Bundesgerichtshof Urteil, 15. Apr. 2010 - I ZR 145/08

bei uns veröffentlicht am15.04.2010
vorgehend
Landgericht Hamburg, 407 O 13/06, 04.07.2006
Hanseatisches Oberlandesgericht, 3 U 2/07, 24.07.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 145/08 Verkündet am:
15. April 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Femur-Teil
UWG § 4 Nr. 9 lit. a und b, § 4 Nr. 11; MPG § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1; HWG
§ 3 Satz 2 Nr. 1, § 6 Nr. 2

a) Technisch bedingte Merkmale eines Erzeugnisses sind nur dann frei wählbar
und austauschbar und können wettbewerbliche Eigenart begründen, wenn
mit ihrem Austausch keine Qualitätseinbußen verbunden sind.

b) Eine der Erwerbssituation nachfolgende Herkunftstäuschung scheidet bei
Produkten, die unterschiedlich gekennzeichnet sind und von Fachkreisen
verwendet werden, regelmäßig aus, wenn die Benutzung der Produkte eine
sorgfältige Planung voraussetzt.

c) Eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b
Fall 1 UWG liegt im Allgemeinen nicht vor, wenn ein Originalprodukt, dessen
Sonderrechtsschutz abgelaufen ist, nachgeahmt wird und aufgrund unterschiedlicher
Kennzeichen die Gefahr einer Verwechslung des Originalerzeugnisses
und der Nachahmung ausgeschlossen ist.

d) Wird ein technisches Erzeugnis, dessen Wertschätzung maßgeblich auf dessen
äußerer Gestaltung beruht, nahezu identisch nachgeahmt, liegt eine unangemessene
Beeinträchtigung des Rufs des Originalprodukts vor, wenn die
Nachahmung qualitativ minderwertig ist.
BGH, Urteil vom 15. April 2010 - I ZR 145/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. April 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 24. Juli 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt seit 1982 unter der Bezeichnung "SPII" eine Hüftgelenk-Endoprothese (Femur-Teil). Deren Schaft weist eine S-Form auf, die für eine günstige Einleitung der Kraft von der Prothese in den Knochen sorgt. Die S-Form der Endoprothese war Gegenstand eines Patents der Klägerin, dessen Schutz 2001 ausgelaufen ist. Die Oberschenkel-Prothese der Klägerin weist neben der S-Form am Schaft ein seitliches Profil, einen um- laufenden Kragen mit einer Bohrung, einen Hals und einen anschließenden Konus zum Aufstecken des Hüftkopfes mit zwei Bohrungen auf:
2
Die Beklagte vertreibt ebenfalls ein Femur-Teil einer Hüftprothese. Dieses bezeichnete sie zunächst mit "S2+". Nach Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung vertreibt die Beklagte ihr Femur-Teil nunmehr unter "AS-PLUS".
3
Die Klägerin hält das Femur-Teil der Hüftprothese der Beklagten für eine unlautere Nachahmung ihres Produkts. Sie hat geltend gemacht, infolge der nahezu identischen Übernahme der Form der Prothese durch die Beklagte bestehe die Gefahr von Verwechslungen. Die Beklagte nutze durch die Nachahmung den guten Ruf des Originalprodukts aus. Das Erzeugnis der Beklagten sei zudem von minderer Qualität.
4
Die Klägerin hat die Beklagte - soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung - auf Unterlassung des Angebots und des Inverkehrbringens der bean- standeten Femur-Teile von Hüftgelenk-Prothesen, auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, zwischen den von den Parteien vertriebenen Femur-Teilen bestünden deutliche Unterschiede. Sämtliche übernommenen Gestaltungselemente der Endoprothese der Klägerin seien technisch notwendig. Verwechslungen der Produkte der Parteien vor und nach der Kaufsituation seien ausgeschlossen.
6
Das Landgericht hat die Klage im Wesentlichen abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen , es zu unterlassen, Femur-Teile von Hüftgelenk-Prothesen anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, (1) deren Schaft (1.1) in der Sagittalebene S-förmig verläuft und (1.2) in der Frontalebene ein Oberflächenprofil aufweist, (1.2.1) welches in einem ersten, hüftkopffernen Abschnitt aus einer etwa mittigen Längsnut entlang des Schafts und (1.2.2) in einem zweiten hüftkopfnahen Abschnitt aus einer Erhebung besteht, (1.2.3) wobei die Erhebung die gebogene und in sich verjüngende Außenkontur des Schafts in der Frontalebene im verkleinerten Maßstab nachzeichnet, (2) mit einem umlaufenden Kragen (3) und einem Hals, (3.1) dessen hüftkopfferner Abschnitt (3.1.1) sich ohne Stufung vom Kragen abhebt und (3.1.2) sich in einem gebogenen Verlauf verjüngt und (3.2) dessen hüftkopfnaher Abschnitt einen Konus zum Aufstecken des Hüftkopfs bildet, der an der Stirnseite zwei runde Löcher aufweist, wie nachfolgend abgebildet: insbesonderewenn, (4.1) der Kragen einen ovalen Umfang aufweist und/oder (4.2) sich von lateral nach medial verjüngt und/oder (5) der Konus für den Hüftkopf an seiner Stirnseite zwei in der Sagittalebene übereinander angeordnete Sackbohrungen gleichen Durchmessers aufweist; hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, es unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zu unterlassen, Femur-Prothesen in Verkehr zu bringen, die wie nachfolgend gekennzeichnet sind:
7
Ferner hat die Klägerin die Beklagte auf Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung und Zahlung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
8
Das Berufungsgericht hat die Berufung - vom Kostenpunkt abgesehen - zurückgewiesen.
9
Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der die Klägerin ihre zuletzt gestellten Anträge weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klageanträge seien weder unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes noch wegen Verstoßes gegen das Medizinproduktegesetz oder das Heilmittelwerbegesetz begründet. Hierzu hat es ausgeführt:
11
Das Femur-Teil "SPII" der Hüftgelenk-Prothese der Klägerin verfüge durch das seitliche Profil des Schafts, den umlaufenden schmalen Kragen und die gelungene Ausformung des anschließenden Halses über wettbewerbliche Eigenart, die durch eine hohe Bekanntheit in den Fachkreisen noch gesteigert sei. Die Beklagte habe das Femur-Teil der Klägerin mit ihrem Produkt "AS-PLUS" nahezu identisch nachgeahmt. Die Voraussetzungen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG lägen jedoch nicht vor. Abzustellen sei auf die Erwerbssituation. Die mit dem Angebot und Kauf von Endoprothesen befassten normal informierten Fachkreise seien mit der Produktpalette im Bereich von Oberschenkelprothesen vertraut und unterlägen aufgrund der unterschiedlichen Kennzeichnung keiner Herkunftstäuschung. Die Voraussetzungen einer unangemessenen Rufausbeutung und Rufbeeinträchtigung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG lägen ebenfalls nicht vor. Weder würden die Gütevorstellungen, die der Verkehr mit dem Originalprodukt verbinde, auf die Nachahmung übertragen, noch erwarteten die angesprochenen Fachkreise, dass das Produkt der Beklagten dem der Klägerin qualitativ entspreche.
12
Ein Verstoß gegen § 4 Abs. 2 MPG liege nicht vor. Die Produkte der Beklagten würden aus Sicht eines normal informierten und verständigen Angehörigen der Fachkreise nicht mit einer irreführenden Aufmachung versehen. Die Beklagte habe auch nicht irreführend i.S. des § 3 HWG geworben. Allein aus der nahezu identischen Form folge nicht, dass das Produkt der Beklagten dem Verarbeitungsstand des Originalerzeugnisses entspreche.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
14
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, § 9 Satz 1, §§ 3, 4 Nr. 9 UWG i.V. mit § 242 BGB nicht zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass ein Verstoß gegen die Grundsätze des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG nicht gegeben ist und auch eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des von der Klägerin angebotenen Erzeugnisses i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG ausscheidet. Nach den bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen können die Ansprüche der Klägerin wegen Beeinträchtigung der Wertschätzung des Femur-Teils der Klägerin nach § 4 Nr. 9 lit. b UWG aber nicht verneint werden.
15
a) Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen ist zwischen dem Unterlassungsanspruch und den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Schadensersatz zu unterscheiden. Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der zur Zeit der Entscheidung geltenden Fassung anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten auch zur Zeit der Begehung nach der am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) wettbewerbswidrig war. Demgegenüber kommt es für die Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verpflichtung zur Auskunftserteilung zur Vorbereitung der Berechnung des Schadensersatzanspruchs auf die Rechtslage zur Zeit der beanstandeten Handlungen an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 28.5.2009 - I ZR 124/06, GRUR 2010, 80 Tz. 15 = WRP 2010, 94 - LIKEaBIKE). Für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung maßgeblich (BGH, Urt. v. 11.3.2009 - I ZR 194/06, GRUR 2009, 1064 Tz. 13 = WRP 2009, 1229 - Geld-zurück-Garantie II).
16
Eine für die Beurteilung des Streitfalls entscheidungserhebliche Änderung der Rechtslage ist allerdings nicht eingetreten.
17
aa) Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall ohne Bedeutung. Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine ge- schäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG. Der Begriff der geschäftlichen Handlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist nicht enger als der der Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2009 - I ZR 141/06, GRUR 2009, 881 Tz. 11 = WRP 2009, 1089 - Überregionaler Krankentransport). Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 UWG) und des Schadensersatzanspruchs (§ 9 Satz 1 UWG) sind gleich geblieben.
18
bb) Die Vorschrift des § 4 Nr. 9 UWG über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gilt ebenfalls fort. Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung des § 4 Nr. 9 UWG nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 2010, 80 Tz. 17 - LIKEaBIKE). Ob unter den derzeit geltenden Vorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb auch geschäftliche Handlungen, die in die Zeit nach dem Kauf fallen, von § 4 Nr. 9 lit. a UWG erfasst werden, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden (dazu II 1 e bb).
19
b) Durch die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG 2004 ist der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz nur gesetzlich geregelt, nicht aber inhaltlich geändert worden (BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen; Urt. v. 9.10.2008 - I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Tz. 25 = WRP 2009, 76 - Gebäckpresse). Danach kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn es wettbewerbliche Eigenart aufweist und besondere Umstände hinzutreten , die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die be- sonderen Umstände zu stellen, die die Unlauterkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 170/05, GRUR 2008, 1115 Tz. 18 = WRP 2008, 1510 - ICON; Urt. v. 2.4.2009 - I ZR 144/06, GRUR 2009, 1069 Tz. 12 = WRP 2009, 1509 - Knoblauchwürste).
20
c) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass das FemurTeil der Klägerin über hohe wettbewerbliche Eigenart verfügt.
21
aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 16 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege). Dies gilt auch für technische Erzeugnisse (BGH, Urt. v. 2.4.2009 - I ZR 199/06, GRUR 2009, 1073 Tz. 10 = WRP 2009, 1372 - Ausbeinmesser).
22
Technisch notwendige Merkmale - also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen - können allerdings aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz des freien Stands der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Urt. v. 10.1.2008 - I ZR 67/05, GRUR 2008, 790 Tz. 36 = WRP 2008, 1234 - Baugruppe ). Handelt es sich dagegen nicht um technisch zwingend notwendige Merkmale, sondern nur um solche, die zwar technisch bedingt, aber - ohne dass damit Qualitätseinbußen verbunden sind - frei austauschbar sind, so können sie eine wettbewerbliche Eigenart (mit-)begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Betrieb Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (vgl.
BGH GRUR 2007, 984 Tz. 20 - Gartenliege; GRUR 2009, 1073 Tz. 10 - Ausbeinmesser ).
23
bb) Das Berufungsgericht hat zu Recht die wettbewerbliche Eigenart des Femur-Teils "SPII" der Klägerin jedenfalls in der Kombination des seitlichen Profils des Schafts, des Kragens und der Ausformung des Halses gesehen. Hierzu hat es ausgeführt, für das Erzeugnis der Klägerin sei das in etwa gleich lange Abschnitte aufgeteilte Profil des Schafts charakteristisch, das aus der Längsnut im unteren Abschnitt und der zentralen Erhebung im hüftkopfnahen Abschnitt bestehe. Hinzu kämen der umlaufende schmale Kragen und die gelungene Ausformung des Halses, die sich harmonisch vom Kragen abhebe und dem Prothesenteil eine bei den anderen auf dem Markt befindlichen Angeboten nicht vorzufindende Eleganz verleihe, die den Wiedererkennungswert des Teils erhöhe. Es könne offenbleiben, ob einzelne Gestaltungsmerkmale zwingend technisch bedingt seien, weil das Femur-Teil der Klägerin jedenfalls aufgrund der Kombination seiner Merkmale über wettbewerbliche Eigenart verfüge.
24
Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die wettbewerbliche Eigenart des Femur-Teils der Klägerin aufgrund seiner Verkehrsbekanntheit weiter gesteigert ist. Es hat hierzu festgestellt, dass das Produkt der Klägerin seit mehr als zwanzig Jahren auf dem Markt ist und aufgrund seines guten Abschneidens in klinischen Beobachtungsstudien über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügt. Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Auch wenn das Vorliegen einer wettbewerblichen Eigenart eine Bekanntheit des Erzeugnisses nicht voraussetzt, kann doch der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Produkts durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung; BGH GRUR 2010, 80 Tz. 37 - LIKEaBIKE).
25
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte das Femur-Teil "SPII" der Klägerin nahezu identisch nachgeahmt hat. Davon ist auszugehen, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 524 = WRP 2000, 493 - Modulgerüst). Dabei ist zu prüfen, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des Produkts ausmachen, für das der Schutz beansprucht wird (BGHZ 141, 329, 340 - Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 11.1.2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 32 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen).
26
Eine nahezu identische Übernahme hat das Berufungsgericht in tatrichterlicher Würdigung derjenigen Merkmale bejaht, die in den gegenüberstehenden Produkten gleichermaßen vorhanden sind. Als identisch übernommen hat das Berufungsgericht - wenn auch in anderem Zusammenhang angeführt - das seitliche Profil des Schafts, den umlaufenden Kragen mit der Bohrung des Fixierungsinstruments , den Hals als Verbindung zwischen Schaft und Konus und die Bohrungen im Konus für die Eingriffstellen der Führungszange angesehen. Diese Ausführungen sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und werden von den Parteien auch nicht in Frage gestellt.
27
e) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht in dem Anbieten und Inverkehrbringen des Femur-Teils "AS-PLUS" der Beklagten keine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG gesehen.
28
aa) Das Berufungsgericht hat eine Herkunftstäuschung verneint, weil die Fachkreise in der Erwerbssituation, auf die es allein ankomme, keiner Gefahr einer Herkunftstäuschung ausgesetzt seien. Der Beschaffung von Medizinprodukten gingen Auswahlverfahren und Abstimmungsprozesse voraus, an denen die operierenden Ärzte und die mit der Beschaffung in den Kliniken befassten Mitarbeiter beteiligt seien. Diesen seien die Parteien als Anbieter mit ihren Produkten bekannt. Die Fachkreise hätten keine Veranlassung, die Produkte allein anhand der äußeren Gestaltung einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen, sondern stellten auf die unterschiedliche Kennzeichnung der Produkte ab. In den Angebotsunterlagen sei das Produkt der Beklagten mit "AS-PLUS" gekennzeichnet. Beim Vertrieb seien auf der Verpackung das Unternehmenskennzeichen und das Logo der Beklagten angegeben.
29
Die Revision wendet sich vergeblich dagegen, dass das Berufungsgericht die Gefahr einer Herkunftstäuschung in der Kaufsituation verneint hat.
30
(1) Zu Recht hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der Frage der Herkunftstäuschung allein auf die angesprochenen Fachkreise abgestellt. Nach seinen auf dem Vortrag der Parteien beruhenden Feststellungen bieten die Parteien ihre in Rede stehenden Produkte ausschließlich Fachkreisen an. Das Angebot richtet sich nicht an Endverbraucher. Die abweichende Darstellung der Revision findet im Parteivortrag keine Stütze. Die von der Revision für ihre gegenteilige Sichtweise herangezogenen Anlagen K 13, K 38 und K 40 enthalten nur allgemeine Informationen zu Endoprothesen und keine Angebote an Verbraucher.
31
(2) Ohne Erfolg macht die Revision ferner geltend, auch die angesprochenen Fachkreise unterlägen Fehlvorstellungen über die Herkunft des Produkts der Beklagten.
32
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die mit dem Einkauf befassten durchschnittlich informierten und verständigen Fachleute aufgrund ihrer Kenntnisse über die verschiedenen Hersteller und deren jeweilige Produktpalet- te sowie der unterschiedlichen Kennzeichen der Parteien keiner Herkunftstäuschung unterliegen. Soweit die Revision geltend macht, bei Ärzten und Einkäufern der Kliniken erfolge die Einkaufsentscheidung gelegentlich aufgrund einer oberflächlichen Prüfung, kommt es hierauf aus Rechtsgründen nicht an. Zu Recht hat das Berufungsgericht auf einen durchschnittlich informierten und aufmerksamen Angehörigen der Fachkreise abgestellt, der bei der Einkaufsentscheidung mit der gebotenen Sorgfalt vorgeht. Dafür, dass bei diesem - selbst bei nur sporadischen Käufen, auf die die Revision abstellt - die Gefahr von Herkunftstäuschungen besteht, ist vom Berufungsgericht nichts festgestellt. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Abschlussbericht vom 10. Dezember 2007 zu den Vorkommnissen im Endoprothetikbereich des Krankenhauses H. in B.. Die in diesem Bericht dokumentierten Vorgänge in einem einzelnen Krankenhaus betreffen nicht die Beschaffung der Endoprothesen und lassen keinen Rückschluss auf den im Endoprothetikbereich allgemein eingehaltenen Standard zu. Im Übrigen versucht die Revision mit ihren Ausführungen zur Gefahr einer Herkunftstäuschung lediglich, die Beurteilung des Tatrichters durch ihre eigene zu ersetzen, ohne dabei einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzeigen zu können.
33
bb) Ohne Erfolg macht die Revision weiter geltend, für die Herkunftstäuschung sei nicht ausnahmslos auf die Erwerbssituation abzustellen. Infolge der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sei es geboten, in die Beurteilung der Herkunftstäuschung auch nach dem Zeitpunkt des Kaufs liegende Umstände einzubeziehen. Aufgrund des nahezu identischen Aussehens der von den Parteien vertriebenen Femur-Teile könne es in der Operationssituation zu Verwechslungen kommen.
34
(1) Nach der Rechtsprechung des Senats zum UWG 2004 kann eine nicht schon im Zeitpunkt der Werbung und/oder des Kaufs, sondern erst nach- folgend auftretende Herkunftstäuschung keine Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründen, weil die Bestimmungen des UWG 2004 allein das Marktverhalten regeln und Rechtsfolgen daher nur für solche Verhaltensweisen vorsehen, die schon für sich gesehen eine Störung des Marktgeschehens darstellen (vgl. BGHZ 161, 204, 211 - Klemmbausteine III; BGH, Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 39 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern).
35
(2) Ob an dieser Rechtsprechung unter den derzeit geltenden Vorschriften des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb weiter festzuhalten ist, braucht nicht entschieden zu werden. Nach den Feststellungen, die das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang getroffen hat, scheidet entgegen der Ansicht der Revision eine Herkunftstäuschung des Arztes während der Operation aus. Danach sind Verwechslungen der Produkte der Parteien aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds der Femur-Teile bei einem situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsarzt auch während der Operation ausgeschlossen. Denn die Femur-Teile der Parteien verfügen über unterschiedliche Produktbezeichnungen. Der behandelnde Arzt muss bei der Operationsvorbereitung das Fabrikat des Femur-Teils, seine Größe und die für die jeweilige Körperseite des Patienten vorgesehene Ausführungsform bestimmen und sich während der Operation mit der gebotenen ärztlichen Sorgfalt davon überzeugen, dass er das gewünschte Implantat erhalten hat.
36
Die Revision setzt dem ohne Erfolg entgegen, aufgrund des nahezu identischen Aussehens könnte dem operierenden Arzt statt des bestellten FemurTeils "SPII" der Klägerin eine "AS-PLUS"-Endoprothese der Beklagten gereicht werden; der Arzt werde den Irrtum erst bemerken, wenn er die Eingriffswerkzeuge im Rahmen der Operation ansetze.
37
Die Revision zeigt schon keine Anhaltspunkte dafür auf, dass das Klinikpersonal und der behandelnde Arzt sich trotz der bei Operationen einzuhaltenden Sorgfaltsanforderungen allein an der äußeren Gestaltung des Femur-Teils orientieren und die an den Produkten der Parteien angebrachten unterschiedlichen Kennzeichnungen ausblenden werden.
38
f) Die Revision hat auch keinen Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des Produkts der Klägerin nach § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG verneint hat.
39
aa) Das Berufungsgericht ist von einer Wertschätzung des Femur-Teils "SPII" der Klägerin in den angesprochenen Verkehrskreisen ausgegangen. Es hat festgestellt, dass das Produkt der Klägerin in der seit 1979 fortgeschriebenen schwedischen Langzeitstudie regelmäßig die besten Ergebnisse erzielt und über einen außergewöhnlich guten Ruf verfügt. Dagegen erinnert die Revisionserwiderung nichts; Rechtsfehler sind auch insoweit nicht ersichtlich.
40
bb) Das Berufungsgericht hat eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung des Erzeugnisses der Klägerin durch die Nachahmung der Beklagten verneint. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
41
(1) Eine unlautere Rufausnutzung folgt nicht schon aus einer Täuschung der Fachkreise über die Herkunft der Nachahmung der Beklagten. Zwar liegt eine unlautere Rufausnutzung vor, wenn die Eigenart und die Besonderheiten des Originalerzeugnisses zu Qualitätserwartungen führen, die diesem Produkt zugeschrieben werden und der Nachahmung deshalb zugute kommen, weil der Verkehr sie mit dem Original verwechselt (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1995 - I ZR 240/93, GRUR 1996, 210, 212 = WRP 1996, 279 - Vakuumpumpen). Von der Gefahr einer Herkunftstäuschung ist vorliegend aber nicht auszugehen (dazu II 1 e).
42
(2) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine nach § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG unlautere Rufausnutzung allerdings auch ohne Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise auf einer Anlehnung an die fremde Leistung beruhen , die eine erkennbare Bezugnahme auf den Mitbewerber oder seine Produkte erfordert. Die Frage, ob hierdurch eine Gütevorstellung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 1 UWG unangemessen ausgenutzt wird, ist jeweils im Wege einer Gesamtwürdigung zu beantworten, bei der alle relevanten Umstände des Einzelfalls , insbesondere der Grad der Anlehnung sowie die Stärke des Rufs des nachgeahmten Produkts, zu berücksichtigen sind. Dabei kann grundsätzlich schon die Annäherung an die verkehrsbekannten Merkmale eines fremden Produkts als solche zu einer für die Annahme einer Rufausbeutung erforderlichen Übertragung der Gütevorstellung führen. Allerdings reicht für eine Rufausbeutung nicht aus, wenn lediglich Assoziationen an ein fremdes Produkt und damit Aufmerksamkeit erweckt werden (vgl. BGHZ 161, 204, 214 - Klemmbausteine III). Dasselbe gilt, wenn der Nachahmende nach Ablauf eines Patentschutzes des Originalherstellers beim Eindringen in dessen Markt die angesprochenen Verkehrskreise durch eine gegenüber dem Original unterscheidbare Kennzeichnung unmissverständlich darüber informiert, dass sich das nachgeahmte Produkt vom Original unterscheidet (vgl. BGHZ 161, 204, 215 - Klemmbausteine III).
43
Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen und hat zu Recht angenommen , dass in Anbetracht der fehlenden Herkunftstäuschung die Interessen der Beklagten, eine nach dem freien Stand der Technik und den mit dem Vorbild gewonnenen Erfahrungen angemessene Gestaltung nachahmen zu dürfen, die Interessen der Klägerin überwiegen, nach Ablauf des Sonderrechts- schutzes als einziger Hersteller ein der äußeren Gestaltung ihres Femur-Teils "SPII" entsprechendes Produkt anzubieten.
44
g) Das Berufungsgericht hat jedoch eine unangemessene Beeinträchtigung der Wertschätzung des Femur-Teils "SPII" der Klägerin i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 2 UWG rechtsfehlerhaft verneint.
45
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, eine Beeinträchtigung des Rufs des Femur-Teils der Klägerin sei mangels Herkunftstäuschung ausgeschlossen. Die Ärzte erwarteten nicht, dass das Nachahmerprodukt qualitativ dem Original entspreche, sondern nur, dass es die an ein Medizinprodukt zu stellenden Anforderungen erfülle. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu hohe Anforderungen an eine unangemessene Rufbeeinträchtigung gestellt.
46
bb) Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob - wie die Klägerin geltend macht - das Femur-Teil "AS-PLUS" der Beklagten aufgrund der Gussqualität negativ von demjenigen der Klägerin abweicht, es nicht dem Stand der Technik entspricht und die Verwendungszeiten des von der Klägerin angebotenen Produkts nicht erreicht werden oder ob es - wie von der Beklagten vorgetragen - qualitativ dem Produkt der Klägerin zumindest entspricht. Für das Revisionsverfahren ist daher zugunsten der Klägerin zu unterstellen , dass das Femur-Teil "AS-PLUS" der Beklagten die Gussqualität des Produkts der Klägerin nicht erreicht, hinter dem Stand der Technik zurückbleibt und seine Verwendungszeiten kürzer ausfallen als beim Produkt der Klägerin. In diesem Fall liegen die Voraussetzungen einer unangemessenen Rufbeeinträchtigung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b Fall 2 UWG vor.
47
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts ist auf der Grundlage des Vortrags der Parteien nicht von einer Erwartung der angesprochenen Verkehrskreise auszugehen, dass das nahezu identische Femur-Teil der Beklagten qualitativ hinter demjenigen der Klägerin zurückbleibt.
48
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Fachkreise brächten dem Produkt der Klägerin die Wertschätzung entgegen, weil es von einem renommierten Hersteller von Medizinprodukten stamme, dessen bisheriges Wirken und dessen Unternehmenstradition für eine optimale Verarbeitungsqualität bürge. Den Fachkreisen sei bekannt, dass Nachahmungen nicht die Qualität des Vorbilds aufwiesen. Vielmehr stellten sie in Rechnung, dass die Nachahmung vorliegend in Gussqualität und Oberflächenbearbeitung hinter dem Originalprodukt zurückbleiben könne. Diese Feststellungen zum Verkehrsverständnis hat das Berufungsgericht nicht verfahrensfehlerfrei getroffen.
49
Die Revision rügt zu Recht, dass die Feststellungen des Berufungsgerichts keine Stütze im Parteivortrag haben. Die Klägerin hatte vielmehr geltend gemacht, dass eine Übertragung von Gütevorstellungen bei einem nahezu identischen Nachbau zwangsläufig stattfindet. Gegenteiliges folgt nicht aus dem von der Revisionserwiderung in diesem Zusammenhang angeführten Vortrag der Klägerin. Dieser betraf eine Herkunftstäuschung des Klinikpersonals und befasste sich nicht mit gegenüber dem Original geringeren Qualitätserwartungen der Fachkreise bei Nachahmungen. Die Beklagte, die ihre Endoprothese als mindestens gleichwertig im Verhältnis zum Produkt der Klägerin ansieht, hatte dagegen geltend gemacht, die Leistungsfähigkeit einer HüftgelenkEndoprothese beruhe insbesondere auf der konkreten Formgebung; die Qualität des Materials sei nur eines von vielen Kriterien für die Leistungsfähigkeit der Endoprothese. Ist nach diesem Parteivortrag davon auszugehen, dass die äußere Form der in Rede stehenden Femur-Teile für deren Leistungsfähigkeit be- sonders bedeutsam ist, ist auch von der von der Klägerin angenommenen Übertragung negativer Qualitätsvorstellungen von dem in der äußeren Form nahezu identischen Produkt der Beklagten auf dasjenige der Klägerin auszugehen.
50
Das Berufungsgericht hat seine gegenteiligen Feststellungen zur Verkehrsauffassung nicht verfahrensfehlerfrei getroffen. Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses beruht auf einer Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens (vgl. BGHZ 156, 250, 254 - Marktführerschaft; BGH, Urt. v. 29.3.2007 - I ZR 122/04, GRUR 2007, 1079 Tz. 36 = WRP 2007, 1346 - Bundesdruckerei ). Das Berufungsgericht hat jedoch nicht dargelegt, dass es in dem hier in Rede stehenden Bereich der Endoprothetik über spezielles Erfahrungswissen verfügt. Es konnte daher nicht unabhängig vom Parteivortrag die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise feststellen.
51
Da der gute Ruf des Produkts der Klägerin auf dessen Qualität beruht, wird er unangemessen beeinträchtigt, wenn ein nahezu identisches Produkt nicht denselben oder jedenfalls im Wesentlichen denselben Qualitätsmaßstäben genügt, die der Originalhersteller durch seine Ware gesetzt hat (vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 526 f. = WRP 2000, 493 - Modulgerüst).
52
2. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche nach § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 4 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1 MPG zutreffend verneint. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 MPG ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit einer irreführenden Aufmachung versehen sind. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MPG liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben.
53
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass es aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds des Femur-Teils "AS-PLUS" der Beklagten, der voroperativen Planung und der auf den Schäften eingravierten Angaben nicht zu Verwechslungen der Produkte der Parteien kommt. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision greifen nicht durch, weil nicht nur in der Erwerbssituation, sondern auch in der Operationsphase eine Verwechslungsgefahr zwischen den von den Parteien vertriebenen Femur-Teilen nicht besteht (dazu II 1 e bb (2)).
54
b) Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte ihrem Produkt "AS-PLUS" keine Leistung beigelegt hat, über die es nicht verfügt. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, ein Großteil des Fachpersonals werde bei der Endoprothese der Beklagten annehmen, den Bautyp vor sich zu haben, der in Langzeitstudien exzellente Ergebnisse erzielt habe. Einer derartigen Annahme steht entgegen, dass das mit der Beschaffung und Implantation der Endoprothese befasste Fachpersonal die unterschiedlich gekennzeichneten Erzeugnisse der Parteien nicht verwechselt.
55
3. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Ansprüche zu Recht auch nicht aus den Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes für begründet erachtet.
56
a) Nach § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG liegt eine Irreführung vor, wenn Medizinprodukten eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen aus denselben Gründen nicht vor, aus denen auch der insoweit inhaltsgleiche § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 MPG nicht eingreift (dazu II 2 b).
57
b) Die Revision macht weiter geltend, die von der Klägerin verfolgten Ansprüche ergäben sich auch aus § 6 Nr. 2 HWG. Die Beklagte habe durch Wer- beaussagen und durch das Aussehen ihres Femur-Teils auf die in Fachkreisen bekannte "Schweden-Studie" Bezug genommen, ohne klarzustellen, dass der Betrachter nicht das Produkt vor sich habe, das die langjährigen Erfolge erzielt habe.
58
Auch dieser Revisionsangriff hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat sich mit den Voraussetzungen des § 6 Nr. 2 HWG zwar nicht befasst. Der Senat kann aufgrund des feststehenden Sachverhalts aber selbst in der Sache entscheiden, weil weitergehende Feststellungen nicht zu erwarten sind. Danach liegen die Voraussetzungen des § 6 Nr. 2 HWG nicht vor. Die Werbeaussagen der Beklagten zu den Ergebnissen der wissenschaftlichen Langzeitstudie in Schweden sind nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits, nachdem die Beklagte bereits erstinstanzlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat und die Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.
59
Die Beklagte nimmt durch die nahezu identische Produktkennzeichnung nicht konkludent Bezug auf die Ergebnisse des Produkts der Klägerin in der Langzeitstudie in Schweden. Da die Fachkreise aufgrund der unterschiedlichen Kennzeichnung keiner Herkunftstäuschung bei den Produkten der Parteien unterliegen , liegt in der Gestaltung des Femur-Teils "AS-PLUS" der Beklagten allein keine - auch keine schlüssige - Bezugnahme auf die wissenschaftliche Studie aus Schweden, die sich zur Hüftgelenks-Prothese "SPII" der Klägerin verhält.
60
III. Das Berufungsurteil kann daher nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug die notwendigen Feststellungen dazu zu treffen haben, ob das beanstandete Produkt der Beklagten nicht denselben oder jedenfalls nicht im Wesentlichen denselben Qualitätsmaßstäben entspricht wie das Erzeugnis der Klägerin.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 04.07.2006 - 407 O 13/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 24.07.2008 - 3 U 2/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Apr. 2010 - I ZR 145/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 15. Apr. 2010 - I ZR 145/08

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 8 Beseitigung und Unterlassung


(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider
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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

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(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwider

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 3 Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen


(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig. (2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtscha

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 4 Mitbewerberschutz


Unlauter handelt, wer 1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerb

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist 1. „geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Die

Gesetz über Medizinprodukte


Medizinproduktegesetz - MPG

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG 2004 | § 9 Schadensersatz


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige g

Heilmittelwerbegesetz - HeilMWerbG | § 3


Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, 1. wenn Arzneimitteln, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht h

Heilmittelwerbegesetz - HeilMWerbG | § 6


Unzulässig ist eine Werbung, wenn 1. Gutachten oder Zeugnisse veröffentlicht oder erwähnt werden, die nicht von wissenschaftlich oder fachlich hierzu berufenen Personen erstattet worden sind und nicht die Angabe des Namens, Berufes und Wohnortes der

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2011 - I ZR 192/09

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Referenzen

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,

1.
wenn Arzneimitteln, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,
2.
wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, daß
a)
ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann,
b)
bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
c)
die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird,
3.
wenn unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben
a)
über die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Arzneimitteln, Gegenständen oder anderen Mitteln oder über die Art und Weise der Verfahren oder Behandlungen oder
b)
über die Person, Vorbildung, Befähigung oder Erfolge des Herstellers, Erfinders oder der für sie tätigen oder tätig gewesenen Personen
gemacht werden.

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.

(3) Gegen verantwortliche Personen von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nach den Absätzen 1 und 2 nur bei einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung geltend gemacht werden.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 124/06 Verkündet am:
28. Mai 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
LIKEaBIKE
Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses hängt von dem Gesamteindruck
ab, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen
Erzeugnisses vermitteln. Sie kann daher durch Gestaltungsmerkmale verstärkt
oder begründet werden, die für sich genommen nicht geeignet sind, im
Verkehr auf die Herkunft des Erzeugnisses aus einem bestimmten Unternehmen
hinzuweisen.
Die Übernahme von Merkmalen eines Erzeugnisses, die dem freizuhaltenden
Stand der Technik angehören und der angemessenen Lösung einer technischen
Aufgabe dienen, kann wettbewerbsrechtlich unlauter sein, wenn eine
dadurch hervorgerufene Gefahr einer Herkunftstäuschung durch zumutbare
Maßnahmen zu vermeiden ist.
BGH, Urteil vom 28. Mai 2009 - I ZR 124/06 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Koch und Gröning

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. Juni 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt unter der Bezeichnung „LIKEaBIKE“ aus Holz gefertigte Laufräder für Kinder.
2
Sie begann im Jahr 1998 mit dem Verkauf des - nachfolgend abgebildeten - Modells „race“. Dieses Modell entspricht dem für den Geschäftsführer der Klägerin R. M. mit Priorität vom 22. Mai 1997 eingetragenen internationalen Geschmacksmuster DM 040 209. Er hat der Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Geschmacksmuster eingeräumt.
3
Im Jahr 2000 brachte die Klägerin das Modell „mountain“ auf den Markt. Für dieses Modell wurde ihr im Jahr 2003 ein Design-Preis verliehen. Seit Oktober 2004 liefert sie dieses - nachfolgend abgebildete - Laufrad mit roten Lenkergummigriffen und farblich darauf abgestimmtem Sattelbezug aus.


