Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2007 - I ZR 155/04

bei uns veröffentlicht am13.09.2007
vorgehend
Landgericht München II, 4 HKO 6567/02, 15.01.2004
Oberlandesgericht München, 23 U 2157/04, 23.09.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 155/04 Verkündet am:
13. September 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage der Rechtswirkung eines Hinweises in dem Schreiben des Frachtführers
an den Absender wegen des Verlusts von Frachtgut, mit der Einlösung eines
beigefügten Schecks seien alle Ansprüche aus diesem Schaden abgegolten.
Bei einem Frachtvertrag lässt sich die Mitverursachung des durch Verlust des
Gutes entstandenen Schadens durch den Absender nicht mit der Begründung
verneinen, für den Frachtführer habe angesichts des sehr hohen spezifischen
Gewichts der Sendung und der Angaben über den Absender und den Empfänger
("Edelmetaal" und "Kunstprägeanstalt") kein Zweifel über den zumindest
möglichen hohen Wert bestehen können.
BGH, Urt. v. 13. September 2007 - I ZR 155/04 - OLG München
LG München II
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. September 2007 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg,
Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. September 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein Transportversicherer, nimmt die Beklagte, ein international tätiges Transportunternehmen, wegen des Verlusts von Transportgut aus übergegangenem und abgetretenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz in Anspruch.

2
Die Beklagte übernahm am 13. Mai 2002 bei einem Edelmetallunternehmen in Amsterdam drei Pakete mit einem Gewicht von 17,9 kg. Sie führte den Transport im Luftfrachtersatzverkehr per LKW zu der von der Versicherungsnehmerin in Karlsfeld betriebenen Kunstprägeanstalt durch. Bei der Versicherungsnehmerin lieferte sie lediglich eines der drei Pakete ab.
3
Mit Schreiben vom 7. Juni 2002 teilte die Beklagte der Versicherungsnehmerin mit, die beiden anderen Pakete seien unauffindbar. Der entstandene Schaden werde gemäß dem Warschauer Abkommen mit 205,95 € reguliert. Mit weiterem Schreiben vom 19. Juni 2002 übersandte die deutsche Niederlassung der Beklagten der Versicherungsnehmerin einen Verrechnungsscheck über 205,95 € mit dem Hinweis, dass mit der Einlösung des Schecks alle Ansprüche aus dem Schadensfall abgegolten seien und eine separate Gegenbestätigung nicht erforderlich sei. Die Versicherungsnehmerin löste den Scheck ein.
4
Die Klägerin hat behauptet, die verlorengegangenen Packstücke hätten 240 ungeprägte Goldmünzen ("Goldronden") mit einem Wiederbeschaffungswert von 92.522,14 € enthalten. Sie hat die Beklagte auf Zahlung von 92.316,19 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte hat vorgetragen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch schon deshalb nicht zu, weil durch die Einlösung des Schecks eine Abfindungsvereinbarung zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten zustandegekommen sei, die weitergehende Ansprüche ausschließe. Die Haftung der Beklagten sei zudem summenmäßig auf den bereits bezahlten Betrag beschränkt.

6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7
Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben (OLG München TranspR 2005, 254 = VersR 2005, 962).
8
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage für begründet erachtet und hierzu ausgeführt:
10
Der Klägerin stehe aus abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch zu. Ungeachtet des ausgestellten Luftfrachtbriefs unterliege der Transport der CMR als dem Recht der tatsächlichen Beförderungsart. Soweit die CMR keine Regelung enthalte oder Bestimmungen des nationalen Rechts nicht ausschließe, sei ergänzend das zumindest nachträglich stillschweigend vereinbarte deutsche Recht anzuwenden. Die Beklagte habe zuletzt nicht mehr bestritten, dass zwei der drei übernommenen Pakete aus ihrer Obhut verlorengegangen seien. Hinsichtlich des Inhalts der Pakete könne sich die Klägerin zumindest auf einen Anscheinsbeweis berufen. Zudem sei davon auszugehen, dass die verschwundenen Pakete denselben Inhalt gehabt hätten wie das gleichzeitig übernommene dritte Paket. Die Höhe des Schadens könne aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Un- terlagen und der dazu gegebenen Erläuterung geschätzt werden. Auf Haftungsbeschränkungen könne sich die Beklagte nicht berufen, da ihr ein zumindest vorsatzgleiches Verschulden vorzuwerfen sei. Der Schadensersatzanspruch sei nicht gemäß Art. 17 Abs. 5 CMR wegen eines Mitverschuldens der Absenderin gemindert oder ausgeschlossen. Wegen des spezifischen Gewichts der Pakete und der Angaben über Absender und Empfänger habe auch ohne einen Hinweis der Absenderin auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens kein Zweifel darüber bestehen können, dass die Pakete einen hohen Wert haben konnten. Zudem fehle ein schlüssiger Vortrag zur Ursächlichkeit eines möglichen Mitverschuldens für den Schadenseintritt. Der Zinsanspruch folge aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Versicherungsnehmerin habe auf den Klageanspruch auch nicht dadurch verzichtet, dass sie durch das Einlösen des übersandten Schecks stillschweigend einer Abfindungsvereinbarung zugestimmt habe.
11
II. Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dieses hat zu Unrecht ein qualifiziertes Verschulden i.S. von Art. 29 CMR, § 435 HGB bejaht, ohne den Vortrag der Beklagten zu deren Transportorganisation zu berücksichtigen.
12
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin ihren Anspruch auf die Bestimmungen der CMR stützen kann. Diese sind unabhängig davon anwendbar, ob die Beförderung im Luftfrachtersatzverkehr vereinbarungsgemäß oder vertragswidrig erfolgt ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.1989 - I ZR 211/87, TranspR 1990, 19, 20 = VersR 1990, 331 = NJW 1990, 639; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., § 407 HGB Rdn. 26 m.w.N.).

13
2. Das Berufungsgericht hat weiter ohne Rechtsfehler angenommen, dass zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten keine Abfindungsvereinbarung zustandegekommen ist.
14
a) Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, das Schreiben der Beklagten vom 19. Juni 2002 lasse sich aus der maßgeblichen Sicht der Empfängerin nicht als Angebot für den Abschluss eines Erlassvertrages werten. Die gewünschte Abgeltung durch Einlösung des Schecks werde erst im letzten Absatz und auch dort - ebenso wie bereits in dem Schreiben vom 7. Juni 2002 - nur in Form eines Hinweises auf eine feststehende Rechtslage angesprochen, die der Leser lediglich zur Kenntnis nehmen solle. In gleicher Weise sei in einem zwischen dem Zeugen S. und der Zeugin M. geführten Telefonat nur von Hinweisen und nicht von einem Vertragsangebot die Rede gewesen.
15
Bei der gebotenen Bewertung der Umstände durch einen unbeteiligten Dritten könne in der Scheckeinlösung im Übrigen auch nicht die bewusste Betätigung eines Annahmewillens gesehen werden. Es liege fern, dass sich die Versicherungsnehmerin bei einer Schadenshöhe von 92.522,14 € auf eine Abfindung von 205,95 € einlasse, ohne sich wenigstens eine Überprüfung vorzubehalten. Die Beklagte habe, so wie sie das Schreiben vom 19. Juni 2002 formuliert habe, offenbar auch nicht mit Zustimmung gerechnet, sondern im Gegenteil durch Einkleidung in einen Hinweis und Verzicht auf Gegenbestätigung eine Stellungnahme zu verhindern versucht. Bei Beachtung guter kaufmännischer Gepflogenheiten hätte sie eine Gegenbestätigung (etwa durch Rücksendung einer unterzeichneten Kopie) erbeten.
16
b) Die revisionsgerichtliche Überprüfung dieser Beurteilung ist nicht darauf beschränkt, ob das Berufungsgericht allgemein anerkannte Auslegungsre- geln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt hat. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten instanzgerichtlichen Entscheidungen handelt es sich bei der maßgeblichen Passage in ihrem Schreiben vom 19. Juni 2002 um eine von ihr regelmäßig verwendete Formulierung, die von verschiedenen Berufungsgerichten unterschiedlich ausgelegt werden kann und auch schon unterschiedlich ausgelegt worden ist.
17
c) Das Berufungsgericht hat die Äußerung der Beklagten in dem Schreiben vom 19. Juni 2002 "Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass mit der Einlösung des Schecks alle Ansprüche aus diesem Schaden abgegolten sind" zutreffend nicht als Willenserklärung, sondern als bloßen Hinweis auf die Rechtslage gewertet, wie sich diese nach Ansicht der Beklagten darstelle. Mit Recht hat es auch angenommen, dass die Beklagte die Scheckeinlösung durch die Versicherungsnehmerin jedenfalls nicht als bewusste Betätigung eines Annahmewillens i.S. des § 151 Satz 1 BGB ansehen konnte. An die Feststellung eines Verzichtswillens sind grundsätzlich strenge Anforderungen zu stellen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 7.3.2002 - IX ZR 293/00, NJW 2002, 1788, 1790; Urt. v. 7.3.2006 - VI ZR 54/05, NJW 2006, 1511 Tz. 10; Urt. v. 21.11.2006 - VI ZR 76/06, NJW 2007, 368 Tz. 9, jeweils m.w.N.). Bereits das besonders krasse Missverhältnis zwischen der von der Versicherungsnehmerin erhobenen Forderung und der von der Beklagten angebotenen Abfindung von kaum mehr als 0,2 % dieser Forderung ist ein starkes Indiz dagegen, dass die Versicherungsnehmerin mit der Einreichung des ihr übersandten Schecks zugleich erklären wollte, ein Angebot der Beklagten anzunehmen und damit auf ihre restliche Forderung zu verzichten (vgl. BGH, Vers.-Urt. v. 10.5.2001 - XII ZR 60/99, NJW 2001, 2324 f.). Der Umstand, dass die Schecksumme der Haftung der Beklagten nach dem Warschauer Abkommen im Falle ihrer summenmäßigen Beschränkung entsprach, änderte nichts an dem groben Missverhältnis zwischen der geleiste- ten Entschädigung und der von der Versicherungsnehmerin geforderten Entschädigung. Die Beklagte hatte um so weniger Anlass anzunehmen, die Versicherungsnehmerin wolle mit der Einlösung des Schecks auf den weitaus größten Teil des von ihr angenommenen Schadensersatzanspruchs verzichten, als sie der Versicherungsnehmerin mit ihrem Schreiben vom 19. Juni 2002 lediglich den Entschädigungsbetrag angeboten hatte, den sie wegen des Verlusts des Transportguts, den sie zur damaligen Zeit nicht in Abrede gestellt hat, im Fall der summenmäßigen Beschränkung ihrer Haftung ohnedies zu leisten hatte.
18
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte könne sich wegen eines zumindest vorsatzgleichen Verschuldens nicht auf Beschränkungen ihrer Haftung berufen. Wie die Revision mit Recht rügt, hat das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung das Vorbringen der Beklagten zu ihrer Transportorganisation und zum Verlauf der konkreten Sendung nicht berücksichtigt.
19
a) Der Anspruchsteller ist grundsätzlich gehalten, die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Er trägt dementsprechend die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469 = NJW 2003, 3626; Urt. v. 4.3.2004 - I ZR 200/01, TranspR 2004, 460, 461; Urt. v. 14.6.2006 - I ZR 136/03, VersR 2007, 273 Tz. 13 = TranspR 2006, 348). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Insbesondere hat er substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er konkret aufgewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann daraus nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (BGHZ 127, 275, 283 ff.; 129, 345, 349 ff.; 145, 170, 183 ff.; BGH VersR 2007, 273 Tz. 13).
20
b) Das Berufungsgericht hat zu der Frage, ob die Beklagte ein qualifiziertes Verschulden i.S. von Art. 29 CMR i.V. mit § 435 HGB trifft, ausgeführt, die Klägerin habe ihrer Darlegungslast genügt, da nach den Umständen des Falles sogar ein Diebstahl durch Gehilfen der Beklagten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit naheliege. Die Beklagte habe demgegenüber zum konkreten Schadenseintritt nichts berichtet, sondern lediglich allgemeine Ausführungen über ihre Organisation gemacht. Noch zu Beginn des Prozesses habe sie einen Verlust bestritten; eine Erklärung hierfür sei sie schuldig geblieben. Ebensowenig habe sie etwas dazu gesagt, dass sie mit ihrem Ablieferungsbeleg nur die Ablieferung für eine einzige Paketnummer habe belegen können, obwohl jedes Packstück eine eigene Nummer erhalten habe.
21
c) Die Revision rügt ohne Erfolg, diese Beurteilung widerspreche der Senatsrechtsprechung, nach der der Anspruchsteller die ihm obliegende Darlegungslast erst dann erfüllt habe, wenn sein Vortrag nach den Umständen des Falles ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelege und allein der Frachtführer zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens in zumutbarer Weise beitragen könne. Richtig ist allerdings, dass die Klägerin ihre Annahme, ein Diebstahl durch Gehilfen der Beklagten sei wahrscheinlich , nicht - wie erforderlich - substantiiert hat. Das Berufungsgericht hat aber Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Verschulden zum einen darin gesehen, dass die Beklagte den Eintritt des Verlusts noch zu Beginn des Rechtsstreits bestritten hat, ohne dafür nachfolgend eine Erklärung abzugeben. Zum anderen hat es darauf hingewiesen, dass die Beklagte nichts dazu gesagt hat, dass sie mit ihrem Ablieferungsbeleg nur die Ablieferung für eine einzige Paketnummer hat belegen können, obwohl jedes der Packstücke eine eigene Nummer erhalten hatte. Danach bestanden konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Ablauf und die Kontrolle ihres Betriebs in einer den Vorwurf der Leichtfertigkeit i.S. von Art. 29 CMR i.V. mit § 435 HGB rechtfertigenden Weise mangelhaft eingerichtet hatte und aus diesem Grund auch außerstande war, den Ort, den Zeitpunkt und die Ursache des eingetretenen Verlusts zu bestimmen oder immerhin einzugrenzen.
22
d) Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann jedoch entgegen der vom Berufungsgericht vorgenommenen Beurteilung nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die Beklagte zum Ablauf ihres Betriebs und zu den von ihr ergriffenen Sicherungsmaßnahmen eingehend vorgetragen hat. Die Beklagte hat des Weiteren auch dargetan, dass sie diese Sicherungsmaßnahmen auch bei dem streitgegenständlichen Transport angewendet hat.
23
e) Sofern die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nachgekommen ist, hat die Klägerin den vollen Beweis zu erbringen, dass der eingetretene Schaden seine Ursache in einem qualifiziert schuldhaften Verhalten der Beklagten oder von Personen hatte, deren Verhalten diese sich gemäß Art. 3 CMR zurechnen lassen muss.

24
III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
25
1. Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu prüfen haben, ob die Beklagte mit ihrem Vortrag in der Klageerwiderung zu ihrer Transportorganisation und zu deren Anwendung im konkreten Fall ihrer sekundären Darlegungslast entsprochen hat. Es wird in diesem Zusammenhang auch zu berücksichtigen haben, dass eine hinreichende Schnittstellenkontrolle nur dann vorliegt, wenn sie sich bei aus mehreren Packstücken bestehenden Sendungen auf die einzelnen Packstücke bezieht (vgl. BGHZ 149, 337, 347 f.; Ziff. 7.1.1 ADSp; § 17 Abs. 1 Nr. 1 VBGL), und andernfalls der Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens begründet ist.
26
2. Sollte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erneut zu der Beurteilung kommen, dass eine Haftung der Beklagten gemäß Art. 29 CMR dem Grunde nach zu bejahen ist, wird es nochmals zu prüfen haben, ob das Edelmetallunternehmen, das die Sendung der Beklagten übergeben hat, den Schaden dadurch mitverursacht hat, dass es nicht auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens hingewiesen hat. Das Berufungsgericht wird in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen haben, dass sich die Ursächlichkeit eines entsprechenden Mitverschuldens nur dann verneinen lässt, wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hatte wie der Geschädigte (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, NJW-RR 2006, 1108 Tz. 24 = TranspR 2006, 208; Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 80/03, VersR 2006, 953 Tz. 26 = TranspR 2006, 121 = NJW-RR 2006, 822; Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 57/03, NJW-RR 2006, 1264 Tz. 46 = TranspR 2006, 250). Aus diesem Grund wird sich ein schadensursäch- lich gewordenes Mitverschulden der Absenderin nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneinen lassen, für die Beklagte habe angesichts des spezifischen Gewichts der Pakete und der Angaben über Absender und Empfänger ("Edelmetaal" und "Kunstprägeanstalt") kein Zweifel über den zumindest möglichen hohen Wert bestehen können (vgl. auch Koller aaO § 425 HGB Rdn. 74 Fn. 289).
27
3. Ein Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens setzt im Übrigen nicht die Feststellung voraus, dass der Frachtführer Warensendungen generell sicherer befördert. Mit dem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens muss dem Frachtführer die Gelegenheit gegeben werden, im konkreten Fall Sicherungsmaßnahmen zur Abwendung eines drohenden Schadens zu ergreifen oder die Durchführung des Auftrags abzulehnen. Die Kausalität des insoweit gegebenen Mitverschuldenseinwands kann daher nur dann verneint werden , wenn der Frachtführer trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlich hohen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte (BGH NJW-RR 2006, 1108 Tz. 22; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 168/03, NJW-RR 2006, 1694 Tz. 27 = TranspR 2006, 466). Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 27. November 2003 im Übrigen vorgetragen, dass sie die Sendung bei Angabe eines hohen Wertes der Lieferung als Wertsendung behandelt hätte.
v. Ungern-Sternberg Pokrant Schaffert
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 15.01.2004 - 4 HKO 6567/02 -
OLG München, Entscheidung vom 23.09.2004 - 23 U 2157/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2007 - I ZR 155/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2007 - I ZR 155/04

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

Handelsgesetzbuch - HGB | § 425 Haftung für Güter- und Verspätungsschäden. Schadensteilung


(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. (2) Hat bei der Entstehung des Schade
Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2007 - I ZR 155/04 zitiert 7 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 151 Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden


Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. D

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(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. (2) Hat bei der Entstehung des Schade

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 397 Erlassvertrag, negatives Schuldanerkenntnis


(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt. (2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

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(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die Schuld erlässt.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, dass das Schuldverhältnis nicht bestehe.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 54/05 Verkündet am:
7. März 2006
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Aus der Tatsache, dass ein Rechtsanwalt nach teilweiser Regulierung eines Verkehrsunfallschadens
durch den gegnerischen Haftpflichtversicherer diesem gegenüber
seine Anwaltsgebühren unter Bezugnahme auf das DAV-Abkommen abrechnet,
kann nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, er verzichte zugleich namens
seines Mandanten auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche.
BGH, Urteil vom 7. März 2006 - VI ZR 54/05 - LG Berlin
AG Berlin Mitte
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 58. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 23. Februar 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Ersatz restlichen Schadens in Anspruch , der ihm nach seiner Behauptung bei einem Verkehrsunfall am 31. März 2004 entstanden sei. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit.
2
Ein vom Kläger beauftragter Sachverständiger ermittelte vorprozessual Instandsetzungskosten in Höhe von 4.371,30 €. Die Beklagte zu 3 erkannte einen Schadensersatzanspruch von 2.677,02 € an und regulierte den Schaden in dieser Höhe. In der Folge übersandte der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten zu 3 seine Kostennote vom 16. Juni 2004 über 352,06 €. Eingangs der Kostennote heißt es: "nach Regulierung des angekündigten Betrages erlaube ich mir für meine Tätigkeit gemäß nachfolgender Kostennote abzurechnen". Die anschließende Kostenberechnung weist eine "15/10 Geschäftsgeb. gem. DAV-Abkommen" nach einem Gegenstandswert von 2.677,02 € nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer aus. Die Beklagte zu 3 übersandte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers einen Scheck über diesen Betrag, der eingelöst wurde.
3
Mit der vorliegenden, am 17. Juni 2004 eingereichten Klage verlangt der Kläger Ersatz des restlichen Unfallschadens in Höhe von 1.714,28 €. Die Beklagten haben unter anderem geltend gemacht, durch die Übersendung der Kostennote und die anschließende Zahlung seitens der Beklagten zu 3 sei ein Erlassvertrag zustande gekommen, so dass weiterer Schadensersatz nicht mehr mit Erfolg verlangt werden könne.
4
Das Amtsgericht hat die Klage mit dieser Begründung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Nach dem Abkommen zwischen dem Deutschen Anwaltsverein und dem Verband der Haftpflichtversicherer dürfe ein Rechtsanwalt bei einer vollständigen außergerichtlichen Erledigung des Schadensfalls eine Geschäftsgebühr in Höhe von 15/10 an Stelle der üblichen 7,5/10 nach dem Gegenstandswert des gezahlten Betrages abrechnen. Das bedeute, dass ein Rechtsanwalt, wenn er unter ausdrücklichem Hinweis auf dieses Abkommen dem Versicherer eine entsprechende Honorarrechnung übersende, damit die Erklärung verbinde, dass die Angelegenheit vollständig erledigt sein solle, falls die Kostennote entsprechend beglichen werde. So jedenfalls könne und müsse der Haftpflichtversicherer die Erklärung des Anwalts verstehen. Nehme der Haftpflichtversicherer dieses Angebot dadurch an, dass er dem Anwalt einen entsprechenden Honorarbetrag anweise, so komme hierdurch ein außergerichtlicher Vergleich gemäß § 779 BGB des Inhalts zustande, dass durch die geleistete Schadensersatzzahlung und die Anweisung des Honorars die Angelegenheit abschließend erledigt sein solle. Eine weitere Forderung sei danach ausgeschlossen.

