Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - I ZR 229/03

bei uns veröffentlicht am05.10.2006
vorgehend
Landgericht München I, 9 HKO 22717/02, 11.03.2003
Oberlandesgericht München, 29 U 2690/03, 09.10.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 229/03 Verkündet am:
5. Oktober 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Pietra di Soln
MarkenG §§ 127, 128; TDG § 4 Abs. 2; Deutsch-italienisches Abkommen über
den Schutz von Herkunftsangaben Art. 2, Art. 4 und Art. 5
Das für die Werbung im elektronischen Geschäftsverkehr gemeinschaftsrechtlich
eingeführte Prinzip der Beurteilung nach dem Recht des Sitzes des werbenden
Unternehmens kann eine im Vergleich zum deutschen Recht, dem
Recht des Marktorts, günstigere Beurteilung nicht nach sich ziehen, wenn nach
einem bilateralen Abkommen über den Schutz von geographischen Herkunftsangaben
der Schutz der durch die Werbung betroffenen Herkunftsangabe im
Herkunftsland unter denselben Voraussetzungen zu gewährleisten ist, wie er im
Recht des Marktorts vorgesehen ist.
BGH, Urt. v. 5. Oktober 2006 - I ZR 229/03 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Juli 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 9. Oktober 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein in Solnhofen ansässiges Unternehmen, das aus in Solnhofener Steinbrüchen gewonnenem Naturstein Bodenplatten und Fliesen herstellt und unter der Bezeichnung "Solnhofener Platten" vertreibt. Die in Italien ansässige Beklagte fertigt dort industriell Keramikbodenplatten und Keramikfliesen , darunter solche, deren Oberfläche der des Solnhofener Natursteins ähnelt und die sie zunächst unter der Bezeichnung "Pietra di Solnhofen" und später unter der Bezeichnung "Pietra di Soln" vertrieb. Unter diesen Bezeichnungen bewarb sie diese Produkte auf einer deutschsprachigen und für den deutschen Markt bestimmten Internetseite, die sie von Italien aus einspeiste. Darin führte sie unter anderem Folgendes aus: "A. High Tech Es hat Millionen von Jahren gedauert, bis das Wunder der Marmorund Natursteine entstanden ist. Unsere High Tech-Marmorsorten und Steine machen aus jedem Bodenbelag und jeder Wand ein Konzentrat aus Eleganz und Beständigkeit , wobei alle technischen Merkmale der Fliesen aus Feinsteinzeug beibehalten werden, jedoch mit dem unvergänglichen Zauber der Marmorsorten und Natursteine. … High Tech-Marmorsorten und Steine: viel mehr als Fliesen".
2
Außerdem enthielt der Internetauftritt eine Unterteilung mit der Bezeichnung "Produkte: Marmor, Natursteine" und unter einem Bild des Produkts der Beklagten auch ein Bild eines Natursteins aus Solnhofen mit der Beschreibung "entsprechender Marmor aus dem Steinbruch Pietra di Soln". Daneben wurden andere Produkte der Beklagten mit den Bezeichnungen "Pietra di B. ", "Pietra di L. " und "Pietra P. " beworben. Diese Werbung wurde von der Klägerin an ihrem Sitz in Solnhofen aus dem Internet abgerufen.
3
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verstoße mit der Verwendung der Bezeichnung "Pietra di Soln" gegen § 127 Abs. 1 MarkenG, weil sie im geschäftlichen Verkehr eine geographische Herkunftsangabe für Waren benutze, die nicht aus dem Ort stammten, der durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet werde.