4
In den Jahren 2002 und 2003 brachte die Klägerin zwei weitere Modelle heraus. Mit ihren Laufrädern hat sie bis Oktober 2004 einen Umsatz von rund 7,5 Mio. € erzielt; davon entfallen etwa 5,6 Mio. € auf das Modell „mountain“.
5
Die Beklagte vertreibt unter der Bezeichnung „bykie“ gleichfalls ein aus Holz gefertigtes Laufrad für Kinder. Dieses - nachfolgend abgebildete - Laufrad wurde frühestens im November 2004 erstmals in deutschen Supermärkten, nämlich in den zur REWE-Gruppe gehörenden Penny-Märkten, zum Kauf angeboten.
6
Das Laufrad „LIKEaBIKE mountain“ der Klägerin und das Laufrad „bykie“ der Beklagten sind auf der nachfolgenden Abbildung einander gegenübergestellt :
7
Die Klägerin hält das Holzlaufrad „bykie“ für eine unzulässige Nachahmung des eingetragenen Geschmacksmusters und eine wettbewerbsrechtlich unlautere Nachahmung ihres Modells „mountain“. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung , Auskunftserteilung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht und Erstattung von Anwaltskosten in Anspruch genommen.
8
Die Beklagte und ihre Streithelfer - die Patentanwälte, die sie bei der Gestaltung ihres Modells „bykie“ beraten haben - sind dem entgegengetreten.
9
Das Landgericht hat die Beklagte - bis auf einen geringen Teil der Anwaltskosten - antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte und ihre Streithelfer beantragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klage sei weder unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes noch aus dem eingetragenen Geschmacksmuster begründet. Es hat hierzu ausgeführt:
11
Das Laufrad „bykie“ stelle keine Nachahmung des Laufrads „mountain“ dar, die eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführe. Das Laufrad „mountain“ habe allerdings wettbewerbliche Eigenart. Insbesondere präge die Gestaltung des Holzrahmens mit vorn rundlichen und nach hinten spitz zulaufenden Rahmenhälften, die nach vorn durch die Öffnung des Gabelkopfes träten und nach hinten schräg nach unten in Richtung der Hinterachse verliefen, den Gesamteindruck. Das nachgeahmte Erzeugnis habe bei den maßgeblichen Verkehrskreisen auch eine gewisse Bekanntheit erreicht. Davon sei aufgrund der Verkaufsstückzahlen und der Umsätze auszugehen. Das Laufrad „bykie“ ahme das Laufrad „mountain“ jedoch nicht in einer Weise nach, dass es zu Herkunftstäuschungen komme. Die übernommenen Gestaltungsmerkmale seien nicht geeignet, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Der maßgebliche Gesamteindruck und die wettbewerbliche Eigenart würden durch die Gestaltung des Holzrahmens bedingt. Das Modell der Klägerin vermittle den Eindruck von Tempo und Rasanz; bei der Ausgestaltung habe der Gedanke, den Luftwiderstand gering zu halten, eine Rolle gespielt. Demgegenüber wirke der Rahmen des Laufrads der Beklagten eher verspielt und verschnörkelt, indem er abwechselnd breiter und wieder schmaler werde. Zum Hinterrad ende er nicht fast spitz, sondern in einer breiten Rundung, die dem Betrachter im Zusammenhang mit der Befestigungsschraube den Eindruck eines Tierkopfes vermittle. Ein gewisser- maßen identischer Nachbau in den wettbewerblich eigenartigen Bestandteilen sei daher nicht festzustellen.
12
Auf die in der Klageschrift angeführten Ansprüche aus dem Geschmacksmuster sei die Klägerin zweitinstanzlich nicht mehr zurückgekommen. Solche Ansprüche schieden aus, weil das dem Muster zugrunde liegende Modell „race“ zu dem Laufrad „bykie“ einen noch größeren gestalterischen Abstand aufweise, als das Modell „mountain“.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat Erfolg.
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1. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Ansprüche verneint hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
15
a) Hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen ist zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und den Ansprüchen auf Auskunftserteilung und Schadensersatz andererseits zu unterscheiden. Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949; im Folgenden: UWG 2008) anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten auch zur Zeit der Begehung - also zur Zeit des Angebots des Laufrads „bykie“ frühestens im November 2004 - nach der am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 1414; im Folgenden UWG 2004) wettbewerbswidrig war. Dagegen kommt es für die Frage, ob der Klägerin ein Schadensersatz- anspruch und - als Hilfsanspruch zu dessen Durchsetzung - ein Auskunftsanspruch zusteht, auf das zur Zeit der beanstandeten Handlungen geltende Recht an (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 9.10.2008 - I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Tz. 25 = WRP 2009, 76 - Gebäckpresse).
16
Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage ist allerdings nicht eingetreten, so dass im Folgenden zwischen altem und neuem Recht nicht unterschieden zu werden braucht. Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall ohne Bedeutung; das beanstandete Verhalten der Beklagten ist sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG 2008. Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 UWG) und des Schadensersatzanspruchs (§ 9 Satz 1 UWG) sind gleich geblieben. Die Vorschrift des § 4 Nr. 9 UWG über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gilt ebenfalls unverändert fort.
17
Die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung des § 4 Nr. 9 UWG nicht entgegen (vgl. Köhler, GRUR 2009, 445, 447 ff.). Sie bezweckt zwar eine vollständige Angleichung des Rechts der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken und lässt in ihrem Anwendungsbereich daher - von ausdrücklich genannten Ausnahmen abgesehen - weder mildere noch strengere nationale Regelungen zu. Sie erfasst jedoch nur unlautere Geschäftspraktiken, die die wirtschaftlichen Interessen von Verbrauchern beeinträchtigen (Art. 1, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie). Dem entsprechend bezwecken die drei Tatbestände der Richtlinie, die jedenfalls auch den Vertrieb von Produktnachahmungen erfassen (Art. 6 Abs. 1 lit. b [„kommerzielle Herkunft“ ], Art. 6 Abs. 2 lit. a und Nr. 13 des Anhangs I), ebenso wie die diese Regelungen umsetzenden Bestimmungen des UWG (§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 [„be- http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306102003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1bx1/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=10&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306252002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1bx1/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1bx1/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1bx1/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE314252005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE320442006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## - 10 - triebliche Herkunft“], § 5 Abs. 2 und Nr. 13 des Anhangs zu § 3 Abs. 3) den Verbraucherschutz. Die Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG gegen unlauteres Nachahmen eines Erzeugnisses dienen dagegen vorrangig dem Schutz der individuellen Leistung des Herstellers und daneben dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (BGH, Urt. v. 24.5.2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 23 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege). Damit liegt die Vorschrift des § 4 Nr. 9 UWG außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie und bleibt von dieser unberührt (vgl. Begründung zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 16/10145, S. 17).
18
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen der Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen von Ansprüchen aus einem Geschmacksmusterrecht gegeben sein können, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen. Die Klägerin begründet ihren wettbewerbsrechtlichen Anspruch damit, dass die Beklagte die Merkmale ihres Laufrads „mountain“ übernommen habe, die dessen wettbewerbliche Eigenart begründen, und dadurch die Abnehmer über die betriebliche Herkunft des Laufrads „bykie“ in vermeidbarer Weise getäuscht habe. Sie macht damit Begleitumstände geltend, die nicht in den Schutzbereich des Geschmacksmusterrechts fallen (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 631 = WRP 2002, 1058 - Blendsegel; Urt. v. 12.12.2002 - I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 360 = WRP 2003, 496 - Pflegebett; Urt. v. 10.1.2008 - I ZR 67/05, GRUR 2008, 790 Tz. 35 = WRP 2008, 1234 - Baugruppe; vgl. zum Verhältnis des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes zum Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz BGH, Urt. v. 15.9.2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79 Tz. 18 = WRP 2006, 75 - Jeans I; Beschl. v. 19.1.2006 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 346 Tz. 7 = http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/195g/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=5&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE312852007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/195g/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/195g/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313382008&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306012007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306012007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## - 11 - WRP 2006, 467 - Jeans II; BGH GRUR 2009, 79 Tz. 26 - Gebäckpresse; zum Markenschutz BGH, Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 23 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern; Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 123/05, GRUR 2008, 793 Tz. 26 = WRP 2008, 1196 - Rillenkoffer).
19
c) Wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers darstellen, handelt nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG unlauter, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt.
20
Durch die Bestimmung des § 4 Nr. 9 UWG 2004 ist der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz lediglich gesetzlich geregelt, nicht aber inhaltlich geändert worden, so dass die von der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätze weiterhin gelten (vgl. BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen; Urt. v. 11.1.2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 19 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen ; BGH GRUR 2008, 793 Tz. 25 - Rillenkoffer; BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 170/05, GRUR 2008, 1115 Tz. 17 = WRP 2008, 1510 - ICON; BGH GRUR 2009, 79 Tz. 25 - Gebäckpresse).
21
Danach kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart , der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2009, 79 Tz. 27 - Gebäckpresse). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
22
d) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass das Laufrad „LIKEaBIKE mountain“ der Klägerin über wettbewerbliche Eigenart verfügt.
23
aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2008, 1115 Tz. 20 - ICON ).
24
bb) Das Berufungsgericht hat, von der Revision insoweit unbeanstandet, insbesondere in der Gestaltung des Holzrahmens ein Merkmal des Laufrads „LIKEaBIKE mountain“ gesehen, das diesem wettbewerbliche Eigenart verleiht. Es hat hierzu ausgeführt, die Gestaltung des Holzrahmens mit vorne rundlichen und nach hinten spitz zulaufenden Rahmenhälften, die nach vorne durch die Öffnung des Gabelkopfes träten und nach hinten schräg nach unten in Richtung der Hinterachse verliefen, präge den Gesamteindruck dieses Laufrads. Die Rahmenhälften vermittelten dem Betrachter dadurch, dass sie vom Lenker bis zum Hinterrad immer schmaler würden, den Eindruck von windschnittiger Schnelligkeit, der noch dadurch verstärkt werde, dass der gebogene Sattel mit tieferliegender Sitzfläche und der nachfolgende Schmutzabweiser eine schwingende Linie bildeten.
25
cc) Entgegen der Darstellung der Revision hat das Berufungsgericht berücksichtigt , dass für das Laufrad der Klägerin nicht nur der Rahmen, sondern http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313132002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313132002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## - 13 - auch die flächige Lenkergabel mit der Durchtrittsöffnung charakteristisch ist, durch die die beiden in diesem Bereich aneinanderliegenden, vorn rundlichen Rahmenhälften hindurchtreten. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, auch diese Gestaltung des Gabelkopfes könne die wettbewerbliche Eigenart des Laufrads der Klägerin begründen, auch wenn ihr die wichtige Funktion zukomme, ein völliges Versteuern zu verhindern.
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dd) Die Revisionserwiderung macht vergeblich geltend, die Nutzung allein des technischen Prinzips eines durch den Gabelkopf nach vorne hindurchragenden Rahmens, durch den ein zu starkes Einschlagen des Lenkers verhindert werde, könne der Beklagten selbst dann nicht untersagt werden, wenn es andere Möglichkeiten gebe, dieses Ziel zu erreichen. Der ergänzende Leistungsschutz für technische Erzeugnisse sei dadurch beschränkt, dass nicht nur technisch notwendige, sondern auch angemessene technische Lösungen nach Ablauf hierfür bestehender Sonderschutzrechte frei wählbar seien.
27
Technisch notwendige Merkmale - also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen - können allerdings aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale ist mit Rücksicht auf den Grundsatz der Freiheit des Standes der Technik wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei wählbar oder austauschbar sind, einem Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart verleihen (BGH, Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 822 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen ; BGH GRUR 2003, 359, 360 - Pflegebett; BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 602 = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; BGH GRUR 2007, 339 Tz. 27 - Stufenleitern; GRUR 2007, 984 Tz. 20 - Gartenliege; GRUR 2008, 1234 Tz. 36 - Baugruppe). Die Übernahme derarti- http://www.juris.de/jportal/portal/t/6em/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311282005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6x7/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/6em/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE312852007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 14 - ger Gestaltungsmerkmale ist auch - anders als die Revisionserwiderung wohl meint - wettbewerbsrechtlich nicht stets zulässig. Die Übernahme von Merkmalen , die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und - unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks, der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung - der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen, kann zwar grundsätzlich nicht als wettbewerbsrechtlich unlauter angesehen werden (BGH GRUR 2002, 820, 822 - Bremszangen; GRUR 2005, 600, 603 - Handtuchklemmen; GRUR 2007, 984 Tz. 35 - Gartenliege). Dies gilt aber nur, wenn eine durch die Übernahme solcher Merkmale hervorgerufene Gefahr einer Herkunftstäuschung durch zumutbare Maßnahmen nicht zu vermeiden ist (BGH, Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 90 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter; BGH GRUR 2003, 359, 361 - Pflegebett; GRUR 2007, 339 Tz. 44 - Stufenleitern).
28
Nach den von den Parteien nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts ist die für das Laufrad „LIKEaBIKE mountain“ gewählte Gestaltung des Gabelkopfes technisch nicht zwingend notwendig, um ein zu starkes Einschlagen des Lenkers zu verhindern. Die vorgelegten Modelle des wettbewerblichen Umfelds zeigen vielmehr, dass es hierfür auch zahlreiche andere technische Lösungen gibt. Die Gestaltung des Gabelkopfes kann daher zur wettbewerblichen Eigenart des Laufrads der Klägerin beitragen.
29
e) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , das Laufrad „mountain“ der Klägerin werde durch das Laufrad „bykie“ der Beklagten nicht in einer Weise nachgeahmt, dass es zu vermeidbaren Herkunftstäuschungen komme.
30
aa) Die tatrichterliche Beurteilung, ob das Angebot einer nachahmenden Ware oder Dienstleistung eine Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt, ist in der Revisionsinstanz nur darauf zu prüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist, den Sachvortrag umfassend berücksichtigt hat und keine Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen (vgl. BGH GRUR 2007, 795 Tz. 31 - Handtaschen). Solche Fehler liegen hier vor. Das Berufungsgericht hat sowohl den Grad der wettbewerblichen Eigenart des Laufrads der Klägerin (dazu bb) als auch die Intensität der Übernahme der die wettbewerbliche Eigenart des Laufrads der Klägerin begründenden Merkmale durch das Laufrad der Beklagten (dazu cc) rechtsfehlerhaft bestimmt. Damit fehlt seiner Beurteilung, die Gefahr einer Herkunftstäuschung bestehe nicht, die Grundlage.
31
bb) Das Berufungsgericht hat den Grad der wettbewerblichen Eigenart des Laufrads der Klägerin nicht zutreffend bestimmt.
32
(1) Das Berufungsgericht ist zwar mit Recht davon ausgegangen, dass zur Bestimmung des Grades der wettbewerblichen Eigenart auf den Gesamteindruck des nachgeahmten Erzeugnisses abzustellen ist. Die Revision rügt jedoch mit Erfolg, dass das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung tatsächlich nicht auf den Gesamteindruck des Laufrads „mountain“ abgestellt, sondern einzelne lediglich mitprägende Gestaltungselemente herausgegriffen und andere wesentliche Gestaltungselemente außer Acht gelassen hat.
33
Das Berufungsgericht hat angenommen, der maßgebliche Gesamteindruck und die wettbewerbliche Eigenart des Laufrads „LIKEaBIKE mountain“ würden ausschlaggebend durch die Gestaltung des Holzrahmens geprägt. Die bei den Laufrädern „montain“ und „bykie“ übereinstimmende Form der sich unterhalb des Rahmens nach unten verjüngenden Sattelstütze, die fast identische Form des Schmutzabweisers hinter dem Sattel, die jeweils vollflächigen Holzfelgen und die gleichartige Farbgebung bei den Lenkergummigriffen und dem http://www.juris.de/jportal/portal/t/195g/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=5&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311282005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/195g/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=5&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311282005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - Sattelbezug hat das Berufungsgericht - anders als das Landgericht - dagegen ganz bewusst nicht zur Bestimmung der wettbewerblichen Eigenart herangezogen.
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Damit hat das Berufungsgericht wesentliche Besonderheiten, die das Klagemodell als Ganzes ausmachen, nicht in den Blick genommen. Es hat nicht berücksichtigt, dass der Gesamteindruck eines Erzeugnisses durch Gestaltungsmerkmale bestimmt oder mitbestimmt werden kann, die für sich genommen nicht geeignet sind, im Verkehr auf dessen Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen. Derartige Gestaltungsmerkmale können in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen , da diese von dem Gesamteindruck abhängt, den die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des jeweiligen Erzeugnisses vermitteln.
35
(2) Die Revision rügt weiter mit Erfolg, das Berufungsgericht habe die Feststellungen des Landgerichts und das Vorbringen der Klägerin zur Bekanntheit der Laufräder der Klägerin nicht erschöpfend berücksichtigt. Die Bekanntheit des nachgeahmten Produkts ist für die Frage einer vermeidbaren Herkunftstäuschung unter zwei Gesichtspunkten von Bedeutung:
36
Zum einen setzt die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses, sofern nicht Original und Nachahmung nebeneinander vertrieben werden und der Verkehr damit beide Produkte unmittelbar miteinander vergleichen kann, voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat; insoweit genügt bereits eine Bekanntheit, bei der sich die Gefahr der Herkunftstäuschung in noch relevantem Umfang ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (BGH GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen; GRUR 2006, 79 Tz. 35 - Jeans I; GRUR 2007, http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE306422007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE309359700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/11cu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/195g/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=5&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311282005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 17 - 339 Tz. 39 - Stufenleitern; GRUR 2007, 984 Tz. 34 - Gartenliege; GRUR 2009, 79 Tz. 35 - Gebäckpresse). Das Berufungsgericht hat - von der Revision insoweit unbeanstandet - angenommen, das Laufrad der Klägerin „LIKEaBIKE mountain“ habe die danach zur Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung erforderliche Bekanntheit bei den maßgeblichen Verkehrskreisen erlangt.
37
Zum anderen kann der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (BGH, Urt. v. 17.10.1996 - I ZR 153/94, GRUR 1997, 308, 310 = WRP 1997, 306 - Wärme fürs Leben; Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung; BGH GRUR 2003, 359, 360 - Pflegebett; GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen; GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen; GRUR 2007, 984 Tz. 28 - Gartenliege). Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht dies nicht berücksichtigt und sich insoweit nicht mit den Feststellungen des Landgerichts und dem Vorbringen der Klägerin zur Bekanntheit ihrer Laufräder auseinandergesetzt hat. Das Landgericht , dem sich das Berufungsgericht hinsichtlich der Beweiswürdigung zur Bekanntheit des Laufrads „LIKEaBIKE mountain“ ausdrücklich angeschlossen hat, hat diesem Laufrad mit eingehender Begründung nicht nur eine „gewisse“, sondern eine „beachtliche“ Bekanntheit zugebilligt. Die Klägerin hat zudem - von der Beklagten unbestritten - vorgetragen, dass sie der Pionier auf dem Markt für Kinderlaufräder sei und ihre Laufräder in der Presse und in Bonusprogrammen in großem Umfang werblich präsent seien. Das Berufungsgericht hat - rechtsfehlerhaft - nicht geprüft, ob sich aus diesen Umständen eine gesteigerte Bekanntheit und damit eine erhöhte wettbewerbliche Eigenart des Laufrads der Klägerin ergibt. http://www.juris.de/jportal/portal/t/1cva/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1cva/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1aek/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1aek/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1aek/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1aek/## - 18 -
38
cc) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus die Intensität der Übernahme der die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmale des Laufrads der Klägerin durch das Laufrad der Beklagten und damit die für die Gefahr einer Herkunftstäuschung maßgebliche Ähnlichkeit beider Laufräder rechtsfehlerhaft bestimmt.
39
(1) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es bei der Beurteilung der Ähnlichkeit auf die Gesamtwirkung der einander gegenüberstehenden Produkte ankommt. Denn der Verkehr nimmt ein Produkt in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen wahr, ohne es einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2001, 251, 253 - Messerkennzeichnung; GRUR 2002, 629, 632 - Blendsegel; GRUR 2005, 166, 168 - Puppenausstattungen; GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen; GRUR 2007, 795 Tz. 32 - Handtaschen).
40
Das Berufungsgericht hat jedoch tatsächlich nur einzelne Elemente beider Laufräder in seine Betrachtung einbezogen und miteinander verglichen. Es hat ausgeführt, dass der Holzrahmen des Modells der Klägerin den Eindruck von Tempo und Rasanz vermittle, während der Rahmen des Laufrads der Beklagten eher verspielt und verschnörkelt wirke. Wenn bei dem Laufrad der Klägerin die Füllung der Felge mit einer Holzfläche als wettbewerblich eigenartig angeführt werden könne, müsse auch ins Gewicht fallen, dass das Laufrad der Beklagten dort neben der ovalen Öffnung, die zur Bedienung des Ventils freigehalten sei, zwei weitere kreisrunde Löcher ohne Funktion aufweise. Ferner falle ins Auge, dass zur Befestigung der Sattelstütze das Modell „mountain“ nur zwei Schrauben aufweise, während das Modell „bykie“ mit drei unübersehbaren Schrauben versehen sei. Werde der Lenkgriff als wettbewerblich eigenartig in die Betrachtung einbezogen, könne nicht außer Acht bleiben, dass er sich beim Modell der Klägerin mittig zum Fahrer hin verbreitere, beim Laufrad der Beklag- ten dagegen völlig gerade gehalten sei. Bei einem frontalen Blick auf den Lenkgriff zeige sich dem Betrachter beim Laufrad „mountain“ die gerade Führung, während er beim Laufrad „bykie“ die runde Gestaltung wahrnehme. Auch Sattel und Schmutzabweiser seien bei beiden Produkten nicht quasi identisch geformt ; die Sitzfläche des Sattels sei beim Modell „mountain“ in der Mitte nach unten gebogen, während sie beim Modell „bykie“ - ebenso wie der Schmutzabweiser - gerade sei. Damit hat das Berufungsgericht sich von seinem zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt gelöst und nicht den Gesamteindruck, sondern einzelne Gestaltungsmerkmale miteinander verglichen, um den Grad der Ähnlichkeit der beiden Laufräder zu bestimmen.
41
(2) Das Berufungsgericht hat darüber hinaus vernachlässigt, dass es bei der Beurteilung der Herkunftstäuschung weniger auf die Unterschiede und mehr auf die Übereinstimmungen der Produkte ankommt. Dies folgt aus dem Erfahrungssatz , dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt, in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten als die unterscheidenden (st. Rspr.; vgl. nur BGH GRUR 2007, 795 Tz. 34 - Handtaschen).
42
Das Berufungsgericht hat daher auch in diesem Zusammenhang rechtsfehlerhaft die bei beiden Laufrädern übereinstimmende Form der sich unterhalb des Rahmens nach unten verjüngenden Sattelstütze, die fast identische Form des Schmutzabweisers hinter dem Sattel, die jeweils vollflächigen Holzfelgen und die gleichartige Farbgebung bei den Lenkergummigriffen und beim Sattelbezug nicht hinreichend berücksichtigt, die - wie unter II 1 e bb (1) ausgeführt - die wettbewerbliche Eigenart des Laufrads der Klägerin verstärken.
43
(3) Das Berufungsgericht hat dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass auf den Holzrahmen die jeweiligen Markennamen „LIKEaBIKE“ sowie „bykie“ angebracht seien. Auch wenn die beiden Bezeichnungen in Teilen klanglich ähnlich seien, bestehe mit Blick auf die unterschiedliche Größe der Buchstaben, die Verwendung eines anderen Schrifttyps und die Art, wie bei dem Laufrad der Beklagten die Bezeichnung (mit Brechungen) eingekreist und auf diese Weise insgesamt zu einem Logo gestaltet worden sei, eine erhebliche optische Verschiedenheit. Auch diese Beurteilung ist, wie die Revision mit Recht geltend macht, nicht frei von Rechtsfehlern. Sie berücksichtigt nicht, dass die Bezeichnung „bykie“ der Bezeichnung „LIKEaBIKE“ nicht nur im Klang, sondern auch im Sinn (bike = Fahrrad) ähnelt.
44
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, geschmacksmusterrechtliche Ansprüche schieden aus, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.
45
a) Aus dem vom Berufungsgericht hervorgehobenen Umstand, dass die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr auf die in der Klageschrift angeführten Ansprüche aus dem Geschmacksmusterrecht zurückgekommen ist, kann nicht geschlossen werden, dass sie diese Ansprüche nicht mehr weiterverfolgen wollte. Das Landgericht hat der Klage unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes stattgegeben und ist auf die geltend gemachten Ansprüche aus dem Geschmacksmusterrecht nicht eingegangen. Die Angriffe der Berufung der Beklagten haben sich dementsprechend dagegen gerichtet, dass das Landgericht einen Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz bejaht hat. Die Klägerin hatte daher keinen Anlass, sich in der Berufungsinstanz nochmals zu den geschmacksmusterrechtlichen Ansprüchen zu äußern. Auch das Berufungsgericht http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR039010004BJNE003900000&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR039010004BJNE004301140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR001950896BJNE023502377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/16jw/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR039010004BJNE000200000&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 21 - hat offenbar nicht angenommen, dass die Klägerin diese Ansprüche fallenlassen will; denn es hat geprüft, ob derartige Ansprüche bestehen.
46
b) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können Ansprüche aus Geschmacksmusterrecht nicht verneint werden.
47
aa) Grundlage der Klageanträge auf Unterlassung sowie auf Auskunftserteilung und Schadensersatz, die auf das mit Priorität vom 22. Mai 1997 eingetragene Geschmacksmuster gestützt sind, sind die Bestimmungen der §§ 38, 42, 46 des Geschmacksmustergesetzes in der Fassung des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I, S. 390) i.V. mit § 242 BGB. Das Geschmacksmustergesetz vom 12. März 2004 findet auch auf vor seinem Inkrafttreten angemeldete oder eingetragene Geschmacksmuster Anwendung, soweit sich - wie hier - nicht aufgrund der gesetzlichen Vorschriften des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 etwas anderes ergibt (vgl. BGH GRUR 2008, 790 Tz. 32 - Baugruppe, m.w.N.).
48
bb) Die Schutzfähigkeit des Klagegeschmacksmusters beurteilt sich allerdings noch nach dem Geschmacksmustergesetz in seiner vor dem Inkrafttreten des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I, S. 390) am 1. Juni 2004 geltenden Fassung (vgl. BGH GRUR 2005, 600, 603 - Handtuchklemmen). Auf Geschmacksmuster, die - wie das vorliegende - vor dem 28. Oktober 2001 angemeldet oder eingetragen worden sind, finden nach § 66 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG weiterhin die für sie zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen über die Voraussetzungen der Schutzfähigkeit Anwendung. Im Revisionsverfahren ist zugunsten der Beklagten davon auszugehen, dass das Klagemuster i.S. des § 1 GeschmMG a.F. musterfähig (vgl. BGH GRUR 2008, 790 Tz. 17 - Baugruppe, m.w.N.) sowie i.S. des § 1 Abs. 2 GeschmMG neu und eigentümlich (vgl. BGH GRUR 2008, 790 Tz. 22 - Baugruppe , m.w.N.) ist, weil das Berufungsgericht diese Fragen nicht geprüft hat.
49
cc) Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus dem Klagegeschmacksmuster nur deswegen verneint, weil das Modell „race“ zu dem Laufrad „bykie“ einen noch größeren gestalterischen Abstand habe als das Modell „mountain“. Es hat damit seine Beurteilung von Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz auf die Beurteilung von Ansprüchen aus dem Klagegeschmacksmuster übertragen. Das ist bereits im rechtlichen Ausgangspunkt unrichtig, weil diese Ansprüche unterschiedliche Schutzvoraussetzungen haben und ein Anspruch aus einem Geschmacksmuster - anders als der Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz - nicht voraussetzt, dass die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung besteht. Selbst wenn demnach Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz für das Laufrad „race“ gegen das Angebot des Laufrads „bykie“ ausschieden, weil wegen des gestalterischen Abstands zwischen diesen Laufrädern keine Gefahr einer Herkunftstäuschung bestünde, könnte daraus nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass auch Ansprüche aus einem dem Modell „race“ entsprechenden Geschmacksmuster ausgeschlossen sind.
50
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Koch Gröning
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 06.10.2005 - 31 O 211/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 23.06.2006 - 6 U 201/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 194/06 Verkündet am:
Führinger
11. März 2009
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Geld-zurück-Garantie II
UWG (2008) § 4 Nr. 4

a) Die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG ist mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere
Geschäftspraktiken vereinbar.

b) Bei Verkaufsförderungsmaßnahmen muss der Verbraucher Gelegenheit
haben, sich vor der Kaufentscheidung über zeitliche Befristungen der Aktion
, über eventuelle Beschränkungen des Teilnehmerkreises, über Mindestoder
Maximalabnahmemengen sowie über mögliche weitere Voraussetzungen
für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme zu informieren.

c) In der Fernsehwerbung kann es genügen, die Bedingungen der Inanspruchnahme
einer Verkaufsförderungsmaßnahme nicht vollständig zu nennen
, sondern insoweit auf eine Internetseite zu verweisen; der Hinweis
muss so gestaltet sein, dass er vom Verbraucher ohne Schwierigkeiten erfasst
werden kann.
UWG (2004) § 12 Abs. 1
Die von einem Wettbewerbsverband geltend gemachte Kostenpauschale wird
auch für eine Abmahnung geschuldet, die nur teilweise berechtigt ist.
BGH, Urteil vom 11. März 2009 - I ZR 194/06 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. September 2006 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Klage mit dem Klageantrag zu I 1 hinsichtlich des Produkts AKTIVIA stattgegeben worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V., beanstandet eine Werbung der Beklagten mit einer "Geld-zurückGarantie" für Joghurt-Produkte.
2
Die Beklagte warb am 6. März 2006 im Fernsehen für ihr Produkt "AKTIVIA" mit folgendem Text: http://www.danone.de/ [Link] http://www.actimel.de/ - 3 - Alles Okay? Na ja, ich fühl mich etwas aufgebläht. Das kenn ich, dafür habe ich AKTIVIA, hier mein Vorrat für die 14 Tage Testaktion. 14 Tage Testaktion? Ja, probier mal 14 Tage lang AKTIVIA, denn nur AKTIVIA enthält diese DIGESTIVUM ESSENSIS KULTUR. Der hilft bei täglichem Verzehr nach 14 Tagen die Verdauung natürlich zu regulieren, sogar wissenschaftlich belegt. Bist du sicher? Du, die von Danone versprechen Dir sogar, dass Du Dein Geld zurück kriegst, wenn Du nicht zufrieden bist. Mh, lecker. … und in 14 Tagen geht’s der Verdauung wieder besser. Die 14 Tage Test-Aktion von AKTIVIA mit Geld-zurück-Garantie. Jetzt testen!
3
Am Ende des Werbespots fand sich der Hinweis "Teilnahmebedingungen unter www.danone.de". Nach den Teilnahmebedingungen bekam der Kunde sein Geld zurück, wenn er die Originalkassenbons, die Strichcodes auf der Unterseite der Verpackungen von mindestens 14 und maximal 16 Bechern sowie eine kurze Begründung, warum er nicht zufrieden war, an die Beklagte schickte. Pro Haushalt war nur eine Auszahlung möglich. Außerdem waren der Aktionszeitraum und der Einsendeschluss angegeben.
4
Am 8. März 2006 warb die Beklagte im Fernsehen für ihr Produkt "Actimel" folgendermaßen: Er hat mitgemacht, er auch und sie. Sie haben alle mitgemacht bei den ActimelTestwochen. Trinken Sie 14 Tage Actimel. Damit aktivieren Sie Ihre Abwehrkräfte und Sie fühlen sich besser. Unglaublich! Wir sind uns so sicher, dass Sie Ihr Geld zurückbekommen, sollten Sie nicht zufrieden sein. Garantiert! Die Actimel-Testwochen mit Geld-zurück-Garantie! Machen Sie mit! Und jetzt die Actimel-Testwochen mit Geld-zurück-Garantie. Machen Sie mit!
5
Der Werbespot enthielt keine Angaben, unter welchen Bedingungen der Kunde sein Geld zurückerhält.
6
Das Produkt "Actimel" wurde in einer Umverpackung verkauft, die vier Fläschchen enthielt. Ein Hinweis auf der Außenseite der Umverpackung verwies auf die im Internet unter "www.actimel.de" zu findenden und auf der In- nenseite der Umverpackung abgedruckten Teilnahmebedingungen für die "Geld-zurück-Garantie".
7
Der Kläger hält die Werbung mit der "Geld-zurück-Garantie" für wettbewerbswidrig und hat beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, 1. wie in den der Klageschrift auf DVD beigefügten Werbespots vom 6. März 2006 für das Produkt AKTIVIA und/oder vom 8. März 2006 für das Produkt Actimel mit einer "Geld-zurück-Garantie" zu werben, ohne Angaben dazu zu machen, unter welchen Bedingungen der Kunde die Garantie in Anspruch nehmen kann, und/oder 2. wie nachstehend wiedergegeben mit einer "Geld-zurück-Garantie" zu werben, wenn der Kunde die Bedingungen , unter denen er die Garantie in Anspruch nehmen kann, nur im Internet vorfindet oder nur lesen kann, wenn er die Umverpackung öffnet und den nachstehend wiedergegebenen Text auf der Innenseite der Umverpackung einsehen kann: II. die Beklagte zur Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von 176,56 € nebst Zinsen zu verurteilen.
8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben (OLG München OLG-Rep 2007, 320). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der beanstandeten Werbung gegen das Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG angenommen. Hierzu hat es ausgeführt:
10
Bei den in Rede stehenden Aussagen in den Werbesendungen vom 6. und 8. März 2006 sowie auf der Verpackung des Produkts "Actimel" handele es sich um Verkaufsförderungsmaßnahmen i.S. des § 4 Nr. 4 UWG. Um dem Transparenzgebot zu genügen, hätte - so das Berufungsgericht - darauf hingewiesen werden müssen, von welchen Bedingungen die Inanspruchnahme der "Geld-zurück-Garantie" abhängig sei. Die Angaben auf der Innenseite der Umverpackung des Produkts "Actimel" reichten nicht aus, weil sie nicht vor dem Kaufentschluss zur Kenntnis genommen werden könnten. Die Hinweise im Fernsehwerbespot für das Produkt "AKTIVIA" auf Informationen im Internet seien ebenfalls nicht geeignet, die gebotene Transparenz herzustellen. Die TVWerbung weise bereits auf die Voraussetzung des 14-tägigen Verzehrs hin und enthalte auch sonst ausreichende Sachinformationen, um sich ein Bild über das Angebot zu machen. Jedenfalls in einem solchen Fall müssten die Angaben schon bei Durchführung der Verkaufsförderungsmaßnahme vollständig zur Verfügung stehen, um Fehlvorstellungen zu vermeiden. Im Übrigen verstoße die beanstandete Werbung auch gegen das Irreführungsverbot. Der Verkehr rechne ohne ausdrücklichen Hinweis nicht damit, dass die "Geld-zurück-Garantie" nur unter einschränkenden Voraussetzungen, wie z.B. nur einmal pro Haushalt, gewährt werde.
11
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Revision bleibt ohne Erfolg, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, die Werbung mit der "Geld-zurück-Garantie" für das Produkt "Actimel" auf der Verpackung und in der beanstandeten TV-Werbung zu unterlassen sowie Abmahnkosten zu zahlen. Hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung der beanstandeten TV-Werbung für das Produkt "AKTIVIA" führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
12
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Werbung mit einer "Geldzurück -Garantie" auf der Produktverpackung sei gemäß §§ 3, 4 Nr. 4 UWG unlauter , wenn der Kunde die Bedingungen der Inanspruchnahme der Garantie erst auf der nach Öffnen einsehbaren Innenseite der Verpackung oder unter einer auf der Verpackung angegebenen Internetadresse vorfinde. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
13
a) Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des am 30. Dezember 2008 in Kraft getretenen Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) anzuwenden, mit dem die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken umgesetzt worden ist. Der im Streitfall auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn die beanstandete Verhaltensweise auch schon zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk; Urt. v. 28.6.2007 - I ZR 153/04, GRUR 2008, 186 Tz. 17 = WRP 2008, 220 - Telefonaktion). Demgegenüber kommt es für den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung an (vgl. BGH, Urt. v. 19.4.2007 - I ZR 57/05, GRUR 2007, 981 Tz. 15 = WRP 2007, 1337 - 150% Zinsbonus). Die im vorliegenden Fall maßgebliche Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG hat durch die Umsetzung der Richtlinie keine Änderung erfahren. Es ist deshalb nicht erforderlich, zwischen der vor und nach dem 30. Dezember 2008 geltenden Rechtslage zu unterscheiden.
14
b) Die in § 4 Nr. 4 UWG vorgesehene Pflicht, über die Bedingungen der Inanspruchnahme von Verkaufsförderungsmaßnahmen zu informieren, steht mit der Richtlinie in Einklang.
15
aa) Nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken gilt eine Geschäftspraxis als irreführend, wenn sie wesentliche Informationen vorenthält, die der Verbraucher benötigt, um eine "informierte geschäftliche Entscheidung" zu treffen. Wesentlich sind nach Art. 7 Abs. 5 die Informationsanforderungen , die im Gemeinschaftsrecht in Bezug auf kommerzielle Kommunikation festgelegt sind. Nach Erwägungsgrund 15 der Richtlinie gelten aufgrund der durch die Richtlinie eingeführten vollständigen Angleichung in Bezug auf kommerzielle Kommunikation nur solche Informationen als wesentlich, die sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergeben. Haben die Mitgliedstaaten im Bereich einer gemeinschaftsrechtlichen Mindestharmonisierung weitergehende Informationspflichten eingeführt, kommt das Vorenthalten dieser Informationen nicht ohne weiteres einer Irreführung durch Unterlassen nach der Richtlinie gleich. Soweit besondere gemeinschaftsrechtliche Regelungen fehlen, muss auf die Generalklauseln der Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie zurückgegriffen werden. Insoweit können aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls auch andere als die von Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie erfassten Informationen wesentlich sein.
16
bb) Die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG steht an sich mit Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie im Einklang, weil sie den Anforderungen des Art. 6 lit. c der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr entspricht. Sie geht allerdings deutlich darüber hinaus, weil sie die Anforderungen, die diese Bestimmung für den elektronischen Geschäftsverkehr aufstellt, auf den gesamten Geschäftsverkehr erstreckt. Teilweise wird dies in der Literatur im Hinblick auf den abschließenden Charakter des Art. 7 Abs. 5 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken und das mit dieser Richtlinie verfolgte Ziel der Vollharmonisierung als problematisch angesehen (vgl. Köhler, GRUR 2008, 841, 844; ders., WRP 2009, 109, 117; ders. in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, 27. Aufl., § 4 Rdn. 4.5). Nach anderer Auffassung ist die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG - soweit sie den nichtelektronischen Geschäftsverkehr betrifft - richtlinienkonform, weil sie von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken erfasst wird (vgl. Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 4 Rdn. 8; Steinbeck, WRP 2008, 1046, 1051).
17
cc) § 4 Nr. 4 UWG ist bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung mit der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vereinbar.
18
(1) Die Richtlinie 2000/31/EG regelt nur den elektronischen Geschäftsverkehr , ohne den übrigen Geschäftsverkehr von entsprechenden Informationspflichten freizustellen. Zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie lag noch ein Vorschlag einer Verordnung zur Verkaufsförderung im Binnenmarkt vor, der entsprechende Informationspflichten für den gesamten Geschäftsverkehr enthielt (vgl. KOM [2002] 585 endg.). Später wurde dieser Vorschlag von der Kommission wieder zurückgezogen (vgl. KOM [2005] 462 endg.). Damit fehlt für den nichtelektronischen Geschäftsverkehr eine spezielle gemeinschaftsrechtliche Regelung für Informationspflichten bei Verkaufsförderungsmaßnahmen. Die Bestimmung des § 4 Nr. 4 UWG ist daher, soweit sie den nichtelektronischen Geschäftsverkehr betrifft, auch keine mitgliedstaatliche Regelung, die über einen gemeinschaftsrechtlichen Mindeststandard hinausgeht. Aufgrund dessen ist der Rückgriff auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken eröffnet.
19
(2) Die Regelung des § 4 Nr. 4 UWG für den nichtelektronischen Geschäftsverkehr lässt sich unter Art. 7 Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken fassen. Der nationale Gesetzgeber kann die in der Richtlinie enthaltenen Generalklauseln konkretisieren (vgl. BGH, Beschl. v. 5.6.2008 - I ZR 4/06, GRUR 2008, 807 Tz. 20 = WRP 2008, 1175 - MillionenChance ). Die Gefahr, dass bei der Werbung mit Vergünstigungen, die eine erhebliche Anlockwirkung entfalten, hohe Hürden für die Inanspruchnahme aufgestellt werden, ohne sie transparent darzustellen, besteht im elektronischen wie im nichtelektronischen Geschäftsverkehr gleichermaßen. Ein unterschiedliches Schutzniveau ist daher nicht zu rechtfertigen.
20
dd) Eine Notwendigkeit, diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorzulegen, besteht aus der Sicht des Senats nicht. Vergleichbare Umstände, wie sie den Senat veranlasst haben, dem Gerichtshof die Frage der Vereinbarkeit von § 4 Nr. 6 UWG mit der Richtli- nie über unlautere Geschäftspraktiken vorzulegen (BGH GRUR 2008, 807 Tz. 20 f. - Millionen-Chance), liegen hinsichtlich der hier in Rede stehenden Bestimmung des § 4 Nr. 4 UWG nicht vor. Diese Regelung ist nicht als Per-seVerbot ausgestaltet, das unabhängig von einer Gefährdung im Einzelfall ein bestimmtes Verhalten generell untersagt. Vielmehr ist das Tatbestandsmerkmal der "Bedingung für die Inanspruchnahme" der Verkaufsförderungsmaßnahme im Einklang mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie in der Weise auszulegen, dass es nur Bedingungen erfasst, die für die Entscheidung des Verbrauchers, ob er sich um den im Rahmen der Verkaufsförderungsmaßnahme ausgelobten Vorteil bemühen will, wesentlich sind. Im Übrigen gestatten die Tatbestandsmerkmale "klar und eindeutig" eine umfassende Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Soweit Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie die Aufklärungspflicht von der Relevanz der Information für die Verbraucherentscheidung abhängig macht, enthält das nationale Recht in § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG eine entsprechende Schwelle.
21
c) Bei der "Geld-zurück-Garantie" handelt es sich um eine Verkaufsförderungsmaßnahme i.S. des § 4 Nr. 4 UWG.
22
Als Verkaufsförderungsmaßnahmen führt § 4 Nr. 4 UWG beispielhaft Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke auf. Es zählen dazu alle zur Förderung des Absatzes gewährten geldwerten Vergünstigungen, die in ähnlicher Weise wie die genannten Beispiele die Kaufentscheidung des Verbrauchers beeinflussen können (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 156; Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 4 Rdn. 1.40; Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 4 Rdn. 16.1).
23
Die "Geld-zurück-Garantie" der Beklagten ist eine zur Förderung des Absatzes gewährte geldwerte Vergünstigung. Sie ermöglicht dem Kunden, bei Unzufriedenheit mit dem Produkt sein Geld zurückzuverlangen. Er kann das Produkt ohne Risiko ausprobieren. Die Garantie ist einem kostenlosen Probierex- emplar oder einem Geschenk vergleichbar (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2007, 156).
24
Die Ansicht der Revision, die "Geld-zurück-Garantie" sei eine Art Gewährleistung für den Fall, dass ein Verbraucher das Produkt für wirkungslos hält, steht der Annahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme nicht entgegen. Anders als bei der gesetzlichen Gewährleistung bedarf es zur Inanspruchnahme der Garantie keines objektiven Mangels; vielmehr reicht es aus, wenn der Kunde persönlich unzufrieden ist. Damit wird dem Kunden zur Förderung des Absatzes ein wesentlicher geldwerter Vorteil geboten.
25
Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Angabe der "Geldzurück -Garantie" auf der äußeren Verpackung stelle nur die Ankündigung einer Verkaufsförderungsmaßnahme für den Fall dar, dass der Verbraucher noch drei weitere Viererpackungen des Joghurt-Drinks kaufe, weil er erst nach zweiwöchigem täglichem Konsum die "Geld-zurück-Garantie" beanspruchen könne. Der von der kostenlosen Testmöglichkeit ausgehende Kaufanreiz wirkt bereits auf die erste Kaufentscheidung des Kunden für ein Viererpäckchen, mit dem er den Test beginnen will.
26
d) Die Beklagte hat die Bedingungen für die Inanspruchnahme der "Geldzurück -Garantie" bei der Werbung für das Produkt "Actimel" entgegen § 4 Nr. 4 UWG nicht klar und eindeutig angegeben.
27
aa) Zweck der Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG ist es, der nicht unerheblichen Missbrauchsgefahr zu begegnen, die aus der hohen Attraktivität von Verkaufsförderungsmaßnahmen für den Kunden folgt, wenn durch eine solche Werbung die Kaufentscheidung beeinflusst wird, jedoch hohe Hürden für die Inanspruchnahme des ausgelobten Vorteils aufgestellt werden (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/1487, S. 17). Deshalb sollen Verkaufs- http://www.actimel.de/ - 12 - förderungsmaßnahmen nur zulässig sein, wenn die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und eindeutig angegeben sind.
28
Damit der Verbraucher sich in Kenntnis der relevanten Umstände entscheiden kann, muss er Gelegenheit haben, sich über zeitliche Befristungen der Aktion (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2008 - I ZR 120/06, GRUR 2008, 1114 Tz. 13 = WRP 2008, 1508 - Räumungsfinale), über eventuelle Beschränkungen des Teilnehmerkreises , über Mindest- oder Maximalabnahmemengen sowie über mögliche weitere Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme zu informieren.
29
bb) Entsprechende Informationen finden sich nicht auf der Außenseite der Umverpackung der "Actimel"-Joghurtfläschchen, wo der Kunde auf die Möglichkeit des zweiwöchigen Tests hingewiesen wird. Dort heißt es nur: "Nicht zufrieden? Sie bekommen einfach und garantiert den Kaufpreis von uns zurück !". Für genaue Angaben wird auf die Innenseite der Verpackung und auf die Internetseite "www.actimel.de" verwiesen. Erst an dieser Stelle finden sich die erforderlichen Informationen zur Inanspruchnahme der "Geld-zurück-Garantie". Insbesondere wird dort angegeben, dass man bei Inanspruchnahme der Garantie eine kurze Begründung zusammen mit den Kassenbons und Aktionsstreifen von mindestens 14, maximal 16 Packungen einsenden muss und dass nur eine Auszahlung pro Haushalt erfolgt. Ferner wird auf den Aktionszeitraum und den Einsendeschluss hingewiesen.
30
Für die Erfüllung des Transparenzgebots des § 4 Nr. 4 UWG reicht es nicht aus, die Bedingungen für die Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme erst auf der Innenseite der Verpackung anzugeben. Der Kunde kann vor dem Kauf die Verpackung nicht öffnen. Ein missbräuchlicher Einfluss von Verkaufsförderungsmaßnahmen auf die Kaufentscheidung kann aber http://www.actimel.de/ - 13 - nur ausgeschlossen werden, wenn die Bedingungen der Inanspruchnahme dem Kunden vor seiner Kaufentscheidung bekannt gegeben werden.
31
Der Hinweis auf der Verpackung, dass genauere Informationen auf der Internetseite "www.actimel.de" zu finden sind, genügt ebenfalls nicht. Der Kunde trifft im Supermarkt seine Kaufentscheidung für ein Lebensmittel in der Regel sofort an Ort und Stelle. Er hat regelmäßig keine Möglichkeit, im Geschäft die angegebene Internetseite aufzurufen. Deshalb müssen ihm die wesentlichen Informationen über die Verkaufsförderungsmaßnahme bereits auf der äußeren Verpackung des Produkts oder jedenfalls an geeigneter Stelle unmittelbar am Verkaufsort (z.B. Regal, Sonderverkaufsfläche) mitgeteilt werden.
32
2. Ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe mit dem am 8.März 2006 gesendeten Fernsehwerbespot für das Produkt "Actimel" gegen §§ 3, 4 Nr. 4 UWG verstoßen , weil in dem Werbespot die Bedingungen der Inanspruchnahme der Garantie nicht angegeben wurden.
33
a) Sind die Verbraucher nach § 4 Nr. 4 UWG über die Bedingungen für die Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme zu informieren, müssen ihnen diese Informationen grundsätzlich schon im Rahmen der Werbung zur Verfügung stehen (vgl. BGH, Urt. v. 10.1.2008 - I ZR 196/05, GRUR 2008, 724 Tz. 9 ff. = WRP 2008, 1069 - Urlaubsgewinnspiel). Erfolgt die Werbung außerhalb der Verkaufsstelle, reicht es nicht aus, wenn die Aufklärung erst im Ladenlokal erfolgt (vgl. die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks. 15/1487, S. 17). Denn diese Werbung erzielt bereits die Anlockwirkung beim Verbraucher.
34
b) Keiner Entscheidung bedarf hier, ob der Anwendungsbereich des § 4 Nr. 4 UWG auch bei einer reinen Aufmerksamkeitswerbung eröffnet ist, die lediglich auf die Durchführung von Verkaufsförderungsmaßnahmen hinweist, oh- http://www.danone.de/ - 14 - ne für die Kaufentscheidung relevante Informationen zu enthalten. Eine entsprechende Beschränkung des Tatbestands des § 4 Nr. 4 UWG wird zum Teil in der Literatur befürwortet (vgl. Heermann, WRP 2005, 141, 148, ders. in MünchKomm.UWG, § 4 Nr. 4 Rdn. 79; Steingass/Teworte, WRP 2005, 676, 681 f.). Für Werbemaßnahmen wie den streitgegenständlichen Fernsehwerbespot kann eine solche Ausnahme jedenfalls nicht gelten. Der Werbespot beschränkt sich nicht auf einen allgemeinen Hinweis auf die Durchführung der Verkaufsförderungsmaßnahme. Die "Geld-zurück-Garantie" ist vielmehr Bestandteil einer Werbung konkret für das Produkt "Actimel", in der wesentliche Produkteigenschaften wie die Eignung zur Stärkung der Abwehrkräfte hervorgehoben werden.
35
3. Die Revision beanstandet indes mit Erfolg, dass das Berufungsgericht in der Fernsehwerbung für das Produkt "AKTIVIA" einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 4 UWG gesehen hat. Insoweit führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung.
36
Die beanstandete Fernsehwerbung, in deren Mittelpunkt der Dialog über die "Geld-zurück-Garantie" stand, enthielt selbst keine ausreichenden Hinweise auf die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme. Lediglich am Ende des Werbespots wurde der Hinweis "Teilnahmebedingungen unter www.danone.de" eingeblendet. Das Berufungsgericht hat dies für nicht ausreichend erachtet. Dem potentiellen Kunden müssten bereits in der Werbung selbst die nach § 4 Nr. 4 UWG erforderlichen Informationen zur Verfügung gestellt werden. Von diesem Grundsatz könne auch bei einer Fernsehwerbung nicht abgewichen werden, wenn sie bereits ausreichende Sachinformationen enthalte, um sich über die Beschaffenheit des Produkts ein Bild zu machen und die Kaufentscheidung vorzubereiten. Ein flüchtiger Hinweis auf im Internet abrufbare Teilnahmebedingungen genüge dem Transparenzgebot nicht. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
37
a) Bestimmte Werbemedien wie das Fernsehen sind für ausführliche Informationen über Teilnahmebedingungen für Verkaufsförderungsmaßnahmen aus medienimmanenten Gründen nicht geeignet. Dies hat Einfluss auf den Umfang der Informationspflicht (vgl. OLG Köln GRUR-RR 2008, 250, 251; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 Rdn. 17; Bruhn in Harte/Henning, UWG, § 4 Nr. 4 Rdn. 69; Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 4 Rdn. 26; Plaß in HK/WettbR, 2. Aufl., § 4 Rdn. 318). Fordert die Werbung den Kunden nicht unmittelbar zur Inanspruchnahme der Verkaufsförderungsmaßnahme auf, sondern beschränkt sich auf eine Ankündigung ohne gleichzeitige Möglichkeit der Inanspruchnahme, kann es nach den konkreten Umständen des Falles ausreichen, auf weiterführende Hinweise zu den Teilnahmebedingungen in leicht zugänglichen Quellen zu verweisen (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm aaO § 4 Rdn. 4.14). Für den Verbraucher, der durchschnittlich informiert , situationsadäquat aufmerksam und verständig ist, entsteht daraus kein ins Gewicht fallender Nachteil, weil ihn diese Werbung nicht erst an der Verkaufsstelle erreicht und nicht unmittelbar zum Kauf verleitet. Es kann deshalb genügen, die Bedingungen der Inanspruchnahme einer Verkaufsförderungsmaßnahme in der Fernsehwerbung selbst noch nicht vollständig zu nennen, sondern dafür auf eine Internetseite zu verweisen.
38
b) Ob ein Hinweis auf weiterführende Informationen ausreichend ist, muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entschieden werden. So kann zum Beispiel die Art des beworbenen Produkts und die damit verbundene Anlockwirkung ein stärkeres Informationsbedürfnis und eine umfassende Aufklärung des Verbrauchers schon in der Fernseh- oder Radiowerbung erforderlich machen, um ihn vor einer unüberlegten Kaufentscheidung zu schützen. Auch die Art der Verkaufsförderungsmaßnahme und der Umfang der Bedingungen können Einfluss auf die Informationspflicht haben. Komplexere Teilnahmebedingungen, wie sie zum Beispiel bei Kundenbindungssystemen http://www.danone.de/ [Link] http://www.danone.de/ - 16 - vorkommen, legen eine Verweisung nahe (vgl. Seichter in Ullmann, jurisPKUWG , 2. Aufl., § 4 Nr. 4 Rdn. 22).
39
Unerwartete Beschränkungen oder sonstige überraschende Teilnahmebedingungen müssen in der Werbung stets unmittelbar offenbart werden (vgl. BGH GRUR 2008, 724 Tz. 13 - Urlaubsgewinnspiel). Denn ebenso wie blickfangmäßig herausgestellte, mit Sternchenhinweis versehene Angaben für sich genommen nicht unrichtig oder missverständlich sein dürfen (vgl. BGH GRUR 2007, 981 Tz. 23 - 150% Zinsbonus), muss auch bei der Werbung mit Verkaufsförderungsmaßnahmen die für den Ausschluss einer Irreführung erforderliche Aufklärung über die Teilnahmebedingungen unmittelbar den herausgestellten Angaben zugeordnet sein.
40
c) Bei der beanstandeten Fernsehwerbung kann es grundsätzlich genügen , für die genauen Teilnahmebedingungen auf die Internetseite "www.danone.de" zu verweisen.
41
Der beworbene Joghurt ist ein Alltagsprodukt, dessen Erwerb für den Verbraucher nicht so bedeutsam ist, dass von einem gesteigerten Informationsinteresse auszugehen wäre. Die bei Aufruf der Internetseite ersichtlichen Bedingungen der Inanspruchnahme der "Geld-zurück-Garantie" sind für den Verbraucher auch nicht überraschend. Die gegenteiligen Feststellungen des Berufungsgerichts lassen sich nicht mit der allgemeinen Lebenserfahrung in Einklang bringen. Der Verbraucher ist daran gewöhnt, dass Verkaufsförderungsmaßnahmen zeitlich begrenzt sind. Er rechnet auch damit, dass er den Erwerb des Produkts belegen muss, wenn er eine "Geld-zurück-Garantie" in Anspruch nehmen will. Es ist ferner nicht überraschend, dass die Teilnahme einen Verzehr von 14 Bechern voraussetzt und auf 16 Becher (= vier Packungen) begrenzt ist. Denn schon in der Fernsehwerbung heißt es: "Die 14 Tage TestAktion von AKTIVIA mit Geld-zurück-Garantie". Auch das Erfordernis, die Inan- spruchnahme der Garantie kurz schriftlich zu begründen, ist weder geeignet, den Verbraucher von der Teilnahme an der Testaktion abzuhalten noch erscheint es unerwartet, wenn - wie hier - keinerlei Anforderungen an Umfang und Inhalt der Begründung gestellt werden. Wie die Revision zutreffend bemerkt, ist es allgemein üblich, dass Kunden, die ihr Geld für ein Produkt zurückerhalten wollen, zumindest kurz den Grund dafür angeben. Schließlich ist es auch nicht überraschend, dass die Garantie nur einmal pro Haushalt gewährt wird. Zwar mögen sich aufgrund der Fernsehwerbung durchaus mehrere Mitglieder einer Familie an der Testaktion beteiligen wollen. Dem Verkehr ist jedoch geläufig, dass Verkaufsförderungsaktionen und Gewinnspiele nicht unbegrenzt wahrgenommen werden können und etwa auf eine Teilnahme pro Haushalt beschränkt sein können, um Missbräuche auszuschließen. So liegt es bei einer Aktion der vorliegenden Art nicht fern, den Familienvorrat für eine Woche einzukaufen und dann die "Geld-zurück-Garantie" in Anspruch zu nehmen, womit die Bedingung einer 14tägigen Testteilnahme umgangen würde.
42
d) § 4 Nr. 4 UWG verlangt ferner, die Teilnahmebedingungen für eine Verkaufsförderungsmaßnahme mit der notwendigen Klarheit anzugeben. Das gilt gerade auch für einen Hinweis, der in einem flüchtigen Werbemedium wie dem Fernsehen auf weiterführende Informationen in einem anderen Medium gegeben wird. Der Hinweis muss so gestaltet sein, dass er vom Verbraucher ohne Schwierigkeiten erfasst werden kann.
43
Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob der Hinweis auf die Internetseite am Ende des Werbespots dem Erfordernis der Klarheit genügt. Das Berufungsgericht weist zwar darauf hin, dass der Verweis nur kurze Zeit eingeblendet wurde. Dies allein spricht aber nicht gegen die Klarheit. Denn die angegebene Internetadresse besteht nur aus dem Unternehmensnamen der Beklagten und kann entsprechend schnell erfasst werden.
44
Für die Klarheit kommt es auch auf die grafische Gestaltung des Hinweises und den Kontext an. Der Fernsehzuschauer muss ohne besondere Mühe in der Lage sein, sich die Internetadresse zu merken und gegebenenfalls zu notieren. Es reicht aus, dass der Hinweis nur eingeblendet und nicht auch gesprochen ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.9.2008 - I ZR 58/06, WRP 2009, 304 Tz. 17 - Fußpilz). Für das Revisionsverfahren ist zugunsten der Beklagten davon auszugehen , dass der Hinweis dem Gebot der Klarheit genügt.
45
Das Berufungsgericht hat deshalb zu Unrecht in dem Werbespot einen Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG erblickt.
46
4. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Fernsehwerbung für das Produkt "AKTIVIA" mit einer "Geld-zurück-Garantie" ohne vollständige Angabe der Teilnahmebedingungen verstößt nicht gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG in der Fassung vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414). In einer unterlassenen Aufklärung liegt nach dieser Fassung der Vorschrift nur dann eine Irreführung, wenn das Publikum durch Unterbleiben des Hinweises in einem wesentlichen Punkt, der den Kaufentschluss zu beeinflussen geeignet ist, getäuscht wird (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.1981 - I ZR 164/79, GRUR 1982, 374, 375 = WRP 1982, 266 - SkiAuslaufmodelle ). Daran fehlt es hier. Die Bedingungen der "Geld-zurückGarantie" , auf die der Werbespot verweist, sind für den verständigen Verbraucher nicht überraschend (vgl. oben II 4 d). Ihre nicht ausdrückliche Wiedergabe in dem Fernsehwerbespot bewirkt deshalb keine Irreführung. Damit liegt kein eine Wiederholungsgefahr begründender Wettbewerbsverstoß vor. Deshalb kann dahinstehen, ob § 5a UWG in der Fassung vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2949) eine andere rechtliche Beurteilung gebietet.
47
5. Aufgrund des festgestellten Wettbewerbsverstoßes hinsichtlich der Produktwerbung für das Produkt "Actimel" ist die Beklagte gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zur Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten verpflichtet. Die Abmahnung bezog sich zwar auf beide angegriffene Werbespots. Gleichwohl wirkt sich die Zurückverweisung hinsichtlich der Werbung für das Produkt "AKTIVIA" nicht auf die Pflicht der Beklagten aus, Abmahnkosten zu ersetzen. Die von einem Wettbewerbsverband geltend gemachte Kostenpauschale ist auch dann in voller Höhe zu zahlen, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt ist (BGHZ 177, 253 Tz. 50; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 12 Rdn. 1.99). Die Pauschale fällt unabhängig vom Streitwert der beanstandeten Wettbewerbshandlung an.
48
III. Auf die Revision der Beklagten ist das Berufungsurteil daher teilweise, und zwar im Hinblick auf die Fernsehwerbung für das Produkt "AKTIVIA", aufzuheben. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 29.06.2006 - 17 HKO 5408/06 -
OLG München, Entscheidung vom 14.09.2006 - 29 U 3848/06 -