II.

6
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht Stand.
7
1. Die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht entspricht einer verbreiteten Auffassung, wonach eine Abrechnung nach Maßgabe des DAVAbkommens als Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages und die Gebührenzahlung des Versicherers als dessen Annahme anzusehen sei (LG Aachen, NZV 2004, 149, 150 = NJW-RR 2004, 170 f.; LG München I, NZV 2004, 413; LG Osnabrück, Schaden-Praxis 2003, 327; LG Wuppertal, Schaden-Praxis 2004, 176; AG Berlin-Mitte, NZV 2004, 414 f.; AG Düsseldorf, Schaden-Praxis 2001, 430; AG Geislingen, Schaden-Praxis 2003, 28, 29; AG Ingolstadt, AGS 2004, 171; AG Schwerte, Schaden-Praxis 2001, 361 f.). Nach der Gegenmeinung kann allein aus der Tatsache, dass ein Rechtsanwalt bei Abrechnung einer Verkehrsunfallregulierung in seiner Kostennote Bezug auf das DAVAbkommen nimmt, nicht regelmäßig der Schluss gezogen werden, er verzichte zugleich auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche seines Mandanten (Thüringer OLG, OLG-NL 2005, 243 ff.; LG Bonn, ZfS 2005, 238 f.; LG Kiel, Schaden -Praxis 2003, 214 f.; zweifelnd auch OLG Celle, DAR 2003, 556).
8
2. Die letztgenannte Ansicht ist richtig.
9
a) Ein Erlassvertrag (§ 397 BGB) kommt nur zustande, wenn die Parteien darauf gerichtete übereinstimmende Willenserklärungen abgeben. Führt der Rechtsanwalt des Geschädigten mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers Regulierungsverhandlungen und rechnet er, nachdem der Haftpflichtversicherer den von ihm teilweise für begründet erachteten Anspruch des Geschädigten insoweit erfüllt hat, auf der Grundlage des DAV-Abkommens ab, so kann darin das Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages liegen. Denn die Regelung der Ziffer 7 f dieses Abkommens soll auf eine möglichst endgültige abschließende Regulierung hinwirken (Greißinger, DAR 1998, 286, 289) und bestimmt deshalb, dass die 15/10-Gebühr nach Ziffer 7 a grundsätzlich nur für den Fall der vollständigen außergerichtlichen Schadensregulierung abgerechnet werden darf. Eine derartige Abrechnung durch den Rechtsanwalt kann demgemäß zugleich die Erklärung enthalten, die Sache solle endgültig erledigt sein.
10
Hierfür ist jedoch erforderlich, dass über die bloße Kostenabrechnung hinaus mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, es solle eine materiellrechtlich wirkende Erklärung abgegeben werden. Insoweit kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Das Angebot auf Abschluß eines Erlassvertrages muss unmissverständlich erklärt werden (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - NJW 2001, 2325 f.). An die Feststellung eines Verzichtswillens sind strenge Anforderungen zu stellen, er darf nicht vermutet werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 1983 - VI ZR 19/82 - NJW 1984, 1346 f. = VersR 1984, 382 f.; vom 15. Juli 1997 - VI ZR 142/95 - NJW 1997, 3019, 3021 = VersR 1998, 122, 123). Selbst bei einer eindeutig erscheinenden Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind (BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - NJW 2002, 1044, 1046). Darüber hinaus gilt der Grundsatz, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen möglichst nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen sind (BGHZ 131, 136, 138; 146, 280, 284).
11
Auch ein Abrechnungsschreiben "nach Maßgabe des DAV-Abkommens" muss danach mit ausreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass eine abschließende Erledigung gewollt ist. Zudem dürfen die Begleitumstände nicht einen abweichenden Willen nahe legen. Enthält das Abrechnungsschreiben lediglich die Gebührenabrechnung, so ist ihm nicht ohne weiteres ein Erlasswille zu entnehmen. Denn die Abrechnung kann schlicht darauf beruhen, dass der Rechtsanwalt die Voraussetzungen für den Anfall der Gebühr verkannt hat. In diesem Fall wäre aber der Ausschluss weiterer - insbesondere erheblicher - Ansprüche des Geschädigten nicht interessengerecht.
12
b) Zwar kann trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins eine Willenserklärung vorliegen, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGHZ 91, 324, 329 f.; 109, 171, 177). Dieser Grundsatz findet indes nur dann Anwendung, wenn die maßgebliche Erklärung einen insoweit tauglichen Inhalt hat. Dies ist aber - wie ausgeführt - nicht der Fall, wenn lediglich die Anwaltsgebühren nach Maßgabe des DAV-Abkommens abgerechnet werden. Auch hat sich, wie die zahlreichen zitierten Rechtsstreitigkeiten und ihr divergierender Ausgang zeigen, insoweit noch keine Verkehrssitte entwickelt. Da die Rechtsla- ge bisher höchstrichterlich nicht geklärt war, durften die Versicherer auch nicht nach Treu und Glauben davon ausgehen, eine Gebührenabrechnung mit dem genannten Inhalt sei ohne weiteres als Verzichtsangebot aufzufassen.
13
3. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht den Abschluss eines Erlassvertrages zu Unrecht bejaht.
14
Zwar ist die Auslegung einer individuellen Vereinbarung im Revisionsrechtszug nur beschränkt nachprüfbar. Sie unterliegt der Nachprüfung aber jedenfalls insoweit, als gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Ein Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze ist u.a. dann gegeben, wenn nicht alle für die Auslegung wesentlichen Tatsachen berücksichtigt worden sind (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 1983, aaO; BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 270/01 - NJW 2003, 2382, 2383). Dies ist hier der Fall.
15
Die Kostennote vom 16. Juni 2004 enthält keine Erklärungen dahin gehend , dass hiermit eine materiellrechtlich wirkende auf Abschluss eines Erlassvertrages gerichtete Erklärung abgegeben werden solle. Sie beinhaltet lediglich eine Kostenrechnung des Rechtsanwalts auf der Basis des bereits regulierten Betrages.
16
Es sind auch sonst keine Umstände festgestellt, die für die Abgabe einer auf Abschluss eines Erlassvertrages gerichteten Erklärung sprechen. Der Kläger hat vorprozessual seinen gesamten Schaden gegenüber dem Haftpflichtversicherer geltend gemacht und das Berufungsgericht stellt nicht fest, bis zum Zugang der Kostennote habe es Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Kläger einen Teil seines Schadens nicht weiter habe geltend machen wollen. Gegen einen dahin gehenden Willen spricht auch, dass schon am 17. Juni 2004, also einen Tag nach Fertigung der Kostennote, die Klageschrift wegen des restlichen Schadensbetrages verfasst und bei Gericht eingereicht wurde.
17
Unter diesen Umständen erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts , der Rechtsanwalt des Klägers habe eine auf den Abschluss eines Erlassvertrages gerichtete Erklärung abgegeben, als rechtsfehlerhaft.

III.

18
Das die Klage abweisende Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die nunmehr erforderlichen weiteren Feststellungen getroffen werden können. Müller Diederichsen Pauge Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
AG Berlin-Mitte, Entscheidung vom 02.11.2004 - 102 C 3190/04 -
LG Berlin, Entscheidung vom 23.02.2005 - 58 S 401/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 76/06 Verkündet am:
21. November 2006
Böhringer-Mangold,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Stellt ein Rechtsanwalt nach teilweiser Regulierung eines Verkehrsunfallschadens
gegenüber dem gegnerischen Haftpflichtversicherer eine Gebührenrechnung "nach
Maßgabe des DAV-Abkommens", so kann allein daraus nicht der Schluss gezogen
werden, er verzichte namens seines Mandanten auf die Geltendmachung weiterer
Ansprüche.
BGH, Urteil vom 21. November 2006 - VI ZR 76/06 - OLG Bremen
LG Bremen
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21. November 2006 im
schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis 10. Oktober 2006 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 14. März 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Ersatz restlichen Schadens aus einem Verkehrsunfall am 19. Dezember 2002 in Anspruch. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit.
2
Die Beklagte zahlte vorprozessual 17.000 € Schmerzensgeld und 3.593,36 € materiellen Schadensersatz. Der der Zahlung zugrunde liegenden Abrechnung vom 4. Januar 2005 widersprach die Klägerin am 4. Februar 2005 mit der Aufforderung, sie bis 19. Februar 2005 klaglos zu stellen. Sie verlangte insgesamt ein Schmerzensgeld von 40.000 € und Ersatz des Haushaltsführungsschadens in Höhe von 14.914,20 €. Darauf erwiderte die Beklagte im Schreiben vom 7. Februar 2005: "Zur Klaglosstellung … ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zahlen wir … einen weiteren Betrag von 2.000 €."
3
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin antwortete am 13. April 2005 mit einem Schreiben folgenden Inhalts: "Sie haben den Schaden in Höhe eines Betrages von 21.006,94 € reguliert. Insoweit möchte ich nunmehr meine Gebühren abrechnen …"
4
In der diesem Schreiben beigefügten Kostenrechnung machte sie eine 17,5/10 Pauschalgebühr gemäß "DAV-Abkommen" aus 21.006,94 € geltend. Die Beklagte glich die Kostenforderung aus.
5
Auf die im vorliegenden Rechtsstreit sodann erhobene Klage auf Ersatz restlichen Unfallschadens in Höhe von 34.511,84 € hat die Beklagte u. a. erwidert , dass durch die Übersendung der Kostennote und die Zahlung durch die Beklagte ein Erlassvertrag zustande gekommen sei. Weiterer Schadensersatz könne nicht mehr verlangt werden.
6
Das Landgericht hat die Klage mit dieser Begründung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

7
Das Berufungsgericht hält weitere Ansprüche für nicht gegeben, weil die Klägerin hierauf verzichtet habe. Im Abrechnungsschreiben vom 13. April 2005 habe sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin ausdrücklich auf das "DAVAbkommen" bezogen und damit der Beklagten konkludent den Abschluss eines Erlassvertrages angeboten. Wesentlicher Inhalt des Abkommens zwischen dem Deutschen Anwaltsverein (DAV) und dem Verband der Haftpflichtversicherer sei, dass im Verhältnis zwischen dem Anwalt des Geschädigten und dem Haftpflichtversicherer des Schädigers bei endgültiger Schadensabrechnung dem Rechtsanwalt des Geschädigten ein einheitlicher Pauschbetrag von 15/10 bzw. bei Regulierung von Körperschäden 17,5/10 als Honorar gezahlt werde ohne Rücksicht darauf, ob eine Besprechungs- oder Vergleichsgebühr im Einzelfall angefallen sei. Das bedeute, dass ein Rechtsanwalt, wenn er unter ausdrücklichem Hinweis auf dieses Abkommen dem Versicherer eine entsprechende Honorarrechnung übersende, damit die Erklärung verbinde, dass die Angelegenheit vollständig erledigt sein solle, falls die Kostennote beglichen werde. Die Beklagte gehöre zum Kreis der Versicherungsgesellschaften, die sich den DAVEmpfehlungen angeschlossen und bereit erklärt haben, nach diesen Modalitäten zu verfahren. Sie habe die eine 17,5/10 Pauschgebühr ausweisende Kostennote redlicher Weise nach den §§ 133, 157 BGB als Erklärung dahingehend verstehen dürfen, dass auf weitere Forderungen verzichtet werde. Hinzu komme , dass die Klägerin, obwohl sie Frist bis 19. Februar 2005 zur Klaglosstellung gesetzt habe, erst am 13. April 2005 mit ihrer Kostennote auf die Antwort der Beklagten vom 7. Februar 2005 unter Bezugnahme auf das DAV-Abkommen reagiert und dabei weder der letzten Abrechnung des Versicherers widersprochen noch weitere Ansprüche geltend gemacht habe. Die Diskrepanz zwischen den Forderungen der Klägerin und den Zahlungen der Beklagten spreche nicht gegen ein Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages, weil die Beklagte habe annehmen können, dass die Klägerin, nachdem die Beklagte ihren Standpunkt im Schreiben vom 7. Februar 2005 erläutert habe, wegen des Kostenrisikos sich dafür entschieden habe, von der Verfolgung weiterer Ansprüche abzusehen. Es komme auch nicht darauf an, ob der Klägerin selbst die DAVEmpfehlung bekannt gewesen sei und ob sie gewusst habe oder auch nur habe wissen können, dass die Abrechnung der Pauschalgebühr unter Bezugnahme hierauf als konkludentes Angebot für den Abschluss eines Erlassvertrages ausgelegt werden würde. Entscheidend sei, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin stellvertretend für diese tätig gewesen sei. Der Erlassvertrag sei auch nicht aufgrund der Anfechtungserklärung wegen Irrtums (§ 119 Abs. 1 Alter. 1 BGB) nichtig. Hierfür fehlten Tatsachenvortrag und Beweisangebote der Klägerin , nachdem die Beklagte die Berechtigung einer Irrtumsanfechtung bestritten habe.

II.

