Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2010 - I ZR 47/08

bei uns veröffentlicht am25.03.2010
vorgehend
Landgericht Hamburg, 308 O 711/06, 06.07.2007
Hanseatisches Oberlandesgericht, 5 U 161/07, 20.02.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 47/08 Verkündet am:
25. März 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Autobahnmaut
UrhG § 87 Abs. 1 Satz 1; Datenbankrichtlinie Art. 7 Abs. 1 und 2;
Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1
UrhG ist im Blick auf die Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 und 2 der Datenbankrichtlinie
, deren Umsetzung er dient, richtlinienkonform dahin auszulegen,
dass er jedenfalls bei Datenbanken, deren typische Verwertung darin besteht
, den Nutzern nur die jeweils sie selbst betreffenden Datensätze zugänglich
zu machen, auch das Zurverfügungstellen einzelner Datensätze an
einzelne Nutzer erfasst, wenn diese Nutzer in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit
bilden.
BGH, Urteil vom 25. März 2010 - I ZR 47/08 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 20. Februar 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin betreibt seit dem 1. Januar 2005 im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland das System zur Erhebung der Maut für die Benutzung von Bundesautobahnen mit schweren Nutzfahrzeugen. Sie ermittelt die für die Erhebung der Maut erforderlichen Daten über stationäre Mautstellenterminals und mobile Fahrzeuggeräte. Sie erteilt den Mautpflichtigen grundsätzlich einmal im Monat eine Abrechnung, die eine Mautaufstellung und einen Einzelfahrtennachweis enthält. Die Mauteinnahmen führt sie an die Bundesrepublik Deutschland ab. Diese zahlt ihr für die Errichtung und den Betrieb des Mautsystems eine Vergütung.
2
Die Mautpflichtigen können die Maut über Tankkarten begleichen. Den Zahlungsverkehr über solche Tankkarten lässt die Klägerin von der AGES International GmbH & Co. KG (nachfolgend AGES) abwickeln, mit der sie zu diesem Zweck einen Kooperationsvertrag und einen Zahlungsverkehrsvertrag ge- schlossen hat. Die Klägerin übermittelt der AGES täglich sogenannte Abschlagsdaten. Dabei handelt es sich um Mautdaten des Vortags, denen die Klägerin weitere Informationen beifügt. Die Übermittlung der Abschlagsdaten soll der AGES und den ihr angeschlossenen Unternehmen - zumindest auch - die Überwachung der Verfügungslimits ihrer Tankkartenkunden ermöglichen.
3
Die Beklagte gibt Tankkarten aus und ist Gesellschafterin der AGES. Sie stellt interessierten Kunden auf ihrer Internetseite einen "Transaktionsmanager" zur Verfügung, mit dem diese sich die von der Klägerin an die AGES übermittelten Abschlagsdaten verfügbar machen können, bevor sie die Abrechnung der Klägerin erhalten. Dabei kann jeder Kunde nur die ihn selbst betreffenden Daten abrufen, nicht aber Daten Dritter. Die Beklagte wirbt für ihren Transaktionsmanager wie folgt: NEU! Transaktionsdaten von Toll Collect (Maut Deutschland): Rufen Sie ab sofort auch Ihre Mauttransaktionen bereits vor Abrechnung online ab und behalten Sie so den ständigen Überblick über ihre Mautkosten. Die Daten sind bereits nach max. drei Tagen online abrufbar. - Transaktionen vor Abrechnung - Transaktionen pro Kfz - Transaktionen pro Kfz, sortiert nach Warengruppen und Lieferdatum, Absatz/ Umsatz pro Warenart und Servicestand - Überblick gültige Service-Cards - Die Daten sind als .csv exportierbar und können somit weiterverarbeitet werden.
4
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze damit die ihr als Datenbankherstellerin zustehenden Rechte, und nimmt sie daher auf Unterlassung in Anspruch.
5
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen , 1. Dritten Mauterhebungsdaten (Transaktionsdaten, Abschlagsdaten) der Klägerin vor Abrechnung der Maut seitens der Beklagten - zum Online-Abruf zur Verfügung zu stellen, - als .csv-Datei zur Verfügung zu stellen; 2. im Geschäftsverkehr zu Wettbewerbszwecken mit Leistungen der unter Nr. 1 beschriebenen Art zu werben oder derartige Leistungen in sonstiger Weise Dritten anzubieten, insbesondere wenn dies wie nachfolgend wiedergegeben erfolgt: [Es folgt die vorstehend wiedergegebene Werbung.] Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagen
6
ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg, Urt. v. 20.2.2008 - 5 U 161/07, juris). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nach § 97 Abs. 1 Satz 1, § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG für begründet erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
8
Bei den von der Klägerin aggregierten und täglich an die AGES übermittelten Abschlagsdaten handele es sich um eine Datenbank im Sinne des § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG. Die Klägerin sei gemäß § 87a Abs. 2 UrhG Herstellerin dieser Datenbank. Der Schutzfähigkeit der Datenbank stehe nicht entgegen, dass die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin ihre Investitionen in die Erstellung der Datenbank erstatte.
9
Die Beklagte gebe im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG wesentliche Teile der Datenbank wieder, auch wenn jeder einzelne Kunde der Beklagten jeweils nur seine eigenen Datensätze nutze. Zwar handele es sich bei den einzelnen Datensätzen der Nutzer isoliert betrachtet nicht um einen wesentlichen Teil der Datenbank. Es komme aber allein auf die Nutzung durch die Kunden der Beklagten insgesamt an.
10
Bei der Weitergabe der Daten handele es sich auch um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 87b Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 3 UrhG in Form der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG. Die Voraussetzung der Öffentlichkeit sei aufgrund der Besonderheiten der vorliegenden Fallkonstellation bereits dadurch erfüllt, dass die unterschiedlichen Datensätze unterschiedlichen Nutzern zugänglich gemacht würden, auch wenn ein bestimmter Datensatz jeweils nur von einem Nutzer zur Kenntnis genommen werden könne.
11
Die Klägerin habe der Beklagten die beanstandete Nutzung der Datenbank nicht vertraglich gestattet. Nach der Lehre vom Übertragungszweck seien nur die Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich seien. Vertragszweck der Datenübermittlung von der Klägerin an die AGES sei ausschließlich die Abrechnung der Maut gegenüber den Tankkarteninhabern gewesen. Dementsprechend sei die Beklagte als Gesellschafterin der AGES nach § 40 des Zahlungsverkehrsvertrages nur befugt , Abrechnungsdaten an Kunden zu übermitteln. Sonstige Dienstleistungen gegenüber den Karteninhabern, die mit der Abrechnung als solcher nicht notwendigerweise verbunden seien, seien weder im Vertrag geregelt noch vom Vertragszweck umfasst.
12
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Die Beklagte hat dadurch, dass sie ihren Kunden die von der Klägerin erhobenen Abschlagsdaten zugänglich gemacht hat, das der Klägerin als Datenbankherstellerin nach § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG zustehende ausschließliche Recht verletzt, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentli- chen Teil der Datenbank öffentlich wiederzugeben. Die Beklagte hat es daher nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu unterlassen, die von der Klägerin erhobenen Mautdaten Dritten zum Online-Abruf zur Verfügung zu stellen (Antrag zu 1). Das Werbeverbot (Antrag zu 2) ist begründet, weil sich der Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auch auf Maßnahmen erstreckt, die eine künftige Rechtsverletzung vorbereiten (vgl. BGH, Urt. v. 15.1.2009 - I ZR 57/07, GRUR 2009, 841 Tz. 13 = WRP 2009, 1139 - Cybersky).
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1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es sich bei den von der Klägerin gesammelten und täglich an die AGES übermittelten Abschlagsdaten mautpflichtiger Fahrten um eine Datenbank im Sinne des § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt. Eine Datenbank ist nach dieser Bestimmung eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordert.
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a) Bei den Abschlagsdaten handelt es sich, was die Revision auch nicht in Frage stellt, um eine Sammlung von Daten, die systematisch und methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind.
15
Die für die Erhebung der Autobahnmaut erforderlichen Daten werden über stationäre Mautstellenterminals und mobile Fahrzeuggeräte ermittelt und in einem Rechenzentrum verarbeitet. Die Abschlagsdaten sind die Mautdaten des Vortags, denen weitere Informationen beigefügt sind, die eine Zuordnung zu den Emittenten der Tankkarten und deren Kunden ermöglichen. Zu den Abschlagsdaten gehören beispielsweise die Tankkarten-Nummer und das Kraft- http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=EWG_RL_96_9&a=7 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=000&z=EUGH-SLG&b=2004&s=10415 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=GRUR&b=2005&s=244 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=164&s=37 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=BGHZ&b=164&s=43 - 7 - fahrzeug-Kennzeichen, das Datum der mautpflichtigen Fahrt und der Betrag der angefallenen Maut. Diese Daten sind in der Weise angeordnet und miteinander verknüpft, dass sie nach verschiedenen inhaltlichen und formalen Kriterien gruppiert, geordnet und abgefragt werden können.
16
b) Die Beschaffung, Überprüfung und Darstellung der Abschlagsdaten hat eine nach Art und Umfang wesentliche Investition erfordert.
17
aa) Mit Recht hat das Landgericht, auf dessen Ausführungen das Berufungsgericht Bezug genommen hat, die Kosten für die Errichtung der stationären Mautstellenterminals und die Anschaffung der mobilen Fahrzeuggeräte als nach Art und Umfang wesentliche Investitionen in die Beschaffung der Abschlagsdaten angesehen.
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Zu den Investitionen für die Beschaffung von Daten rechnen zwar - im Blick auf Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie, dessen Umsetzung § 87a Abs. 1 UrhG dient - nur die Mittel, die für die Ermittlung von vorhandenen Elementen und deren Zusammenstellung in der Datenbank aufgewandt werden, nicht aber die Mittel, die für die Erzeugung von Elementen eingesetzt werden, aus denen der Inhalt einer Datenbank besteht (EuGH, Urt. v. 9.11.2004 - C-203/02, Slg. 2004, I-10415 = GRUR 2005, 244 Tz. 42 - BHB-Pferdewetten; BGHZ 164, 37, 43 - HIT BILANZ; BGH, Urt. v. 30.4.2009 - I ZR 191/05, GRUR 2009, 852 Tz. 23 - Elektronischer Zolltarif; Urt. v. 13.8.2009 - I ZR 130/04, GRUR-RR 2010, 232 Tz. 15 - Gedichttitelliste III).
19
Die von der Klägerin mit Hilfe ihres Mautsystems erfassten Daten der mautpflichtigen Fahrten des Vortags wie die Tankkarten-Nummern und die Kraftfahrzeug-Kennzeichen, das Datum der mautpflichtigen Fahrten und die Länge der gefahrenen Strecken sind jedoch auch ohne ihre Erfassung durch http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=300&z=GRUR&b=2005&s=244 - 8 - die Klägerin vorhanden; sie werden von der Klägerin nicht erzeugt, sondern nur gesammelt und geordnet. Etwas anderes gilt nur für die von der Klägerin errechnete Maut; dabei handelt es sich um ein Datum, das von der Klägerin erst erzeugt wird.
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bb) Darüber hinaus begründet ein Teil der Vergütung, die die Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts einem Drittunternehmen für die Errichtung und den Betrieb des Rechenzentrums zahlt, eine nach Art und Umfang wesentliche Investition in die Überprüfung und Darstellung der Datensammlung.
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Zu diesen Investitionen gehört zwar nur der Aufwand für die Überprüfung und die Aufbereitung der ermittelten Elemente bei der Erstellung und dem Betrieb der Datenbank und nicht der Aufwand bei der Erzeugung von Elementen, die anschließend in der Datenbank gesammelt werden (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 42 - BHB-Pferdewetten). Die Tätigkeit des Rechenzentrums erschöpft sich jedoch nicht in der Berechnung der Gebühren, sondern erstreckt sich darüber hinaus auf die Aufbereitung und Zusammenstellung der gesammelten Mautdaten.
22
2. Die Klägerin ist Herstellerin der Datenbank. Datenbankhersteller ist nach § 87a Abs. 2 UrhG derjenige, der die Investition vorgenommen hat. Das ist die Person, die die Initiative ergreift und das Investitionsrisiko trägt; insbesondere Auftragnehmer fallen daher nicht unter den Begriff des Herstellers (ErwGrd 41 Satz 2 und 3 DatenbankRL).
23
Die Klägerin betreibt das Mautsystem zwar im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland. Das ändert aber nichts daran, dass sie nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, die organisatorische Verantwortung und das wirtschaftliche Risiko für die Errichtung und den Betrieb des Mautsystems und damit auch für die Erhebung der Mautdaten trägt. Sie hat die stationären Mautstellenterminals errichten lassen und die mobilen Fahrzeuggeräte angeschafft. Sie hat die Kosten für die Errichtung und den Betrieb des Rechenzentrums durch das von ihr beauftragte Unternehmen zu tragen.
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3. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass es der Schutzfähigkeit der Datenbank nicht entgegensteht, dass die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin für die Errichtung und den Betrieb des Mautsystems eine Vergütung zahlt.
25
Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der von §§ 87a und 87b UrhG bezweckte Schutz der Investitionen in Datenbanken und der damit erstrebte Anreiz zur Herstellung von Datenbanken sei durch das Verhalten der Beklagten nicht berührt. Die Bundesrepublik Deutschland vergüte der Klägerin nach dem Betreibervertrag ihre gesamten Investitionen und laufenden Kosten. Der Schutz der Investitionen der Klägerin sei daher unabhängig vom Verhalten der Beklagten durch diese garantierte Vergütung gesichert. Der Anreiz der Klägerin für ihre Investitionen liege in dieser Vergütung und nicht in dem mit der Schaffung der Datenbank verbundenen Verwertungsrecht. Die Klägerin nutze die Mautdaten nicht dadurch, dass sie diese Dritten gewinnbringend zur Nutzung anbiete, sondern ausschließlich zum Zweck der Einziehung der Maut durch die Bundesrepublik Deutschland.
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Die Entstehung des Schutzrechts des Datenbankherstellers setzt zwar Investitionen des Herstellers in die Datenbank voraus. Das durch Investitionen des Herstellers in die Datenbank begründete Schutzrecht entfällt aber nicht mit dem Ausgleich dieser Investitionen (vgl. zum Schutz des Filmherstellers KG GRUR 1999, 721). Es besteht - entgegen der Ansicht der Revision - daher auch dann fort, wenn der Datenbankhersteller wegen einer Erstattung seiner Investitionen nicht darauf angewiesen ist, diese Investitionen durch die Einräumung von Nutzungsrechten an Dritte zu amortisieren. Der Schutz des Datenbankherstellers ist nicht einmal davon abhängig, dass er überhaupt eine kommerzielle Verwertung der Datenbank anstrebt (vgl. Schricker/Vogel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 87a UrhG Rdn. 4).
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Der Schutz der durch Investitionen der Klägerin geschaffenen Mautdatenbank und der aus dieser gebildeten Abschlagsdatenbank entfällt daher nicht, weil die Bundesrepublik Deutschland der Klägerin eine Vergütung für die Errichtung und den Betrieb der Datenbank zahlt, die ihre Investitionen amortisiert. Er besteht ferner unabhängig davon, ob die Klägerin die Datenbank darüber hinaus durch die Vergabe von Nutzungsrechten an Dritte verwerten könnte. Selbst wenn die Klägerin - wie die Revision geltend macht - aufgrund gesetzlicher Einschränkungen oder vertraglicher Vorgaben nicht berechtigt wäre, die Datenbank durch eine Vergabe von Nutzungsrechten an Dritte zu verwerten, ist sie jedenfalls nicht daran gehindert, widerrechtliche Verletzungen ihres Schutzrechts zu untersagen.
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4. Die Beklagte greift dadurch, dass sie die Datensätze der Abschlagsdatenbank ihren Tankkartenkunden zum Online-Abruf zur Verfügung stellt, in das ausschließliche Recht der Klägerin aus § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG ein, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank öffentlich wiederzugeben.
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a) Ein Teil einer Datenbank ist nach Art und Umfang wesentlich, wenn er in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlich ist (Art. 7 Abs. 1 DatenbankRL ). Ersteres richtet sich nach dem Umfang der Investitionen für die Be- http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=UrhG&p=15 [Link] http://beck-online.beck.de/?typ=reference&y=100&g=UrhG&p=15&x=3 - 11 - schaffung, Überprüfung oder Darstellung dieses Teils der Datenbank (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 71 - BHB-Pferdewetten). Letzteres ist nach dem Verhältnis des Datenvolumens dieses Teils der Datenbank zum Datenvolumen der gesamten Datenbank zu beurteilen (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 70 - BHB-Pferdewetten).
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Es kann dahinstehen, ob nach diesen Maßstäben die einzelnen Datensätze der Abschlagsdatenbank der Klägerin für sich genommen jeweils einen wesentlichen Teil dieser Datenbank darstellen. Jeder einzelne Kunde der Beklagten kann zwar nur die ihn selbst betreffenden Datensätze abrufen. Die Beklagte eröffnet diese Abrufmöglichkeit aber allen ihren Kunden. Jedenfalls in ihrer Gesamtheit bilden die Abschlagsdaten der Kunden der Beklagten einen nach Art und Umfang wesentlichen Teil der Abschlagsdatenbank der Klägerin.