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1.
„geschäftliche Entscheidung“ jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden;
2.
„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;
3.
„Marktteilnehmer“ neben Mitbewerber und Verbraucher auch jede weitere Person, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig ist;
4.
„Mitbewerber“ jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht;
5.
„Nachricht“ jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird; nicht umfasst sind Informationen, die als Teil eines Rundfunkdienstes über ein elektronisches Kommunikationsnetz an die Öffentlichkeit weitergeleitet werden, soweit diese Informationen nicht mit dem identifizierbaren Teilnehmer oder Nutzer, der sie erhält, in Verbindung gebracht werden können;
6.
„Online-Marktplatz“ ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von Software, die von einem Unternehmer oder in dessen Namen betrieben wird, einschließlich einer Website, eines Teils einer Website oder einer Anwendung, Fernabsatzverträge (§ 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen;
7.
„Ranking“ die von einem Unternehmer veranlasste relative Hervorhebung von Waren oder Dienstleistungen, unabhängig von den hierfür verwendeten technischen Mitteln;
8.
„Unternehmer“ jede natürliche oder juristische Person, die geschäftliche Handlungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit vornimmt, und jede Person, die im Namen oder Auftrag einer solchen Person handelt;
9.
„unternehmerische Sorgfalt“ der Standard an Fachkenntnissen und Sorgfalt, von dem billigerweise angenommen werden kann, dass ein Unternehmer ihn in seinem Tätigkeitsbereich gegenüber Verbrauchern nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten einhält;
10.
„Verhaltenskodex“ jede Vereinbarung oder Vorschrift über das Verhalten von Unternehmern, zu welchem diese sich in Bezug auf Wirtschaftszweige oder einzelne geschäftliche Handlungen verpflichtet haben, ohne dass sich solche Verpflichtungen aus Gesetzes- oder Verwaltungsvorschriften ergeben;
11.
„wesentliche Beeinflussung des wirtschaftlichen Verhaltens des Verbrauchers“ die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Für den Verbraucherbegriff ist § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 141/06 Verkündet am:
15. Januar 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Überregionaler Krankentransport
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11; NRW RettG § 1 Abs. 2 Nr. 5, § 2 Abs. 2,
§§ 18 ff., Bay RDG Art. 13 Abs. 2 Satz 1

a) Die Durchführung eines Krankentransports i.S. von § 2 Abs. 2 Rettungsgesetz
Nordrhein-Westfalen (RettG NRW) durch einen privaten Unternehmer
stellt sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004
als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2008 dar.

b) In dem sich aus §§ 18 ff. RettG NRW ergebenden Verbot, Notfallrettung
oder Krankentransporte ohne Genehmigung zu betreiben, liegt eine Marktverhaltensregelung
zum Schutz der im Rahmen von Krankentransporten zu
befördernden Personen.

c) Der Umstand, dass ein Unternehmer nach einer landesrechtlichen Vorschrift
Krankentransporte auch dann durchführen darf, wenn allein der Zielort
im Einsatzbereich seines Krankenwagens liegt, ändert nichts daran,
dass der Unternehmer bei einem in einem anderen Bundesland beginnenden
Krankentransport (auch) die dort geltenden Genehmigungserfordernisse
beachten muss. Die sich daraus ergebende Rechtswidrigkeit des Verhaltens
kann aber die Annahme eines Bagatellverstoßes i.S. von § 3 UWG
2004, § 3 Abs. 1 UWG 2008 rechtfertigen.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 141/06 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. Juli 2006 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, ein in Köln ansässiger Krankentransportunternehmer, verfügt über eine Genehmigung zum Krankentransport nach dem nordrheinwestfälischen Gesetz über den Rettungsdienst sowie die Notfallrettung und den Krankentransport durch Unternehmer (Rettungsgesetz NRW - RettG NRW). Die in München ansässige Beklagte ist ein Krankentransportunternehmen, dem eine entsprechende behördliche Genehmigung nach dem bayerischen Gesetz zur Regelung von Notfallrettung, Krankentransport und Rettungsdienst (BayRDG) erteilt worden ist.

2
Am 20. März 2005 transportierte die Beklagte eine Patientin mit einem Krankentransportwagen von Köln nach München. Der Transport war zunächst von einem Angehörigen der Patientin beim Kläger bestellt worden, der deswegen bei der Krankenkasse der Patientin eine Kostenübernahmeerklärung beantragt hatte. Das von der Krankenkasse daraufhin bei der Leitstelle der Beklagten in München eingeholte Kostenangebot lag unter dem vom Kläger geforderten Betrag. Die Krankenkasse erteilte den Auftrag zum Krankentransport deshalb der Beklagten.
3
Der Kläger hält das Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig, weil diese nicht über die nach §§ 18, 22 RettG NRW für die Durchführung von Krankentransporten in Nordrhein-Westfalen erforderliche behördliche Genehmigung verfügt habe. Er verlangt von der Beklagten Unterlassung entsprechender Krankentransporte , Ersatz des ihm entgangenen Gewinns in Höhe von 400 € sowie Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 278,05 €.
4
Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte 1. unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Patienten im Stadtbereich von Köln mit Krankentransportwagen aufzunehmen , sofern und solange für diesen Betriebsbereich und für das eingesetzte Fahrzeug keine Genehmigung nach dem Rettungsgesetz NRW erteilt worden ist; 2. zu verurteilen, an den Kläger 678,05 € nebst Zinsen zu zahlen.
5
Nach Auffassung der Beklagten regeln die §§ 18, 22 RettG NRW allein den Marktzutritt.

6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, Urt. v. 12.1.2006 - 84 O 74/05, juris). Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln, Urt. v. 7.7.2006 - 6 U 35/06, juris). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat einen Wettbewerbsverstoß der Beklagten, aufgrund dessen dem Kläger wettbewerbsrechtliche Ansprüche zustehen könnten , verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Die Vorschriften der §§ 18, 22 RettG NRW seien keine Marktverhaltensregelungen i.S. von § 4 Nr. 11 UWG. Die Aufgaben der Notfallrettung und des Krankentransports oblägen den Kreisen und kreisfreien Städten als Trägern des Rettungsdienstes i.S. des § 6 Abs. 1 RettG NRW. Private Unternehmer bedürften hierfür einer behördlichen Genehmigung i.S. der §§ 18 ff. RettG NRW. Die Genehmigungsvorschriften dienten allein dem öffentlichen Interesse an einem funktionsfähigen, flächendeckenden und bedarfsgerechten Rettungsdienst. Der öffentliche Rettungsdienst sei bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben nicht Marktteilnehmer i.S. der § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Nr. 11 UWG, in dessen Interesse das Marktverhalten zu regeln sei. Soweit die öffentliche Hand Aufgaben der Notfallrettung und des Krankentransports wahrnehme, handele sie ausschließlich hoheitlich. Die Bestimmungen der §§ 18, 22, 23 RettG NRW seien nicht dazu bestimmt, das Wettbewerbsverhalten der zum Krankentransport zugelassenen privaten Unternehmer zu regeln.

9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar zu Unrecht angenommen , die Vorschrift des § 18 RettG NRW sei nicht (auch) dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer zu regeln; nach dieser Vorschrift bedarf ein privater Unternehmer, der Aufgaben der Notfallrettung oder des Krankentransports wahrnehmen will, der Genehmigung der Kreisverwaltungsbehörde , in deren örtlichem Zuständigkeitsbereich er tätig sein will (dazu 1 und 2). Die Abweisung der Klage erweist sich jedoch im Ergebnis als zutreffend, weil die Interessen der Marktteilnehmer, die durch das Genehmigungserfordernis ebenfalls geschützt werden, durch den von der Beklagten begangenen Rechtsverstoß (dazu 3 und 4) nicht spürbar beeinträchtigt werden (dazu 5).
10
1. Die Beklagte hat bei dem vom Kläger beanstandeten Krankentransport mit dem Ziel gehandelt, zugunsten ihres Unternehmens die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern, und damit eine Wettbewerbshandlung i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung vorgenommen, in der dieses Gesetz bis zum 29. Dezember 2008 gegolten hat (UWG 2004). Der Streitfall ist insoweit nicht mit dem der Senatsentscheidung "Abschleppkosten-Inkasso" zugrunde liegenden Fall vergleichbar, in dem der Senat bei einem Unternehmer, der im Auftrag der Polizei ein Fahrzeug abgeschleppt und dafür Kostenansprüche geltend gemacht hatte, ein Handeln im geschäftlichen Verkehr i.S. des § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung, in der dieses Gesetz bis zum 7. Juli 2004 gegolten hat, sowie eine Wettbewerbshandlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 verneint hat (BGH, Urt. v. 26.1.2006 - I ZR 83/03, GRUR 2006, 428 Tz. 12 ff. = WRP 2006, 741). Für die dort vorgenommene Beurteilung war insbesondere maßgebend , dass ein Abschleppunternehmer, auch wenn ihn die Polizeibehörde durch einen privatrechtlichen Vertrag mit dem Abschleppen von Fahrzeugen beauftragt hat, bei der Durchführung einer polizeilich angeordneten Abschleppmaßnahme in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes handelt. Seine Stellung ist derjenigen eines Verwaltungshelfers angenähert. Er wird ohne eigene Entscheidungsmacht als verlängerter Arm der Verwaltungsbehörde tätig. Der Abschleppvorgang stellt sich materiell-rechtlich als polizeiliche Vollstreckungsmaßnahme dar (BGH GRUR 2006, 428 Tz. 14 - AbschleppkostenInkasso , m.w.N.) und ist damit dem Bereich der Eingriffsverwaltung zuzuordnen (vgl. BGHZ 166, 268 Tz. 14). Im Gegensatz dazu sollte mit der in den §§ 18 ff. RettG NRW geregelten Möglichkeit, dass private Unternehmer aufgrund einer entsprechenden Genehmigung Aufgaben der Notfallrettung und/oder des Krankentransports wahrnehmen, für private Unternehmer ein beschränkter Wettbewerb zugelassen werden (Prütting, Rettungsgesetz Nordrhein-Westfalen, 3. Aufl., Vorbem. vor § 18). Damit wäre es grundsätzlich unvereinbar, die in diesem Bereich tätigen Unternehmer ebenfalls als verlängerten Arm der für den Rettungsdienst zuständigen Behörden anzusehen. Dies hat insbesondere für den Bereich der Krankentransporte i.S. des § 2 Abs. 2 RettG NRW zu gelten; denn bei ihnen handelt es sich, da hier keine konkrete Gefahr für Leib oder Leben der beförderten Personen besteht, um im Rahmen der Daseinsvorsorge erfolgende Maßnahmen der Leistungsverwaltung.
11
Die Durchführung des streitgegenständlichen Krankentransports stellte weiterhin auch eine geschäftliche Handlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung dar, in der dieses Gesetz seit dem 30. Dezember 2008 gilt (UWG 2008). Die Neufassung des Gesetzes , die im Hinblick auf die Zukunftsgerichtetheit des vom Kläger gestellten Unterlassungsantrags hier ebenfalls zu berücksichtigen ist (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 61/05, GRUR 2008, 830 Tz. 12 = WRP 2008, 1213 - L-Carnitin II; Urt. v. 26.6.2008 - I ZR 112/05, GRUR 2008, 834 Tz. 10 = WRP 2008, 1209 - HMB-Kapseln, jeweils m.w.N.), ist in dieser Hinsicht nicht enger als der der Wettbewerbshandlung i.S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG 2004 (vgl. Köhler, GRUR 2005, 793, 794 f.).
12
2. Bei der Bestimmung des § 18 RettG NRW, die Krankentransporte durch private Unternehmen unter einen Genehmigungsvorbehalt stellt, handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung i.S. von § 4 Nr. 11 UWG.
13
a) Der in § 18 RettG NRW bestimmte und in den §§ 18a ff. RettG NRW konkretisierte Genehmigungsvorbehalt dient allerdings in erster Linie dem öffentlichen Interesse an einem funktionsfähigen, flächendeckenden und bedarfsgerechten Rettungsdienst. Insoweit stellt er - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - keine Marktverhaltensregelung im Interesse der privaten Mitbewerber dar (vgl. zur vergleichbaren Bestimmung des § 13 Abs. 1 PBefG Schaffert, Festschrift für Ullmann, 2006, S. 853 ff.; a.A. OLG Hamm, Urt. v. 17.11.2005 - 4 U 105/05, juris Tz. 5; Prütting aaO § 18 Rdn. 37 mit Hinweis auf die zu §§ 2, 40 PBefG ergangene Entscheidung OLG Hamm WRP 1972, 390). Soweit gemäß § 19 Abs. 4 RettG NRW die Genehmigung insbesondere dann zu versagen ist, wenn zu erwarten ist, dass durch ihren Gebrauch das öffentliche Interesse an einem funktionsfähigen Rettungsdienst beeinträchtigt wird (dazu eingehend Prütting aaO § 19 Rdn. 58 ff.), liegt eine objektive Zulassungsschranke und damit schon keine Marktverhaltensregelung i.S. des § 4 Nr. 11 UWG, sondern eine dem Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht unterfallende Marktzutrittsregelung vor (vgl. zur entsprechenden Regelung für das Taxigewerbe in § 13 Abs. 4 PBefG MünchKomm.UWG/Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 71 a.E. und Rdn. 134).

14
b) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung jedoch nicht berücksichtigt , dass der Genehmigungsvorbehalt in § 18 RettG NRW auch dem Schutz der im Wege des Krankentransports zu befördernden Kranken, Verletzten und sonstigen hilfsbedürftigen Personen dient (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 17.11.2005 - 4 U 105/05, juris Tz. 5; Elskamp, Gesetzesverstoß und Wettbewerbsrecht , 2008, S. 163 f.; ebenso zur Genehmigungspflicht gemäß § 2 Abs. 1, § 13 Abs. 1 PBefG KG GRUR 2007, 515, 516; MünchKomm.UWG/ Schaffert, § 4 Nr. 11 Rdn. 137; Harte/Henning/v. Jagow aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 107). Dies folgt insbesondere aus § 2 Abs. 2 RettG NRW; denn danach hat der Krankentransport die Aufgabe, den genannten Personen fachgerechte Hilfe zu leisten und sie unter Betreuung durch qualifiziertes Personal zu befördern.
15
3. Die Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Krankentransport gegen das nach dem Rettungsgesetz NRW beim Fehlen einer entsprechenden Genehmigung bestehende Verbot der Durchführung von Krankentransporten verstoßen. Wie sich aus dem Gegenschluss zu § 1 Abs. 2 Nr. 5 RettG NRW ("Das Gesetz gilt nicht für … Beförderungen, die außerhalb von NordrheinWestfalen begonnen haben …") sowie aus § 23 Abs. 3 RettG NRW ergibt, gilt das Genehmigungserfordernis grundsätzlich für alle Krankentransporte, die - wie der hier beanstandete Transport - in Nordrhein-Westfalen beginnen. Zwar durfte die Beklagte aufgrund der ihr erteilten Genehmigung gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayRDG Krankentransporte auch dann durchführen, wenn - wie im Streitfall - allein der Zielort im Einsatzbereich ihres Krankenwagens lag. Auch sind die Anforderungen des bayerischen Gesetzes an die Qualität des Unternehmens nicht geringer als diejenigen, die nach dem Rettungsgesetz NRW zu erfüllen sind. Da es sich aber jeweils nur um landesrechtliche Regelungen handelt, unterliegt die beanstandete Beförderung, soweit sie im Land Nordrhein-Westfalen durchgeführt wurde, nach den Grundsätzen des interlokalen Verwaltungsrechts (vgl. BVerfGE 11, 6, 19 = NJW 1960, 907, 908) allein den Vorschriften des Rettungsgesetzes NRW (Fehn/Kupfer in Steegmann, Recht des Feuerschutzes und des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen, 4. Aufl., 18. Ergänzungslieferung Dezember 2003, § 1 Rdn. 26).
16
4. Der Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht im Streitfall nicht entgegen , dass die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die gemäß ihrem Artikel 4 die vollständige Harmonisierung der Vorschriften der Mitgliedstaaten über unlautere Geschäftspraktiken bezweckt, die die wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher beeinträchtigen, und mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949) nunmehr auch ins deutsche Recht umgesetzt worden ist, keinen dieser Vorschrift vergleichbaren Unlauterkeitstatbestand kennt. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 2005/29/EG gemäß ihrem Artikel 3 Absatz 3 sowie ihrem Erwägungsgrund 9 die nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf die Gesundheits- und Sicherheitsaspekte unberührt lässt. Die Anwendung des § 4 Nr. 11 UWG steht daher mit der Richtlinie im Einklang, soweit Marktverhaltensregelungen - wie hier - dem Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern dienen (Köhler in Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 11.6a).
17
5. Das danach als unlauter i.S. des § 4 Nr. 11 UWG zu beurteilende Handeln der Beklagten stellt jedoch, da es die wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen der Verbraucher nicht spürbar, sondern allenfalls unerheblich zu beeinträchtigen vermag, kein nach § 3 UWG 2004 bzw. § 3 Abs. 1 UWG 2008 unzulässiges Verhalten im Wettbewerb dar. Für die Belange der beförderten Person macht es nur dann einen praktischen Unterschied, ob der Beförderer für den Transport neben der Genehmigung, die nach dem am Zielort geltenden Recht erforderlich ist (hier: Bayern), auch über die Genehmigung verfügt, die das am Ausgangsort des Transports geltende Recht voraussetzt (hier: Nordrhein -Westfalen), wenn die Erteilung der Genehmigung nach dem Recht des Ausgangsorts von weitergehenden, im Interesse der beförderten Personen bestehenden Voraussetzungen abhängt als die Erteilung der Genehmigung nach dem Recht des Zielorts (vgl. KG GRUR 2007, 515, 516 f.). Dies aber ist nach den oben unter II 3 gemachten Ausführungen vorliegend nicht der Fall.
18
III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 12.01.2006 - 84 O 74/05 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.07.2006 - 6 U 35/06 -

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.

(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1.
jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt,
2.
denjenigen rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, die in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände nach § 8b eingetragen sind, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, und die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt,
3.
den qualifizierten Einrichtungen, die in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, oder den qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2018/302 (ABl. L 60I vom 2.3.2018, S. 1) geändert worden ist, eingetragen sind,
4.
den Industrie- und Handelskammern, den nach der Handwerksordnung errichteten Organisationen und anderen berufsständischen Körperschaften des öffentlichen Rechts im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben sowie den Gewerkschaften im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Vertretung selbstständiger beruflicher Interessen.

(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.

(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, ist den Mitbewerbern zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6 sowie nach Nummer 32 des Anhangs.

(3) Gegen verantwortliche Personen von periodischen Druckschriften kann der Anspruch auf Schadensersatz nach den Absätzen 1 und 2 nur bei einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung geltend gemacht werden.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 326/01 Verkündet am:
28. Oktober 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Puppenausstattungen
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a (UWG § 1 a.F.)
Die Idee, für eine typische Spielsituation Puppen mit dem entsprechenden Zubehör
herzustellen und zu vertreiben, kann im Interesse der Freiheit des Wettbewerbs
grundsätzlich keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz genießen. Dies
gilt auch dann, wenn bestimmte Ausstattungen aufgrund besonderer Werbeanstrengungen
auf dem Markt bekannt geworden sein sollten und es schon deshalb
naheliegen sollte, entsprechende Erzeugnisse demselben Unternehmen
zuzurechnen. Als herkunftshinweisend kann in solchen Fällen aus Rechtsgründen
nur eine besondere Gestaltung oder unter Umständen eine besondere
Kombination von Merkmalen angesehen werden.
BGH, Urt. v. 28. Oktober 2004 - I ZR 326/01 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 23. November 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28. Dezember 2000 im gleichen Umfang abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien vertreiben als unmittelbare Wettbewerber Anziehpuppen mit Zubehör für unterschiedliche Spielsituationen wie z.B. "Kinderbetreuung", "Haarpflege" und "Backen". Die von der Klägerin vertriebene, sehr bekannte Puppe "Barbie" ist von den Gründern ihrer Muttergesellschaft, der M. , entwickelt worden; sie hat in Deutschland einen Marktanteil von 82 % (Stand 1999). Der Werbeetat der Klägerin belief sich im Jahr 1999 auf 17 Mio. DM. Die Beklagte, die in Deutschland einen Marktanteil von 9 % hat, bezeichnet ihre Puppe als "Steffi Love". Hinsichtlich der Gestaltung der Gesichter der Puppen und der Verpackungen haben die Parteien in der Vergangenheit Abgrenzungsvereinbarungen getroffen.
Die Klägerin hat vorgebracht, die Beklagte ahme mit den für ihre Puppe "Steffi Love" gestalteten Spielsituationen "Trendy Living", "Baby Sitter", "Ultra Hair", "Dentist", "Animal" und "Bakery Fun" die entsprechenden Produkte mit der Puppe "Barbie" systematisch nach, um an deren guten Ruf teilzuhaben und über die Herkunft der Produkte zu täuschen. Die Klägerin hat weiter behauptet, Alleinvertriebsberechtigte der M. für Deutschland zu sein. Sie hat zudem eine im Namen dieser Gesellschaft abgegebene Erklärung vorgelegt, nach der sie zur Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche ermächtigt sei.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, I. 1. es zu unterlassen,
a) unter der Bezeichnung "Steffi Love Trendy Living" Anziehpuppen zu verbreiten, zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen , wie nachstehend wiedergegeben:


b) unter der Bezeichnung "Steffi Love Baby Sitter" Anziehpuppen zu verbreiten, zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen wie nachstehend wiedergegeben:


c) unter der Bezeichnung "Steffi Love Ultra Hair" Anziehpuppen zu verbreiten , zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen wie nachstehend wiedergegeben:


d) unter der Bezeichnung "Steffi Love Dentist" Anziehpuppen zu verbreiten , zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen wie nachstehend wiedergegeben:


e) unter der Bezeichnung "Dr. Steffi Animal" Anziehpuppen zu verbreiten, zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen wie nachstehend wiedergegeben:


f) unter der Bezeichnung "Steffi Love Bakery Fun" Anziehpuppen zu verbreiten , zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen wie nachstehend wiedergegeben:

2. ihr Auskunft zu erteilen über die Menge der vertriebenen oder verkauften Gegenstände gemäß vorstehend Ziffer I. 1. sowie über die Ein-
kaufspreise und Verkaufspreise und die Kosten, die gewinnmindernd in Abzug zu bringen sind sowie über Name und Anschrift der Hersteller , der Lieferanten, der gewerblichen Abnehmer oder der Auftraggeber , jeweils durch Übergabe eines geordneten Verzeichnisses; II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr den Schaden zu ersetzen , der aus dem Vertrieb der unter Ziffer I. 1. a) bis f) genannten Puppen entstanden ist und noch entstehen wird. Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und vorgetragen , es liege keine unzulässige Nachahmung vor. Sie hat sich weiter auf Verjährung und Verwirkung berufen. Das Landgericht hat sämtliche Unterlassungsansprüche aus § 1 UWG (a.F.) unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung zuerkannt. Die Auskunfts- und Schadensersatzansprüche hat es bis auf einen wegen Verjährung abgewiesenen Teil ebenfalls zugesprochen.
Die Berufung der Beklagten hatte nur insoweit Erfolg, als das Berufungsgericht die Klage hinsichtlich des Produkts "Steffi Love Dentist" unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abgewiesen hat.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter. Die Klägerin hat in der mündlichen Revisionsverhandlung erklärt, die in Prozeßstandschaft für die M. geltend gemachten Ansprüche würden nur hilfsweise zur Entscheidung gestellt.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klägerin von ihrer Muttergesellschaft wirksam ermächtigt worden ist, deren Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz durchzusetzen. Die Klägerin könne solche Ansprüche jedenfalls aus eigenem Recht geltend machen, weil sie in Deutschland die Alleinvertriebsberechtigte für "Barbie"-Puppen sei. Das pauschale Bestreiten der Alleinvertriebsberechtigung durch die Beklagte sei unbeachtlich.
Die Klage sei, soweit sie nicht die Ausstattung "Steffi Love Dentist" betreffe , gemäß § 1 UWG (a.F.) unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung begründet. Die von der Klägerin vertriebenen Produkte hätten durchweg schon von Hause aus eine wettbewerbliche Eigenart, die durch hohe Werbeaufwendungen noch gesteigert worden sei. Es möge sein, daß das den Puppen der Klägerin beigegebene Zubehör und ihre Bekleidung als solche für die jeweilige Spielsituation typisch seien. Maßgeblich sei aber die Art und Weise der Gestaltung der Puppen und der Zubehörteile. Die wettbewerbliche Eigenart der Produkte der Klägerin sei auch nicht durch das wettbewerbliche Umfeld geschwächt worden. Der gegenteilige, erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichte neue Vortrag der Beklagten sei als verspätet zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat weiter die Ansicht vertreten, daß die "Steffi Love"-Produkte "Bakery Fun", "Trendy Living", "Baby Sitter", "Ultra Hair" und "Dr. Steffi Animal" Nachahmungen der entsprechenden Produkte der Klägerin seien. Es bestehe die Gefahr der Verwechslung der Produkte, auch wenn die Beklagte ihre Puppen als "Steffi Love" bezeichne.

Die Klageansprüche seien, soweit sie zuzuerkennen seien, weder verwirkt noch verjährt.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten entschieden hat, und zur vollständigen Abweisung der Klage.
I. Die auf eigenes Recht gestützten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche der Klägerin, die Beklagte zur Unterlassung und Auskunftserteilung zu verurteilen sowie ihre Schadensersatzpflicht festzustellen, sind - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - unbegründet.
1. Nach Erlaß des Berufungsurteils ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) in Kraft getreten und zugleich das frühere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb außer Kraft getreten (§ 22 UWG). Diese Rechtsänderung ist auch im Revisionsverfahren zu beachten.
Die in die Zukunft gerichteten Unterlassungsansprüche der Klägerin, die auf Wiederholungsgefahr gestützt sind, können nur bestehen, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten zur Zeit seiner Begehung solche Unterlassungsansprüche begründet hat und diese Ansprüche auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 290/00, GRUR 2003, 622, 623 = WRP 2003, 891 - Abonnementvertrag; Urt. v. 1.4.2004 - I ZR 317/01, GRUR 2004, 693, 694 = WRP 2004, 899 - Schöner Wetten, für BGHZ bestimmt). Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche und - als Hilfsansprüche zur Durchsetzung der
Schadensersatzansprüche - Auskunftsansprüche zustehen, richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlung geltenden Recht und somit hier nach § 1 UWG a.F.
2. Nach den zu § 1 UWG a.F. entwickelten Grundsätzen, die nunmehr in §§ 3, 4 Nr. 9 UWG verankert sind, können Ansprüche aus sog. ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen die Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses begründet sein, wenn bei dem Vertrieb von Nachahmungen eines Erzeugnisses die Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlassen hat (vgl. BGH, Urt. v. 15.7.2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 943 = WRP 2004, 1498 - Metallbett, m.w.N.). Dieser ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz gegen eine vermeidbare Herkunftstäuschung hat nicht nur zur Voraussetzung, daß das nachgeahmte Erzeugnis wettbewerbliche Eigenart besitzt, sondern in aller Regel auch, daß es bei den maßgeblichen Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Es genügt jedenfalls, daß das wettbewerblich eigenartige Erzeugnis bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bekanntheit erreicht hat, daß sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 277 = WRP 2002, 207 - Noppenbahnen ; BGH GRUR 2004, 941, 943 - Metallbett). Die erforderliche wettbewerbliche Eigenart ist gegeben, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.2002 - I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 360 = WRP 2003, 496 - Pflegebett). Zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart , der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht eine Wechselwirkung. Je größer die
wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme ist, desto geringer sind die Anforderungen an die besonderen Umstände, die die Wettbewerbswidrigkeit begründen (vgl. BGH GRUR 2004, 941, 942 - Metallbett, m.w.N.).
3. Bei Anwendung dieser Grundsätze kann das beanstandete Verhalten der Beklagten nicht als wettbewerbswidrig beurteilt werden.

a) Die Klägerin begehrt nach ihrem Klagevorbringen wettbewerbsrechtlichen Schutz gegen vermeidbare Herkunftstäuschung nicht für die "Barbie"-Puppen als solche, sondern für ihre Ausstattungen "Sitz Trend Barbie", "Baby Sitter Skipper", "Trend Frisuren Barbie", "Tierärztin Barbie" und "Back Spaß", d.h. für die unter diesen Bezeichnungen vertriebenen Zusammenstellungen von "Barbie" -Puppen mit dem Zubehör für die betreffenden Spielsituationen.

b) Für das Revisionsverfahren kann unterstellt werden, daß die von der Klägerin als nachgeahmt bezeichneten Ausstattungen die erforderliche wettbewerbliche Eigenart und die für einen Schutz gegen vermeidbare Herkunftstäuschung notwendige gewisse Bekanntheit besitzen.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die genannten Ausstattungen jeweils schon von Hause aus die erforderliche wettbewerbliche Eigenart aufweisen und diese durch hohe Werbeaufwendungen noch erheblich gesteigert worden sei. Es möge zwar sein, daß die Kleider der Puppen und das beigegebene Zubehör für sich genommen Allerweltsgegenstände seien. Maßgeblich sei aber die Art und Weise, wie die Puppe selbst und die Zubehörteile gestaltet seien. Eine Schwächung der wettbewerblichen Eigenart durch das wettbewerbliche Umfeld sei nicht anzunehmen. Bei dieser Beurteilung sei das erst
nach Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichte Tatsachenvorbringen der Beklagten als verspätet nicht zu berücksichtigen.
bb) Diese Beurteilung wird von der Revision mit Verfahrensrügen angegriffen. Für die Annahme, daß die einzelnen von der Klägerin als nachgeahmt bezeichneten Ausstattungen schon von Hause aus wettbewerbliche Eigenart besitzen, spricht jedoch die individuelle Ausgestaltung ihrer Einzelelemente und ihrer Zusammenstellung. Zudem wird den einzelnen Ausstattungen die unstreitig sehr bekannte Puppe "Barbie" beigegeben. Dies deutet darauf hin, daß die angesprochenen Verkehrskreise diese Produkte zumindest in einem für den Schutz gegen vermeidbare Herkunftstäuschung ausreichenden Umfang der Herstellerin dieser Puppe zuordnen. Die Frage, ob die Revisionsrügen gegen die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart durchgreifen, kann aber letztlich offenbleiben, weil die Klageansprüche ohne Rücksicht auf die Beurteilung dieser Frage nicht begründet sind.

c) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts sind die besonderen Merkmale, die den verschiedenen "Barbie"-Produkten wettbewerbliche Eigenart geben können, bei den beanstandeten "Steffi Love"-Ausstattungen jedenfalls nicht in einer Weise übernommen, daß eine noch relevante Herkunftstäuschung in Betracht käme.
aa) Der Erörterung im einzelnen sind folgende, für alle Ausstattungen geltenden Erwägungen voranzustellen:
(1) Das Berufungsgericht hat teilweise nicht berücksichtigt, daß sich die Klageanträge nicht gegen die beanstandeten Ausstattungen in ihren jeweiligen Verpackungen richten. Angegriffen sind nach dem Klagevorbringen als konkrete Verletzungsformen vielmehr die Zusammenstellungen von Puppen mit ihrem
Zubehör als Ausstattungen für die verschiedenen Spielsituationen, so wie sich diese in ausgepacktem Zustand darstellen und in den Katalogen der Beklagten abgebildet sind. Dem entspricht die Fassung der Anträge, in denen die angegriffenen Produkte der Beklagten fast durchweg in den Abbildungen ihrer Kataloge wiedergegeben sind. Eine Ausnahme bildet lediglich die Ausstattung "Steffi Love Bakery Fun". In diesem Fall hat die Klägerin in ihren Klageantrag eine Abbildung der Puppe mit ihrem Zubehör in der Verpackung, in der diese Ausstattung vertrieben wird, aufgenommen. Auch insoweit zeigt aber die für alle angegriffenen Verletzungsformen gegebene Begründung, daß die Ausstattung unabhängig von der Art und Weise der Verpackung angegriffen wird.
(2) Bei der Prüfung, ob eine Herkunftstäuschung vorliegt, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, daß sich die Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Erzeugnisse auf ihre Gesamtwirkung beziehen muß (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 632 = WRP 2002, 1058 - Blendsegel). Es hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht hinreichend beachtet, daß es für die Annahme einer wettbewerbsrechtlich relevanten Herkunftstäuschung darauf ankommt, daß gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (vgl. BGHZ 141, 329, 340 - Tele-Info-CD; BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung). Ähnlichkeiten in Merkmalen, denen der Verkehr keine herku nftshinweisende Bedeutung beimißt, genügen nicht, ebensowenig Ähnlich keiten, die - allein oder zusammen mit anderen - allenfalls Erinnerungen oder Assoziationen an das Produkt, für das wettbewerbsrechtlicher Schutz begehrt wird, wachrufen können , aber nicht hinreichend geeignet sind, über die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen zu täuschen (vgl. BGH, Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 60/99, GRUR 2002, 809, 812 = WRP 2002, 982 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I).
Zudem ist hier zu berücksichtigen, daß die Idee, für eine typische Spielsituation Puppen mit dem entsprechenden Zubehör herzustellen und zu vertreiben , im Interesse der Freiheit des Wettbewerbs grundsätzlich keinen Schutz genießen kann. Dies gilt auch dann, wenn die von der Klägerin vertriebenen Ausstattungen aufgrund ihrer Werbeanstrengungen auf dem Markt bekannt geworden sein sollten und es schon deshalb naheliegen sollte, entsprechende Erzeugnisse demselben Unternehmen zuzurechnen (vgl. dazu auch BGH GRUR 2003, 359, 361 - Pflegebett). Dementsprechend kann eine wettbewerbswidrige Herkunftstäuschung schon aus Rechtsgründen nicht mit einer Ähnlichkeit in Merkmalen, die bei einer Ausstattung für eine bestimmte Spielsituation geradezu selbstverständlich oder jedenfalls naheliegend sind (wie insbesondere das Vorhandensein bestimmten Zubehörs) begründet werden. Als herkunftshinweisend kann in solchen Fällen nur eine besondere Gestaltung oder unter Umständen eine besondere Kombination der Merkmale angesehen werden.
(3) Die Klägerin macht - auch mit Rücksicht auf eine Abgrenzungsvereinbarung der Parteien - nicht geltend, daß bereits die Gestaltung der "Steffi Love"-Puppen als solche zu einer Herkunftstäuschung führe. Die Puppengröße entspricht im übrigen mit 29 cm unstreitig einer branchenüblichen Norm.
bb) Hinsichtlich der einzelnen angegriffenen Ausstattungen ist danach folgendes auszuführen:
(1) "Steffi Love Trendy Living"
Die Klägerin beanstandet die mit dem Klageantrag zu I. 1. a) angegriffene Ausstattung "Steffi Love Trendy Living" (nachstehend rechts) als Nachahmung ihrer Ausstattung "Sitz Trend Barbie" (nachstehend links).

aaa) Das Berufungsgericht hat die wettbewerbliche Eigenart der Ausstattung "Sitz Trend Barbie" in der Kombination der modisch gekleideten Puppen mit aufblasbaren Sitzmöbeln aus einfarbigem Plastik gesehen. Die Puppen der Klägerin trügen ein Oberteil, das zu dem Plastikmaterial passe und teilweise ebenfalls aus Plastik bestehe. Die Ausstattung "Steffi Love Trendy Living" stimme mit der Ausstattung "Sitz Trend Barbie" im Gesamteindruck derart überein, daß eine Verwechslungsgefahr bestehe. Auch bei der Bekleidung der Puppe "Steffi Love" finde sich das Plastikoberteil, das zum Plastikmaterial der in leuchtenden Farben gehaltenen Sitzmöbel passe. Die Unterschiede bei der Gestaltung der Puppen, der Sitzmöbel und des Zubehörs seien geringfügig und träten gegenüber den Übereinstimmungen zurück. Es komme hinzu, daß die Puppe "Steffi Love" auch die typische Überlänge der Puppen der Klägerin aufweise.
bbb) Bei dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt , daß die Klägerin keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz für den Gedanken beanspruchen kann, einer modisch gekleideten Anziehpuppe (in der als solcher nicht angegriffenen Gestaltung der Puppe "Steffi Love") aufblasbare Sitzmöbel aus einfarbigem Plastik beizugeben. Sieht man - wie aus Rechtsgründen gebo-
ten - von der Übereinstimmung der beiderseitigen Ausstattungen in diesem Kern ab, reichen die gegebenen Übereinstimmungen in individuell gewählten Elementen, auch dann, wenn ihnen eine herkunftshinweisende Bedeutung beigemessen werden kann, nicht hin, um eine Herkunftstäuschung zu begründen. Auf Übereinstimmungen in der Gestaltung der Puppen selbst kann - wie dargelegt - nicht abgestellt werden. In der Bekleidung der Puppen der Klägerin und der "Steffi Love"-Puppen gibt es nach Schnitt, Farbgebung und Material kaum Gemeinsamkeiten. Selbst der Gedanke, bei dem Bekleidungsoberteil der Puppen Plastikmaterial zu verwenden, ist bei den beiderseitigen Produkten sehr verschieden verwirklicht worden. Anders als die "Barbie"-Puppen tragen die "Steffi Love"-Puppen kein anliegendes schulterfreies Oberteil, sondern locker über dunkelfarbige Pullis gehängte durchsichtige Plastikwesten. Diese Unterschiede können - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht mit der Begründung als bedeutungslos angesehen werden, dem Verkehr sei bekannt, daß die Klägerin ihre Puppen mit den unterschiedlichsten Kleidungsstücken versehe, da ergänzender wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz nur für konkrete Gestaltungen gewährt werden kann. Die Sitzmöbel weisen in Farbe und Form ebenfalls erhebliche Unterschiede auf. Am auffallendsten ist dabei, daß die Sitzmöbel bei der Ausstattung der Klägerin rosa, gelb und grün sind, bei der Ausstattung der Beklagten rot und blau.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts lehnt sich die Beklagte im übrigen mit der Bezeichnung "Steffi Love Trendy Living" an das Produkt "Sitz Trend Barbie" auch nicht in einer Weise an, die eine Herkunftstäuschung nennenswert unterstützen könnte.
(2) "Steffi Love Baby Sitter"
Nach Ansicht der Klägerin ist die mit dem Klageantrag zu I. 1. b) angegriffene Ausstattung "Steffi Love Baby Sitter" (nachstehend rechts) eine Nachahmung der Ausstattung "Baby Sitter Teen Skipper" (nachstehend links).

aaa) Die wettbewerbliche Eigenart der Ausstattung "Baby Sitter Teen Skipper" hat das Berufungsgericht ganz wesentlich in dem Umstand gesehen, daß die Puppe in der Spielsituation einer Mutter von Vierlingen im Säuglingsalter auftrete. Diese Eigenart habe die Beklagte übernommen. Die Übereinstimmungen gingen weiter bis ins Detail. Bei beiden Puppen befänden sich zwei Kinder in einem Tragekorb, die beiden anderen in einem Tragegestell am Körper der Mutter. Zudem stimmten der Wickeltisch aus rosafarbener Pappe sowie die Größe und Anordnung der Babyausstattung (bestehend aus zwei Fläschchen und zwei Rasseln) überein. Die Kleidung der Puppe "Teen Skipper" zeichne sich durch einen buntgestreiften Pullover und eine karierte Hose aus.

bbb) Das Berufungsgericht hat auch bei der Beurteilung dieses Klageantrags nicht beachtet, daß der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz grundsätzlich nicht dazu dienen darf, Grundgedanken für die Gestaltung von Produkten gegen die Übernahme durch Wettbewerber zu schützen. Der Gedanke, einer Anziehpuppe, die nach ihrer Bezeichnung für die Spielsituation "Baby Sitter" bestimmt ist, vier Säuglingspuppen und naheliegendes Zubehör (wie Tragetasche, Tragegestell und Fläschchen) beizugeben, kann als gemeinfrei eine wettbewerbliche Eigenart nicht begründen. Die Ausgestaltung der beiderseitigen Ausstattungen im einzelnen ist sehr unterschiedlich. Das gilt nicht nur für das Zubehör, das nur der Art nach gleich ist. Auch die Frisur und die Bekleidung der Puppen weichen augenfällig voneinander ab. Zudem hat das Berufungsgericht teilweise zu Unrecht auf Übereinstimmungen in Einzelheiten abgestellt, die außerhalb der mit dem Antrag angegriffenen konkreten Verletzungsform liegen (z.B. auf das Vorhandensein eines rosafarbenen Wickeltisches sowie die Anordnung der Puppen). Eine unübersehbare Annäherung an die Puppe der Klägerin liegt lediglich darin, daß die Puppe "Steffi Love" ebenfalls einen mehrfarbigen quergestreiften Pullover, wenn auch in anderen Farben und Streifenbreiten, trägt. Diese Ähnlichkeit genügt jedoch für die Annahme einer Herkunftstäuschung nicht, zumal nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, daß einem solchen Merkmal herkunftshinweisende Bedeutung zukommt.
(3) "Steffi Love Ultra Hair"
Nach Ansicht der Klägerin wird mit dieser - mit Klageantrag zu I. 1. c) angegriffenen - Ausstattung (nachstehend rechts) die Ausstattung "Trend Frisuren Barbie" (nachstehend links) wettbewerbswidrig nachgeahmt.