4
Die Klägerin hat beantragt, I. der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere im Internet unter den Internet-Domains für ihre industriell hergestellten Keramikplatten die Bezeichnung "Pietra di Soln" zu benutzen und mit dieser Bezeichnung für sie zu werben, sie mit dieser Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr anzubieten, zu vertreiben und in Verkehr zu bringen, II. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Namen und Anschriften sämtlicher gewerblicher Abnehmer und Auftraggeber, über Mengen der hergestellten und ausgelieferten Keramikplatten mit der Bezeichnung "Pietra di Soln" und über die mit dieser Bezeichnung erzielten Umsätze, III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die ihr aus den unter Nr. I beschriebenen Handlungen entstanden sind und künftig noch entstehen werden, IV. die Beklagte zu verurteilen, sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände, die mit der Bezeichnung "Pietra di Soln" gekennzeichnet sind, und die so gekennzeichneten Etiketten, Verpackungen, Kataloge, Prospekte zu vernichten.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, die Voraussetzungen des § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG lägen nicht vor. Außerdem scheiterten die Klageansprüche bereits daran, dass die Klägerin nichts zu den entsprechenden tatbestandlichen Voraussetzungen des italienischen Rechts vorgetragen habe. Dieses sei anwendbar, da sie - die Beklagte - hinsichtlich ihres Internet-Auftritts ein Teledienst sei und deshalb gemäß dem in § 4 Abs. 1 und 2 TDG normierten Herkunftslandprinzip keinen strengeren Anforderungen als denen des italienischen Rechts unterworfen werden dürfe.
6
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
7
Die Berufung der Beklagten hat hinsichtlich des Vernichtungsanspruchs zur Abweisung der Klage geführt; im Übrigen ist sie ohne Erfolg geblieben (OLG München GRUR-RR 2004, 252).
8
Mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klage - mit Ausnahme des in der Revisionsinstanz nicht mehr anhängigen Vernichtungsanspruchs - für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
10
Auf den streitgegenständlichen Sachverhalt sei das deutsche Markengesetz anzuwenden. Der Internet-Auftritt sei von der Beklagten zielgerichtet für den deutschen Markt bestimmt und von der Klägerin in Deutschland abgerufen worden. Damit liege jedenfalls ein Erfolgsort der angegriffenen Handlung in Deutschland.
11
Durch § 4 Abs. 2 TDG sei die Anwendung der §§ 126 ff. MarkenG nicht ausgeschlossen, weil diese Bestimmungen gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDG nicht für gewerbliche Schutzrechte gälten. Zu diesen gehörten auch die in den §§ 126 ff. MarkenG geregelten geographischen Herkunftsangaben.
12
Die Beklagte sei gemäß § 128 Abs. 1 MarkenG zur Unterlassung der Bezeichnung "Pietra di Soln" für ihre Produkte verpflichtet, weil diese der geographischen Herkunftsangabe "Solnhofen" ähnlich sei und trotz der Abweichung zwischen beiden Bezeichnungen eine Irreführungsgefahr bestehe. Die Irreführungsgefahr werde jedenfalls durch die besonderen Umstände begründet, unter denen die Beklagte die angegriffene Bezeichnung verwende. Die Beklagte bilde nicht nur neben ihrem Produkt einen Stein aus den Steinbrüchen in Solnhofen ab und stelle damit einen unmittelbaren Bezug zu jenem Ort her, sondern verwende "Pietra di Soln" durchgängig zur Bezeichnung ihres Produkts, also auch ohne Gegenüberstellung zum Naturstein aus Solnhofen und damit ohne Ab- grenzung zu diesem. Darüber hinaus habe die Beklagte die geographische Herkunftsangabe in einer früheren Fassung ihres Internet-Auftritts mit der Bezeichnung "Pietra di Solnhofen" identisch verwendet und damit eine Irreführungsgefahr begründet, die fortwirke, weil der Verkehr mit der nunmehr streitgegenständlichen Bezeichnung mangels eindeutiger Abstandnahme jene frühere verbinde und auf diese Weise in seiner mit der Wirklichkeit nicht im Einklang stehenden Auffassung vom Inhalt der späteren Bezeichnung bestärkt werde. Gemäß § 128 Abs. 2 MarkenG sei die Beklagte zum Ersatz des durch die Benutzung der Bezeichnung "Pietra di Soln" entstandenen Schadens und gemäß § 242 BGB zur Auskunftserteilung verpflichtet.
13
II. Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nach § 128 Abs. 1 und 2, § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG, § 242 BGB zu.
14
1. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2002 auf die sofortige Beschwerde der Klägerin den Beschluss des Landgerichts vom 11. Juni 2002, das Verfahren wegen eines vor dem Tribunale di Reggio Emilia/ Italien anhängigen Rechtsstreits auszusetzen, insoweit aufgehoben, als die Klägerin sich gegen die Benutzung der Bezeichnung "Pietra di Soln" wendet. Insoweit hat es den Antrag der Beklagten auf Aussetzung des Verfahrens zurückgewiesen. Entgegen der Ansicht der Revision ist diese Entscheidung der Nachprüfung durch das Revisionsgericht schon deshalb entzogen, weil das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat (§§ 252, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und seine Entscheidung damit unanfechtbar i.S. des § 557 Abs. 2 ZPO ist. Im Übrigen hat das Oberlandesgericht zutreffend angenommen, dass zwischen der vor dem Tribunale di Reggio Emilia anhängigen Frage der Zulässigkeit der Verwendung von "Pietra di Solnhofen" und der im vorliegenden Verfahren streitigen Verwendung von "Pietra di Soln" keine Identität der Ansprüche i.S. von Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ vorliegt.
15
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auf die beanstandete Internet-Werbung der Beklagten deutsches Recht anzuwenden ist. Nach dem Marktortprinzip setzt die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts voraus, dass die wettbewerbsrechtlichen Interessen der Mitbewerber im Inland aufeinander treffen (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1987 - I ZR 109/85, GRUR 1988, 453, 454 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern; BGHZ 113, 11, 14 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung). Nach deutschem Wettbewerbsrecht ist der Internet-Auftritt der Beklagten zu beurteilen , wenn er sich bestimmungsgemäß auch im Inland ausgewirkt hat (vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 24/03, GRUR 2006, 513, 515 = WRP 2006, 736 - Arzneimittelwerbung im Internet, m.w.N.). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war der Internet-Auftritt von der Beklagten zielgerichtet für den deutschen Markt bestimmt und konnte von der Klägerin in Deutschland abgerufen werden. Darin liegt ein hinreichender Inlandsbezug, der zur Anwendbarkeit deutschen Wettbewerbsrechts führt.
16
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass im vorliegenden Fall die Anwendung der §§ 126 ff. MarkenG nicht durch § 4 Abs. 2 TDG ausgeschlossen ist. Diese Auffassung unterliegt, soweit das Klagebegehren auf ein Verbot des Vertriebs von Keramikplatten unter der Bezeichnung "Pietra di Soln" gerichtet ist, schon deshalb keinen durchgreifenden Bedenken, weil die Bestimmungen des Teledienstegesetzes für die Beurteilung des Vertriebsverbots nicht einschlägig sind. Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juli 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft , insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 vom 17.7.2000, S. 1; im Folgenden: E-Commerce-Richtlinie), deren Umsetzung die Novellierung des Teledienstegesetzes durch das elektronische Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) diente (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf BTDrucks. 14/6098, S. 11), regelt nicht die Lieferung von Produkten (vgl. BGH GRUR 2006, 513, 515 f. - Arzneimittelwerbung im Internet).
17
Hinsichtlich des Werbeverbots spricht viel für die Ansicht des Berufungsgerichts , die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 TDG sei im vorliegenden Fall gemäß § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDG ausgeschlossen. Nach § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDG gelten die Absätze 1 und 2 des § 4 TDG u.a. nicht für gewerbliche Schutzrechte. Diese Vorschrift setzt wörtlich die Regelung gemäß Art. 3 Abs. 3 i.V. mit dem Anhang , erster Spiegelstrich der E-Commerce-Richtlinie um. Im Hinblick auf den Zweck der E-Commerce-Richtlinie, im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes zu gewährleisten (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 4 bis 6), liegt es nahe, den im Anhang der Richtlinie verwendeten Begriff der gewerblichen Schutzrechte (in der englischen Fassung: "industrial property rights") im Sinne des in Art. 30 EG verwendeten Begriffs des gewerblichen und kommerziellen Eigentums (in der englischen Fassung: "industrial and commercial property") zu verstehen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften genießen geographische Herkunftsangaben i.S. der §§ 126 ff. MarkenG Schutz als gewerbliches und kommerzielles Eigentum i.S. des Art. 30 EG (vgl. EuGH, Urt. v. 10.11.1992 - C-3/91, Slg. 1992, I-5529 Tz 37 = GRUR Int. 1993, 76 - Exportur/Turrón; Urt. v. 5.11.2002 - C-325/00, Slg. 2002, I-9977 Tz 27 = GRUR Int. 2002, 1021 = WRP 2002, 1420 - CMA-Gütezeichen).