8
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
9
1. Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass das Berufungsurteil nicht in Einklang steht mit dem Urteil des erkennenden Senats vom 7. März 2006 - VI ZR 54/05 - VersR 2006, 659 ff. = NJW 2006, 1511 ff., das freilich dem Berufungsgericht bei Erlass des angegriffenen Urteils noch nicht bekannt sein konnte. Danach kann aus der Tatsache, dass ein Rechtsanwalt nach teilweiser Regulierung eines Verkehrsunfallschadens durch den gegnerischen Haftpflichtversicherer diesem gegenüber seine Anwaltsgebühren unter Bezugnahme auf das DAV-Abkommen abrechnet, nicht ohne weiteres der Schluss gezogen werden, er verzichte zugleich namens seines Mandanten auf die Geltendmachung weiterer Ansprüche. Hierfür ist vielmehr erforderlich, dass über die bloße Kostenabrechnung hinaus mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommt, es solle eine materiell-rechtlich wirkende Erklärung abgegeben werden. Insoweit kommt es auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Das Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages muss jedenfalls unmissverständlich erklärt werden (BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 356/00 - NJW 2001, 2325 f.). An die Feststellung eines Verzichtswillens sind strenge Anforderungen zu stellen , er darf nicht vermutet werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Dezember 1983 - VI ZR 19/82 - NJW 1984, 1346 f. = VersR 1984, 382 f.; vom 15. Juli 1997 - VI ZR 142/95 - NJW 1997, 3019, 3021 = VersR 1998, 122, 123 und vom 7. März 2006 - VI ZR 54/05 - aaO). Selbst bei einer eindeutig erscheinenden Erklärung des Gläubigers darf ein Verzicht nicht angenommen werden, ohne dass bei der Feststellung zum erklärten Vertragswillen sämtliche Begleitumstände berücksichtigt worden sind (BGH, Urteil vom 15. Januar 2002 - X ZR 91/00 - NJW 2002, 1044, 1046). Darüber hinaus gilt der Grundsatz, dass empfangsbedürftige Willenserklärungen möglichst nach beiden Seiten hin interessengerecht auszulegen sind (BGHZ 131, 136, 138; 146, 280, 284).
10
Auch ein Abrechnungsschreiben "nach Maßgabe des DAV-Abkommens" muss danach mit ausreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass eine abschließende Erledigung gewollt ist. Zudem dürfen die Begleitumstände nicht einen abweichenden Willen nahe legen. Enthält das Abrechnungsschreiben lediglich die Gebührenabrechnung, so ist ihm nicht ohne weiteres ein Erlasswille zu entnehmen. Denn die Abrechnung kann schlicht darauf beruhen, dass der Rechtsanwalt die Voraussetzungen für den Anfall der Gebühr verkannt hat. In diesem Fall wäre aber der Ausschluss weiterer - insbesondere erheblicher - Ansprüche des Geschädigten nicht interessengerecht.
11
Zwar kann trotz fehlenden Erklärungsbewusstseins eine Willenserklärung vorliegen, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte, und wenn der Empfänger sie auch tatsächlich so verstanden hat (BGHZ 91, 324, 329 f.; 109, 171, 177). Dieser Grundsatz findet indes nur dann Anwendung, wenn die maßgebliche Erklärung einen insoweit tauglichen Inhalt hat. Dies ist aber - wie ausgeführt - nicht der Fall, wenn lediglich die Anwaltsgebühren nach Maßgabe des DAV-Abkommens abgerechnet werden. Da die Rechtslage bis zum Senatsurteil vom 7. März 2006 noch nicht höchstrichterlich geklärt war und der unterschiedliche Ausgang entsprechender Rechtsstreitigkeiten bei den Instanzgerichten auf divergierenden Rechtsauffassungen beruhte (vgl. die Zusammenstellung im Senatsurteil vom 7. März 2006), durften die Versicherer auch nicht nach Treu und Glauben davon ausgehen, eine Gebührenabrechnung nach dem DAV-Abkommen sei ohne weiteres als Verzichtsangebot aufzufassen.
12
2. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall nach den von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Erlassvertrag nicht zustande gekommen.
13
a) Zwar ist die Auslegung einer individuellen Vereinbarung im Revisionsrechtszug nur beschränkt nachprüfbar. Sie unterliegt der Nachprüfung aber jedenfalls insoweit, als gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Ein Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze ist unter anderem dann gegeben, wenn nicht alle für die Auslegung wesentlichen Tatsachen berücksichtigt worden sind (vgl. Senatsurteil vom 20. Dezember 1983 aaO; BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - VIII ZR 270/01 - NJW 2003, 2382, 2383). Das ist hier der Fall.
14
b) Schreiben und Kostennote vom 13. April 2005 enthalten bis auf die Gebührenrechnung unter Bezugnahme auf das DAV-Abkommen keine Erklärungen dahingehend, dass hiermit eine materiell-rechtlich wirkende, auf Abschluss eines Erlassvertrages gerichtete Erklärung abgegeben werden sollte. Auch sonst sind keine Umstände festgestellt, die für die Abgabe einer auf Abschluss eines Erlassvertrages gerichteten Erklärung sprechen könnten.
15
(1) Vielmehr spricht gegen einen dahingehenden Willen die Formulierung des Begleitschreibens zur Kostennote, in dem es heißt "Sie haben den Schaden in Höhe eines Betrages von 21.006,94 € reguliert. Insoweit möchte ich nunmehr meine Gebühren abrechnen …". Darauf weist die Revision mit Recht hin. Die Verwendung des Wortes "insoweit" legt nahe, dass Kosten abgerechnet werden, soweit der Schaden reguliert worden ist. Jedenfalls ergibt sich aus dieser Formulierung nicht, dass auf die restlichen Forderungen verzichtet werde. Ein solches Verständnis widerspricht dem Grundsatz, dass der Verzichtswille nicht vermutet werden darf (vgl. Senatsurteil vom 7. März 2006 - VI ZR 54/05 - aaO, m. w. N.).
16
(2) Zureichende Anhaltspunkte für ein Angebot auf Abschluss eines Erlassvertrages ergeben sich weder daraus, dass nach der Antwort der Beklagten vom 7. Februar 2005, worin diese die Zahlung von 2.000 € ankündigte, die Rechtsanwältin der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten nicht mehr reagierte, noch dass sie in dem Abrechnungsschreiben vom 13. April 2005 keine weiteren Forderungen mehr gestellt hat.
17
Auch wenn die bis 19. Februar 2005 gesetzte Frist zur Klaglosstellung erheblich überschritten worden ist, spricht allein dieser Umstand nicht für einen Verzicht auf die restliche Forderung. Die Revision weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass solche Verzögerungen bei der Schadensregu- lierung keineswegs ungewöhnlich seien, zumal wenn das Vorgehen regelmäßig - so auch im Streitfall - nicht nur mit dem Mandanten, sondern auch mit der Rechtsschutzversicherung abgestimmt werden müsse.
18
Das Vorgehen der Rechtsanwältin der Klägerin, ohne Erwähnung der noch ausstehenden Forderung die Gebühren abzurechnen, legte für die Beklagte - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - ebenso wenig einen Verzicht nahe. Es konnte auch darauf hindeuten, dass die außergerichtlichen Verhandlungen für beendet betrachtet und die Kosten insoweit abgerechnet wurden, um über die Restforderungen das Gericht entscheiden zu lassen. Mit Recht rügt die Revision, dass das Berufungsgericht mit seiner Auffassung diese Ambivalenz der tatsächlichen Umstände außer Betracht lässt.
19
Schließlich spricht die Höhe der Restforderung von 34.500 € gegen ein Interesse der Klägerin (vgl. zum Grundsatz interessengerechter Auslegung BGHZ 131, 136, 138; 146, 280, 284) an dem Abschluss eines konkludenten Erlassvertrags.
20
c) Unter diesen Umständen erweist sich die Annahme des Berufungsgerichts , die Rechtsanwältin der Klägerin habe konkludent eine auf den Abschluss eines Erlassvertrages gerichtete Erklärung abgegeben, als rechtlich nicht haltbar. Auf die Frage des mangelnden Erklärungsbewusstseins der Rechtsanwältin der Klägerin (vgl. hierzu Senatsurteil vom 7. März 2006 - VI ZR 54/05 - aaO) und die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung kommt es danach nicht mehr an.

III.

21
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die nunmehr erforderlichen weiteren Feststellungen getroffen werden können.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 22.11.2005 - 8 O 916/05 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 14.03.2006 - 3 U 72/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
XII ZR 60/99 Verkündet am:
10. Mai 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Zu den Voraussetzungen der stillschweigenden Annahme eines Abfindungsangebots
durch Einlösung eines mit diesem übersandten Schecks, dessen Betrag in
krassem Mißverhältnis zur unbestrittenen Forderung steht ("Erlaßfalle"; im Anschluß
an BGHZ 111, 97, 101 ff.).
BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - XII ZR 60/99 - OLG Naumburg
LG Dessau
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Blumenröhr und die
Richter Gerber, Sprick, Weber-Monecke und Fuchs

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. Januar 1999 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Dessau vom 28. November 1997 im Ausspruch über die Zinsen dahin geändert, daß nur 5 % statt 10 % Zinsen zu zahlen sind. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt rückständigen Mietzins für eine Teilfläche ihres Grundstücks, die sie dem Beklagten mit Vertrag vom 3. Dezember 1991 zu einem an jedem Monatsersten im voraus fälligen Mietzins von 4.600 DM zuzüg-
lich Mehrwertsteuer vermietet hatte, sowie für eine kleinere Lagerfläche, die der Beklagte mit Nachtrag vom 5./10. August 1993 für die Zeit vom 1. August bis 31. Oktober 1993 zu einem in gleicher Weise fälligen Mietzins von 3.000 DM zuzüglich Mehrwertsteuer hinzugemietet hatte. Da der Beklagte den Mietzins für die kleinere Fläche (3 x 3.450 DM = 10.350 DM) und für die größere Fläche ab Mai 1995 (26 x 5.290 DM = 137.540 DM) nicht zahlte, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 21. Januar und 4. März 1997 fristlos und klagte - nach vorausgegangenem Mahnverfahren - auf Zahlung von 147.890 DM nebst 10 % Verzugszinsen. Die Klagebegründungsschrift wurde dem Beklagten am 9. Juli 1997 zugestellt. Mit Schreiben vom 28. August 1997 teilte der Beklagte der Klägerin mit, daß er den Rückstand von 147.890 DM "trotz aller Bemühungen, ... vertragstreu (zu) sein", nicht werde begleichen können. In dem Schreiben heißt es ferner: »Da ich bemüht bin, auch diese Angelegenheit im Rahmen meiner finanziellen Möglichkeiten abzuschließen, überreiche ich Ihnen in der Anlage einen Verrechnungsscheck über 1.000,00 DM zur endgültigen Erledigung obiger Angelegenheit. Eine Antwort auf dieses Schreiben erwarte ich nicht, eine Antwort ist auch nicht notwendig, da ich meine, daß insofern alles besprochen ist.« Der diesem Schreiben beigefügte Verrechnungsscheck trug den Vermerk "Mein Schreiben vom 28.08.97 wegen Vergl." und wurde von der Klägerin am 10. September 1997 eingelöst. Die Klägerin verrechnete diese Zahlung in Höhe von 70 DM auf vorgerichtliche Kosten und im übrigen auf einen näher bezeichneten Teil der Zinsen auf die Hauptforderung. Daraufhin erklärten beide Parteien den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt.
Das Landgericht gab der nach Teilerledigung noch anhängigen Klage statt. Auf die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage mit der Begründung ab, mit der Einlösung des Schecks habe die Klägerin das Angebot des Beklagten zum Abschluß eines Abfindungsvertrages angenommen, so daß die Klageforderung erloschen sei. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

Aufgrund der Säumnis des Beklagten ist durch Versäumnisurteil zu erkennen , obwohl die Entscheidung inhaltlich auch insoweit, als die Revision Erfolg hat, nicht auf einer Säumnisfolge beruht (vgl. BGHZ 37, 79, 82). Die Revision führt - bis auf einen Teil der zugesprochenen Zinsen - zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein Abfindungsvertrag nicht zustande gekommen. 1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß für die Annahme eines Angebots auf Abschluß eines Abfindungsvertrages, auf deren Zugang der Anbietende gemäß § 151 BGB verzichtet hat, ein als Willensbetätigung zu wertendes, nach außen hervortretendes Verhalten des Angebotsempfängers ausreichend ist, sofern sich dessen Annahmewille daraus unzweideutig ergibt (vgl. BGHZ 111, 97, 101; BGH, Urteile vom 18. Dezember 1985 - VIII ZR 297/84 - WM 1986, 322, 324 und vom 6. Februar 1990 - X ZR 39/89 - NJW 1990, 1656, 1657).
Mit Erfolg rügt die Revision jedoch, daß das Berufungsgericht bei der Würdigung der Einlösung des Schecks als Betätigung eines wirklichen Annahmewillens der Klägerin gegen anerkannte Auslegungsregeln verstoßen und maßgebliche Umstände des vorliegenden Einzelfalles unzureichend berücksichtigt hat (§ 286 ZPO). Da nach dem Tatsachenvortrag der Parteien für die Würdigung des Verhaltens der Klägerin erhebliche weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der erkennende Senat diese selbst vornehmen, und zwar auch dann, wenn mehrere Auslegungsmöglichkeiten in Betracht kommen (vgl. BGHZ 65, 107, 112 m.N.). Nach dem Ergebnis dieser Auslegung erweist sich die Klage - bis auf die Höhe der geltend gemachten Zinsen - als begründet. 2. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Auslegung des Abfindungsangebotes dahin, daß die Klägerin den Scheck nur unter der Voraussetzung der Annahme dieses Angebots solle einlösen dürfen, den Angriffen der Revision standhält. Denn auch dann läßt die Einlösung des Schecks zumindest nicht unzweideutig auf die Betätigung eines "wirklichen Annahmewillens" der Klägerin schließen.
a) Richtig ist zwar, daß die nur für den Fall der Annahme eines Abfindungsangebotes gestattete Einlösung eines mit diesem zugleich übersandten Schecks für sich allein genommen nur als angebotskonformes Verhalten und folglich als Betätigung des Annahmewillens des Angebotsempfängers gewertet werden kann. Richtig ist ferner, daß auch ein Mißverhältnis zwischen der Höhe der angebotenen Abfindung und der Höhe der Forderung, die durch sie abgegolten werden soll, lediglich ein Indiz gegen eine bewußte Betätigung des Annahmewillens durch die Einreichung des Schecks darstellt, das bei der Bewertung der Umstände durch einen unbeteiligten Dritten regelmäßig hinter dem
tatsächlichen äußeren Verhalten des Angebotsempfängers zurücktritt, weil von dessen Redlichkeit auszugehen ist und dies ein ausschlaggebendes Kriterium für die Beurteilung seines Verhaltens ist (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1985 aaO S. 324).
b) Bei der Würdigung des Verhaltens des Angebotsempfängers aus der im Falle des § 151 BGB maßgeblichen Sicht eines unbeteiligten Dritten (vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 1990 aaO) sind indes sämtliche äußeren Indizien und sonstigen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die auch für die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen aus der Sicht des Erklärungsgegners zu berücksichtigen sind. Das hat das Berufungsgericht nicht ausreichend beachtet.
c) Das Angebot des Beklagten entspricht dem Muster, das in Rechtsprechung und Literatur als "Erlaßfalle" bezeichnet wird (vgl. Frings BB 1996, 809 ff. und Lange WM 1999, 1301 ff., jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung ). Insoweit hat bereits die Rechtsprechung der Instanzgerichte bei einem krassen Mißverhältnis der angebotenen Abfindung zur Höhe der nicht bestrittenen Schuld das Zustandekommen eines Vergleichs oder eines Abfindungsoder Erlaßvertrages in zahlreichen Fällen verneint (vgl. OLG Nürnberg NJW-RR 1998, 256 f.; LG Bremen NJW-RR 1999, 636 f.; OLG München OLG-Report 1998, 376 - die Revision gegen diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 19. Januar 1999 - XI ZR 158/98 - nach Verweigerung von Prozeßkostenhilfe mangels Begründung verworfen -; OLG München MDR 1998, 1236 f; OLG Karlsruhe WM 1999, 490 f.; OLG Dresden WM 1999, 487; OLG Dresden WM 1999, 488 ff.; OLG Karlsruhe ZIP 2000, 534 ff. m. zust. Anm. Lange WuB IV A § 151 BGB 2.00). Nicht auszuschließen
ist, daß die Klägerin schon angesichts dieser Rechtsprechung davon ausging, der angebotene Abfindungsvertrag werde auch in ihrem Fall mit der Einreichung des Schecks nicht zustande kommen. Auf jeden Fall aber spricht hier der Umstand, daß die angebotene Abfindung gerade mal 0,68 % der Hauptforderung (ohne Zinsen) ausmacht, aus der Sicht eines unbeteiligten Dritten gegen die Annahme, die Klägerin habe mit der Einlösung des Schecks unzweideutig ihren Willen zum Ausdruck gebracht, das Abfindungsangebot des Beklagten anzunehmen. Insoweit ist zu berücksichtigen, daß das im Mißverhältnis zwischen Gesamtforderung und Abfindungsangebot zu sehende Indiz gegen eine bewußte Betätigung des Annahmewillens (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 1985 aaO S. 324) um so stärkeres Gewicht hat, je krasser dieses Mißverhältnis ist, und daß in gleichem Maße die Anforderungen an die Redlichkeit, die der Rechtsverkehr vom Angebotsempfänger im Hinblick auf die bestimmungsgemäße Verwendung des Schecks erwarten darf, bis hin zur Unbeachtlichkeit dieser Verwendungsbestimmung relativiert werden können, insbesondere vor dem Hintergrund, daß es zunächst der säumige Schuldner selbst ist, der sich nicht vertragstreu verhält. Im vorliegenden Fall war das Angebot des Beklagten aus der Sicht eines unbeteiligten objektiven Dritten ersichtlich indiskutabel, weil es nicht einmal ausreichte, die von der Klägerin geltend gemachten Verzugszinsen auf die Hauptforderung für den Zeitraum eines einzigen Monats zu decken. Dem Abfindungsangebot waren auch keine Vergleichsverhandlungen der Parteien vorausgegangen, die die Erwartung hätten nahelegen können, die Klägerin werde sich zu einer wie auch immer gearteten gütlichen Einigung mit
dem Beklagten bereitfinden. Vielmehr hatte die Klägerin ein vorgerichtliches Angebot des Beklagten vom 1. Oktober 1996, ihr erfüllungshalber bereits anhängige Pachtzinsansprüche gegenüber einer dritten Firma in Höhe von 161.000 DM bis zur Höhe des Mietrückstandes abzutreten, mit Schreiben vom 21. Januar 1997 als "realitätsfremd" abgelehnt und angekündigt, den Mietrückstand gerichtlich geltend zu machen. Ein objektiver Dritter hätte eine Annahme des Abfindungsangebots des Beklagten vor diesem Hintergrund nicht nur als wirtschaftlich unvernünftig, sondern als schlechterdings nicht nachvollziehbar ansehen müssen, zumal keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich waren, die einen derartigen Sinneswandel der Klägerin hätten verständlich erscheinen lassen können. Dies gilt um so mehr, als die Klägerin im März 1997 wegen des bis dahin aufgelaufenen Mietrückstandes von rund 132.000 DM die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses erklärt und das Mahnverfahren gegen den Beklagten eingeleitet, nach dem Widerspruch des Beklagten die Klage um den bis dahin aufgelaufenen weiteren Mietrückstand erhöht und für dieses Verfahren im Mai 1997 allein weitere Gerichtskostenvorschüsse von 3.387,50 DM eingezahlt hatte, die das spätere Abfindungsangebot des Beklagten um ein Mehrfaches übersteigen. Ein Sinneswandel der Klägerin dahingehend, eine bis dahin konsequent verfolgte unstreitige Forderung in der hier vorliegenden Höhe gegen eine Abfindungszahlung von nur 1.000 DM zu erlassen, zumal vor dem Hintergrund, daß der Beklagte das größere Grundstück ungeachtet der nach § 554 Abs. 1 BGB wirksam erklärten Kündigung des Mietvertrages nicht zurückgab und monatlich weitere 4.600 DM zuzüglich Mehrwertsteuer als Nutzungsentschädigung anfielen, wäre unter diesen Umständen allenfalls dann erklärlich gewe-
sen, wenn die Klägerin zwischenzeitlich zu der Überzeugung gelangt wäre, daß ein das Abfindungsangebot übersteigender Betrag bei dem Beklagten auf Dauer nicht beizutreiben sei. Auch hierfür sind jedoch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Wie sich aus dem Mahnbescheid ergibt, hatte die Klägerin nämlich bereits vor Einleitung des Mahnverfahrens eine Kreditauskunft über den Beklagten eingeholt und sich gleichwohl zur gerichtlichen Geltendmachung des gesamten Mietrückstandes entschlossen. Hinzu kommt, daß der Beklagte am Tage seines an die Klägerin unmittelbar übersandten Angebots mit der Klageerwiderung seines Prozeßbevollmächtigten den Antrag stellen ließ, im Unterliegensfall die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft abwenden zu dürfen, was mit seiner im Abfindungsangebot enthaltenen Beteuerung, im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten mehr als 1.000 DM Abfindung nicht anbieten zu können, schwerlich vereinbar erscheint. 3. Die Einlösung des Schecks kann nach alledem nicht als ein Verhalten gewertet werden, durch das sich für einen unbeteiligten objektiven Dritten unzweideutig die Betätigung eines Annahmewillens der Klägerin manifestiert hat. Ein Abfindungsvertrag ist somit nicht zustande gekommen, so daß die Forderung der Klägerin nicht erloschen ist. 4. Die Höhe der Klageforderung steht außer Streit. Auch der jeweilige Zinsbeginn, den das Landgericht der Zinsstaffel seines Urteilsspruchs zugrundegelegt hat, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere liegt entgegen der Ansicht des Beklagten kein Verstoß gegen § 193 BGB vor, da diese Vorschrift durch die Vereinbarung in § 3 Abs. 2 des Mietvertrages, demzufolge der Mietzins jeweils am 1. eines Kalendermonats fällig ist, wirksam abbedungen wurde und im übrigen die Zinspflicht aus §§ 353 HGB nicht berührt (vgl. Pa-
landt/ Heinrichs, BGB 60. Aufl. § 193 Rdn. 5). Allerdings hat der Beklagte gemäß § 352 Abs. 1 HGB nur 5 % kaufmännische Fälligkeitszinsen zu zahlen, da er die Inanspruchnahme von Bankkredit im zweiten Rechtszug - zwar verspätet, aber den Rechtsstreit nicht verzögernd - bestritten und die Klägerin für die behauptete Inanspruchnahme von Bankkredit zu einem höheren Zinssatz keinen Beweis angetreten hat. Dies gilt jedoch nicht für die Verzugszinsen aus 3.450 DM für den Zeitraum vom 2. August 1983 bis 13. April 1996, hinsichtlich derer die Parteien die Hauptsache angesichts der Verrechnung mit der Scheckzahlung des Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Blumenröhr Gerber Sprick Weber-Monecke Fuchs