31
b) Die Beklagte gibt dadurch, dass sie ihren Kunden sämtliche Datensätze der Abschlagsdatenbank der Klägerin zum Online-Abruf zur Verfügung stellt, diesen nach Art und Umfang wesentlichen Teil der Datenbank auch im Sinne von § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG öffentlich wieder.
32
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist im Streitfall allerdings keine öffentliche Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG gegeben.
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Zum Recht der öffentlichen Wiedergabe nach § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG gehört gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 UrhG das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG. Dies ist das Recht, ein Werk der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist. Die Wiedergabe ist gemäß § 15 Abs. 3 UrhG öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört nach § 15 Abs. 3 Satz 2 UrhG jeder, der nicht mit dem Verwerter des Werks, oder mit den anderen Personen , denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.
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Die Beklagte stellt ihren Kunden die Abschlagsdaten auf ihrer Internetseite zum Online-Abruf zur Verfügung und macht sie ihnen damit in einer Weise zugänglich, dass sie ihnen von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Es fehlt allerdings an einem Zugänglichmachen gegenüber der Öffentlichkeit im Sinne der §§ 15, 19a UrhG. Die Tankkartenkunden bilden zwar in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG. Sie sind weder miteinander noch mit der Beklagten durch persönliche Beziehungen verbunden; ihre vertragliche Beziehung zur Beklagten stellt keine persönliche Beziehung im Sinne dieser Bestimmung dar (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 1056, 1057; Heerma in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., § 15 UrhG Rdn. 18). Auf die Gesamtheit der Tankkartenkunden kann aber nicht abgestellt werden. Dem steht entgegen, dass jeder einzelne Kunde nur Zugriff auf die ihn selbst betreffenden Daten hat und vom Zugriff auf alle anderen Datensätze ausgeschlossen ist. Daher wird weder ein einzelner Datensatz noch die Datenbank in ihrer Gesamtheit einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht (vgl. auch BGH, Urt. v. 22.4.2009 - I ZR 216/06, GRUR 2009, 845 Tz. 26 f. = WRP 2009, 1001 - Internet-Videorecorder).
35
bb) Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG ist allerdings im Blick auf die Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 und 2 der Datenbankrichtlinie, deren Umsetzung er dient, richtlinienkonform auszulegen. Danach erfasst er jedenfalls bei Datenbanken, deren typische Verwertung - wie hier - darin besteht, dass deren Nutzern nur die jeweils sie selbst betref- fenden Datensätze zugänglich gemacht werden, auch das Zurverfügungstellen einzelner Datensätze an einzelne Nutzer, wenn diese Nutzer in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit bilden.
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Nach Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie sehen die Mitgliedstaaten für den Hersteller einer Datenbank, bei der für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentliche Investition erforderlich ist, das Recht vor, die Entnahme und/oder die Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts dieser Datenbank zu untersagen. Die Bestimmung des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG hat diese Vorgabe in der Weise in das deutsche Recht umgesetzt, dass sie an die Stelle der in der Datenbankrichtlinie verwendeten Begriffe der Entnahme und der Weiterverwendung die im Urheberrechtsgesetz verwendeten Begriffe der Vervielfältigung, der Verbreitung und der öffentlichen Wiedergabe gesetzt hat. Dabei ist mit der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG eine bestimmte Art der Weiterverwendung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie bezeichnet. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 7 Abs. 2 lit. b Satz 1 der Datenbankrichtlinie bedeutet "Weiterverwendung" jede Form öffentlicher Verfügbarmachung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts der Datenbank durch die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, durch Vermietung, durch OnlineÜbermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung. Die öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG entspricht danach der öffentlichen Verfügbarmachung durch Online-Übermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung. Im Streitfall kommt allein eine öffentliche Verfügbarmachung durch Online-Übermittlung in Betracht.
37
Der Begriff der Weiterverwendung ist anhand des Zieles auszulegen, das die Datenbankrichtlinie mit dem - von ihr als "Schutzrecht sui generis" bezeichneten - Recht des Datenbankherstellers verfolgt (EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 45 ff. - BHB-Pferdewetten). Dieses Ziel besteht darin, den Schutz einer Investition in die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung des Inhalts einer Datenbank für die begrenzte Dauer des Schutzrechts sicherzustellen (ErwGrd 40 Satz 1). Das besondere Recht auf Untersagung der unerlaubten Entnahme und/oder Weiterverwendung soll den Datenbankhersteller vor Handlungen des Benutzers schützen, die über dessen begründete Rechte hinausgehen und somit der Investition schaden (ErwGrd 42 Satz 1). Es bezieht sich nicht nur auf die Herstellung eines parasitären Konkurrenzprodukts, sondern auch auf Handlungen, die einen qualitativ oder quantitativ erheblichen Schaden für die Investition verursachen (ErwGrd 42 Satz 2). Das Schutzrecht sui generis soll sicherstellen, dass der Datenbankhersteller die ihm zustehende Vergütung erhält (ErwGrd 48 Satz 1 Halbsatz 1). Auch die Formulierung "jede Form öffentlicher Verfügbarmachung” zeigt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dem Begriff der Weiterverwendung eine weit gefasste Bedeutung verleihen wollte. Der Begriff der Weiterverwendung ist daher dahin auszulegen, dass er sich auf jede Handlung bezieht, die darin besteht, sich ohne Zustimmung der Person, die die Datenbank erstellt hat, die Ergebnisse ihrer Investition öffentlich verfügbar zu machen und ihr damit die Einkünfte zu entziehen, die es ihr ermöglichen sollen, die Kosten dieser Investition zu amortisieren (EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 51 - BHB-Pferdewetten; vgl. auch EuGH, Urt. v. 9.10.2008 - C-304/07, GRUR 2008, 1077 Tz. 33 f. - Directmedia Publishing; BGH GRUR 2009, 852 Tz. 35 - Elektronischer Zolltarif).
38
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist es eine gängige Nutzungsart einer Datenbank, dass interessierte Nutzer sich im Online-Betrieb aus einer großen Sammlung von Daten - wie etwa Kontendaten eines Kreditinstituts oder Benutzerdaten eines Online-Shops - ausschließlich die sie selbst betreffenden Daten zugänglich machen können. Bei einer solchen Datenbank, deren typische Verwertung - wie auch hier - darin besteht, dass deren Nutzern nur die jeweils sie selbst betreffenden Datensätze zugänglich gemacht werden, werden dem Datenbankhersteller die Einkünfte, die eine Amortisation der Investitionen ermöglichen sollen, bereits dadurch entzogen, dass ein Dritter den Nutzern die jeweils sie selbst betreffenden Datensätze zugänglich macht. Stellen diese Nutzer in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit dar, handelt es sich daher um eine Weiterverwendung im Sinne des Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie bzw. eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG, die - soweit sie einen in qualitativer oder quantitativer Hinsicht (Art. 7 Abs. 1 DatenbankRL) bzw. nach Art oder Umfang (§ 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG) wesentlichen Teil der Datenbank betrifft - ausschließlich dem Hersteller der Datenbank vorbehalten ist. Das Recht des Datenbankherstellers, Verletzungen seines Schutzrechts zu untersagen, hängt dabei - wie bereits unter II 3 ausgeführt - nicht davon ab, ob er seine Datenbank selbst auf diese Weise verwertet und ob er zu einer solchen Verwertung überhaupt berechtigt oder imstande wäre. Anderenfalls würde der angestrebte Investitionsschutz bei Datenbanken nicht erreicht, die dem einzelnen Nutzer stets nur den Zugriff auf die ihn betreffenden Daten erlauben.
39
5. Die Klägerin hat der Beklagten hinsichtlich der beanstandeten Nutzung der Abschlagsdaten weder entsprechende Nutzungsrechte eingeräumt, noch hat sie ihr eine solche Nutzung vertraglich gestattet oder in eine derartige Nutzung eingewilligt. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass aus § 40 des zwischen der Klägerin und der AGES geschlossenen Zahlungsverkehrsvertrages unter Berücksichtigung des Vertragszwecks kein Recht der Beklagten folgt, ihren Kunden die Abschlagsdaten bereits vor einer Abrechnung http://www.juris.de/jportal/portal/t/2kmo/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313599900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 16 - zum Online-Abruf zur Verfügung zu stellen. Die fragliche Bestimmung des Zahlungsverkehrsvertrages lautet: § 40 Datenverarbeitungsrechte der AGES Gegenüber TC [Klägerin] ist AGES berechtigt, für die Tankkartenemittenten die von TC [Klägerin] übermittelten Abrechnungsdaten kraftfahrzeug- bzw. tankkartenbezogen umzugruppieren und den Tankkartenemittenten entsprechend deren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden entsprechende Rechnungen mit Kfz-bezogenen Subsets zu übermitteln. AGES gewährleistet, dass die umgruppierten Abrechnungsdaten den Ausgangsdaten vollständig entsprechen.
40
a) Die Auslegung von Individualvereinbarungen durch den Tatrichter kann das Revisionsgericht nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen gesetzliche oder anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil sie wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht lässt (BGH, Urt. v. 21.1.2010 - I ZR 176/07, GRUR 2010, 418 Tz. 12 = WRP 2010, 539 - Neues vom Wixxer, m.w.N.). Solche Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.
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b) Haben die Parteien beim Abschluss eines Vertrages - wie hier - nicht ausdrücklich geregelt, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG nach dem von beiden Parteien zugrunde gelegten Vertragszweck, ob und inwieweit ein Nutzungsrecht eingeräumt worden ist. Nach dem dieser Bestimmung zugrunde liegenden Übertragungszweckgedanken , der auch bei Leistungsschutzrechten gilt (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 180/00, GRUR 2003, 234, 236 = WRP 2003, 393 - EROC III, m.w.N.), räumt ein Nutzungsberechtigter im Zweifel nur in dem Umfang Nutzungsrechte ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. Dies bedeutet , dass im Allgemeinen nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich sind (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.2004 - I ZR 174/01, GRUR 2004, 938 f. = WRP 2004, 1497 - Comic-Übersetzungen III). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
42
Das Berufungsgericht hat angenommen, nach diesen Grundsätzen ergebe sich aus § 40 des Zahlungsverkehrsvertrages kein Recht der Beklagten, ihren Kunden die Abschlagsdaten bereits vor einer Abrechnung zum Online-Abruf zur Verfügung zu stellen. Vertragszweck der Datenübermittlung von der Klägerin an die AGES sei ausschließlich die Abrechnung der Maut gegenüber den Tankkarteninhabern. Aus § 40 des Zahlungsverkehrsvertrages ergebe sich daher lediglich die Befugnis der Beklagten als Beteiligter der AGES, ihren Kunden die Abrechnungsdaten zu übermitteln. Sonstige Dienstleistungen gegenüber den Karteninhabern, die mit der Abrechnung als solcher nicht notwendigerweise verbunden seien, seien weder im Vertrag geregelt noch vom Vertragszweck umfasst. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch.
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aa) Die Revision rügt ohne Erfolg, die vom Berufungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen Abrechnungsdaten einerseits und Abschlagsdaten andererseits widerspreche der Regelung in § 37 des Zahlungsverkehrsvertrages. Danach hätten die Vertragsparteien den Begriff "Abrechnungsdaten" als Oberbegriff für "Abschlagsdaten" (§ 37 lit. a des Zahlungsverkehrsvertrages) und "Fakturadaten" (§ 37 lit. b des Zahlungsverkehrsvertrages) verwendet. Demnach seien in § 40 des Zahlungsverkehrsvertrages mit dem Begriff der "Abrechnungsdaten" gleichfalls sowohl "Abschlagsdaten" als auch "Fakturadaten" gemeint. Die Beklagte sei nach § 40 des Zahlungsverkehrsvertrages daher nicht nur zur Übermittlung von Abrechnungsdaten, sondern auch zur Übermittlung von Abschlagsdaten an ihre Kunden berechtigt. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts verstoße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze so- wie gegen die allgemeine Auslegungsregel, dass die Parteien grundsätzlich widerspruchsfreie Bestimmungen treffen wollten.
44
Das Berufungsgericht hat dagegen angenommen, der Hinweis der Beklagten darauf, dass der Begriff "Abrechnungsdaten" in der Überschrift zu § 37 des Zahlungsverkehrsvertrages verwendet werde, greife erkennbar zu kurz. Aus der Gegenüberstellung der Regelungen in § 37 lit. c des Zahlungsverkehrsvertrages ergebe sich zwanglos, dass auch diese Norm deutlich zwischen Abrechnungsdaten einerseits (§ 37 lit. c Nr. 1 des Zahlungsverkehrsvertrages) und Abschlagsdaten andererseits (§ 37 lit. c Nr. 2 des Zahlungsverkehrsvertrages ) differenziere. Die Revision hat nicht aufgezeigt, dass diese Beurteilung rechtsfehlerhaft ist. Sie berücksichtigt zudem nicht hinreichend, dass die Klägerin der AGES in § 40 Satz 1 des Zahlungsverkehrsvertrages lediglich das Recht eingeräumt hat, die Abrechnungsdaten für die Tankkartenemittenten umzugruppieren und den Tankkartenemittenten "entsprechend deren Verpflichtungen gegenüber ihren Kunden entsprechende Rechnungen mit kfz-bezogenen Subsets zu übermitteln". Die Beklagte ist gegenüber ihren Kunden lediglich zur Abrechnung der Mautgebühren, nicht dagegen zur Auskunftserteilung über bereits angefallene Mautgebühren verpflichtet. Die Klägerin hat der AGES dementsprechend nur das Recht zur Übermittlung von Rechnungen, nicht dagegen das Recht zur Erteilung von Auskünften eingeräumt. Sie hat der AGES daher nach § 40 des Zahlungsverkehrsvertrages nicht die Befugnis erteilt, den Kunden der Beklagten die vorläufigen Abschlagsdaten bereits vor der endgültigen Abrechnung zugänglich zu machen.
45
bb) Die Revision macht weiter ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe gegen den Grundsatz einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung sowie den weiteren Auslegungsgrundsatz verstoßen, wonach im Zweifel anzunehmen sei, dass die Parteien Vernünftiges gewollt hätten. Da die Beklagte - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen habe - theoretisch auch täglich gegenüber ihren Kunden abrechnen könne und dabei - was das Berufungsgericht nicht beachtet habe - mangels Vorliegens der Monatsfaktura die Abschlagsdaten verwenden dürfte und müsste, müsse sie ihren Kunden vernünftigerweise auch die Abschlagsdaten zur Vorbereitung der Monatsabrechnung zugänglich machen dürfen. Da die Übermittlung von Abschlagsdaten an Kunden dazu beitrage, Zahlungsausfälle der Beklagten zu vermeiden und damit den Zahlungsverkehr erfolgreich abzuwickeln, sei sie bei einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung vom Vertragszweck umfasst.
46
Die Revision vernachlässigt dabei, dass die von ihr angeführten allgemeinen Auslegungsgrundsätze im Streitfall von dem im Urheberrecht geltenden besonderen Auslegungsgrundsatz überlagert werden, dass der Nutzungsberechtigte im Zweifel Nutzungsrechte nur in dem Umfang stillschweigend einräumt , der für das Erreichen des Vertragszwecks unerlässlich ist. Vertragszweck der Datenübermittlung von der Klägerin an die AGES ist nach den von der Revision unbeanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts ausschließlich die Abrechnung der Maut gegenüber den mautpflichtigen Tankkarteninhabern. Es kommt nicht darauf an, ob eine Übermittlung von Abschlagsdaten an Kunden mit diesem Vertragszweck vereinbar wäre, weil sie im Zusammenhang mit der Abrechnung der Mautgebühren steht. Ebensowenig ist es maßgeblich, ob es sich dabei um eine sinnvolle und zweckmäßige Zusatzleistung handelte, die dazu beitrüge, dass die Tankkartenkunden ihre Verfügungslimits einhielten und damit Zahlungsausfälle der Beklagten vermieden würden. Es ist ferner nicht von Bedeutung, ob die Beklagte gegenüber ihren Kunden in kürzeren Zeitabständen abrechnen könnte und ihnen dabei die hierfür erforderlichen Abrechnungsdaten mitteilen dürfte. Entscheidend ist, wie das Berufungs- gericht zutreffend angenommen hat, dass es der Vertragszweck des Zahlungsverkehrsvertrages nicht erfordert, den Kunden die Abschlagsdaten bereits vor einer Abrechnung zum Online-Abruf bereitzustellen.
47
III. Demnach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 06.07.2007 - 308 O 711/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 20.02.2008 - 5 U 161/07 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2010 - I ZR 47/08