18
Die Frage, ob mit dem im Anhang der E-Commerce-Richtlinie verwendeten Begriff der gewerblichen Schutzrechte und mit dem ihm entsprechenden Begriff in § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDG das gewerbliche und kommerzielle Eigentum i.S. von Art. 30 EG gemeint ist oder ob im Hinblick auf die unterschiedliche Wortwahl eine engere Auslegung in Betracht kommt, kann allerdings offen bleiben. Denn im vorliegenden Fall scheidet eine Einschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs im Sinne von § 4 Abs. 2 TDG schon deshalb aus, weil sich die Rechtslage in Deutschland und Italien hinsichtlich des Schutzes der hier in Rede stehenden geographischen Herkunftsangabe aufgrund des deutschitalienischen Abkommens über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen vom 23. Juli 1963 (BGBl. 1965 II S. 156) nicht unterscheidet. Unter den Schutz des Abkommens fallen gemäß seiner Anlage A III die Bezeichnungen "Solnhofer Lithographiersteine , -Platten". Nach Art. 2 Satz 1 des Abkommens ist der Schutz der angeführten Bezeichnungen für deutsche Erzeugnisse in Italien unter denselben Voraussetzungen zu gewährleisten, wie er in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehen ist. Zum Schutz dieser Angaben sind alle gerichtlichen und behördlichen Maßnahmen vorgesehen, welche die Gesetzgebung der Vertragsstaaten zulässt (Art. 4 Abs. 1 des Abkommens). Der Schutz des Abkommens greift nicht nur gegenüber der identischen Verwendung der geschützten Bezeichnungen , sondern auch gegenüber solchen in der Werbung verwendeten Kennzeichnungen , die unmittelbar oder mittelbar falsche oder irreführende Angaben über Herkunft, Ursprung, Natur, Sorte oder wesentliche Eigenschaften der Erzeugnisse oder Waren enthalten (Art. 5 des Abkommens). Damit ist die Beurteilung , ob die Verwendung einer identischen oder einer irreführenden Angabe zur Herkunft von Erzeugnissen unzulässig ist, in beiden Vertragsstaaten einem einheitlichen Recht unterstellt. Im Lichte des bilateralen Abkommens stellt sich das Recht des Herkunftslandes der Werbung (Italien) daher nicht anders dar als das Recht des Marktorts (Deutschland). Das für die Werbung im elektronischen Geschäftsverkehr gemeinschaftsrechtlich eingeführte Prinzip der Beurteilung nach dem Recht des Sitzes des werbenden Unternehmens kann folglich für die Beklagte eine im Vergleich zum deutschen Recht, dem Recht des Marktorts, günstigere Beurteilung schon aus diesem Grunde nicht nach sich ziehen. Auf die vom Berufungsgericht in den Vordergrund seiner Erwägung gestellte - und mit guten Gründen bejahte - Frage, ob der Schutz der geographischen Herkunftsangabe den in § 4 Abs. 4 Nr. 6 TDG erwähnten gewerblichen Schutzrechten zu unterstellen ist, kommt es mithin nicht an.
19
4. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Beklagte mit der Bezeichnung "Pietra di Soln" für industriell hergestellte Keramikplatten und -fliesen eine der geographischen Herkunftsangabe "Solnhofen" ähnliche Angabe verwendet und deshalb die Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft der Erzeugnisse nach § 127 Abs. 1 und 4 Nr. 1 MarkenG besteht.
20
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Name des Ortes "Solnhofen" im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren und Dienstleistungen i.S. von § 126 Abs. 1 MarkenG (nämlich von Natursteinprodukten, die aus Solnhofen stammen) benutzt wird.
21
b) Das Berufungsgericht hat es dahinstehen lassen, ob die Benutzung der der geographischen Herkunftsangabe "Solnhofen" ähnlichen Bezeichnung "Pietra di Soln" für sich genommen genüge, eine relevante Irreführungsgefahr zu begründen. Seiner Ansicht nach begründeten jedenfalls die besonderen Umstände, unter denen die Beklagte die angegriffene Bezeichnung verwende, eine solche Irreführungsgefahr. Seine Erwägungen begegnen jedenfalls insoweit Bedenken, als es aus der früheren Fassung des Internet-Auftritts der Beklagten mit der Bezeichnung "Pietra di Solnhofen" auch ein Verbot der geänderten Bezeichnung "Pietra di Soln" hergeleitet hat. Zwar kann eine irreführende Angabe zur Folge haben, dass auch ein späteres Verhalten den Verkehr wegen der Nachwirkung der früheren Angabe irreführt (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1982 - I ZR 108/80, GRUR 1982, 685, 686 - Ungarische Salami II, m.w.N.). Für die Annahme einer Fortwirkung fehlt es hier jedoch an einer tragfähigen tatsächlichen Grundlage. Die Fortwirkung darf nicht bloß unterstellt werden (vgl. Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.123). Vielmehr kommt es darauf an, ob die frühere Angabe in einem solchen Umfang und in einer solchen Intensität verwendet worden ist, dass sie sich einem rechtserheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise genügend eingeprägt hat, um fortwirken zu können (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1970 - I ZR 23/69, GRUR 1971, 255, 257 - Plym-Gin).
22
c) Hierzu bedarf es indessen keiner weiteren Aufklärung. Die Verwendung der Bezeichnung "Pietra di Soln" begründet - was der Senat selbst zu beurteilen vermag - auch unabhängig von dem ursprünglichen Internetauftritt der Beklagten die Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft i.S. des § 127 Abs. 4 Nr. 1 MarkenG. Die von der Beklagten gewählte Bezeichnung für Keramikplatten und Keramikfliesen, die in ihrer Funktion Fliesen und Platten aus Stein ersetzen sollen, wird durch den Bestandteil "Soln" geprägt. Der Bestandteil "Pietra di" tritt in dem maßgeblichen Gesamteindruck der Bezeichnung zurück, ohne dass der angesprochene Verkehr dazu - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - über Kenntnisse der italienischen Sprache verfügen müsste. Da bei der Herkunftsangabe "Solnhofen" der Bestandteil "hofen" als häufig vorkommender Teil von Ortsbezeichnungen wenig unterscheidungskräftig ist, stimmen die beiden sich gegenüber stehenden Bezeichnungen somit in dem ihren Gesamteindruck jeweils prägenden Bestandteil "Soln" überein. Die von der Werbung angesprochenen Verkehrskreise verstehen "Pietra di Soln" als eine verkürzte und nur leicht verfremdete Abwandlung der geschützten Originalbezeichnung. Von einer die Irreführungsgefahr ausschließenden, die Anklänge an die Originalbezeichnung meidenden phantasievollen Begriffswahl für Keramikplatten kann nicht die Rede sein.
23
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 11.03.2003 - 9 HKO 22717/02 -
OLG München, Entscheidung vom 09.10.2003 - 29 U 2690/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - I ZR 229/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - I ZR 229/03

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - I ZR 229/03 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 574 Rechtsbeschwerde; Anschlussrechtsbeschwerde


(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 557 Umfang der Revisionsprüfung


(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge. (2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den

Zivilprozessordnung - ZPO | § 252 Rechtsmittel bei Aussetzung


Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

Markengesetz - MarkenG | § 127 Schutzinhalt


(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird

Markengesetz - MarkenG | § 128 Ansprüche wegen Verletzung


(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Namen, Angaben oder Zeichen entgegen § 127 benutzt, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in

Markengesetz - MarkenG | § 126 Als geographische Herkunftsangaben geschützte Namen, Angaben oder Zeichen


(1) Geographische Herkunftsangaben im Sinne dieses Gesetzes sind die Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren oder Dien

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - I ZR 229/03 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - I ZR 229/03 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 30. März 2006 - I ZR 24/03

bei uns veröffentlicht am 30.03.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 24/03 Verkündet am: 30. März 2006 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : ja BGHR : j
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - I ZR 229/03.

Bundesgerichtshof Beschluss, 10. Nov. 2009 - VI ZR 217/08

bei uns veröffentlicht am 10.11.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZR 217/08 vom 10. November 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja EG Art. 234; Brüssel I-VO Art. 5 Nr. 3; e-commerce-Richtlinie Art. 3 Abs. 1 und 2, TMG § 3 Abs. 1 und 2 Dem Ge

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2011 - I ZR 157/09

bei uns veröffentlicht am 05.05.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 157/09 Verkündet am: 5. Mai 2011 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2013 - I ZR 65/12

bei uns veröffentlicht am 18.09.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 65/12 Verkündet am: 18. September 2013 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Referenzen

(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.

(2) Haben die durch eine geographische Herkunftsangabe gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität, so darf die geographische Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen dieser Herkunft nur benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen diese Eigenschaften oder diese Qualität aufweisen.

(3) Genießt eine geographische Herkunftsangabe einen besonderen Ruf, so darf sie im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft auch dann nicht benutzt werden, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft nicht besteht, sofern die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

(4) Die vorstehenden Absätze finden auch dann Anwendung, wenn Namen, Angaben oder Zeichen benutzt werden, die der geschützten geographischen Herkunftsangabe ähnlich sind oder wenn die geographische Herkunftsangabe mit Zusätzen benutzt wird, sofern

1.
in den Fällen des Absatzes 1 trotz der Abweichung oder der Zusätze eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht oder
2.
in den Fällen des Absatzes 3 trotz der Abweichung oder der Zusätze die Eignung zur unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs oder der Unterscheidungskraft der geographischen Herkunftsangabe besteht.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Namen, Angaben oder Zeichen entgegen § 127 benutzt, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Die §§ 18, 19, 19a und 19c gelten entsprechend.

(2) Wer dem § 127 vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, ist dem berechtigten Nutzer der geographischen Herkunftsangabe zum Ersatz des durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. § 19b gilt entsprechend.

(3) § 14 Abs. 7 und § 19d gelten entsprechend.