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 234/00 Verkündet am:
5. Juni 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs kommen
auch nach Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli
1998 zur Anwendung.

b) Bei einem völlig ungeklärten Schadenshergang ist der Fixkostenspediteur
grundsätzlich verpflichtet, detailliert zum Organisationsablauf in seinem Betrieb
und zu den von ihm gegen einen Verlust von Transportgut eingerichteten
Sicherheitsmaßnahmen vorzutragen. Kommt er dem nicht einmal ansatzweise
nach, läßt das im allgemeinen den Schluß darauf zu, daß der eingetretene
Schaden durch Leichtfertigkeit i.S. von § 435 HGB und in dem Bewußtsein
, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht
wurde.

c) Die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrages nach § 425
Abs. 2 HGB kommt auch dann in Betracht, wenn dem Frachtführer ein qualifiziertes
Verschulden i.S. von § 435 HGB anzulasten ist.
BGH, Urteil vom 5. Juni 2003 - I ZR 234/00 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 5. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. September 2000 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Transportversicherer der E. Computersysteme in Essen (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Versicherungsnehmerin kaufte von der H. Computersysteme in Essen diverse Computerteile, für die ihr die Verkäuferin unter dem
11. November 1998 insgesamt 95.615 DM netto in Rechnung stellte. Gemäß dem zu der Sendung gehörenden Lieferschein sollte die Ware per Paketdienst an den Messestand der Versicherungsnehmerin auf einer Messe in Köln geliefert werden. Mit der Beförderung der Ware von Essen zu dem Messestand in Köln beauftragte die Verkäuferin die Beklagte zu festen Kosten. Dem Beförderungsvertrag lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand Februar 1998) zugrunde, die Regelungen zum Haftungsumfang unter anderem bei einer vom Versender unterlassenen Wertangabe enthalten. Ferner ist in Nr. 10 Abs. 5 der Beförderungsbedingungen bestimmt, daß die darin vorgesehenen Haftungsbeschränkungen nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Beklagten, ihrer gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen gelten. Nach einem Absendebeleg der Beklagten übergab die Verkäuferin einem Fahrer der Beklagten am 12. November 1998 zwei Pakete (28 und 29 kg schwer) zur Beförderung zu dem Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln, wo sie jedoch nicht ankamen. Die Beklagte teilte unter dem 22. Januar 1999 mit, daß sie einen Zustellnachweis nicht ermitteln könne.
Die Klägerin hat behauptet, in den beiden Paketen, die dem Fahrer der Beklagten übergeben worden seien, hätten sich die ihrer Versicherungsnehmerin unter dem 11. November 1998 in Rechnung gestellten Computerteile befunden. Die Beklagte habe für den Verlust der Sendung lediglich 1.000 DM Entschädigung gezahlt. In Höhe des Restbetrages habe sie ihrer Versicherungsnehmerin , die ihre etwaigen Schadensersatz- und Regreßansprüche am 1. März 1999 an sie, die Klägerin, abgetreten habe, den Schaden ersetzt.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte angesichts ihrer gerichtsbekannt mangelhaften Organisation für den Verlust der beiden Pakete unbeschränkt.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 94.615 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Spediteurs/Frachtführers (im weiteren : Fixkostenspediteur) könne nach dem seit 1. Juli 1998 geltenden Transportrecht nicht unverändert aufrechterhalten bleiben. Ihr könne auch nicht vorgeworfen werden, zu ihrer Organisation nicht genügend vorgetragen zu haben. Sie habe erstinstanzlich ausdrücklich um einen richterlichen Hinweis gebeten, falls das Gericht nähere Angaben über ihre Organisation für erforderlich halten sollte. Ein derartiger Hinweis sei ihr nicht erteilt worden. Zudem sei es rechtsmißbräuchlich , trotz unterlassener Wertangabe vollen Schadensersatz zu verlangen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte für den Verlust der beiden ihr zur Beförderung anvertrauten Pakete gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB (in der seit dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung) i.V. mit § 398 BGB und § 67 Abs. 1 VVG unbeschränkt auf Schadensersatz. Dazu hat es ausgeführt:
Die Beklagte unterliege gemäß § 459 HGB der Frachtführerhaftung, da sie die Beförderung des Transportgutes zu festen Kosten übernommen habe. Die für den Messestand der Versicherungsnehmerin in Köln bestimmten Pakete seien der Beklagten übergeben worden. Die Sendung sei im Gewahrsam der Beklagten verlorengegangen, da sie einen Ablieferungsnachweis nicht führen könne.
Die Beklagte hafte für den Verlust gemäß § 435 HGB unbeschränkt, weil - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - davon auszugehen sei, daß der Schaden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute verursacht worden sei. Auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen könne sich die Beklagte schon deshalb nicht berufen, da diese in dem hier gegebenen Fall grober Fahrlässigkeit nicht zur Anwendung kämen.
Die unterlassene Wertdeklaration ändere weder an der grundsätzlichen Einlassungsobliegenheit der Beklagten etwas noch rechtfertige sie den Vorwurf des Rechtsmißbrauchs oder des Mitverschuldens. Aufgrund der Beweisauf-
nahme stehe fest, daß sich in den beiden abhanden gekommenen Paketen die in der Rechnung vom 11. November 1998 aufgeführten Computerteile befunden hätten.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten nach § 425 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versenderin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - ihren Beförderungsbedingungen beurteilt, soweit diese mit den in § 449 Abs. 2 HGB enthaltenen Regelungen in Einklang stehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.1.2003 - I ZR 174/00, TranspR 2003, 119, 120).
2. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt.
Nach § 435 HGB gelten die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen vorsätz-
lich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen hat, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, grundsätzlich sei zwar die Klägerin als Anspruchstellerin darlegungs- und beweisbelastet für ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten. Jedoch treffe den Fixkostenspediteur zumindest dann vorab eine Einlassungspflicht hinsichtlich der seiner betrieblichen Sphäre zuzurechnenden und damit der Wahrnehmung des Auftraggebers entzogenen Umstände der generellen und konkreten Abwicklung des Beförderungsauftrags , wenn der Anspruchsteller plausible Anhaltspunkte für ein qualifiziertes Verschulden des Fixkostenspediteurs vorbringe oder - wie im Streitfall - der Schadenshergang völlig im Dunkeln liege. An dieser Verteilung der Darlegungs - und Beweislast habe sich durch das Inkrafttreten des neuen Transportrechts , welches im Streitfall zur Anwendung komme, nichts geändert. Der Umstand, daß § 435 HGB statt grober Fahrlässigkeit Leichtfertigkeit verlange, rechtfertige ebenfalls keine andere Beurteilung der Frage, in welchem Umfang den Fixkostenspediteur eine Einlassungspflicht treffe. Denn die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs seien unabhängig vom Grad des Verschuldens, das für dessen unbeschränkte Haftung gefordert werde.
Die Beklagte sei - so hat das Berufungsgericht weiterhin angenommen - ihrer Einlassungspflicht nicht ansatzweise nachgekommen. Dies begründe die Vermutung qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB. Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlege bzw. nicht darlegen könne, zeige damit regelmäßig, daß seine Sicherheitsstandards so ungenügend seien, daß sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls
der Leichtfertigkeit rechtfertigten. Im Streitfall sei der Beklagten auch deshalb Leichtfertigkeit vorzuwerfen, weil ihr aus zahlreichen vom Berufungsgericht entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie ihre Betriebsorganisation gleichwohl nicht entsprechend geändert habe. Damit habe die Beklagte rücksichts- und bedenkenlos die gegenüber den Vermögensinteressen ihrer Kunden gebotenen Schutzvorkehrungen unterlassen.

b) Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs - und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken , den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 263 f. = VersR 1998, 657 m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt. v.
6.10.1994 - I ZR 179/92, TranspR 1995, 106, 110 = VersR 1995, 320 m.w.N., zu § 15 Abs. 2 GüKUMT; BGHZ 127, 275, 284).
Diese Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat der Bundesgerichtshof auch im Bereich des internationalen Luftverkehrs hinsichtlich der verschärften Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 25 des Warschauer Abkommens in der Fassung von Den Haag 1955 (WA 1955) anerkannt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 ff.), dessen Umschreibung qualifizierten Verschuldens in der deutschen Übersetzung in § 435 HGB übernommen worden ist (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 71).
bb) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß diese Darlegungs - und Beweislastgrundsätze auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Fixkostenspediteurs bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gemäß §§ 435, 461 Abs. 1 Satz 2 HGB Anwendung finden. Danach trägt der Anspruchsteller die Beweislast dafür, daß der Fixkostenspediteur oder seine "Leute" i.S. von § 428 HGB leichtfertig und in dem Bewußtsein gehandelt haben , daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Hinsichtlich der Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung hat das Transportrechtsreformgesetz ebenfalls keine sachlichen Änderungen mit sich gebracht (vgl. Piper, Festgabe für Herber, S. 135, 143 f.; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., § 435 HGB Rdn. 20 f.; Gass in: Ebenroth /Boujong/Joost, HGB, § 435 Rdn. 11; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht , § 435 HGB Rdn. 20).
cc) Entgegen der Auffassung der Revision ist es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast - und damit auch für die Haftung des Fixkostenspediteurs aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen - ohne Bedeutung, ob und inwieweit aufgrund des nunmehr in § 435 HGB verwendeten Verschuldensbegriffs der Leichtfertigkeit, zu der das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hinzukommen muß, strengere Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden zu stellen sind als nach § 430 HGB (in der bis zum 30. Juni 1998 geltenden Fassung), der grobe Fahrlässigkeit vorausgesetzt hat (vgl. Piper aaO S. 144). Die Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs sowie die Rechtsfolge der Nichterfüllung dieser Pflicht folgt bereits aus den in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und im Schrifttum anerkannten Grundsätzen der sogenannten sekundären Behauptungslast. Danach können dem Prozeßgegner der beweisbelasteten Partei ausnahmsweise nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zuzumuten sein, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozeßgegner nähere Angaben machen kann (vgl. BGHZ 145, 170, 184 m.w.N.; Zöller /Greger, ZPO, 23. Aufl., Vor § 284 Rdn. 34; vgl. auch Herber, TranspR 2003, 164, 165).
dd) Auch der weitere Einwand der Revision, die Rechtsprechung zur Haftung des Fixkostenspediteurs für grobes Organisationsverschulden aufgrund ungenügender Einlassungen zu den in seiner Sphäre liegenden Umständen führe faktisch zu einer Beweislastumkehr, greift nicht durch. Denn die Einlassungsobliegenheit besteht nur dann, wenn das prozessuale Geschehen, also der Klagevortrag oder der unstreitige Sachverhalt, Anhaltspunkte für ein Orga-
nisationsverschulden bieten. Auch dann, wenn der Fixkostenspediteur seine Einlassungsobliegenheit erfüllt, bleibt der Anspruchsteller beweisbelastet dafür, daß der vorgetragene Organisationsablauf den Vorwurf qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB rechtfertigt (vgl. BGHZ 145, 170, 184 f.).
ee) Die Revision rügt des weiteren ohne Erfolg, das Berufungsgericht hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, daß sie auch in der zweiten Instanz ihrer Einlassungspflicht nicht nachgekommen sei.
(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nach § 139 Abs. 1, § 278 Abs. 3 ZPO a.F. nur dann, wenn es die Parteien auf fehlenden Sachvortrag, der von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus gesehen entscheidungserheblich ist, unmißverständlich hingewiesen und der Partei die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (vgl. BGHZ 127, 254, 260 m.w.N.). Diese Hinweispflicht besteht grundsätzlich auch in Prozessen, in denen die Partei durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten wird, jedenfalls dann, wenn der Rechtsanwalt die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt hat oder darauf vertrauen konnte, daß sein schriftsätzliches Vorbringen ausreichend sei (vgl. BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 7.12.2000 - I ZR 179/98, WRP 2001, 699, 701 = NJW 2001, 2548 - Impfstoffe, m.w.N.). Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich solcher Anforderungen an den Sachvortrag, mit denen ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter nach dem bisherigen Prozeßverlauf rechnen mußte (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1997 - V ZR 65/96, NJW-RR 1998, 16; vgl. auch BVerfG NJW 1994, 1274). Insbesondere besteht dann keine Hinweispflicht des Gerichts, wenn das
Verhalten einer Partei den Schluß zuläßt, daß sie nicht näher vortragen kann oder will (vgl. Zöller/Greger aaO § 139 Rdn. 3). So liegt der Fall hier.
(2) Die Klägerin hatte bereits in der Klageschrift auf die Senatsrechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs hingewiesen und die Auffassung vertreten, daß sich daran durch das Transportrechtsreformgesetz nichts geändert habe. Dem hiervon abweichenden Standpunkt der Beklagten ist schon das Landgericht in seinem Urteil entgegengetreten. Die Beklagte hätte sich daher in ihrer Berufungsbegründung nicht auf den Vortrag beschränken dürfen, sie habe im Hinblick auf die Zweifel an der schlüssigen Darlegung der Anspruchsvoraussetzungen und den fehlenden erstinstanzlichen Hinweis auf die Notwendigkeit ergänzenden Sachvortrags keinen Anlaß gesehen , näher zum Organisationsablauf in ihrem Unternehmen vorzutragen. Aufgrund des vorausgegangenen Prozeßverlaufs mußte ein gewissenhafter und kundiger Prozeßbeteiligter damit rechnen, daß auch das Berufungsgericht dem abweichenden Standpunkt der Beklagten, die Rechtsprechung zur Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs könne nicht unverändert aufrechterhalten bleiben, nicht beitritt. Das gilt im Streitfall um so mehr deshalb, weil die prozessuale Darlegungslast des Fixkostenspediteurs zu seiner Betriebsorganisation grundsätzlich nichts mit der Frage zu tun hat, welche materiellrechtlichen Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden i.S. des § 435 HGB zu stellen sind. Die Beklagte konnte sich für ihren abweichenden Standpunkt zudem nicht auf entsprechende Stimmen in der Rechtsprechung oder im Schrifttum stützen. Daß sie vor diesem Hintergrund jegliche Darlegung zu ihrer Betriebsorganisation und insbesondere zu den von ihr zum Schutz der ihr anvertrauten Güter ergriffenen Maßnahmen unterlassen hat, durfte das Beru-
fungsgericht rechtsfehlerfrei dahingehend werten, daß die Beklagte hierzu keinen Vortrag halten konnte oder wollte.
Auf die Rüge, die die Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts erhoben hat, wonach der Beklagten die Rechtsprechung des Berufungsgerichts zu der sie treffenden Darlegungslast unter der Geltung des neuen Transportrechts bekannt sei, kommt es mithin nicht mehr an.
ff) Entgegen der Auffassung der Revision sind an die Einlassungspflicht des Fixkostenspediteurs hinsichtlich seines betrieblichen Organisationsablaufs auch dann keine geringeren Anforderungen zu stellen, wenn es sich bei ihm um einen Paketdienst handelt, bei dem es auf Massenumschlag, Massenlagerung und Massenbeförderung ankommt und dessen Kunden eine kostengünstige Abholung und Zustellung binnen 24 Stunden erwarten. Denn nach der Rechtsprechung des Senats gelten für solche Paketdienstunternehmen keine geringeren Sorgfaltsanforderungen (vgl. BGHZ 149, 337, 349 ff. sowie BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257).

c) Auf dieser rechtlichen Grundlage hat das Berufungsgericht die Beklagte mit Recht für verpflichtet gehalten, den von der Klägerin vorgetragenen Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens durch konkrete Angaben zum Ablauf des Warenumschlags zu entkräften. Denn nach der unangegriffen gebliebenen Feststellung des Berufungsgerichts liegt der Schadenshergang völlig im Dunkeln. Nimmt man die Weigerung der Beklagten hinzu, auch nur ansatzweise zu den von ihr gegen den Verlust von Transportgut ergriffenen Sicherheitsvorkehrungen vorzutragen, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der von der Klägerin vorgetragene
Sachverhalt biete hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards , die den Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB rechtfertigten.
aa) Wenn wie im Streitfall der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und der Frachtführer sich weigert, auch nur ansatzweise zum Organisationsablauf in seinem Betrieb vorzutragen, ist der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden schon aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten, weil der Anspruchsteller von den näheren Umständen der Behandlung des Transportgutes im Gewahrsamsbereich des Fixkostenspediteurs keine Kenntnis hat und eine solche Kenntnis auch nicht haben kann, während jener nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen könnte. Unterläßt er dies, ist nicht nur der Schluß auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit, sondern - entgegen der Auffassung der Revision - auch der Schluß auf das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzt (vgl. BGH, Urt. v. 12.1.1982 - VI ZR 286/80, TranspR 1982, 100, 101 = VersR 1982, 369; BGHZ 145, 170, 183), sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstehen (vgl. hierzu BGHZ 74, 162, 168).
bb) Dieser Annahme steht nicht entgegen, daß der Verschuldensbegriff der Leichtfertigkeit in § 435 HGB, der vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit
des Schadenseintritts getragen sein muß, nicht mit dem in den bisherigen transportrechtlichen Regelungen verwendeten Begriff der groben Fahrlässigkeit gleichzusetzen ist.
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten ein Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts verbunden sein muß (vgl. BGHZ 74, 162, 168). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen kann. Von einem solchen typischen Geschehensablauf, der den Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zuläßt, ist auszugehen , wenn - wie im Streitfall - der Fixkostenspediteur über sichernde Maßnahmen in der Organisation seines Betriebs und zum Schadenshergang keinen Vortrag hält (vgl. Herber, TranspR 2003, 164, 165 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision widerlegt die von ihr behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei der Beklagten umgeschlagenen Pakete äußerst geringe Verlustquote für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dem steht schon entgegen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Verlustquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß in der theoretischen oder praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum schwerwiegende Mängel nicht vorgelegen haben (vgl. BGH TranspR 1998, 262, 264 f. = VersR 1998, 657).
cc) Auf die Rügen der Revision gegen die Hilfserwägung des Berufungsgerichts , ein leichtfertiges und vom Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts getragenes Verhalten der Beklagten sei auch deshalb anzunehmen , weil ihr aus zahlreichen von ihm entschiedenen Rechtsstreitigkeiten bekannt sei, welche Sicherheitsstandards von ihr gefordert würden, und sie diese Erfahrungen nicht zum Anlaß genommen habe, ihre Betriebsorganisation zu verändern, kommt es danach nicht mehr an.
3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin müsse sich die unterlassene Wertdeklaration bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden der Absenderin anrechnen lassen.