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.
Bundesgerichtshof Urteil, 25. März 2010 - I ZR 47/08 zitiert 9 §§.

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Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 31 Einräumung von Nutzungsrechten


(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eing

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 87 Sendeunternehmen


(1) Das Sendeunternehmen hat das ausschließliche Recht, 1. seine Funksendung weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen,2. seine Funksendung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, Lichtbilder von seiner Funksendung herzustellen sowie die Bild-

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 87a Begriffsbestimmungen


(1) Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Be

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 87b Rechte des Datenbankherstellers


(1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder

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Referenzen

(1) Das Sendeunternehmen hat das ausschließliche Recht,

1.
seine Funksendung weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen,
2.
seine Funksendung auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen, Lichtbilder von seiner Funksendung herzustellen sowie die Bild- oder Tonträger oder Lichtbilder zu vervielfältigen und zu verbreiten, ausgenommen das Vermietrecht,
3.
an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, seine Funksendung öffentlich wahrnehmbar zu machen.

(2) Das Recht ist übertragbar. Das Sendeunternehmen kann einem anderen das Recht einräumen, die Funksendung auf einzelne oder alle der ihm vorbehaltenen Nutzungsarten zu nutzen. § 31 und die §§ 33 und 38 gelten entsprechend.

(3) Das Recht erlischt 50 Jahre nach der ersten Funksendung. Die Frist ist nach § 69 zu berechnen.

(4) § 10 Abs. 1 sowie die Vorschriften des Teils 1 Abschnitt 6 mit Ausnahme des § 47 Abs. 2 Satz 2 und des § 54 Abs. 1 gelten entsprechend.

(5) Sendeunternehmen und Weitersendedienste sind gegenseitig verpflichtet, einen Vertrag über die Weitersendung im Sinne des § 20b Absatz 1 Satz 1 durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme zu angemessenen Bedingungen abzuschließen, sofern nicht ein die Ablehnung des Vertragsabschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht; die Verpflichtung des Sendeunternehmens gilt auch für die ihm in Bezug auf die eigene Sendung eingeräumten oder übertragenen Senderechte. Auf Verlangen des Weitersendedienstes oder des Sendeunternehmens ist der Vertrag gemeinsam mit den in Bezug auf die Weitersendung durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme anspruchsberechtigten Verwertungsgesellschaften zu schließen, sofern nicht ein die Ablehnung eines gemeinsamen Vertragsschlusses sachlich rechtfertigender Grund besteht. Sofern Sendeunternehmen und Weitersendedienste Verhandlungen über andere Formen der Weitersendung aufnehmen, führen sie diese nach Treu und Glauben.

(6) Absatz 5 gilt für die Direkteinspeisung nach § 20d Absatz 1 entsprechend.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

(2) § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(1) Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.

(2) Datenbankhersteller im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, der die Investition im Sinne des Absatzes 1 vorgenommen hat.

(1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

(2) § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

(2) § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 57/07 Verkündet am:
15. Januar 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Cybersky

a) Wer für eine Ware, die nach dem Urheberrechtsgesetz sowohl rechtmäßig
als auch rechtswidrig genutzt werden kann, gezielt damit wirbt, dass diese für
urheberrechtswidrige Zwecke verwendet werden kann (hier: zur Verletzung
des Sendeunternehmen zustehenden Leistungsschutzrechts nach § 87
Abs. 1 UrhG), darf diese Ware nicht in Verkehr bringen, solange die von ihm
geschaffene Gefahr einer urheberrechtswidrigen Verwendung fortbesteht.

