer A. und Sinan Y. in einem Gebüsch entdeckt und umzingelt. Jashar M. E. , der Antar Z. aus dem Gebüsch gezogen hatte, und Tamer A. schlugen auf Antar Z. ein. Als dieser auf dem Boden lag, trat Sinan Y. ihn mit den beschuhten Füßen. Von weiteren Kurden wurde Antar Z. mit Stöcken geschlagen.
Neben der Schnittverletzung an der Hand erlitt Antar Z. durch die Schläge und Tritte eine Vielzahl von Verletzungen am gesamten Körper, insbesondere im Bereich des Kopfes, des Halses und des Rumpfes. "Die Gewalt war fast ausschließlich gegen lebenswichtige Körperbereiche gerichtet". Ein massiver Fußtritt, der geeignet war, lebensgefährliche Verletzungen am Kehlkopf hervorzurufen, zeichnete sich am vorderen Hals im Bereich des Kehlkopfs ab.
Der Nebenkläger Abdel H. A. -H. fiel bei seiner Flucht auf den Boden und wurde mit Stöcken geschlagen und mit einem Messer angegriffen. Er erlitt eine Vielzahl von Schürfungen, insbesondere im Bereich der Extremitäten , sowie zwei lebensgefährliche Stichverletzungen im Rücken. Wer Abdel H. A. -H. die Stichverletzungen beibrachte, konnte nicht geklärt werden.

II.


1. Die Revisionen der Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. sind unbegründet.

a) Die Verfahrensrügen sind unzulässig; im übrigen wären sie auch unbegründet. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 11. Februar 2004 verwiesen.

b) Die Überprüfung des Urteils auf die Sachbeschwerden hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Beschwerdeführer ergeben.
Die Beweiswürdigung ist rechtsfehlerfrei, auch soweit sie die Mittäterschaft des bei den Gewalttätigkeiten in dem Zimmer des Nebenklägers Antar Z. anwesenden Angeklagten Tuncer A. betrifft. Sie weist, wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten keine Widersprüche, Lücken oder Verstöße gegen die Denkgesetze auf.
Auch die Schuldsprüche wegen Landfriedensbruchs (§§ 125 Abs. 1 Nr. 1, 125 a StGB) begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten Tuncer A. steht der Annahme des Landgerichts, daß sich die Beschwerdeführer im Sinne dieser Vorschrift als Mittäter an Gewalttätigkeiten beteiligt haben, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise begangen worden sind, nicht entgegen, daß sich die Gewalttätigkeiten allein gegen Abdel H. A. - H. , Antar Z. und Najib B. richteten. Sind die Tathandlungen des
§ 125 Abs. 1 StGB gegen bestimmte Personen gerichtet oder tritt nur an einzelnen Schaden ein, so genügt es, wenn diese als Repräsentanten eines Personenkreises angegriffen werden, weil solche Gewalthandlungen nicht nur das Sicherheitsgefühl der unmittelbar betroffenen, sondern einer Vielzahl von Personen beeinträchtigen und zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen (vgl. BGH NStZ 1993, 538; Tröndle/Fischer StGB 51. Aufl. § 125 Rdn. 9, jew. m. w. N.). So liegt es hier. Zwar war Auslöser der Gewalttätigkeiten letztlich der Überfall mehrerer Araber auf Jashar M. E. . Die "Gruppe der Kurden" wollte sich aber nach dem Tatplan wegen der zwischen Kurden und Arabern „vorgefallenen Auseinandersetzungen an den Arabern" rächen. Die Tatopfer wurden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, als Vertreter ihrer Volksgruppe angegriffen. Durch die aus der unter anderem mit Knüppeln bewaffneten Gruppe von mindestens 30 Kurden begangenen Gewalttätigkeiten wurde demgemäß das Sicherheitsgefühl nicht nur der Tatopfer, sondern einer unbestimmten Vielzahl von Personen „der Volksgruppe der Araber“ beeinträchtigt.
2. Auch die Revisionen der Staatsanwaltschaft sind unbegründet. Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat keinen die Angeklagten begünstigenden oder – was der Senat gemäß § 301 StPO zu prüfen hat – benachteiligenden Rechtsfehler ergeben.