aaa) Die wettbewerbliche Eigenart der Ausstattung "Trend Frisuren Barbie" hat das Berufungsgericht darin gesehen, daß die Anziehpuppe - gemessen an den Körperproportionen - überlanges Haar habe, in das scheinbar Buchstaben eingeflochten seien, sowie ein kurzes, enges und buntgestreiftes Minikleid trage, dessen Stoff mit glänzenden Fäden durchsetzt sei.
Die Puppe "Steffi Love Ultra Hair" sei verwechslungsfähig gestaltet. Sie habe nicht nur die unverhältnismäßig langen Haare, sondern sei auch mit einem Minikleid angezogen, das auffällig ähnlich gemustert sei. Die geringfügigen Abweichungen änderten am übereinstimmenden Gesamteindruck nichts. Solche Unterschiede bestünden etwa in der unterschiedlichen Grundfarbe der Bekleidung (lila bzw. gelb), im abweichenden Schnitt des Minikleides und darin, daß die Puppe "Steffi Love Ultra Hair" statt der Buchstaben ein in das Haar eingeflochtenes farbiges Band aufweise.
bbb) Diese Beurteilung ist rechtsfehlerhaft, weil sie wiederum nicht entscheidend auf die Übereinstimmungen der beiderseitigen Produkte in den herkunftshinweisenden Merkmalen abstellt. Das als Gestaltungsmerkmal der An-
ziehpuppe "Trend Frisuren Barbie" besonders auffällige überlange Haar kann nicht als herkunftshinweisend berücksichtigt werden, weil es als gemeinfreies, für eine Spielsituation der vorliegenden Art naheliegendes Motiv nicht für einen einzigen Wettbewerber durch Zuerkennung wettbewerbsrechtlicher Ansprüche monopolisiert werden darf. Das Berufungsgericht hat weiterhin für die Annahme einer Herkunftstäuschung die Ähnlichkeit (auch nur) eine s der Kleider der Ausstattung "Steffi Love Ultra Hair" mit dem Kleid der Anziehpuppe "Trend Frisuren Barbie" genügen lassen, ohne zu prüfen, ob einem solchen Gestaltungsmerkmal aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise bei einer Anziehpuppe überhaupt eine hinreichende herkunftshinweisende Bedeutung zukommt. Dies ist auch nicht selbstverständlich, weil eine Herkunftstäuschung nur bei einer gewissen, mit Herkunftsvorstellungen verbundenen Bekanntheit der übernommenen Merkmale in Betracht kommt. Aber auch dann, wenn die Bekleidung der "Trend Frisuren Barbie" als herkunftshinweisend angesehen wird, sind die Gestaltungsmerkmale der beiderseitigen Ausstattungen, soweit sie herkunftshinweisend sein könnten, so verschieden, daß entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts eine Herkunftstäuschung ausscheidet. Auffällig ist vor allem der Unterschied in der Haarfarbe und Haargestaltung: Während "Trend Frisuren Barbie" von ihrem blonden Haar bis zu den Oberschenkeln wie von einem Umhängemantel umgeben ist, hat "Steffi Love Ultra Hair" silbergraues, bis zum Boden reichendes Haar, das an einer Seite offen herabfällt, an der anderen Seite zu zwei Zöpfen geflochten ist.
(4) "Dr. Steffi Animal"
Mit ihrem Klageantrag zu I. 1. e) beanstandet die Klägerin die Ausstattung "Dr. Steffi Animal" (nachstehend rechts) als Nachahmung der "Tierärztin Barbie" (nachstehend links).

aaa) Nach Ansicht des Berufungsgerichts wird die wettbewerbliche Eigenart der "Tierärztin Barbie" maßgeblich durch die Bekleidung der "Barbie"Puppe mit einem kurzen weißen Kittel und einer rosafarbenen Hose begründet sowie dadurch, daß sie als Tierärztin einen Hund und eine Katze behandelt. Beigegeben seien ein Behandlungskoffer, ein Korb für die Tiere sowie Futternäpfe.
Die Ausstattung "Dr. Steffi Animal" übernehme nicht nur den Farbton Rosa bei der Bekleidung, sondern gerade auch Hund und Katze als behandelte Tiere und gebe ebenfalls einen Behandlungskoffer bei.
bbb) Auch bei dieser Beurteilung wird übergangen, daß der naheliegende Gedanke, einer Puppe für die Spielsituation "Tierarzt" einen Hund und eine Katze beizufügen, gemeinfrei ist. In allen sonstigen Einzelheiten, die herkunftshinweisend wirken könnten, sind die beiderseitigen Ausstattungen sehr unterschiedlich gestaltet. Dies gilt ebenso für die Bekleidung der Puppe (insbesondere nach Art, Schnitt und Farbe) wie für die Gestaltung der Tiere und des Arztkoffers , der sich als einziges Arztzubehör wenigstens seiner Art nach in der Ausstattung der Beklagten wiederfindet. Der Umstand, daß die Verwendung
eines rosa Farbtons für den Kittel von "Dr. Steffi Animal" geeignet sein kann, Assoziationen an die Farbe der Hose von "Tierärztin Barbie" wachzurufen, genügt als Grundlage für die Annahme einer wettbewerbswidrigen Herkunftstäuschung nicht.
(5) "Steffi Love Bakery Fun"
Mit dem Klageantrag zu I. 1. f) wird die Ausstattung "Steffi Love Bakery Fun" (nachstehend rechts) als Nachahmung der Ausstattung "Back Spaß Barbie" (nachstehend links) angegriffen.

aaa) Das Berufungsgericht hat die wettbewerbliche Eigenart der "Back Spaß Barbie" in der Kombination folgender Merkmale gesehen: Im rechten Teil der Verpackung sei die Anziehpuppe, die ein rosafarbenes T-Shirt, einen jeansfarbenen Minirock und darüber eine Schürze mit aufgedruckter Kaffeekanne
trage. Links neben der Puppe befinde sich ein kleiner weißer Tisch, auf dem ein Küchenmixer nebst Mixschüssel stehe. Daneben würden Schöpflöffel, Pfannenwender , Haarbürste und rosafarbene herzförmige Ausstechformen als Zubehör mitgegeben.
Nach dem maßgeblichen Gesamteindruck bestehe zwischen der Ausstattung "Steffi Love Bakery Fun" und der Ausstattung "Back Spaß Barbie" eine hohe Ähnlichkeit. Schon die gleichförmige Anordnung in nerhalb der Verpakkung , nämlich die Position der Puppe rechts, des Tisches mit Aufsatz bzw. der Spüle links unten und der Küchenzubehörteile darüber, lasse den Verbraucher, der das Produkt der Klägerin zwar kenne, aber nicht aktuell vor Augen habe, angesichts der angegriffenen Ausstattung annehmen, es handele sich um "Back Spaß Barbie". Dieser Eindruck werde durch die Parallelen bei der Kleidung , nämlich dem rosafarbenen Trikot und der Schürze in ihrer typischen Farbe , bei der Farbe des Küchentischs bzw. der Spüle, bei den hängenden Bestecken, dem Küchenmixer und den - wenn auch geringfügig abweichenden - Ausstechformen noch verstärkt.
bbb) Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme einer wettbewerbswidrigen Herkunftstäuschung zunächst nicht berücksichtigt, daß sich der Klageantrag - wie bereits dargelegt - nach seiner Begründung nicht gegen das Produkt "Steffi Love Bakery Fun" wendet, so wie dieses in der Verpackung vertrieben wird, sondern gegen diese Ausstattung als Zusammenstellung der Anziehpuppe "Steffi Love" mit bestimmtem Zubehör. Es hat weiter nicht beachtet, daß gemeinfreie Elemente schon aus Rechtsgründen nicht zur Begründung des Vorliegens einer wettbewerblichen Eigenart herangezogen werden dürfen. Ebenso wie jeder Wettbewerber eine Ausstattung für die Spielsituation "Bakken" vertreiben darf, ist es niemand verwehrt, für eine Anziehpuppe eine Schürze vorzusehen und als Zubehör die typischen Küchengeräte und einen weißen
Tisch oder eine Spüle in passender Größe beizugeben. Zudem stimmt das Zubehör bei den beiderseitigen Ausstattungen nach Zahl und Art nur in geringem Umfang überein. Auch bei der Gestaltung des Zubehörs gibt es ganz erhebliche und augenfällige Unterschiede. Der Umstand, daß die Verwendung der gängigen Spielzeugfarbe Rosa bei der Ausstattung "Bakery Fun" Assoziationen an das Produkt "Back Spaß Barbie" wecken kann, genügt für die Annahme einer wettbewerbswidrigen Herkunftstäuschung nicht.
cc) Bei der gegebenen Sachlage kommt es nicht mehr darauf an, ob die Beklagte alle zur Vermeidung von Herkunftstäuschungen zumutbaren Maßnahmen getroffen hat (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 19.10.2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 445 = WRP 2001, 534 - Viennetta; Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 823 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen). Das Berufungsgericht hat insoweit nicht berücksichtigt, daß die Beklagte für ihre Ausstattungen, mit Ausnahme der Ausstattung "Trendy Living", Produktbezeichnungen gewählt hat, die sich von den Bezeichnungen für die "Barbie"Ausstattungen klar unterscheiden. Ebenso ist in diesem Zusammenhang von Gewicht, daß die Ausstattungen der Beklagten in der vor allem maßgeblichen Verkaufssituation dem Verbraucher in einer besonderen Verpackung vorliegen und mit der Marke der Beklagten versehen sind. Sollte gleichwohl eine restliche Gefahr einer Herkunftstäuschung verbleiben, wäre dies hinzunehmen, weil unter den gegebenen Umständen andernfalls wettbewerbsrechtlicher Schutz auch für gemeinfreie Elemente gewährt würde (vgl. BGH GRUR 2003, 359, 361 - Pflegebett, m.w.N.).
dd) Die Klägerin kann ihre Klage im übrigen auch nicht auf die Behauptung stützen, die Beklagte habe sich mit den angegriffenen Ausstattungen systematisch jeweils an neue "Barbie"-Produkte angehängt. Für die mit den Klageanträgen allein angegriffene Verwendung konkret bezeichneter Ausstattun-
gen, mit denen die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung verbunden sein soll, kommt es auf dieses Vorbringen ohnehin nicht an. Im übrigen steht das Aufgreifen von Ideen für neue Produkte bei Fehlen eines Sonderrechtsschutzes grundsätzlich jedermann frei, auch wenn ein anderer durch besondere Anstrengungen (insbesondere durch Werbemaßnahmen) den Boden für eine leichtere Vermarktung entsprechender Produkte bereitet hat.
4. Da die Klageansprüche der Klägerin danach ohnehin unbegründet sind, kann offenbleiben, ob das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, daß die Klägerin aufgrund Vertrages mit der M. in Deutschland allein zum Vertrieb der in den USA hergestellten "Barbie"-Puppen berechtigt und dementsprechend für wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung aus § 1 UWG a.F. aktivlegitimiert sei (vgl. zu dieser Frage BGHZ 138, 349, 353 - MAC Dog; BGH, Urt. v. 18.10.1990 - I ZR 283/88, GRUR 1991, 223, 224 f. - Finnischer Schmuck; BGH GRUR 2004, 941, 943 - Metallbett , m.w.N.).
II. Die von der Klägerin in Prozeßstandschaft für die M. erhobenen Klageansprüche sind ebenfalls unbegründet.
1. Die Klägerin ist allerdings durch die M. zur Geltendmachung ihrer Ansprüche wirksam ermächtigt worden.

a) Diese Frage ist als Prozeßvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGHZ 125, 196, 200 f.; 149, 165, 167). Die Zulässigkeit der gewillkürten Prozeßstandschaft beurteilt sich in einem Fall mit Auslandsberührung wie dem vorliegenden Fall grundsätzlich nach deutschem Prozeßrecht als der lex fori (vgl. BGHZ 125, 196, 199). Nach deutschem Recht richtet sich hier grundsätzlich auch die Frage der Wirksamkeit der Pro-
zeßführungsermächtigung (vgl. BGHZ 125, 196, 199 m.w.N.). Für die Beurteilung der Frage, ob die Ermächtigung von einer dazu vertretungsberechtigten Person erteilt wurde, ist hier dagegen das Gesellschaftsstatut maßgeblich.

b) Die Klägerin hat ihre Ermächtigung, die Ansprüche der M. im vorliegenden Rechtsstreit im eigenen Namen geltend zu machen, durch Vorlage einer Erklärung dieser Gesellschaft nachgewiesen.
2. Die auf das Recht der M. gestützten Ansprüche der Klägerin sind jedoch aus denselben Gründen wie ihre aus eigenem Recht hergeleiteten Ansprüche unbegründet, da es - wie dargelegt - an einer wettbewerbswidrigen Herkunftstäuschung fehlt.
C. Auf die Rechtsmittel der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es zu ihrem Nachteil erkannt hat, und das landgerichtliche Urteil im gleichen Umfang abzuändern. Die Klage war insgesamt abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 126/06 Verkündet am:
9. Oktober 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Gebäckpresse
Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster
Art. 5 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 11, 110a Abs. 5 Satz 2;

a) Der Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster entsteht
nach Art. 11, 110a Abs. 5 Satz 2 GGV nur, wenn das Geschmacksmuster der Öffentlichkeit
auf dem Territorium der Gemeinschaft erstmals zugänglich gemacht
wurde; eine Veröffentlichung außerhalb des Territoriums der Gemeinschaft genügt
- auch wenn sie den Fachkreisen innerhalb der Gemeinschaft bekannt sein konnte
- den Anforderungen des Art. 11 GGV nicht.

b) Offenbarungshandlungen des Rechtsinhabers außerhalb der Gemeinschaft sind
nach Art. 7 GGV neuheitsschädlich, wenn den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen
des betreffenden Wirtschaftszweigs das Geschmacksmuster im normalen
Geschäftsverlauf bekannt sein konnte.

c) Die für die Gefahr einer Herkunftstäuschung regelmäßig erforderliche Bekanntheit
des nachgeahmten Produkts muss - ungeachtet der einem Angehörigen eines
Verbandslandes der Pariser Verbandsübereinkunft nach Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1
PVÜ zukommenden Gleichstellung mit Inländern - auf dem inländischen Markt vorliegen
; die ausschließliche Bekanntheit des nachgeahmten Produkts im Ausland
reicht grundsätzlich nicht aus.
BGH, Urt. v. 9. Oktober 2008 - I ZR 126/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 7. Juni 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein in Hongkong ansässiges Unternehmen, stellt Haushaltsgeräte her und liefert diese an Vertriebsunternehmen in Europa. Zu ihrem Produktprogramm gehört eine elektrische Gebäckpresse. Diese meldete die Klägerin beim chinesischen Patentamt am 24. Juli 2001 als Geschmacksmuster und am 11. Oktober 2001 als Patent an. Das Geschmacksmuster wurde am 8. Mai 2002, das Patent am 31. Juli 2002 in China veröffentlicht.
2
Die Beklagte ist ein bekanntes Unternehmen, das in ihren Filialen neben Kaffee eine Vielzahl unterschiedlicher Waren, darunter auch Haushaltsgeräte, vertreibt. Sie trat Mitte des Jahres 2003 an die Klägerin heran und verhandelte mit ihr über den Erwerb einer größeren Zahl von Gebäckpressen. Die Verhandlungen der Parteien führten jedoch zu keinem Vertragsschluss. Anfang November 2003 bot die Beklagte in ihren Filialen die im Klageantrag wiedergegebene elektrische Gebäckpresse an, die Ähnlichkeit mit der Gebäckpresse der Klägerin aufweist. Die Beklagte hat diese Gebäckpresse von der Streithelferin bezogen.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne für die von ihr hergestellte Gebäckpresse Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster beanspruchen. Das Geschmacksmuster sei durch Lieferungen an ein britisches Unternehmen in der Zeit von Juni bis Oktober 2002 erstmals innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zugänglich gemacht worden. Die Beklagte habe durch den Vertrieb ihrer Gebäckpresse das Klagegeschmacksmuster verletzt. Darüber hinaus habe die Beklagte mit der fast identischen Nachahmung der Gebäckpresse unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung auch wettbewerbswidrig gehandelt.
4
Die Klägerin hat beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr elektrische Gebäckpressen anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben, die nach Maßgabe der nachstehend wiedergegebenen Abbildungen gestaltet sind: 2. der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen begangen hat, und zwar unter Angabe
a) der Verkehrsmenge, der Verkaufszeiten und der Verkaufspreise ,
b) der betriebenen Werbung und der Bezeichnung der einzelnen Werbemittel, deren Auflagenhöhe, deren Gestehungskosten und des Umfangs ihrer Verbreitung,
c) der - bezogen auf die unter Ziffer 1 genannten Gebäckpressen - Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Kostenfaktoren; II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer 1 bezeichneten Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
5
Die Beklagte und die Streithelferin haben geltend gemacht, dass die Veröffentlichung des Klagemusters in China ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht habe begründen können. Die spätere Veröffentlichung in der Gemeinschaft habe ebenfalls kein Recht der Klägerin zur Entstehung bringen können, weil die Veröffentlichungen des Patentamts in Peking neuheitsschädlich seien.
6
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (OLG Hamburg OLG-Rep 2006, 909).
7
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte und die Streithelferin beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach Art. 19 Abs. 2, Art. 89 Abs. 1 lit. a der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV; ABl. Nr. L 3 v. 5.1.2002, S. 1) wegen Verletzung eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters und nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung sowie Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt :
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Das Geschmacksmuster der Klägerin sei zwar im Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung in China am 8. Mai 2002 neu und eigenartig gewesen. Jedoch könne eine Offenbarungshandlung außerhalb der Gemeinschaft gemäß Art. 11, 110a Abs. 5 Satz 2 GGV ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht begründen. Auch der Charakter des Schutzrechts als "Gemeinschaftsschutzrecht" lege es nahe, dass sein Schutz nicht durch eine Veröffentlichung an einem beliebigen Ort ohne jedweden Bezug zur Europäischen Union begründet werden könne. Die spätere Veröffentlichung des Musters in Großbritannien habe ein Schutzrecht der Klägerin ebenfalls nicht entstehen lassen. Da die Veröffentlichung des Geschmacksmusters in China den inländischen Fachkreisen habe bekannt sein können, sei das Geschmacksmuster zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung in der Gemeinschaft nicht mehr neu i.S. des Art. 5 Abs. 1 lit. a i.V. mit Art. 7 Abs. 1 GGV gewesen.
10
Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz berufen. Sie habe nichts da- für vorgetragen, dass die Gebäckpresse geeignet sei, in Deutschland auf die Klägerin bezogene Herkunfts- oder Gütevorstellungen auszulösen, selbst wenn die wettbewerbliche Eigenart der Gebäckpresse unterstellt werde. Aufgrund ihrer Vertriebsaktivitäten in Großbritannien habe die Klägerin ebenfalls keinen Ansprüche aus §§ 3, 4 Nr. 9 UWG auslösenden Besitzstand erworben.
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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
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1. Allerdings hält die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden keine Ansprüche aus einem nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu, der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
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a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch, soweit er auf das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gestützt ist, schon deshalb nicht besteht, weil im Laufe des Rechtsstreits die dreijährige Schutzfrist des Art. 11 Abs. 1 GGV für das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster abgelaufen ist. Es hat angenommen, dass die dreijährige Schutzdauer nach Art. 11 Abs. 1 GGV jedenfalls im Herbst 2005 endete. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet.
14
b) Der Ablauf der Schutzfrist lässt allerdings Auskunfts- und Schadensersatzansprüche (Art. 89 Abs. 1 lit. d GGV, § 42 Abs. 2 GeschmMG, § 242 BGB) wegen Verletzungen des Schutzrechts unberührt, die während seines Bestehens begangen worden sind (BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 603 = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen). Insoweit hat das Berufungsgericht aber mit Recht angenommen, dass ein Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht entstanden ist.
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aa) Ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster wird nach Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. a GGV geschützt, wenn es die Voraussetzungen der Verordnung erfüllt, insbesondere neu ist und Eigenart hat (Art. 4 Abs. 1, Art. 5, 6 GGV), und wenn es in der in dieser Verordnung vorgesehenen Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist.
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bb) Die erstmalige Offenbarung des Klagemusters in China erfüllt jedoch nicht die Voraussetzungen des Art. 11 GGV, weil hierdurch das Geschmacksmuster nicht im Sinne dieser Vorschrift der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Nach der Bestimmung des Art. 11 Abs. 1 GGV entsteht der Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster mit dem Tag, an dem es der Öffentlichkeit innerhalb der Gemeinschaft erstmals zugänglich gemacht wurde. Nach Art. 11 Abs. 2 Satz 1 GGV gilt ein Geschmacksmuster als der Öffentlichkeit innerhalb der Gemeinschaft zugänglich gemacht, wenn es in solcher Weise bekanntgemacht, ausgestellt, im Verkehr verwendet oder auf sonstige Weise offenbart wurde, dass dies den in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen des betreffenden Wirtschaftszweigs im normalen Geschäftsverlauf bekannt sein konnte. Eine Veröffentlichung außerhalb des Territoriums der Europäischen Gemeinschaft genügt - auch wenn sie den Fachkreisen innerhalb der Gemeinschaft bekannt sein konnte - den Anforderungen des Art. 11 GGV nicht.
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(1) Der Wortlaut des Art. 11 GGV schließt zwar nicht ausdrücklich aus, dass auch eine erstmalige Offenbarung außerhalb der Gemeinschaft für die Entstehung des Schutzes ausreichend sein kann, wenn dies den entsprechen- den Fachkreisen innerhalb der Gemeinschaft bekannt sein konnte. Dementsprechend war die Frage, ob eine Offenbarung innerhalb der Gemeinschaft erfolgen musste (so LG Frankfurt GRUR-RR 2005, 4, 5 f.; Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster , Art. 11 Rdn. 15; Rahlf/Gottschalk, GRUR Int. 2004, 821, 824 f.; Schennen in Festschrift für Eisenführ, 2003, S. 99, 107) oder ob es genügte , wenn das Muster der Öffentlichkeit außerhalb der Gemeinschaft offenbart wurde (Rother in Festschrift für Eisenführ, 2003, S. 85, 91; Maier/Schlötelburg , Leitfaden Gemeinschaftsgeschmacksmuster, S. 19), nach Inkrafttreten der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung zunächst umstritten. Der Wortlaut des Art. 11 Abs. 2 Satz 1 GGV legt allerdings im Hinblick auf die wiederholte Anführung des Territoriums der Gemeinschaft bereits den Schluss nahe , dass eine Offenbarung innerhalb der Gemeinschaft für eine Schutzentstehung erforderlich ist (vgl. Sáez, EIPR 2002, 585, 588). Für diese Auslegung spricht zudem ein Vergleich mit Art. 7 GGV, der bestimmt, wann ein Geschmacksmuster der Öffentlichkeit zugänglich gemacht ist und deshalb zum vorbestehenden Formenschatz gehört. Diese Vorschrift sieht eine Veröffentlichung innerhalb der Gemeinschaft nicht vor, was gerade auf einen Unterschied zwischen Art. 7 und Art. 11 GGV hindeutet (Ruhl aaO Art. 11 Rdn. 15).
18
(2) Aus der im Jahre 2003 mit Wirkung ab 1. Mai 2004 eingefügten Vorschrift des Art. 110a Abs. 5 Satz 2 GGV (ABl. Nr. L 236 v. 23.9.2003, S. 344) ergibt sich nunmehr eindeutig, dass der Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nur entstehen kann, wenn das Muster der Öffentlichkeit auf dem Territorium der Gemeinschaft erstmals zugänglich gemacht wird. Danach genießt ein Geschmacksmuster, das nicht in der Gemeinschaft öffentlich zugänglich gemacht wurde, keinen Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster gemäß Art. 11 GGV. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber mit der Ein- führung der Vorschrift des Art. 110a Abs. 5 Satz 2 GGV ersichtlich nur eine Klarstellung des Wortlauts des Art. 11 GGV ohne dessen inhaltliche Änderung bezweckt hat. Die Vorschrift wurde zwar erst anlässlich des Beitritts der neuen Mitgliedstaaten zum 1. Mai 2004 in die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung aufgenommen. Sie betrifft inhaltlich aber eine nicht auf den Beitritt bezogene Klarstellung der Regelung des Art. 11 GGV. Dies entspricht auch der nahezu einhelligen Auffassung in der Literatur nach Einführung des Art. 110a Abs. 5 Satz 2 GGV, die dementsprechend die Ansicht vertritt, dass die Offenbarung des Musters auf dem Territorium der Gemeinschaft stattgefunden haben muss, um den Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster entstehen zu lassen (Ruhl aaO Art. 11 Rdn. 15 und Art. 110a Rdn. 12; Bulling/Hellwig/Langöhrig, Geschmacksmuster, 2. Aufl. Rdn. 108; Auler in Büscher /Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urheberrecht, Medienrecht, Teil 1, Kap. 11, Art. 11 GGV Rdn. 5; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., Allgemeines Rdn. 18; Gottschalk, Der Schutz des Designs nach deutschem und europäischem Recht, 2005, S. 96; Gottschalk/Gottschalk, GRUR Int. 2006, 461, 464; Bulling, Mitt. 2004, 254, 257; Folliard-Monguiral/Rogers, EIPR 2004, 48, 57; Fischoeder in Stöckel/Lüken, Handbuch Marken- und Designrecht, 2. Aufl., S. 463; Maierhöfer, Geschmacksmusterschutz und UWG-Leistungsschutz, 2006, 101; Ecker, Das "öffentliche Zugänglichmachen" im Sinne des Art. 11 Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung , 2008, S. 96; a.A. - allerdings ohne Erwähnung des Art. 110a Abs. 5 Satz 2 GGV - Oldekop, WRP 2006, 801, 805).
19
(3) Diese Auslegung des Art. 11 GGV entspricht auch einem Gleichklang mit dem eingetragenem Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das eine Registrierung in der Gemeinschaft erfordert. Zwar besteht bei einer Veröffentlichung außerhalb der Gemeinschaft eine Schutzlücke im Hinblick auf eine beim nicht ein- getragenen Geschmacksmuster fehlende Neuheitsschonfrist. Dies ist jedoch unschädlich. Die Revisionserwiderung weist mit Recht darauf hin, dass es dem Musterinhaber, der sein Muster außerhalb des Territoriums der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht hat, grundsätzlich unbenommen bleibt, es innerhalb der Jahresfrist des Art. 7 Abs. 2 lit. b GGV eintragen zu lassen, um noch Geschmacksmusterschutz durch ein eingetragenes Recht zu erlangen (vgl. Sáez aaO S. 588).
20
(4) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG ist nicht erforderlich, weil der frühere Streit über die Auslegung des Art. 11 GGV durch die Klarstellung des Gemeinschaftsgesetzgebers in Art. 110a Abs. 5 Satz 2 GGV überholt ist.
21
cc) Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die erstmalige Veröffentlichung des Klagemusters in der Europäischen Gemeinschaft im Herbst 2002 ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht begründen konnte. Das in Rede stehende Muster war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr neu i.S. des Art. 5 Abs. 1 lit. a, Art. 7 Abs. 1 GGV.
22
(1) Nach Art. 5 Abs. 1 lit. a GGV gilt ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster als neu, wenn der Öffentlichkeit vor dem Tag seiner erstmaligen Veröffentlichung kein identisches Muster zugänglich gemacht worden ist. Art. 7 Abs. 1 GGV regelt, wann ein Geschmacksmuster der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist und daher zum vorbestehenden Formenschatz zählt. Anders als bei Art. 11 GGV kommt es im Rahmen des Art. 7 GGV nicht auf den Ort der Offenbarung an, so dass grundsätzlich auch eine Offenbarungshandlung außerhalb der Gemeinschaft neuheitsschädlich sein kann (Ruhl aaO Art. 7 Rdn. 8; Auler in Büscher/Dittmer/Schiwy aaO Art. 7 GGV Rdn. 4).

Dies gilt auch für Offenbarungshandlungen des Rechtsinhabers selbst, weil beim nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster die zwölfmonatige Neuheitsschonfrist des Art. 7 Abs. 2 GGV nicht gilt (Ruhl aaO Art. 11 Rdn. 16; Gottschalk aaO S. 67; Sáez aaO S. 588; Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein aaO Allgemeines Rdn. 18). Ein derart offenbartes Muster ist der Öffentlichkeit nur dann nicht zugänglich gemacht, wenn die in der Gemeinschaft tätigen Fachkreise des betreffenden Wirtschaftszweigs es trotz der Offenbarung im normalen Geschäftsverlauf nicht kennen können.
23
(2) Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Veröffentlichung des identischen Geschmacksmusters durch das chinesische Patentamt in Peking am 8. Mai 2002 der Neuheit des Klagemusters zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Veröffentlichung in der Europäischen Gemeinschaft im Herbst 2002 entgegensteht. Es hat hierzu festgestellt, dass der chinesische Markt für den Bereich der Entwicklung und Herstellung von Haushaltsgeräten ein wichtiger Markt ist. Es hat demnach mit Recht angenommen, dass die inländischen Fachkreise diesen Markt in ihre Beobachtung einbeziehen (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 29.1.2004 - I ZR 163/01, GRUR 2004, 427, 428 = WRP 2004, 613 - Computergehäuse). Das Berufungsgericht hat auch rechtsfehlerfrei angenommen , dass von der amtlichen Bekanntmachung des registrierten Schutzrechts Kenntnis genommen werden konnte.
24
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach §§ 8, 9, 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG i.V. mit § 242 BGB, § 1 UWG a.F. nicht zu, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung hingegen nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können derartige Ansprüche nicht verneint werden.

25
a) Mit Blick auf das im Laufe des Rechtsstreits in Kraft getretene neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und dem Auskunfts- und Schadensersatzanspruch andererseits zu unterscheiden. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Gefahren gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es andernfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt. Demgegenüber kommt es bei der Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung an. Nachdem die Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in § 4 Nr. 9 UWG lediglich die gesetzlichen Grundlagen, nicht aber den Inhalt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geändert hat (BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen ; vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks. 15/1487, S. 17), ist eine Differenzierung nach neuem und altem Recht nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 11.1.2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 19 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen; Urt. v. 30.4.2008 - I ZR 123/05, GRUR 2008, 793 Tz. 25 = WRP 2008, 1196 - Rillenkoffer).
26
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz im Streitfall nicht durch die Vorschriften der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung ausgeschlossen sind. Die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung lässt Bestimmungen der Mitgliedstaaten über den unlauteren Wettbewerb unberührt (Art. 96 Abs. 1 GGV). Dazu zählen auch die Vorschriften über den ergän- zenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nach den §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG, die sich gegen ein unlauteres Wettbewerbsverhalten richten, das in der vermeidbaren Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft der Produkte liegt. Von dieser Zielrichtung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb unterscheidet sich die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung, die in der Form des Gemeinschaftsgeschmacksmusters ein bestimmtes Leistungsergebnis schützt. Der zeitlich befristete Schutz für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster berührt daher nicht den zeitlich nicht von vornherein befristeten Anspruch aufgrund ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung nach den §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG, § 1 UWG a.F. (BGH, Urt. v. 15.9.2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79 Tz. 18 = WRP 2006, 75 - Jeans I; BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 346 Tz. 7 = WRP 2006, 467 - Jeans II).
27
c) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH, Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 24 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern; Urt. v. 24.5.2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 14 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege; BGH GRUR 2008, 793 Tz. 27 - Rillenkoffer). Danach können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses bestehen, wenn die Ge- fahr einer Herkunftstäuschung gegeben ist und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (BGH GRUR 2007, 339 Tz. 24 - Stufenleitern; GRUR 2007, 984 Tz. 30 - Gartenliege

).


28
d) Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass die Gebäckpresse der Klägerin über wettbewerbliche Eigenart verfügt. Es hat zudem offengelassen, ob die Beklagte die Leistung der Klägerin - wie von dieser geltend gemacht - fast identisch übernommen hat. Vom Vorliegen beider Voraussetzungen ist daher für die Revisionsinstanz auszugehen.
29
e) Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht im Inverkehrbringen der Gebäckpresse der Beklagten keine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG, § 1 UWG a.F. gesehen hat.
30
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Gebäckpresse der Klägerin in Deutschland von der Firma P. unter deren Marke in den Handel gebracht werde. In Großbritannien sei sie unter der Herstellerbezeichnung "R. H. " vertrieben worden. Vor diesem Hintergrund erschließe es sich nicht, aufgrund welcher Umstände der Verkehr Veranlassung haben sollte, etwaige Herkunftsvorstellungen gerade mit der Klägerin und nicht mit den auf den Geräten ausdrücklich namentlich genannten Unternehmen zu verbinden. Zwar sei es nicht erforderlich, dass die angesprochenen Verkehrskreise das nachgeahmte Produkt einem namentlich bekannten Unternehmen zuordneten. Weise das Produkt jedoch ausdrücklich auf ein anderes oder sogar mehrere andere Unternehmen hin als dasjenige, das die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gel- tend mache, könne ein ergänzender Leistungsschutz jedenfalls für das klagende Unternehmen nicht entstehen.
31
bb) Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist zwar im Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass der Verkehr das Unternehmen, dem er die ihm bekannte Ware zuschreibt, nicht namentlich zu kennen braucht. Es hat jedoch nicht hinreichend berücksichtigt, dass eine Täuschung des Verkehrs über die betriebliche Herkunft auch dann eintreten kann, wenn das nachgeahmte Produkt von einem Drittunternehmen unter dessen Kennzeichen vertrieben wird. Denn es genügt, dass der Verkehr die Vorstellung hat, die Ware sei von einem bestimmten Hersteller , wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden (BGH GRUR 2006, 79 Tz. 36 - Jeans I; GRUR 2007, 339 Tz. 40 - Stufenleitern; GRUR 2007, 984 Tz. 32 - Gartenliege). Nach den bisherigen Feststellungen kann dies entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht verneint werden.
32
(1) Die Tatsache, dass das Produkt der Klägerin in Deutschland von der Abnehmerin der Klägerin, der Firma P. , unter deren Kennzeichen vertrieben wird, ändert nichts daran, dass der Verkehr es einem bestimmten Hersteller zuordnet. Für einen ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG, § 1 UWG a.F. reicht die Gefahr einer vermeidbaren Herkunftstäuschung aus. Diese erfordert nicht, dass der Verkehr das nachgeahmte Produkt dem richtigen Hersteller zuordnet.
33
(2) Soweit das Berufungsgericht darüber hinaus festgestellt hat, dass die Gebäckpresse der Klägerin im "A. "-Katalog unter der Herstellerbezeichnung "R. H. " vertrieben wird, schließt auch dies eine Herkunftstäuschung nicht aus. Dies gilt schon deshalb, weil die Gebäckpresse nach den an anderer Stelle getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts unter der Bezeichnung "R. H. " nur in Großbritannien vertrieben wird, während sie in Deutschland unter der Bezeichnung "P. " in den Handel gebracht wird. Im Übrigen kann auch dann, wenn der Hersteller in der Vergangenheit einen Vertrieb unter verschiedenen Bezeichnungen zugelassen hat, eine Herkunftstäuschung nicht ohne weiteres verneint werden (vgl. BGH GRUR 2007, 984 Tz. 26, 32 - Gartenliege

).


34
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und, da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
35
Die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses setzt, sofern nicht Original und Nachahmung nebeneinander vertrieben werden und der Verkehr damit beide Produkte unmittelbar miteinander vergleichen kann, voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Es genügt bereits eine Bekanntheit, bei der sich die Gefahr der Herkunftstäuschung in noch relevantem Umfang ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (BGH GRUR 2007, 984 Tz. 34 - Gartenliege, m.w.N.). Maßgebend ist eine Bekanntheit auf dem inländischen Markt (vgl. BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 277 = WRP 2002, 207 - Noppenbahnen; Ullmann in Ullmann jurisPK-UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 80; Harte/Henning/Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 66; MünchKomm.UWG/ Wiebe, § 4 Nr. 9 Rdn. 120). Entscheidend ist der Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung (BGH GRUR 2007, 339 Tz. 39 - Stufenleitern). Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht bisher nicht getroffen. Im Ergebnis zutreffend hat es jedoch angenommen, dass der Klägerin nicht über Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 PVÜ eine eventuelle Bekanntheit des Produkts in Großbritannien zugute kommen kann. Der ausländische Wettbewerber genießt zwar gemäß Art. 1 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1 PVÜ Gleichbehandlung. Dies ändert jedoch nichts daran, dass auch er die nach inländischem Recht erforderlichen Tatbestandsmerkmale erfüllen muss (Ullmann in Ullmann jurisPK-UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 30 Fn. 21, Rdn. 80 Fn. 70; Harte/Henning/Sambuc aaO § 4 Nr. 9 Rdn. 170; Fezer/Götting, UWG, § 4-9 Rdn. 32; vgl. auch BGH, Urt. v. 26.10.1962 - I ZR 21/61, GRUR 1963, 152, 156 = WRP 1963, 87 - Rotaprint). Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung "Betonsteinelemente" (Urt. v. 21.3.1991 - I ZR 158/89, GRUR 1992, 523, 524 = WRP 1991, 575). In dieser Entscheidung hat es der Senat in einem Fall, in dem als Unlauterkeitsmerkmal die Ausnutzung vorvertraglich erbrachten Vertrauens stand, für die Zubilligung ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes und die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart nicht als erforderlich angesehen, dass ein Unternehmen sich durch den Vertrieb seiner Waren bereits einen wettbewerblichen Besitzstand im Inland geschaffen hat. Für die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses reicht die Eignung zur Herkunftstäuschung aus. Die wettbewerbliche Eigenart erfordert keine Bekanntheit des Produkts; die Bekanntheit spielt allein für die Frage einer (vermeidbaren) Herkunftstäuschung eine Rolle (BGH, Urt. v. 17.10.1996 - I ZR 153/94, GRUR 1997, 308, 310 = WRP 1997, 306 - Wärme fürs Leben). Der Vertrauensbruch, der in jenem Fall in Rede stand, und der nach der Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb der Vorschrift des § 4 Nr. 9 lit. c UWG unterfällt (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 18), setzt keine Bekanntheit im fraglichen Sinn voraus.
Bornkamm Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 20.05.2005 - 308 O 182/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 07.06.2006 - 5 U 96/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 170/05 Verkündet am:
26. Juni 2008
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ICON

a) Eine Nachahmung i.S. des § 4 Nr. 9 lit. a UWG setzt voraus, dass dem Hersteller
im Zeitpunkt der Schaffung des beanstandeten Produkts das Vorbild
bekannt ist und es sich nicht um eine selbständige Zweitentwicklung handelt.

b) Einen Unternehmer, der unabhängig von einem fremden Erzeugnis ein eigenes
Produkt entwickelt hat, trifft keine generelle Pflicht zur Wahrung eines
Abstands zu einem identischen oder ähnlichen Erzeugnis, das ein Mitbewerber
bereits auf den Markt gebracht hat.
BGH, Urt. v. 26. Juni 2008 - I ZR 170/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 2. September 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin produziert und vertreibt Büromöbel. Zu ihrer Produktpalette zählt das Möbelprogramm "ICON", das sie im Juni 2003 der Tagespresse vorstellte. Den dazugehörigen Schreibtisch vertreibt die Klägerin seit Herbst 2003 in folgender Aufmachung:
2
Für das Möbelprogramm "ICON" erhielt die Klägerin im März 2004 einen Preis des Design-Zentrums Nordrhein-Westfalen.
3
Die Beklagte ist ebenfalls eine Herstellerin von Büromöbeln. Sie vertreibt seit Mitte Februar 2004 den in den folgenden Abbildungen dargestellten Schreibtisch:
4
Die Klägerin behauptet, bei einem Besuch ihres Ausstellungsraums am 17. Dezember 2002 habe der Geschäftsführer der Beklagten den Schreibtisch der Modellreihe "ICON" gesehen. Sie ist der Meinung, der von der Beklagten vertriebene Schreibtisch in den vorstehend aufgeführten Gestaltungen sei eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Nachahmung ihres Produkts.

5
Die Klägerin hat beantragt, I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, ohne Einwilligung der Klägerin hergestellte Schreibtische, bestehend aus einer rechteckigen Tischplatte, vier rechteckigen Füßen, zwei Querträgern, die unterhalb und entlang der schmalen Kante der Tischplatte verlaufen und je zwei Füße miteinander verbinden, wie nachstehend wiedergegeben, anzukündigen , feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu bringen: (es folgen die vorstehenden Abbildungen des Schreibtisches der Beklagten); 2. der Klägerin Auskunft zu erteilen über die seit dem 17. Februar 2004 gemäß Ziffer 1 begangenen Handlungen und zwar im Einzelnen über
a) Namen und Adressen der gewerblichen Abnehmer,
b) Menge der hergestellten und ausgelieferten Exemplare,
c) Verkaufsmenge, Verkaufszeiten und Verkaufspreise,
d) erzielten Umsatz,
e) erzielten Gewinn,
f) Namen und Anschriften von Angebotsempfängern,
g) Zahl und Inhalt von Angebotsschreiben,
h) Art und Umfang der betriebenen Werbung aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern; II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die vorstehend unter Ziffer I 1 bezeichneten und seit dem 17. Februar 2004 begangenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird.
6
Die Beklagte hat behauptet, Schreibtische mit den Gestaltungsmerkmalen der Produkte der Parteien seien schon seit langem erhältlich. Das von ihr vertriebene Modell beruhe auf einer eigenen Entwicklung.

7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
8
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin den Klageantrag zu I 1 um die Merkmale ergänzt, die nach ihrer Ansicht die wettbewerbliche Eigenart ihres Schreibtischmodells ausmachen.
9
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Köln OLG-Rep 2006, 319 = MD 2005, 1393).
10
Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG, § 1 UWG a.F. sowie Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt :
12
Der von der Klägerin produzierte Schreibtisch verfüge zwar über wettbewerbliche Eigenart. Die gestalterischen Besonderheiten, die das Erscheinungsbild des Schreibtisches prägten, seien die Anordnung der Tischfüße und die Art der Anbringung der Tischplatte. Die Stellung der Tischbeine zeichne sich dadurch aus, dass die Längsseite der rechteckigen Metallfüße parallel zur Längsseite der Schreibtischplatte verlaufe. Der Querbalken, der die Tischbeine verbinde, sei waagerecht angeordnet, wodurch die klare Linienführung des Tisches nochmals verstärkt werde. Die Tischplatte sei an nach innen versetzten und dadurch versteckten Abstandhaltern montiert, wodurch der Eindruck einer "schwebenden" Tischplatte entstehe.
13
Der Schreibtisch der Beklagten sei aber trotz der nahezu identischen Gestaltung keine Nachahmung des Modells der Klägerin. Die Beklagte habe die angegriffene Ausführung unabhängig von dem Produkt der Klägerin eigenständig entwickelt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Beklagte ihr Modell zu einem Zeitpunkt entworfen habe, als die Klägerin ihr Schreibtischmodell noch nicht auf den Markt gebracht habe. Die Beklagte habe auch nicht auf andere Weise vor der Entwicklung des von ihr vertriebenen Schreibtisches Kenntnis von dem Produkt der Klägerin erlangt.
14
Das Verhalten der Beklagten sei auch nicht i.S. von § 3 UWG unlauter, weil sie mit dem Vertrieb ihres Schreibtischmodells erst Monate nach dem Markterfolg der Klägerin begonnen habe. Da es an einer Nachahmung fehle, müssten zusätzliche Unlauterkeitsmerkmale vorliegen. Diese könnten nicht in einer in § 4 Nr. 9 UWG aufgeführten Herkunftstäuschung oder Rufausbeutung liegen. Zusätzliche Umstände, die eine Unlauterkeit begründen könnten, seien im Streitfall nicht gegeben. Der Entwurf des Schreibtisches der Beklagten sei vollständig fertiggestellt gewesen, bevor sie Kenntnis von dem Modell der Klägerin erlangt habe. Eine generelle Pflicht zur Wahrung eines Abstands von dem Produkt der Klägerin treffe die Beklagte nicht.
15
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.

16
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden die geltend gemachten Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach §§ 8, 9, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG i.V. mit § 242 BGB, § 1 UWG a.F. nicht zu, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
17
a) Mit Blick auf das im Laufe des Rechtsstreits in Kraft getretene neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und dem Auskunfts- und Schadensersatzanspruch andererseits zu unterscheiden. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Gefahren gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt. Demgegenüber kommt es bei der Feststellung der Schadensersatzpflicht und der Verpflichtung zur Auskunftserteilung auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung an. Nachdem die Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in § 4 Nr. 9 UWG lediglich die gesetzlichen Grundlagen, nicht aber den Inhalt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geändert hat (BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen ; vgl. auch die Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/1487, S. 18), ist eine Differenzierung nach neuem und altem Recht nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 11.1.2007 - I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 19 = WRP 2007, 1076 - Handtaschen).
18
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH, Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 24 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern; Urt. v. 24.5.2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 14 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege).
19
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Schreibtisch der Modellreihe "ICON" über wettbewerbliche Eigenart verfügt.
20
aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH GRUR 2007, 984 Tz. 16 - Gartenliege). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Es hat angenommen, der Schreibtisch verfüge über gestalterische Besonderheiten, die sein Erscheinungsbild prägten. Diese lägen in der Anbringung der Tischplatte, die einen "schwebenden" Eindruck vermittele und in der parallelen Ausrichtung der Längsseite der rechteckigen Tischfüße zur Längsseite der Tischplatte. Der Schreibtisch verfüge über eine klare Linienführung, die noch durch den waagerechten Querbalken verstärkt werde, der die Tischbeine verbinde. Die Kombination dieser Gestaltungsmerkmale sei geeignet, dem Schreibtisch gegenüber vergleichbaren Modellen der Konkurrenz ein individuelles Erscheinungsbild zu verleihen und so auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen.