(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.

(2) Haben die durch eine geographische Herkunftsangabe gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität, so darf die geographische Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen dieser Herkunft nur benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen diese Eigenschaften oder diese Qualität aufweisen.

(3) Genießt eine geographische Herkunftsangabe einen besonderen Ruf, so darf sie im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft auch dann nicht benutzt werden, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft nicht besteht, sofern die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

(4) Die vorstehenden Absätze finden auch dann Anwendung, wenn Namen, Angaben oder Zeichen benutzt werden, die der geschützten geographischen Herkunftsangabe ähnlich sind oder wenn die geographische Herkunftsangabe mit Zusätzen benutzt wird, sofern

1.
in den Fällen des Absatzes 1 trotz der Abweichung oder der Zusätze eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht oder
2.
in den Fällen des Absatzes 3 trotz der Abweichung oder der Zusätze die Eignung zur unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs oder der Unterscheidungskraft der geographischen Herkunftsangabe besteht.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Namen, Angaben oder Zeichen entgegen § 127 benutzt, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Die §§ 18, 19, 19a und 19c gelten entsprechend.

(2) Wer dem § 127 vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, ist dem berechtigten Nutzer der geographischen Herkunftsangabe zum Ersatz des durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. § 19b gilt entsprechend.

(3) § 14 Abs. 7 und § 19d gelten entsprechend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr Namen, Angaben oder Zeichen entgegen § 127 benutzt, kann von den nach § 8 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb zur Geltendmachung von Ansprüchen Berechtigten bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Die §§ 18, 19, 19a und 19c gelten entsprechend.

(2) Wer dem § 127 vorsätzlich oder fahrlässig zuwiderhandelt, ist dem berechtigten Nutzer der geographischen Herkunftsangabe zum Ersatz des durch die Zuwiderhandlung entstandenen Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. § 19b gilt entsprechend.

(3) § 14 Abs. 7 und § 19d gelten entsprechend.

(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.

(2) Haben die durch eine geographische Herkunftsangabe gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität, so darf die geographische Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen dieser Herkunft nur benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen diese Eigenschaften oder diese Qualität aufweisen.

(3) Genießt eine geographische Herkunftsangabe einen besonderen Ruf, so darf sie im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft auch dann nicht benutzt werden, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft nicht besteht, sofern die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

(4) Die vorstehenden Absätze finden auch dann Anwendung, wenn Namen, Angaben oder Zeichen benutzt werden, die der geschützten geographischen Herkunftsangabe ähnlich sind oder wenn die geographische Herkunftsangabe mit Zusätzen benutzt wird, sofern

1.
in den Fällen des Absatzes 1 trotz der Abweichung oder der Zusätze eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht oder
2.
in den Fällen des Absatzes 3 trotz der Abweichung oder der Zusätze die Eignung zur unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs oder der Unterscheidungskraft der geographischen Herkunftsangabe besteht.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gegen die Entscheidung, durch die auf Grund der Vorschriften dieses Titels oder auf Grund anderer gesetzlicher Bestimmungen die Aussetzung des Verfahrens angeordnet oder abgelehnt wird, findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Der Prüfung des Revisionsgerichts unterliegen nur die von den Parteien gestellten Anträge.

(2) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, sofern sie nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes unanfechtbar sind.

(3) Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden. Auf Verfahrensmängel, die nicht von Amts wegen zu berücksichtigen sind, darf das angefochtene Urteil nur geprüft werden, wenn die Mängel nach den §§ 551 und 554 Abs. 3 gerügt worden sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 24/03 Verkündet am:
30. März 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Arzneimittelwerbung im Internet
EuGVÜ Art. 5 Nr. 3

a) Der Werbende kann das Verbreitungsgebiet der Werbung im Internet durch
einen sog. Disclaimer einschränken, in dem er ankündigt, Adressaten in einem
bestimmten Land nicht zu beliefern. Um wirksam zu sein, muss ein
Disclaimer eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst
gemeint aufzufassen sein und vom Werbenden auch tatsächlich beachtet
werden.

b) Den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts unterliegen nach § 4
Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG Diensteanbieter, die in einem anderen Staat der EU
geschäftsansässig sind, wenn sie im Inland für ein nicht zugelassenes Arzneimittel
werben. Auch die Frage des Vertriebsverbots für nicht zugelassene
Arzneimittel in Deutschland richtet sich nach inländischem Recht.

c) Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur
Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG
Nr. L 136 v. 30.4.2004, S. 34) hat einen neuen europarechtlich einheitlichen
Arzneimittelbegriff für Funktionsarzneimittel eingeführt, der aufgrund richtlinienkonformer
Auslegung des § 2 AMG im Inland gilt.
BGH, Urt. v. 30. März 2006 - I ZR 24/03 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 8. November 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, ein Unternehmen mit Sitz in den Niederlanden, unterhält einen Internet-Versandhandel. Zu den von ihr vertriebenen Erzeugnissen gehören die im Klageantrag näher bezeichneten Produkte. Für diese warb die Beklagte auf ihren Internet-Seiten u.a. folgendermaßen:
2
Die Startseite des Internet-Auftritts der Beklagten enthielt jedenfalls bis Dezember 2001 den nachstehenden Hinweis:
3
Gleichwohl lieferte die Beklagte auf eine Bestellung aus November 2001 noch im Dezember 2001 die Produkte "L. TM Kapseln" und "Johanniskraut Kapseln" nach Deutschland.
4
Der klagende Wettbewerbsverein hat geltend gemacht, die streitgegenständlichen Produkte seien Arzneimittel, die die Beklagte ohne Zulassung im Inland weder bewerben noch vertreiben dürfe.