a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht ein Handeln der Angeklagten mit (bedingtem) Tötungsvorsatz verneint hat und mit denen es davon ausgegangen ist, daß die Angeklagten ihrem Tatplan entsprechend, „den Arabern gehörig Angst einzujagen, sie zu verprügeln und krankenhausreif zu
schlagen,“ während des gesamten Tatgeschehens lediglich mit Körperverletzungsvorsatz handelten, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.
Die Annahme, daß die Angeklagten entgegen ihrer Einlassung mit direktem Tötungsvorsatzes handelten, ließe sich, wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, nach den zum äußeren Tatgeschehen getroffenen Feststellungen allenfalls damit begründen, daß der Angeklagte Emrullah A. , was auch die anderen Angeklagten wußten, ein Messer mit sich führte und daß der Angeklagte Jashar M. E. beim Eindringen in das Zimmer auf arabisch rief: „Heute bringen wir euch/dich um“ oder „erledigen wir euch/dich.“ Das Landgericht hat eine Tötungsabsicht der Angeklagten unter anderem deshalb verneint, weil der Angeklagte Jashar M. E. selbst – ungeachtet seiner Äußerung - nur mit den Händen zuschlug, die anderen Angeklagten nicht arabisch sprechen und auch die von diesen Angeklagten eigenhändig begangenen Tathandlungen nicht auf eine Tötungsabsicht schließen lassen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Daß einer oder mehrere der an den Gewalttätigkeiten Beteiligten Antar Z. eine Schnittverletzung an der Hand und Abdel H. A. -H. zwei lebensgefährliche Stichverletzungen zufügten, hat das Landgericht zu Recht keinem der Angeklagten als versuchte Tötungshandlung zugerechnet. Zwar legt insbesondere die Schwere der Abdel H. A. -H. zugefügten Stichverletzungen die Annahme nahe, daß der nicht ermittelte Täter , der Abdel H. A. -H. die Stiche in den Rücken versetzte, mit direktem oder zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte. Nach § 25 Abs. 2 StGB könnten aber den Angeklagten diese Tathandlungen nur dann zugerechnet werden, wenn auch solche von anderen Tatbeteiligten begangenen Handlungen vom gemeinsamen Tatplan umfasst waren oder jedenfalls nachträglich gebilligt worden wären. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft führt
aber weder die Tatsache, daß der Angeklagte Emrullah A. mit einem Messer , andere Mittäter mit Knüppeln bewaffnet waren, noch der Umstand, daß auf die Tatopfer mit beschuhten Füßen eingetreten wurde, zwangsläufig zu der Annahme, daß sich die Angeklagten mit Tötungsabsicht an den Gewalttätigkeiten beteiligt oder daß sie jedenfalls im Verlauf der Auseinandersetzung mit tödlichen Verletzungen der Tatopfer gerechnet und solche gebilligt haben.

b) Die Staatsanwaltschaft beanstandet allerdings zu Recht, daß das Landgericht die Schuldsprüche wegen gefährlicher Körperverletzung lediglich auf § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 StGB, nicht aber auch auf Nr. 5 dieser Vorschrift (Begehung der Tat mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung) gestützt hat. Nach den Feststellungen haben die Angeklagten auch diesen Tatbestand verwirklicht. Nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB braucht die Behandlung das Leben nicht konkret zu gefährden; es genügt, daß die Art der Behandlung nach den Umständen des Einzelfalles dazu geeignet ist (vgl. BGHSt 2, 160, 163; BGHR § 223a I (a.F.) Lebensgefahr 1; BGH NStZ-RR 1997, 67). Tritte mit dem beschuhten Fuß und Schläge mit Knüppeln gegen den Kopf und den Oberkörper stellen eine das Leben gefährdende Behandlung dar, wenn sie nach der Art der Ausführung der Verletzungshandlungen zu lebensgefährlichen Verletzungen führen können (vgl. BGHSt 2, 160, 162 f.; 19, 352). Die Umstände , aus denen sich die Lebensgefährdung des von den Angeklagten nach den Feststellungen gebilligten Einsatzes jedenfalls der von Tatbeteiligten mitgeführten Knüppel ergibt, waren den Angeklagten bekannt.
Der Senat schließt jedoch aus, daß das Landgericht höhere Strafen verhängt hätte, wenn es nicht übersehen hätte, dass die Angeklagten sich jeweils auch nach § 224 Abs. 1 Nr. 5 strafbar gemacht haben; denn es hat bei der
Strafzumessung die enorme Gewaltbereitschaft und die durch Tritte und Schläge mit Knüppeln verursachten schweren Verletzungen strafschärfend berücksichtigt und damit im Ergebnis auch dem Schuldgehalt des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB Rechnung getragen.

c) Die Strafzumessung ist auch im übrigen rechtsfehlerfrei. Insbesondere weist sie entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft keinen die Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 11. Februar 2004.
3. Die Revisionen der Nebenkläger sind unzulässig (§ 400 Abs. 1 StPO), soweit sie sich gegen die Strafzumessung wenden; zu den Schuldsprüchen sind sie aus den oben genannten Gründen unbegründet.