21
Dagegen wendet sich die Revisionserwiderung ohne Erfolg mit der Begründung , es handele sich um allgemein übliche Gestaltungsmerkmale, die zur Kennzeichnung der Herkunft des Schreibtisches nicht geeignet seien. Den maßgeblichen Verkehrskreisen seien verdeckt gelagerte Tischplatten und schlicht-elegante Gestaltungen von Schreibtischen bekannt. Davon unterscheide sich das Modell der Klägerin nicht so deutlich, dass der Verkehr aus der Kombination der Einzelmerkmale auf die betriebliche Herkunft schließe.
22
bb) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass auch die als neu empfundene Kombination bekannter Gestaltungselemente eine wettbewerbliche Eigenart begründen kann (vgl. BGH, Urt. v. 6.11.1997 - I ZR 102/95, GRUR 1998, 477, 478 = WRP 1998, 377 - Trachtenjanker; Urt. v. 15.9.2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79 Tz. 26 = WRP 2006, 75 - Jeans I). Diese Neuartigkeit der Kombination der Gestaltungselemente und des dadurch entstandenen Gesamteindrucks des in Rede stehenden Schreibtisches, der sich von den im Jahre 2003 auf dem Markt befindlichen Modellen deutlich abhebt , hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt.
23
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings in dem angegriffenen Modell der Beklagten keine Nachahmung des Produkts der Klägerin i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG gesehen.
24
aa) Eine Nachahmung setzt voraus, dass dem Hersteller im Zeitpunkt der Schaffung des beanstandeten Produkts das Vorbild bekannt war (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 633 unter II 1 d (3) a.E. = WRP 2002, 1058 - Blendsegel). Liegt diese Kenntnis nicht vor, sondern handelt es sich bei der angegriffenen Ausführung um eine selbständige Zweitentwicklung , ist schon begrifflich eine Nachahmung ausgeschlossen. Daran hat sich auch nichts dadurch geändert, dass für die Zuerkennung von Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG - anders als nach § 1 UWG a.F. (hierzu BGHZ 117, 115, 117 f. - Pullovermuster) - das Vorliegen eines subjektiven Unlauterkeitstatbestands nicht erforderlich ist (vgl. BGHZ 163, 265, 270 - Atemtest; 171, 73 Tz. 21 - Außendienstmitarbeiter). Von diesen Maßstäben ist auch das Berufungsgericht ausgegangen und hat nach Vernehmung der Zeugen S. und R. festgestellt , dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Entwicklung ihres Schreibtischmodells keine Kenntnis von dem in Rede stehenden Schreibtisch der Klägerin hatte.
25
bb) Die Revision macht dagegen geltend, die Frage einer Nachahmung sei rein objektiv zu bestimmen, wobei nicht auf den Zeitpunkt der Herstellung, sondern denjenigen der Markteinführung des angegriffenen Produkts abzustellen sei. Dem kann nicht zugestimmt werden.
26
Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz knüpft in sämtlichen Varianten des § 4 Nr. 9 lit. a bis c UWG an die wettbewerbsrechtlich unlautere Übernahme des fremden Leistungsergebnisses an. Davon ist bei einer Eigenentwicklung der angegriffenen Gestaltung unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Markteinführung nicht auszugehen.
27
Ohne Erfolg beruft sich die Revision zur Begründung ihrer gegenteiligen Ansicht auf eine richtlinienkonforme Auslegung des § 4 Nr. 9 lit. a UWG nach Art. 6 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken. Zwar ist während des Revisionsverfahrens die für die Umsetzung dieser Richtlinie gesetzte Frist abgelaufen (Art. 19 Satz 1). Nach Art. 19 Satz 3 der Richtlinie wären die Vorschriften, die zu ihrer Umsetzung erforderlich sind, spätestens ab dem 12. Dezember 2007 anzuwenden. Der Senat ist deshalb jedenfalls seit dem 12. Dezember 2007 gehalten, das innerstaatliche Recht richtlinienkonform auszulegen (vgl. EuGH, Urt. v. 4.7.2006 - C-212/04, Slg. 2006, I-6057 = NJW 2006, 2465 Tz. 115 und 124 - Adeneler/ELOG; BGH, Beschl. v. 5.6.2008 - I ZR 4/06, Tz. 9 - Millionen-Chance). Daraus kann die Klägerin aber schon deshalb keine für sie günstige Rechtsfolge ableiten, weil das Verhalten der Beklagten auch schon im Zeitpunkt der Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein muss (hierzu II 1 a). Zur Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten kann die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nicht herangezogen werden, weil die für die Umsetzung der Richtlinie vorgesehene Frist erst während des Revisionsverfahrens abgelaufen ist und jedenfalls eine zeitlich frühere richtlinienkonforme Auslegung vorliegend nicht in Betracht kommt (vgl. hierzu BGHZ 138, 55, 60 f. - Testpreis-Angebote).
28
cc) Das Berufungsgericht hat aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass die Beklagte ihr Schreibtischmodell zu einem Zeitpunkt entworfen hat, zu dem das Erzeugnis der Klägerin weder auf dem Markt war noch der Beklagten auf andere Weise bekannt geworden war. Es hat angenommen, der Zeuge S. habe Mitte 2002 ein Schreibtischmodell mit zwei Schreibtischfüßen und einem Sideboard entworfen. Dieses habe die Beklagte auch mit vier Schreibtischfüßen gefertigt. Zur Verminderung der bei dem Modell auftretenden Schwingungen sei die Gestaltung des Schreibtisches im November 2002 geändert worden. Es sei die Stellung der Schreibtischfüße mit der Längsseite parallel zur Schreibtischplatte geplant worden. Das Berufungsgericht hat diesen Hergang des Entwicklungsprozesses des Schreibtisches der Beklagten zusätzlich zu den Aussagen der Zeugen S. und R. aus den vier Zeichnungen einer Zulieferfirma vom 28. November 2002 gefolgert, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Schreibtischfüße in der An- ordnung zeigen, wie sie in dem Schreibtischmodell der Beklagten verwirklicht worden ist. Diese Beweiswürdigung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision stand.
29
Soweit die Revision geltend macht, entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts seien den vier Zeichnungen die in Rede stehende Stellung der Schreibtischfüße und die gegenüber den ursprünglichen Zeichnungen aus Juli 2002 erfolgten Änderungen nicht zu entnehmen, erläutert sie diese den tatrichterlichen Feststellungen widersprechende Schlussfolgerung nicht näher. Auf die Handskizze hat das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht gestützt. Auf die Ausführungen der Revision zu dieser Skizze kommt es daher nicht an. Das Berufungsgericht hat auch anhand der Zeugenaussagen nachvollziehbar den Grund für die Drehung der Schreibtischfüße mit einer Ausrichtung der Längsseite parallel zur Längsseite des Schreibtisches festgestellt. Die von der Klägerin im Anschluss an die Beweisaufnahme vorgelegte Darstellung des zeitlichen Ablaufs spricht ebenfalls nicht gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts und gegen eine Eigenentwicklung des Schreibtischmodells der Beklagten.
30
2. Das Verhalten der Beklagten ist auch nicht wettbewerbswidrig nach § 3 UWG, § 1 UWG a.F.
31
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Vorwurf der Unlauterkeit nach § 3 UWG auch daran anknüpfen kann, dass ein Produzent mit einem selbständig hergestellten, aber verwechselbaren Produkt zeitlich nach einem Konkurrenten auf den Markt kommt, weil dadurch der Markterfolg des Erstanbieters ausgenutzt werden kann. Da eine Nachahmung vorliegend nicht gegeben ist, hat das Berufungsgericht das Hinzutreten besonderer Unlauterkeitsmerkmale für notwendig angesehen, deren Vorliegen es verneint hat. Die- se Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand. Zu Unrecht meint die Revision, die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten ergebe sich im Streitfall daraus, dass die Beklagte, die erst Anfang 2004 mit ihrem Modell auf den Markt gekommen sei, keinen genügenden Abstand zu dem bereits im Herbst 2003 eingeführten Produkt der Klägerin eingehalten habe. Dieser Umstand kann für sich eine Unlauterkeit i.S. von § 3 UWG nicht begründen.
32
b) In der Rechtsprechung des Senats ist zwar anerkannt, dass die Aufzählung der Fallgruppen in § 4 Nr. 9 UWG nicht abschließend ist und eine unlautere Behinderung im Zusammenhang mit der Nachahmung eines Produkts wettbewerbswidrig sein kann. Liegt keiner der Fälle des § 4 Nr. 9 lit. a bis c UWG vor, kann mit Blick auf die grundsätzlich bestehende Nachahmungsfreiheit aber nur in Ausnahmefällen das Nachahmen eines fremden Produkts wettbewerbswidrig sein (vgl. BGH GRUR 2007, 795 Tz. 50 f. - Handtaschen). Da vorliegend schon nicht von einer Nachahmung des Produkts der Klägerin auszugehen ist, reichen allein eine etwaige Herkunftstäuschung oder eine Rufausbeutung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a oder b UWG nicht aus, um eine Unlauterkeit zu begründen. Umstände, aus denen sich eine unlautere Behinderung der Klägerin ergibt, hat das Berufungsgericht ebenfalls nicht festgestellt.
33
Zu Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Beklagte keine generelle Pflicht zur Abstandswahrung traf. Zwar hat der Senat in der Entscheidung "Buntstreifensatin II" (Urt. v. 18.12.1968 - I ZR 130/66, GRUR 1969, 292, 294) angenommen, dass einen Wettbewerber auch bei einer selbständigen Entwicklung eine Pflicht zur Prüfung treffen kann, ob er einen ausreichenden Abstand zum wettbewerblichen Umfeld wahrt. Diese Pflicht ist aber mit den Besonderheiten jenes Falls begründet worden, in dem der Wettbewerber sich an den bahnbrechenden Erfolg der Klagepartei angelehnt hatte.

Eine allgemeine wettbewerbsrechtliche Pflicht, einen ausreichenden Abstand vom wettbewerblichen Umfeld zu halten, besteht dagegen nicht. Denn derjenige , der unabhängig von einem fremden Erzeugnis ein eigenes Produkt selbst entwickelt hat oder entwickeln lässt, hat ein berechtigtes Interesse, es auf den Markt zu bringen (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.1961 - I ZR 132/59, GRUR 1961, 581, 582 = WRP 1961, 343 - Hummelfiguren II). Dies gilt in besonderem Maße, wenn das Produkt zu einer Zeit entwickelt worden ist, zu der das andere Erzeugnis noch nicht auf dem Markt oder sonst bekannt war und deshalb im Rahmen der Entwicklungsphase ein Abstand zu diesem Erzeugnis ohnehin nicht eingehalten werden konnte.

34
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Schaffert
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 16.11.2004 - 33 O 180/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 02.09.2005 - 6 U 221/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 144/06 Verkündet am:
2. April 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Knoblauchwürste
Im Rahmen des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes spricht eine unterschiedliche
Herstellerangabe in der Regel gegen eine Herkunftstäuschung im
weiteren Sinne. Dagegen räumt eine Handelsmarke auf dem nachgeahmten
Produkt die Gefahr der Herkunftstäuschung nicht notwendig aus; dies setzt indessen
voraus, dass der Verkehr die Handelsmarke als solche erkennt.
BGH, Urteil vom 2. April 2009 – I ZR 144/06 – OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 14. Juli 2006 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 29. Dezember 2005 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin stellt Wurst- und Fleischwaren her, die sie auch in Deutschland vertreibt, darunter eine Knoblauchwurst nach türkischer Art unter der Bezeichnung "EMRE". Diese wird unter der Dachmarke "EGETÜRK" in Deutschland in nachfolgend abgebildeter Produktverpackung vertrieben:
2
Die Beklagte handelt mit türkischen Lebensmittelprodukten. Sie bringt in Deutschland unter ihrer Marke "NAMLI" Knoblauchwürste türkischer Art in der nachfolgend abgebildeten Produktverpackung in den Verkehr:
3
Die Klägerin hält die Verpackungsausstattung der Beklagten für eine nahezu identische Nachahmung ihrer eigenen Produktausstattung und macht einen Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz geltend.
4
Sie hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, 1000g-Wurstpackungen mit dem Motiv "Doppellandschaft" so anzubieten und/oder zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen, wie nachstehend wiedergegeben (es folgt die vorstehende Abbildung der Produktverpackung der Beklagten

).

5
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
6
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG a.F, §§ 8, 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG 2004 zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
8
Die Verpackung der Klägerin verfüge über wettbewerbliche Eigenart. Die Gesamtanmutung genieße Schutz wegen der künstlerisch-ästhetischen Umsetzung der Gestaltungsidee, einer an naive Malerei erinnernden naturalistischen Tierdarstellung in einer idealisierten türkischen Landschaft. Der Eindruck werde maßgeblich geprägt durch die im Vordergrund des unteren Bereichs der Verpackung naturalistisch dargestellten Tiere, deren Fleisch für das Produkt verarbeitet werde. Diese sei eingebettet in eine grüne Wiesenlandschaft mit einer Bergkette im Hintergrund, vor einem kleinen Dorf mit Moschee nebst hohen Minaretten. Der Kontrast zwischen den leuchtenden Grün- und Blautönen der Landschaft und dem kräftigen Gelb des Verpackungshintergrunds trage zu dem Gesamteindruck naiver Landschaftsmalerei bei. Diese Gesamtanmutung finde sich im wettbewerblichen Umfeld nicht wieder, das entweder nur Landschaftsoder nur Tierdarstellungen verwende. Aufgrund der ganz erheblichen Umsätze, die in den Jahren 2002 bis 2004 in Deutschland mit Würsten in der Verpackungsausstattung der Klägerin erzielt worden seien, verbinde der Verkehr mit dieser Ausstattung Herkunftsvorstellungen.
9
Die angegriffene Produktausstattung ahme die Verpackungsgestaltung der Klägerin unlauter nach, weil sie deren prägende Elemente mit der Folge einer sehr ähnlichen Gesamtanmutung übernehme. Die feststellbaren Unterschiede der bildlichen Darstellung (nur ein Schaf, detailgenauere Ortsdarstellung , Wiedergabe eines Flusses im Bildvordergrund) seien nur geringfügig und blieben dem Verbraucher nicht in Erinnerung. Sie würden im Zusammenhang mit den auf den Produkten aufgebrachten unterschiedlichen Unternehmensund Produktkennzeichnungen zwar eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ausschließen. Nicht ausgeräumt sei aber die Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung. Unstreitig habe die Beklagte früher die Produkte der Klägerin als Großhändlerin vertrieben. Die Beklagte verweise selbst darauf, dass ihre Handelsmarke "NAMLI" bei den an türkischen Lebensmitteln interessierten Verkehrskreisen über eine erhebliche Bekanntheit verfüge. Begegneten dem Verbraucher mit der Marke "NAMLI" gekennzeichnete Wurstverpackungen, die erhebliche Ähnlichkeit mit den Produktausstattungen der Klägerin aufwiesen, werde er dem Irrtum unterliegen, es beständen (weiterhin) geschäftliche Verbindungen zwischen den Parteien. Bei Handelsmarken arbeite der Händler typischerweise mit dem nach außen nicht auftretenden Produkthersteller zusammen. Der Verbraucher werde dann auch nicht in seiner Vorstellung geschäftlicher Beziehungen berichtigt, wenn ihm die Produkte der Parteien nebeneinander in demselben Ladenlokal begegneten.
10
II. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus ergänzen- dem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG zu. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Produktverpackungen der Parteien stimmten nach ihrem Gesamteindruck derart überein, dass die Gefahr einer Verwechslung der betrieblichen Herkunft bestehe, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
1. Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch ist die im Revisionsverfahren eingetretene Rechtsänderung durch das Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 zu beachten (BGBl. I 2949; im Folgenden: UWG 2008). Der Unterlassungsanspruch besteht aber nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war. Dafür ist § 4 Nr. 9 UWG in der Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (UWG 2004) maßgeblich. Da es bereits an einer Wettbewerbswidrigkeit zur Zeit der Begehung fehlt, kann offenbleiben, ob Anhang Ziffer 13 zu § 3 Abs. 3 UWG 2008 die Auslegung des im Wortlaut unveränderten Anspruchs aus § 4 Nr. 9 UWG 2008 beeinflusst.
12
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses nach § 4 Nr. 9 UWG 2004 wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH, Urt. v. 19.10.2000 – I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 444 f. = WRP 2001, 534 – Viennetta; Urt. v. 21.2.2002 – I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 631 = WRP 2002, 1058 – Blendsegel; Urt. v. 28.10.2004 – I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 – Puppenausstattungen; Urt. v. 21.9.2006 – I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 24 = WRP 2007, 313 – Stufenleitern; Urt. v. 24.5.2007 – I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 14 = WRP 2007, 1455 – Gartenliege; GRUR 2008, 1115 Tz. 18 – ICON; Urt. v. 9.10.2008 – I ZR 126/06, GRUR 2009, 79 Tz. 27 = WRP 2009, 76 – Gebäckpresse ). Danach können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG 2004 bestehen, wenn die Gefahr einer Herkunftstäuschung gegeben ist und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (BGH GRUR 2005, 166, 167 – Puppenausstattung; GRUR 2007, 339 Tz. 24 – Stufenleitern; GRUR 2007, 984 Tz. 30 – Gartenliege).
13
3. Das Berufungsgericht hat der Produktverpackung der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zugesprochen, da die künstlerisch-ästhetische Umsetzung der im unteren Bereich der Verpackung befindlichen Tier- und Landschaftsdarstellung geeignet sei, auf die betriebliche Herkunft der Knoblauchwurst hinzuweisen. Ob diese Beurteilung den Angriffen der Revision standhält, kann dahinstehen. Denn die Revision wendet sich jedenfalls mit Erfolg dagegen , dass das Berufungsgericht das Unlauterkeitsmerkmal der vermeidbaren Herkunftstäuschung nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG 2004 bejaht hat.
14
Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht eine unmittelbare Herkunftstäuschung verneint, weil der Verkehr insbesondere wegen der auf den Produkten deutlich aufgebrachten Unternehmens- und Produktkennzeichnungen die unterschiedliche Herkunft der Produkte der Parteien erkennt. Es ist aber von einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne ausgegangen. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
15
Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liege vor, wenn der Verkehr die Nachahmung für ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers halte oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgehe (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 – I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 254 = WRP 2001, 153 – Messerkennzeichnung , m.w.N.; GRUR 2001, 443, 445 – Viennetta). Zu Unrecht hat es aber die Voraussetzungen einer solchen Herkunftstäuschung im weiteren Sinne bejaht.
16
Gegen die Annahme einer Herkunftstäuschung im weiteren Sinne spricht im Streitfall bereits die – auffällig angebrachte – unterschiedliche Herstellerangabe (vgl. BGH GRUR 2001, 251, 254 – Messerkennzeichnung; GRUR 2001, 443, 446 – Viennetta). Das Berufungsgericht ist allerdings davon ausgegangen, dass es sich bei der Bezeichnung "NAMLI" nicht um eine Herstellerangabe, sondern – für den Verkehr erkennbar – um eine Handelsmarke handelt. Die Beklagte selbst habe darauf verwiesen, dass sich ihre Handelsmarke "NAMLI" bei den an türkischen Lebensmitteln interessierten Verkehrskreisen einer nicht unerheblichen Bekanntheit erfreue. Der Verbraucher werde daher zwischen der Bezeichnung "EGETÜRK" der – als Herstellerin fungierenden – Klägerin und der Bezeichnung "NAMLI" der – nur mit dem Handel befassten – Beklagten unterscheiden. Für eine Handelsmarke sei typisch, dass ihr Inhaber mit dem nach außen regelmäßig nicht in Erscheinung tretenden Hersteller zusammenarbeite.
17
Mit Erfolg rügt die Revision, dass das Parteivorbringen für diese Annahme keine Grundlage bietet. Dass die Bezeichnung "NAMLI" dem Verkehr nicht als Herstellerangabe, sondern als Handelsmarke bekannt sei, lässt sich dem Parteivorbringen nicht entnehmen. Insbesondere hat die Beklagte, auf deren Vorbringen das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang verweist, selbst nicht vorgetragen, dass die Bezeichnung "NAMLI" als Handelsmarke verwendet worden sei und der Verkehr diese Bezeichnung als Handelsmarke kenne. Die Beklagte hat – worauf die Revision mit Recht hinweist – im Gegenteil in ihrem Vortrag deutlich gemacht, dass sie zu der Zeit, als sie Produkte der Klägerin als Großhändlerin vertrieben habe, diese stets in der originalen "EGETÜRK"-Ausstattung weiterveräußert habe, ohne eigene Kennzeichnungen anzubringen.
18
Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Verkehr die Bezeichnung "NAMLI" für eine Herstellerangabe hält. Zwar sind im Lebensmitteleinzelhandel Handelsmarken verbreitet. Sie werden jedoch vom Verkehr in der Regel nur dann als solche erkannt, wenn sie auf das fragliche Einzelhandelsunternehmen hinweisen. Dass die Beklagte unter der Bezeichnung "NAMLI" im Einzelhandel tätig wäre, lässt sich weder den getroffenen Feststellungen noch dem Parteivorbringen entnehmen.
19
4. Die vom Berufungsgericht angenommenen Übereinstimmungen der Produktverpackungen reichen nicht aus, um – ungeachtet der unterschiedlichen Herstellerangabe – eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne zu bejahen. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Verpackungsausstattung der Beklagten übernehme die prägenden Elemente der Produktverpackung der Klägerin mit der Folge eines in hohem Maße ähnlichen Gesamteindrucks, beruht – wie die Revision zu Recht rügt – auf einem unzureichenden Vergleich der einander gegenüberstehenden Verpackungsgestaltungen.
20
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend dargelegt, dass sich die Beurteilung der Ähnlichkeit der beiderseitigen Erzeugnisse auf deren Gesamtwirkung beziehen müsse (vgl. BGH GRUR 2001, 251, 253 – Messerkennzeichnung, m.w.N.; GRUR 2002, 629, 632 – Blendsegel; GRUR 2005, 166, 168 – Puppenausstattungen ; Urt. v. 24.3.2005 – I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 602 = WRP 2005, 878 – Handtuchklemmen; Urt. v. 11.1.2007 – I ZR 198/04, GRUR 2007, 795 Tz. 32 = WRP 2007, 1076 – Handtaschen).
21
Allerdings kann eine gestalterische Grundidee, die keinem Sonderschutz zugänglich wäre, nicht im Wege des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes für einen Wettbewerber monopolisiert werden (BGH GRUR 2002, 629, 633 – Blendsegel; BGH, Urt. v. 12.12.2002 – I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 361 = WRP 2003, 496 – Pflegebett; vgl. auch BGH GRUR 2005, 166, 168 – Puppenausstattungen). Um eine solche gestalterische Grundidee handelt es sich, wenn bestimmte Tiere und eine bestimmte Landschaft auf der Verpackung eines Produkts dargestellt werden, um auf wesentliche Zutaten und auf die regionale Herkunft des Produkts hinzuweisen. Dementsprechend kann eine Herkunftstäuschung nicht schon damit begründet werden, dass auf der beanstandeten Verpackung ebenso wie auf der Verpackung des Produkts der Klägerin Rinder und Schafe in türkischer Landschaft abgebildet sind. Ebenso wenig können Übereinstimmungen im Stil die Herkunftstäuschung begründen (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1978 – I ZR 160/76, GRUR 1979, 119, 120 = WRP 1979, 443 – Modeschmuck; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 9.23). Nicht ausreichend ist es daher, dass auf beiden Verpackungen Tiere und Landschaft naiv-naturalistisch dargestellt sind.
22
b) Wettbewerbsrechtlicher Leistungsschutz kommt vielmehr allein für die konkrete Umsetzung der gestalterischen Grundidee in Betracht. Im Streitfall besteht aber keine hinreichende Ähnlichkeit der Produktausstattungen, um einen Unterlassungsanspruch der Klägerin zu begründen. Die Unterschiede in der Gestaltung treten nicht etwa als geringfügig zurück; sie führen vielmehr zu einem abweichenden Gesamteindruck. Dies vermag der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen selbst zu entscheiden, ohne dass es einer weiteren Aufklärung durch den Tatrichter bedarf.
23
aa) Der Gesamteindruck der Produktverpackung der Klägerin wird von der einheitlichen Grundfarbe der Verpackungsausstattung bestimmt, die im unteren Verpackungsbereich randscharf von der bildlichen Darstellung abgetrennt ist. Es handelt sich – wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang festgestellt hat – um ein kräftiges Gelb, von dem sich die in blauer Farbe gehaltene Produktbezeichnung "EMRE" deutlich abhebt. Dieser starke Kontrast wird in abgeschwächter Form im unteren Verpackungsbereich wiederholt, in dem die Grundfarbe Gelb auf den blauen Himmel der bildlichen Darstellung trifft. Die Kennzeichnung "EGETÜRK" im oberen Verpackungsbereich nimmt das Rot der Umrandung des Klarsichtfensters auf, das auch den Hinweis auf die Lagertemperatur enthält. Insgesamt wird die Verpackung von dem gelben Grundton bestimmt. Diese Merkmale treten in ihrer Wirkung nicht gegenüber der bildlichen Darstellung im unteren Verpackungsbereich zurück.
24
bb) Im Gegensatz dazu weist die Produktverpackung der Beklagten keine einheitliche Grundfarbe auf, die Farbübergänge von den beiden bildlichen Darstellungen zu dem gelben Mittelbereich der Verpackung sind fließend. Es überwiegen die im oberen und unteren Bereich enthaltenen Farben Grün und Blau, die mit den beiden rot-weißen "NAMLI"-Zeichen kontrastieren. Die Landschaft im oberen Bildbereich ist von einer Banderole überspannt, unter der im rechten oberen Bereich Embleme abgebildet sind. In den unteren Bereich des Klarsichtfensters ragen zwar auch der Kopf und ein Teil des Rückens eines Rindes vor einem Schaf hinein, gleich darüber befindet sich aber in deutlichem Rot-Weiß-Kontrast das untere "NAMLI"-Zeichen.
25
cc) Hinzu kommen die vom Berufungsgericht festgestellten Unterschiede der bildlichen Darstellung im unteren Teil der Verpackung. Auf der Verpackung der Beklagten ist nur ein Schaf abgebildet. Die Darstellung eines türkischen Dorfes ist weiter in den Vordergrund gerückt und deshalb detailgenauer. Die Landschaft wird durch einen Fluss durchzogen, der mit einer Brücke überspannt ist. Die Tiergruppe ist außerdem anders platziert: Sie ist bei beiden Verpackungen unterhalb des Klarsichtfensters zu finden, bei der Verpackung der Klägerin in der Mitte, bei der der Beklagten am linken Verpackungsrand. Neben weiteren Details in der Darstellung weicht auch die Ausrichtung der Tiergruppe deutlich voneinander ab. Das Rind ist bei der Verpackung der Klägerin nach links gewandt, zwei Schafe nach rechts und das Lamm wiederum nach links. Bei der beanstandeten Produktverpackung der Beklagten sind Rind und Schaf nach rechts gewandt.
26
dd) Danach beschränken sich die Übereinstimmungen auf die rechteckige Verpackungsform mit ebenfalls rechteckigem Klarsichtfenster, auf die Verwendung der Farben Gelb, Blau, Grün und Rot – in unterschiedlichen Anteilen – und darauf, dass im unteren Bereich eine in das Klarsichtfenster hineinragende, wirklichkeitsnah dargestellte Tiergruppe in türkischer Landschaft abgebildet ist. Vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Herstellerangabe reichen diese Übereinstimmungen nicht aus, um eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne zu begründen.
27
III. Das angefochtene Urteil kann unter diesen Umständen keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben. Einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht bedarf es nicht. Dem Senat ist aufgrund der getroffenen Feststellungen eine abschließende Entscheidung möglich.
28
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 29.12.2005 - 31 O 792/04 -
OLG Köln, Entscheidung vom 14.07.2006 - 6 U 34/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 104/04 Verkündet am:
24. Mai 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Gartenliege

a) Bei der Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses können
auch Besonderheiten zu berücksichtigen sein, die dieses im Gebrauch
aufweist, auch wenn sie nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.

b) Das Erfordernis der wettbewerblichen Eigenart bezieht sich auf die konkrete
Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses, die diesem aus
der Sicht der Abnehmer zukommen. Es genügt für die Annahme wettbewerblicher
Eigenart, dass der angesprochene Verkehr aufgrund der Ausgestaltung
oder der Merkmale des Erzeugnisses die Vorstellung hat, es könne
wohl nur von einem bestimmten Anbieter oder einem mit diesem verbundenen
Unternehmen stammen. Zur Begründung einer wettbewerblichen Eigenart
kann es zudem ausreichen, dass die Gestaltung eines Erzeugnisses
die Eignung besitzt, auf seine Besonderheiten hinzuweisen.

c) Für die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ist es nicht erforderlich
, dass der Verkehr das Unternehmen, dem er die ihm bekannte Ware
zuschreibt, namentlich kennt. Vielmehr genügt es, dass er die Vorstellung
hat, die Ware sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser
heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den
Verkehr gebracht worden. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn die Ware
nicht unter einer Herstellerbezeichnung vertrieben wird.
BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - I ZR 104/04 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und
Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 16. Juni 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin stellt her und vertreibt seit Jahren unter der Bezeichnung "A. " eine Aluminium-Dreibeinliege, wie sie nachstehend abgebildet ist:
2
Die Beklagte ist ein bekanntes Kaffeevertriebsunternehmen mit zahlreichen Filialen im Bundesgebiet. Sie vertreibt neben Kaffee in wechselnden Verkaufsaktionen eine Vielzahl unterschiedlicher Waren und benutzt dabei in erheblichem Umfang ihre Eigenmarke T. .
3
Die Klägerin lieferte der Beklagten nach einem Testauftrag im Jahr 1999, der einen geringen Umfang hatte, für das Jahr 2000 etwa 13.000 Aluminiumliegen. Wegen des wirtschaftlichen Erfolgs wollte die Beklagte Liegen dieser Art auch in den Folgejahren anbieten; die Vertragsverhandlungen der Parteien führten jedoch nicht zu einem Auftrag. Für die Jahre 2001 und 2002 ließ die Beklagte Dreibeinliegen, die dem Modell A. ähnlich waren, durch Drittunternehmen fertigen und verkaufte diese in erheblichen Stückzahlen.
4
Die Klägerin hat dieses Verhalten unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes als wettbewerbswidrig beanstandet. Sie hat - bezogen auf die von der Beklagten im Jahr 2002 vertriebenen Dreibeinliegen - beantragt, 1. die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken eine Gartenliege gemäß nachstehender Abbildung anzubieten, zu bewerben, zu verkaufen oder auszuliefern und/ oder anbieten, verkaufen, bewerben oder ausliefern zu lassen; 2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin gegenüber, hilfsweise gegenüber einem von der Klägerin auf Kosten der Beklagten zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer, Auskunft darüber zu erteilen, wieviele Stücke, bei welchem Stückpreis und bei welchen Erstellungs- bzw. Gestehungskosten sie von der in dem Antrag zu 1 abgebildeten Liege veräußert hat; 3. festzustellen, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren Schäden, die aus dem Vertrieb der in dem Antrag zu 1 abgebildeten Gartenliege entstanden sind oder zukünftig noch entstehen, zu ersetzen.
5
Die Beklagte hat ihr Verhalten als rechtmäßig verteidigt.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
7
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (OLG Hamburg MD 2005, 190).
8
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Klägerin die auf ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Ansprüche nicht zustünden. Dazu hat es ausgeführt:
10
Die Liegen der Beklagten hätten zwar die Merkmale der Gartenliege A. praktisch identisch übernommen; dieser fehle es aber an der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart. Es bestünden bereits Bedenken, ob die Gartenliege A. objektiv geeignet sei, Herkunftsvorstellungen hervorzurufen. Diese Bedenken ergäben sich zwar nicht aus der äußeren Gestaltung der Liege , aber aus der Art und Weise, wie die Klägerin diese werblich darstelle. Aus ihrem Verkaufsblatt seien die Ausstattungsmerkmale der Liege, die eine wettbewerbliche Eigenart begründen könnten, nicht erkennbar. Ein unbedingter Wille des Herstellers, seiner Ware die Eignung eines eindeutigen Herstellerhinweises (nicht notwendig auf sein eigenes Unternehmen) zu verleihen, sei zudem für den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz unverzichtbar. Die Klägerin lasse es jedoch zu, dass ihre Abnehmer ihre Waren unter einer eigenen Marke oder als eigene Produkte verkauften. Sie nehme damit in Kauf, dass die Endverbraucher die Gartenliege A. nicht ihr, sondern ihren Abnehmern zuordneten.
11
Jedenfalls fehle es an besonderen Umständen, die den Vertrieb der verwechslungsfähigen Liege der Beklagten unlauter machten. Die Gartenliege A. habe zwar möglicherweise eine gewisse Bekanntheit erlangt, diese sei aber nicht wie erforderlich mit der Klägerin verbunden. Sofern die Gefahr einer Herkunftstäuschung bestehe, habe die Klägerin diese selbst herbeigeführt, weil sie ihre Liege in großen Stückzahlen auch als No-Name-Artikel über die Beklagte vertrieben habe. Die Art und Weise, wie die Beklagte ihre Verhandlungen mit der Klägerin geführt habe, begründe ebenfalls nicht eine wettbewerbliche Unlauterkeit ihres Vorgehens.
12
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
13
1. Nach Erlass des Berufungsurteils ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) in Kraft und zugleich das frühere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb außer Kraft getreten. Diese Rechtsänderung ist auch im Revisionsverfahren zu beachten. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsantrag der Klägerin, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, kann daher nur bestehen, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten zur Zeit seiner Begehung den Unterlassungsanspruch begründet hat und dieser auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben ist. Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche und - als Hilfsansprüche zu deren Durchsetzung - Auskunftsund Rechnungslegungsansprüche zustehen, richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlungen geltenden Recht (vgl. BGH, Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz 22 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern, m.w.N.).
14
2. Die Klage ist auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gestützt (§§ 8, 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 UWG bzw. § 13 i.V. mit § 1 UWG a.F.). Diese setzen voraus, dass der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig ist, weil es von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2007, 339 Tz 24 - Stufenleitern, m.w.N.). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (vgl. BGH GRUR 2007, 339 Tz 24 - Stufenleitern , m.w.N.). Gleiches gilt, je komplexer das Gerät ist, das ungeachtet hinreichender Abweichungsmöglichkeiten (fast) identisch nachgebaut worden ist (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 90 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter, m.w.N.). Bei der Beurteilung, ob der Klägerin Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz zustehen , ist das Berufungsgericht teilweise von rechtlich fehlerhaften Maßstäben ausgegangen.
15
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Gartenliege A. fehle bereits die erforderliche wettbewerbliche Eigenart, beruht auf Rechtsfehlern.
16
aa) Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die ange- sprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen.
17
bb) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die äußere Gestaltung der Dreibeinliege A. eine wettbewerbliche Eigenart begründen kann.
18
(1) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, das Grundmuster der Gartenliegen, dem auch die Liege A. folge, sei zwar seit Jahrzehnten vorbekannt ; auch sei es nicht ungewöhnlich, bei Gartenliegen stofffreie Ecken und Scharniere vorzusehen. Die Liege A. verbinde aber mit ihrem Aluminiumgestell , der leicht durchsichtigen textilen Bespannung sowie den Ausnehmungen des Stoffs an Ecken und Scharnieren den Eindruck einer gewissen Leichtigkeit , der anderen Liegen fehle. Dieser Eindruck werde unterstützt durch die - in der Bezugfarbe gehaltenen - Tragschlaufen, die signalisierten, dass die Liege anders als viele Konkurrenzprodukte leicht mit einer Hand tragbar sei. Diese Besonderheiten genügten allerdings angesichts der Vielzahl von Gartenliegen auf dem Markt noch nicht, um eine wettbewerbliche Eigenart anzunehmen. Hinzu komme aber die besondere, in diesem Marktsegment einmalige und technisch nicht vorgegebene Gestaltung eines Metallbügels, der die stabile Höhenverstellung des Kopfteils sichere und zugleich als weitere Stütze für die Einstellung der sog. Relaxstellung diene.
19
(2) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung können die Besonderheiten der Liege, die der Einstellung der Relaxstellung dienen, zur Bejahung der wettbewerblichen Eigenart herangezogen werden.
20
Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann sich grundsätzlich auch aus seinen technischen Merkmalen ergeben. Zu beachten ist aller- dings, dass, soweit kein Sonderschutz eingreift, die technische Lehre und der Stand der Technik grundsätzlich frei benutzbar sind. Dementsprechend ist wettbewerbliche Eigenart immer dann zu verneinen, wenn sich eine gemeinfreie technische Lösung in einer technisch notwendigen Gestaltung verwirklicht, d.h. das Erreichen eines bestimmten technischen Erfolgs die Verwendung bestimmter Gestaltungselemente zwingend voraussetzt. Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei austauschbar sind, eine wettbewerbliche Eigenart (mit) begründen, sofern der Verkehr wegen dieser Merkmale auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Betrieb Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (vgl. BGH GRUR 2007, 339 Tz 27 - Stufenleitern, m.w.N.). Nach den getroffenen Feststellungen sind die Gestaltungselemente , die bei der Gartenliege A. die Relaxstellung ermöglichen sollen, bei gleichartigen Erzeugnissen nicht aus technischen Gründen zwingend ; sie können deshalb eine wettbewerbliche Eigenart mit begründen.
21
Gegen die Berücksichtigung dieser Merkmale bei der Beurteilung der wettbewerblichen Eigenart beruft sich die Revisionserwiderung ohne Erfolg darauf, dass sich der Verkehr grundsätzlich nur an den äußeren Gestaltungsmerkmalen einer Ware orientieren kann (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 822 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen). Die Merkmale der Liege, die der Einstellung der Relaxstellung dienen, sind auch für die Verbraucher ohne weiteres erkennbar. Nicht erforderlich ist es, dass die Verbraucher die Besonderheiten, die eine Gestaltung gerade auch im Gebrauch aufweist, bereits auf den ersten Blick erkennen (vgl. dazu auch Gloy/ Loschelder/Eck, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 43 Rdn. 14).
22
cc) Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht die wettbewerbliche Eigenart der Gartenliege A. mit der Begründung verneint, der Klägerin fehle der unbedingte Wille, ihrem Produkt die Eignung eines eindeutigen Hersteller- hinweises zu verleihen. Auf eine solche Absicht des Herstellers kommt es für die Annahme einer wettbewerblichen Eigenart nicht an.
23
Die Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen unlauteres Nachahmen dienen vorrangig dem Schutz individueller Leistungen und daneben dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb (vgl. BGHZ 162, 246, 252 f. - Vitamin-Zell-Komplex). Das Erfordernis der wettbewerblichen Eigenart als Voraussetzung für solche Ansprüche bezieht sich dementsprechend auf die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses, die diesem aus der Sicht der Abnehmer zukommen (vgl. dazu auch Gloy/Loschelder/Eck aaO § 43 Rdn. 14; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4 Rdn. 9/23). Es genügt, dass der angesprochene Verkehr aufgrund der Ausgestaltung oder der Merkmale des Erzeugnisses die Vorstellung hat, es könne wohl nur von einem bestimmten Anbieter oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen stammen (vgl. Harte/Henning/ Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 47).
24
Entsprechend dem Zweck des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes kann es zudem entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zur Begründung einer wettbewerblichen Eigenart ausreichen, dass die Gestaltung eines Erzeugnisses die Eignung besitzt, auf seine Besonderheiten hinzuweisen. Eine besondere Funktion des Erzeugnisses, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen, ist keine unabdingbare Voraussetzung der wettbewerblichen Eigenart (vgl. Piper in Piper/Ohly aaO § 4 Rdn. 9/23; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.32; Gloy/Loschelder/Eck aaO § 43 Rdn. 48).
25
dd) Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann allerdings entfallen, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale aufgrund der Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (vgl. auch Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 9.26).
26
Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen eine solche Annahme jedoch nicht. Die Klägerin hat ihre Gartenliege zwar auch an kleinere Anbieter mit einem Sortiment ausgewählter Designartikel geliefert, die die Liege unter ihrer eigenen Marke oder als Eigenprodukte vertrieben haben. Dies geschah jedoch nicht in großen Stückzahlen und war schon deshalb ungeeignet, die Auffassung des Verkehrs hinreichend zu beeinflussen. Dazu kommt, dass die Gartenliege von einem Teil dieser Anbieter (insbesondere vom Anbieter "C. ") - mit zahlreichen Erzeugnissen anderer Hersteller - unter einer Handelsmarke vertrieben wurde. In einem solchen Fall geht der Verkehr davon aus, dass die vertriebenen Waren von verschiedenen Herstellern stammen, die lediglich nicht selbst genannt werden.
27
Die wettbewerbliche Eigenart der Gartenliege A. ist - anders als das Berufungsgericht meint - auch nicht ohne weiteres dadurch entfallen, dass die Beklagte in mehreren aufeinanderfolgenden Jahren unter ihrer Marke T. Dreibeinliegen vertrieben hat, die dem Modell A. entweder entsprachen oder ihm verwechselbar ähnlich waren. Die Beklagte benutzt ihre Marke T. für eine Vielzahl unterschiedlicher Waren. Das Berufungsgericht hat dementsprechend festgestellt, dass es für maßgebliche Teile des Verkehrs naheliege anzunehmen, die Beklagte vertreibe die Waren von Fremdherstellern. Der Umstand , dass eine Ware unter der Marke T. vertrieben wird, steht danach der Annahme des Verkehrs nicht entgegen, die Beklagte vertreibe auf diese Weise die Ware eines bestimmten, wenn auch nicht namentlich in Erscheinung tretenden Herstellers. Zudem könnte sich die Beklagte grundsätzlich nicht darauf be- rufen, wenn sie selbst die wettbewerbliche Eigenart der Gartenliege A. durch eigenen umfangreichen Vertrieb von Nachahmungen beeinträchtigt haben sollte (vgl. BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 602 = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 9.26).
28
ee) Für das Vorliegen einer wettbewerblichen Eigenart ist eine Bekanntheit des betreffenden Erzeugnisses nicht Voraussetzung (vgl. BGH GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen). Der Grad der wettbewerblichen Eigenart eines Erzeugnisses, der für die Beurteilung der wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeit des Vertriebs von Nachahmungen bedeutsam ist, kann jedoch durch seine tatsächliche Bekanntheit im Verkehr verstärkt werden (vgl. BGH GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen, m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist nicht nur der Vertrieb von Liegen der Klägerin über die Beklagte, sondern auch das unter Beweis gestellte Vorbringen der Klägerin über ihre sonstigen Umsätze mit der Gartenliege A. von Bedeutung. Auf die Bekanntheit der Klägerin selbst als Herstellerin kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
29
b) Das Berufungsgericht hat bei seiner weiteren - hilfsweise gegebenen - Begründung unterstellt, dass der Gartenliege A. wettbewerbliche Eigenart zukommt. Auch auf dieser Grundlage hat es Ansprüche der Klägerin aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz, insbesondere wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung (§§ 8, 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a UWG bzw. § 13 i.V. mit § 1 UWG a.F.), verneint.
30
Gegen den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz bestehen, wenn die Gefahr einer Herkunftstäuschung gegeben ist und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäu- schung unterlässt (vgl. BGH GRUR 2007, 339 Tz 24 - Stufenleitern, m.w.N.). Der Begründung, mit der das Berufungsgericht solche Ansprüche abgelehnt hat, kann nicht zugestimmt werden.
31
aa) Das Berufungsgericht hat, von der Revisionserwiderung nicht angegriffen , festgestellt, dass die von der Beklagten vertriebene Liege die Merkmale der Gartenliege A. praktisch identisch übernommen hat. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung hat es jedoch verneint. Sofern eine solche Gefahr bestehe, sei dies nicht in erster Linie Folge einer besonderen Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten. Vielmehr verwirklichten sich dann die Risiken, die mit dem Geschäftshandeln der Klägerin verbunden seien. Entscheide sich ein Markenhersteller, ein wettbewerblich eigenartiges Erzeugnis nicht nur unter seiner eigenen Hersteller- und Produktbezeichnung , sondern zugleich in großen Stückzahlen als No-Name-Artikel über ein bundesweit tätiges Filialunternehmen zu vertreiben, so habe dies zwangsläufig eine "vermeidbare Herkunftsverwechslung" zur Folge, die er bewusst in Kauf nehme. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Beklagte in vier aufeinanderfolgenden Jahren Dreibeinliegen vertrieben habe, die dem Originalprodukt A. entweder entsprochen hätten oder ihm verwechselbar ähnlich gewesen seien. Alle diese Liegen seien von der Beklagten in ihrer eigenen Verpackung unter ihrer durchaus nicht unbekannten Eigenmarke T. vertrieben worden. Die Verkehrskreise, die sich für die Waren der Beklagten interessierten , seien deshalb schon im Jahr 2002 daran gewöhnt gewesen, dass die Beklagte in jedem Jahr eine Dreibeinliege nach Art des Modells A. auf den Markt bringe. Zwar liege für maßgebliche Teile des Verkehrs die Annahme sehr nahe, die Beklagte könne als "Kaffeeröster" die unterschiedlichen Waren ihres breit gefächerten Sortiments nicht selbst entwickeln und herstellen. Die einheitliche Verwendung der Eigenmarke T. solle aber die Herkunft der Waren "verschleiern". Unter diesen Umständen sei es fernliegend, dass relevante Teile dieser Verkehrskreise die vertriebenen Gartenliegen noch der Klägerin als Herstellerin zuordneten.
32
bb) Bei dieser Beurteilung hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, worin die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit beim Vertrieb von Waren unter vermeidbarer Herkunftstäuschung zu sehen ist. Für die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ist es nicht erforderlich, dass der Verkehr das Unternehmen, dem er die ihm bekannte Ware zuschreibt, namentlich kennt. Vielmehr genügt es, dass er die Vorstellung hat, die Ware sei von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen möge, oder einem mit diesem verbundenen Unternehmen in den Verkehr gebracht worden. Dies kann, wie bereits dargelegt (vgl. oben II 2 a dd), auch dann der Fall sein, wenn die Ware nicht unter einer Herstellerbezeichnung vertrieben wird (vgl. dazu BGH GRUR 2007, 339 Tz 40 - Stufenleitern).
33
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
34
1. Die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses setzt, sofern nicht Original und Nachahmung nebeneinander vertrieben werden und der Verkehr damit beide unmittelbar miteinander vergleichen kann, voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Es genügt bereits eine Bekanntheit, bei der sich die Gefahr der Herkunftstäuschung in noch relevantem Umfang ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (vgl. BGH GRUR 2007, 339 Tz 39 - Stufenleitern, m.w.N.). Der Umstand, dass die Klägerin ihre Gartenliege teilweise an Unternehmen veräußert hat, die diese unter eigenen Marken vertrie- ben haben, schließt nicht aus, dass die Gartenliege als solche das erforderliche Mindestmaß an Bekanntheit erreicht hat (vgl. BGH GRUR 2007, 339 Tz 40 - Stufenleitern, m.w.N.); dies kann vielmehr gerade auch auf diese Weise geschehen sein. Die gewisse Bekanntheit, die für den wettbewerbsrechtlichen Schutz gegen vermeidbare Herkunftstäuschung erforderlich ist, hat die Gartenliege der Klägerin ohnehin bereits dadurch erreicht, dass die Beklagte diese in den Jahren 1999 und 2000 in nicht unerheblichen Stückzahlen vertrieben hat. Darauf, ob relevante Teile des angesprochenen Verkehrs noch eine Herstellerzuordnung gerade zu der Klägerin vornehmen, kommt es auch in diesem Zusammenhang nicht an.
35
2. Eine vermeidbare Täuschung über die Herkunft kann nicht mit der Übernahme von Gestaltungsmerkmalen begründet werden, die dem freizuhaltenden Stand der Technik angehören und unter Berücksichtigung des Gebrauchszwecks , der Verkäuflichkeit der Ware sowie der Verbrauchererwartung der angemessenen Lösung einer technischen Aufgabe dienen (vgl. BGH GRUR 2005, 600, 603 - Handtuchklemmen; BGH GRUR 2007, 339 Tz 44 - Stufenleitern ). Die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung kann daher nicht auf den Umstand gestützt werden, dass auch die Liegen der Beklagten eine Relaxstellung ermöglichen.
36
Nach den getroffenen Feststellungen hat die Beklagte allerdings die Merkmale der Gartenliege A. praktisch identisch übernommen. Bei einer identischen Übernahme kann grundsätzlich die Gefahr einer Herkunftstäuschung bestehen, weil der interessierte Betrachter zwangsläufig davon ausgeht, die beiden identischen Produkte stammten von demselben Hersteller (vgl. BGH, Urt. v. 15.7.2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 943 = WRP 2004, 1498 - Metallbett , m.w.N.). Diese Vorstellung liegt im vorliegenden Fall besonders nahe, weil die Beklagte zuvor in gleicher Weise Originalliegen der Klägerin vertrieben hatte.
37
3. Auf die Frage, ob eine vermeidbare Herkunftstäuschung gegenüber den Einzelhändlern gegeben sein könnte, kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht an, weil sich diese nicht auf entsprechendes Tatsachenvorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen berufen hat.
Bornkamm v. Ungern-Sternberg Büscher
RiBGH Dr. Schaffert ist in Bergmann Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 23.01.2003 - 315 O 284/02 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 16.06.2004 - 5 U 42/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 67/05 Verkündet am:
10. Januar 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Baugruppe
GeschmMG a.F. § 1 Abs. 2, § 10c Abs. 2 Nr. 1;
GeschmMG §§ 4, 38, 42, 46;
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a und b

a) Nach § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. sind von der Beurteilung der Eigentümlichkeit
des Musters solche Merkmale nicht grundsätzlich ausgeschlossen,
die nach dem bestimmungsgemäßen Einbau eines dem Muster entsprechenden
Bauelements in ein komplexes Erzeugnis nicht sichtbar sind.

b) Die Beurteilung, ob die übernommene Gestaltung eine gemeinfreie technische
Lösung darstellt, deren Übernahme i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a und b UWG
wettbewerbsrechtlich unbedenklich ist, ist bei einem Bauelement, das nach
dem Kauf in ein komplexes Erzeugnis eingefügt wird, nicht auf die nach
dem Einbau sichtbaren Teile beschränkt.
BGH, Urt. v. 10. Januar 2008 - I ZR 67/05 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Januar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 10. März 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, die S. AG, produziert und vertreibt Geräte und Anlagen auf dem Gebiet der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie der Prozessautomatisierung. Sie ist Inhaberin des am 3. März 1993 angemeldeten und am 25. August 1993 für "Baugruppe für ein elektrisches Gerät" eingetragenen nachfolgend abgebildeten Geschmacksmusters Nr. M 930 18 14.2 (die Ab- bildungen zeigen die Vorderfront, die rechte und die linke Seite und die Rückfront der Baugruppe sowie die Baugruppe perspektivisch von links oben):
2
Die Klägerin ist eine Wettbewerberin der Beklagten auf dem in Rede stehenden Produktsektor. Sie bietet Geräte an, die mit von der Beklagten vertriebenen Produkten kompatibel sind.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, dem eingetragenen Muster fehle die Schutzfähigkeit. Es sei am Tag der Anmeldung weder neu noch eigentümlich gewesen.
4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung des am 3. März 1993 beim Deutschen Patentamt angemeldeten und am 25. August 1993 in das Musterregister beim Deutschen Patentamt eingetragenen Geschmacksmusters Nr. M 930 18 14.2 - Baugruppe für ein elektrisches Gerät - einzuwilligen.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, das Streitmuster stelle eine Designleistung dar, die über das Durchschnittskönnen eines mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets ausgestatteten Mustergestalters hinausgehe. Die Klägerin habe bei den von ihr vertriebenen, im Widerklageantrag zu 1 abgebildeten Systemkomponenten alle prägenden ästhetischen Merkmale des eingetragenen Musters der Beklagten übernommen. Wegen identischer Übernahme ihres Produkts hat die Beklagte den Vertrieb der Systemkomponenten der Klägerin zudem als wettbewerbswidrig beanstandet.
6
Die Beklagte hat widerklagend beantragt, 1. der Klägerin zu verbieten, Systemkomponenten nachzubilden und/ oder zu verbreiten, deren äußere Form sich aus den nachfolgend angebrachten Fotografien ergibt: 2. festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten allen Schaden zu ersetzen, der dieser seit dem 1. Dezember 1997 aus Handlungen gemäß vorstehend Ziffer 1 entstanden ist und noch entstehen wird; 3. die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten Auskunft zu erteilen über alle seit dem 1. Dezember 1997 vorgenommenen Handlungen gemäß vorstehend Ziffer 1 und zwar unter Angabe von Liefermengen, Lieferpreisen , Lieferzeitpunkten, Lieferorten, der Namen und Anschriften ihrer Abnehmer sowie des Umfangs der für die Erzeugnisse gemäß vorstehend Ziffer 1 betriebenen Werbung.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben (LG München I InstGE 1, 217).
8
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
9
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihre Anträge weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat den Antrag auf Einwilligung in die Löschung des Musters der Beklagten nach § 10c Abs. 2 Nr. 1 GeschmMG a.F. als begründet erachtet. Die mit der Widerklage der Beklagten verfolgten geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche aus § 14a GeschmMG a.F. und die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gemäß § 1 UWG a.F. und § 8 Abs. 1, § 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b UWG hat das Berufungsgericht verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Das Streitmuster sei am Tag der Anmeldung wegen fehlender Eigentümlichkeit i.S. von § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. nicht schutzfähig gewesen. Bei dem abgebildeten Bauteil handele es sich um ein Zwischenprodukt, das bestimmungsgemäß in ein Endprodukt eingefügt werde. Das Zwischenprodukt könne seine ästhetische Wirkung nur in dem Gesamtprodukt entfalten. Deshalb sei nur die sichtbare Frontseite des streitgegenständlichen Bauteils bei der Prüfung der ästhetischen Wirkung zu berücksichtigen. Nicht schutzfähig seien Elemente der Formgestaltung, die ausschließlich technisch bedingt seien. Hierzu rechne bei dem streitgegenständlichen Muster die Lage der Leuchtdioden. Der quadratische Querschnitt der Lichtauslässe sei technisch naheliegend. Die Variationsmöglichkeiten der Vorderseite des Bauteils seien unter Berücksichtigung seines praktischen Einsatzes, eine Vielzahl von Informationen über Lichtsignale abzugeben , äußerst gering. Das Streitmuster weise danach keine ausreichende Schöpfungshöhe auf. Neben den technisch bedingten Merkmalen sei nur ein kleiner Spielraum gegeben, der keine ausreichende eigenschöpferische Tätigkeit zulasse. Die Gestaltung des Musters gehe nicht über das Können eines Durchschnittsgestalters hinaus.