b) Der vorbeugende Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG erstreckt
sich auf die eine künftige Rechtsverletzung vorbereitenden Maßnahmen; er
umfasst daher auch die Werbung für eine Ware mit der Aussage, diese könne
zur Verletzung von nach dem Urheberrechtsgesetz geschützten Rechten
verwendet werden (Bestätigung von BGH, Urt. v. 22.1.1960 - I ZR 41/58,
GRUR 1960, 340, 343 f. - Werbung für Tonbandgeräte).
BGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - I ZR 57/07 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Januar 2009 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter
Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 14. Februar 2007 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin vertreibt unter der Bezeichnung „Premiere“ gegen Entgelt verschlüsselte digitale Fernsehprogramme („Pay-TV“). Der Beklagte hat die Software „Cybersky TV“ entwickelt. Er ist Mitglied des Vorstands der TC Unterhaltungselektronik AG (TCU AG), die die Software „TVOON Media Center“ vertreibt. Die Software „Cybersky TV“ soll es als Bestandteil des „TVOON Media Center“ ermöglichen, zwischen den Nutzern dieser Software, deren Computer mit dem Internet verbunden sind, ein sogenanntes Peer-to-Peer-Netzwerk zu schaffen, innerhalb dessen Daten in großer Menge und hoher Geschwindigkeit gesendet und empfangen werden können. In diesem Netzwerk könnten insbesondere Fernsehprogramme nahezu ohne zeitliche Verzögerung übertragen werden. Abonnenten eines Bezahlfernsehsenders wäre es damit grundsätzlich möglich, dessen Programm in das Netzwerk einzuspeisen, so dass andere Nutzer der Software, die nicht Abonnenten dieses Senders sind, die Sendungen ebenfalls sehen könnten. In einer im Internet veröffentlichten Presseerklärung, als deren Verantwortliche die TCU AG und deren Vorstandsvorsitzende genannt wurden, wurde das „TVOON Media Center“ mit der Aussage beworben: Wenn also das normale TV nichts mehr zu bieten hat, reicht ein Knopfdruck auf die Fernbedienung und „kostenloses Pay-TV“ steht bereit.
2
Die Klägerin hat vorgetragen, sie wende sich nicht gegen Peer-to-PeerSysteme als solche, sondern dagegen, dass der Beklagte und die TCU AG ein solches System auf die kostenlose Nutzung von Bezahlfernsehen ausgerichtet hätten. Sie sieht darin insbesondere einen Eingriff in das ausschließliche Recht, ihre Funksendungen weiterzusenden und öffentlich zugänglich zu machen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG), und nimmt den Beklagten auf Unterlassung in Anspruch.
3
Das Landgericht hat dem Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten, 1. die Software TVOON Media Center mit der Formulierung „Wenn also das normale TV nichts mehr zu bieten hat, reicht ein Knopfdruck auf die Fernbedienung und ‚kostenloses Pay-TV’ steht bereit“ anzubieten oder zu bewerben ; 2. die Software „Cybersky TV“ anzubieten, zu verbreiten und/oder zu betreiben, sofern mittels dieser Software entschlüsselte Inhalte des Pay-TV-Angebots der Klägerin im Rahmen eines Peer-to-Peer-Systems von Nutzern dieser Software im Internet versendet und/oder empfangen werden können.
4
Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg ZUM-RD 2007, 569). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt , das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte sei gemäß §§ 97, 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG zur Unterlassung verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe durch sein Verhalten eine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzung des Senderechts der Klägerin an ihren „Pay-TV“Programmen durch Nutzer der Software „Cybersky TV“ gesetzt und sei dafür als Störer verantwortlich.
6
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
7
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Unterlassungsantrag zu 2 sei gemäß §§ 97, 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG begründet, hält der rechtlichen Nach- http://www.juris.de/jportal/portal/t/h4v/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=4&numberofresults=301&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301202001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/h4v/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/h4v/## - 5 - prüfung stand. Der mit diesem Antrag geltend gemachte vorbeugende Unterlassungsanspruch setzt eine konkret drohende Verletzung von Rechten der Klägerin (dazu a), eine Haftung des Beklagten (dazu b) und eine fortbestehende Erstbegehungsgefahr (dazu c) voraus. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das beanspruchte Vertriebsverbot ist auch nicht unverhältnismäßig (dazu d).
8
a) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch setzt voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine in naher Zukunft konkret drohende Rechtsverletzung bestehen (vgl. zum Urheberrecht BGH, Urt. v. 9.6.1983 - I ZR 70/81, GRUR 1984, 54, 55 - Kopierläden; Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 420 = WRP 1999, 211 - Möbelklassiker; zum Markenrecht BGH, Urt. v. 13.3.2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Tz. 17 = WRP 2008, 1353 - Metrosex; zum Wettbewerbsrecht BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1175 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass solche Anhaltspunkte im Streitfall gegeben sind.
9
aa) In der Darstellung der Produkte „Cybersky TV“ und „TVOON Media Center“ durch die TCU AG finden sich nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zahlreiche - vom Berufungsgericht im einzelnen aufgeführte - Hinweise an interessierte Anwender, dass diese Produkte sich für den kostenlosen Empfang von „Pay-TV“-Programmen eignen, darunter die auf einer Internet-Seite eingestellte Werbung: Wenn also das normale TV nichts mehr zu bieten hat, reicht ein Knopfdruck auf die Fernbedienung und „kostenloses Pay-TV“ steht bereit.
10
Diese Hinweise begründen, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, die Gefahr, dass Abonnenten der Klägerin die Software „Cybersky TV“, wenn diese - wie beabsichtigt - in den Handel gebracht würde, dazu verwendeten, die von ihnen (zulässigerweise) entschlüsselten Programme der Klägerin (unzulässigerweise) an beliebige Dritte weiterzuleiten. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, diese Abonnenten verletzten damit das der Klägerin als Sendeunternehmen nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 UrhG zustehende Senderecht, wird von der Revision nicht beanstandet und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.
11
bb) Die Revision hat zwar - in anderem Zusammenhang - gerügt, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung und damit unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör das unter Sachverständigenbeweis gestellte Vorbringen des Beklagten übergangen, die von ihm entwickelte Software sei nicht geeignet, entschlüsselte Inhalte des „Pay-TV“-Angebots der Klägerin im Internet zu versenden oder zu empfangen, weil diese Software keinen digitalen Eingang habe und die von der Klägerin ausgestrahlten digitalen Sendesignale daher nicht einspeisen könne. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen jedoch mit Recht als nicht durchgreifend erachtet.
12
Es geht im Streitfall - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht darum, ob die Software des Beklagten ein unbefugtes Entschlüsseln der Programme der Klägerin ermöglicht, sondern allein darum, ob sie ein unberechtigtes Weiterverbreiten dieser Programme gestattet. Jedenfalls für ein Weiterleiten entschlüsselter Programme ist die Software des Beklagten grundsätzlich geeignet, da die digitalen Sendesignale bei der Entschlüsselung in analoge Sendesignale umgewandelt werden und die Software „Cybersky TV“ nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten „analoge, im missbräuchlichen Fall von ‚Pay-TV’ also bereits decodierte Signale“, weiterleiten kann.
13
b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass der Beklagte für die drohenden Rechtsverletzungen haftet. Der Beklagte kann vorbeugend auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, weil er durch die ihm zuzurechnende Werbung der TCU AG für die Software „Cybersky TV“ und das „TVOON Media Center“ dazu beigetragen hat, dass bei einem Inverkehrbringen der Software „Cybersky TV“ Urheberrechtsverletzungen durch Abonnenten der Klägerin zu befürchten sind.
14
aa) Der vorbeugende Unterlassungsanspruch kann sich nicht nur gegen den möglichen Täter, sondern auch gegen denjenigen richten, der als potentieller Teilnehmer oder Störer eine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzungshandlung begründet hat (zur Haftung des Teilnehmers BGHZ 172, 119 Tz. 30 - Internet -Versteigerung II; BGH, Urt. v. 3.7.2008, GRUR 2008, 810 Tz. 44 = WRP 2008, 1182 - Kommunalversicherer; zur Haftung des Störers BGHZ 172, 119 Tz. 41 - Internet-Versteigerung II, jeweils m.w.N.).
15
bb) Dem Beklagten ist die Werbung der TCU AG für das „TVOON Media Center“ und die Software „Cybersky TV“ als Mitglied deren Vorstands zuzurechnen , weil er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts sämtliche Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit dem „TVOON Media Center“ bzw. der Software „Cybersky“, wenn nicht selbst veranlasst, so doch zumindest gekannt hat und hätte verhindern können (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1985 - I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 250 f. - Sporthosen).
16
cc) Mit dieser ihm zuzurechnenden Werbung hat der Beklagte willentlich und adäquat kausal dazu beigetragen, dass bei einem Inverkehrbringen der Software „Cybersky TV“ Urheberrechtsverletzungen durch Abonnenten der Klägerin zu befürchten sind.
17
An der adäquaten Kausalität des Verhaltens des Beklagten fehlt es nicht deshalb, weil die Klägerin - wie die Revision in anderem Zusammenhang vorbringt - selbst dadurch zu Urheberrechtsverletzungen beiträgt, dass sie nicht mehr ihren sogenannten Makrovision-Kopierschutz einsetzt. Die Klägerin verwendet diesen Kopierschutz nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur für ihr Programmangebot „Premiere Direkt“ - bei dem in der Form des „video -on-demand“ hochaktuelle Filme auf individuelle Anforderung des Nutzers zur einmaligen Ansicht ohne Möglichkeit, diese zu speichern oder zu kopieren, bezogen werden können -, so dass weite Teile des Programmangebots der Klägerin nicht gegen ein Kopieren geschützt sind. Die Frage eines Kopierschutzes ist im Streitfall jedoch, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ohne Bedeutung. Es geht hier nicht darum, ob die Software des Beklagten ein unbefugtes Speichern oder Kopieren von Programmen der Klägerin ermöglicht, sondern allein darum, ob sie ein unzulässiges Weiterleiten von Programmen der Klägerin an Nutzer der Software erlaubt, die keine Abonnenten der Klägerin sind. Für die Verletzung des Senderechts der Klägerin durch ein Weiterleiten der Programme ist es ohne Belang, ob die Programme gespeichert oder kopiert werden können.
18
dd) Es kann dahinstehen, ob der Beklagte - wie die Revisionserwiderung geltend macht - als Teilnehmer haftet, weil er nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen vorsätzlich auf künftige Rechtsverletzungen durch Dritte hingewirkt hat. Der Beklagte haftet für mögliche Urheberrechtsverletzun- gen durch Abonnenten der Klägerin jedenfalls - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - als Störer auf Unterlassung.
19
(1) Als Störer kann wegen einer Schutzrechtsverletzung derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des Schutzrechts beiträgt (BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; BGHZ 172, 119 Tz. 40 - Internet-Versteigerung II, m.w.N.). Weil die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus, deren Umfang sich danach bestimmt, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (für das Urheberrecht BGH GRUR 1999, 418, 419 f. - Möbelklassiker; für das Markenrecht BGHZ 158, 236, 251 - Internet-Versteigerung I; BGHZ 172, 119 Tz. 40 - Internet-Versteigerung II, m.w.N.).
20
Die Störerhaftung für Produkte, die - wie hier die Software „Cybersky TV“ - nicht nur rechtmäßig, sondern auch zu Eingriffen in Rechte Dritter benutzt werden können, hängt gleichfalls davon ab, ob der rechtsverletzende Gebrauch des Produkts durch selbständig handelnde Dritte bei objektiver Betrachtung nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt und ob dem als Störer in Anspruch Genommenen eine Haftung billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1960 - I ZR 41/58, GRUR 1960, 340, 344 - Werbung für Tonbandgeräte ; Urt. v. 12.6.1963 - Ib ZR 23/62, GRUR 1964, 91, 92 - TonbänderWerbung ; Urt. v. 26.6.1963 - Ib ZR 127/62, GRUR 1964, 94, 96 - Tonbandgeräte -Händler; BGHZ 42, 118, 124 f. - Private Tonbandaufnahme; BGH GRUR 1984, 54, 55 - Kopierläden).
21
(2) Nach diesen Maßstäben haftet der Beklagte für die zu befürchtenden Verletzungen des Senderechts der Klägerin durch Nutzer der Software „Cybersky TV“ als Störer. Der Beklagte hat gezielt damit geworben, dass die Software „Cybersky TV“ - rechtswidrig - dazu verwendet werden kann, „Pay-TV“Programme zu senden und zu empfangen. Unter diesen Umständen ist es ihm zuzumuten zu prüfen, ob die von ihm damit geschaffene Gefahr von Rechtsverletzungen fortbesteht; er ist verpflichtet, von einem Inverkehrbringen der Software abzusehen, so lange diese Gefahr nicht ausgeräumt ist (vgl. Spindler, MMR 2006, 403, 404). Da die Gefahr einer Verletzung von Rechten der Klägerin - wie unter II 1 c ausgeführt wird - nicht entfallen ist, führt diese Prüfung zu dem Ergebnis, dass der Beklagte das Inverkehrbringen der Software zu unterlassen hat.
22
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Beklagte sich - entgegen der Behauptung der Revision - nicht darauf beschränkt, möglichen Kunden eine anwendungsneutrale - also auch für rechtmäßige Zwecke verwendbare - Software anzubieten, sondern er hat gezielt mit dem Hinweis für die Software geworben, dass diese für das - wie ihm bewusst war - rechtswidrige Verbreiten und Empfangen von „Pay-TV“-Programmen genutzt werden kann. Das Berufungsgericht hat insoweit - von der Revision unbeanstandet - festgestellt, der Beklagte habe gegenüber potentiellen Erwerbern die Möglichkeit , mit der Software Rechtsverletzungen zu begehen, selbst herausgestellt und die Gefahr von Rechtsverletzungen damit willentlich herbeigeführt. Er habe die interessierten Anwender im Rahmen der Bewerbung und Beschreibung des Produkts auf die Möglichkeit einer rechtsmissbräuchlichen Nutzung seines Programms „Cybersky TV“ im Rahmen des „TVOON Media Center“ hingewiesen und diese damit zu dessen Zweckbestimmung erhoben. Bei einer Gesamtbetrachtung aller dem Beklagten zuzurechnenden Äußerungen könne es keinem Zweifel unterliegen, dass der Hersteller die Produkte „TVOON Media Center“ und „Cybersky“ gezielt zumindest auch mit einer Zweckeignung zur Urheberrechtsverletzung angeboten habe.
23
c) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die vom Beklagten herbeigeführte Erstbegehungsgefahr fortbesteht. An den Wegfall der bei einer konkret drohenden Verletzungshandlung bestehenden Erstbegehungsgefahr sind allerdings grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen als an den Fortfall der durch eine bereits begangene Verletzungshandlung begründeten Wiederholungsgefahr. Anders als für die durch eine Verletzungshandlung begründete Wiederholungsgefahr besteht für den Fortbestand der Erstbegehungsgefahr keine Vermutung. Für die Beseitigung der Erstbegehungsgefahr genügt daher grundsätzlich ein „actus contrarius“, also ein der Begründungshandlung entgegengesetztes Verhalten, das allerdings unmissverständlich und ernst gemeint sein muss (BGH, Urt. v. 31.5.2001 - I ZR 106/99, GRUR 2001, 1174, 1176 = WRP 2001, 1076 - Berühmungsaufgabe; GRUR 2008, 912 Tz. 30 - Metrosex, m.w.N.). Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht angenommen werden, dass die Erstbegehungsgefahr danach beseitigt ist.
24
aa) Die Erstbegehungsgefahr ist nicht dadurch entfallen, dass der Beklagte von der beanstandeten Werbung für die Software „Cybersky TV“ Abstand genommen hat.
25
(1) Entgegen der Darstellung der Revision hat das Berufungsgericht schon nicht festgestellt, der Beklagte habe mittlerweile von dem werbenden Verhalten Abstand genommen und sich aktiv darum bemüht, die hierdurch den interessierten Verkehrskreisen zur Kenntnis gebrachte Möglichkeit einer Rechtsverletzung zu unterbinden und ihr damit die Grundlage zu entziehen. Das Berufungsgericht hat lediglich ausgeführt, dass in einem derartigen Fall die Folgewirkungen der Werbung mit rechtsverletzenden Nutzungsmöglichkeiten so weit neutralisiert sein könnten, dass hiervon keine relevante Gefahr mehr für die berechtigten Interessen der Klägerin ausgehe. Das Berufungsgericht hat jedoch festgestellt, dass eine solche Situation hier nicht gegeben sei. Es fehle bereits daran, dass der Beklagte von einer weiteren Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin nunmehr Abstand genommen habe.
26
(2) Die Revision rügt ohne Erfolg, die Annahme des Berufungsgerichts, es fehle bereits daran, dass der Beklagte von einer weiteren Beeinträchtigung der Rechte der Klägerin Abstand genommen habe, verstoße gegen die Denklogik ; da das Berufungsgericht die Störerhaftung lediglich über das werbliche Verhalten des Beklagten begründet habe, sei die Erstbegehungsgefahr beseitigt , wenn dieses werbliche Verhalten nicht fortgesetzt werde. Das Berufungsgericht hat - in anderem Zusammenhang - festgestellt, der Beklagte habe durch sein rechtsverletzendes Verhalten in der einschlägigen „Nutzerszene“ bereits eine erhebliche Erwartungshaltung geweckt, die - nicht ohne sein Zutun - durch die Presseöffentlichkeit wirksam transportiert worden sei; es sei lebensfremd, anzunehmen, die damalige Anpreisung der Möglichkeiten des Produkts „Cybersky TV“ sei zwischenzeitlich in Vergessenheit geraten. Mit Rücksicht hierauf hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, dass die rechtswidrige Werbemaßnahme selbst dann noch fortwirke, wenn sie nicht mehr fortgesetzt werde und dass daher ein bloßes Unterlassen oder Verbot weiterer Werbung die Gefahr von Rechtsverletzungen nicht entfallen lasse.
27
bb) Die Revision beruft sich vergeblich darauf, dass der Beklagte einen sogenannten Disclaimer benutzt. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, etwaige Hinweise auf die Verpflichtung, vor der Nutzung von Bezahlfernsehen eine Genehmigung der Urheber einzuholen, könnten der Gefahr einer Rechtsverletzung nicht wirksam entgegenwirken. Es sei allgemein bekannt, dass die Anbieter von Bezahlfernsehen keine Genehmigung zur Übertragung ihrer Programme in „Peer-to-Peer“-Netzen erteilten. Zudem sei die Attraktivität einer Software, mit der die Notwendigkeit der Vergütung von Bezahlfernsehen umgangen werden könne, heutzutage in den „einschlägigen“ Nutzerkreisen so hoch, dass allein ein verbaler Hinweis auf die Verpflichtung zur Rechtstreue Verstöße nicht einmal in Ansätzen verhindern könne. Derartige Hinweise würden aufgrund der Art und Weise der Produktwerbung des Beklagten vielmehr sogar als verdeckte Aufforderung zur Urheberrechtsverletzung verstanden. Die Revision hat nicht aufgezeigt, dass diese Beurteilung des Berufungsgerichts der Lebenserfahrung widerspricht oder sonst auf Rechtsfehlern beruht.
28
cc) Die Revision macht schließlich ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe den Vortrag des Beklagten, er habe die Software „Cybersky TV“ inzwischen mit einer Filterfunktion versehen, die ein Einspeisen von Programmen der Klägerin ins Internet verhindere, unter Verstoß gegen das Verbot der vorweggenommenen Beweiswürdigung und unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Aus diesem Vortrag ergebe sich, dass die von der Software ausgehende Gefahr einer Verletzung von Senderechten der Klägerin wirksam beseitigt sei.
29
Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass die Parteien in und nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 28. März 2006 eingehend darüber diskutiert haben, ob und inwieweit es technisch möglich ist, eine Weiterleitung der Sendeinhalte der Klägerin mit der Software des Beklagten sicher auszuschließen und dass insoweit keine Verständigung zwi- schen den Parteien erzielt werden konnte. Der Beklagte hat der Klägerin nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit Schreiben bzw. E-Mail vom 13. April 2006 sowie 19. April 2006 eine als „Vergleichsvorschlag“ bezeichnete Stellungnahme übermittelt. Die Klägerin hat hierzu mit Schreiben vom 2. Mai 2006 inhaltlich Stellung bezogen und dabei Klärungsbedarf angemeldet und eine Reihe von Nachfragen gestellt. Dieses Schreiben ist unbeantwortet geblieben. Im Hinblick auf diese ergebnislos gebliebene vorangegangene Diskussion über technische Lösungsmöglichkeiten hat das Berufungsgericht die schlichte Behauptung des Beklagten, die Programmsignale der Klägerin nunmehr herausfiltern zu können, mit Recht als nicht hinreichend substantiiert angesehen und den Vortrag konkreter Fakten für erforderlich gehalten, anhand deren zumindest in Ansätzen konkret hätte nachvollzogen werden können, dass bzw. in welcher Weise die Einspeisung von Programmsignalen der Klägerin umfassend , zuverlässig und dauerhaft verhindert werden kann, ohne dass die Programmanwender die behauptete Sperrfunktion nachträglich wieder aufheben können.
30
d) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass das Vertriebsverbot nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt.
31
aa) Da der Beklagte die Gefahr, dass Abonnenten von Bezahlfernsehsendern die Software zur Verletzung des Senderechts von Sendeunternehmen verwenden, selbst vorsätzlich herbeigeführt hat, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei ihm unmöglich oder unzumutbar, diese Gefahr zu beseitigen. Ebensowenig kann er geltend machen, das Vertriebsverbot sei deswegen unverhältnismäßig, weil die Klägerin imstande sei, ihre Programme mit Schutzvorrichtungen zu versehen. Es ist nicht Sache der Klägerin, sondern des Be- klagten, die von ihm begründete Gefahr einer Verletzung von Rechten der Klägerin auszuräumen.
32
bb) Durch das Vertriebsverbot wird entgegen der Ansicht der Revision weder ein von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell in Frage gestellt oder unverhältnismäßig erschwert (vgl. BGHZ 158, 236, 251 f. - InternetVersteigerung I; BGH GRUR 2007, 890, 894 Tz. 39 - Jugendgefährdende Medien bei eBay) noch wird dadurch das vom Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) umfasste Recht des Beklagten zur wirtschaftlichen Verwertung seiner beruflichen Leistungen verletzt (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.2004 - I ZR 26/02 - GRUR 2004, 877, 880 = WRP 2004, 1272 - Werbeblocker).
33
Das Vertriebsverbot richtet sich, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht gegen sogenannte Peer-to-Peer-Systeme als solche - die für sich genommen rechtlich unbedenklich sind - sondern allein dagegen, dass der Beklagte und die TCU AG die Software „Cybersky TV“ durch deren Darstellung in der Werbung auf die kostenlose Nutzung von Bezahlfernsehsendungen und damit auf die Möglichkeit von Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet haben. Die Rechtsordnung billigt keine Geschäftsmodelle, die auf einer Verletzung von Rechten Dritter gründen; der Schutz der Berufsfreiheit kann für sie nicht in Anspruch genommen werden.
34
Darüber hinaus ist dem Beklagten auch kein uneingeschränktes Vertriebsverbot auferlegt; vielmehr ist ihm der Vertrieb der Software „Cybersky TV“ nur untersagt, soweit damit entschlüsselte Inhalte des „Pay-TV“-Angebots der Klägerin im Rahmen eines Peer-to-Peer-Systems versendet oder empfangen werden können. Soweit ein Versenden oder Empfangen entschlüsselter Programme der Klägerin beispielsweise durch den - nach Darstellung des Beklag- ten technisch möglichen - Einbau eines Filters verhindert wird, steht das im vorliegenden Rechtsstreit verhängte Vertriebsverbot einem Inverkehrbringen der Software „Cybersky TV“ nicht entgegen.
35
2. Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die mit dem Unterlassungsantrag zu 1 angegriffene Werbung sei rechtswidrig, hat die Revision keine Rügen erhoben. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG erstreckt sich auf die eine künftige Rechtsverletzung vorbereitenden Maßnahmen (BGH GRUR 1960, 340, 343 f. - Werbung für Tonbandgeräte; OLG Köln GRUR-RR 2006, 5, 6). Er umfasst daher auch die vorliegende Werbung für die Software „TVOON Media Center“ mit der Aussage, diese könne zum kostenlosen Empfang von „Pav-TV“ - und damit zur Verletzung des Senderechts von Sendeunternehmen, die Bezahlfernsehen anbieten - genutzt werden.
36
III. Die Revision des Beklagten ist danach mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bornkamm Büscher Richter am BGH Dr. Schaffert istinUrlaubundkanndaher nichtunterschreiben. Bornkamm Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 13.06.2006 - 312 O 136/05 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.02.2007 - 5 U 134/06 -