III.


Bei den Angeklagten Sinan Y. , Jashar M. E. und Tuncer A. hat der Senat von der Auferlegung der Kosten ihrer erfolglosen Rechtsmittel abgesehen (§ 74 Abs. 2 JGG). Da die gegenläufigen Revisionen des Angeklagten Jashar M. E. und der Nebenkläger ohne Erfolg geblieben sind, findet eine Überbürdung der notwendigen Auslagen der Nebenkläger auf
den Angeklagten nicht statt (vgl. BGH NStZ 1993, 230). Hinsichtlich des weiteren Kostenausspruchs wird auf die Entscheidungen des BGH vom 10. April 2003 – 4 StR 73/03, vom 10. Juli 2003 - 3 StR 130/03 und vom vom 20. Dezember 1957 - 1 StR 33/57 (BGHSt 11, 189) verwiesen.
Tepperwien Maatz Athing
Ernemann Sost-Scheible

(1) Wer sich an

1.
Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder
2.
Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,
die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß. Dies gilt auch in Fällen des § 114, wenn die Diensthandlung eine Vollstreckungshandlung im Sinne des § 113 Absatz 1 ist.

5 StR 94/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 6. April 2009
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. April 2009

beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 11. April 2008 wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch den Nebenklägern entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend bemerkt der Senat: Zu Recht ist u. a. ein besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs (§ 125a StGB, daher keine Anwendung der Subsidiaritätsklausel; vgl. dazu BGHSt 43, 237, 240) in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB angenommen worden. Da die Nachprüfung des Urteils auch im Übrigen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt hat, bleibt die Revision ohne Erfolg. Der Senat kann dies entsprechend dem hierfür maßgeblichen Antrag des Generalbundesanwalts nach § 349 Abs. 2 StPO aussprechen (BGHR StPO § 349 Abs. 2 Verwerfung 4).
Basdorf Brause Schaal Dölp König

In besonders schweren Fällen des § 125 Abs. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schußwaffe bei sich führt,
2.
eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
3.
durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
4.
plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
Das Zusammenwirken des Täters einer Körperverletzung mit einem
Gehilfen kann zur Erfüllung des Qualifikationstatbestandes der
"mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich" begangenen
Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB) ausreichen.
Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der am Tatort anwesende
Gehilfe die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters
bewußt in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten
zu verschlechtern geeignet ist.
BGH, Urt. v. 3. September 2002 - 5 StR 210/02
LG Neuruppin –