12
Die Beklagte könne die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche nicht auf das Streitmuster stützen, weil dieses nicht schutzfähig sei.
13
Auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen unlauterer unmittelbarer Leistungsübernahme stünden der Beklagten gegen die Klägerin nicht zu. Der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz technischer Erzeugnisse sei dadurch beschränkt, dass die technische Lehre und der Stand der Technik frei seien. Es sei deshalb wettbewerbsrechtlich nicht unzulässig, dem freizuhaltenden Stand der Technik angehörende Merkmale zu übernehmen. Ein hinreichend großer Spielraum für abweichende Ausführungen habe für die Klägerin nicht bestanden. Der Gefahr einer Herkunftstäuschung habe die Klägerin entgegengewirkt. Sie habe die von ihr vertriebenen Bauteile auf der Frontseite deutlich sichtbar mit ihrem Firmenzeichen versehen.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Einwilligung in die Löschung des angegriffenen Musters bejaht hat, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Dies gilt entsprechend, soweit das Berufungsgericht die mit der Widerklage verfolgten Ansprüche der Beklagten aus Geschmacksmusterrecht und aufgrund des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes (§ 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9, § 8 Abs. 1, § 9 UWG) verneint hat.
15
1. Löschungsklage
16
a) Der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung wegen mangelnder Schutzfähigkeit des eingetragenen Musters am Tag der Anmeldung richtet sich nach §§ 1, 10c Abs. 2 Nr. 1 GeschmMG a.F., weil diese Vorschriften gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG in der Fassung des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390) auf ein Geschmacksmuster weiterhin anwendbar sind, das - wie vorliegend - vor dem 28. Oktober 2001 angemeldet oder eingetragen worden ist.
17
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass das streitgegenständliche Geschmacksmuster einer Baugruppe für ein elektrisches Gerät musterfähig i.S. des § 1 GeschmMG a.F. ist. Es handelt sich um ein selbständig verkehrsfähiges Erzeugnis, das bestimmt und geeignet ist, auf den Formen- und Farbensinn des Betrachters zu wirken (vgl. BGH, Urt. v. 16.10.1986 - I ZR 6/85, GRUR 1987, 518, 519 - Kotflügel; Urt. v. 18.10.2007 - I ZR 100/05, GRUR 2008, 153 Tz. 21 = WRP 2008, 241 - Dacheindeckungsplatten ). Dem steht nicht entgegen, dass das betreffende Erzeugnis nicht isoliert verwendet wird, sondern als Baugruppe eines elektrischen Geräts Teil eines komplexen Produkts ist.
18
Das Berufungsgericht hat in diesem Zusammenhang angenommen, dass der Gegenstand des Streitmusters ein Zwischenfabrikat und kein Endfabrikat ist. Auf diese vom Berufungsgericht vorgenommene Unterscheidung kommt es für die Musterfähigkeit nicht an, weil es sich - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - bei dem in Rede stehenden Gegenstand des Streitmusters um ein selbständig verkehrsfähiges Erzeugnis handelt, das zudem bestimmt und geeignet ist, auf den Formen- und Farbensinn des Betrachters zu wirken.
19
c) Im Revisionsverfahren ist zugunsten der Beklagten davon auszugehen , dass das Streitmuster i.S. des § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. neu ist, weil das Berufungsgericht diese Frage offengelassen hat.
20
d) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Prüfung der Eigentümlichkeit des streitgegenständlichen Musters i.S. von § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. sei auf die Merkmale beschränkt, die nach dem Einbau des Erzeugnisses in das Gesamtprodukt erkennbar seien. Bei Zwischenfabrikaten seien auch der Verwendungszweck des Musters und dessen ästhetische Wirkung im Endprodukt zu berücksichtigen. Deshalb sei nur auf die Frontseite des Bauteils für die Beurteilung der Eigentümlichkeit abzustellen. Soweit dort technisch notwendige Merkmale vorhanden seien, könnten diese zur Eigentümlichkeit eines Musters nicht beitragen. Neben den technisch bedingten Merkmalen verbleibe nur ein kleiner Spielraum bei der Gestaltung der Vorderseite, der keine ausreichende eigenschöpferische Tätigkeit zulasse. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis nicht stand.
21
aa) Nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht bei der Prüfung der Eigentümlichkeit des Musters technisch notwendige Merkmale nicht berücksichtigt hat.
22
Ein Muster oder Modell ist eigentümlich i.S. des § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F., wenn es in den für die ästhetische Wirkung maßgebenden Merkmalen als das Ergebnis einer eigenpersönlichen, form- und farbenschöpferischen Tätigkeit erscheint, die über das Durchschnittskönnen eines Mustergestalters mit der Kenntnis des betreffenden Fachgebiets hinausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 15.2.2001 - I ZR 333/98, GRUR 2001, 503, 505 = WRP 2001, 946 - Sitz-Liegemöbel). Das Berufungsgericht ist in diesem Zusammenhang zutreffend davon ausgegangen, dass ausschließlich technisch bedingte Formgestaltungen die Schutzfähigkeit nicht begründen können (BGH, Urt. v. 1.10.1980 - I ZR 111/78, GRUR 1981, 269, 271 - Haushaltsschneidemaschine II; Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 603 = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen). Ausschließlich technisch bedingt ist nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststel- lungen des Berufungsgerichts die Anordnung der Leuchtdioden neben dem Beschriftungsfeld auf der Vorderfront des Musters. Entsprechendes gilt für die rechteckige oder quadratische Gestaltung der Lichtaustrittsflächen, die das Berufungsgericht auf der Grundlage der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. T. als technisch vorgegeben angesehen hat. Dagegen erinnert die Revision ebenfalls nichts.
23
bb) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht die Prüfung auf die Vorderseite des Musters beschränkt und dessen weitere Seiten in die Beurteilung nicht einbezogen hat.
24
(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Muster bilde ein Zwischenfabrikat ab, das in ein anderes Produkt eingefügt werde und bei bestimmungsgemäßer Verwendung dem Fertigerzeugnis eine ästhetische Wirkung verleihe. Nur die nach dem Einbau sichtbaren Merkmale des Zwischenerzeugnisses blieben erkennbar und könnten eine eigene ästhetische Wirkung innerhalb des Gesamtprodukts entfalten. Deshalb sei nur auf die Frontseite des Bauteils für die Beurteilung der Eigentümlichkeit des Streitmusters abzustellen. Dem kann nicht zugestimmt werden.
25
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts handelt es sich im Streitfall nicht um ein Zwischenfabrikat in dem vom Berufungsgericht verstandenen Sinn. Das Berufungsgericht hat diesen Begriff so aufgefasst, dass Zwischenfabrikate nicht für sich allein in ästhetischer Hinsicht auf den Betrachter wirken, sondern nur nach dem Einbau dem Fertigerzeugnis eine ästhetische Wirkung verleihen. Nach diesem Verständnis handelt es sich bei dem Gegenstand des Streitmusters aber nicht um ein Zwischenfabrikat, weil die Formgestaltung des Produkts dazu bestimmt und geeignet ist, vor dem Einbau für sich allein auf den Geschmackssinn des Betrachters zu wirken. Mit der Begründung, es handele sich um ein Zwischenfabrikat, kann die Beurteilung der Eigentümlichkeit des Streitmusters nicht auf die Frontseite beschränkt werden.
26
(2) Nach § 4 GeschmMG in der Fassung des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 hat ein Muster, das bei einem Erzeugnis, das Bauelement eines komplexen Erzeugnisses ist, benutzt oder in dieses Erzeugnis eingefügt wird, allerdings nur dann Eigenart, wenn das Bauelement, das in ein komplexes Erzeugnis eingefügt ist, bei dessen bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst die Voraussetzungen der Eigenart erfüllen. Die Vorschrift setzt Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 98/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1998 über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen (ABl. EG Nr. L 289 v. 28.10.1998, S. 28) um. Danach soll sich der Schutz des Musters nicht auf Merkmale eines Bauelements erstrecken, die nach dem Einbau unsichtbar sind. Diese Merkmale sollen auch nicht zur Begründung der Schutzfähigkeit herangezogen werden können (Erwägungsgrund 12 der Geschmacksmusterrichtlinie ). Eine vergleichbare Bestimmung enthielt das im Streitfall für die Beurteilung der Schutzfähigkeit maßgebliche Geschmacksmustergesetz alter Fassung nicht. Dessen Vorschriften sind auch nicht richtlinienkonform im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 der Geschmacksmusterrichtlinie auszulegen. Zwar entfaltet das Geschmacksmustergesetz in der Fassung vom 12. März 2004 grundsätzlich Rückwirkung (Begründung zu Art. 1 § 66 des Regierungsentwurfs des Geschmacksmusterreformgesetzes BT-Drucks. 15/1075, S. 63). Davon ist die Frage der Schutzfähigkeit vor dem 28. Oktober 2001 angemeldeter oder eingetragener Rechte in § 66 Abs. 2 Satz 1 GeschmMG aus Gründen des Vertrauensschutzes aber gerade ausgenommen.
27
Nach § 1 Abs. 2 GeschmMG a.F. sind von der Beurteilung der Eigentümlichkeit des streitgegenständlichen Musters auch solche Merkmale nicht grund- sätzlich ausgeschlossen, die nach einem Einbau des dem Muster entsprechenden Produkts in ein Gesamterzeugnis nicht (mehr) sichtbar sind (vgl. Eichmann, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 1 Rdn. 11; Klawitter, EWS 2001, 157, 158 ff.; Wandtke/Ohst, GRUR Int. 2005, 91, 94; ähnlich Kur, GRUR 2002, 661, 666).
28
Die für die Eigentümlichkeit maßgebliche ästhetische Wirkung des Musters wird durch die Formgestaltung hervorgerufen, die durch ihre Wirkung auf den Formen- und Farbensinn das durch Anschauen vermittelte ästhetische Gefühl anregen soll (BGH, Urt. v. 16.2.1960 - I ZR 85/58, GRUR 1960, 395, 396 - Dekorationsgitter; Urt. v. 19.12.1979 - I ZR 130/77, GRUR 1980, 235 - Playfamily ; v. Gamm, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., § 1 Rdn. 62). Diese ästhetische Wirkung kann sich auch bei einem Muster bis zum Einbau in ein komplexes Produkt entfalten, in dem das dem Muster entsprechende Erzeugnis nicht oder nicht mehr vollständig sichtbar ist. Die ästhetische Wirkung der Mustergestaltung kann Einfluss auf die Kaufentscheidung haben (Eichmann, GRUR Int. 1996, 859, 875). Zu diesem Zeitpunkt ist das Erzeugnis noch nicht in das komplexe Teil eingefügt.
29
Allerdings kann die äußere Form von Gegenständen, die in ein Gesamtprodukt eingebaut werden und dort nicht mehr sichtbar sind, im Wesentlichen durch die technische Funktion bestimmt sein; ihnen kann dann wesensmäßig keine ästhetische Wirkung zukommen (vgl. Schweizerisches Bundesgericht GRUR Int. 1988, 437, 438). Denkbar ist auch, dass der fragliche Gegenstand seine ästhetische Funktion nur im Zusammenhang mit den übrigen Teilen des Gesamtprodukts, in das er eingefügt wird, entfaltet. Auf die nicht sichtbaren Teile der Mustergestaltung kommt es dann nicht an (vgl. BGH GRUR 1987, 518, 519 - Kotflügel). Dass bei dem vorliegenden Muster die Gestaltung insgesamt oder jedenfalls die nicht sichtbaren Teile durch die technische Funktion be- stimmt sind und ihnen deshalb keine ästhetische Funktion zukommt oder die ästhetische Wirkung des Musters nur zusammen mit den übrigen Teilen des Gesamtprodukts, in das die Baureihe eingefügt wird, eintritt, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Zugunsten der Beklagten ist daher im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass für die Beurteilung der Eigentümlichkeit des Musters auf die Gesamtgestaltung und nicht isoliert auf die Vorderfront des Musters abzustellen ist. Zu der Eigentümlichkeit der Gesamtgestaltung hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.
30
2. Widerklage
31
Das Berufungsurteil kann ebenfalls keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen hat.
32
a) Grundlage der auf das Geschmacksmusterrecht gestützten Widerklageanträge auf Unterlassung und Auskunftserteilung sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sind die Bestimmungen des Geschmacksmustergesetzes neuer Fassung (§§ 38, 42, 46 GeschmMG) in Verbindung mit § 242 BGB, weil das Geschmacksmustergesetz vom 12. März 2004 auch auf zuvor angemeldete oder eingetragene Geschmacksmuster Anwendung findet, soweit sich nicht aufgrund der gesetzlichen Vorschriften des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 etwas anderes ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 263/02, GRUR 2006, 143, 144 = WRP 2006, 117 - Catwalk; Eichmann, Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., § 66 Rdn. 2; ders., Mitt. 2003, 17, 18).
33
Das Berufungsgericht hat die geschmacksmusterrechtlichen Ansprüche mangels Schutzfähigkeit des streitgegenständlichen Musters der Beklagten verneint. Das kann im Hinblick auf die Aufhebung der der Löschungsklage stattgebenden Entscheidung des Berufungsgerichts (dazu oben II 1) keinen Bestand haben.
34
b) Das Berufungsgericht hat Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 UWG mit der Begründung verneint, die Lage der Leuchtdioden sei technisch bedingt. Eine rechteckige oder quadratische Form der Lichtaustritte stelle ebenfalls eine naheliegende technische Gestaltung dar. Wegen des danach fehlenden Spielraums für andere vernünftige technische Lösungen könne das Erzeugnis der Beklagten nachgeahmt werden. Mit Erfolg macht die Revision dagegen geltend, das Berufungsgericht habe seiner Beurteilung, ob eine wettbewerbsrechtlich unlautere Leistungsübernahme nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a oder b UWG vorliegt, rechtsfehlerhaft nur die Frontpartie des Erzeugnisses der Beklagten zugrunde gelegt.
35
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gegen die Verwertung fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen eines Schutzes aus einem Geschmacksmusterrecht gegeben sein können, wenn besondere Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestands liegen (BGH, Urt. v. 12.12.2002 - I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 360 = WRP 2003, 496 - Pflegebett). Solche Begleitumstände ergeben sich aus einer vermeidbaren Herkunftstäuschung oder einer Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung der nachgeahmten Ware.
36
Zu Recht hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen, dass ein Schutz nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b UWG für technisch notwendige Gestaltungsmerkmale entfällt, weil nach dem Grundsatz der Freiheit des Standes der Technik die Übernahme solcher nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz stehender Gestaltungsmerkmale wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Dementsprechend können technisch notwendige Merkmale, also Merkmale, die bei gleichartigen Erzeugnissen aus technischen Gründen zwingend verwendet werden müssen, aus Rechtsgründen keine wettbewerbliche Eigenart begründen. Dies gilt jedoch nicht bei technischen Gestaltungsmerkmalen , die zwar technisch bedingt, aber willkürlich wählbar oder austauschbar sind (BGH, Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 822 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen; Urt. v. 21.9.2006 - I ZR 270/03, GRUR 2007, 339 Tz. 27 = WRP 2007, 313 - Stufenleitern; Urt. v. 24.5.2007 - I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 Tz. 20 = WRP 2007, 1455 - Gartenliege).
37
bb) Im Streitfall hat das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Frage, ob die übernommene Gestaltung eine gemeinfreie technische Lösung darstellt, rechtsfehlerhaft nur die Frontpartie des Geräts der Beklagten berücksichtigt. Die Beklagte hatte eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Leistungsübernahme aber auf die identische oder nahezu identische Übernahme ihres gesamten Geräts gestützt. Das Berufungsgericht hat dazu, ob bezogen auf das gesamte Gerät der Beklagten die Voraussetzungen des begehrten Verbots und der geltend gemachten Annexansprüche nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes vorliegen, keine Feststellungen getroffen. Diese sind auch nicht deshalb entbehrlich, weil das Erzeugnis der Beklagten nach dem Kauf bestimmungsgemäß in ein Gesamtprodukt eingefügt wird. Der Schutz gegen eine Herkunftstäuschung und gegen eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung (§ 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und b UWG) knüpft an das Marktverhalten an und nicht an die spätere Verwendung des Produkts (BGHZ 161, 204, 211 - Klemmbausteine III).
38
III. Das Berufungsurteil kann danach nicht aufrechterhalten werden (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird die erforderlichen Feststellungen zur Schutzfähigkeit des Geschmacksmusters (dazu II 1) und gegebenenfalls zu den Voraussetzungen der auf Geschmacksmusterrecht und ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gestützten Ansprüche der Beklagten (dazu II 2) nachzuholen haben.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 12.04.2000 - 7 HKO 6804/98 -
OLG München, Entscheidung vom 10.03.2005 - 6 U 3345/00 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 90/98 Verkündet am:
15. Juni 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Messerkennzeichnung
Bei der Beurteilung der Herkunftstäuschung im Rahmen des § 1 UWG, die erst
durch eine von den Parteien verwandte Kennzeichnung hervorgerufen wird,
gelten die aus dem Kennzeichnungsrecht bekannten Grundsätze zur Verwechslungsgefahr.
Eine nach § 1 UWG unzulässige vermeidbare Her-
kunftstäuschung kann danach auch dann vorliegen, wenn der Verkehr bei dem
nachgeahmten Produkt oder der nachgeahmten Kennzeichnung annimmt, es
handele sich um eine Zweitmarke des Originalherstellers, oder wenn er von
geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten
Unternehmen ausgeht.
BGH, Urt. v. 15. Juni 2000 - I ZR 90/98 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juni 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Pokrant, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlußrevision der Klägerin das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 4. Februar 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28. Dezember 1995 teilweise abgeändert.
Die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin, die u.a. Schneidwaren herstellt und vertreibt, führt in ihrem Vertriebsprogramm seit 1975 die Messerserie "VIER STERNE". Die Klingen dieser Messer tragen auf der linken Seite eine durchsichtige, abziehbare Folie, auf der in jeweils roter Farbe gehalten links der Name und der Sitz der Klägerin , in der Mitte das "ZWILLING"-Bildzeichen und rechts die Bezeichnung der Messerserie wie nachstehend wiedergegeben angeführt sind:
Verschiedene Messer aus der Serie der Klägerin haben - verkleinert - folgendes Aussehen:

Auf der anderen Klingenseite der "VIER STERNE"-Messer befinden sich in anthrazitfarbener eingeätzter Schrift u.a. Name und Anschrift der Klägerin sowie ebenfalls das "ZWILLING"-Bildzeichen.
Ob die Messer dieser Serie mit einer zusätzlichen Kennzeichnung auf dem Griff angeboten werden, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Beklagte zu 1 vertreibt u.a. die Messerserie "CORDON BLEU" des japanischen Schneidwarenherstellers Y.. Die Messer weisen auf der linken Seite der Klinge in roter Farbe den in der Firma der Beklagten zu 1 enthaltenen Namen "WILH. DRACHE", das Bildzeichen "Schmied am Amboß" und die Messerserie "CORDON BLEU" wie nachstehend wiedergegeben auf:

Die Messer der Serie der Beklagten sehen - verkleinert - wie folgt aus:
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagten hätten den Gesamteindruck der wettbewerblich eigenartigen "VIER STERNE"-Messerserie nachgeahmt und eine in Farbe und Aufbau verwechslungsfähige Kennzeichnung gewählt.
Die Klägerin hat beantragt,
I. die Beklagten zu verurteilen,
1. es zu unterlassen, Messer der nachfolgend wiedergegebenen Messerserie "CORDON BLEU"

und/oder
mit der angeführten Beschriftung anzubieten, feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben,
2. Auskunft darüber zu erteilen, seit wann und in welchem Umfang sie Handlungen gemäß Ziffer I.1. begangen haben, insbesondere welche Umsätze sie mit diesen Messern getä-
tigt haben und welche Werbeaufwendungen sie hierfür veranlaßt haben, und zwar aufgeschlüsselt nach DM-Werten und Kalendermonaten;
II. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I.1. beschriebenen Handlungen bisher entstanden ist und/oder noch entstehen wird.
Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie sind der Auffassung, der von der Klägerin hergestellten Messerserie komme keine wettbewerbliche Eigenart zu. Die Messer der Serie "CORDON BLEU" und die beanstandete Beschriftung auf den Messerklingen hielten einen ausreichenden Abstand zu der Serie der Klägerin.
Die Beklagten haben sich schließlich auf Verwirkung und Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Beklagten verurteilt, es zu unterlassen, Messer der Serie "CORDON BLEU" mit der beanstandeten Beschriftung anzubieten, feilzuhalten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben. Der Auskunftsund Feststellungsklage hat das Landgericht stattgegeben. Die weitergehende gegen den Vertrieb der Messer aufgrund der Formgebung unabhängig von der angebrachten Beschriftung gerichtete Unterlassungsklage hat das Landgericht abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung das vom Landgericht ausgesprochene Unterlassungsgebot aufrechter-
halten, jedoch auf die beanstandete Beschriftung in roter Farbe beschränkt und festgestellt, daß die Beklagten zum Schadensersatz für die mit dem Unterlassungsgebot beanstandete Verhaltensweise ab 29. Juli 1992 (Beklagter zu 3) bzw. 31. Juli 1992 (Beklagten zu 1 und 2) verpflichtet sind. In diesem Umfang hat das Berufungsgericht die Beklagten auch zur Auskunftserteilung verurteilt.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revision der Beklagten und die Anschlußrevision der Klägerin. Mit ihrer Revision erstreben die Beklagten die vollständige Abweisung der Klage. Die Anschlußrevision der Klägerin richtet sich gegen die teilweise Abweisung ihres Auskunfts- und Schadensersatzantrags. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels der Gegenseite.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin nach § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung bejaht und ausgeführt:
Die rote Kennzeichnung der Klägerin auf der linken Klingenseite der Messer verfüge über die geforderte wettbewerbliche Eigenart. Sie weise eine einprägsame und individuelle Gestaltung auf, die geeignet sei, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft der Erzeugnisse hinzuweisen. Wettbewerbliche Eigenart im Sinne eines Herkunftshinweises komme der Kennzeichnung durch ihre auf der besonderen Gestaltung und Anordnung der Einzelelemente beruhenden Gesamtwirkung zu. Die Funktion der Kennzeich-
nung werde nicht dadurch beeinträchtigt, daß die Folie abziehbar sei. Bei der Werbung und beim Verkauf sei die Folie angebracht und deshalb geeignet, herkunftshinweisend zu wirken.
Die von den Beklagten angeführten Drittprodukte stellten diese Wirkung der klägerischen Kennzeichnung nicht in Frage und engten den Schutzbereich auch nicht ein. Die Drittprodukte wichen in ihrer Gesamtwirkung deutlich von der Kennzeichnung der Klägerin ab.
Die Eignung der Kennzeichnung der Klägerin, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen, sei zusätzlich durch die langjährige erfolgreiche Marktpräsenz seit 1975 beachtlich gesteigert. Der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Produkte stimme - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - derart überein, daß die Gefahr betrieblicher Verwechslungen bestehe. Bei der Kennzeichnung der Beklagten fänden sich sämtliche Merkmale wieder, die den Gesamteindruck der Kennzeichnung der Klägerin prägten.
Den Beklagten sei auch subjektiv der Vorwurf unlauteren Verhaltens zu machen. Sie seien mit ihrem Produkt auf den Markt gegangen, ohne sich darum zu kümmern, ob sie Rechtspositionen der Klägerin verletzten, obwohl sich für sie eine solche Gefahr habe aufdrängen müssen. Die Ansprüche der Klägerin seien nicht verwirkt.
Das Auskunfts- und Schadensersatzverlangen der Klägerin sei im Hinblick auf die von den Beklagten erhobene Einrede der Verjährung allerdings auf den Zeitraum von drei Jahren vor Klageerhebung begrenzt.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Dagegen ist die Anschlußrevision unbegründet. Die Revision führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Abweisung der Klage.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Messer der Serie "CORDON BLEU" der Beklagten stimmten mit den "VIER STERNE"-Messern der Klägerin und deren (roter) Kennzeichnung auf den Klingen nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Produkte derart überein, daß die Gefahr einer Verwechslung der betrieblichen Herkunft der Produkte bestehe, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Im rechtlichen Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß die Übernahme einer Gestaltungsform, die nicht (mehr) unter Sonderrechtsschutz steht, nach § 1 UWG wettbewerbswidrig sein kann, wenn das Erzeugnis von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 8.11.1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 877 = WRP 1985, 397 - Tchibo/Rolex; Urt. v. 6.2.1986 - I ZR 243/83, GRUR 1986, 673, 675 = WRP 1986, 377 - Beschlagprogramm; Urt. v. 22.6.1995 - I ZR 119/93, GRUR 1995, 581, 583 = WRP 1995, 908 - Silberdistel; Urt. v. 6.11.1997 - I ZR 102/95, GRUR 1998, 477, 478 = WRP 1998, 377 - Trachtenjanker; für technische Erzeugnisse : BGH, Urt. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 523 = WRP 2000, 493 - Modulgerüst, m.w.N.). Zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme ist, desto geringer sind die Anforderungen an die besonderen Umstände, die die
Wettbewerbswidrigkeit begründen (vgl. BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 213/96, GRUR 1999, 1106, 1108 = WRP 1999, 1031 - Rollstuhlnachbau).
Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist davon auszugehen, daß die Kennzeichnung der Messer der Klägerin die für den Wettbewerbsschutz erforderliche wettbewerbliche Eigenart besitzt und daß diese aufgrund langjähriger Benutzung der Kennzeichnung eine Steigerung erfahren hat.
Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, daß die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (vgl. BGH GRUR 1995, 581, 583 - Silberdistel; GRUR 2000, 521, 523 - Modulgerüst). Dabei kann die wettbewerbliche Eigenart auch in der Kennzeichnung des Produkts liegen (vgl. BGH, Urt. v. 28.1.1977 - I ZR 109/75, GRUR 1977, 614, 615 - Gebäudefassade, m.w.N.).
Das Berufungsgericht hat die Eignung der Kennzeichnung der Klägerin, herkunftshinweisend zu wirken, in der roten Farbe, der langgestreckten rechteckigen Form einschließlich der umrandenden Linie und dem symmetrischen Aufbau mit dem in das Zentrum gestellten Bildzeichen der Klägerin sowie den rechts und links angeordneten Beschriftungen gesehen. Darauf, daß das Berufungsgericht bei der Feststellung der wettbewerblichen Eigenart nicht sämtliche Elemente der Kennzeichnung der Klägerin in die Betrachtung einbezogen hat (vgl. hierzu II 2 b), kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Das Erfordernis der wettbewerblichen Eigenart besagt nur, daß für den wettbewerbsrechtlichen Schutz alle diejenigen Erzeugnisse in Betracht kommen, bei denen der Verkehr Wert auf ihre betriebliche Herkunft legt und gewohnt ist, aus be-
stimmten Merkmalen auf die betriebliche Herkunft zu schließen (vgl. BGHZ 50, 125, 130 - Pulverbehälter).
Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, daß die wettbewerbliche Eigenart durch langjährige Benutzung der Kennzeichnung eine Steigerung erfahren hat. Es hat dazu festgestellt, daß die "VIER STERNE"-Messerserie der Klägerin seit 1978 mit der in Frage stehenden Kennzeichnung versehen wird und mit erheblichen Stückzahlen auf dem Markt ist. Die tatrichterlichen Feststellungen zur wettbewerblichen Eigenart und ihrer Steigerung nimmt die Revision rügelos hin.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, daß das Berufungsgericht aufgrund der Übereinstimmung bestimmter, vom Verkehr als Herkunftszeichen angesehener Merkmale die Gefahr einer betrieblichen Herkunftstäuschung bejaht hat.

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, daß sich bei der Kennzeichnung der Beklagten sämtliche Merkmale wiederfänden, die den Gesamteindruck der Kennzeichnung der Klägerin prägten. Beide Kennzeichnungen seien in roter Farbe gehalten. Identisch sei weiterhin das Format der Kennzeichnungen in der Form eines langgestreckten, schlanken Rechtecks. Die Beschriftung sei wie bei den Produkten der Klägerin symmetrisch um ein scherenschnittartiges Bildelement mit einer figürlichen Darstellung (bei den Beklagten: "Schmied am Amboß") gruppiert, die im Zentrum stehe und durch kräftige rote Flächen den Blickpunkt der Kennzeichnung bilde. Entsprechend der Kennzeichnung der Klägerin finde sich bei den Produkten der Beklagten auf der linken Seite der Firmenhinweis und auf der rechten Seite der Kennzeichnung die Produktbezeichnung der Messerserie sowie ein Hinweis auf die Fertigungs-
qualität. Die Unterschiede der Kennzeichnungen seien geringfügig. Ein nicht unbeachtlicher Teil der Verbraucher werde die Messer der Beklagten, die auch ohne die Kennzeichnungen nach ihrer Gestaltung sehr ähnlich seien, unmittelbar mit den "VIER STERNE"-Messern der Klägerin verwechseln. Diejenigen Verbraucher, denen die inhaltlichen Unterschiede der Klingenkennzeichnungen auffielen, gingen, weil sich die Messer der Parteien sehr nahekämen, davon aus, es handele sich um eine Zweitserie der Klägerin oder jedenfalls um Produkte eines Anbieters, der mit der Klägerin in geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen stehe.

b) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und des unstreitigen Sachverhalts läßt sich aber weder eine unmittelbare Herkunftstäuschung noch eine solche im weiteren Sinne oder unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens bejahen.
aa) Bei der Feststellung einer unmittelbaren Herkunftstäuschung der Messer der Parteien aufgrund des Gesamteindrucks ihrer Kennzeichnung hat das Berufungsgericht bei dem Vergleich der Kennzeichen der Parteien - rechtsfehlerhaft - nur einzelne ihrer Elemente (Farbe, Format, Aufbau und Anordnung von Einzelelementen) in die Betrachtung einbezogen. Diese Elemente hat es isoliert mit der von der Beklagten verwandten Kennzeichnung auf Übereinstimmungen verglichen.
Zwar brauchen nicht alle Gestaltungsmerkmale des Produktes eines Wettbewerbers übernommen zu werden; vielmehr kommt es darauf an, daß gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.1999 - I ZR 199/96, GRUR 1999, 923, 926 = WRP 1999, 831 - Tele-Info-CD). Bei der Beurteilung
der Herkunftstäuschung im Rahmen des § 1 UWG, die erst durch eine von den Parteien verwandte Kennzeichnung hervorgerufen wird, gelten aber die aus dem Kennzeichenrecht bekannten Grundsätze zur Verwechslungsgefahr (v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 21 Rdn. 58; Sambuc, Der UWGNachahmungsschutz , Rdn. 601). Mithin ist auch hier davon auszugehen, daß der Verkehr ein Kennzeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen , wie es ihm bei der konkreten Verwendung entgegentritt, aufnimmt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 - ARD-1). Indem das Berufungsgericht bei der Feststellung der Herkunftstäuschung nur einzelne Elemente der Kennzeichnung der Klägerin mit denjenigen der Beklagten verglichen hat, hat sich das Berufungsgericht von seinem (zutreffenden ) Ausgangspunkt der Feststellung des Gesamteindrucks der Kennzeichen der Parteien gelöst und nicht aufgrund einer umfassenden tatrichterlichen Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft, ob eine Täuschung des Verkehrs eintritt (vgl. BGH, Urt. v. 14.1.1999 - I ZR 203/96, GRUR 1999, 751, 753 = WRP 1999, 816 - Güllepumpen, m.w.N.).
Bei der Annahme, ein nicht unbeachtlicher Teil der Verbraucher werde die "CORDON BLEU"-Messer der Beklagten unmittelbar mit denjenigen der "VIER STERNE"-Messer der Klägerin verwechseln, hat das Berufungsgericht nicht genügend auf die unterschiedlichen Bildelemente abgestellt. Während das von der Klägerin verwandte Bildzeichen die "ZWILLING"-Marke der Klägerin zeigt, weist die Kennzeichnung der Beklagten die Darstellung des "Schmied am Amboß" auf. Auch die Unterschiede bei den Firmenzeichen hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt. Beide Parteien geben in den Kennzeichnungen ihre unterschiedlichen Firmenbezeichnungen an. Schließlich enthalten die Kennzeichnungen ebenfalls die verschiedenen Bezeichnungen der Messerse-
rien - "****VIER STERNE MESSER" einerseits und "CORDON BLEU" andererseits - und die unterschiedlichen Fertigungsqualitäten (FRIODUR® ICE HARDENED/Rostfrei Geschmiedet).
Diese Gestaltungselemente, die überwiegend einen unmittelbaren Bezug zur Herkunft der Produkte haben, hat das Berufungsgericht in die Beurteilung , ob der Verkehr über die Herkunft der Produkte getäuscht wird, nicht einbezogen , sondern nur auf Übereinstimmungen bei Farbe, Format, Aufbau und Anordnung der Einzelelemente der Kennzeichnung der Parteien abgestellt.
Von einer unmittelbaren Herkunftstäuschung i.S. von § 1 UWG aufgrund des Eindrucks der sich gegenüberstehenden Kennzeichen der Messerserien ist dagegen auch unter Berücksichtigung der gesteigerten wettbewerblichen Eigenart der Kennzeichnung der Klägerin nicht auszugehen. Dies vermag der Senat auf der Grundlage des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts , des beiderseitigen Parteivortrags sowie der zu den Akten gereichten Fotos der Messerserien und der vorgelegten Originalmesser der Parteien selbst zu entscheiden, ohne daß es weiterer Aufklärung durch den Tatrichter bedarf.
Das von der Klägerin verwandte Kennzeichen wird maßgeblich geprägt durch die in der Mitte auf rotem Grund scherenschnittartig wiedergegebene Darstellung der "ZWILLING"-Marke, die noch durch die Wiederholung der Angabe "ZWILLING" im links angeführten Firmenzeichen der Klägerin unterstrichen wird und - in geringerem Maße - durch die Angabe der Firma der Klägerin sowie die Bezeichnung der Messerserie. In der Wirkung tritt hinter diesen Merkmalen die rechteckige Form des klägerischen Kennzeichens und die Anordnung der Einzelelemente zurück. Das Kennzeichen der Beklagten weist
hierzu in den prägenden Bestandteilen deutliche Abweichungen auf. Zentral angeordnet ist eine über die Umrandung nach oben hinausragende Bilddarstellung ("Schmied am Amboß"), die keine Gemeinsamkeiten mit der "ZWILLING"-Marke aufweist. Hinzu kommt eine auf die Beklagte zu 1 hinweisende Firmenbezeichnung und die abweichende Angabe der Messerserie und der Fertigungsqualitäten, die sich insgesamt von dem Kennzeichen der Klägerin abheben. Danach verbleiben an übereinstimmenden Merkmalen die rote Farbe, die zur Kennzeichnung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts allerdings auch von einem dritten Wettbewerber verwandt wird, und - mit den vom Berufungsgericht festgestellten Einschränkungen - die rechteckige Umrandung und der Aufbau der Kennzeichnung, die eine Herkunftstäuschung jedoch nicht zu begründen vermögen.
Eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Produkte der Parteien läßt sich auch nicht unter Heranziehung der vom Berufungsgericht angeführten Ä hnlichkeit in der Gestaltung der Messer annehmen. Das Berufungsgericht hat nämlich festgestellt, daß Klingenform und -material durch die jeweilige Funktion überwiegend vorgegeben sind und der Messergriff sowie der Messerkropf - wenn auch geringe - Unterschiede aufweisen.
bb) Allerdings ist das Berufungsgericht für den Fall, daß Verbrauchern die inhaltlichen Unterschiede der Klingenkennzeichnungen auffallen, von einer mittelbaren Verwechslungsgefahr oder einer Herkunftsverwechslung im weiteren Sinne ausgegangen und hat angenommen, diese Verbraucher nähmen an, es handele sich bei den "CORDON BLEU"-Messern der Beklagten um eine Zweitserie der Klägerin oder jedenfalls um Produkte eines Anbieters, der mit der Klägerin geschäftlich oder organisatorisch verbunden sei. Auch dies ist nicht frei von Rechtsfehlern.

Im Kennzeichenrecht kann eine Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG auch dann gegeben sein, wenn der Verkehr zwar nicht der Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der Kollisionszeichen erliegt, sondern i.S. der in § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besonders angesprochenen Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens der einander gegenüberstehenden Kennzeichen die angegriffene Bezeichnung infolge teilweiser Übereinstimmung mit der Klagemarke in einem wesensgleichen Stamm dem Inhaber der Klagemarke zuordnet (Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens) oder trotz Erkennens der gegebenen Unterschiede der Zeichen wegen teilweiser Übereinstimmung von der Annahme wirtschaftlicher oder organisatorischer Zusammenhänge zwischen den Markeninhabern ausgeht (BGH GRUR 2000, 608, 609 - ARD-1).
Eine nach § 1 UWG unzulässige vermeidbare Herkunftstäuschung kann ebenfalls vorliegen, wenn der Verkehr bei dem nachgeahmten Produkt oder der nachgeahmten Kennzeichnung annimmt, es handele sich um eine Zweitmarke des Originalherstellers (vgl. BGH GRUR 1998, 477, 480 - Trachtenjanker) oder wenn er von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.1962 - I ZR 21/61, GRUR 1963, 152, 156 - Rotaprint; Urt. v. 4.1.1963 - Ib ZR 95/61, GRUR 1963, 423, 428 - coffeinfrei; GRUR 1977, 614, 616 - Gebäudefassade; v. Gamm aaO Kap. 21 Rdn. 30 und 58; Sambuc aaO Rdn. 100 und 601). Zu der Annahme des Berufungsgerichts, Verbraucher, denen die inhaltlichen Unterschiede der Kennzeichnungen der Parteien auffielen, würden die Messer der Beklagten für eine Zweitserie der Klägerin halten oder von wirtschaftlichen oder organisatorischen Beziehungen der Parteien ausgehen , sind keine näheren tatsächlichen Feststellungen getroffen. Es sind dafür
auch keine hinreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. In diesem Zusammenhang legt das Berufungsgericht seiner Beurteilung wiederum einen Gesamteindruck der Kennzeichnungen der Parteien zugrunde, der auf einer - unzulässigen - zergliedernden Betrachtungsweise der Kennzeichen beruht. Die oben angeführten deutlichen Abweichungen, vor allem auch die - auffällig angebrachte - unterschiedliche Herstellerangabe, sprechen gegen die Annahme einer Zweitmarke der Klägerin oder organisatorischer oder wirtschaftlicher Verflechtungen der Parteien.
Damit scheiden die von der Klägerin geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche nach § 1 UWG einschließlich des Anspruchs auf Auskunftserteilung (§ 242 BGB) und auf Feststellung von Schadensersatz aus.
III. Danach war auf die Revision unter Aufhebung der Vorentscheidungen die Klage abzuweisen, während die Anschlußrevision unbegründet war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Erdmann Starck Pokrant
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 198/04 Verkündet am:
11. Januar 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Handtaschen
UWG §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und lit. b

a) Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen
unangemessener Ausnutzung der Wertschätzung eines nachgeahmten
Produkts nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. b UWG können bestehen, wenn die Gefahr
einer Täuschung über die Herkunft beim allgemeinen Publikum eintritt, das
bei den Käufern die Nachahmungen sieht und zu irrigen Vorstellungen über
die Echtheit der Nachahmungen verleitet wird.

b) Liegt keine der Fallgruppen des § 4 Nr. 9 lit. a bis c UWG vor, kann das
Nachahmen eines fremden Produkts nur in Ausnahmefällen nach den
Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes
unlauter i.S. von § 3 UWG sein. Ein solcher Ausnahmefall kann unter besonderen
Umständen vorliegen, wenn der Mitbewerber durch die Nachahmung
wettbewerbswidrig behindert wird.
BGH, Urt. v. 11. Januar 2007 - I ZR 198/04 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Januar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. November 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, die HERMÈS SELLIER S.A., gehört zu dem weltweit tätigen , in Frankreich ansässigen HERMÈS-SELLIER-Konzern, der hochwertige Damenhandtaschen herstellt. Zur Produktpalette gehört eine seit den dreißiger Jahren des vergangenen Jahrhunderts produzierte Modellreihe, die seit den fünfziger Jahren unter der Bezeichnung "Kelly-Bag" (im Folgenden auch: "Kelly" ) unter anderem in den aus den nachstehenden Abbildungen ersichtlichen Aufmachungen auch in Deutschland in den Verkehr gebracht wird.