(1) Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.

(2) Datenbankhersteller im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, der die Investition im Sinne des Absatzes 1 vorgenommen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEILURTEIL
I ZR 191/05 Verkündet am:
30. April 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Elektronischer Zolltarif

a) Aufwendungen für den Erwerb einer fertigen Datenbank oder einer Lizenz
an einer solchen Datenbank können keine Rechte als Datenbankhersteller
begründen.

b) Es kann das Vervielfältigungsrecht des Datenbankherstellers verletzen,
wenn eine auf CD-ROM gespeicherte Datenbank vollständig auf die Festplatte
eines Computers kopiert wird, um die aufgrund eines elektronischen
Datenabgleichs ermittelten Daten dazu zu verwenden, ein Wettbewerbsprodukt
zu aktualisieren.

c) Schon die einmalige Entnahme aller geänderten Daten aus einer CD-ROM
- durch Erstellung einer Änderungsliste oder unmittelbare Übernahme -
kann das Tatbestandsmerkmal der qualitativen Wesentlichkeit der Entnahme
erfüllen.
BGH, Urt. v. 30. April 2009 - I ZR 191/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. Schaffert, Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten zu 2 gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 28. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin wird das genannte Urteil unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels hinsichtlich der Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz und insoweit aufgehoben , als die Verurteilung des Beklagten zu 2 zur Auskunft und Herausgabe sowie die Feststellung seiner Schadensersatzverpflichtung (Tenor zu 1 b, c und zu 2) zeitlich beschränkt worden ist. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26. November 2003 weitergehend in der Weise abgeändert, dass die im Tenor des Berufungsurteils unter 1 b, c und 2 vorgesehene zeitliche Beschränkung bei der Verurteilung des Beklagten zu 2 zur Auskunft und Herausgabe sowie bei der Feststellung seiner Schadensersatzverpflichtung entfällt. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist die B. Verlagsgesellschaft. Ihr wurde mit Vertrag vom 27. Februar 1996 von der Bundesfinanzverwaltung das Vertriebsrecht an dem Elektronischen Zolltarif (im Folgenden: EZT) eingeräumt. Der EZT fasst die für die elektronische Zollanmeldung in der Europäischen Union erforderlichen Tarife und Daten zusammen. Grundlage des EZT ist die von der Europäischen Kommission gepflegte Datenbank TARIC. Die Oberfinanzdirektion Karlsruhe (im Folgenden: OFD Karlsruhe) ergänzt diese Datenbank für den EZT um nationale Untergliederungen und Maßnahmen und gibt sie an die Klägerin weiter. Außer im EZT werden jedenfalls die wichtigsten Daten auch im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.
2
Die Klägerin bietet den EZT online an. Sie hat daneben das Produkt „Tarife“ entwickelt, das auf CD-ROM vertrieben wird und die Daten des EZT mit einigen Besonderheiten in der Darstellung enthält. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, vertreibt unter der Bezeichnung „B. “, eine elektronische Datenbank, die dem gleichen Zweck wie der EZT und die CD-ROM „Tarife“ dient. In den Jahren 2001 und 2002 nahm die Klägerin bewusst unrichtige Daten in ihre Datensätze auf, die sich nachfolgend auch im B. fanden. Daneben enthielt die Datenbank der Beklagten Pflegefehler, die auch bei dem Produkt der Klägerin vorhanden waren.
3
Die Klägerin behauptet, dass die Beklagten zur Erstellung ihrer Datenbank in erheblichem Umfang Daten aus dem EZT und der Datenbank „Tarife“ entnommen hätten. Dies sei entweder durch eine vollständige Kopie der Datenbanken oder zumindest durch einen kompletten Abgleich in der Weise geschehen , dass das Produkt der Klägerin zumindest zeitweise in den Arbeitsspeicher des Computers der Beklagten übernommen worden sei. Die Übernahme der Daten verletze die Rechte der Klägerin als Datenbankherstellerin und als Vertriebsberechtigte.
4
Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, ohne Zustimmung der Klägerin den EZT oder das Produkt „Tarife“ der Klägerin in der jeweils aktuellen Fassung auszulesen, einen Datenabgleich zwischen den ausgelesenen Daten und den eigenen Daten aus dem Produkt B. vorzunehmen und auf der Grundlage des Datenabgleichs jeweils ein aktuelles Produkt B. herzustellen und/oder so hergestellte CD-ROMs anzubieten, zu bewerben und/oder in den Verkehr zu bringen.
5
Daneben hat die Klägerin die Beklagten auf Auskunftserteilung und Herausgabe in Anspruch genommen sowie die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz begehrt.
6
Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin hinsichtlich des Produkts „Tarife“ im Grundsatz bejaht, die Verurteilung zur Auskunftserteilung und zur Herausgabe sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht aber auf den Zeitraum ab dem 23. Januar 2001 beschränkt. Hinsichtlich des EZT hat es die Klageabweisung durch das Landgericht bestätigt (OLG Köln GRUR-RR 2006, 78 = ZUM 2006, 234).
7
Der Senat hat die Revisionen beider Parteien zugelassen. Die Klägerin verfolgt ihre Klageanträge, soweit diese auch im zweiten Rechtszug ohne Erfolg geblieben sind, in vollem Umfang weiter. Die Beklagten erstreben mit ihrer Revision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
8
Vor der mündlichen Verhandlung in der Revisionsinstanz ist über das Vermögen der Beklagten zu 1 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

Entscheidungsgründe:


9
A. Nach Ansicht des Berufungsgerichts haben die Beklagten das Datenbankrecht der Klägerin hinsichtlich der CD-ROM „Tarife“ verletzt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10
Bei der CD-ROM „Tarife“ handele es sich um eine Datenbank, deren Herstellerin die Klägerin sei. Die Klägerin habe wesentliche Investitionen zur Beschaffung, Überprüfung und Darstellung der Datenbank erbracht. Zu berücksichtigen seien insbesondere die Lizenzkosten für Beschaffung und Nutzung des EZT. Die Beklagten hätten die Datenbank „Tarife“ auf der Festplatte ihres Computers gespeichert und einen elektronischen Datenabgleich mit ihrer eigenen Datenbank B. vorgenommen, um diese Datenbank zu aktualisieren. Durch die Speicherung der Datenbank „Tarife“ auf der Festplatte sei diese insgesamt vervielfältigt worden. Auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage, welche und wie viele Datensätze letztlich in den B. kopiert worden seien , komme es daher nicht an. Dem Anspruch der Klägerin stehe § 5 UrhG nicht entgegen. Diese Bestimmung sei mit der Richtlinie 96/9/EG über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (Datenbankrichtlinie) unvereinbar und daher nicht anwendbar. Die Datenbank „Tarife“ sei auch kein amtliches Werk, weil die in ihr gesammelten Daten keinen regelnden Charakter hätten. Die CD-ROM „Tarife“ sei von der Klägerin als privatrechtlicher Gesellschaft aufgrund des Vertrags mit der Bundesfinanzverwaltung erstellt worden, der keine allgemeine Zugänglichkeit des EZT gewährleistet habe.
11
Keinen Erfolg habe der Klageantrag, soweit er sich auf den EZT beziehe. Der Vortrag der Klägerin ergebe schon nicht, dass die Beklagten die Daten aus dem EZT übernommen hätten.

12
Den Anträgen auf Auskunftserteilung, Herausgabe und Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz sei nur hinsichtlich der Verwendung der CDROM „Tarife“ und zeitlich nur insoweit stattzugeben, als sie sich auf Verletzungen bezögen, die nach der ersten festgestellten Verletzungshandlung erfolgt seien.
13
B. Das Verfahren ist unterbrochen, soweit es sich gegen die Beklagte zu 1 richtet. Das vorliegende Teilurteil betrifft daher nur die Revision des Beklagten zu 2 sowie die Revision der Klägerin, soweit mit ihr die Klageanträge gegen den Beklagten zu 2 weiterverfolgt werden.
14
C. Die Revision des Beklagten zu 2 ist unbegründet. Die Revision der Klägerin hat lediglich im Hinblick auf die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens sowie auf die zeitliche Beschränkung der Nebenansprüche Erfolg; im Übrigen ist sie ebenfalls unbegründet. Die auf eine Verletzung des Datenbankrechts gestützten Ansprüche stehen der Klägerin nur hinsichtlich der Datenbank „Tarife“, nicht jedoch hinsichtlich des EZT zu.
15
I. Der Klageantrag ist in der Auslegung, die das Berufungsgericht zugrunde gelegt hat, hinreichend bestimmt.
16
Der Antrag der Klägerin bezieht sich an sich auf zwei verschiedene Verletzungshandlungen , die sie wahlweise untersagt wissen möchte: Den Beklagten soll das Auslesen von Daten und der Datenabgleich verboten werden, gleichgültig ob dabei die Datenbank EZT oder die Datenbank „Tarife“ als Vorlage verwendet wird. Ein solches Verbot, das alternativ zwei verschiedene Verletzungshandlungen untersagt, wäre nicht hinreichend bestimmt und kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Eine andere, hier nicht zu entscheidende Fra- ge ist, ob ein klar definiertes Verhalten mit der Begründung untersagt werden kann, dass dadurch entweder das eine oder das andere Recht verletzt werde. Einen solchen Antrag, der eine entsprechende Verletzungshandlung in den Mittelpunkt stellen müsste, hat die Klägerin nicht gestellt.
17
Das Berufungsgericht hat den an sich auf wahlweise Verletzungshandlungen gerichteten Klageantrag mit Recht „geltungserhaltend“ so ausgelegt, dass die Klägerin beide Verletzungshandlungen untersagen lassen möchte. Auch wenn das Berufungsgericht sich zunächst überzeugt zeigt, dass die Beklagten entweder die Datenbank EZT oder die Datenbank „Tarife“ verwendet haben, wird aus seinen weiteren Ausführungen deutlich, dass es von einem Antrag ausgeht, nach dem beide Varianten untersagt werden sollen. Entsprechend hat das Berufungsgericht die Beklagten nach der einen Antragsvariante verurteilt und die Klage hinsichtlich der anderen Variante abgewiesen.
18
II. Zur Revision des Beklagten zu 2:
19
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass es sich bei der CD-ROM „Tarife“ um eine Datenbank i.S. des § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG handelt, deren Herstellerin die Klägerin ist.
20
a) Die CD-ROM „Tarife“ enthält nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts eine Sammlung von Daten, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel zugänglich sind.
21
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe eine wesentliche Investition i.S. des § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG für die Datensammlung „Tarife“ vorgenommen, ist im Ergebnis zutreffend.