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 3. September 2002
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 3. September
2002, an der teilgenommen haben:
Richter Basdorf als Vorsitzender,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt P
als Verteidiger für den Angeklagten Z ,
Rechtsanwalt K
als Verteidiger für den Angeklagten S ,
Rechtsanwalt Kn
als Verteidiger für den Angeklagten L ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Neuruppin vom 29. November 2001
a) in den Schuldsprüchen dahin geändert, daß der Angeklagte L der gefährlichen Körperverletzung, die Angeklagten S und Z jeweils der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung schuldig sind,
b) in sämtlichen Strafaussprüchen aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen, die Angeklagten S und Z betreffend, werden verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revisionen, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Schwurgericht hat den Angeklagten L wegen (vorsätzlicher ) Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die Angeklagten S und Z jeweils wegen Beihilfe zur Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft beanstanden mit der Sachrüge, daß die Angeklagten nicht wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB verurteilt worden sind, ferner, daß die Angeklagten S und Z nicht als Mittäter angesehen wurden. Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Revisionen haben weitgehend Erfolg.
1. Das Schwurgericht hat folgende Feststellungen getroffen: Am 26. Mai 2001 suchte der Angeklagte L Streit mit dem in einer Gruppe Jugendlicher vor einer Diskothek stehenden Zeugen St . Er hatte bemerkt, daß St den anderen Jugendlichen demonstrativ L s beschädigtes Auto gezeigt hatte, das er als Fahrzeug eines Unfallflüchtigen identifiziert hatte. L begab sich in die Diskothek und bat dort die Mitangeklagten S und Z , ihn bei einer Auseinandersetzung zu unterstützen. Beide folgten ihm, um ihn zumindest durch ihre Anwesenheit zu stärken. Sie hielten sich anschließend stets in unmittelbarer Nähe L s auf.
L ging zunächst auf St los, den er anpöbelte und bedrängte. Als sich der Geschädigte H , um zu schlichten, dazwischenstellte , versetzte ihm L einen heftigen Faustschlag ins Gesicht. H ging zu Boden, rappelte sich jedoch wieder auf und ging erneut auf L zu.
Daraufhin wandten sich alle drei Angeklagten dem Zeugen H zu. Es entwickelte sich ein Gerangel, bei dem H , der gegen die Motorhaube eines geparkten Fahrzeugs gestoßen wurde, schließlich erneut zu Boden stürzte. Bei gewalttätigen Einwirkungen wurde H vorsätzlich von L oder mit dessen Billigung von beiden Mitangeklagten oder von einem von ihnen erneut im Gesicht sowie am rechten Unterarm verletzt.
H sind, wahrscheinlich am Schluß der Auseinandersetzung, als er erneut zu Boden gegangen war, sieben Messerstiche in den Rücken versetzt worden. Als H am Boden lag, wandten sich L und auf dessen Kommando auch die beiden anderen Angeklagten abrupt von ihm ab und entfernten sich. Das Tatmesser wurde nicht gefunden. Die Stich- verletzungen waren nicht lebensgefährlich. Wer von den Angeklagten H die Messerstiche beigebracht hatte, konnte das Schwurgericht nicht klären. Es nimmt zugunsten eines jeden Angeklagten an, daß er einen Messereinsatz eines der anderen weder vorhergesehen noch gebilligt habe.
2. Die – von der Staatsanwaltschaft nicht ausdrücklich angegriffene – Beweiswürdigung des Schwurgerichts und die hieraus folgende Nichtzurechnung der Messerstiche, deren Zufügung zugunsten eines jeden Angeklagten als möglicher Exzeß eines der anderen Beteiligten gewertet wurde, ist aus Rechtsgründen noch nicht zu beanstanden, wenngleich ein anderes Ergebnis nach dem Vorgeschehen, den festgestellten räumlichen Verhältnissen und der Vielzahl der Messerstiche möglich – und sogar näherliegend – gewesen wäre. Indes besteht deshalb noch kein Anlaß für das Revisionsgericht , in die weitgehend dem Tatrichter vorbehaltene Beweiswürdigung einzugreifen.