(Abbildung 1)
2
Seit 1984 produziert der Konzern auch eine "Les Birkins" (im Folgenden: auch "Birkin") genannte Modellreihe, die auch in Deutschland vertrieben wird und deren Aufmachung sich aus den nachstehenden Abbildungen ergibt: (Abbildung 2)
3
Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, vertreibt unter anderem die in den folgenden Abbildungen dargestellten Damenhandtaschen : (Abbildung 3) - Anlage K 11 (Abbildung 4) - Anlage K 10
4
Die Klägerin behauptet, innerhalb des Konzerns Herstellerin der Damenhandtaschen des Typs "Kelly" und "Birkin" zu sein. Sie ist der Ansicht, dass es sich bei den Handtaschen in der Gestaltung der Abbildung 3 (im Folgenden: "Kelly-Nachahmung") um wettbewerblich unlautere Nachahmungen einer "Kelly" und bei der in der Abbildung 4 wiedergegebenen Tasche (im Folgenden: "Birkin-Nachahmung") um eine solche der "Birkin" handele. Die Nachbildungen erfüllten den Tatbestand einer vermeidbaren Täuschung über die betriebliche Herkunft. Zudem werde der gute Ruf der in Deutschland berühmten HERMÈSTaschen ausgebeutet. Der Verbraucher erhalte durch die Nachahmungen die Möglichkeit, das mit dem Tragen einer HERMÈS-Tasche verbundene Prestige zu erlangen, ohne deren Preis zahlen zu müssen. Durch den Verkauf billiger Nachahmerprodukte werde zudem der Ruf der exklusiven Originalerzeugnisse beeinträchtigt.
5
Die Klägerin hat beantragt, I. die Beklagten zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, Damen-Handtaschen - wie nachstehend fotografisch abgebildet - auch in anderer Farbe oder aus anderem Leder bzw. Oberflächenmaterial feilzuhalten, zu bewerben, anzubieten und/oder sonst wie in Verkehr zu bringen: (es folgen die Abbildungen 3 [Anlage K 11] und 4 [Anlage K 10]); 2. der Klägerin über die Mitteilung der bezogen auf den Zeitraum vom 20. Juli 2001 bis 29. April 2002 verkauften Stückzahlen (KellyNachahmung 187 Stück, Birkin-Nachahmung 99 Stück) hinaus Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie Handlungen gemäß I. 1. vorgenommen hat, und zwar unter Vorlage von geordneten Verzeichnissen einschließlich zugehöriger Belege, aus welchen - gegliedert nach Kalendermonaten - Werbeaufwand (unter Nennung der Art der Werbeträger, der Auflage, der Erscheinungszeit , des Verbreitungsraumes und der Werbekosten), Lieferzeiten, Lieferorte, Liefermengen und Umsätze sowie Gewinne - unter Benennung und Bezifferung aller Kostenfaktoren - ersichtlich sind; 3. der Klägerin Angaben zu machen über Namen und Anschrift des Herstellers und/oder des Lieferanten der Taschen gemäß Nr. 1; II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, den diese durch die unter I. 1. genannten Handlungen erlitten hat oder noch erleiden wird.
6
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin die Anträge hinsichtlich der "Kelly -Nachahmung" ergänzend auf eine zugunsten der Firma HERMÈS International S.c.A. am 22. April 2004 vom Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene dreidimensionale Marke gestützt, die der äußeren Form einer "Kelly"Handtasche entspricht. In diesem Zusammenhang beruft sich die Klägerin dar- auf, von der Markeninhaberin zur Geltendmachung markenrechtlicher Ansprüche ermächtigt zu sein.
7
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht , die in Rede stehenden Taschen der Klägerin verfügten nicht über wettbewerbliche Eigenart. Jedenfalls sei diese im Kollisionszeitpunkt wegen der jahrzehntelangen Überschwemmung des Marktes mit Nachbildungen entfallen. Aufgrund der bestehenden Unterschiede zwischen den Taschen "Kelly" sowie "Birkin" und den angegriffenen Aufmachungen sei ausgeschlossen, dass das Publikum die Taschen verwechsle und über ihre betriebliche Herkunft getäuscht werde. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die von ihr, der Beklagten, vertriebenen Handtaschen für den Verkehr gut sichtbar mit ihrer Marke gekennzeichnet seien.
8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Köln, Urt. v. 30.1.2004 - 81 O 209/02 - abrufbar unter juris). Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und lit. b UWG verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt :
10
Es bedürfe keiner Feststellungen dazu, ob die Klägerin Herstellerin der Taschen aus den Modellreihen "Kelly" und "Birkin" sei. Die Klageansprüche scheiterten daran, dass sich das Inverkehrbringen der angegriffenen Damenhandtaschen unter keinem Aspekt als wettbewerbsrechtlich unlauter i.S. der §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a und lit. b UWG darstelle.
11
Allerdings verfügten die Handtaschen "Kelly" und "Birkin" über wettbewerbliche Eigenart. Die "Kelly" weise eine Reihe von Merkmalen auf, die in ihrer Kombination in hohem Maße geeignet seien, auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen. Die Merkmale würden in ihrem gestalterischen Zusammenwirken der Handtasche eine distinguiert vornehm wirkende Anmutung verschaffen. Die "Birkin" verfüge ebenfalls über charakteristische, auf die betriebliche Herkunft hinweisenden Merkmale. Ob aufgrund einer Vielzahl von Nachahmungen ein Verlust der wettbewerblichen Eigenart der Taschen der Modellreihen "Kelly" und "Birkin" eingetreten sei, könne offenbleiben. Die weiteren für die Zuerkennung der Klageansprüche erforderlichen Tatbestandsmerkmale der in Betracht kommenden Unlauterkeitstatbestände lägen nicht vor.
12
Die zwei angegriffenen Taschenmodelle seien einer "Kelly" und einer "Birkin" nur angenähert. Eine identische Nachahmung liege nicht vor. Die angegriffenen Modelle wiesen zwar Ähnlichkeiten mit einer "Kelly" bzw. einer "Birkin" auf, aufgrund verschiedener Unterschiede sei der Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Taschen jedoch ein anderer.
13
Unabhängig vom Grad einer Annäherung sei eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG nicht anzunehmen. Die Gefahr von Verwechslungen sei angesichts des Bewusstseins des Verkehrs vom gleichzeitigen Vorhandensein von Original und Kopie ausgeschlossen. Es handele sich bei den Handtaschen um Artikel, die erst nach ge- nauer Begutachtung erworben würden. Hinzu komme, dass die Klägerin ihre Produkte ganz überwiegend in eigenen, als solche gekennzeichneten HERMÈS-Geschäften oder in Verkaufsstätten veräußere, in denen eigene, als solche gekennzeichnete HERMÈS-Abteilungen existierten.
14
Eine unlautere Ausnutzung des Rufs der Taschen der Klägerin i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG liege ebenfalls nicht vor. Eine unlautere Anlehnung an den Prestigewert und den guten Ruf einer Ware komme zwar in Betracht, wenn nicht die Erwerber, wohl aber das Publikum bei der Wahrnehmung des Produkts über dessen Herkunft getäuscht werden könne und der Kaufinteressent zu einem Erwerb des nachgeahmten Produkts verleitet werde, um mit einem billigen Nachahmerprodukt die Wirkung eines Luxusgegenstands erreichen zu können. Im vorliegenden Fall unterliege aber auch das Publikum angesichts der Unterschiede in der Gestaltung der angegriffenen Taschen nicht der Annahme, die Originale vor sich zu haben. Aus den genannten Gründen sei auch keine unangemessene Beeinträchtigung der Wertschätzung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG gegeben.
15
Die Geltendmachung von markenrechtlichen Ansprüchen bezogen auf die "Kelly-Nachahmung" sei eine unzulässige Klageerweiterung, weil sie nicht auf Tatsachen gestützt werden könne, die nach § 529 ZPO ohnehin der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung zugrunde zu legen seien.
16
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
17
1. Die Klage ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung zulässig. Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
18
Allerdings müssen in den Fällen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes Klageantrag und Verbotsausspruch zumindest unter Heranziehung des Klagevortrags unzweideutig erkennen lassen, in welchen Merkmalen des angegriffenen Erzeugnisses die Grundlage und der Anknüpfungspunkt des Wettbewerbsverstoßes und damit des Unterlassungsgebots liegen sollen (BGH, Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 88 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter). Die Klägerin begehrt jedoch kein allgemeines Verbot des Inverkehrbringens von Handtaschen, die nur anhand bestimmter Merkmale umschrieben sind. Auch ohne konkrete Bezeichnung der Farbe und der Oberflächenstruktur der Taschen sind der Unterlassungsantrag und die darauf bezogenen Anträge auf Auskunftserteilung sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung durch die Gestaltung der angegriffenen Erzeugnisse eindeutig festgelegt. In einem solchen Fall ergibt sich der Umfang des Verbotsausspruchs mit hinreichender Bestimmtheit aus der bildlichen Wiedergabe der konkreten Verletzungsform (BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600 = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; Urt. v. 15.9.2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79 = WRP 2006, 75 - Jeans I).
19
2. Mit Blick auf das im Laufe des Rechtsstreits in Kraft getretene neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist hinsichtlich der maßgeblichen Rechtsgrundlagen zwischen dem Unterlassungsanspruch einerseits und dem Auskunfts- und Schadensersatzanspruch andererseits zu unterscheiden. Da der Unterlassungsanspruch auf die Abwehr künftiger Gefahren gerichtet ist, ist eine Klage nur dann begründet, wenn auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage Unterlassung verlangt werden kann. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, da es anderenfalls an der Wiederholungsgefahr fehlt (BGH, Urt. v. 9.6.2005 - I ZR 279/02, GRUR 2005, 1061, 1063 = WRP 2005, 1511 - Telefonische Gewinnauskunft ). Demgegenüber kommt es bei der Feststellung der Schadenser- satzpflicht und der Auskunftserteilung auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Begehung an (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk). Nachdem die Neufassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in § 4 Nr. 9 UWG lediglich die gesetzlichen Grundlagen , nicht aber den Inhalt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes geändert hat (BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen; vgl. auch Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/1487, S. 18), ist eine Differenzierung nach neuem und altem Recht nicht erforderlich.
20
3. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zu der zwischen den Parteien umstrittenen Frage getroffen, ob die Klägerin Herstellerin der Taschen und dementsprechend zur Verfolgung der Ansprüche aktivlegitimiert ist. Für das Revisionsverfahren ist deshalb zugunsten der Klägerin von ihrer Aktivlegitimation auszugehen.
21
4. Zutreffend hat das Berufungsgericht den Anspruch auf Unterlassung des Vertriebs der "Kelly-Nachahmung" und der "Birkin-Nachahmung" sowie die darauf bezogenen Ansprüche auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht für unbegründet erachtet. Ein Verstoß gegen die Grundsätze des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes ist weder unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren Herkunftstäuschung (§ 4 Nr. 9 lit. a UWG) noch der Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung (§ 4 Nr. 9 lit. b UWG) gegeben. Auch eine unlautere Behinderung der Klägerin durch die Beklagten liegt nicht vor. Auf die von der Revisionserwiderung aufgeworfene Frage , ob Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung oder Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des Handtaschenmodells "Kelly" ganz oder teilweise nicht schon deshalb ausgeschlossen sind, weil für die Klägerin eine ihrem Pro- dukt entsprechende Formmarke eingetragen worden ist, kommt es danach nicht an.
22
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (BGH, Urt. v. 15.7.2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 942 = WRP 2004, 1498 - Metallbett; GRUR 2006, 79 Tz 19 - Jeans I).
23
b) Ob dem Berufungsgericht bei der Frage der wettbewerblichen Eigenart der in Rede stehenden Taschenmodelle, bei der Einschätzung des Grades der Übereinstimmung der Modelle der Klägerin auf der einen und der angegriffenen Ausführungsformen auf der anderen Seite sowie bei dem Merkmal einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ein Rechtsfehler unterlaufen ist, kann im Streitfall allein anhand des bei den Akten befindlichen Fotomaterials beurteilt werden. Auf Originale der Taschen der Klägerin kann sich die Revision - soweit sie eine abweichende Würdigung beansprucht - nicht stützen. Zwar unterliegen der Beurteilung durch das Revisionsgericht nach § 559 Abs. 1 Satz 1 ZPO auch zu den Prozessakten gereichte Anlagen, Produkte und Modelle, die vom Berufungsgericht konkret in Bezug genommen worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.1994 - IX ZR 125/93, NJW 1994, 3295, 3296; Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 559 Rdn. 14). Das Berufungsurteil enthält aber eine solche Bezugnahme auf die (Original-)Taschen der Klägerin nicht. Der Umstand, dass - wie sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt - die Original-Taschen der Klägerin dem Berufungsgericht vorgelegen haben, aber nicht zu den Akten genommen worden sind, stellt daher keinen von Amts wegen zu beachtenden Mangel im Tatbestand dar, der grundsätzlich zur Aufhebung und Zurückverweisung führt (vgl. BGHZ 80, 64, 68; MünchKomm.ZPO-Aktualisierungsbd/Wenzel, § 559 Rdn. 4).
24
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Handtaschen der Modellreihen "Kelly" und "Birkin" ursprünglich über wettbewerbliche Eigenart verfügten.
25
aa) Ein Erzeugnis besitzt wettbewerbliche Eigenart, wenn dessen konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen; GRUR 2006, 79 Tz 21 - Jeans I). Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht für die Handtaschenmodelle "Kelly" und "Birkin" der Klägerin rechtsfehlerfrei festgestellt.
26
Es hat zur "Kelly" angenommen, die herkunftshinweisende Form ergebe sich aus der Gestaltung des Taschenkörpers, der bei seitlicher Sicht in der Art eines sich nach oben verjüngenden Keils gestaltet sei und bei frontaler Sicht eine leicht trapezförmige Kontur aufweise. Hinzu komme die den oberen Rand des Taschenkörpers überlappende Klappe, die die Frontseite des Taschenkörpers zu etwa einem Viertel im oberen Bereich überdecke und die an den seitlichen Rändern jeweils rechteckig eingeschnittene Einkerbungen aufweise. Die bauchig wirkende Form des Taschenkörpers und die durch die Klappe geschaffenen Proportionen würden den Taschenkörper dominieren lassen und suggerierten auf diese Weise ein den Gebrauchszweck der Tasche gestalterisch betonendes Fassungsvermögen. Im besonderen Maße werde das Gesamter- scheinungsbild durch den Taschengürtel bestimmt. Bei der "Birkin" bestünden die charakteristischen, auf die betriebliche Herkunft hinweisenden Merkmale in der beinahe dreieckigen Form der Seitenansicht der Tasche, den parallel in Form eines unvollständigen Ovals ausgestalteten Griffen, der sichtbaren Scheinlasche auf der Vorderseite der Tasche sowie der Gestaltung des Taschengürtels.
27
Der Annahme der wettbewerblichen Eigenart steht im vorliegenden Fall nicht entgegen, dass es sich bei den verschiedenen Handtaschen um Modellreihen handelt. Das Berufungsgericht hat die wettbewerbliche Eigenart aus den übereinstimmenden Merkmalen der jeweiligen Exemplare der beiden Modellreihen hergeleitet. Auf den von der Revisionserwiderung hervorgehobenen Umstand , dass die Handtaschen in unterschiedlicher Größe, Farbe, Oberflächenstruktur und -ausschmückung hergestellt werden, kommt es deshalb nicht an. Die Klägerin begehrt auch nicht nur Schutz für einzelne Stilmittel oder eine dem Sonderschutz nicht zugängliche Grundidee, sondern für konkrete Gestaltungsmerkmale , die jeweils allen Modellen der "Kelly"- und "Birkin"-Handtaschen eigen sind und deren wettbewerbliche Eigenart begründen.
28
bb) Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist zugunsten der Klägerin im Revisionsverfahren zu unterstellen, dass die wettbewerbliche Eigenart nicht infolge einer von den Beklagten behaupteten häufigen Nachahmung verloren gegangen ist. Von einem Verlust der wettbewerblichen Eigenart ist im Übrigen auch beim Vorhandensein zahlreicher Kopien auf dem Markt nicht auszugehen, solange der Verkehr noch zwischen dem Original und den Nachahmungen unterscheidet (BGHZ 138, 143, 149 - Les-Paul-Gitarren).
29
d) Zu Recht hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen, dass die angegriffenen "Kelly-" und "Birkin-Nachahmungen" den Originalen in den eine wettbewerbliche Eigenart ausmachenden Merkmalen nur angenähert sind und keine identischen oder fast identischen Nachahmungen vorliegen.
30
aa) Ohne Erfolg macht die Revision dagegen geltend, das Berufungsgericht sei von einem zu geringen Grad der Übernahme ausgegangen und habe bei der Feststellung der Unterschiede von Original und Nachahmung nicht berücksichtigt , dass der Verkehr die sich gegenüberstehenden Produkte nicht nebeneinander sehe. Das Berufungsgericht habe deshalb zu sehr auf die Unterschiede und nicht auf die Übereinstimmungen abgestellt.
31
bb) Die tatrichterliche Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Handtaschenmodelle ist revisionsrechtlich lediglich eingeschränkt überprüfbar (vgl. BGHZ 153, 131, 147 - Abschlussstück). Sie unterliegt im Revisionsverfahren nur insoweit der Kontrolle, als geprüft wird, ob der Tatrichter den Sachvortrag umfassend berücksichtigt hat und keine Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen.
32
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es bei der Beurteilung der Ähnlichkeit auf die Gesamtwirkung der sich gegenüberstehenden Produkte ankommt (BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 265/99, GRUR 2002, 629, 632 = WRP 2002, 1058 - Blendsegel; GRUR 2005, 166, 168 - Puppenausstattungen ; GRUR 2005, 600, 602 - Handtuchklemmen). Dabei ist zu prüfen , ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel diejenigen sind, die die wettbewerbliche Eigenart des Produkts ausmachen, für das Schutz beansprucht wird (BGHZ 141, 329, 340 - Tele-Info-CD).
33
cc) Das Berufungsgericht hat die Annahme eines hinreichenden Abstands der "Kelly-Nachahmung" damit begründet, die angegriffene Ausführung unterscheide sich von der eleganten, raffiniert-schlichten Gesamtanmutung der Taschen der Modellreihe "Kelly" der Klägerin dadurch, dass bei der Nachahmung in deutlich stärkerem Maße von Metallelementen Gebrauch gemacht worden sei. Ein weiterer Unterschied bestehe in den unterschiedlichen Proportionen der Taschenvorderseiten. Bei der Ausführung der Beklagten sei der Überschlag weiter nach unten gefasst und der Gürtel auffallend breiter und tiefer gesetzt als bei den Modellen der Klägerin, wodurch die bei der "Kelly" vorhandene Dominanz des eleganten Taschenkörpers fehle. Bei der "Kelly" sei der Gürtel auf der Taschenrückseite seitlich außen angenäht und von dort über die Seiten nach vorne gefädelt, während die Rückseite bei dem angegriffenen Modell glatt und ohne Gürtelansatz gestaltet sei. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
34
Das Berufungsgericht hat insbesondere nicht den Erfahrungssatz unberücksichtigt gelassen, dass der Verkehr die in Rede stehenden Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. In diesem Eindruck treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor als die Unterschiede , so dass es maßgeblich nicht so sehr auf die Unterschiede als auf die Übereinstimmungen ankommt. Die vom Berufungsgericht festgestellten Abweichungen sind in ihrer Summe jedoch nicht unerheblich. Das Berufungsgericht hat vielmehr aufgrund der vorhandenen Abweichungen den Gesamteindruck der Handtaschen der Parteien auch unter Berücksichtigung der Übereinstimmungen als unterschiedlich angesehen. Diese auf tatrichterlichen Feststellungen beruhende Annahme des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich hinzunehmen.
35
dd) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch bei der "Birkin" nur von einer Annäherung des angegriffenen Produkts an die Handtaschenmodelle der Klägerin ausgegangen.

36
Das Berufungsgericht hat zur Begründung eines hinreichenden Abstands zwischen dem Original und der "Birkin-Nachahmung" ausgeführt, dass zwar Ähnlichkeiten bei der Grundform des Taschenkörpers, den Griffen und den auf dem oberen Drittel der Vorderseite befindlichen Dekorationselementen in der Art einer dreiteiligen Lasche mit Taschengürtel bestünden. In der Gesamtgestaltung lägen jedoch in hohem Maße Abweichungen zu den Handtaschenausführungen der Klägerin vor. Das die äußere Form der "Birkin" ganz maßgeblich prägende Merkmal einer nach unten dreigeteilten Lasche finde sich bei der "Birkin-Nachahmung" nur als ein seiner Funktion beraubtes rein schmückendes Beiwerk wieder. Anders als das Original werde die "Birkin-Nachahmung" mit einem aus allen Perspektiven zu erkennenden Reißverschlusssystem geschlossen , weshalb der Taschengürtel keine schließende Funktion habe. Daher werde in der Seitenansicht die Dreiecksform mit spitzem Abschluss nach oben nicht erreicht. Zudem sei bei der "Birkin-Nachahmung" die Lasche unten nicht gleich groß geschnitten. Auch diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die vom Berufungsgericht festgestellten Abweichungen sind auch bei der "Birkin-Nachahmung" in der Summe nicht unerheblich und betreffen mit der unterschiedlichen Form der Taschen in der Seitenansicht, der unterschiedlichen Gestaltung des Taschengürtels sowie der unterschiedlichen Größe der Lasche die wettbewerbliche Eigenart begründende Faktoren. Dass die tatrichterlichen Feststellungen erfahrungswidrig sind, zeigt die Revision nicht auf und lässt sich dem bei den Akten befindlichen Fotomaterial auch nicht entnehmen.
37
e) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht im Inverkehrbringen der "Kelly-" und "Birkin-Nachahmung" keine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft i.S. von § 4 Nr. 9 lit. a UWG gesehen.
38
aa) Das Berufungsgericht hat eine Herkunftstäuschung verneint, weil der Verkehr vom Vorhandensein von Nachbildungen Kenntnis habe. Daher werde der Kaufinteressent seine Vorstellung von der konkreten betrieblichen Herkunft nicht allein an der äußeren Gestaltung festmachen, sondern sich anhand anderer Merkmale zunächst Klarheit verschaffen. Hinzu komme, dass der Verbraucher dem Erwerb der Produkte der Klägerin erhebliche Aufmerksamkeit entgegenbringe und die Tasche genau begutachten werde. Daher werde er das Fehlen eines auf die Klägerin hinweisenden Kennzeichens bemerken. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass die angesprochenen Verkehrskreise Kenntnis vom selektiven Vertriebssystem des HERMÈS-Konzerns hätten. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
39
bb) Der Annahme einer Herkunftstäuschung kann der Umstand entgegenstehen , dass dem Verkehr das Nebeneinander von Originalen und Nachbauten bekannt ist und er deshalb davon ausgeht, dass er sich anhand bestimmter Merkmale zunächst Klarheit darüber verschaffen muss, wer das jeweilige Produkt hergestellt hat (BGH, Urt. v. 8.11.1984 - I ZR 128/82, GRUR 1985, 876, 878 = WRP 1985, 397 - Tchibo/Rolex; BGHZ 138, 143, 150 f. - Les-PaulGitarren ). Zwar kann es für die Annahme einer Herkunftstäuschung genügen, dass durch die Ähnlichkeit der konkurrierenden Produkte zunächst eine Täuschung hervorgerufen wird, auch wenn diese noch vor dem Kauf aufgrund einer näheren Befassung mit dem Angebot entfällt (BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 213/96, GRUR 1999, 1106, 1109 = WRP 1999, 1031 - Rollstuhlnachbau; BGHZ 161, 204, 211 - Klemmbausteine III). Wenn aber die angesprochenen Verkehrskreise von dem Vorhandensein von Original und Nachahmungen Kenntnis haben, werden sie dem Angebot mit einem entsprechend hohen Aufmerksamkeitsgrad begegnen und weder im Zeitpunkt der Werbung noch beim Kauf einer Herkunftstäuschung unterliegen.
40
Das Berufungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass der unterschiedliche Vertriebsweg einer Herkunftstäuschung entgegenstehen kann (BGH, Urt. v. 10.4.2003 - I ZR 276/00, GRUR 2003, 973, 975 = WRP 2003, 1338 - Tupperwareparty). Die Produkte der Klägerin werden ganz überwiegend nur in eigenen HERMÈS-Geschäften oder als solche gekennzeichneten HERMÈS-Abteilungen veräußert.
41
cc) Aufgrund der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten unterschiedlichen Gesamtanmutungen der Handtaschen der Klägerin und der angegriffenen Ausführungen besteht ein ausreichender Abstand zwischen den sich gegenüberstehenden Produkten, der schon bei geringer Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise der Gefahr einer Herkunftstäuschung entgegensteht. Eine Täuschung über die betriebliche Herkunft bei Dritten wird dagegen nicht von § 4 Nr. 9 lit. a UWG, sondern allenfalls von § 4 Nr. 9 lit. b UWG erfasst (dazu nachstehend II 4 f bb).
42
f) Entgegen der Ansicht der Revision stellt das Inverkehrbringen der "Kelly -" und "Birkin-Nachahmung" auch keine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung der Klagemodelle i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG dar.
43
aa) Zu einer Wertschätzung der Taschen der Modellreihen "Kelly" und "Birkin" hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Für die Revisionsinstanz ist daher zugunsten der Klägerin eine entsprechende Wertschätzung der in Rede stehenden Erzeugnisse der Klägerin zu unterstellen.
44
bb) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine Ausnutzung der Wertschätzung in Betracht kommt, wenn die Gefahr der Täuschung zwar nicht bei den Abnehmern der nachgeahmten Produkte der Beklagten eintritt, wohl aber bei dem Publikum, das bei den Käufern die Nachah- mungen sieht und zu irrigen Vorstellungen über die Echtheit verleitet wird (BGH GRUR 1985, 876, 878 - Tchibo/Rolex). Nicht ausreichend ist insoweit allerdings , dass durch die Herbeiführung von bloßen Assoziationen an ein fremdes Produkt Aufmerksamkeit geweckt wird (BGH GRUR 2003, 973, 975 - Tupperwareparty ; BGHZ 161, 204, 215 - Klemmbausteine III). Der Schutz der Wertschätzung eines Produkts i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG ist nicht den Sonderschutzrechten mit Ausschließlichkeitsbefugnis gleichzusetzen (vgl. BGH, Urt. v. 28.3.1996 - I ZR 11/94, GRUR 1996, 508, 509 = WRP 1996, 710 - UhrenApplikation

).


45
cc) Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass das allgemeine Publikum, das die Nachahmungen der "Kelly" und der "Birkin" bei den Käufern sieht, keiner Herkunftstäuschung unterliegt, weil es an einer ausreichend großen Ähnlichkeit zwischen den Handtaschen der Modellserien "Kelly" und "Birkin" auf der einen und den angegriffenen Ausführungen der Beklagten auf der anderen Seite fehlt (hierzu oben unter II 4 d). Anders als die Revision meint, lässt sich eine andere Beurteilung in der Revisionsinstanz anhand des bei den Akten befindlichen Fotomaterials nicht treffen.
46
Vor dem Hintergrund der vom Berufungsgericht festgestellten unterschiedlichen Gesamtwirkung der sich gegenüberstehenden Produkte ist die Annahme rechtsfehlerfrei, die Nachahmungsprodukte wichen in einem Ausmaß von den Originalen der Klägerin ab, dass auch keine Gefahr einer Herkunftstäuschung beim Publikum bestehe, das die Taschen bei Dritten sehe. Aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Kenntnis des Verkehrs vom Vorhandensein von Original und Nachahmungen sowie der unterschiedlichen Gesamtanmutung der Handtaschen wird auch das allgemeine Publikum über die betriebliche Herkunft der Produkte nicht getäuscht.
47
Die Annahme einer fehlenden Herkunftstäuschung beim Publikum ist auch dann gerechtfertigt, wenn der Vortrag der Klägerin als richtig unterstellt wird, es handele sich bei der "Kelly" und der "Birkin" um berühmte Produkte. Zwar werden dem Verkehr bekannte Erzeugnisse eher in Erinnerung bleiben, so dass das Publikum deshalb auch eher in einer Nachahmung das Original wiederzuerkennen glaubt. Aufgrund der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten unterschiedlichen Gesamtanmutung ist aber auch vor diesem Hintergrund ein hinreichender Abstand gewahrt.
48
g) Zu Recht hat das Berufungsgericht im Inverkehrbringen der "Kelly-" und der "Birkin-Nachahmung" auch keine unangemessene Beeinträchtigung der Wertschätzung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG gesehen. Zwar kann bei Luxusgütern durch den massenhaften Vertrieb billiger Imitate eine Zerstörung des Prestigewerts zu einer wettbewerbsrechtlich relevanten Beeinträchtigung i.S. von § 4 Nr. 9 lit. b UWG führen (BGH GRUR 1985, 876, 878 - Tchibo/Rolex). Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn aufgrund eines hinreichenden Abstands nicht nur bei den Kaufinteressenten, sondern auch beim allgemeinen Publikum, das die Produkte bei Dritten sieht, keine Gefahr einer Herkunftstäuschung besteht (BGHZ 138, 143, 151 - Les-Paul-Gitarren).
49
h) Schließlich liegt entgegen der Auffassung der Revision auch keine wettbewerbswidrige Behinderung der Klägerin vor.
50
aa) Allerdings kann in diesem Zusammenhang eine Behinderung ebenfalls in die wettbewerbsrechtliche Bewertung einbezogen werden, weil die Aufzählung der Fallgruppen in § 4 Nr. 9 UWG nicht abschließend ist (BGH GRUR 2004, 941, 943 - Metallbett; Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 15/1487, S. 18; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.63; MünchKomm.UWG/Wiebe, § 4 Nr. 9 Rdn. 210; Gloy/Loschelder/Eck, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 43 Rdn. 127; Fezer/Götting, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 64; Kotthoff in HKWettbewR , 2. Aufl., § 4 Rdn. 404; a.A. Harte/Henning/Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 3; Ullmann in Ullmann jurisPK-UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 17). Eine unlautere Behinderung der Klägerin ist jedoch nicht gegeben.
51
bb) Liegt keiner der Fälle des § 4 Nr. 9 lit. a bis c UWG vor, kann mit Blick auf die grundsätzlich bestehende Nachahmungsfreiheit nur in Ausnahmefällen das Nachahmen eines fremden Produkts als wettbewerbswidrig angesehen werden. Für die Annahme einer wettbewerbswidrigen Behinderung bedarf es deshalb besonderer Umstände (so bei der fast identischen Nachahmung des Designs eines berühmten Produkts, ohne dass ein Grund für die Anlehnung zu erkennen wäre: BGHZ 138, 143 - Les-Paul-Gitarren). Derartige Umstände sind hier auch dann nicht ersichtlich, wenn die "Kelly"- und die "Birkin"-Handtaschen entsprechend dem Vortrag der Klägerin Berühmtheit erlangt haben. Da aufgrund des hinreichenden Abstands der sich gegenüberstehenden Handtaschen keine Gefahr besteht, dass maßgebliche Teile des allgemeinen Publikums die "Kelly-" und die "Birkin-Nachahmung" der Beklagten für die Originale halten, sondern aufgrund des äußeren Erscheinungsbilds Originale und Kopien unterscheiden können, wird die Klägerin nicht in wettbewerbswidriger Weise in ihrem Bemühen behindert, die Wertschätzung und die Exklusivität ihrer Waren und somit ihre Absatzmöglichkeiten aufrecht zu erhalten.
52
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 30.01.2004 - 81 O 209/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 12.11.2004 - 6 U 56/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 270/03 Verkündet am:
21. September 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stufenleitern
UWG §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a und b
Bei einer auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz
wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung und Rufausbeutung gestützten
Klage darf zur Begründung eines beantragten umfassenden Verbots nur auf bei
jeder Vertriebshandlung gegebene Unlauterkeitsmerkmale abgestellt werden.
BGH, Urt. v. 21. September 2006 - I ZR 270/03 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. September 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. November 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin steht mit der Beklagten zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 sind, auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Stufenleitern und Tritten in Wettbewerb. Die Leitern und Tritte werden vor allem über sogenannte Katalogfirmen vertrieben. Diese bieten in ihren Katalogen eine Vielzahl von Produkten ohne Hinweis auf deren Hersteller an. Die namhafte Kataloganbieterin K. seit hat Beginn der 1970er Jahre bis einschließlich 1999 Leitern und Tritte der Klägerin vertrieben. Seit dem Jahr 2000 bietet sie stattdessen Produkte der Beklagten an.
2
Die Klägerin nimmt die Beklagten mit der Begründung, die Beklagte zu 1 (im Weiteren: die Beklagte) ahme die von der Klägerin entwickelte sogenannte "grüne Serie" in unlauterer Weise nach, auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch. Sie macht hierzu geltend, sie habe diese für den gewerblichen Dauereinsatz konzipierte Serie seit 1957 erfolgreich in der Bundesrepublik Deutschland vermarktet. Die Merkmale der zu der Serie gehörenden Leitern und Tritte wie insbesondere die grüne Farbe ihrer Gestelle und die dazu kontrastierenden Stufen aus naturfarbenem Buchenholz begründeten eine wettbewerbliche Eigenart. Bis zum Markteintritt der Beklagten im Jahr 1999 habe kein anderes Unternehmen seine Produkte in dieser Weise gestaltet. Die Leitern und Tritte der Klägerin hätten aufgrund ihrer hohen Qualität einen guten Ruf. Die Beklagte ahme mit ihren Leitern und Tritten die wettbewerblich wesentlichen Merkmale der "grünen Serie" ohne technische Notwendigkeit in unlauterer Weise nach. Ihr Verhalten führe bei den Abnehmern zu vermeidbaren Herkunftstäuschungen und beute den langjährig erworbenen guten Ruf der "grünen Serie" der Klägerin systematisch aus.

3
Die Klägerin hat vor dem Landgericht zuletzt beantragt, I. die Beklagten 1. unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die durch nachstehende Abbildungen spezifizierten Leitern und Tritte anzubieten, zu vertreiben oder sonst in den Verkehr zu bringen, und zwar
a) die auf den Antragsanlagen A1, A2, A3 und A4 unter den Bestellnummern 39107 (Anlage A1), 39214 (Anlage A2), 39414 (Anlage A3) und 39307 (Anlage A4) in einer bestimmten Höhe beispielhaft abgebildeten Leitern,
b) die auf der Antragsanlage A5 unter den Bestellnummern 39012 und 39022 in einer bestimmten Höhe beispielhaft abgebildeten Tritte 2. zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit seit dem 26. März 2002 schriftlich Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Zeitpunkte und Umfang von Verletzungshandlungen gemäß Nr. 1 bis zur letzten mündlichen Verhandlung, und zwar unter Angabe von Stückzahlen sowie Einkaufs- und Verkaufspreisen jeder einzelnen erhaltenen bzw. getätigten Lieferung, alle aufgeschlüsselt nach den einzelnen Leitern und Tritten; 3. zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit seit dem 26. März 2002 schriftlich Auskunft über Namen und Anschriften der Lieferanten und gewerblichen Abnehmer von Leitern und Tritten gemäß Nr. 1 zu erteilen; II. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen Schaden zu ersetzen, der dieser infolge von Verletzungshandlungen gemäß Nr. I.1 seit dem 26. März 2002 entstanden ist und zukünftig noch entstehen wird.
4
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben insbesondere die wettbewerbliche Eigenart der von der Klägerin hergestellten Leitern in Abrede gestellt.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es zur Klarstellung im Unterlassungstenor vor der die Tritte betreffenden Verbotsalternative
b) die Wörter "und/oder" eingefügt hat (OLG Köln OLG-Rep 2004, 269).
6
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt :
8
Die Leitern und Tritte der Klägerin hätten bereits bei der Markteinführung im Jahr 1957 von Hause aus eine wettbewerbliche Eigenart aufgewiesen. Der Klägerin sei es durch den auffallenden Kontrast zwischen der Farbe Grün und dem naturbelassen wirkenden hellen Holzton gelungen, die Oberflächengestaltung nicht nur als beliebig austauschbaren Schmuck, sondern als ein die Arbeitsmittel ergänzendes Element erscheinen zu lassen. Diese gestalterische Leistung habe die "grüne Serie" über die Schaffung eines einheitlichen Programms hinaus aus dem Rahmen des Üblichen herausgehoben. Die seinerzeit so noch von keinem anderen Anbieter verwendete Kombination der durchgängig grünen Teile der Leiter- und Trittgestelle mit den naturfarbenen Holzstufen habe beim Kunden die Vorstellung entstehen lassen, es handele sich um Produkte , die von demjenigen Hersteller stammten, der seine Leiter- und Trittserien in durchgängig grüner Farbe und mit naturfarbenen Holzstufen anbiete.

9
Der Bejahung der wettbewerblichen Eigenart stehe nicht entgegen, dass eine solche nicht durch technisch bedingte Merkmale begründet werden könne. Die von den Beklagten angeführten Unfallverhütungsvorschriften einer Berufsgenossenschaft schrieben zwar vor, besonders beanspruchte Leitern und Tritte aus entsprechend widerstandsfähigen Werkstoffen herzustellen oder mit schützenden Überzügen zu versehen, verlangten aber weder die Verwendung von Holzstufen noch deren Belassen in ihrer hellen Naturfarbe. Die Bestimmung, die nur durchscheinende Lacke, Lasierungen und ähnliche Imprägnierungen als schützende Überzüge gestatte, weil nur so mögliche Schäden im Holz erkannt werden könnten, verbiete Einfärbungen des für die Stufen verwendeten Holzes ebenfalls nicht generell. Die grüne Gestellfarbe sei weder technisch notwendig noch für die technischen Einsatzmöglichkeiten von Bedeutung. Im Leiterbereich seien dementsprechend andere Farben sogar vorherrschend.
10
Die wettbewerbliche Eigenart der Leitern und Tritte der Klägerin sei allerdings von Hause aus gering gewesen, weil die Farbe Grün im gewerblichen Bereich für solche Produkte gängig und die Verwendung von nicht farbig gestrichenem Holz bei technischen Geräten nicht selten sei. Sie sei aber inzwischen als durchschnittlich anzusehen. Die Klägerin habe unwidersprochen vorgetragen , dass sie ihre Leitern und Tritte zwischen 1992 und 2001 in regelmäßig deutlich über 5.000 pro Jahr liegenden Stückzahlen abgegeben habe. Die Bekanntheit der Produkte der Klägerin werde im Übrigen durch das von ihr vorgelegte demoskopische Gutachten belegt. Danach hätten 41,8% der befragten häufigen oder gelegentlichen Käufer solcher im gewerblichen Bereich eingesetzter Produkte die abgebildeten Leitern und Tritte der Klägerin zugeordnet.
11
Der fast identische Nachbau der Beklagten begründe zudem auch bei einer nur geringen wettbewerblichen Eigenart der Produkte der Klägerin die Ge- fahr von betrieblichen Herkunftstäuschungen. Zu berücksichtigen sei, dass die Leitern und Tritte branchenüblich weitgehend über Kataloge vertrieben würden, in denen durch Abbildungen präsentierte Produkte verschiedener Hersteller angeboten würden. Bei einem Bestellvorgang über einen solchen Katalog sei allenfalls erkennbar, dass bei den Leitern der Klägerin anders als bei denen der Beklagten eine Diagonalversteifung zur Unterstützung der untersten Stufen vorhanden und die Verbindung beider Leiterseiten unterschiedlich gestaltet sei. Es sei aber davon auszugehen, dass selbst ein aufmerksamer Kunde diese unauffälligen unterschiedlichen Details nicht wahrnehmen werde. Auch ein solcher Kunde werde überdies der am ehesten noch auffälligen fehlenden Diagonalverstrebung keine unterscheidende Funktion beimessen, sondern annehmen , es handele sich dabei um eine Variante in der Angebotspalette der Klägerin , die bei dem konkret angebotenen Produkt aus technischen Gründen nicht erforderlich sei. Ohne Bedeutung sei daher, ob ein Interessent, der bei der Auswahl ein Produkt der Beklagten vor sich sehe, die von dieser angeführten Unterschiede der Leitern und Tritte der Parteien erkennen und die Herstellerbezeichnungen bemerken werde.
12
Die beim Vertrieb über Händlerkataloge drohende Gefahr betrieblicher Herkunftstäuschungen sei vermeidbar, da es der Beklagten freistehe, z.B. durch die Verwendung einer anderen Farbe einen ausreichenden Abstand zu den Produkten der Klägerin zu schaffen. Die Farbe Grün für die Gestelle sei ebensowenig technisch vorgegeben wie die Art und die konkrete Ausstattung der Stufen.
13
Die Verwendung einer anderen Farbe als Grün sei für die Beklagten nicht deshalb unzumutbar, weil sich nach deren Vortrag die Kataloghändlerin K. als Hauptabnehmerin der Leitern hinsichtlich der Frage eines Wechsels der Farbe reserviert gezeigt habe. Der Vertrieb von in unlauterer Weise nachgeahmten Produkten sei nicht deshalb zulässig, weil der Nachahmer mit dem beanstandeten Produkt Markterfolge erzielt habe und daher bei einem Wechsel der Ausstattung mit einem Absatzrückgang rechnen müsse. Die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten folge zudem daraus, dass die führende Kataloghändlerin K. , deren Kataloge in einer Gesamtauflage von etwa 1,2 Millionen im Jahr erschienen, im Jahr 1998 im Rahmen einer Auseinandersetzung mit der Klägerin die Beklagte gebeten habe, eine Serie von Leitern und Tritten herzustellen, die mit derjenigen der Klägerin identisch sei. Die Beklagte habe entsprechend diesem Wunsch die durch das Ausscheiden der Klägerin entstandene Lücke geschlossen. Die gezielte und für die Abnehmer nicht feststellbare Übernahme der Position der Klägerin in dem führenden Händlerkatalog führe insbesondere bei denjenigen Abnehmern zu Verwechslungen, die bereits in der Vergangenheit über diesen Katalog eine Steighilfe erworben hätten und wegen der nahezu identischen Abbildungen und der nicht lesbaren Herstellerangaben erwarten müssten, es handele sich weiterhin um Produkte der Klägerin. Die Beklagten verhielten sich zumal deshalb unlauter, weil sie auf Bestellung von K. die gesamte, etwa 50 Produkte umfassende Leiter- und Trittserie der Klägerin systematisch nachbauten.
14
Die Klageansprüche seien auch weder verjährt noch verwirkt.
15
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und, da die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif ist, zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
16
1. Das Berufungsgericht hat sich mit der Auslegung der Klageanträge nicht befasst. Der Senat hat diese von Amts wegen nachzuholen.

17
Die Klägerin begehrt nach dem Wortlaut ihres Unterlassungsantrags, den Beklagten zu verbieten, Leitern und Tritte in den Verkehr zu bringen, wie sie durch die in den Antrag aufgenommenen Abbildungen spezifiziert sind. Sie beantragt danach ein umfassendes Verbot, d.h. ohne Rücksicht auf die Umstände , unter denen die Beklagte ihre Produkte vertreibt. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass die Klägerin die Abbildungen im Klageantrag dem Katalog der Beklagten entnommen hat, in dem deren Firma und Logo auf jeder Seite deutlich angegeben sind.
18
2. Das angefochtene Urteil kann im Hinblick auf den umfassenden Unterlassungsantrag mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung keinen Bestand haben.
19
Die Klage ist auf Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gestützt (§ 1 UWG a.F., nunmehr §§ 3, 4 Nr. 9 Buchst. a und b UWG). Zur Begründung des beantragten umfassenden Verbots darf nicht auf besondere Umstände abgestellt werden, wie sie sich beim Vertrieb der Leitern und Tritte gerade durch die Katalogfirmen ergeben können, oder darauf, unter welchen Umständen das Unternehmen K. die Klägerin als Lieferantin durch die Beklagte ersetzt hat. Ebensowenig kann das Verbot des Vertriebs der einzelnen Produkte damit begründet werden, die Beklagten handelten deshalb unlauter, weil sie die "grüne Serie" der Klägerin systematisch nachahmten. Das Berufungsgericht hat jedoch bei seinen Ausführungen maßgeblich auf diese im Unterlassungsantrag nicht angesprochenen weitergehenden Unlauterkeitsgesichtspunkte abgestellt und die erforderliche Prüfung unterlassen, ob die Klage bereits unabhängig davon begründet ist.