22
aa) Die Revision des Beklagten zu 2 rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht die an das Bundesministerium der Finanzen für die Überlassung des EZT gezahlten Lizenzgebühren als Beschaffungskosten i.S. des § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG für die CD-ROM „Tarife“ angesehen hat.
23
(1) Bei der Auslegung des Begriffs einer für die Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der Elemente der Datenbank „nach Art oder Umfang wesentlichen Investition“ i.S. von § 87a Abs. 1 UrhG kann auf die Bestimmung des Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie zurückgegriffen werden, deren Umsetzung § 87a UrhG dient. Das Ziel des durch die Richtlinie geschaffenen Schutzes besteht darin, einen Anreiz für die Einrichtung von Systemen zur Speicherung und Verarbeitung vorhandener Informationen zu geben. Der Begriff der mit der Beschaffung des Inhalts einer Datenbank verbundenen wesentlichen Investitionen schließt mithin solche Mittel ein, die für die Ermittlung von vorhandenen Elementen und deren Zusammenstellung in der Datenbank aufgewandt werden. Er umfasst dagegen nicht die Mittel, die eingesetzt werden, um die Elemente zu erzeugen, aus denen der Inhalt einer Datenbank besteht (vgl. EuGH, Urt. v. 9.11.2004 - C-203/02, Slg. 2004, I-10415 = GRUR 2005, 244 Tz. 31 - BHBPferdewetten ; Urt. v. 9.11.2004 - C-338/02, Slg. 2004, I-10497 = GRUR 2005, 252 Tz. 24 - Fixtures-Fußballspielpläne I; Urt. v. 9.11.2004 - C-444/02, Slg. 2004, I-10549 = GRUR 2005, 254 Tz. 40 - Fixtures-Fußballspielpläne II; BGHZ 164, 37, 43 - HIT BILANZ).
24
(2) Zwar können auch Investitionen in vorbestehende Produkte wie der Erwerb sonderrechtlich nicht geschützter Daten oder notwendiger Nutzungsrechte an den in die Datenbank aufgenommenen Werken Beschaffungskosten sein (Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 87a Rdn. 13; Schricker/Vogel, Urheberrecht , 3. Aufl., § 87a UrhG Rdn. 28). Vorliegend geht es jedoch um eine Lizenz an einer anderen Datenbank. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beruht die Datenbank „Tarife“ auf den Daten des EZT, der selbst eine Datenbank ist. Der EZT wird nicht von der Klägerin, sondern von der OFD Karlsruhe auf der Grundlage von Daten der Kommission erstellt. Da § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG nur die dem Aufbau einer Datenbank gewidmeten Investitionen erfasst, zählt der bloße Erwerb einer fertigen Datenbank oder einer Lizenz an einer solchen Datenbank nicht zu den schutzbegründenden Investitionen (vgl. Schricker/ Vogel aaO § 87a UrhG Rdn. 19; Dreier/Schulze aaO § 87a Rdn. 13; Möhring/ Nicolini/Decker, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 87a Rdn. 14; Gaster, Der Rechtsschutz von Datenbanken, 1999, Rdn. 480; Haberstumpf, GRUR 2003, 14, 26; Westkamp, Der Schutz von Datenbanken und Informationssammlungen im britischen und deutschen Recht, 2003, S. 119).
25
bb) Auch der Festbetrag und die Lizenzzahlungen, die die Klägerin aufgrund des Vertrags vom 27. August 1996 für das Programmpaket „Tarife“ an das Unternehmen E. gezahlt hat, konnten für sie kein Datenbankherstellerrecht begründen. Ausweislich der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Aussage des Zeugen W. hat die Klägerin mit diesem Vertrag lediglich Lizenzrechte erworben, während die weitere Entwicklung und Pflege des Produkts weiterhin durch E. erfolgte.
26
cc) Auch wenn die Lizenzzahlungen der Klägerin unberücksichtigt bleiben , hat sie indes für die Datenbank „Tarife“ nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wesentliche Investitionen aufgewendet.
27
(1) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin zum 1. Januar 2000 für einen Kaufpreis von 3,5 Mio. € alle Rechte an dem Produkt „Tarife“ von E. erworben hat. Sofern E. Inhaber eines Datenbankherstellerrechts für die Datenbank „Tarife“ war, wurde damit dieses Recht auf die Klä- gerin übertragen. Mangels persönlichkeitsrechtlicher Elemente ist das Datenbankherstellerrecht frei übertragbar (Thum in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., Vor §§ 87a ff. UrhG Rdn. 27; Schricker/Vogel aaO Vor §§ 87a ff. UrhG Rdn. 24; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 2. Aufl., § 87a UrhG Rdn. 41). Auch wenn es naheliegt, dass E. wesentliche Investitionen für die Herstellung und Pflege der Datenbank „Tarife“ erbracht und ein Datenbankherstellerrecht erworben hat, hat das Berufungsgericht dazu allerdings keine Feststellungen getroffen. Es hat jedoch festgestellt, dass die Klägerin für die Programmwartung, ständige Überprüfung und Einbringung der EZT-Daten sowie die Verbesserung der Darstellung des Produkts „Tarife“ im Zeitraum 2000 bis 2003 Personalkosten in Höhe von insgesamt rund 900.000 € aufgewendet hat. Dieser Aufwand diente dazu, die EZT-Daten für kommerzielle Kunden benutzerfreundlich zugänglich und damit in sinnvoller Weise nutzbar zu machen. Es handelt sich dabei um wesentliche Investitionen in die Darstellung des Inhalts der Datenbank, die schon für sich allein ein Datenbankherstellerrecht der Klägerin begründen. Der Begriff der mit der Darstellung des Inhalts der Datenbank verbundenen Investition bezieht sich auf die Mittel, die der systematischen oder methodischen Anordnung der in der Datenbank enthaltenen Elemente und der Organisation der individuellen Zugänglichkeit dieser Elemente gewidmet werden (vgl. EuGH GRUR 2005, 252 Tz. 27 - Fixtures-Fußballspielpläne I; GRUR 2005, 254 Tz. 43 - Fixtures-Fußballspielpläne II).
28
Die Revision des Beklagten zu 2 macht geltend, dass die ständigen Aktualisierungen der Datenbank EZT durch die OFD Karlsruhe auf Basis der TARIC-Datenbank erfolgt seien. Das schließt jedoch wesentliche Investitionen der Klägerin in die Darstellung ihrer Datenbank „Tarife“ nicht aus und steht deshalb der Feststellung wesentlicher Investitionen durch das Berufungsgericht nicht entgegen. Dem Charakter des Datenbankrechts als Schutzrecht sui generis entsprechend kommt es nicht darauf an, ob sich die Investitionen in die Dar- stellung auf vom Hersteller der Datenbank selbst gewonnene oder von ihm anderweitig erworbene Daten beziehen.
29
(2) Die erheblichen Aufwendungen für die Darstellung der Datenbank belegen auch, dass sich die Datenbank „Tarife“ nicht in einer bloßen Übernahme der Datenbank EZT erschöpft. „Tarife“ beruht nach den Feststellungen zwar auf den Daten des EZT, unterscheidet sich aber in der Darstellung. Das Produkt „Tarife“ ist schon aus diesem Grund gegenüber dem EZT eine eigenständige Datenbank. Unerheblich ist, dass alle in „Tarife“ abrufbaren Daten aus dem EZT stammen (vgl. EuGH GRUR 2005, 254 Tz. 25 - Fixtures-Fußballspielpläne II).
30
2. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Datenbank „Tarife“ kein gemäß § 5 UrhG gemeinfreies amtliches Werk ist. Daher bedarf die Frage, ob die entsprechende Anwendung dieser Bestimmung auf Datenbanken i.S. des § 87a UrhG mit der Datenbankrichtlinie vereinbar ist, keiner Klärung.
31
a) Amtliche Werke sind Werke, für deren Inhalt erkennbar ein Amt verantwortlich ist oder die einem Amt zuzurechnen sind (BGH, Urt. v. 12.6.1981 - I ZR 95/79, GRUR 1982, 37, 40 - WK-Dokumentation; Urt. v. 9.10.1986 - I ZR 145/84, GRUR 1987, 166, 167 - AOK-Merkblatt; BGHZ 116, 136, 145 - Leitsätze). Ein Werk kann auch dann amtlichen Charakter haben, wenn es von einer Privatperson erstellt worden ist (vgl. BGHZ 168, 266 Tz. 15 - Vergaberichtlinien , m.w.N.). Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Privatperson aufgrund vertraglicher Vereinbarung mit einem Amt eine Aufgabe - etwa die Veröffentlichung bestimmter Informationen - erfüllt, die andernfalls das Amt unmittelbar erfüllen müsste (vgl. BGH, Beschl. v. 28.9.2006 - I ZR 261/03, GRUR 2007, 500 Tz. 20 f. = WRP 2007, 663 - Sächsischer Ausschreibungsdienst ).