3. Vor dem Hintergrund der ebenfalls rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen, wonach aktive Körperverletzungshandlungen der Angeklagten S und Z für keine Phase des Tatgeschehens sicher nachgewiesen worden sind, ist die Wertung des Tatgerichts, diese Angeklagten mangels eigenen Tatinteresses und mangels Tatherrschaft aufgrund ihrer Unterordnung unter den Angeklagten L nicht als Mittäter, sondern als Gehilfen anzusehen, vom Revisionsgericht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar wäre auch ohne Feststellung eigener Körperverletzungshandlungen nicht ausgeschlossen gewesen, die Angeklagten Z und S als Mittäter der Körperverletzung anzusehen, weil sie die vom Angeklagten L ausgeübte Zwangswirkung bewußt verstärkten (vgl. BGH GA 1986, 229; NStZ 1984, 328, 329). Dies war hier indes nicht zwingend. Aufgrund der Struktur des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB hierfür einen grundsätz- lich erweiterten Anwendungsbereich für die Mittäterschaft zu eröffnen, ist wegen der Erfassung des Zusammenwirkens eines Täters mit einem Gehilfen durch diesen Qualifikationstatbestand (vgl. unten 4) nicht geboten. Es gilt daher auch hier uneingeschränkt, daß die tatrichterliche Wertung bei der Abgrenzung zwischen (Mit-)Täterschaft und Beihilfe vom Revisionsgericht bis zur Grenze des Vertretbaren hinzunehmen ist (vgl. BGH StV 1998, 540 m.w.N.). Daher bleiben die staatsanwaltlichen Revisionen hinsichtlich der Angeklagten S und Z ohne weitergehenden Erfolg.
4. Zutreffend beanstandet die Staatsanwaltschaft indes, daß bei sämtlichen Angeklagten ein Schuldspruch lediglich wegen (einfacher vorsätzlicher ) Körperverletzung und nicht wegen gefährlicher Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ergangen ist. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte L die Körperverletzung mit anderen Beteiligten, den Angeklagten S und Z , gemeinschaftlich begangen, zu dieser qualifizierten Körperverletzung haben die Angeklagten S und Z ihm vorsätzlich Hilfe geleistet.
Nach der Fassung bis Inkrafttreten des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts – 6. StrRG – vom 26. Januar 1998 (BGBl I 164) verlangte § 223a StGB a.F. für diese Tatbestandsvariante noch, daß die Körperverletzung „von mehreren gemeinschaftlich begangen“ werde. Nach der Neufassung bezieht der Qualifikationstatbestand – trotz des an die Regelung für die Mittäterschaft in § 25 Abs. 2 StGB anknüpfenden, daher etwas mißverständlichen Wortlauts „gemeinschaftlich begeht“ – durch den eindeutigen Zusatz „mit einem anderen Beteiligten“, wie aus der Definition in § 28 Abs. 2 StGB zu entnehmen ist, neben einem weiteren (Mit-)Täter den Teilnehmer und damit (§ 28 Abs. 1 StGB) auch den Gehilfen ausdrücklich ein. Der Gesetzeswortlaut steht daher einer Auslegung nicht entgegen, wonach das gemeinsame Wirken eines Täters und eines Gehilfen bei Begehung einer Körperverletzung zur Erfüllung der Qualifikation des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ausreicht (h.M.; vgl. – jeweils m. w. N. – Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl.
§ 224 Rdn. 11; Stree in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 224 Rdn. 11; Lilie in LK 11. Aufl. § 224 Rdn. 33 bis 35; Rengier ZStW 111 [1999], 1, 9 f.; C. Jäger JuS 2000, 31, 35 f.; vgl. bereits Küper GA 1997, 301; a.A. Horn in SK-StGB, 7. Aufl. [Stand: Mai 1998] § 224 Rdn. 25; Schroth NJW 1998, 2861; Renzikowski NStZ 1999, 377, 382; noch offengelassen von BGH, Beschl. vom 5. April 2000 – 3 StR 95/00; vgl. auch zum Gefährlichkeitspotenzial einer Bande durch das Mitwirken eines Gehilfen: BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 2 Bande 5, zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt). Sinn und Zweck des Qualifikationstatbestandes des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB gebieten die Einbeziehung des Zusammenwirkens von Täter und Gehilfen, soweit durch ein solches Zusammenwirken, nicht anders als durch mittäterschaftliche Begehung, eine verstärkte Gefährlichkeit der Körperverletzung für das Opfer begründet wird.