a) Der Senat hat zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 allerdings entschieden, daß ein Paketversender in einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, daß der Spediteur die Sendung bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht. Mit seinem Verzicht auf die vom Spediteur angebotenen weitergehenden Schutzvorkehrungen setzt der Versender das Transportgut bewußt einem erhöhten Verlustrisiko aus mit der Folge, daß ihm der eingetretene Schaden bei wertender Betrachtung gemäß § 254 BGB anteilig zuzurechnen ist (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 255, 258). Ein anspruchsminderndes Mitverschulden kann sich gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auch daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353).


b) Hieran hat sich durch das Transportrechtsreformgesetz grundsätzlich nichts geändert. Maßgeblich sind nunmehr § 425 Abs. 2 und § 461 Abs. 3 HGB. Diese Bestimmungen, die den Rechtsgedanken des § 254 BGB aufgreifen und an Art. 17 Abs. 2 und 5 CMR angelehnt sind, fassen alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (vgl. Begr. z. Gesetzentwurf d. Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 60; MünchKomm. HGB/Dubischar, Aktualisierungsband zum Transportrecht, § 425 Rdn. 4; Fremuth aaO § 425 HGB Rdn. 2, 63; Gass aaO § 425 Rdn. 44 f.).
Zwar wird die Auffassung vertreten, daß im Falle eines qualifizierten Verschuldens des Frachtführers i.S. des § 435 HGB die Berücksichtigung eines mitwirkenden Schadensbeitrags nach § 425 Abs. 2 HGB ausscheide, weil dann alle Haftungsbefreiungen und -begrenzungen und somit auch diejenigen des § 425 Abs. 2 HGB entfielen (vgl. Gass aaO § 425 Rdn. 48; Koller aaO § 425 HGB Rdn. 83, Art. 29 CMR Rdn. 8; vgl. auch BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338, 340 = VersR 1985, 1060 zu Art. 17 Abs. 5 u. Art. 29 CMR). Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Die unbeschränkte Haftung des Frachtführers gemäß § 435 HGB gründet sich ausschließlich auf Umstände aus seiner Sphäre. Die Vorschrift besagt dagegen nichts über eine Mithaftung des Versenders oder Empfängers aufgrund von schadensursächlichen Umständen aus deren Bereich.
Im vorliegenden Fall kann aber nicht davon ausgegangen werden, daß die unterlassene Wertdeklaration den Schaden tatsächlich mitverursacht hat (vgl. dazu BGHZ 149, 337, 355 sowie BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 6 f.). Voraussetzung hierfür wäre, daß die Beklagte bei richtiger Wert-
angabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann zumindest zu einer Verringerung des Verlustrisikos gekommen wäre (vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, Umdr. S. 7). Dazu läßt sich den Feststellungen im Berufungsurteil nichts entnehmen. Die Revision macht nicht geltend, daß das Berufungsgericht einen entsprechenden Sachvortrag der Beklagten in den Tatsacheninstanzen verfahrensfehlerhaft übergangen hat.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 200/01 Verkündet am:
4. März 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2001 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen insoweit aufgehoben, als die Beklagte zu mehr als 189.123,50 DM nebst 5 % Zinsen aus 20.951,50 DM seit dem 28. Januar 2000 und aus 168.172 DM seit dem 3. Februar 2000 verurteilt worden ist.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 12. September 2000 auch im Umfang der Aufhebung abgeändert; die Klage wird auch insoweit abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt als Transportversicherer der V.-GmbH in Mainz und der P.-GmbH in Linden die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt , aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen Verlustes von Transportgut in zwei Fällen auf Schadensersatz in Anspruch. Die betreffenden Transportaufträge wurden der Beklagten am 9. April und 10. November 1999 erteilt. Der Auftrag der P.-GmbH betraf einen Transport nach Settimo Torinese/ Italien.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte für die eingetretenen Schäden unbeschränkt. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen, da ihr wegen mangelhafter Betriebsorganisation qualifiziertes Verschulden anzulasten sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 193.801,50 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und die Ansicht vertreten, aufgrund des ausdrücklichen Einverständnisses der Versicherungsnehmerinnen der Klägerin, daß eine Kontrolle des Transportweges durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen Umschlagstellen nicht durchgeführt werde, sei sie von ihrer Einlassungsobliegenheit hinsichtlich der einzelnen Schadensfälle befreit. Ihre Be-
triebsorganisation sei im übrigen ausreichend und werde in allen ihren Centern und Hauptumschlagbasen umgesetzt.
Ferner hat die Beklagte geltend gemacht, die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerinnen anrechnen lassen, weil diese als Dauerkunden ihre Transportorganisation gekannt und ihr gleichwohl laufend Beförderungsaufträge erteilt hätten. In bezug auf den Schadensfall der P.-GmbH hat die Beklagte behauptet, der Sendungsverlust sei dadurch verursacht worden, daß der Auslieferungsfahrer ihres italienischen Subunternehmers am 11. November 1999 auf der Strecke zwischen Bergamo und Turin von drei bewaffneten Tätern überfallen und die gesamte Lkw-Ladung einschließlich der streitgegenständlichen Sendung der P.-GmbH geraubt worden sei.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten in Höhe von 190.123,50 DM nebst Zinsen für begründet erachtet.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat der Klägerin aus abgetretenem Recht (§ 398 BGB) ihrer Versicherungsnehmerinnen einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
Die Versicherungsnehmerinnen hätten ihre Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte wirksam an die Klägerin abgetreten.
Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Haftungsbeschränkungen in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen berufen, weil - wie das Berufungsgericht näher ausgeführt hat - davon auszugehen sei, daß die Schäden durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten oder ihrer Leute verursacht worden seien. Hinsichtlich des der P.-GmbH entstandenen Schadens unterliege die Beklagte ebenfalls der Haftung nach den §§ 425 ff. HGB, weil der Schadensort unbekannt geblieben sei. Es könne insbesondere nicht davon ausgegangen werden, daß sich zumindest vier der insgesamt fünf Pakete auf dem angeblich in Italien überfallenen Lkw befunden hätten.
Die Klägerin müsse sich kein haftungsausschließendes oder auch nur haftungsminderndes Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin P.-GmbH wegen deren Fortsetzung der Geschäftsbeziehung zur Beklagten entgegenhalten lassen. Die am 10. November 1999 der Beklagten übergebenen Pakete seien unstreitig als Expreßpakete aufgegeben worden. Dem Vorbringen der Beklagten könne nicht entnommen werden, daß die P.-GmbH vor Erteilung dieses Beförderungsauftrags Kenntnis davon gehabt habe oder hätte haben müssen , daß die Beklagte die für Expreßpakete gegen Entgelt angebotenen zusätz-
lichen Sicherheitsvorkehrungen nicht erbringe. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg auf ein eigenes schadensursächliches Mitverschulden der Klägerin berufen, weil diese es unterlassen habe, ihre Kenntnis von den Organisationsmängeln der Beklagten an ihre Versicherungsnehmerin weiterzugeben. Denn die Beklagte habe nicht dargetan, in welchem von der Klägerin gegen die Beklagte geführten Regreßprozeß es um den Verlust von Expreßpaketen und um die diesbezügliche Organisation der Beklagten gegangen sei.
B. Die Revision hat im wesentlichen keinen Erfolg.
I. Zum Schadensersatzanspruch aus dem Transportauftrag der V.-GmbH:
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten für den Verlust der ihr von der V.-GmbH zum Transport übergebenen zwei Packstücke nach § 425 Abs. 1 HGB bejaht.
Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Beklagte von der Versicherungsnehmerin der Klägerin als Fixkostenspediteurin i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und daß sich ihre Haftung daher grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin sei aufgrund der von der V.-GmbH am 20. Oktober 1999 erklärten Abtretung alleinige Inhaberin der ursprünglich der Versiche-
rungsnehmerin gegen die Beklagte zustehenden Schadensersatzansprüche geworden.
Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung der Anspruchsberechtigung offengelassen, ob die Klägerin alleiniger Transportversicherer oder lediglich zusammen mit derR. Versicherung Mitversicherer gewesen sei. Das erweist sich im Ergebnis als unschädlich. Auch wenn die von der Klägerin dargelegte Zahlung auf den Schaden der V.-GmbH vor der Abtretung von deren Ersatzansprüchen erfolgt ist, wofür entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts die Aktenlage spricht, ändert dies nichts an deren alleiniger Anspruchsberechtigung. Ist die Klägerin Alleinversicherer, ergibt sich ihre Anspruchsberechtigung aus § 67 VVG. Ist sie - wie die Beklagte behauptet hat - nur Mitversicherer neben derR. Versicherung, ergibt sich ihre Anspruchsberechtigung im übrigen aus der Zession. Ein Forderungsübergang gemäß § 67 VVG auf dieR. Versicherung kommt nur in Betracht, soweit diese den Schaden ersetzt hat. Dem Vortrag der Parteien sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß dies der Fall gewesen sei und daß die Klägerin (auch) im Namen eines Mitversicherers oder für diesen eine Versicherungsleistung hat bewirken wollen (§ 267 Abs. 1 BGB). Einem Gläubiger kommt die schuldbefreiende Wirkung einer Leistung und dem Versicherer der hieran anknüpfende Forderungsübergang nach § 67 VVG nicht zu, wenn ein anderer (Versicherer) - wie hier die Klägerin - eine vermeintlich eigene Schuld erfüllt (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1969 - IV ZR 633/68, NJW 1970, 134; Jauernig/Vollkommer, BGB, 10. Aufl., § 267 Rdn. 9).
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den streitgegenständlichen Schaden unbeschränkt.
Die Beklagte - so hat das Berufungsgericht ausgeführt - sei ihrer Einlassungsobliegenheit auch nicht ansatzweise nachgekommen. Dies begründe die Vermutung qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB. Wer als Fixkostenspediteur seine generellen und konkreten Sicherheitsmaßnahmen nicht darlege bzw. nicht darlegen könne, zeige damit regelmäßig, daß seine Sicherheitsstandards so ungenügend seien, daß sie den Vorwurf des Vorsatzes oder jedenfalls der Leichtfertigkeit rechtfertigten. In solchen Fällen könne aus dem Schweigen des Fixkostenspediteurs auch auf das Bewußtsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts geschlossen werden. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung trägt grundsätzlich der Anspruchsteller die Darlegungs - und Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Anspruchsgegners. Die ihm obliegende Darlegungslast erfüllt er aber bereits dann, wenn sein Vortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Fixkostenspediteur zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich aus dem unstreitigen Sachverhalt Anhaltspunkte für ein solches Verschulden ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken , den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf seines Betriebs und zu den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (st. Rspr.; vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469 = NJW 2003, 3626, m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGH, Urt.
v. 6.10.1994 - I ZR 179/92, TranspR 1995, 106, 110 = VersR 1995, 320, zu § 15 Abs. 2 GüKUMT, m.w.N.; BGHZ 127, 275, 284).
Diese Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat der Bundesgerichtshof auch im Bereich des internationalen Luftverkehrs hinsichtlich der verschärften Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 25 des Warschauer Abkommens in der Fassung von Den Haag 1955 (WA 1955) anerkannt (vgl. BGHZ 145, 170, 183 ff.), wobei die dortige Umschreibung qualifizierten Verschuldens in der deutschen Übersetzung in § 435 HGB übernommen worden ist (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 71).
Entgegen der Auffassung der Revision ändert sich an den dargestellten Darlegungs- und Beweislastgrundsätzen nichts durch den mit der Versicherungsnehmerin der Klägerin vereinbarten Dokumentationsverzicht. Der Senat hat in seinem Urteil vom 15. November 2001 (I ZR 284/99, TranspR 2002, 306 = VersR 2003, 1012) ausgesprochen, daß die in Rede stehende Vereinbarung unklar gefaßt ist und ihr nicht entnommen werden kann, daß der Kunde eines Paketdienstunternehmens auf die Durchführung von Kontrollen im Schnittstellenbereich verzichtet. Dementsprechend kann der Dokumentationsverzicht auch keinen Einfluß auf die Einlassungsobliegenheit der Beklagten haben (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.2003 - I ZR 275/00, TranspR 2004, 175, 176).

b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß die Darlegungs - und Beweislastgrundsätze auch hinsichtlich der Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Fixkostenspediteurs bestehenden vertraglichen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gemäß §§ 435, 461 Abs. 1 Satz 2 HGB Anwendung finden. Danach trägt der Anspruchsteller die Beweislast dafür, daß der Fixkostenspediteur oder seine "Leute" i.S. von § 428 HGB
leichtfertig und in dem Bewußtsein gehandelt haben, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 13/8445, S. 72). Hinsichtlich der Einlassungsobliegenheit des Fixkostenspediteurs und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung hat das Transportrechtsreformgesetz ebenfalls keine sachliche Änderung mit sich gebracht (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 469, m.w.N.).

c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beklagte ihrer umfassenden Einlassungsobliegenheit nicht in ausreichendem Maße nachgekommen. Dazu hätte sie insbesondere die Kontrollmaßnahmen in bezug auf die Einhaltung ihrer Betriebsorganisation im einzelnen darlegen müssen. Ferner hätte sie vortragen müssen, welche Ermittlungsmaßnahmen sie hinsichtlich der streitgegenständlichen Sendung eingeleitet hat und was ihre Nachforschungen, und dabei vor allem die Befragung der jeweiligen Mitarbeiter, die mit den Paketen in Berührung gekommen sein mußten, ergeben haben. Überdies hätte dargelegt werden müssen, wie die konkrete Lagerstelle gegen unbefugten Zugriff Dritter oder eigener Mitarbeiter gesichert war. Das ist nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht geschehen. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, es sei der Beklagten nicht zuzumuten gewesen, detailliert zur Organisation ihrer Subunternehmerin vorzutragen. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß es sich bei eingesetzten Subunternehmern um "andere Leute" i.S. von § 428 Satz 2 HGB handelt, deren sich der Fixkostenspediteur bei Ausführung der Beförderung bedient. Die Beklagte muß sich deshalb so behandeln lassen, als ob sie anstelle der ihr gemäß § 428 HGB zugerechneten Personen selbst gehandelt hätte (vgl. Koller, Transportrecht , 5. Aufl., § 428 HGB Rdn. 14).

d) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, daß das Berufungsgericht angenommen hat, der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt biete hinreichende Rückschlüsse auf ungenügende Sicherheitsstandards, die den Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB rechtfertigten.
Wenn - wie im Streitfall - der Schadenshergang völlig ungeklärt ist und der Spediteur sich weigert, auch nur ansatzweise zum Organisationsablauf in seinem Betrieb vorzutragen, ist der Schluß auf ein qualifiziertes Verschulden schon aufgrund einer generalisierenden Betrachtungsweise geboten, weil der Anspruchsteller von den näheren Umständen der Behandlung des Transportgutes im Gewahrsamsbereich des Fixkostenspediteurs keine Kenntnis hat und eine solche Kenntnis auch nicht haben kann, während der Spediteur nähere Informationen in zumutbarem Umfang unschwer erteilen könnte. Unterläßt er dies, ist nicht nur der Schluß auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit , sondern - entgegen der Auffassung der Revision - auch der Schluß auf das subjektive Erfordernis des Bewußtseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerechtfertigt. Denn in einem solchen Fall ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung regelmäßig nicht nur von einer Organisation des Betriebsablaufs auszugehen, die keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Güter gegen ein Abhandenkommen gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzt (vgl. BGHZ 145, 170, 183), sondern auch von einer sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängenden Erkenntnis, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden eintreten (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 470).
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten ein Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts
verbunden sein muß (vgl. BGHZ 74, 162, 168). Das ändert jedoch nichts daran, daß der Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts auch im Rahmen typischer Geschehensabläufe naheliegen kann. Von einem solchen typischen Geschehensablauf, der den Schluß auf das Bewußtsein der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zuläßt, ist auszugehen, wenn - wie im Streitfall - der Fixkostenspediteur über sichernde Maßnahmen in der Organisation seines Betriebs und zum Schadenshergang keinen Vortrag hält (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471; Herber, TranspR 2003, 164, 165 f.).
Entgegen der Auffassung der Revision widerlegt die von ihr behauptete, im Verhältnis zu der Anzahl der bei der Beklagten umgeschlagenen Pakete äußerst geringe Verlustquote für sich allein nicht die Annahme des Bewußtseins der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts. Dem steht schon entgegen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeglichem Verlust des in ihre Obhut gelangten Gutes durch geeignete und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen entgegenzuwirken. Aus der geringen Verlustquote ergeben sich im übrigen auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, daß in der theoretischen und praktischen Durchführung der Organisation der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum schwerwiegende Mängel nicht vorgelegen haben (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 471, m.w.N.).
4. Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich ein Mitverschulden der V.-GmbH nicht damit begründen, daß diese als Dauerkundin der Beklagten deren Transportorganisation und -gepflogenheiten vor Erteilung des hier in Rede stehenden Auftrags gekannt habe.
Eine Anspruchsminderung gemäß § 254 Abs. 1 BGB kann zwar in Betracht kommen, wenn der Versender einen Spediteur mit der Transportdurch-
führung beauftragt, von dem er weiß oder zumindest hätte wissen müssen, daß es in dessen Unternehmen aufgrund von groben Organisationsmängeln immer wieder zu Verlusten kommt (vgl. BGH, Urt. v. 29.4.1999 - I ZR 70/97, TranspR 1999, 410, 411 = VersR 2000, 474; Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 259 = VersR 2003, 1017). Die Kenntnis und Billigung der Transportorganisation der Beklagten reicht jedoch für sich allein zur Begründung eines Mitverschuldens nicht aus. Denn es ist im allgemeinen ausschließlich Sache des Fixkostenspediteurs, den Transportablauf, in den der Auftraggeber in der Regel keinen näheren Einblick hat, so zu organisieren, daß die ihm anvertrauten Güter weder Schaden nehmen noch in Verlust geraten. Die Versicherungsnehmerin der Klägerin brauchte ohne besonderen Anlaß die Eignung, Befähigung und Ausstattung ihres Vertragspartners nicht in Zweifel zu ziehen und zu überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 182/99, TranspR 2002, 302, 304; BGH TranspR 2003, 255, 259).
II. Zum Schadensersatzanspruch aus dem Transportauftrag der P.-GmbH:
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Aktivlegitimation der Klägerin sei mit Blick auf das im Rahmenvertrag vom 15. September 1995 zwischen der P.-GmbH und der Beklagten vereinbarte Abtretungsverbot zu verneinen.
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß das formularmäßig vereinbarte Abtretungsverbot unwirksam ist, soweit davon auch die Abtretung von Schadensersatzansprüchen der P.-GmbH gegen die Beklagte wegen Verlustes von Transportgut an die klagende Transportversicherung erfaßt wird (vgl. BGHZ 82, 162, 171). Die Vorschrift des § 354a HGB steht dieser Beurteilung nicht entgegen, da die von der Rechtsprechung zu § 399 BGB ent-
wickelten Rechtsgrundsätze neben dieser Bestimmung weiter gelten (vgl. Palandt /Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 399 Rdn. 10).
2. Die Revision wendet sich des weiteren ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den der P.-GmbH während des Transports nach Settimo Torinese entstandenen Schaden in Höhe von 169.172 DM gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vorschrift des Art. 17 Abs. 1 CMR komme nicht als Anspruchsgrundlage in Betracht, weil Gegenstand des Frachtvertrages zwischen der P.-GmbH und der Beklagten nicht der grenzüberschreitende Transport mit einem Lkw gewesen sei. Die Art des Transportmittels sei nicht vertraglich bestimmt gewesen. In einem solchen Fall habe der Frachtführer gemäß § 315 BGB das Recht, das Beförderungsmittel nach billigem Ermessen auszuwählen. Dem Vorbringen der Beklagten sei zu entnehmen , daß die grenzüberschreitende Beförderung von Köln nach Bergamo, wo ihre, der Beklagten, italienische Schwestergesellschaft eine Hauptumschlagbasis betreibe, mit dem Flugzeug erfolgt sei. Bleibe der Schadensort - wie im vorliegenden Fall - unbekannt, komme bei Verträgen über die sogenannte multimodale Beförderung nach dem seit dem 1. Juli 1998 in Kraft getretenen Transportrecht das einheitlich ausgestaltete Frachtrecht mit der Folge zur Anwendung , daß der Multimodalbeförderer nach § 425 Abs. 1 HGB hafte. Im vorliegenden Fall könne der Schadensort nicht festgestellt werden. Die Beklagte habe insbesondere nicht substantiiert dargelegt, daß sich die abhanden gekommenen vier Pakete in dem Lkw befunden hätten, der angeblich am 11. November 1999 von drei bewaffneten Personen überfallen und ausgeraubt worden sei. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
aa) Das Berufungsgericht hat die von der Beklagten zum Nachweis für ihre Behauptung, vier der fünf von der P.-GmbH versandten Pakete seien bei einem Raubüberfall am 11. November 1999 verlorengegangen, vorgelegten Unterlagen (Anlage BfB 6 zum Schriftsatz vom 22.1.2001) und sonstigen Beweisantritte für nicht ausreichend gehalten, um den Schadensnachweis zu führen. Das läßt entgegen der Auffassung der Revision einen Rechtsfehler nicht erkennen (§ 565a ZPO a.F.).
bb) Das Berufungsgericht hat die Beklagte auf seinen Standpunkt in der letzten mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2001 hingewiesen und Verkündungstermin auf den 20. Juni 2001 anberaumt. Die Revision beanstandet ohne Erfolg, daß das Berufungsgericht damit seiner Hinweispflicht nicht ausreichend nachgekommen sei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genügt das Gericht seiner Hinweispflicht nach den §§ 139, 278 Abs. 3 ZPO a.F. nur dann, wenn es die Parteien auf den fehlenden Sachvortrag, der von seinem materiellrechtlichen Standpunkt aus gesehen entscheidungserheblich ist, unmißverständlich hingewiesen und ihnen die Möglichkeit eröffnet hat, ihren Sachvortrag sachdienlich zu ergänzen (vgl. BGHZ 127, 254, 260; BGH, Urt. v. 27.11.1996 - VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 8.2.1999 - II ZR 261/97, NJW 1999, 2123, 2124; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 139 Rdn. 4 f., 14). Diesen Anforderungen genügt der in der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts erteilte Hinweis.
Das Sitzungsprotokoll läßt nicht erkennen, daß der Beklagten die Möglichkeit zur sachdienlichen Ergänzung ihres Sachvortrags verwehrt worden ist. Es weist nicht aus, daß die Beklagte um Vertagung oder um Schriftsatznachlaß
gebeten hat oder daß ein dahingehendes Antragsrecht verwehrt worden sei. Die Revision enthält auch keine entsprechende Rüge. Das Gericht ist grundsätzlich nicht gehalten, von sich aus eine Schriftsatzfrist einzuräumen (vgl. auch § 139 Abs. 5 ZPO n.F.). Auch in der Zeitspanne von über einem Monat bis zum Verkündungstermin hat die Beklagte zum Hinweis des Gerichts nicht Stellung genommen oder wegen der nunmehr von der Revision vorgebrachten Schwierigkeiten bei der Recherche um Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) nachgesucht. Die Beklagte hat die nach dem aufklärenden Hinweis zu Gebote stehenden prozessualen Möglichkeiten in der Tatsacheninstanz nicht genutzt. Ihre Rüge aus § 139 ZPO erweist sich deshalb als unbegründet.