32
b) Es kann an dieser Stelle dahinstehen, ob der EZT amtlichen Charakter hat und ob eine Verpflichtung der Finanzverwaltung zur Veröffentlichung dieser Datenbank besteht (vgl. dazu unten unter II 3). Die Datenbank „Tarife“ hat nicht schon deshalb amtlichen Charakter, weil sie auf der Datenbank EZT aufbaut. Bei Datenbanken ist entgegen der Ansicht der Revision nicht maßgeblich, ob die einzelnen Inhalte der Datenbank amtlichen Charakter haben. Vielmehr ist entscheidend, ob dies für die Datenbank als solche, d.h. als Zusammenstellung der einzelnen Daten, der Fall ist (vgl. BGH GRUR 2007, 500 Tz. 13 - Sächsischer Ausschreibungsdienst). Die Datenbank „Tarife“ ist nicht mit der Datenbank EZT identisch. Eine Verpflichtung der Finanzverwaltung, gerade die Datenbank „Tarife“ als solche bekanntzumachen, ist deshalb nicht ersichtlich. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin im Auftrag der Finanzverwaltung auch den EZT vertreibt.
33
3. Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Verletzung des Datenbankherstellerrechts der Klägerin angenommen.
34
a) Eine Verletzungshandlung ist allerdings nicht ohne weiteres bereits darin zu sehen, dass die Beklagten die Datenbank „Tarife“ insgesamt auf der Festplatte eines Computers abgespeichert haben. Darin liegt bei der CD-ROM „Tarife“ grundsätzlich noch keine rechtswidrige Vervielfältigung i.S. der § 97 Abs. 1 Satz 1, § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG.
35
Der Begriff der Vervielfältigung entspricht inhaltlich demjenigen der Entnahme nach Art. 7 Abs. 2 lit. a der Datenbankrichtlinie (Schricker/Vogel aaO § 87b UrhG Rdn. 15; vgl. Dreier/Schulze aaO § 87b Rdn. 2, 3) und bezeichnet die „ständige oder vorübergehende Übertragung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger, ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme“. Er ist weit auszulegen und erfasst jede Handlung, die darin besteht, sich ohne Zustimmung des Datenbankherstellers die Ergebnisse seiner Investition anzueignen und ihm damit die Einkünfte zu entziehen, die es ihm ermöglichen sollen, die Kosten dieser Investition zu amortisieren (EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 51 - BHB-Pferdewetten; EuGH, Urt. v. 9.10.2008 - C-304/07, GRUR 2008, 1077 Tz. 31 ff. - Directmedia Publishing).
36
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Übertragung der Datenbank der Klägerin von der CD-ROM auf die Festplatte eines Computers und damit auf einen anderen Datenträger eine genehmigungspflichtige Vervielfältigung i.S. des § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG bzw. eine Entnahme i.S. des Art. 7 Abs. 2 lit. a der Datenbankrichtlinie darstellt (vgl. Erwägungsgrund 44 der Richtlinie; EuGH GRUR 2008, 1077 Tz. 47 - Directmedia Publishing; Schricker/Vogel aaO § 87b UrhG Rdn. 16; Dreier/Schulze aaO § 87b Rdn. 4, § 16 Rdn. 7; Möhring/Nicolini/Decker aaO § 87b Rdn. 3). Diese Vervielfältigung gehört jedoch grundsätzlich zur normalen Nutzung der Datenbank „Tarife“ und ist daher als solche nicht rechtswidrig. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Datenbank der Klägerin nur gelesen und mit ihr nur gearbeitet werden kann, wenn sie zuvor auf der Festplatte eines Computers installiert worden ist. Daher wird diese Vervielfältigung vom bestimmungsgemäßen Gebrauch der Datenbank umfasst, in den die Klägerin beim Verkauf der CD-ROM in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder zumindest konkludent eingewilligt hat (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 54 - BHB-Pferdewetten; GRUR 2008, 1077 Tz. 51 - Directmedia Publishing; Möhring/Nicolini/Decker aaO § 87b Rdn. 3).
37
b) Die Beklagten haben aber das Schutzrecht der Klägerin als Datenbankhersteller verletzt, indem sie die auf die Festplatte ihres Computers kopier- ten Daten der CD-ROM „Tarife“ für einen Datenabgleich verwendet haben, um ihr Wettbewerbsprodukt zu aktualisieren.
38
aa) Das Berufungsgericht hat zwar zunächst ausgeführt, die Beklagten hätten bestimmte Datensätze entweder aus dem EZT oder aber der CD-ROM „Tarife“ kopiert und alsdann in ihre eigene Datenbank eingestellt. Es hat aber sodann die Verwendung der CD-ROM „Tarife“ für einen Datenabgleich festgestellt. Anders als die Klägerin meint, liegt darin keine Widersprüchlichkeit der Entscheidungsgründe. Vielmehr hat das Berufungsgericht zu Beginn seiner Ausführungen die Erwägungen aus seinem Urteil vom 30. Oktober 2002 in dem Verfügungsverfahren 6 U 123/02 zwischen den Parteien wiedergegeben. Es hat sich jedoch nicht darauf beschränkt, sondern nachfolgend begründet, dass die Beklagten die CD-ROM „Tarife“ benutzt haben.
39
Das Berufungsgericht hat sich darauf gestützt, dass die Klägerin zu Kontrollzwecken zwei in Wirklichkeit nicht existierende Codenummern in die Datenbank „Tarife“ eingestellt und darüber hinaus eine Codenummer willkürlich abgeändert hat. Diese falschen Codenummern, die an keiner Stelle nachzulesen waren, fanden sich kurze Zeit später ebenso wie mehrere „Pflegefehler“ in der Datenbank der Beklagten wieder. Hieraus hat das Berufungsgericht geschlossen , dass die Beklagten diese Daten aus der Datenbank der Klägerin kopiert haben. Dazu sei es erforderlich gewesen, die CD-ROM „Tarife“ insgesamt auf die Festplatte eines Computers der Beklagten zu kopieren, da nur so mit ihren Daten gearbeitet werden könne. Die Beklagten hätten dann einen elektronischen Datenabgleich zwischen den ausgelesenen Daten der CD-ROM „Tarife“ und den Daten ihres eigenen Produkts vorgenommen. Unter Berücksichtigung der schriftlichen und mündlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen stehe fest, dass ein solcher elektronischer Datenabgleich erfolgt sei.
40
Diese Ausführungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen und werden von der Revision des Beklagten zu 2 auch nicht angegriffen. Bei dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt hätte es den Beklagten oblegen, konkret darzulegen, dass die von der Klägerin manipulierten Daten und die in ihrem Produkt enthaltenen Pflegefehler in anderer Weise als durch einen Datenabgleich mit der CD-ROM „Tarife“ in das Produkt der Beklagten gelangt sind (vgl. Schricker/Vogel aaO § 87b UrhG Rdn. 40). Auf den vom Berufungsgericht ferner angeführten Umstand, dass beim Beklagten zu 2 anlässlich einer Hausdurchsuchung eine CD-ROM „Tarife“ gefunden worden ist, sowie auf die Frage, ob das Berufungsgericht diesen Umstand zutreffend gewürdigt hat, kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.
41
bb) Die von den Beklagten vorgenommene Entnahme greift auch in das Recht der Klägerin als Datenbankherstellerin gemäß § 87b UrhG ein.
42
(1) Für den Umfang dieses Rechts ist zwar nach dem Gebot richtlinienkonformer Auslegung Art. 8 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie zu berücksichtigen. Danach kann der Hersteller einer der Öffentlichkeit - in welcher Form auch immer - zur Verfügung gestellten Datenbank deren rechtmäßigem Benutzer nicht untersagen, in qualitativer oder quantitativer Hinsicht unwesentliche Teile des Inhalts der Datenbank zu beliebigen Zwecken zu entnehmen und/oder weiterzuverwenden. Die nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie zulässigen Nutzungshandlungen bedürfen keiner Einwilligung des Rechteinhabers. Andernfalls könnte der Datenbankhersteller sein Schutzrecht ohne weiteres auf Nutzungen erstrecken , die nach der Richtlinie erlaubt sein sollen.
43
(2) Das Berufungsgericht hat auch nicht festgestellt, dass die von den Beklagten zur Aktualisierung ihres Produkts verwendeten Entnahmen aus der CD-ROM „Tarife“ einen quantitativ wesentlichen Teil dieser Datenbank darstel- len. Angaben zu dem Verhältnis des entnommenen Datenvolumens zum Gesamtvolumen der Datenbank lassen sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 70 - BHB-Pferdewetten).
44
(3) Aus den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ergibt sich jedoch eine qualitativ wesentliche Entnahme.
45
Unerheblich ist dafür, dass das Berufungsgericht nur einzelne Übernahmen von Daten aus der CD-ROM der Klägerin in die Datenbank der Beklagten festgestellt hat. Die Aufnahme dieser Änderungen in das Produkt der Beklagten setzte notwendig voraus, dass sie entweder in einer Liste sämtlicher Abweichungen vom Produkt der Beklagten enthalten waren, die als Ergebnis des - festgestellten - umfassenden elektronischen Datenabgleichs generiert worden war, oder dass - soweit dies technisch möglich sein sollte - unmittelbar jede in dem Datenabgleich aufgefundene Abweichung in das Produkt der Beklagten übernommen wurde. In beiden Fällen, der Erstellung einer Abweichungsliste wie der unmittelbaren Übernahme aller geänderten Daten, liegt eine qualitativ wesentliche Entnahme vor. Dass die fraglichen Daten dagegen im Wege einer gezielten Einzelabfrage ermittelt worden sind, ist weder von den Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich. Es widerspräche auch der Lebenserfahrung. Die Beklagten hatten keine Veranlassung, gezielt gerade bei den von Manipulationen der Klägerin oder von Pflegefehlern betroffenen Waren nach Änderungen zu suchen.
46
(4) Schon die einmalige Entnahme aller geänderten Daten aus einer bestimmten Version der CD-ROM - durch Erstellung einer Änderungsliste oder unmittelbare Übernahme - genügt jedenfalls im vorliegenden Fall für das Tatbestandsmerkmal der qualitativen Wesentlichkeit.
47
Für die Frage, ob die entnommenen Elemente ein in qualitativer Hinsicht wesentlicher Teil der Datenbank „Tarife“ sind, kommt es darauf an, ob die menschlichen, technischen und finanziellen Anstrengungen des Datenbankherstellers für Beschaffung, Überprüfung und Darstellung dieser Daten eine wesentliche Investition darstellen (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 76 - BHB - Pferdewetten; EuGH, Urt. v. 5.3.2009 - C-545/07 Tz. 73 - Apis/Lakorda). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die Entnahmen der Beklagten beziehen sich ausschließlich auf geänderte und daher aktualisierte Daten der Datenbank „Tarife“. Die Klägerin wendet nach den Feststellungen des Berufungsgerichts jährlich allein Personalkosten in Höhe von etwa 200.000 € auf, die zumindest zu einem erheblichen Teil dazu dienen, ihren Kunden stets eine voll funktionsfähige , aktuelle Version der CD-ROM „Tarife“ bereitzustellen. Das ist als wesentliche Investition anzusehen. Es kommt hinzu, dass das Produkt der Klägerin - wie auch das der Beklagten - von den Nutzern nur dann sinnvoll verwendet werden kann, wenn es ständig auf dem neuesten Stand gehalten wird. Die Aktualisierungen verkörpern also den eigentlichen wirtschaftlichen Wert der CDROM „Tarife“.
48
Bereits eine Entnahme aller Änderungen in Form der Erstellung einer Änderungsliste oder einer unmittelbaren Übernahme durch die Beklagten setzt voraus, dass die Klägerin ihren Aktualisierungsdienst betreibt. Es wäre deshalb verfehlt, die dafür aufgewendeten Kosten ins Verhältnis zu der Gesamtzahl aktualisierter Versionen zu setzen und daraus einen entsprechend geringeren Aufwand pro Änderungsversion zu ermitteln. Ein solches Verständnis würde auf eine quantitative Betrachtung hinauslaufen, um die es bei der Frage der qualitativen Wesentlichkeit gerade nicht geht.
49
Ohne Bedeutung ist, ob eine aufgrund des Datenabgleichs erstellte Änderungsliste am Bildschirm oder durch Ausdruck sichtbar gemacht oder nur vo- rübergehend auf einem Computer zwischengespeichert wurde. In jedem Fall handelt es sich um eine Entnahme aller seit der letzten Version in die CD-ROM „Tarife“ eingearbeiteter Änderungen (vgl. EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 65 - BHBPferdewetten ). Da sich die unzulässige Datenentnahme der Beklagten schon aus der Erstellung der Änderungsliste oder der automatischen Übernahme aller Änderungsdaten ergibt, kommt es im vorliegenden Fall auch nicht auf die Frage an, ob die Übernahme von Daten in eine andere Datenbank aufgrund individueller Prüfung eine Entnahme i.S. der Datenbankrichtlinie ist (vgl. BGH GRUR 2007, 688 Tz. 17 - Gedichttitelliste II; EuGH GRUR 2008, 1077 Tz. 31 ff. - Directmedia Publishing).
50
(5) Die Beklagten können sich auch nicht darauf berufen, dass die Klägerin der Vervielfältigung der CD-ROM „Tarife“ durch Speicherung auf der Festplatte (konkludent) zugestimmt hat. Denn diese Zustimmung erstreckt sich nicht auf die erfolgte Speicherung zum Datenabgleich und die damit eingeleitete Entnahme eines nach Art und Umfang wesentlichen Teils der Datenbank.
51
III. Zur Revision der Klägerin:
52
Die Revision der Klägerin hat nur zu einem geringen Teil Erfolg.
53
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Unterlassungsklage der Klägerin hinsichtlich der Datenbank EZT abgewiesen. Die Klägerin kann insoweit weder Wiederholungs- noch Erstbegehungsgefahr einer rechtswidrigen Entnahme geltend machen. Deshalb kann dahinstehen, ob und in welchen Umfang die Klägerin als Vertriebsberechtigte für die Datenbank EZT berechtigt ist, Ansprüche wegen Verletzung des Schutzrechts des Datenbankherstellers gegen die Beklagte geltend zu machen, ob die Datenbank EZT als amtliche Bekanntmachung (§ 5 Abs. 1 UrhG) oder jedenfalls als amtliches Werk, das im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden ist (§ 5 Abs. 2 UrhG), gemeinfrei ist und ob die entsprechende Anwendung des § 5 UrhG auf das Schutzrecht des Datenbankherstellers gemäß § 87a UrhG mit der Datenbankrichtlinie vereinbar ist.
54
a) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Beklagten unmittelbar die Datenbank EZT für einen Datenabgleich verwendet haben. Die Klägerin macht das auch nicht geltend. Sie behauptet lediglich, die Beklagten hätten entweder die CD-ROM „Tarife“ oder den EZT benutzt. Damit ist eine Verletzungshandlung hinsichtlich des EZT nicht dargetan.
55
b) Eine Verletzung des Vervielfältigungsrechts an der Datenbank EZT liegt auch nicht darin, dass die Beklagten beim Datenabgleich mit der CD-ROM „Tarife“ mittelbar auf die Daten des EZT zurückgegriffen haben.
56
aa) Zwar kann der Begriff der „Entnahme“ in Art. 7 Abs. 2 lit. a der Datenbankrichtlinie und dementsprechend auch der Begriff der „Vervielfältigung“ in § 87b Abs. 1 UrhG nicht auf Fälle beschränkt werden, in denen die Entnahme oder Vervielfältigung unmittelbar von der Ursprungsdatenbank aus erfolgt. Der Begriff der Entnahme bzw. der Vervielfältigung setzt keinen direkten Zugang zu der betreffenden Datenbank voraus (EuGH GRUR 2005, 244 Tz. 52, 53 - BHBPferdewetten ; Dreier/Schulze aaO § 87b Rdn. 2). Der Datenbankhersteller ist vielmehr auch gegen unzulässige Kopierhandlungen geschützt, die auf der Grundlage einer Kopie seiner Datenbank erfolgen. Eine solche indirekte Entnahme ist ebenso wie eine unmittelbare Entnahme geeignet, die Investition des Datenbankherstellers zu beeinträchtigen.
57
bb) Im vorliegenden Fall ergibt sich unter Berücksichtigung dieser Grundsätze aber keine Entnahmehandlung der Beklagten hinsichtlich der Da- tenbank EZT. Wie bereits unter C I dargelegt, ist der Klageantrag so auszulegen , dass die Klägerin zwei verschiedene Verletzungshandlungen untersagen lassen möchte. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Beklagten die Datenbank „Tarife“ ausgelesen und für den Datenabgleich mit ihrer eigenen Datenbank B. benutzt haben. Nicht festgestellt ist dagegen, dass die Beklagten in entsprechender Weise auch die Datenbank EZT verwendet haben. Die Revision der Klägerin erhebt hiergegen auch keine durchgreifenden Rügen. Unter diesen Umständen muss es bei der Teilabweisung der Klage bleiben.
58
c) Die Revision der Klägerin kann sich auch nicht darauf stützen, dass eine Erstbegehungsgefahr für einen Eingriff der Beklagten in die Datenbank EZT besteht. Dem steht bereits entgegen, dass die Klägerin ihr Unterlassungsbegehren bisher nur mit Wiederholungsgefahr begründet hat. Ansprüche, die auf Erstbegehungsgefahr gestützt sind, betreffen einen anderen Streitgegenstand (BGHZ 166, 253 Tz. 25 - Markenparfümverkäufe; vgl. auch Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap. 10 Rdn. 12). Im Revisionsverfahren kann kein neuer Streitgegenstand eingeführt werden.
59