Eine gemeinschaftliche Begehung in dieser gegenüber mittäterschaftlichem Handeln schwächeren Beteiligungsform ist jedenfalls dann anzunehmen , wenn der am Tatort anwesende Gehilfe die Wirkung der Körperverletzungshandlung des Täters bewußt in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu verschlechtern geeignet ist. Dies wird bei dieser Form der Beteiligung regelmäßig vor allem – wie auch offensichtlich hier – durch eine Schwächung der Abwehrmöglichkeiten verwirklicht, wenn das Opfer durch die Präsenz mehrerer Personen auf der Verletzerseite insbesondere auch wegen des erwarteten Eingreifens des oder der anderen Beteiligten in seinen Chancen beeinträchtigt wird, dem Täter der Körperverletzung Gegenwehr zu leisten, ihm auszuweichen oder zu flüchten. Mit einer derartigen Begehung wird eine erhöhte Gefährlichkeit der Körperverletzung begründet, wie sie für die Qualifikationen nach § 224 Abs. 1 StGB kennzeichnend ist. Würde § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB seinem Wortlaut nach diese Form des Zusammenwirkens nicht erfassen – was indes im Blick auf die ausdrückliche Erwähnung des „Beteiligten“ nicht der Fall ist –, müßte bei diesem Qualifikationstatbestand weit eher als nach allgemeinen Abgrenzungskriterien üblich die Annahme von Mittäterschaft erwogen werden, um den Unrechtsgehalt erschöpfend würdigen zu können.
Inwieweit andere Erscheinungsformen des Zusammenwirkens eines Täters mit einem Gehilfen oder auch einem Anstifter ebenfalls die Voraussetzungen des Qualifikationstatbestandes des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllen , insbesondere inwieweit ein Zusammenwirken am Tatort erforderlich ist, bedarf im vorliegenden Fall ebensowenig der Entscheidung wie die Frage , inwieweit bei bestimmten Erscheinungsformen mittäterschaftlichen Zusammenwirkens , insbesondere ohne gleichzeitige Präsenz am Tatort, dieser Qualifikationstatbestand ausnahmsweise nicht erfüllt sein kann (vgl. BGHR StGB § 223a Abs. 1 [a.F.] gemeinschaftlich 2).
5. Da das Schwurgericht diese Variante des § 224 Abs. 1 StGB neben den rechtsfehlerfrei ausgeschlossenen Varianten des § 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB nicht erwogen hat, hält das angefochtene Urteil insoweit sachlichrechtlicher Prüfung nicht stand.
Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen erweisen, daß die Voraussetzung einer gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB in der erörterten Beteiligungsform gemeinschaftlicher Begehung des Täters L mit den seine Zwangswirkung bewußt verstärkenden Gehilfen S und Z hier ohne weiteres (mindestens) erfüllt waren.
Der Senat kann insoweit zum Schuldspruch abschließend entscheiden. Es ist auszuschließen, daß sich die Angeklagten wirkungsvoller, als geschehen , hätten verteidigen können, wenn der entsprechend in der Revisionshauptverhandlung gegebene rechtliche Hinweis bereits in der tatgerichtlichen Verhandlung erteilt worden wäre. Zugunsten aller drei Angeklagter ist bei der gegebenen Beweislage die denkbar mildeste Sachverhaltsvariante festgestellt worden. Wie sich einer von ihnen in tatsächlicher Hinsicht nach entsprechendem Hinweis erfolgversprechend noch abweichend hätte vertei- digen können, ist nicht ersichtlich und auch von der Verteidigung in der Revisionshauptverhandlung nicht begründet worden. Andererseits gibt der erfolgte Rechtsfehler keine Veranlassung, erneut umfassende tatrichterliche Tatsachenfeststellungen zur gesamten Tat zu verlangen, insbesondere etwa betreffend die Feststellbarkeit eigener Körperverletzungshandlungen der bislang als Gehilfen abgeurteilten Angeklagten oder den Einsatz des Messers , seine Kenntnis und Billigung eingeschlossen.
6. Die Schuldspruchänderung zieht wegen der unterschiedlichen Strafrahmen die Aufhebung der Strafaussprüche nach sich. Da dies auf einem Subsumtionsfehler beruht, bedarf es nicht der Aufhebung von Feststellungen gemäß § 353 Abs. 2 StPO. Das neue Tatgericht – nunmehr gemäß § 74 Abs. 1 GVG die allgemeine Strafkammer – wird die Strafzumessung auf der Grundlage der bisherigen auch die uneingeschränkte Schuldfähigkeit der Angeklagten einschließenden Feststellungen, die allenfalls durch hierzu widerspruchsfreie weitere Feststellungen ergänzbar sind, vorzunehmen haben.
Mit der Aufhebung der Strafaussprüche erledigen sich die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft gegen die Entschädigungsentscheidungen zugunsten der Angeklagten S und Z .
Basdorf Häger Gerhardt Brause Schaal