5
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr nachfolgend wiedergegebene Mittel ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 AMG) zu bewerben und/oder zu vertreiben:
a) K. mit Knoblauch Kapseln,
b) L. TM Kapseln,
c) Ly. TM Kapseln,
d) V. TM Kapseln,
e) Johanniskraut Kapseln.
6
Die Beklagte hat die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in Abrede gestellt und die Ansicht vertreten, die von ihr beworbenen Produkte seien Nahrungsergänzungsmittel und keine zulassungspflichtigen Arzneimittel. Sie hat geltend gemacht, die Werbung und der Vertrieb der Produkte seien in den Niederlanden zulässig; sie dürfe deshalb für die Waren im Internet werben und diese vertreiben. Dies gelte jedenfalls, wenn sie klarstelle, nicht nach Deutschland zu liefern.
7
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen (KG ZLR 2003, 604).
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG a.F. i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
10
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung im Sinne dieser Vorschrift fielen auch Ansprüche wegen unlauteren Wettbewerbs. Ort des schädigenden Ereignisses seien der Handlungs- und der Erfolgsort. Die Internet-Domain sei bestimmungsgemäß in Deutschland abrufbar. Zu dem auf der Startseite angeführten Begriff der deutschsprachigen Europäer zählten neben Österreichern und Schweizern auch Deutsche. Zwar könne durch einen sog. Disclaimer das auf der ganzen Welt abrufbare Internet-Angebot auf bestimmte Gebiete beschränkt werden. Die Beklagte habe sich jedoch durch die Lieferung nach Deutschland zu dem Disclaimer in Widerspruch gesetzt. Im Übrigen reiche die schlüssige Behauptung der die internationale Zuständigkeit begründenden Umstände aus.
11
Der Unterlassungsanspruch sei begründet, weil es sich bei den streitgegenständlichen Produkten um (Funktions-)Arzneimittel handele, die ohne arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland nicht vertrieben werden dürften. Maßgeblich für die Einordnung als Arzneimittel oder als Lebensmittel sei die an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung. Die Verkehrsanschauung knüpfe regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die von den Verwendungsmöglichkeiten solcher Mittel ihrer Art nach abhänge. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts könne von der Auffassung der Wissenschaft, den dem Mittel beigefügten Hinweisen und Werbeprospekten sowie der Aufmachung der Mittel beeinflusst werden. Auch nach den einschlägigen EG-Vorschriften seien Mittel, die unter den europäischen Arzneimittelbegriff fielen, keine Lebensmittel.
12
Nach den Werbeaussagen der Beklagten, deren Richtigkeit von den Parteien nicht in Abrede gestellt worden sei, hätten die in Rede stehenden Produkte eine pharmakologische Wirkung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften sei ein Erzeugnis als ein Arzneimittel anzusehen , wenn es dazu bestimmt und geeignet sei, zur Beeinflussung der Körperfunktion im eigentlichen Sinne angewandt zu werden, es sei denn, die Stoffe wirkten sich nicht nennenswert auf den Stoffwechsel aus. Die streitgegenständlichen Produkte hätten in diesem Sinne eine pharmakologische Wirkung. Es finde eine gezielte Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers statt, der kein gleichwertiger oder überwiegender Ernährungszweck gegenüberstehe. Durch die Mittel würden keine Mangelzustände aufgrund verbrauchter Nährstoffe ausgeglichen, sondern es werde gezielt die Herzfunktion verbessert, die sexuelle Leistungsfähigkeit gesteigert, die Prostata verkleinert oder zur Aufhellung der Psyche beigetragen.
13
Das Mittel "K. mit Knoblauch Kapseln" enthalte das CoEnzym Q-10, das den Stoffwechsel beeinflusse. Knoblauch in arzneilicher Zubereitung diene der Vorbeugung altersbedingter Gefäßerkrankungen.
14
Die Mittel "L. TM Kapseln" und "V. TM Kapseln" würden als natürliche, sichere, patentierte und klinisch erprobte Rezepturen zur Steigerung der sexuellen Leistungsfähigkeit beworben, die durch eine klinisch erprobte Formel zur Erhöhung der Produktion des Neutrotransmitters "Stickstoffmonoxyd" die Durchblutung der Sexualorgane steigern sollten. Die Mittel würden in den Stoffwechsel eingreifen. Durch den Hinweis auf eine klinische Erprobung werde das Verkehrsverständnis einer pharmakologischen Wirkung verstärkt.
15
Das Mittel "Ly. TM Kapseln" helfe, eine vergrößerte Prostata zu verkleinern und einem häufigen Harndrang entgegenzuwirken, und manipuliere ebenfalls die Körperfunktionen.
16
Die Wirkung der Johanniskraut-Kapseln sei auf die Förderung einer positiven Einstellung und einer stabilen Gemütslage gerichtet. Johanniskraut werde in arzneilicher Zubereitung bei psycho-vegetativen Störungen wie Angst und nervöser Unruhe sowie depressiven Verstimmungen angewandt. Es habe die Zweckbestimmung eines Arzneimittels und manipuliere die Körperfunktionen.
17
Bei der Einnahme der Mittel seien Gesundheitsrisiken nicht auszuschließen ; es bestehe die Gefahr der unsachgerechten Selbstmedikation durch Einnahme der Mittel unter Vernachlässigung eines gebotenen Arztbesuchs.
18
Das Vertriebs- und Werbeverbot nach § 21 AMG, § 3a HWG gelte auch dann, wenn die Mittel in einem anderen EU-Mitgliedstaat zulässigerweise auf dem Markt sein sollten. Handele es sich um in einem anderen Mitgliedstaat frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel ohne arzneimittelrechtliche Zulassung oder Registrierung, fehle es an einer Grundlage, die Mittel ohne entsprechendes Prüfverfahren als gleichwertig mit im Inland zugelassenen Arzneimitteln anzusehen. Beschränkungen der Warenverkehrsfreiheit i.S. von Art. 28 EG durch das Vertriebs- und das Werbeverbot seien zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen nach Art. 30 EG gerechtfertigt.
19
II. Die Revision ist nicht begründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts , die Bewerbung und der Vertrieb der in Rede stehenden Produkte durch die Beklagte seien im Inland unlauter, hält sowohl nach altem (§ 1 UWG a.F.) als auch nach neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 11 UWG) der rechtlichen Nachprüfung stand.
20
1. Anders als die Revision meint, ist im Streitfall eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben. Die unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. BGH, Urt. v. 27.5.2003 - IX ZR 203/02, WM 2003, 1542; Urt. v. 20.11.2003 - I ZR 102/02, TranspR 2004, 74, 75 = MDR 2004, 761) ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Das EuGVÜ ist vorliegend anwendbar, weil die Klage am 7. September 2001 und damit vor Geltung der EuGVVO, die am 1. März 2002 in Kraft getreten ist (Art. 76 Abs. 1 EuGVVO), erhoben worden ist (§ 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 ZPO; vgl. auch BGH, Urt. v. 24.2.2005 - I ZR 101/02, GRUR 2005, 519 = WRP 2005, 735 - Vitamin-Zell-Komplex).
21
Nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichsteht, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ fallen Klagen aufgrund unerlaubter Wettbewerbshandlungen (BGH, Urt. v. 11.2.1988 - I ZR 201/86, GRUR 1988, 483, 485 = WRP 1988, 446 - AGIAV; BGHZ 153, 82, 91). Der Ort des schädigenden Ereignisses i.S. des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ist neben dem Handlungsort auch der Erfolgsort, d.h. der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist (EuGH, Urt. v. 7.3.1995 - Rs. C-68/93, Slg. 1995, I-415 = GRUR Int. 1998, 298 Tz. 20 - Shevill). Bei Wettbewerbsverletzungen im Internet ist der Erfolgsort im Inland belegen, wenn sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß dort auswirken soll (BGH, Urt. v. 13.10.2004 - I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 = WRP 2005, 493 - HOTEL MARITIME; zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG Frankfurt CR 1999, 450; OLG Bremen CR 2000, 770, 771; Harte/Henning/Retzer, UWG, § 14 Rdn. 64; weitergehend zu § 32 ZPO, § 24 UWG a.F.: OLG München CR 2002, 449, 450). Die Zuständigkeit hängt allerdings nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt ist. Es reicht vielmehr aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH GRUR 2005, 431, 432 - HOTEL MARITIME).
22
Der Ort des schädigenden Ereignisses liegt im Streitfall in Deutschland. Der Internet-Auftritt der in den Niederlanden ansässigen Beklagten war international ausgerichtet und auch in deutscher Sprache gehalten und an deutschsprachige Europäer gerichtet. Die Verkaufspreise waren zudem in DM angegeben. Soweit die Beklagte in ihrem Internet-Auftritt den Hinweis auf "deutschsprachige Europäer" mit dem Zusatz "aber nicht an deutsche Adressen" und der österreichischen Nationalflagge versehen hat, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass dadurch Deutschland von dem Internet-Auftritt nicht ausgeschlossen worden ist. Allerdings kann ein sogenannter Disclaimer, mit dem der Werbende ankündigt, Adressaten in einem bestimmten Land nicht zu beliefern, ein Indiz für eine Einschränkung des Verbreitungsgebiets sein (vgl. OLG Frankfurt CR 1999, 450, 451; KG GRUR Int. 2002, 448, 449 f.; Fezer /Hausmann/Obergfell, UWG, Einl. I Rdn. 369; Hoeren, WRP 1997, 993, 998; Mankowski, GRUR Int. 1999, 909, 919; Ubber, Markenrecht im Internet, S. 214; enger: Harte/Henning/Retzer aaO § 14 Rdn. 64). Ein wirksamer Disclaimer setzt aber voraus, dass er klar und eindeutig gestaltet und aufgrund seiner Aufmachung als ernst gemeint aufzufassen ist. Erheblich ist der Disclaimer zudem nur, wenn ihn der Werbende auch tatsächlich beachtet und nicht entgegen seiner Ankündigung gleichwohl in das vom Vertrieb ausgenommene Absatzgebiet liefert. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Der Disclaimer ist ersichtlich nicht ernst gemeint, weil die Beklagte beim Vertrieb ihrer Produkte neben Preisen in Euro auch DM-Preise bei der Produktwerbung angegeben hat. Hätte die Beklagte von ihrem an deutschsprachige Europäer gerichteten Angebot tatsächlich inländische Abnehmer ausnehmen wollen, hätte es wesentlich näher gelegen, statt der deutschen Währung die österreichische oder die schweizerische Währung anzugeben. Den Disclaimer hat die Beklagte auch selbst nicht beachtet. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist sie den Lieferersuchen nach Deutschland jedenfalls in zwei Fällen nachgekommen.