b) Die vom Berufungsgericht zur Begründung der Haftungsvoraussetzungen des § 435 HGB getroffenen Feststellungen zur unzureichenden Einlassung der Beklagten über ihre Kontrollorganisation (auch) im Expreßgutbereich erweisen sich als rechtsfehlerfrei.
Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , die der Beklagten am 10. November 1999 übergebenen Pakete der P.-GmbH seien "unstreitig als Expreßpakete" aufgegeben worden. Diese Feststellung ist mit einem Berichtigungsantrag (§ 320 Abs. 1 ZPO) nicht in Frage gestellt worden. Sie findet zudem ihre Stütze in den von der Klägerin zu den Akten gereichten Transportpapieren.
3. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , ein Abzug von der Schadensersatzforderung der P.-GmbH in Höhe von 1.000 DM sei nicht vorzunehmen, weil die Beklagte für ihre Behauptung , sie habe den genannten Betrag an die P.-GmbH geleistet, keinen Beweis angetreten habe. Die Zahlung von 1.000 DM an die P.-GmbH war unstreitig.
Die Klägerin hat selbst vorgetragen, die P.-GmbH habe von ihr Entschädigung abzüglich einer Teilzahlung der Beklagten in Höhe von 1.000 DM gefordert. In der Berufungsbegründung hat die Beklagte zudem vorgetragen, es sei ihre Entschädigungsleistung in Höhe von 1.000 DM abzuziehen. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Somit war ein Beweisangebot für die Zahlung der Beklagten in Höhe von 1.000 DM nicht erforderlich.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 136/03 Verkündet am:
14. Juni 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Im Rahmen der Beförderung von Briefen (einschließlich Einschreibebriefen)
und briefähnlichen Sendungen sind keine durchgängigen Schnittstellenkontrollen
erforderlich.
BGH, Urt. v. 14. Juni 2006 - I ZR 136/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. April 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der C. GmbH in München (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlustes von sieben Einschreibebriefsendungen auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin übergab der Beklagten im Zeitraum von Juni 2000 bis Mai 2001 sieben Einschreibebriefe zum Versand innerhalb Deutschlands. Die Sendungen kamen bei den Adressaten nicht an, weshalb die Beklag- te für jeden Verlustfall entsprechend der in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehenen Höchstbetragshaftung 50 DM Schadensersatz leistete.
3
Die Klägerin hat behauptet, die in Verlust geratenen Sendungen hätten Uhren und Uhrenarmbänder enthalten. Die Verluste seien auf Diebstähle von Mitarbeitern der Beklagten zurückzuführen. Sie habe die ihrer Versicherungsnehmerin nach Abzug der Ersatzleistungen der Beklagten verbliebenen Schäden in Höhe von insgesamt 8.333,85 € ausgeglichen.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne sich nicht auf Haftungsausschlüsse und -begrenzungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen, weil diese nicht Inhalt der mit der Beklagten geschlossenen Versendungsverträge geworden seien. Eine Haftungsbegrenzung komme auch deshalb nicht in Betracht, weil der Beklagten eine leichtfertige Verursachung der Warenverluste vorzuwerfen sei. Die Haftung der Beklagten ergebe sich daraus, dass sie für ihre Leute einzustehen habe und zu den näheren Umständen , die zu den Verlusten geführt hätten, keine Angaben mache.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.333,85 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten , in den hier in Rede stehenden Verlustfällen fehle es schon am Zustandekommen von Beförderungsverträgen, weil Uhren gemäß den Bestimmungen in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die der Versicherungsnehmerin bekannt gewesen sein müssten, von der Beförderung per Briefsendung ausgeschlossen seien. Die Versicherungsnehmerin sei auch nicht schutzwürdig, weil sie von der Versendung der Ware im besonders versicherten Paketdienst ausdrücklich keinen Gebrauch gemacht habe. Der Umstand, dass sie zu den streitgegenständlichen Verlusten keine näheren Angaben machen könne, rechtfertige nicht den Schluss, dass es in ihrem Betriebsablauf grobe Organisationsmängel gebe.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben.
8
Mit der (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Die Revision hat keinen Erfolg.
10
Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Klägerin über die von der Beklagten vorprozessual erbrachten Ersatzleistungen hinaus keine Schadensersatzansprüche wegen der in Rede stehenden Verluste von Einschreibebriefsendungen zustehen.
11
1. In der Revisionsinstanz ist - entsprechend den Vorgaben des Berufungsgerichts - davon auszugehen, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht Bestandteil der über die streitgegenständlichen Einschreibebriefsendungen geschlossenen Beförderungsverträge geworden sind. Dementsprechend steht nicht zur Entscheidung, ob eine Haftung der Beklagten schon durch die Klauseln über eine bedingungsgerechte Sendung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen ist.
12
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte nach der Privatisierung der Postdienste für Verluste von Transportgut gemäß dem im Handelsgesetzbuch geregelten allgemeinen Transportrecht haftet. Die Beklagte schulde gemäß § 425 Abs. 1 HGB für den während ihrer Obhutszeit eingetretenen Verlust der sieben hier in Rede stehenden Einschreibebriefsendungen Schadensersatz. Die Höhe des von der Beklagten zu leistenden Schadensersatzes hat das Berufungsgericht entsprechend § 431 Abs. 1 HGB auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der abhanden gekommenen Sendung begrenzt. Die Voraussetzungen für einen Wegfall der Haftungsbegrenzung gemäß § 435 HGB hat das Berufungsgericht nicht für gegeben erachtet, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Verlust der Warensendungen durch Diebstähle von Mitarbeitern der Beklagten oder durch grobe Organisationsmängel in den Betriebsabläufen der Beklagten verursacht worden sei. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
13
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass grundsätzlich der Anspruchsteller gehalten ist, die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine "Leute" vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, § 435 HGB (BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 469; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., § 435 HGB Rdn. 20). Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungsund Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Insbesondere hat er substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er konkret aufgewendet hat (vgl. BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; 145, 170, 183 f. m.w.N.). Kommt er dem nicht nach, kann daraus je nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (vgl. BGHZ 127, 275, 284; BGH TranspR 2003, 467, 469). Das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Transportrechtsreformgesetz hat hinsichtlich der Einlassungspflicht des Frachtführers und der insoweit bestehenden Beweislastverteilung keine sachlichen Änderungen mit sich gebracht (vgl. BGH TranspR 2003, 467, 469; Koller aaO § 435 HGB Rdn. 20 f.; Fremuth in: Fremuth/Thume, Transportrecht, § 435 HGB Rdn. 20).
14
b) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe ihre Einlassungsobliegenheit nicht verletzt, obwohl sie nicht konkret darlegen könne, wann, wo und wie die abhanden gekommenen Einschreibebriefe auf ihrem Beförderungsweg außer Kontrolle geraten seien. Das Berufungsgericht hat seine Annahme rechtsfehlerfrei darauf gestützt , dass die Beklagte im Rahmen der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht zur Durchführung von Schnittstellenkontrollen verpflichtet ist mit der Folge, dass es ihr im Verlustfall zwangsläufig nicht möglich und auch nicht zumutbar ist, konkret darzulegen, wie es zu dem jeweiligen Verlust gekommen ist.
15
aa) Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es im Rahmen der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht der durchgängigen Vornahme von Ein- und Ausgangskontrollen. Das für Paketsendungen aufgestellte Gebot von durchgehenden Schnittstellenkontrollen soll die Möglichkeit schaffen, den Eintritt eines Schadens und den Schadensbereich in zeitlicher, räumlicher und personeller Hinsicht möglichst frühzeitig einzugrenzen. Ohne umfassende Ein- und Ausgangskontrollen kann ein verlässlicher Überblick über Lauf und Verbleib der in den einzelnen Umschlagstationen ein- und abgehenden Güter nicht gewonnen werden (vgl. BGHZ 158, 322, 330).
16
Diese Grundsätze sind auf den Versand von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht zu übertragen. Bei der Briefbeförderung steht die Übermittlung der in dem Brief enthaltenen individuellen Gedankenerklärung im Vordergrund. Beim Versand von Paketen geht es um die Beförderung der verpackten werthaltigen Gegenstände. Dem Versender eines Briefes erwächst aus dessen Verlust im Allgemeinen kein materieller Schaden (vgl. BGHZ 149, 337, 349). Dementsprechend besteht bei Briefsendungen für Dritte im Allgemeinen auch kein besonderer Anreiz, sich den Inhalt der Sendungen anzueignen, um sich zu bereichern.
17
Dass die Sorgfalts- und Organisationsanforderungen im Bereich der Versendung von Briefen und briefähnlichen Sendungen geringer anzusetzen sind als bei der Paketbeförderung, steht im Einklang mit der Systematik des Gesetzes, das in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB für Briefe und briefähnliche Sendungen weitergehende Haftungsbeschränkungen als bei anderen Sendungen ermöglicht. Auch damit wird den Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs Rechnung getragen (vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf des Transportrechtsreformgesetzes, BT-Drucks. 13/8445 S. 86).
18
bb) Entgegen der Ansicht der Revision sind auch bei der Beförderung von Einschreibebriefen keine durchgehenden Ein- und Ausgangskontrollen geboten. Der Einschreibebrief unterscheidet sich nur insoweit von einer gewöhnlichen Briefsendung, als die Einlieferung und der Zugang der Sendung doku- mentiert werden. Auch er unterliegt den am wirtschaftlich Vertretbaren orientierten Regeln des massenhaften Brieftransports zu günstigen Preisen. Der Einschreibebrief ist nicht zum Versand von wertvollen Waren bestimmt. Auf einen Einschreibebrief treffen die Besonderheiten des postalischen Massenverkehrs - schnelle und kostengünstige Übermittlung zu jedem Haushalt in Deutschland - ebenso zu wie auf gewöhnliche Briefe und briefähnliche Sendungen.
19
cc) Dies schließt es allerdings nicht aus, dass der Frachtführer für den Verlust bestimmter Briefsendungen ebenso haftet wie bei einem Abhandenkommen von Paketsendungen, wenn er - beispielsweise in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen - die Beförderung bestimmter Briefe der Paketbeförderung gleichstellt (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03, Tz. 2, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
20
c) Ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daraus, dass die Beklagte keine stichprobenartigen Kontrollen durchführt. Nach der Rechtsprechung des Senats können anstelle von durchgehenden Schnittstellenkontrollen im Einzelfall auch stichprobenartige Kontrollen genügen, wenn damit eine hinreichende Kontrolldichte gewährleistet ist (vgl. BGHZ 149, 337, 348). Dies gilt aber nur für den Bereich der Beförderung von Paketen und den Umschlag von Transportgütern. Bei der Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen ist keine Kontrolle des Umschlags und damit auch keine stichprobenartige Kontrolle geboten.
21
Da die Beklagte beim Versand von Briefen und briefähnlichen Sendungen nicht zu Schnittstellenkontrollen verpflichtet ist, besteht für sie auch keine dahingehende sekundäre Darlegungspflicht.
22
3. Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
23
II. Danach war die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Bornkamm Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.07.2002 - 38 O 22/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.04.2003 - 18 U 170/02 -

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 265/03 Verkündet am:
1. Dezember 2005
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Ein Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines
ungewöhnlich hohen Schadens (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) setzt nicht die Feststellung
voraus, dass der Frachtführer Wertsendungen generell sicherer befördert.
Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1
BGB kann nur verneint werden, wenn der Transporteur trotz eines Hinweises
auf den ungewöhnlichen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen
hätte.
BGH, Urt. v. 1. Dezember 2005 - I ZR 265/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. November 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt , wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte führt für die Klägerin, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung steht, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen durch.
Den dabei geschlossenen Verträgen liegen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten zugrunde.
2
Die im Streitfall maßgeblichen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: Februar 1998) enthielten neben dem Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen u.a. folgende Regelungen: "… 2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an: …
b) Die Wert- oder Haftungshöchstgrenze ist pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von 50.000 $ in der jeweiligen Landeswährung begrenzt, es sei denn, dies ist in der jeweils gültigen U. -Tariftabelle anders festgelegt. … … 10. Haftung In den Fällen, in denen die im WA oder im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen Anwendung finden … wird die Haftung von U. durch diese Bestimmungen geregelt und entsprechend dieser Bestimmungen begrenzt. In den Fällen, in denen das WA oder das CMR-Abkommen nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von … DM 1.000 pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp … ermittelten Erstattungsbetrag , je nach dem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben. Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung … . Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt. … Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen. Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben. …"
3
Die Klägerin übergab der Beklagten am 18. September 2000 fünf Kartons zur Beförderung von Raunheim nach Rosmalen (Niederlande). Die Sendung gelangte per Lkw in das Lager der Schwestergesellschaft der Beklagten in Eindhoven (Niederlande), ging dann aber verloren. Den Wert der Sendung hatte die Klägerin nicht angegeben.
4
Die Klägerin hat behauptet, in den Paketen hätten sich 2.218 Speichermodule mit einem Handelswert von insgesamt 316.286,90 DM befunden. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse den Schaden wegen qualifizierten Verschuldens in voller Höhe ersetzen. Ein Mitverschulden wegen unterlassener Wertdeklaration sei ihr nicht anzulasten, da die fehlende Wertangabe für den Schadenseintritt nicht kausal gewesen sei. Denn die Beklagte befördere Wertsendungen nicht anders als Standardsendungen.
5
Nachdem der Transportversicherer der Klägerin dieser den Schaden ersetzt hat, hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die (näher bezeichnete) Transportversicherung der Klägerin 176.722,40 € nebst Zinsen zu zahlen.