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 522/09
vom
25. März 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 25. März
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Rechtsanwalt
in Untervollmacht für Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 28. Mai 2009 im gesamten Strafausspruch aufgehoben. Die Feststellungen mit Ausnahme derjenigen zu den Vorstrafen des Angeklagten bleiben aufrecht erhalten.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verurteilung des Angeklagten wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung sowie den Strafausspruch ; sie rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt auf die Verfahrensrüge zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs ; im Übrigen ist es unbegründet.

I.


2
1. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten auf. Dies gilt auch, soweit das Landgericht den Angeklagten wegen der Beteiligung an den Misshandlungen des Geschädigten H. (lediglich) wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung verurteilt hat.
3
a) Nach den Feststellungen wollte der gesondert verfolgte S. G. den Zeugen M. A. für Misshandlungen, die dieser der Zeugin M. S. nach deren Schilderung in der Vergangenheit zugefügt hatte, zur Rede stellen und gegebenenfalls verprügeln. Zu diesem Zweck traf er sich mit fünf weiteren männlichen Personen, unter denen sich auch der Angeklagte sowie die Mitangeklagten P. M. und K. An. befanden. Alle fünf erklärten sich bereit, S. G. zur Wohnung des M. A. zu begleiten und bei seinem Vorhaben zu unterstützen. Nachdem die sechs Personen unter Führung des Mitangeklagten P. M. die Wohnung des Zeugen A. gestürmt hatten, stürzte sich M. auf den ihm unbekannten, in der Wohnung ebenfalls anwesenden Geschädigten R. H. und schlug unter Verwendung eines mitgebrachten Nothammers massiv auf diesen ein. Der Geschädigte ging bereits nach dem ersten Schlag zu Boden und verlor das Bewusstsein. Gleichwohl fuhr M. mit seinen Schlägen fort und trat auf den weiterhin am Boden Liegenden auch mit seinen Springerstiefeln ein. Entweder der Angeklagte oder der Mitangeklagte An. schlug mit einem Holzstück ebenfalls auf den Geschädigten ein. Dieser erlitt lebensgefährliche Verletzungen und trug bleibende gesundheitliche Schäden davon.
4
b) Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen liegt in der unterbliebenen Verurteilung wegen einer mittäterschaftlich mit dem Mitangeklagten M. begangenen gefährlichen Körperverletzung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB im Ergebnis kein Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten.
5
aa) Mittäterschaft liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann vor, wenn ein Tatbeteiligter nicht bloß fremdes Tun fördern, sondern seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils will. Bei Beteiligung mehrerer Personen , von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, handelt mittäterschaftlich, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die gemeinschaftliche Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 37, 289, 291 m.w.N.). Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (BGH aaO). Dabei ist dem Tatrichter, vor allem in Grenzfällen, ein Beurteilungsspielraum eröffnet, der revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann. Enthalten die Urteilsgründe eine hinreichende Darlegung aller maßgeblichen Gesichtspunkte, ist die tatrichterliche Wertung vom Revisionsgericht auch dann hinzunehmen, wenn im Einzelfall eine andere Beurteilung möglich gewesen wäre (Fischer StGB 57. Aufl. § 25 Rdn. 12 m. Nachw. zur Rspr.). Auch bei der gefährlichen Körperverletzung in der Tatvariante "mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich" sind die Tatbeiträge nach diesen allgemeinen Regeln abzugrenzen.
6
bb) Eine Verurteilung des Angeklagten als (Mit-)Täter der gefährlichen Körperverletzung kommt im vorliegenden Fall nicht schon deshalb in Betracht, weil der Mitangeklagte M. die Voraussetzungen des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB als Täter erfüllt hat. Zwar ist gemeinschaftliches Handeln, wie es § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB voraussetzt, auch ein Kennzeichen der Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB, aber weder deren einzige Voraussetzung noch auf diese Beteiligungsform beschränkt (LK/Lilie StGB 11. Aufl. § 224 Rdn. 34). Dass das Zusammenwirken eines Täters mit einem Gehilfen zur Erfüllung des Qualifikationsmerkmals nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB ausreichen kann (vgl. dazu BGHSt 47, 383, 386), führt nicht dazu, dass der Gehilfe schon deshalb als Mittäter zu bestrafen wäre (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2008 – 2 StR 286/08, NStZRR 2009, 10).
7