23
Entgegen der Ansicht der Revision stellt es auch keine unzulässige Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit nach Art. 28 EG dar, dass ein Disclaimer bei der Frage, an wen sich der Internet-Auftritt bestimmungsgemäß richtet, nur Beachtung finden kann, wenn er widerspruchsfrei und ernst gemeint aufgemacht ist und wenn sich der Werbende zu dem Disclaimer nicht in Widerspruch setzt.
24
2. Der Unterlassungsanspruch ist nach § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs.1 UWG i.V. mit §§ 2, 21 AMG, § 3a HWG begründet.
25
a) Die Anwendung deutschen Rechts auf den Internet-Auftritt der Beklagten ist nicht nach dem sog. Marktortprinzip ausgeschlossen. Nach dem Marktortprinzip setzt die Anwendung deutschen Wettbewerbsrechts voraus, dass die wettbewerblichen Interessen der Mitbewerber im Inland aufeinandertreffen (vgl. BGH, Urt. v. 4.6.1987 - I ZR 109/85, GRUR 1988, 453, 454 = WRP 1988, 25 - Ein Champagner unter den Mineralwässern; BGHZ 113, 11, 14 - Kauf im Ausland; BGH, Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, 946 = WRP 1998, 854 - Co-Verlagsvereinbarung). Nach deutschem Wettbewerbs- recht ist der Internet-Auftritt der Beklagten zu beurteilen, wenn sich dieser bestimmungsgemäß auch im Inland ausgewirkt hat (vgl. Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., Einl. UWG Rdn. 5.8; Fezer /Hausmann/Obergfell aaO Einl. I Rdn. 273; Harte/Henning/Glöckner aaO Einl. C Rdn. 84 ff.; Bornkamm in: Bartsch/Lutterbeck, Neues Recht für neue Medien, 1998, 99, 105). Hiervon ist im Streitfall auszugehen; insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zur Begründung der internationalen Zuständigkeit entsprechend (Abschn. II 1). Der Internet-Auftritt der Beklagten hat sich auch tatsächlich und nicht nur nach den Behauptungen des Klägers im Inland ausgewirkt. Durch den von der Beklagten auf ihrer Startseite im Internet angebrachten Disclaimer wurde der Inlandsbezug nicht ausgeschlossen, weil der Disclaimer ersichtlich nicht ernst gemeint war und die Beklagte sich an die dort angekündigte Lieferbeschränkung tatsächlich auch nicht gehalten hat. Bei der von der Beklagten vorgenommenen Lieferung von zwei Produkten nach Deutschland handelte es sich nicht um ein einmaliges Versehen. Davon ist das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten ausgegangen. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts sind aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Auch die Revision zeigt einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts nicht auf. Dem Disclaimer fehlte deshalb eine dahingehende Indizwirkung, dass die Beklagte grundsätzlich keine Lieferungen nach Deutschland vornahm.
26
b) Das beantragte Verbot der Werbung und des Vertriebs der streitgegenständlichen Produkte ist nicht nach dem Gesetz über die Nutzung von Telediensten (Teledienstegesetz TDG) ausgeschlossen. Das Teledienstegesetz in der bis zum 20. Dezember 2001 gültigen Fassung sah keine Ausnahmen von nationalen Beschränkungen für Diensteanbieter mit Niederlassung in einem anderen EG-Staat vor.
27
Nach der Novellierung des Teledienstegesetzes mit Wirkung ab 21. Dezember 2001 sind die beanstandete Werbung und der Vertrieb der in Rede stehenden Produkte von einem Verbot nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG n.F. nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte ihren Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat hat. Nach dieser Vorschrift, durch die Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft , insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr", ABl. EG Nr. L 178 v. 17.7.2000, S. 1) umgesetzt worden ist (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf eines Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr [Elektronisches Geschäftsverkehr-Gesetz - EGG], BTDrucks. 14/6098, S. 18), wird der Dienstleistungsverkehr von nationalen Beschränkungen , die im Herkunftsland nicht gelten, freigestellt (Herkunftslandprinzip ). Zu den Telediensten im Sinne des Teledienstegesetzes rechnen gemäß § 2 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 5 TDG auch Angebote von Waren in elektronisch abrufbaren Datenbanken mit interaktivem Zugriff und unmittelbarer Bestellungsmöglichkeit , wie sie die Beklagte vorliegend bereitstellt. Gleichwohl unterliegen Werbung und Vertrieb der Produkte der Beklagten deutschem Recht.
28
aa) Für die Beurteilung des Vertriebsverbots sind die Bestimmungen des Teledienstegesetzes nicht einschlägig. Die E-Commerce-Richtlinie, zu deren Umsetzung die Novellierung des Teledienstegesetzes durch das Elektronische Geschäftsverkehr-Gesetz (EGG) diente (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 14/6098, S. 11), regelt nicht die Lieferung von Produkten. Diese sind nach Art. 2 lit. h ii Spiegelstrich 2 der E-Commerce-Richtlinie und nach ihrem Erwägungsgrund Nr. 21 vom koordinierten Bereich ausgenommen (vgl. auch KG GRUR-RR 2001, 244, 249; Ahrens, CR 2000, 835, 841; Ernst, WRP 2001, 893, 898). Entsprechendes gilt für die die Richtlinie umsetzende Novellie- rung des Teledienstegesetzes, dem auch nichts für eine weitergehende Regelung zu entnehmen ist (Spindler in Spindler/Schmitz/Geis, TDG, 2004, § 4 TDG Rdn. 11; Brunner in Manssen, Telekommunikations- und Multimediarecht, § 4 TDG Rdn. 35).
29
bb) Dem von dem Kläger beantragten Werbeverbot steht nicht die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG entgegen. Dazu bedarf es keines näheren Eingehens auf die Rechtsnatur und die Reichweite des Herkunftslandprinzips nach § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG (vgl. zum Meinungsstand: Ahrens, FS Tilmann, S. 739, 745 f.; Fezer/Hausmann/Obergfell aaO Einl. I Rdn. 112 ff.; Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 4 TDG Rdn. 23 ff.; Brunner in Manssen aaO § 4 TDG Rdn. 37 ff.). Denn § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG findet nach § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V. mit Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG keine Anwendung. Danach unterliegen das Angebot und die Erbringung eines Teledienstes durch einen Diensteanbieter, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassen ist, abweichend von § 4 Abs. 2 Satz 1 TDG den Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts, soweit dieses dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient, und die auf der Grundlage des innerstaatlichen Rechts in Betracht kommenden Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht ausdrücklich erörtert. Das nötigt jedoch nicht zu einer Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache, weil der Senat die erforderliche Prüfung selbst vornehmen kann.
30
Gegenstand der Beurteilung ist im Streitfall die Frage, ob ein Werbeverbot für im Inland nicht zugelassene Arzneimittel, zu denen die streitgegenständlichen Produkte der Beklagten rechnen (vgl. hierzu nachstehend II 2 c), dem Schutz der öffentlichen Gesundheit vor Beeinträchtigungen oder ernsthaften und schwerwiegenden Gefahren dient und dies im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit verhältnismäßig ist (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG, Art. 3 Abs. 4 lit. a E-Commerce-Richtlinie). Davon ist allerdings nicht schon deshalb auszugehen, weil der deutsche Gesetzgeber in § 3a HWG ein Werbeverbot für Arzneimittel vorgesehen hat, denen die erforderliche Zulassung fehlt (vgl. Spindler in Spindler/Schmitz/Geis aaO § 4 Rdn. 55 TDG). Allein aus dem Vorhandensein eines nationalen Werbeverbots für entsprechende Arzneimittel folgte nicht, dass auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TDG erfüllt sind. Das Werbeverbot des § 3a HWG für Arzneimittel, denen die notwendige Zulassung fehlt, setzt aber Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 113 v. 30.4.1992, S. 13) um. Danach untersagen die Mitgliedstaaten die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist. Eine gleichlautende Bestimmung enthält Art. 87 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 311 v. 28. 11. 2001, S. 67). Das in diesen Richtlinien vorgesehene und in § 3a HWG umgesetzte Werbeverbot für nicht zugelassene Arzneimittel dient der Abwendung ernsthafter und schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Gesundheit und ist, wie sich aus der in den Richtlinien selbst angeordneten Rechtsfolge ergibt, verhältnismäßig. Für dieses Ergebnis spricht auch der Erwägungsgrund Nr. 11 der E-Commerce-Richtlinie, wonach die Richtlinie das Schutzniveau für die öffentliche Gesundheit unberührt lässt. Zum Rechtsstand, der uneingeschränkt für die Dienste der Informationsgesellschaft gilt, zählt nach diesem Erwägungsgrund auch die Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel. Dieses Schutzniveau würde aber abgesenkt, wenn § 3a HWG, der die EG-Richtlinien umsetzt, aufgrund der E-Commerce-Richtlinie keine Anwendung fände. Entsprechendes gilt, wenn in jedem Einzelfall eine Prüfung erforderlich wäre, ob konkrete, nicht anders als durch ein Verbot abwendbare Gefahren von einer Werbung für ein nicht zugelassenes Arzneimittel ausgehen. Eine solche Einzelfallprüfung sehen die einschlägigen Vorschriften der Richtlinien 92/28/EWG und 2001/83/EG gerade nicht vor. Für dieses Ergebnis spricht auch, dass nunmehr von einem einheitlichen Arzneimittelbegriff in der Europäischen Union auszugehen ist (dazu Abschnitt II 2 c bb). Das auf nicht zugelassene Arzneimittel bezogene Werbeverbot ist in den Mitgliedstaaten danach einem einheitlichen Recht unterworfen.