6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , über eine ausreichende Betriebsorganisation zu verfügen, so dass ihr ein qualifiziertes Verschulden nicht angelastet werden könne. Jedenfalls müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden wegen der unterlassenen Wertdeklaration entgegenhalten lassen. Hätte die Klägerin den Wert der Sendung angegeben, wäre diese während des Transports besser kontrolliert worden.
7
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 161.714,87 € nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
8
Mit ihrer vom Senat beschränkt auf die Frage des Mitverschuldens zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
10
Der Beklagten falle ein qualifiziertes Verschulden i.S. von Art. 29 CMR zur Last, da sie an ihren Umschlagstellen keine ausreichenden Eingangs- und Ausgangskontrollen durchführe. Die Klägerin habe hierauf auch nicht verzichtet.
11
Die Klägerin habe nach den für das Berufungsgericht bindenden Feststellungen des Landgerichts bewiesen, dass die in Verlust geratene Warensendung einen Handelswert von insgesamt 316.286,90 DM gehabt habe.
12
Eine Mithaftung der Klägerin gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB komme nicht in Betracht, weil kein ungewöhnlich hoher Schaden eingetreten sei. Ein solcher Schaden sei erst oberhalb eines Wertes von 50.000 US-Dollar pro Paket anzunehmen, da die Beklagte nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen Pakete mit einem Inhalt bis zu diesem Wert als Standardsendungen befördern wolle und deshalb auch bis zu diesem Wert mit einem Schadenseintritt rechnete. Im vorliegenden Fall hätten sich in keinem der Pakete Waren mit einem Wert von mehr als 36.455,11 € befunden. Der Beklagten sei zudem bereits vor der hier in Rede stehenden Versendung bekannt gewesen, dass die Klägerin Speichermodule herstelle und versende.
13
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint hat, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
14
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Klägerin müsse sich das Unterlassen eines Hinweises auf den ungewöhnlich hohen Wert bei der in Verlust geratenen Sendung nicht als Mitverschulden (§ 254 Abs. 2 Satz 1 BGB) anrechnen lassen.
15
a) Die Anwendung des § 254 BGB kommt auch bei einem dem Haftungsregime der CMR unterfallenden Transport in Betracht. Unabhängig davon, ob das Haftungssystem der CMR im Rahmen der Haftung nach Art. 17 Abs. 1 CMR den Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB ausschließt, kann der Frachtfüh- rer jedenfalls im Rahmen der verschärften Haftung nach Art. 29 CMR einwenden , dass es der Ersatzberechtigte vor Vertragsschluss trotz Kenntnis oder Kennenmüssen der Tatsache, dass mit der Angabe des tatsächlichen Wertes der Sendung gegen höheren Tarif auch eine sicherere Beförderung verbunden ist, unterlassen hat, den wirklichen Wert des zu transportierenden Gutes anzugeben (§ 254 Abs. 1 BGB).
16
Im Rahmen der Haftung nach Art. 29 CMR kann sich ein anspruchsminderndes Mitverschulden zudem aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergeben, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, den Frachtführer im Hinblick auf den Wert des Gutes auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die dieser weder kannte noch kennen musste und der Frachtführer deshalb keinen Anlass gesehen hat, besondere Vorsorgemaßnahmen zur Schadensverhinderung zu treffen (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = NJW-RR 2003, 1473). Insoweit ist lückenfüllend nationales Recht heranzuziehen (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, Umdruck S. 9; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 8).
17
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR i.V. mit § 435 HGB zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR 2004, 394).
18
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufungsgerichts, ein ungewöhnlich hoher Schaden i.S. von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB liege erst bei einem Wert der Sendung oberhalb von 50.000 USDollar vor, weil die Beklagte nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen bereit sei, Pakete mit einem Inhalt bis zu diesem Wert als Standardsendungen zu befördern.
19
aa) Bei dem Mitverschuldenseinwand nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber Kenntnis davon hatte oder hätte wissen müssen, dass der Frachtführer das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Den Auftraggeber trifft vielmehr eine allgemeine Obliegenheit, auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, um seinem Vertragspartner die Möglichkeit zu geben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Daran wird der Schädiger jedoch gehindert, wenn er über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Unklaren gelassen wird (vgl. BGH TranspR 2005, 311, 314 f.).
20
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht erst bei einem Wert der Sendung oberhalb von 50.000 US-Dollar vor. Die Voraussetzung einer ungewöhnlichen Höhe des Schadens lässt sich nicht in einem bestimmten Betrag oder in einer bestimmten Wertrelation (etwa zwischen dem unmittelbar gefährdeten Gut und dem Gesamtschaden ) angeben (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB [2005], § 254 Rdn. 75). Die Frage, ob ein ungewöhnlich hoher Schaden droht, kann vielmehr regelmäßig nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei ist maßgeblich auf die Sicht des Schädigers abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 18.2.2002 - II ZR 355/00, NJW 2002, 2553, 2554; OLG Hamm NJW-RR 1998, 380; Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB, § 254 Rdn. 28). Es ist dabei auch in Rechnung zu stellen, welche Höhe Schäden erfahrungsgemäß - also nicht nur selten - erreichen. Da insoweit die Sicht des Schädigers maßgeblich ist, ist vor allem zu berücksichtigen, in welcher Höhe dieser, soweit für ihn die Möglichkeit einer vertraglichen Disposition besteht, Haftungsrisiken einerseits vertraglich eingeht und andererseits von vornherein auszuschließen bemüht ist. Angesichts dessen, dass hier in erster Hinsicht ein Betrag von 1.000 DM und in zweiter Hinsicht 50.000 US-Dollar im Raum stehen, liegt es aus der Sicht des Senats nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens i.S. des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB in solchen Fällen anzunehmen, in denen der Wert der Sendung 5.000 €, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß Nr. 10 der Beförderungsbedingungen der Beklagten , übersteigt.
21
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts befanden sich in vier der fünf abhanden gekommenen Pakete jeweils 500 Speichermodule, die einen Handelswert von 142,60 DM (72,91 €) je Einzelstück hatten. Dementsprechend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Wert des Inhalts dieser verloren gegangenen Pakete jeweils 36.455,11 € betragen hat. In dem fünften abhanden gekommenen Paket waren noch 218 der insgesamt 2.218 versandten Speichermodule enthalten, so dass der Wert des Inhaltes dieses Pakets bei 15.894,38 € gelegen hat. Danach hat bereits im Falle des Verlustes auch nur eines Pakets aus der der Beklagten am 18. September 2000 zum Transport übergebenen Sendung die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens gedroht.
22
d) Ein Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens setzt nicht die Feststellung voraus, dass der Frachtführer Wertsendungen generell sicherer befördert. Mit dem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens muss dem Frachtführer die Gelegenheit gegeben werden, im konkreten Fall Sicherungsmaßnahmen zur Abwendung eines drohenden Schadens zu ergreifen oder die Durchführung des Auftrags abzulehnen. Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nur verneint werden, wenn die Beklagte trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlichen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - dazu bislang keine Feststellungen getroffen.
23
2. Der Mitverschuldenseinwand der Beklagten scheitert entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht an der fehlenden Kausalität der unterlassenen Wertdeklaration für den eingetretenen Schaden, weil die Beklagte aufgrund des ihr bekannten Unternehmensgegenstandes der Klägerin mit einem hohen Warenwert habe rechnen müssen.
24
Die Kausalität eines Mitverschuldens wegen unterlassener Wertangabe lässt sich in solchen Fällen nur verneinen, wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hat wie der Geschädigte (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1952 - II ZR 56/52, VersR 1953, 14; MünchKomm.BGB/ Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 72; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 254 Rdn. 38). So hat der Senat den Mitverschuldenseinwand nicht für begründet erachtet, wenn der Frachtführer bei einer Nachnahmesendung aufgrund des einzuziehenden Betrags vom Wert des Gutes Kenntnis hat (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209 = NJW-RR 2005, 1058). Im vorliegenden Fall ist indes eine entsprechende Kenntnis der Beklagten nicht festgestellt. Die Klägerin hatte vielmehr einen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten, da sie den Wert der zum Versand gebrachten Ware genau kannte, während der Beklagten allenfalls bewusst sein musste, dass sich in den Paketen Ware befand, die möglicherweise höherwertig war. Der Beklagten kann allein aus dem Umstand, dass sie den Unternehmensgegenstand der Klägerin kannte, nicht die Kenntnis unterstellt werden, dass ihr jeweils Güter von erheblichem Wert zur Beförderung übergeben würden.
25
3. Die Haftungsabwägung nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 402).
26
III. Danach konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Es war auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Klägerin wegen des unterlassenen Hinweises auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens verneint hat. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.11.2002 - 13 O 530/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 12.11.2003 - I-18 U 236/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 80/03 Verkündet am:
19. Januar 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden (§ 254 Abs. 1 BGB) des Paketversenders
wegen unterlassener Wertdeklaration kann es ausreichen, dass der
Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur
/Frachtführer hätte kennen müssen. Von einem Kennenmüssen der Anwendung
höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen
werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs
ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes
höher haften will (Fortführung von BGHZ 149, 337 und BGH, Urt. v. 8.5.2003
- I ZR 234/02, TranspR 2003, 317).
Hiervon ist auch in den Fällen auszugehen, die dem Haftungsregime der CMR
unterfallen, auch wenn es in den Beförderungsbedingungen des Spediteurs
heißt, dass dann die im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen
Anwendung finden.
BGH, Urt. v. 19. Januar 2006 - I ZR 80/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 6. Zivilsenat, vom 20. Februar 2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 8.939,02 € (Summe der für die Schadensfälle 1, 2, 9, 16 bis 18, 21 und 23 geltend gemachten Ersatzbeträge) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13. Dezember 2001 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt und dabei ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der H. GmbH in K. (im Weiteren: Versicherungsnehmerin), die insbesondere Navigationsautoradiosysteme vertreibt. Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin wegen Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Beklagte führte für die Versicherungsnehmerin, mit der sie in laufender Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest vereinbarten Preisen durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand: Februar 1998) zugrunde , die u.a. folgende Bestimmungen enthalten: "… 2. Transportierte Güter und Servicebeschränkungen Sofern nicht schriftlich abweichend mit U. vereinbart, bietet U. den Transport von Gütern unter folgenden Einschränkungen an: …
b) Die Wert- oder Haftungshöchstgrenze ist pro Paket einer Sendung auf den Gegenwert von 50.000 $ in der jeweiligen Landeswährung begrenzt, es sei denn, dies ist in der jeweils gültigen U. -Tariftabelle anders festgelegt. … … 10. Haftung In den Fällen, in denen die im WA oder im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen Anwendung finden … wird die Haf- tung durch diese Bestimmungen geregelt und entsprechend dieser Bestimmungen begrenzt. In den Fällen, in denen das WA oder das CMR-Abkommen nicht gelten, wird die Haftung von U. durch die vorliegenden Beförderungsbedingungen geregelt. U. haftet bei Verschulden für nachgewiesene direkte Schäden bis zu einer Höhe von … DM 1.000 pro Sendung in der Bundesrepublik Deutschland oder bis zu dem nach § 54 ADSp … ermittelten Erstattungsbetrag, je nach dem, welcher Betrag höher ist, es sei denn, der Versender hat, wie im Folgenden beschrieben, einen höheren Wert angegeben. Die Wert- und Haftungsgrenze wird angehoben durch die korrekte Deklaration des Wertes der Sendung … . Diese Wertangabe gilt als Haftungsgrenze. Der Versender erklärt durch die Unterlassung der Wertangabe, dass sein Interesse an den Gütern die oben genannte Grundhaftung nicht übersteigt. … Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit von U. , seiner gesetzlichen Vertreter oder Erfüllungsgehilfen. Sofern vom Versender nicht anders vorgeschrieben, kann U. die Wertzuschläge als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders in seinem Namen an ein oder mehrere Versicherungsunternehmen weitergeben. …"
3
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im Zeitraum von Oktober 2000 bis September 2001 in 24 Fällen (in den Fällen 1, 2, 6, 14 und 16 handelte es sich um grenzüberschreitende Straßentransporte) mit der Beförderung von Paketen, die Navigationsautoradiosysteme oder Zubehör enthielten. Die Sendungen kamen bei den jeweiligen Empfängern aus ungeklärten Umständen nicht an. In den Schadensfällen 1, 2, 9, 16 bis 18, 21 und 23 lag der Wert des abhanden gekommenen Gutes jeweils unter 5.000 DM.
4
Die Versicherungsnehmerin hatte den Wert der Sendungen in allen Verlustfällen nicht besonders deklariert, weshalb die Beklagte ihre Ersatzleistung unter Berufung auf Nr. 10 ihrer Beförderungsbedingungen auf jeweils 1.000 DM beschränkt hat. Die Klägerin hat ihrer Versicherungsnehmerin den durch die Warenverluste verbliebenen Restschaden in Höhe von 102.409,44 € ersetzt.
5
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte wegen qualifizierten Verschuldens unbeschränkt. Ein Mitverschulden wegen der unterlassenen Wertdeklaration komme nicht in Betracht, da der Beklagten die Eigenart der zum Versand gebrachten Güter allgemein bekannt gewesen sei. Im Übrigen hätte die Beklagte die Waren auch im Falle einer Wertdeklaration nicht sicherer transportiert.
6
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 102.409,44 € nebst Zinsen zu zahlen.
7
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin, den Inhalt der Sendungen sowie im Fall 24 die Erlangung von Gewahrsam an der Sendung bestritten. Sie ist ferner der Auffassung, sie verfüge über eine ausreichende Betriebsorganisation, so dass ein qualifiziertes Verschulden nicht gegeben sei. Die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration zurechnen lassen. Im Falle der Wertangabe wären die Pakete mit einem Wert von über 5.000 DM - wie im Einzelnen ausgeführt - sicherer befördert worden.
8
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme der Schadensersatzforderung für den Verlustfall 4 (= 15.752,12 €) in Höhe von 86.657,32 € stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dieser auch den für den Schadensfall 4 geltend gemachten Ersatzbetrag zuerkannt. Die Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen.

9
Mit der vom Senat beschränkt auf die Frage des Mitverschuldens zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin aus abgetretenem (§ 398 BGB) Recht ihrer Versicherungsnehmerin einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR (Schadensfälle 1, 2, 6, 14 und 16) und §§ 435, 459 HGB zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt:
11
Die Aktivlegitimation der Klägerin ergebe sich aus den vorgelegten Abtretungserklärungen ihrer Versicherungsnehmerin.
12
Der Beklagten, die als Fixkostenspediteurin der Frachtführerhaftung unterliege , falle ein qualifiziertes Verschulden i.S. von § 435 HGB zur Last. Dies folge daraus, dass sie zum Ablauf des Betriebes und den konkret ergriffenen Sicherungsmaßnahmen nichts vorgetragen habe und insoweit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen sei.
13
Hinsichtlich der Höhe des Schadens sei bei kaufmännischen Absendern prima facie anzunehmen, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem jeweiligen Paket enthalten gewesen seien. Diesen Anscheinsbeweis habe die Beklagte nicht erschüttert. Der Einwand des Mitverschuldens sei schon deshalb nicht berechtigt, weil der Beklagten der erhebliche Wert der ihr zur Beförderung übergebenen Güter von vornherein bekannt gewesen sei.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit das Berufungsgericht in den Verlustfällen 3 bis 8, 10 bis 15, 19, 20, 22 und 24 ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint hat, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
15
1. In den Verlustfällen 1, 2, 9, 16 bis 18, 21 und 23 wendet sich die Revision im Ergebnis vergeblich gegen die Nichtberücksichtigung eines Mitverschuldens der Versicherungsnehmerin. Denn in diesen Fällen hat das Unterlassen einer Wertdeklaration nicht zur Entstehung der Schäden beigetragen.
16
Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten werden von ihr nur Wertpakete , bei denen der deklarierte Wert mehr als 5.000 DM beträgt, unter besonderen Kontrollmaßnahmen befördert. In den oben genannten Fällen lag der Handelswert des transportierten Gutes jeweils unter 5.000 DM. Schon aus diesem Grunde kann die unterlassene Wertangabe nicht für die eingetretenen Schäden (mit-)ursächlich geworden sein.
17
2. In den übrigen Schadensfällen hat das Berufungsgericht dagegen zu Unrecht ein Mitverschulden (§ 425 Abs. 2 HGB, § 254 BGB) der Versicherungsnehmerin wegen unterlassener Wertdeklaration verneint.
18
a) Die Anwendung des § 254 BGB kommt auch in den dem Haftungsregime der CMR unterfallenden Transporten (Schadensfälle 6 und 14) in Betracht. Unabhängig davon, ob das Haftungssystem der CMR im Rahmen der Haftung nach Art. 17 Abs. 1 CMR den Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB ausschließt, kann der Frachtführer jedenfalls im Rahmen der verschärften Haftung nach Art. 29 CMR einwenden, dass es der Ersatzberechtigte vor Vertragsschluss trotz Kenntnis oder Kennenmüssen der Tatsache, dass mit der Angabe des tatsächlichen Werts der Sendung gegen höheren Tarif auch eine sicherere Beförderung verbunden ist, unterlassen hat, den wirklichen Wert des zu transportierenden Gutes anzugeben (§ 254 Abs. 1 BGB) und der Frachtführer deshalb keinen Anlass gesehen hat, besondere Vorsorgemaßnahmen zur Schadensverhinderung zu treffen. Im Rahmen der Haftung nach Art. 29 CMR kann sich ein anspruchsminderndes Mitverschulden zudem aus § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergeben, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, den Schädiger im Hinblick auf den Wert des Gutes auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die dieser weder kannte noch kennen musste (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = NJW-RR 2003, 1473). Insoweit ist lückenfüllend nationales Recht heranzuziehen (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, Umdruck S. 9; Koller, Transportrecht , 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 8).
19
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB, Art. 29 Abs. 1 CMR zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR 2004, 394).
20
c) Nicht beigetreten werden kann dem Berufungsgericht jedoch in seiner Ansicht, ein Mitverschulden sei schon deshalb zu verneinen, weil der Beklagten der Wert des Beförderungsguts bekannt gewesen sei. Die getroffenen Feststel- lungen tragen diese Beurteilung nicht. Auch die übrigen Voraussetzungen für ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin lassen sich nicht verneinen.
21
aa) Ein Versender kann in einen gemäß § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur die Sendung bei richtiger Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = NJW-RR 2005, 265). Hätte der Versender die sorgfältigere Behandlung von Wertpaketen durch den Spediteur kennen müssen, kann auch das für ein zu berücksichtigendes Mitverschulden ausreichen. Denn gemäß § 254 Abs. 1 BGB ist ein Mitverschulden bereits dann anzunehmen, wenn diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen wird, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt (BGHZ 74, 25, 28; BGH, Urt. v. 17.10.2000 - VI ZR 313/99, NJW 2001, 149, 150, jeweils zu § 254 BGB; Koller aaO, § 425 HGB Rdn. 74; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 254 Rdn. 23). Von einem Kennenmüssen der Anwendung höherer Sorgfalt bei korrekter Wertangabe kann im Allgemeinen ausgegangen werden, wenn sich aus den Beförderungsbedingungen des Transporteurs ergibt, dass er für diesen Fall bei Verlust oder Beschädigung des Gutes höher haften will. Denn zur Vermeidung der versprochenen höheren Haftung werden erfahrungsgemäß höhere Sicherheitsstandards gewählt.
22
Dem Versender wird durch Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Kenntnis vermittelt, dass die Beklagte nur bei einer Wertdeklaration über die in Nr. 10 genannte Haftungshöchstgrenze hinaus (1.000 DM oder Erstattungsbetrag nach § 54 ADSp a.F.) haften will. Bereits aus der versprochenen Haftung bis zum deklarierten Wert ergibt sich, dass die Beklagte alles daran setzen wird, Haftungsrisiken möglichst auszuschließen. Die- se Haftung ist von der Zahlung eines Wertzuschlags nach der Tariftabelle der Beklagten abhängig. Die erhöhte Transportvergütung legt zusätzlich nahe, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet hat, wertdeklarierte Sendungen sorgfältiger zu behandeln. Dem steht nicht entgegen, dass Nr. 10 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten die Möglichkeit eröffnet , die Wertzuschläge als Prämie für eine Versicherung weiterzugeben. Ein verständiger Versender, der die Möglichkeit der Versendung von Wertpaketen gegen höhere Vergütung ebenso kennt wie die erhöhte Haftung der Beklagten in diesem Fall, wird davon ausgehen, dass die Beklagte bei der Beförderung von Wertpaketen erhöhte Sorgfalt aufwendet. Er wird zur Vermeidung eigenen Schadens den Wert der Sendung deklarieren, wenn dieser den in den Beförderungsbedingungen des Spediteurs genannten Haftungshöchstbetrag überschreitet.
23
Hiervon ist auch in den Fällen auszugehen, die dem Haftungsregime der CMR unterfallen, auch wenn es in den Beförderungsbedingungen der Beklagten heißt, dass dann die im CMR-Abkommen festgelegten Haftungsbestimmungen Anwendung finden. Denn es kann angenommen werden, dass die Beklagte zur Vermeidung einer über die Haftungshöchstgrenze hinausgehenden Haftung ganz allgemein höhere Sicherheitsstandards wählen wird. Die Annahme, die Beklagte werde ihre Sicherheitsstandards davon abhängig machen, ob das übernommene Gut im selben Staat abgeliefert wird oder nicht, liegt eher fern.
24
Danach hätte die Versicherungsnehmerin zumindest wissen müssen, dass die Beklagte Wertpakete im Vergleich zu Standardsendungen mit größerer Sorgfalt behandelt.
25
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitert der Mitverschuldenseinwand der Beklagten nicht an der fehlenden Kausalität der un- terlassenen Wertdeklarationen für die eingetretenen Schäden, weil der Beklagten ohnehin bekannt gewesen sei, dass Güter von erheblichem Wert befördert werden sollten.
26
Die Kausalität eines Mitverschuldens lässt sich in solchen Fällen nur verneinen , wenn der Schädiger zumindest gleich gute Erkenntnismöglichkeiten vom Wert der Sendung hat wie der Geschädigte (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1952 - II ZR 56/52, VersR 1953, 14; MünchKomm.BGB/Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 72; Palandt/Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 254 Rdn. 38). So hat der Senat den Mitverschuldenseinwand nicht für begründet erachtet, wenn der Frachtführer bei einer Nachnahmesendung aufgrund des einzuziehenden Betrags vom Wert des Gutes Kenntnis hat (vgl. BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 276/02, TranspR 2005, 208, 209 = NJW-RR 2005, 1058). Im vorliegenden Fall ist indes eine entsprechende Kenntnis der Beklagten nicht festgestellt. Die Versicherungsnehmerin hatte vielmehr einen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten, da sie den Wert der zum Versand gebrachten Ware genau kannte, während der Beklagten allenfalls bewusst sein musste, dass sich in den Paketen Navigationsautoradiosysteme und/oder Zubehör befanden, die möglicherweise höherwertig waren. Der Wert der jeweils versandten Ware lag - wie sich aus den Wertangaben zu den Schadensfällen 9 und 21 ergibt - auch nicht immer deutlich über 2.000 DM. Der Beklagten konnte daher nicht allein aus dem Umstand, dass sie den Gegenstand des Unternehmens der Versicherungsnehmerin kannte, die Kenntnis unterstellt werden, dass ihr jeweils Güter von erheblichem Wert zur Beförderung übergeben würden.
27
3. Der Einwand des Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration scheitert auch dann nicht an der fehlenden Kausalität, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH TranspR 2004, 399, 401). Ein bei der Entstehung des Schadens mit- wirkendes Verschulden der Versender kommt vielmehr auch in Betracht, wenn bei wertdeklarierten Sendungen ebenfalls Lücken in der Schnittstellenkontrolle verbleiben und nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Sendung gerade in diesem Bereich verloren gegangen ist und die Angabe des Wertes der Ware daher deren Verlust nicht verhindert hätte (vgl. BGH TranspR 2003, 317, 318).
28
4. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die unterlassenen Wertangaben auf den in Verlust geratenen Sendungen die Schäden mit verursacht haben, weil die Beklagte bei richtiger Wertangabe und entsprechender Bezahlung des höheren Beförderungstarifs ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dann nicht zu den Verlusten gekommen wäre. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Transportweg einer dem Wert nach deklarierten Sendung weiterreichenden Kontrollen als der Weg einer nicht wertdeklarierten Sendung unterliege. Diesem Vorbringen wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben. Gelingt der Beklagten dieser Beweis nicht, wird sich das Berufungsgericht mit dem Einwand des Mitverschuldens nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB auseinanderzusetzen haben.
29
5. Die Haftungsabwägung nach § 254 BGB obliegt grundsätzlich dem Tatrichter (vgl. BGHZ 149, 337, 355; BGH TranspR 2004, 399, 402).
30
Im Rahmen der Haftungsabwägung ist zu beachten, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Wa- re außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst (BGH TranspR 2003, 317, 318; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, Umdruck S. 10).
31
Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung. Je höher der tatsächliche Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst.
32
III. Danach konnte das angefochtene Urteil teilweise keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der Beklagten aufzuheben, soweit das Berufungsgericht in den unter II. genannten Verlustfällen ein Mitverschulden der Klägerin verneint hat. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 09.09.2002 - 415 O 157/01 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.02.2003 - 6 U 183/02 -