20
Für die auf den Unterlassungsantrag rückbezogenen Anträge auf Auskunftserteilung , Rechnungslegung und Schadensersatzfeststellung gilt das vorstehend Ausgeführte entsprechend.
21
3. Die Klage stellt sich jedoch nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand nicht schon als unbegründet dar. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
22
a) Nach Erlass des Berufungsurteils ist am 8. Juli 2004 das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) in Kraft getreten und zugleich das frühere Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb außer Kraft getreten. Diese Rechtsänderung ist auch im Revisionsverfahren zu beachten. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsantrag der Klägerin, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, kann daher nur bestehen, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten zur Zeit seiner Begehung den Unterlassungsanspruch begründet hat und dieser auch auf der Grundlage der nunmehr geltenden Rechtslage noch gegeben ist. Die Frage, ob der Klägerin Schadensersatzansprüche und - als Hilfsansprüche zu deren Durchsetzung - Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche zustehen, richtet sich nach dem zur Zeit der beanstandeten Handlungen geltenden Recht (BGH, Urt. v. 28.10.2004 - I ZR 326/01, GRUR 2005, 166, 167 = WRP 2005, 88 - Puppenausstattungen , m.w.N.).
23
b) Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz sind im vorliegenden Fall nicht durch die Vorschriften des Markenrechts ausgeschlossen. Im Anwendungsbereich der Bestimmungen des Markengesetzes ist allerdings für einen lauterkeitsrechtlichen Schutz grundsätzlich kein Raum (st. Rspr.; zuletzt BGH, Urt. v. 3.11.2005 - I ZR 29/03, GRUR 2006, 329 Tz 36 = WRP 2006, 470 - Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem, m.w.N.). Die Klägerin begehrt jedoch keinen Schutz für eine Kennzeichnung, sondern für die Leitern und Tritte ihrer "grünen Serie" als konkrete Leistungsergebnisse. Sie begründet dies damit, dass die Beklagten unlauter handelten, weil deren Leitern und Tritte fast identische Nachahmungen ihrer sehr bekannten "grünen Serie" seien und vor allem die besondere Kombination bestimmter Gestaltungsmittel (wie die Kombination der durchgängig grünen Farbe der Gestelle mit naturfarbenen Holzstufen) übernähmen. Dieses Begehren fällt nicht in den Schutzbereich des Markenrechts.
24
c) Der Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses kann wettbewerbswidrig sein, wenn dieses von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände hinzutreten, die seine Nachahmung als unlauter erscheinen lassen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je größer der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (vgl. BGH, Urt. v. 15.6.2000 - I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 - Messerkennzeichnung; Urt. v. 15.7.2004 - I ZR 142/01, GRUR 2004, 941, 942 = WRP 2004, 1498 - Metallbett, jeweils m.w.N.). Danach können Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses bestehen , wenn die Gefahr einer Herkunftstäuschung gegeben ist und der Nachahmer zumutbare und geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt (vgl. BGH GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen; BGH, Urt. v. 15.9.2005 - I ZR 151/02, GRUR 2006, 79 Tz 19 = WRP 2006, 75 - Jeans I).
25
d) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Leitern und Tritte der Klägerin eine durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart aufweisen.
26
aa) Wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, dass die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale eines Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH GRUR 2006, 79 Tz 21 - Jeans I). Insoweit ist es erforderlich, dass der Verkehr - anders als dies bei "Allerweltserzeugnissen" oder "Dutzendware" der Fall ist - auf die betriebliche Herkunft des Erzeugnisses Wert legt und gewohnt ist, aus bestimmten Merkmalen auf die betriebliche Herkunft zu schließen (BGHZ 50, 125, 130 - Pulverbehälter; BGH GRUR 2001, 251, 253 - Messerkennzeichnung).
27
Die wettbewerbliche Eigenart eines Erzeugnisses kann sich grundsätzlich auch aus seinen technischen Merkmalen ergeben (vgl. BGH, Urt. v. 7.2.2002 - I ZR 289/99, GRUR 2002, 820, 822 = WRP 2002, 1054 - Bremszangen, m.w.N.). Zu beachten ist allerdings, dass, soweit kein Sonderschutz eingreift, die technische Lehre und der Stand der Technik grundsätzlich frei benutzbar sind. Dementsprechend ist wettbewerbliche Eigenart immer dann zu verneinen, wenn sich eine gemeinfreie technische Lösung in einer technisch notwendigen Gestaltung verwirklicht, d.h. das Erreichen eines bestimmten technischen Erfolgs die Verwendung bestimmter Gestaltungselemente zwingend voraussetzt (vgl. BGH GRUR 2002, 820, 822 - Bremszangen, m.w.N.). Dagegen können Merkmale, die zwar technisch bedingt, aber frei austauschbar sind, eine wett- bewerbliche Eigenart (mit) begründen, sofern der Verkehr im Hinblick auf sie auf die Herkunft der Erzeugnisse aus einem bestimmten Betrieb Wert legt oder mit ihnen gewisse Qualitätserwartungen verbindet (vgl. BGH GRUR 2002, 820, 822 - Bremszangen, m.w.N.).
28
bb) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , die Kombination der durchgängig grünen Farbe der Leiter- und Trittgestelle mit den naturfarbenen Holzstufen sei herkunftshinweisend.
29
(1) Die Revision bezieht sich in diesem Zusammenhang zum Einen auf das Vorbringen der Beklagten in den Vorinstanzen, dass die Farbe Grün die bei Werkstatt- und Lagereinrichtungen in Handwerk und Industrie am häufigsten verwendete Farbe sei. Das Berufungsgericht hat die von Hause aus bestehende wettbewerbliche Eigenart jedoch nicht allein durch die grüne Farbe der Leiter - und Trittgestelle, sondern durch deren Kontrastieren mit den naturfarbenen Holzstufen begründet gesehen.
30
(2) Die Revision macht zum Anderen geltend, die Beklagten hätten unter Bezugnahme auf Kataloge vorgetragen, dass auch die Kombination von grünen Stahlteilen und hellem Holz bei Arbeitstischen, Werkbänken, von Hand schiebbaren Transportwagen etc. aus arbeitspsychologischen Gründen sehr häufig sei. Die Verwendung der Farbe Grün durch die Beklagten stelle lediglich eine sinnvolle Anpassung an die Gegebenheiten der Technik und des Marktes dar. Ebenso verstehe der angesprochene Verkehr die Kombination der grünen Gestelle mit hellen Holzstufen nur als Anpassung an die vielfältig angebotenen und verwendeten Werkstattausstattungen aus grünen Stahl- und hellen Holzteilen, in deren Umfeld die Leitern und Tritte verwendet werden sollten.

31
Das Berufungsgericht hat jedoch das Umfeld, in dem die Leitern und Tritte der Parteien verwendet werden, durchaus berücksichtigt. Es hat aus der dort verbreiteten Verwendung der Farbe Grün und von nicht farbig gestrichenem Holz lediglich geschlossen, dass die wettbewerbliche Eigenart der Leitern und Tritte der Klägerin von Hause aus gering gewesen sei. Diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
32
cc) Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dem vorgelegten demoskopischen Gutachten sei zu entnehmen, dass die wettbewerbliche Eigenart der Leitern und Tritte der Klägerin im Hinblick auf ihre Bekanntheit inzwischen als durchschnittlich anzusehen sei. Denn das Berufungsgericht hat - insoweit von der Revision unbeanstandet - schon aus den Verkaufszahlen auf eine erhebliche Bekanntheit der Leitern und Tritte und aus dieser auf eine mittlerweile durchschnittliche wettbewerbliche Eigenart geschlossen.
33
e) Das Berufungsgericht ist von einer fast identischen Leistungsübernahme ausgegangen. Es hat hierbei angenommen, dass bei der Beurteilung dieser Frage (auch) auf Umstände abzustellen sei, wie sie sich (allein) bei einer Bestellung über einen Katalog ergäben. Mit dieser Begründung ließe sich die Annahme einer fast identischen Leistungsübernahme nach dem vorstehend unter II. 1. und 2. Ausgeführten jedoch lediglich für Klageanträge rechtfertigen, die auf den Vertrieb der Leitern und Tritte der Beklagten über Katalogfirmen abstellen.
34
III. Im Rahmen der neuen Verhandlung und Entscheidung wird das Berufungsgericht insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen haben:
35
1. Die Klägerin hat in den Vorinstanzen deutlich gemacht, dass sie eine besondere Irreführungsgefahr bei dem Vertrieb über Katalogfirmen sieht. Unstreitig werden 80% der Leitern der Beklagten über solche Firmen vertrieben. Nach dem Vortrag der Klägerin können die angesprochenen Fachkreise dabei die Gestaltung der Leitern und Tritte der Beklagten allein kleinen Abbildungen in den Katalogen entnehmen. Dabei seien Details und Etiketten (mit der Herstellerangabe ) nicht erkennbar und werde der Hersteller nicht genannt.
36
Diesem Vorbringen könnte zu entnehmen sein, dass die Klägerin hilfsweise die Unterlassung des Vertriebs der Leitern über Katalogfirmen in der beschriebenen Art und Weise begehrt. Einen ausdrücklichen Antrag hat die Klägerin in dieser Hinsicht allerdings nicht gestellt. Sie ist deshalb nach § 139 ZPO zur Klarstellung ihres Klagebegehrens aufzufordern. Gegebenenfalls ist ihr Gelegenheit zu geben, einen entsprechenden Klageantrag zu formulieren.
37
Im Rahmen ihres Vorbringens zum Vertrieb über Katalogfirmen hat die Klägerin weiter ausgeführt, dass für den Vertrieb über das Unternehmen K. weitere Besonderheiten gelten würden. Sie wird im weiteren Verfahren Gelegenheit haben klarzustellen, ob sie insoweit ein auf diese Besonderheiten abstellendes (hilfsweises) Klagebegehren verfolgt. Entsprechendes gilt für das Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen, "die besondere Sittenwidrigkeit der Nachahmung" ergebe sich zusätzlich aus der systematischen Nachahmung ihrer gesamten Leitern- und Trittserie.
38
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Verhalten der Beklagten begründe die Gefahr einer vermeidbaren Täuschung der Abnehmer der Leitern und Tritte über deren betriebliche Herkunft. Insoweit wird bei der neuen Verhandlung und Entscheidung der Sache Folgendes zu bedenken sein:
39
a) Die Gefahr einer Täuschung über die betriebliche Herkunft eines nachgeahmten Erzeugnisses setzt, sofern nicht Original und Nachahmung nebeneinander vertrieben werden und der Verkehr damit beide unmittelbar miteinander vergleichen kann, voraus, dass das nachgeahmte Erzeugnis eine gewisse Bekanntheit bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise erlangt hat (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 24.3.2005 - I ZR 131/02, GRUR 2005, 600, 602 = WRP 2005, 878 - Handtuchklemmen; BGH GRUR 2006, 79 Tz 19 - Jeans I). Es genügt dabei eine Bekanntheit, bei der sich die Gefahr der Herkunftstäuschung in relevantem Umfang ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden (BGH GRUR 2005, 166, 167 - Puppenausstattungen , m.w.N.). Eine Verkehrsgeltung des nachgeahmten Erzeugnisses i.S. von § 4 Nr. 2 MarkenG ist dafür nicht erforderlich (BGH, Urt. v. 8.11.2001 - I ZR 199/99, GRUR 2002, 275, 277 = WRP 2002, 207 - Noppenbahnen). In zeitlicher Hinsicht ist, was die Bekanntheit anbelangt, der Zeitpunkt der Markteinführung der Nachahmung (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.41) und für die Frage der Herkunftstäuschung der Zeitraum bis zur Kaufentscheidung der Abnehmer maßgeblich (BGHZ 161, 204, 211 f. - Klemmbausteine III).
40
b) Bei seiner Beurteilung, das Anbieten der Leitern der Beklagten sei geeignet , die Abnehmer über deren betriebliche Herkunft zu täuschen, konnte das Berufungsgericht - wie dargelegt - auf der Grundlage seiner Feststellungen davon ausgehen, dass die Leitern und Tritte der Klägerin zum Zeitpunkt der Markteinführung der Produkte der Beklagten bei den angesprochenen Fachkreisen eine erhebliche Bekanntheit hatten. Dem steht, anders als die Revision meint, nicht entgegen, dass die Leitern und Tritte der Klägerin in den Katalogen von K. ohne Herstellerangabe angeboten und vertrieben worden sind. Dieser Umstand hinderte nicht notwendig das Entstehen der Vorstellung bei den Abnehmern, die in den Katalogen angebotenen Leitern stammten von einem bestimmten Hersteller. Eine Herkunftstäuschung setzt nicht voraus, dass der Verkehr das Unternehmen, dem er die ihm bekannte Leistung zuschreibt, namentlich kennt. Vielmehr genügt die Vorstellung, dass das fragliche Erzeugnis von einem bestimmten Hersteller, wie auch immer dieser heißen mag, in den Verkehr gebracht wurde (vgl. BGH GRUR 2006, 79 Tz 36 - Jeans I).
41
c) Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Leitern und Tritte der Beklagten stellten wegen ihrer nur geringfügigen, im Gesamteindruck unerheblichen Abweichungen von den Produkten der Klägerin eine fast identische Leistungsübernahme dar, ist dagegen verfahrensfehlerhaft. Die Revision macht insoweit mit Recht geltend, dass die Beklagten in der Klageerwiderung mit Hilfe von Fotogegenüberstellungen (Anlagen B 7 und B 10) eine Reihe von Unterschieden der Leitern und Tritte der Parteien herausgestellt hatten. Das Berufungsurteil lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht diese Ausführungen hinreichend berücksichtigt hat.
42
d) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die von der Gestaltung der Leitern und Tritte der Beklagten ausgehende Gefahr der Herkunftstäuschung sei vermeidbar, ist ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei.
43
aa) Eine Herkunftstäuschung ist vermeidbar, wenn sie durch geeignete und zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 8.12.1999 - I ZR 101/97, GRUR 2000, 521, 525 = WRP 2000, 493 - Modulgerüst ; Urt. v. 19.10.2000 - I ZR 225/98, GRUR 2001, 443, 445 = WRP 2001, 534 - Viennetta; BGH GRUR 2002, 820, 822 f. - Bremszangen; GRUR 2004, 941, 943 - Metallbett).

44
bb) Das Berufungsgericht hat eine Herkunftstäuschung als vermeidbar angesehen, weil die Farbe Grün und die Verwendung der naturfarbenen Holzstufen nicht technisch vorgegeben seien. Es hat dabei allerdings nicht berücksichtigt , dass die Verwendung dieser Mittel - auch in ihrer Kombination - als angemessene Lösung für die praktischen Zwecke von Leitern und Tritten anzusehen ist. Von dieser Gestaltungsmöglichkeit dürfen andere Unternehmen nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil die Wettbewerber diese Mittel für die Gestaltung ihrer Leitern und Tritte in den vergangenen Jahren nicht verwendet haben. Die Gefahr einer Herkunftstäuschung, die auch dann noch verbleibt, wenn die Beklagte zumutbare Maßnahmen zu ihrer Vermeidung getroffen hat, wird deshalb hinzunehmen sein (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 12.12.2002 - I ZR 221/00, GRUR 2003, 359, 361 = WRP 2003, 496 - Pflegebett).
v.Ungern-Sternberg Bornka mm Pokrant
Schaffert Büscher
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.04.2003 - 81 O 184/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.11.2003 - 6 U 51/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 122/04 Verkündet am:
29. März 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Bundesdruckerei
Bei mit anderen Betrieben im Wettbewerb stehenden Wirtschaftsunternehmen,
die in der Firmenbezeichnung den Bestandteil "Bundes" führen, ist nach der
Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Verkehr im Allgemeinen annehmen
wird, die Bundesrepublik Deutschland sei bei dem Unternehmen zumindest
Mehrheitsgesellschafter.
BGH, Urt. v. 29. März 2007 - I ZR 122/04 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. März 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 8. Juli 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin befasst sich u.a. mit der Herstellung und dem Vertrieb von sicherheitsrelevanten Plaketten. Das Unternehmen der Beklagten zu 2 gehörte früher zum Bundesvermögen und war Bestandteil der Bundesverwaltung. Am 1. Juni 1994 wurde die Beklagte zu 2 als selbständige GmbH gegründet, deren Anteile die Bundesrepublik Deutschland hielt. Im Jahre 2000 wurde das Unternehmen privatisiert, die Geschäftsanteile wurden an die A. Fonds übertra- gen. Seitdem tritt die Beklagte zu 2 auch an Kunden außerhalb der Bundesverwaltung heran. Sie befasst sich u.a. mit der Herstellung von Banknoten, Wertpapieren , Briefmarken, Steuerzeichen, Dienstausweisen, Fahrzeugbriefen und -scheinen, nicht hingegen mit der Herstellung von Plaketten für Kraftfahrzeuge und Dokumentenklebesiegeln. Die Bundesrepublik Deutschland hat die Beklagte zu 2 exklusiv mit der Herstellung von Personalausweisen, Reisepässen und Führerscheinen beauftragt. Die Beklagte zu 1 ist eine Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2, die deren Vertrieb im Ausland unterstützt.
2
Die Klägerin beanstandet den jeweiligen Bestandteil "Bundesdruckerei" in den Firmenbezeichnungen der beiden Beklagten als irreführend. Sie ist der Auffassung, dass zwischen ihr und den Beklagten ein Wettbewerbsverhältnis bestehe. Die Parteien würden auf demselben Markt um Kunden werben. Die Klägerin habe sich um einen Auftrag für Zulassungsdokumente beim Kraftfahrzeugbundesamt beworben, den derzeit noch die Beklagte zu 2 innehabe. Zudem bemühe sich die Beklagte zu 2 vermehrt um Aufträge aus der Wirtschaft, etwa für die Herstellung von Pfandwertlabeln und Getränkeverpackungen. Hinsichtlich der Beklagten zu 1 sei von einem Wettbewerbsverhältnis auszugehen, weil auch die Klägerin im ausländischen Markt um Kunden werbe. Es komme hinzu, dass die Beklagte zu 1 durch eine Website, die sie gemeinsam mit der Beklagten zu 2 betreibe, auch auf dem deutschen Markt auftrete.
3
Die Bezeichnung "Bundesdruckerei" erwecke bei den angesprochenen Verkehrskreisen (öffentliche Verwaltung und Wirtschaftsunternehmen) den Eindruck , dass die Bundesrepublik Deutschland zumindest Mehrheitsgesellschafterin sei. Hieraus folgere der Verkehr, die Beklagten verfügten über eine unbeschränkte Bonität und Insolvenzfestigkeit. Zudem werde suggeriert, dass der Bund alle wichtigen Druckaufträge exklusiv bei der Beklagten zu 2 durchführen lasse und das Unternehmen entsprechend überwache. Schließlich sei der Ver- kehr der Auffassung, die Beklagten hätten hoheitliche oder jedenfalls besondere Befugnisse. Die Fehlvorstellungen seien wettbewerblich relevant, da die Kunden sich vor diesem Hintergrund mit den Angeboten der Beklagten besonders beschäftigten. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit könne mit einer Aufbrauchsfrist Rechnung getragen werden.
4
Die Klägerin hat beantragt, I. die Beklagte zu 1 zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebs die Bezeichnung "B. Bundesdruckerei International GmbH" zu verwenden und 2. durch Erklärung gegenüber dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg zu HRB ihre Firma "B. Bundesdruckerei International GmbH" zu löschen; II. die Beklagte zu 2 zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebs die Bezeichnung "Bundesdruckerei GmbH" zu verwenden und 2. durch Erklärung gegenüber dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg zu HRB ihre Firma "Bundesdruckerei GmbH" zu löschen.
5
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben die Auffassung vertreten, dass es schon an einem Wettbewerbsverhältnis fehle. In Bezug auf die exklusiven Aufträge nehme die Beklagte zu 2 die Stellung eines QuasiBeliehenen ein. Aufgrund der überragenden Sicherheitsinteressen existiere auf diesem Spezialmarkt kein Wettbewerb. Die Klägerin müsste zudem erhebliche Investitionen tätigen, um vergleichbare Produkte herstellen zu können. Im Verhältnis zur Beklagten zu 1 fehle es schon deshalb an einem Wettbewerbsverhältnis , weil dieses Unternehmen auf dem deutschen Markt nicht tätig sei.
6
Es liege auch kein Wettbewerbsverstoß vor. Die Vorschriften der §§ 22, 24 HGB enthielten eine Ausnahme vom Grundsatz der Firmenwahrheit und -klarheit. Unabhängig davon sei die Bezeichnung "Bundesdruckerei" nicht irreführend , da sie nicht impliziere, dass der Bund daran beteiligt sei. Im Übrigen seien die Beklagten auf einem Spezialmarkt tätig, auf dem den Kunden die Unternehmensstrukturen weitgehend bekannt seien.
7
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG München I InstGE 3, 270). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 für unbegründet erachtet, weil es an hinreichendem Vortrag der Klägerin fehle, auf welchen Auslandsmärkten sie und die Beklagte zu 1 sich begegneten, so dass nicht einmal die Rechtsordnung festgestellt werden könne, aus der sich die Klageansprüche ergeben könnten. Soweit die Klägerin darauf abstelle, dass die Beklagte zu 1 im Inland Nachfragetätigkeiten entwickle, habe sie nicht substantiiert vorgetragen, inwieweit sie dabei im Wettbewerb zur Beklagten zu 1 stehe.
10
Die gegen die Beklagte zu 2 gerichteten Ansprüche seien ebenfalls unbegründet , weil deren Gebrauch der geschäftlichen Bezeichnung "Bundes- druckerei GmbH" nicht in einem Maße irreführend sei, das den erhobenen Unterlassungsanspruch rechtfertige. Es könne offenbleiben, ob die Klägerin Mitbewerberin der Beklagten zu 2 sei. Ferner könne unterstellt werden, dass ein hinreichender Teil der angesprochenen Verkehrskreise mit der Bezeichnung "Bundesdruckerei" die von der Klägerin behaupteten Vorstellungen verbinde, bei denen es sich aber nicht insgesamt um Fehlvorstellungen handele.
11
Die Annahme der Verkehrskreise, der Bund lasse alle wichtigen Druckaufträge exklusiv von der Beklagten zu 2 durchführen, treffe in Bezug auf Pässe und Personalausweise im Wesentlichen zu. Demzufolge sei auch die Erwartung zutreffend, dass der Bund die Beklagte zu 2 überwache und protegiere. Bei der Annahme, die Geschäftsanteile der Beklagten zu 2 gehörten (jedenfalls überwiegend ) der Bundesrepublik Deutschland, handele es sich dagegen um eine Fehlvorstellung, die zu der irrigen Folgerung führe, die Beklagte zu 2 verfüge trotz der Gesellschaftsform "GmbH" über unbegrenzte Bonität und sei insolvenzfest. Falsch sei auch die Vorstellung, dass die Beklagte zu 2 hoheitliche oder jedenfalls besondere Befugnisse habe.
12
Diese Fehlvorstellungen hätten jedoch nur geringe wettbewerbliche Relevanz , auf deren Grad es für die Anwendung des § 5 Abs. 1 UWG3 UWG a.F.) nach dessen Schutzzweck maßgeblich ankomme. Wettbewerblich relevant seien unrichtige Bezeichnungen nur, soweit sie das Marktverhalten der Gegenseite - in der Regel den Entschluss zur Auftragsvergabe - beeinflussten. Der Verbraucher sei nicht vor jeder Fehlvorstellung zu bewahren. Im Streitfall sei nur der aus der Fehlvorstellung, der Bund sei Mehrheitsgesellschafter der Beklagten zu 2, gezogene Schluss auf die unbegrenzte Bonität und Insolvenzfestigkeit von einer gewissen Relevanz, die aber durch die erkennbare Haftungsbeschränkung der Gesellschaftsform "GmbH" geschmälert werde.
13
Obwohl davon auszugehen sei, dass die Verbraucherkreise mit dem Begriff "Bundesdruckerei" für ihre Auftragsentscheidungen nicht unbedeutsame Vorstellungen verbänden, sei es mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, unter dessen Vorbehalt das Irreführungsverbot stehe, im Streitfall nicht vereinbar , der Beklagten zu 2 die Verwendung der beanstandeten Bezeichnung zu untersagen. Das Interesse an der Weiterverwendung einer irreführenden Angabe sei zwar regelmäßig nicht schutzwürdig, im Einzelfall könne es aber das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit und der Mitbewerber überwiegen. Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass die Relevanz der Fehlvorstellungen nur gering sei. Das Auftragsverhalten werde durch die Fehlvorstellungen nur wenig beeinflusst, da die dem Firmenbestandteil "Bundesdruckerei" in erster Linie zu entnehmende und für die Auftragsvergabe vorrangig maßgebliche Information , dass die Beklagte zu 2 im sicherheitsrelevanten Bereich besondere Qualifikation aufweise, im Wesentlichen zutreffe. Auch wenn es sich nicht um einen Fall handele, in dem die §§ 22, 24 HGB als lex specialis dem § 5 Abs. 1 UWG vorgingen, habe die Beklagte zu 2 durch die Abwicklung der Aufträge des Bundes jedenfalls einen wertvollen Besitzstand erworben, der mit der Bezeichnung "Bundesdruckerei" verbunden sei. Daher sei das Interesse der Beklagten zu 2 am Fortbestand der Bezeichnung vorrangig.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
15
1. Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Abweisung der gegenüber der Beklagten zu 1 geltend gemachten Klageansprüche. Die Annahme des Berufungsgerichts, mangels Vortrags der Klägerin zu konkreten Handlungen der Beklagten zu 1 könne nicht festgestellt werden, ob die Parteien miteinander im Wettbewerb stünden, ist nicht frei von Rechtsfehlern.

16
a) Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, dass es ihr ausschließlich darum geht, der Beklagten zu 1 die Verwendung der Bezeichnung "B. Bundesdruckerei International GmbH" in der Bundesrepublik Deutschland zu untersagen. Die Klägerin hat weder die einzelnen Staaten genannt, in denen das Verbot gelten soll, noch hat sie Vortrag zu dem ausländischen Recht gehalten, das nach dem Marktortprinzip zwingend anzuwenden wäre (vgl. BGHZ 167, 91 Tz 25 - Arzneimittelwerbung im Internet; BGH, Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung ; Urt. v. 13.5.2004 - I ZR 264/00, GRUR 2004, 1035, 1036 = WRP 2004, 1484 - Rotpreis-Revolution). Da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auf das deutsche Hoheitsgebiet beschränkt ist, kommt es im Streitfall nicht darauf an, ob sich die Klägerin und die Beklagte zu 1 (auch) auf Auslandsmärkten begegnen.
17
b) Dem Berufungsgericht kann nicht darin beigetreten werden, dass sich die wettbewerblichen Interessen der Klägerin und der Beklagten zu 1 nicht auch auf dem relevanten deutschen Markt begegnen.
18
aa) Die für die Annahme der Klagebefugnis i.S. von § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erforderliche Stellung als Mitbewerber i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG liegt vor, wenn die Parteien versuchen, Waren oder Dienstleistungen innerhalb derselben Verkehrskreise abzusetzen mit der Folge, dass das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten den anderen beeinträchtigen kann (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 27.1.2005 - I ZR 202/02, GRUR 2005, 520, 521 = WRP 2005, 738 - Optimale Interessenvertretung, m.w.N.). Dies setzt voraus, dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen (vgl. BGH, Urt. v. 24.5.2000 - I ZR 222/97, GRUR 2001, 78 = WRP 2000, 1402 - Falsche Herstellerpreisempfehlung). Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen.
19
bb) Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den - nicht bestrittenen - Klägervortrag zum Internet-Auftritt der Beklagten zu 1 unberücksichtigt gelassen hat. Danach wird auf der unter der Domain www.bundesdruckerei.de betriebenen Website nicht nur auf die Beklagte zu 2, sondern ebenso auf die Beklagte zu 1 hingewiesen. Da im Rahmen des Internet -Auftritts auch um deutsche Kunden geworben wird, tritt die Beklagte zu 1, selbst wenn sie ansonsten nur im Ausland tätig ist, auch in Deutschland mit anderen Unternehmen in Wettbewerb, um Kunden für das Auslandsgeschäft zu akquirieren.
20
Der Internet-Auftritt der Beklagten zu 1 ist entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung vom Streitgegenstand erfasst, da sich der Antrag der Klägerin gegen jedwedes Auftreten der Beklagten zu 1 auf dem deutschen Markt unter der beanstandeten Geschäftsbezeichnung richtet. Die Abweisung der gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klage kann danach auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen keinen Bestand haben.
21
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Gebrauch der geschäftlichen Bezeichnung "Bundesdruckerei GmbH" durch die Beklagte zu 2 rechtfertige nicht den von der Klägerin erhobenen Unterlassungsanspruch, weil die dadurch bei den Verbraucherkreisen hervorgerufenen Fehlvorstellungen nur geringe wettbewerbliche Relevanz aufwiesen.
22
a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob das für die Geltendmachung der Klageansprüche nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erfor- derliche Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien besteht. Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist hiervon auszugehen. Die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses setzt - wie bereits dargelegt - voraus , dass sich die beteiligten Unternehmen auf demselben sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt betätigen (vgl. BGH GRUR 2001, 78 - Falsche Herstellerpreisempfehlung). Dies ist zu bejahen, da beide Parteien sicherheitsrelevante Druckerzeugnisse anbieten und die Beklagte zu 2 nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts auch um Kunden außerhalb der Bundesverwaltung wirbt. Unerheblich ist, dass die Beklagte zu 2 einen erheblichen Teil ihres Umsatzes mit Produkten erzielt, für deren Herstellung sie eine gesetzlich abgesicherte Monopolstellung innehat. Ein Wettbewerbsverhältnis ist auch dann anzunehmen, wenn sich der Kundenkreis und das Angebot der Waren oder Dienstleistungen nur teilweise decken (BGH, Urt. v. 7.12.1989 - I ZR 3/88, GRUR 1990, 375, 377 = WRP 1990, 624 - Steuersparmodell).
23
b) Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass die angesprochenen Verkehrskreise die von der Klägerin behaupteten Vorstellungen mit dem Gebrauch des Firmenbestandteils "Bundesdruckerei" verbinden. Hiervon ist auch im Revisionsverfahren zu Gunsten der Klägerin auszugehen. Dabei kann offenbleiben, ob sämtliche Vorstellungen, die der Verkehr nach dem Klagevortrag mit der Bezeichnung "Bundesdruckerei" verbindet, von der Wirklichkeit abweichen. Bereits die vom Berufungsgericht unterstellte, eindeutig unzutreffende Vorstellung des Verkehrs, der Bund sei zumindest Mehrheitsgesellschafter der Beklagten zu 2, die deswegen über unbegrenzte Bonität verfüge und insolvenzfest sei, reicht zur Begründung der geltend gemachten Ansprüche aus.
24
Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Gebrauch einer Geschäftsbezeichnung irreführend sein kann, wenn ein Bestandteil der Firmierung geeignet ist, beim Verkehr unzutreffende Vorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse des Unternehmens hervorzurufen (BGH, Urt. v. 27.2.2003 - I ZR 25/01, GRUR 2003, 448, 449 = WRP 2003, 640 - Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft; vgl. auch Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm , Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 5 UWG Rdn. 5.3). Stehen die geschäftlichen Verhältnisse eines Unternehmens mit der Firmierung nicht mehr in Einklang und kann der Verkehr hieraus unzutreffende Schlüsse ziehen, so endet auch das Recht zur Führung der Firma (BGH GRUR 2003, 448, 449 - Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft).
25
c) Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht in seiner Annahme beigetreten werden, dass die Fehlvorstellungen der Verkehrskreise über die geschäftlichen Verhältnisse der Beklagten zu 2 im Streitfall nur von geringer wettbewerbsrechtlicher Relevanz seien.
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aa) Das Berufungsgericht hat im Ansatz allerdings zutreffend angenommen , dass nicht jede Fehlvorstellung wettbewerblich erheblich ist. Wettbewerbsrechtlich relevant werden unrichtige Angaben erst dadurch, dass sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, in der Regel also den Kaufentschluss , zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 253/97, GRUR 2000, 914, 915 = WRP 2000, 1129 - Tageszulassung II; Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei; Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 33/04, GRUR 2007, 247 Tz 34 = WRP 2007, 303 - Regenwaldprojekt I). Zwar kann in der Regel aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden (BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 - Last-Minute-Reise). Anders verhält es sich jedoch dann, wenn über Umstände getäuscht worden ist, die für das Marktverhalten der Gegenseite lediglich eine unwesentliche Bedeutung haben (BGH GRUR 2000, 239, 241 - Last- Minute-Reise; GRUR 2007, 247 Tz 34 - Regenwaldprojekt I; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.180).
27
bb) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Verbraucherkreise mit dem Begriff "Bundesdruckerei" für ihre Auftragsentscheidungen nicht unbedeutsame Vorstellungen verbinden. Gleichwohl hat es angenommen, dass die zu berücksichtigenden Fehlvorstellungen wettbewerbsrechtlich nur geringe Relevanz haben. Ob und in welchem Umfang die Geschäftsanteile der Beklagten zu 2 der Bundesrepublik Deutschland gehörten, sei für sich genommen wenig relevant. Nur der Sekundärschluss auf die unbegrenzte Bonität und Insolvenzfestigkeit sei von einer gewissen Relevanz. Die insoweit vorhandene Fehlvorstellung der Verkehrskreise werde aber durch die erkennbare Haftungsbeschränkung bei der Gesellschaftsform "GmbH" geschmälert. Zudem führe eine Angabe nicht relevant in die Irre, wenn die aufgrund der Angabe erwartete Qualität tatsächlich gegeben sei. Im Streitfall seien die aus einer fälschlich angenommenen Inhaberschaft erschlossenen Kriterien aufgrund besonderer Beziehungen der Beklagten zu 2 zu dem vermuteten Inhaber Bundesrepublik Deutschland indes gegeben.
28
cc) Diese Beurteilung des Berufungsgerichts ist erfahrungswidrig. Dies folgt schon daraus, dass eine Insolvenz grundsätzlich zur Folge hat, dass möglicherweise bestehende Gewährleistungsansprüche der Kunden wertlos werden. Es kommt hinzu, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der Regel einen fortlaufenden Bedarf an den von der Beklagten zu 2 angebotenen Produkten haben, so dass die Geschäftsbeziehungen häufig längerfristig angelegt sind. Aus diesen Gründen ist es - wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang auch angenommen hat - für die Kunden von erheblicher Bedeutung , ob sie ein Unternehmen mit verlässlicher Bonität beauftragen, da im Falle von Zahlungsschwierigkeiten oder gar einer Insolvenz die Zusammenarbeit erheblich erschwert wird.
29
Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts wird die Vorstellung von einer ausreichenden Bonität und Insolvenzfestigkeit nicht durch den Zusatz "GmbH" relativiert. Soweit die Bundesrepublik Deutschland tatsächlich die Mehrheitsanteile an einer GmbH hält, wird der Verkehr von einer faktischen Insolvenzfestigkeit ausgehen, weil er annehmen wird, dass die öffentliche Hand schon allein wegen des damit verbundenen Imageschadens die Insolvenz einer dem Bund gehörenden Gesellschaft vermeiden wird.
30
Die Fehlvorstellung über die Bonität der Beklagten zu 2 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht deshalb von geringer Relevanz, weil für die Herstellung der von der Beklagten zu 2 angebotenen Produkte eine besondere Qualifikation erforderlich ist und insoweit die Erwartungen des Verkehrs erfüllt werden. Zwar weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass gerade auf dem Markt der sicherheitsrelevanten Druckerzeugnisse die Qualifikation des Unternehmens für das Marktverhalten der Gegenseite von erheblicher Bedeutung ist. Die Frage der Bonität verliert aber daneben nur dann an Bedeutung, wenn andere Unternehmen keine vergleichbare Qualifikation aufweisen. Dies ist jedoch nicht festgestellt.
31
Der Senat sieht sich an dieser Beurteilung nicht dadurch gehindert, dass ein von der Beklagten zu 2 vorgelegtes Privatgutachten zu dem Ergebnis gelangt ist, dass nur für 2,3% der Befragten der Umstand von Bedeutung sei, ob es sich bei der Beklagten zu 2 um ein Bundesunternehmen handelt. Die zugrunde liegende Meinungsumfrage, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung im Übrigen nicht gestützt hat, gibt Anlass zu einer Reihe ungeklärter Fragen, die - bislang nicht ausgeräumte - Zweifel an der Zuverlässigkeit der gewonnenen Ergebnisse begründen. Zunächst ist fraglich, ob die Beschränkung der Meinungsumfrage auf Leiter von Patentabteilungen und Patentanwälte , die als Nachfrager von Patentrecherchen und Patentinformationsprodukten der Beklagten zu 2 in Betracht kommen, zu Ergebnissen geführt hat, die auf andere Anbieter und Nachfrager, die mit den Beklagten in geschäftliche Beziehungen treten, ohne weiteres übertragen werden können. Zum anderen begegnet die Art und Weise der Fragestellung Zweifeln. Hier sind drei Punkte herauszugreifen : (1) Bei der entscheidenden Frage 5 nach den Eigentumsverhältnissen einer "Bundesdruckerei GmbH" sind die meisten Befragten - nämlich 91,8%, die auf die Frage 1 geantwortet haben, dass ihnen die Bezeichnung "Bundesdruckerei GmbH" im Zusammenhang mit Patentrecherchen oder Patentinformationsprodukten bekannt sei - gefragt worden, ob sie etwas über die Eigentumsverhältnisse der "Bundesdruckerei GmbH" wissen (Frage 5B). Die weitere Befragung erstreckt sich nur auf diejenigen, die dies mit "ja" oder "ja, teilweise" beantwortet haben und ordnet damit den Großteil der Befragten (77,8%) vollständig dem nicht irregeführten Verkehrskreis zu. Dies erscheint bedenklich; es ist nicht ersichtlich, weshalb diejenigen, die die Eigentumsverhältnisse der Beklagten zu 2 nicht kennen, nicht irregeführt werden können. (2) Bevor den Befragten die Frage nach den Eigentumsverhältnissen gestellt worden ist, sind sie mit den Fragen 3 und 4 nach einer anderen möglichen Erklärung für die Bezeichnung "Bundesdruckerei GmbH" gefragt worden. ("Wissen Sie etwas darüber, von wem die 'Bundesdruckerei GmbH' ihre Aufträge erhält?" und "Meinen Sie, dass die 'Bundesdruckerei GmbH' nur staatliche Aufträge ausführt , oder steht sie Ihres Erachtens auch für Aufträge aus der privaten Wirtschaft zur Verfügung?"). Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass diese - mögliche - Erklärung für die Bezeichnung die Antworten auf Frage 5 beeinflusst hat. (3) Bei der Frage nach der Relevanz (Frage 8) sind - an sich folgerichtig - nur diejenigen (8,9%) befragt worden, die zuvor geantwortet hatten, die "Bundesdruckerei GmbH" befinde sich im Besitz des Bundes. Dieser Verkehrs- kreis ist danach gefragt worden, ob er ein Bundesunternehmen gegenüber anderen gleich qualifizierten Anbietern bevorzugen würde, was etwa ein Viertel dieser Befragten (2,3%) bejaht hat. Die Frage einer höheren Bonität des Geschäftspartners , auf die die Klägerin den Irreführungsvorwurf in erster Linie stützt, ist damit nicht Gegenstand der Befragung geworden.
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d) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, das geltend gemachte Unterlassungsbegehren sei im vorliegenden Fall unverhältnismäßig, ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern.
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aa) Das Berufungsgericht geht im Ansatz zwar zutreffend davon aus, dass unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unabhängig von einer Verwirkung eine Irreführungsgefahr in besonderen Ausnahmefällen hinzunehmen ist, wenn die Belange der Allgemeinheit und der Mitbewerber nicht in erheblichem Maße ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen werden, weil nur eine geringe Irreführungsgefahr vorliegt oder schutzwürdige Interessen des auf Unterlassung in Anspruch Genommenen entgegenstehen. Letzteres kommt vor allem dann in Betracht, wenn durch das Verbot ein wertvoller Besitzstand an einer Individualkennzeichnung zerstört würde (BGH GRUR 2003, 628, 630 - Klosterbrauerei; BGH, Urt. v. 19.2.2004 - I ZR 76/02, GRUR 2004, 613, 614 = WRP 2004, 904 - Schlauchbeutel; zu § 127 Abs. 1 MarkenG vgl. auch BGHZ 139, 138, 145 ff. - Warsteiner II).
34
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall jedoch nicht erfüllt. Zum einen ist - wie vorstehend dargelegt - die Fehlvorstellung der angesprochenen Verkehrskreise nicht nur von geringer wettbewerbsrechtlicher Relevanz. Zum anderen hat die Beklagte zu 2 auch keinen wertvollen Besitzstand an einer Individualkennzeich- nung erworben, da sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst seit dem Jahre 2000 außerhalb der Bundesverwaltung um Kunden wirbt.
35
III. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da der Rechtsstreit auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zu den von der Klägerin behaupteten Fehlvorstellungen des angesprochenen Verkehrs getroffen. Bei der erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht insbesondere Folgendes zu beachten haben:
36
1. Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses ist keine Tatsachenfeststellung , sondern Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens (BGHZ 156, 250, 254 - Marktführerschaft; BGH, Urt. v. 3.5.2001 - I ZR 318/98, GRUR 2002, 182, 184 = WRP 2002, 74 - Das Beste jeden Morgen). Dieses Erfahrungswissen kann das Gericht grundsätzlich auch dann haben, wenn die entscheidenden Richter nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen (BGHZ 156, 250, 255 - Marktführerschaft; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 3.12; Link in Ullmann, jurisPK-UWG, § 5 Rdn. 678; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 5 Rdn. 144; Fezer/Büscher, UWG, § 12 Rdn. 264).
37
Bei Firmenbezeichnungen, die den Bestandteil "Bundes" enthalten, ist nach der Lebenserfahrung davon auszugehen, dass der Verkehr in der Regel annehmen wird, bei diesen Unternehmen sei die Bundesrepublik Deutschland zumindest Mehrheitsgesellschafter (vgl. für den Zusatz "staatlich" BGH, Urt. v. 4.7.1985 - I ZR 54/83, GRUR 1986, 316 = WRP 1985, 696 - Urselters; für den Zusatz "Städtisch" auch Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 5.93; MünchKomm.UWG/Busche, § 5 Rdn. 603; Harte/Henning/ Dreyer, UWG, § 5 Rdn. 629). Zwar gibt es auch etliche Bezeichnungen rein privater Organisationen, die den Bestandteil "Bundes…" in sich aufgenommen haben (beispielsweise Bundesverband der Industrie). Bei Wirtschaftsunternehmen , die im Wettbewerb zu anderen Betrieben stehen, ist dies im Allgemeinen aber nicht der Fall. Dies gilt auch in Fällen, in denen die Bundesrepublik Deutschland die Unternehmen privatisiert hat (z.B. Deutsche Post AG).
38
Im Streitfall ist allerdings der Vortrag der Beklagten zu 2 zu berücksichtigen , sie werde nur auf einem Spezialmarkt tätig, in dem die Kenntnis über ihre Unternehmensstrukturen vorherrsche und der angesprochene Verkehr daher allenfalls zu einem nur geringen Prozentsatz Fehlvorstellungen über die geschäftlichen Verhältnisse unterliege. Dieser Vortrag ist erheblich, da die Annahme einer Irreführung voraussetzt, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise irregeführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 2.10.2003 - I ZR 252/01, GRUR 2004, 162, 163 = WRP 2004, 225 - Mindestverzinsung; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.106 ff.; MünchKomm.UWG/Reese, § 5 Rdn. 174 ff.). Hierzu wird das Berufungsgericht Feststellungen zu treffen haben. Maßstab sind insoweit alle von den Beklagten angesprochenen Verkehrskreise, wobei möglicherweise auch Lieferanten der Beklagten zu 2 in die Betrachtung einbezogen werden können. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist es für die Frage, ob ein erheblicher Teil irregeführt wird, nicht von Bedeutung, welche Umsätze mit den einzelnen Beteiligten erwirtschaftet werden, so dass allein die Kenntnis der zuständigen Mitarbeiter in der Bundesverwaltung nicht ausschlaggebend ist. Soweit sich das Berufungsgericht auf eine Meinungsumfrage stützen möchte, sind die oben unter II 2 c cc angeführten Erwägungen zu berücksichtigen.
39
2. Sofern das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Klägerin gemäß § 8 Abs. 1, §§ 3, 5 Abs. 1 UWG Unterlassung verlangen kann, wird folgendes zu berücksichtigen sein:
40
a) Dem Schuldner eines Unterlassungsanspruchs kann im Rahmen von § 242 BGB eine Aufbrauchsfrist gewährt werden. Voraussetzung ist, dass ihm durch ein sofort mit der Zustellung des Titels uneingeschränkt zu beachtendes Verbot unverhältnismäßige Nachteile entstehen und die Belange sowohl des Gläubigers als auch der Allgemeinheit durch eine befristete Fortsetzung des Wettbewerbsverstoßes nicht unzumutbar beeinträchtigt werden (vgl. etwa BGH, Urt. v. 25.1.1990 - I ZR 19/87, GRUR 1990, 522, 528 = WRP 1990, 672 - HBVFamilien - und Wohnungsrechtsschutz). Dies liegt im vorliegenden Fall nicht fern. Unerheblich ist insoweit, dass das Verfahren bereits seit dem Jahr 2002 anhängig ist, da allein die Klageerhebung für den Schuldner kein Anlass sein muss, sich auf die Folgen eines möglichen Verbots einzustellen. Der Beklagten zu 2 ist es nicht verwehrt, darauf hinzuweisen, dass sie aus der früheren Bundesdruckerei hervorgegangen ist.
41
b) Grundsätzlich ist auch der Anspruch auf Löschung der Firma als Beseitigungsanspruch gegeben (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 8 UWG Rdn. 1.94; Harte/Henning/Seitz aaO § 8 Rdn. 160; Fezer/ Büscher aaO § 8 Rdn. 16; zum Markenrecht: BGHZ 121, 242, 247 ff. - TRIANGLE). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es aber gebieten, dass nur der irreführende Firmenbestandteil zu löschen ist (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1973 - I ZR 129/71, GRUR 1974, 162, 164 - etirex).
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.09.2003 - 1 HKO 13061/03 -
OLG München, Entscheidung vom 08.07.2004 - 29 U 5133/03 -

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

Unzulässig ist eine irreführende Werbung. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor,

1.
wenn Arzneimitteln, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben,
2.
wenn fälschlich der Eindruck erweckt wird, daß
a)
ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann,
b)
bei bestimmungsgemäßem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten,
c)
die Werbung nicht zu Zwecken des Wettbewerbs veranstaltet wird,
3.
wenn unwahre oder zur Täuschung geeignete Angaben
a)
über die Zusammensetzung oder Beschaffenheit von Arzneimitteln, Gegenständen oder anderen Mitteln oder über die Art und Weise der Verfahren oder Behandlungen oder
b)
über die Person, Vorbildung, Befähigung oder Erfolge des Herstellers, Erfinders oder der für sie tätigen oder tätig gewesenen Personen
gemacht werden.

Unzulässig ist eine Werbung, wenn

1.
Gutachten oder Zeugnisse veröffentlicht oder erwähnt werden, die nicht von wissenschaftlich oder fachlich hierzu berufenen Personen erstattet worden sind und nicht die Angabe des Namens, Berufes und Wohnortes der Person, die das Gutachten erstellt oder das Zeugnis ausgestellt hat, sowie den Zeitpunkt der Ausstellung des Gutachtens oder Zeugnisses enthalten,
2.
auf wissenschaftliche, fachliche oder sonstige Veröffentlichungen Bezug genommen wird, ohne daß aus der Werbung hervorgeht, ob die Veröffentlichung das Arzneimittel, das Verfahren, die Behandlung, den Gegenstand oder ein anderes Mittel selbst betrifft, für die geworben wird, und ohne daß der Name des Verfassers, der Zeitpunkt der Veröffentlichung und die Fundstelle genannt werden,
3.
aus der Fachliteratur entnommene Zitate, Tabellen oder sonstige Darstellungen nicht wortgetreu übernommen werden.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.