31
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass es sich bei den streitgegenständlichen Erzeugnissen um (Funktions-)Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG handelt, die ohne arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland nicht vertrieben (§ 21 Abs. 1 AMG) und nicht beworben werden dürfen (§ 3a HWG). Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
32
aa) Der Senat ist in ständiger Rechtsprechung davon ausgegangen, dass für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung entscheidend ist, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbraucher darstellt. Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung des Verbrauchers von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft, durch ihm beigefügte oder in Werbeprospekten enthaltene Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher entgegentritt, beeinflusst sein (BGHZ 151, 286, 292 - Muskelaufbaupräparate ). Diese Abgrenzung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zum gemeinschaftsrechtli- chen Arzneimittelbegriff nach der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (BGH, Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 275/01, GRUR 2004, 793, 796 = WRP 2004, 1024 - Sportlernahrung II; vgl. auch EuGH, Urt. v. 9.6.2005 - Rs. C-211, C-299 und C-316/03 bis C-318/03, WRP 2005, 863 Tz. 45 = ZLR 2005, 435 - HLH Warenvertriebs GmbH).
33
bb) Durch Art. 1 Nr. 1 der Richtlinie 2004/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. EG Nr. L 136 v. 31.3.2004, S. 34) ist der Arzneimittelbegriff neu definiert worden. Nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG sind danach Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische , immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Durch die neu in die Begriffsbestimmung des Funktionsarzneimittels aufgenommenen Wirkungen (pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung) stellt der Arzneimittelbegriff jedenfalls in größerem Umfang als die zuvor maßgebliche Definition des Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG auf objektive Merkmale des Produkts ab (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1196; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444; weitergehend Gröning, WRP 2005, 709, 712). Mit der neuen Definition des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts verfolgte der europäische Gesetzgeber nach Erwägungsgrund Nr. 7 der Richtlinie das Ziel, die Begriffsbestimmungen weiter zu klären und zu spezifizieren und auftretende Zweifel der Begriffsbestimmung vermeiden zu helfen. Mit der Bestimmung des Begriffs des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 ist nunmehr an- ders als unter Geltung des Arzneimittelbegriffs nach Art. 1 Nr. 2 in der ursprünglichen Fassung der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 (vgl. EuGH WRP 2005, 863 Tz. 56 - HLH Warenvertriebs GmbH) von einem einheitlichen europäischen Begriff des Funktionsarzneimittels und einer Vollharmonisierung in diesem Bereich auszugehen (vgl. Doepner/Hüttebräuker, WRP 2005, 1195, 1202; Meyer/Reinhart, WRP 2005, 1437, 1444). Nach Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 3 der Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 am 30. Oktober 2005 ist die Bestimmung des § 2 AMG, die den nationalen Arzneimittelbegriff regelt, richtlinienkonform i.S. des neu gefassten europarechtlichen Arzneimittelbegriffs auszulegen. Dabei ist für die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und Lebensmittel auch die Definition des Lebensmittels heranzuziehen. Denn Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG nicht Lebensmittel i.S. von § 2 Abs. 2 LFGB. Nach § 2 Abs. 2 LFGB i.V. mit Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl. EG L 31 v. 1.2.2002, S. 1) sind "Lebensmittel" alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden.
34
cc) Sowohl unter Zugrundelegung des Arzneimittelbegriffs der Richtlinie 2001/83/EG vom 6. November 2001 in der ursprünglichen Fassung als auch in der durch die Richtlinie 2004/27/EG vom 31. März 2004 geänderten Fassung ist bei den von der Beklagten beworbenen und vertriebenen Präparaten davon auszugehen, dass es sich um Funktionsarzneimittel handelt. Das Berufungsgericht hat die pharmakologische Wirkung dieser Produkte festgestellt. Mit ihren hiergegen gerichteten Rügen dringt die Revision nicht durch.
35
Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass mit der Verwendung der in Rede stehenden Erzeugnisse nicht zwingend Gesundheitsgefahren verbunden sein müssen, um eine pharmakologische Wirkung zu bejahen. Der Begriff des Arzneimittels ist nicht auf Präparate beschränkt, die gesundheitsgefährdend sein können. Vielmehr ist das Auftreten einer Gesundheitsgefahr nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften lediglich ein eigenständiger Faktor, der bei der Einstufung als Arzneimittel zu berücksichtigen ist (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 54 - HLH Warenvertriebs GmbH). Demgegenüber ist die pharmakologische Wirkung - neben der immunologischen oder der metabolischen Wirkung - des Erzeugnisses ein Faktor, auf dessen Grundlage die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten zu beurteilen haben, ob das Erzeugnis i.S. von Art. 1 Nr. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG in der ursprünglichen Fassung dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen physiologischen Funktionen angewandt zu werden (EuGH WRP 2005, 863 Tz. 52 und 54 - HLH Warenvertriebs GmbH) oder um nach Art. 1 Nr. 1 lit. b der Richtlinie 2004/27/EG die menschlichen physiologischen Funktionen wieder herzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen. Denn es hat die Gefahr einer unsachgemäßen Selbstmedikation aufgrund der Einnahme der Mittel statt eines gebotenen Arztbesuchs bejaht. Aus diesem Grund erweisen sich das Werbe- und das Vertriebsverbot unter Berücksichtigung der von den Produkten ausgehenden Gesundheitsrisiken auch nicht als unverhältnismäßig (vgl. zu diesem Erfordernis: EuGH, Urt. v. 29.4.2004 - Rs. C-387/99, Slg. 2004, I-3751 = ZLR 2004, 464 Tz. 72 - Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland; BGH GRUR 2004, 793, 797 - Sportlernahrung II), sondern im Hinblick auf eine einheitliche Anwendung des Arzneimittelbegriffs in den Mitgliedstaaten als sachgerecht.
36
Die Revision hat weiter geltend gemacht, das Berufungsgericht habe bei der Einordnung als Arzneimittel lediglich auf die Werbeaussagen der Beklagten im Internet abgestellt und gleichwohl das vom Landgericht ausgesprochene Verbot des Vertriebs und der Werbung für die fünf Produkte bestätigt. Das Berufungsgericht hat das Vertriebsverbot jedoch nicht aus bestimmten Werbeangaben der Beklagten hergeleitet, sondern ist davon ausgegangen, dass es sich bei den Produkten der Beklagten um Funktionsarzneimittel handelt, weil die in den Werbeangaben getroffenen Aussagen richtig sind und die Produkte danach eine pharmakologische Wirkung haben.
37
Die von der Beklagten vertriebenen Produkte sind somit Arzneimittel i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG, für deren Inverkehrbringen im Inland die erforderliche Zulassung oder Genehmigung fehlt. Sie dürfen gemäß § 21 AMG nicht im Inland vertrieben und gemäß § 3a HWG nicht im Inland beworben werden. Da die Beklagte hiergegen verstoßen hat, ist sie gemäß § 1 UWG a.F. und § 3, § 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet. Das Inverkehrbringen und Bewerben von Arzneimitteln ohne Zulassung stellen ein i.S. des § 1 UWG a.F. sittenwidriges Handeln und ein nach § 4 Nr. 11 UWG unlauteres Marktverhalten dar (vgl. BGHZ 163, 265, 274 - Atemtest).
38
Die Wiederholungsgefahr folgt hinsichtlich der zwei nach Deutschland gelieferten Produkte aus dem Wettbewerbsverstoß. Wegen der übrigen drei Produkte besteht eine Erstbegehungsgefahr. Aufgrund der bereits erfolgten Lieferung der Präparate "L. Kapseln" TM und "Johanniskraut Kapseln" in das Inland besteht die konkrete Gefahr, dass bei entsprechenden Lieferersuchen auch die übrigen Produkte in das Inland geliefert werden.
39
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 18.03.2002 - 97 O 192/01 -
KG Berlin, Entscheidung vom 08.11.2002 - 5 U 149/02 -