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 168/03 Verkündet am:
29. Juni 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
EGBGB Art. 27 Abs. 1 Satz 2, Art. 28 Abs. 4 Satz 1
Zur Frage, welches Recht auf einen Vertrag über einen grenzüberschreitenden
multimodalen Transport anzuwenden ist.
EGBGB Art. 32 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2
Die Frage, inwieweit aus Vertragsverletzungen resultierende Ansprüche ein
schuldhaftes Handeln voraussetzen, bestimmt sich nach dem Vertragsstatut.
Die Vorschrift des Art. 32 Abs. 2 EGBGB über das mit zu berücksichtigende
Recht des Staates, in dem die Erfüllung erfolgt, erfasst diejenigen Regeln nicht,
die die Substanz der Vertragspflichten wie insbesondere den Haftungsmaßstab
betreffen.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2006 - I ZR 168/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Juni 2003 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden verneint hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Klägerin ist Transportversicherer der L. GmbH mit Sitz in Göttingen (im Weiteren: Versenderin). Diese beauftragte die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, mit der Beförderung von zwei Paketen zu der L. America in Troy/USA. Das von der Beklagten am 18. Oktober 2000 übernommene Paket mit der Kontrollnummer 97930 geriet auf dem Transportweg in Verlust.
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Die Klägerin hat geltend gemacht, das Paket sei infolge grober Organisationsmängel im Betriebsablauf der Beklagten verloren gegangen. Die in ihm enthaltenen Gegenstände hätten einen Wert von 52.300 US-Dollar gehabt. Die Klägerin habe die Versenderin wegen des Schadens in Höhe von 118.876,83 DM entschädigt.
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Die Klägerin hat die Beklagte daher aus übergegangenem Recht auf Zahlung von 52.300 US-Dollar nebst Zinsen in Anspruch genommen.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat den Vorwurf, den Verlust des Pakets leichtfertig verursacht zu haben, zurückgewiesen. Da die Absenderin keine Wertangabe gemacht habe, bestehe eine Haftung nur in Höhe der Haftungsbeschränkungen des Warschauer Abkommens.
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Das Landgericht hat die Beklagte unter Anrechnung einer von dieser vorprozessual erbrachten Zahlung in Höhe von 1.000 DM und unter Berücksichtigung des Haftungshöchstbetrags gemäß Art. 22 WA (1955) zur Zahlung von 1.034,22 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
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Das Berufungsgericht hat die Beklagte zur Zahlung der Klagesumme nebst Zinsen abzüglich der vorprozessual bezahlten 1.000 DM verurteilt.
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Mit ihrer (vom Senat) zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat die Klage für im Wesentlichen begründet erachtet und hat hierzu ausgeführt:
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Die Beklagte habe sich gegenüber der Versenderin verpflichtet, das Paket zu fixen Kosten von Göttingen nach Troy/USA zu befördern, und daher hinsichtlich dieses Transports die Rechte und Pflichten eines Frachtführers gehabt. Da das Paket aufgrund eines einheitlichen Frachtvertrags zunächst mit dem Lkw und sodann mit dem Flugzeug habe befördert werden sollen, habe es sich um einen multimodalen Transport gehandelt. Die Beklagte vermöge nicht zu beweisen, auf welcher Teilstrecke des geplanten Transportwegs das Paket verloren gegangen sei. Das von ihr vorgelegte, nachträglich aus ihrem Datenbestand gefertigte Sendungsverlaufsprotokoll erbringe keinen Beweis dafür, dass das Paket bis zu dem Umschlaglager der Beklagten in Philadelphia transportiert worden sei. Da mithin nicht feststehe, dass der Schaden auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten sei, hafte die Beklagte nach den allgemeinen Bestimmungen der §§ 407 ff. HGB.
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Die Klägerin sei mit ihrem im zweiten Rechtszug nachgeholten Vortrag zum Vorliegen von Anhaltspunkten für ein leichtfertiges Handeln der Beklagten nicht ausgeschlossen. Da die Beklagte gerichtsbekannt keine Schnittstellenkontrollen durchführe, sei ihre Betriebsorganisation grob fehlerhaft. Die Bestimmung des § 531 ZPO bezwecke nicht, das Berufungsgericht zu zwingen, sehenden Auges materiell-rechtlich falsche Entscheidungen zu treffen, und stehe daher der Berücksichtigung instanzlich nicht vorgetragener gerichtsbekannter Tatsachen nicht entgegen. Sie sei außerdem deshalb nicht anzuwenden, weil das Landgericht die Klägerin nicht darauf hingewiesen habe, dass diese nach der neuen höchstrichterlichen Rechtsprechung greifbare Anhaltspunkte für die Berechtigung des von ihr erhobenen Vorwurfs vorzutragen hatte.
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Das Unterlassen von Schnittstellenkontrollen rechtfertige den Vorwurf leichtfertiger Schadensverursachung i.S. des § 435 HGB, so dass die Beklagte für den eingetretenen Schaden unbeschränkt hafte. Der Einwand mitwirkenden Verschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration greife im Ergebnis nicht durch, weil die Beklagte, wie ebenfalls gerichtsbekannt sei, auch bei wertdeklarierten Paketen keine lückenlose Schnittstellenkontrolle durchführe. Die Aktivlegitimation der Klägerin folge jedenfalls daraus, dass die Versenderin der Klägerin die Schadensunterlagen zur Verfügung gestellt und dieser damit konkludent die ihr gegenüber der Beklagten zustehenden Schadensersatzansprüche abgetreten habe. Die im zweiten Rechtszug durchgeführte Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Versenderin durch den Verlust des Pakets ein Schaden in Höhe von 52.300 US-Dollar entstanden sei.
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II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nur insoweit nicht stand, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versenderin bei der Entstehung des Schadens verneint hat.
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1. Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte der Klägerin für den eingetretenen Schaden nach § 452 Satz 1 HGB i.V. mit §§ 407, 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt haftet.
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a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass auf den zwischen der Versenderin und der Beklagten zustande gekommenen Güterbeförderungsvertrag das deutsche Recht anzuwenden ist.
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aa) Nach den Umständen des Falles spricht alles dafür, dass die in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Parteien des Vertrags konkludent eine entsprechende Rechtswahl getroffen haben (vgl. BGH, Urt. v. 13.9.2004 - II ZR 276/02, NJW 2004, 3706, 3708). Außerdem wird bei einem Güterbeförderungsvertrag gemäß Art. 28 Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 EGBGB vermutet, dass dieser mit demjenigen Staat die engsten Verbindungen aufweist, in dem der Beförderer im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seine Hauptniederlassung hat, sofern sich in diesem Staat auch der Verladeort oder der Entladeort oder die Hauptniederlassung des Absenders befindet, und sich aus der Gesamtheit der Umstände nicht ergibt, dass der Vertrag engere Verbindungen mit einem anderen Staat aufweist (vgl. MünchKomm.BGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 28 EGBGB Rdn. 321 m.w.N. in Fn. 1054). Dies gilt auch für multimodale Frachtverträge i.S. des § 452 HGB (OLG Dresden TranspR 2002, 246; Koller, Transportrecht , 5. Aufl., § 452 HGB Rdn. 1 m.w.N. in Fn. 4). Im Streitfall spricht nichts dafür, dass hier solche engeren Verbindungen mit einem anderen Staat bestehen.
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bb) Das danach auf das Vertragsverhältnis zwischen der Beklagten und der Versenderin anwendbare deutsche Recht ist gemäß Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB insbesondere maßgebend für die Folgen der Nichterfüllung der durch den Vertrag begründeten Verpflichtungen. Entgegen dem insoweit missverständlichen Wortlaut der genannten Bestimmung unterfallen dem Vertragsstatut auch die Voraussetzungen von Ansprüchen aus Vertragsverletzungen (OLG Köln RIW 1993, 414, 415 = OLG-Rep 1993, 106, 107; AnwK-BGB/Leible, Art. 32 EGBGB Rdn. 16; MünchKomm.BGB/Spellenberg, 4. Aufl., Art. 32 EGBGB Rdn. 36, jeweils m.w.N.). Nach dem Vertragsstatut bestimmt sich insbesondere auch die Frage, inwieweit hieraus resultierende Ansprüche ein schuldhaftes Handeln des Schuldners voraussetzen (Staudinger/Magnus, BGB, 13. Bearbeitung 2002, Art. 32 EGBGB Rdn. 46; AnwK-BGB/Leible aaO Art. 32 EGBGB Rdn. 18, jeweils m.w.N.).
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cc) Gemäß Art. 32 Abs. 2 EGBGB ist das nach dem Vertragsstatut nicht anwendbare Recht des Staates, in dem die Erfüllung erfolgt, allerdings in Bezug auf deren Art und Weise zu berücksichtigen. Die Beklagte hat in den Vorinstanzen geltend gemacht, im Hinblick darauf, dass der Verlust der Sendung in den USA eingetreten sei, müsse auch auf die dortigen Anforderungen an Sorgfalt, Kontrolle und Nachsorge abgestellt werden, die von den in Deutschland entwickelten strengen Maßstäben erheblich abweichen würden. Die Vorschrift des Art. 32 Abs. 2 EGBGB bezieht sich jedoch allein auf solche Regeln, die lediglich - wie etwa Regelungen über Feiertage oder Geschäftszeiten, die die tatsächliche Erfüllung auf bestimmte Zeiten fixieren, sowie Bestimmungen über tägliche Höchstarbeitszeiten - die äußere Abwicklung der Erfüllung betreffen (vgl. Staudinger/Magnus aaO Art. 32 EGBGB Rdn. 84-87). Sie erfasst dagegen nicht solche Regeln, die die Substanz der Vertragspflichten - wie hier den Haftungsmaßstab - betreffen (Staudinger/Magnus aaO Art. 32 EGBGB Rdn. 81 m.w.N.).
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b) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagte nicht zu beweisen vermocht hat, auf welcher Teilstrecke des geplanten Transportweges das Paket verloren gegangen ist. Die Revision hat hiergegen keine Rügen erhoben. Danach ist im Streitfall kein Raum für eine Anwendung des § 452a HGB und damit - anders als das Landgericht angenommen hat - auch kein Raum für eine Anwendung der Bestimmungen des Warschauer Abkommens.
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c) Wie der Bundesgerichtshof nach Zulassung der Revision entschieden hat, kann eine gegen § 531 Abs. 2 ZPO verstoßende Zulassung eines neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittels nicht mit der Revision gerügt werden (vgl.
BGH, Beschl. v. 22.1.2004 - V ZR 187/03, NJW 2004, 1458, 1459 f.; Urt. v. 2.4.2004 - V ZR 107/03, NJW 2004, 2382, 2383; Urt. v. 13.2.2006 - II ZR 62/04, NJW-RR 2006, 760, 761).
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Aus demselben Grund hat auch die Rüge der Revision keinen Erfolg, das Berufungsgericht hätte den von ihm angenommenen Verstoß des Landgerichts gegen seine materielle Prozessleitungspflicht gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, § 529 Abs. 2 ZPO nur dann berücksichtigen dürfen, wenn die Klägerin ihn in der Berufungsbegründung gerügt hätte.
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d) Die Beklagte hat selbst vorgetragen, dass sie bei dem streitgegenständlichen Transport nur bei einem Teil der Schnittstellen Kontrollen vorgesehen hat. Dieser Umstand begründet schon für sich allein den Vorwurf der bewussten Leichtfertigkeit i.S. des § 435 HGB (vgl. BGHZ 158, 322, 330 ff.). Damit stellen sich die von der Revision als rechtsgrundsätzlich angesehenen Fragen , ob elektronische Sendungsverlaufsaufzeichnungen den Beweis für den tatsächlichen Sendungsverlauf von Transportgut und die tatsächliche Durchführung der darin aufgezeichneten Schnittstellenkontrollen erbringen können, ob der Frachtführer im Rahmen der §§ 425, 435 HGB seiner sekundären Darlegungslast nachkommt, wenn er solche elektronischen Sendungsverlaufsaufzeichnungen vorlegt, und in welcher Form die betreffenden Informationen gegebenenfalls zu speichern wären, im Streitfall nicht als entscheidungserheblich dar.
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2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Versenderin durch den Verlust des in Rede stehenden Pakets ein Schaden i.H. von 52.300 US-Dollar entstanden sei. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen und wird auch von der Revision nicht angegriffen.
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3. Keinen Bestand hat die Entscheidung des Berufungsgerichts dagegen insoweit, als dieses ein den Klageanspruch minderndes Mitverschulden der Versenderin verneint hat.
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a) Der Mitverschuldenseinwand ist auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206 m.w.N.).
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b) Die insoweit einschlägige Bestimmung des § 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen. Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daher unter anderem daraus ergeben , dass dieser von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat. Die vom Senat zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes vom 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen lassen sich ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 HGB übertragen (vgl. BGH TranspR 2006, 205, 206).
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c) Danach traf die Versenderin angesichts des Werts der Sendung i.H. von 52.300 US-Dollar die Obliegenheit, auf die damit gegebene Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hinzuweisen, um der Beklagten zu ermöglichen , geeignete Maßnahmen zu seiner Verhinderung zu ergreifen. Auf die Frage , ob die Versenderin Kenntnis davon hatte oder hätte wissen müssen, dass die Beklagte das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn sie den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte, kam es insoweit nicht an (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208, 209).
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d) Ein Mitverschulden wegen Absehens von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens setzt nicht die Feststellung voraus, dass der Frachtführer Warensendungen generell sicherer befördert. Mit dem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens muss dem Frachtführer die Gelegenheit gegeben werden, im konkreten Fall Sicherungsmaßnahmen zur Abwendung eines drohenden Schadens zu ergreifen oder die Durchführung des Auftrags abzulehnen. Die Kausalität des insoweit gegebenen Mitverschuldenseinwands kann nur verneint werden, wenn der Frachtführer trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlich hohen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte (BGH TranspR 2006, 208, 209). Die Beklagte hat behauptet und unter Beweis gestellt, dass der Schaden nicht eingetreten wäre, wenn die Versenderin die gebotene Wertangabe gemacht hätte. Das Berufungsgericht ist diesem Vorbringen - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang nicht nachgegangen.
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III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht ein Mitverschulden wegen des Unterlassens eines Hinweises auf den außergewöhnlich hohen Wert der Sendung verneint hat. Die Sache war insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
Ullmann Herr RiBGH Dr. v. Ungern- Bornkamm SternbergistwegenUrlaubsanderUnterschrift verhindert. Ullmann
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.03.2002 - 31 O 131/01 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.06.2003 - 18 U 97/02 -