cc) Auch im Übrigen hält sich die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte sei lediglich Gehilfe gewesen, noch im Rahmen des dem Tatrichter insoweit eingeräumten Beurteilungsspielraums. Allerdings erweist sich die Erwägung der Strafkammer, Beihilfe im Sinne des § 27 Abs. 1 StGB liege schon deshalb vor, weil dem Angeklagten eine konkrete Verletzungshandlung nicht zweifelsfrei habe nachgewiesen werden können, für sich genommen als nicht tragfähig. Wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung kann vielmehr auch derjenige bestraft werden, der die Verletzung nicht mit eigener Hand ausführt, jedoch auf Grund eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses mit dem Willen zur Tatherrschaft zum Verletzungserfolg beiträgt (Senatsurteil vom 19. Januar 1984 – 4 StR 742/83, StV 1984, 190). Nach den vom Landgericht getroffenen weiteren Feststellungen wirkte der Angeklagte jedoch ohne eigenen Vorteil lediglich zur Unterstützung eines von dem gesondert verfolgten G. mit dem Mitangeklagten M. abgesprochenen Vorhabens mit, das ausschließlich auf dem persönlichen Motiv des G. beruhte, den Zeugen A. für die Misshandlung seiner Freundin M. S. zu bestrafen. Ein maßgebliches Tatinteresse des Angeklagten, etwa in Form einer für die Mitwirkung zugesagten Belohnung, ergibt sich aus den Urteilsgründen ebenso wenig wie ein auch nur ansatzweiser Einfluss auf Einzelheiten der Tatausführung. Auch wenn vor dem Hintergrund der zur konkreten Tatausführung getroffenen Feststellungen eine andere Entscheidung vertretbar gewesen wäre, nimmt der Senat den Schuldspruch daher hin.
8
2. Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Rüge der Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO) führt jedoch zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs.
9
a) Die Beschwerdeführerin sieht den Verfahrensverstoß darin, dass die Strafkammer bei der Straffestsetzung irrtümlich davon ausgegangen ist, dass der Angeklagte nicht vorbestraft sei. Dies beruhe darauf, dass der in der Hauptverhandlung verlesene Bundeszentralregisterauszug, der tatsächlich keine Eintragung enthielt, unter einem falschen Geburtsdatum (25.10.1985 statt 22.10.1985) angefordert worden sei. Angesichts des polizeilichen Vermerks vom 24. März 2009 sowie der Angaben des Angeklagten zur Person in der Hauptverhandlung, aus denen sich die Unrichtigkeit dieses auch in der Anklageschrift aufgeführten Geburtsdatums ergeben habe, hätte sich das Landgericht veranlasst sehen müssen, einen neuen Registerauszug unter Angabe des zutreffenden Geburtsdatums beizuziehen; aus diesem Auszug hätte sich ergeben , dass der Angeklagte mehrfach, u.a. auch wegen gefährlicher Körperverletzung sowie Verstoßes gegen das Waffengesetz, zu Jugendstrafe verurteilt worden war und zum Tatzeitpunkt unter Bewährung stand.
10
b) Diese zulässig erhobene Rüge greift durch. Das gegen den Angeklagten im Wege der Abtrennung aus einem weiteren Verfahren eingeleitete Ermittlungsverfahren enthielt keinen Personalbogen, woraufhin der Bundeszentralregisterauszug versehentlich unter dem falschen Geburtsdatum "25.10.1985“ angefordert wurde, der keine Eintragung aufwies. Erst nach Anklageerhebung – ebenfalls unter diesem unzutreffenden Geburtsdatum – gelangte im Zuge einer von der Strafkammer angeordneten Aufenthaltsüberprüfung das zutreffende Geburtsdatum durch einen polizeilichen Vermerk zu den Sachakten und wurde vom Angeklagten in der Hauptverhandlung bei der Erörterung seiner persönlichen Verhältnisse bestätigt. Ein neuer Registerauszug unter dem richtigen Geburtsdatum wurde jedoch nicht angefordert.
11
c) Die Rüge scheitert im vorliegenden Fall nicht daran, dass auch der Staatsanwaltschaft anzulasten ist, sich mit der negativen Registerauskunft zufrieden gegeben zu haben. Denn das Aufklärungsgebot richtet sich an das Gericht ; das Verhalten der Verfahrensbeteiligten ist deshalb grundsätzlich ohne Einfluss auf die dem Gericht aus diesem Gebot erwachsenden Pflichten (Senatsurteil vom 11. März 1993 – 4 StR 70/93, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Aufdrängen 5). Bei der gegebenen Sachlage bedurfte es auch nicht eines Antrags oder einer Anregung der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung, um dem Gericht die Kenntnis derjenigen Umstände zu verschaffen, die zu weiterer Aufklärung Anlass gaben, zumal sich die Sachakten hier (nach Anklageerhebung) bereits beim Landgericht befanden, als der Irrtum bemerkt wurde (vgl. dazu Senat aaO).

III.


12
Auf dem dargelegten Verstoß gegen § 244 Abs. 2 StPO beruht der gesamte Strafausspruch, denn zur Begründung der Höhe der Einzelstrafen und der Gesamtstrafe hat sich die Strafkammer ausschließlich auf den Umstand gestützt, dass der Angeklagte ausweislich des verlesenen Bundeszentralregisterauszugs nicht vorbestraft sei. Der Senat merkt in diesem Zusammenhang an, dass in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO zwar nur die für die Zumessung der Strafe bestimmenden Erwägungen darzulegen sind. Wird jedoch – wie im vorliegenden Fall – zur Begründung des Rechtsfolgenausspruchs lediglich ein tragender Gesichtspunkt herangezogen, ist zu besorgen, dass der Tatrichter die durch § 46 Abs. 2 StGB gebotene Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Tatsachen nicht in der erforderlichen Weise rechtsfehlerfrei vorgenommen hat (vgl. Senatsurteil vom 13. Januar 1983 – 4 StR 667/82, NStZ 1983, 217).
Tepperwien Solin-Stojanović Ernemann
Franke Mutzbauer

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

In besonders schweren Fällen des § 125 Abs. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schußwaffe bei sich führt,
2.
eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
3.
durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
4.
plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.