(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.

(2) Haben die durch eine geographische Herkunftsangabe gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität, so darf die geographische Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen dieser Herkunft nur benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen diese Eigenschaften oder diese Qualität aufweisen.

(3) Genießt eine geographische Herkunftsangabe einen besonderen Ruf, so darf sie im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft auch dann nicht benutzt werden, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft nicht besteht, sofern die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

(4) Die vorstehenden Absätze finden auch dann Anwendung, wenn Namen, Angaben oder Zeichen benutzt werden, die der geschützten geographischen Herkunftsangabe ähnlich sind oder wenn die geographische Herkunftsangabe mit Zusätzen benutzt wird, sofern

1.
in den Fällen des Absatzes 1 trotz der Abweichung oder der Zusätze eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht oder
2.
in den Fällen des Absatzes 3 trotz der Abweichung oder der Zusätze die Eignung zur unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs oder der Unterscheidungskraft der geographischen Herkunftsangabe besteht.

(1) Geographische Herkunftsangaben im Sinne dieses Gesetzes sind die Namen von Orten, Gegenden, Gebieten oder Ländern sowie sonstige Angaben oder Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung der geographischen Herkunft von Waren oder Dienstleistungen benutzt werden.

(2) Dem Schutz als geographische Herkunftsangaben sind solche Namen, Angaben oder Zeichen im Sinne des Absatzes 1 nicht zugänglich, bei denen es sich um Gattungsbezeichnungen handelt. Als Gattungsbezeichnungen sind solche Bezeichnungen anzusehen, die zwar eine Angabe über die geographische Herkunft im Sinne des Absatzes 1 enthalten oder von einer solchen Angabe abgeleitet sind, die jedoch ihre ursprüngliche Bedeutung verloren haben und als Namen von Waren oder Dienstleistungen oder als Bezeichnungen oder Angaben der Art, der Beschaffenheit, der Sorte oder sonstiger Eigenschaften oder Merkmale von Waren oder Dienstleistungen dienen.

(1) Geographische Herkunftsangaben dürfen im geschäftlichen Verkehr nicht für Waren oder Dienstleistungen benutzt werden, die nicht aus dem Ort, der Gegend, dem Gebiet oder dem Land stammen, das durch die geographische Herkunftsangabe bezeichnet wird, wenn bei der Benutzung solcher Namen, Angaben oder Zeichen für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht.

(2) Haben die durch eine geographische Herkunftsangabe gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besondere Eigenschaften oder eine besondere Qualität, so darf die geographische Herkunftsangabe im geschäftlichen Verkehr für die entsprechenden Waren oder Dienstleistungen dieser Herkunft nur benutzt werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen diese Eigenschaften oder diese Qualität aufweisen.

(3) Genießt eine geographische Herkunftsangabe einen besonderen Ruf, so darf sie im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft auch dann nicht benutzt werden, wenn eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft nicht besteht, sofern die Benutzung für Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft geeignet ist, den Ruf der geographischen Herkunftsangabe oder ihre Unterscheidungskraft ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen.

(4) Die vorstehenden Absätze finden auch dann Anwendung, wenn Namen, Angaben oder Zeichen benutzt werden, die der geschützten geographischen Herkunftsangabe ähnlich sind oder wenn die geographische Herkunftsangabe mit Zusätzen benutzt wird, sofern

1.
in den Fällen des Absatzes 1 trotz der Abweichung oder der Zusätze eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht oder
2.
in den Fällen des Absatzes 3 trotz der Abweichung oder der Zusätze die Eignung zur unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung des Rufs oder der Unterscheidungskraft der geographischen Herkunftsangabe besteht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)