2. Zeitlich hat das Berufungsgericht den Schadensersatzanspruch und den diesen vorbereitenden Auskunftsanspruch unter Heranziehung der früheren Rechtsprechung des Senats (BGH, Urt. v. 26.11.1987 - I ZR 123/85, GRUR 1988, 307 - Gaby) auf Verletzungshandlungen beschränkt, die nach der ersten festgestellten Verletzung begangen wurden. Der Senat hat diese Rechtsprechung nach Verkündung des Berufungsurteils aufgegeben (BGHZ 173, 269 Tz. 23 ff., 56 - „Windsor Estate“). Auf die Revision der Klägerin ist daher die zeitliche Beschränkung im Berufungsurteil aufzuheben und den Nebenansprüchen in erweitertem Umfang stattzugeben.
60
3. Die gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts für das Berufungsverfahren gerichteten Rügen der Klägerin haben Erfolg.
61
a) Ein Begründungsmangel im Sinne des § 547 Nr. 6 ZPO liegt allerdings nicht vor. Das Berufungsgericht hat seine Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz unter Hinweis auf § 97 Abs. 2 ZPO begründet. Das reicht aus (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 540 Rdn. 7; Hk-ZPO/Wöstmann, 2. Aufl., § 540 Rdn. 4). Zudem ergibt sich aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Klage erst aufgrund des in zweiter Instanz geänderten Unterlassungsantrags hinsichtlich der Datenbank „Tarife“ begründet geworden sei.
62
b) In der Sache war es indessen verfehlt, der Klägerin die Kosten des Berufungsverfahrens nach § 97 Abs. 2 ZPO aufzuerlegen. Zwar hat die Klägerin ihren Antrag in der Berufungsinstanz konkretisiert und damit möglicherweise auch auf Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des Antrags reagiert. Dem Klagevorbringen ließ sich indessen das Klagebegehren von Anfang an entnehmen , so dass für eine Entscheidung, die die Kosten des Berufungsverfahrens vollständig der Klägerin auferlegte, keine Grundlage bestand.
63
Da das Verfahren gegen die Beklagte zu 1 unterbrochen ist, ist die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens ebenfalls dem Schlussurteil vorzubehalten.
Bornkamm Schaffert Bergmann
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 26.11.2003 - 28 O 416/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 28.10.2005 - 6 U 172/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEIL- UND
SCHLUSSURTEIL
I ZR 130/04 Verkündet am:
13. August 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren, in
dem bis zum 9. Juli 2009 Schriftsätze eingereicht werden konnten, durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher,
Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. Juli 2004 insoweit aufgehoben, als festgestellt worden ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin zu 1 auch den Schaden zu ersetzen, der dem Kläger zu 2 durch die Vervielfältigung und Verbreitung der CD-ROM mit dem Titel „1000 Gedichte , die jeder haben muss“ entstanden ist. Im Übrigen wird die Revision der Beklagten zurückgewiesen, soweit über sie nicht schon durch das Teilurteil des Senats vom 24. Mai 2007 entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 23. Januar 2004 auf die Berufung der Beklagten abgeändert. Die Klage der Klägerin zu 1 wird insoweit abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger zu 2 (nachfolgend: Kläger) ist ordentlicher Professor am Deutschen Seminar I der Klägerin zu 1, der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (nachfolgend : Klägerin). Er leitet das Projekt „Klassikerwortschatz“, das zur Veröffentlichung der sogenannten Freiburger Anthologie geführt hat, einer Sammlung von Gedichten aus der Zeit zwischen 1720 und 1933. Als Grundlage der Anthologie erarbeitete der Kläger im Rahmen des Projekts eine Liste von Gedichttiteln, die unter der Überschrift „Die 1100 wichtigsten Gedichte der deutschen Literatur zwischen 1730 und 1900“ im Internet veröffentlicht wurde.
2
Die Beklagte vertreibt eine CD-ROM „1000 Gedichte, die jeder haben muss“, die im Jahr 2002 erschienen ist. Von den Gedichten auf der CD-ROM stammen 876 aus der Zeit zwischen 1720 und 1900; hiervon sind 856 auch in der Gedichttitelliste des Projekts „Klassikerwortschatz“ benannt. Bei der Zusammenstellung der Gedichte für ihre CD-ROM hat sich die Beklagte an dieser Liste orientiert. Sie hat einige der dort angeführten Gedichte weggelassen, einige wenige hinzugefügt und im Übrigen die vom Kläger getroffene Auswahl jeweils kritisch überprüft. Die Gedichttexte selbst hat die Beklagte eigenem digitalem Material entnommen.
3
Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagte verletze durch die Vervielfältigung und Verbreitung ihrer CD-ROM das Urheberrecht des Klägers als Schöpfer eines Sammelwerkes und das Leistungsschutzrecht der Klägerin als Datenbankherstellerin.
4
Die Kläger haben beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die CD-ROM mit dem Titel „1000 Gedichte, die jeder haben muss“ (ISBN-Nr. 3-932544-93-5) zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten; 2. der Beklagten für jeden Fall einer Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß Ziff. 1 Ordnungsgeld bis zu 250.000 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, an ihren Geschäftsführern zu vollziehende Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten anzudrohen; 3. die Beklagte zu verurteilen, über die Handlungen nach Ziff. 1 Auskunft zu erteilen durch Angabe der Anzahl der hergestellten Vervielfältigungsstücke und durch Vorlage eines zeitlich geordneten Verzeichnisses der Liefermengen , Lieferpreise sowie Namen und Adressen der Abnehmer der Gedichtsammlung nach Ziff. 1 sowie Rechnung zu legen über die dabei erzielten Gewinne unter Angabe der Herstellungskosten der Gedichtsammlung nach Ziff. 1; 4. die Beklagte zu verurteilen, die noch in ihrem Besitz befindlichen Vervielfältigungsstücke der Gedichtsammlung nach Ziff. 1 einem von der Klägerin zu beauftragenden Gerichtsvollzieher zum Zwecke der auf Kosten der Beklagten vorzunehmenden Vernichtung herauszugeben; 5. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Klägern zur gesamten Hand sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihnen durch die in Ziff. 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist oder noch entsteht.
5
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG Mannheim GRUR-RR 2004, 196). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
6
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des Teilurteils des Senats vom 24. Mai 2007 (BGHZ 172, 268 – Gedichttitelliste I) sowie auf den Vorlagebeschluss des Senats vom selben Tage verwiesen (GRUR 2007, 688 = WRP 2007, 993 – Gedichttitelliste II).
7
Mit dem genannten Teilurteil hat der Senat über die Revision der Beklagten entschieden, soweit sie die Klage des Klägers betrifft. Dieser Teil der Revision ist im Wesentlichen zurückgewiesen worden. Das Berufungsurteil ist lediglich inso- weit aufgehoben worden, als dort festgestellt worden ist, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger auch den Schaden zu ersetzen, der der Klägerin entstanden ist. In diesem Umfang hat der Senat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Klage der Klägerin hat der Senat das Verfahren mit dem genannten Beschluss vom 24. Mai 2007 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Frage zur Auslegung des Art. 7 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (Datenbankrichtlinie) vorgelegt: Kann eine Übernahme von Daten aus einer (gemäß Art. 7 Abs. 1 der Datenbankrichtlinie ) geschützten Datenbank in eine andere Datenbank auch dann eine Entnahme im Sinne des Art. 7 Abs. 2 lit. a der Datenbankrichtlinie sein, wenn sie aufgrund von Abfragen der Datenbank nach einer Abwägung im Einzelnen vorgenommen wird, oder setzt eine Entnahme im Sinne dieser Vorschrift einen Vorgang des (physischen) Kopierens eines Datenbestandes voraus ?
8
Der Gerichtshof hat hierüber durch Urteil vom 9. Oktober 2008 (C-304/07, GRUR 2008, 1077 – Directmedia Publishing) wie folgt entschieden: Die Übernahme von Elementen aus einer geschützten Datenbank in eine andere Datenbank aufgrund einer Bildschirmabfrage der ersten Datenbank und einer im Einzelnen vorgenommenen Abwägung der darin enthaltenen Elemente kann eine „Entnahme“ i.S. des Art. 7 der Datenbankrichtlinie sein, soweit es sich bei dieser Operation um die Übertragung eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts der geschützten Datenbank oder um die Übertragung unwesentlicher Teile handelt, die durch ihren wiederholten und systematischen Charakter möglicherweise dazu geführt hat, dass ein wesentlicher Teil dieses Inhalts wiedererstellt wird; die Prüfung, ob dies der Fall ist, ist Sache des vorlegenden Gerichts.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche der Klägerin als begründet angesehen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
10
Der Klägerin stehe das Schutzrecht eines Datenbankherstellers zu. Die Beklagte habe durch die Vervielfältigung und Verbreitung ihrer „1000 Gedichte, die jeder haben muss“ auf CD-ROM in dieses Schutzrecht eingegriffen. Die Beklagte habe sich bei der Zusammenstellung der Gedichtanthologie weitgehend an der Struktur der geschützten Datenbank der Klägerin, der Freiburger Anthologie, orientiert und wesentliche Teile der Daten zur Grundlage ihrer CD-ROM gemacht. Die Beklagte habe so die Datenbank in wesentlichen Teilen übernommen und für eigene wirtschaftliche Zwecke weiterverwendet. Unerheblich sei, ob die Daten unverändert und durch unmittelbare Übertragung entnommen würden, ebenso, ob die Vervielfältigung durch Abschreiben oder durch elektronisches Kopieren stattfinde. Entscheidend sei allein die (fast vollständige) Übernahme der geschützten Leistung, die die wirtschaftliche Nutzung der Datenbank durch die Klägerin erheblich beeinträchtige. Wegen der Rechtsverletzungen der Beklagten seien auch die Nebenansprüche der Klägerin begründet.
11
II. Die Revision der Beklagten gegen ihre Verurteilung aufgrund der Klageanträge der Klägerin bleibt – ebenso wie ihre Revision gegen die Verurteilung aufgrund der Klageanträge des Klägers, über die der Senat bereits durch Urteil vom 24. Mai 2007 entschieden hat (BGHZ 172, 268 – Gedichttitelliste I) – im Wesentlichen ohne Erfolg. Das Berufungsurteil bedarf nur insoweit der Korrektur, als die Beklagte der Klägerin nicht auch für Schäden haftet, die dem Kläger als Urheber des Datenbankwerks entstanden sein können (dazu nachstehend unter II 2). Die Revision der Beklagten führt daher insoweit zur Teilabweisung des Antrags der Klägerin auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten.
12
1. Die Klägerin kann von der Beklagten verlangen, dass diese es unterlässt, ihre CD-ROM mit dem Titel „1000 Gedichte, die jeder haben muss“ zu vervielfältigen und zu verbreiten (§ 97 Abs. 1 i.V. mit §§ 87a, 87b Abs. 1 UrhG).
13
a) Wie der Senat bereits im Vorlagebeschluss vom 24. Mai 2007 (GRUR 2007, 688 – Gedichttitelliste II) ausgeführt hat, handelt es sich bei der im Internet veröffentlichten Gedichttitelliste „Die 1100 wichtigsten Gedichte der deutschen Literatur zwischen 1730 und 1900“ um eine Datenbank i.S. des Art. 1 Abs. 2 der Datenbankrichtlinie und damit auch um eine Datenbank i.S. des § 87a Abs. 1 UrhG. Die Liste ist eine Sammlung, deren Elemente systematisch angeordnet und einzeln zugänglich sind. Die voneinander unabhängigen Elemente der Liste (wie Namen der Urheber, Titel, Anfangszeilen und Erscheinungsdatum der Gedichte) sind systematisch in Gruppen geordnet nach der Häufigkeit, in der die Gedichte in den Sammlungen, die der Gedichtauswahl zugrunde liegen, abgedruckt bzw. genannt sind, sowie in sich nach den Anfangsbuchstaben der Namen der Dichter. Die Elemente der Liste (wie Dichter, Gedichttitel oder Erscheinungsjahr) können jeweils für sich – auch elektronisch – angesteuert werden.
14
b) Die Klägerin genießt für diese Datenbank das Schutzrecht sui generis nach § 87b Abs. 1 UrhG. Sie hat als Herstellerin für die Beschaffung, die Überprüfung und die Darstellung des Inhalts der Datenbank wesentliche Investitionen von der Art geleistet, wie sie für den Schutz nach § 87a UrhG erforderlich sind.
15
Der Begriff der mit der Beschaffung des Inhalts einer Datenbank verbundenen Investition i.S. des § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG ist in der Weise zu verstehen, dass er die Mittel bezeichnet, die der Ermittlung von vorhandenen Elementen und deren Zusammenstellung in dieser Datenbank gewidmet werden. Er umfasst nicht die Mittel, die eingesetzt werden, um die Elemente zu erzeugen, aus denen der Inhalt einer Datenbank besteht (EuGH, Urt. v. 9.11.2004 – C-203/02, Slg. 2004, I-10415 = GRUR 2005, 244 Tz 42 – BHB-Pferdewetten; vgl. auch Schricker/Vogel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 87a UrhG Rdn. 24 ff.). Die Klägerin hat erhebliche Mittel aufgewendet, um unter den vorhandenen Gedichten diejenigen herauszufinden, die den Kriterien entsprechen, die für die Erstellung der Gedichttitelliste maßgeblich waren, und weiter dafür, diese Gedichttitel systematisch geordnet in der Datenbank darzustellen. Dazu gehörten auch die Arbeiten, die durchgeführt wurden, um das vorhandene Gedichtmaterial hinsichtlich der Titel, der Anfangszeilen und der Urheberangaben so zu vereinheitlichen, dass eine statistische Auswertung möglich wurde.
16
c) Die Beklagte hat als Grundlage für die Auswahl der Gedichte auf ihrer CD-ROM – zumindest wiederholt und systematisch – einen wesentlichen Teil der Daten, die in der Datenbank der Klägerin enthalten sind, benutzt. Die Gedichtauswahl auf ihrer CD-ROM entspricht für die Zeit zwischen 1720 und 1900 fast vollständig der Gedichttitelliste der Klägerin. Von 876 Gedichten aus dieser Zeit sind 856 (knapp 98 %) bereits in der Datenbank der Klägerin benannt, die 1100 Gedichttitel umfasst. Indem die Beklagte diese Gedichte der Datenbank der Klägerin entnommen und auf ihrer CD-ROM „Die 1100 wichtigsten Gedichte der deutschen Literatur zwischen 1730 und 1900“ vertrieben hat, hat sie einen nach Art und Umfang wesentlichen Teil dieser Datenbank vervielfältigt und vertrieben und damit in das der Klägerin zustehende ausschließliche Recht nach § 87b Abs. 1 UrhG eingegriffen.
17
Dem steht der Umstand nicht entgegen, dass die Beklagte die Gedichttexte selbst nicht der Datenbank der Klägerin, sondern eigenem digitalem Material entnommen hat. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich die Beklag- te bei der Auswahl der Gedichte weitgehend an der Gedichttitelliste der Klägerin orientiert, auch wenn sie die von der Klägerin getroffene Auswahl kritisch überprüft und einige der dort aufgeführten Gedichte weggelassen sowie einige wenige hinzugefügt hat. Wie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften auf die Vorlagefrage des Senats entschieden hat, kann auch eine solche Übernahme von Elementen aus einer geschützten Datenbank eine Entnahme i.S. des Art. 7 der Datenbankrichtlinie und damit eine Vervielfältigung i.S. des § 87b Abs. 1 UrhG darstellen. Unerheblich ist dabei, ob die Übertragung durch ein (physisches) Kopieren oder auf andere Weise erfolgt (EuGH GRUR 2008, 1077 Tz. 37 u. 60 – Directmedia Publishing).
18
Allerdings obliegt dem Senat die Prüfung der Frage, ob die Beklagte im Streitfall auf die beschriebene Weise einen in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teil des Inhalts der geschützten Datenbank der Klägerin übernommen hat. Diese Voraussetzung ist entgegen der Auffassung der Revision zu bejahen. Die besondere Leistung, die sich in der Freiburger Anthologie verkörpert, liegt in der nach einem objektiven Verfahren vorgenommenen Auswahl einer bestimmten Zahl von Gedichten aus einem deutlich größeren Gesamtbestand. Nicht zuletzt für die statistische Auswertung, die der Auswahl zugrunde liegt, war es erforderlich , die Titel der einzelnen Gedichte zu vereinheitlichen und das Entstehungsdatum zu ermitteln. Nach den getroffenen Feststellungen stammen von den 1000 Gedichten auf der CD-ROM der Beklagten 876 aus der Zeit zwischen 1720 und 1900. Von diesen stimmen 856 (knapp 98%) mit Gedichten überein, die durch die Gedichttitelliste der Klägerin bezeichnet werden. Die CD-ROM-Auswahl von Gedichten für den Zeitraum von 1720 bis 1900 beruht damit fast vollständig auf der mit der Gedichttitelliste der Klägerin getroffenen Gedichtauswahl. Die Revision verweist allerdings zutreffend darauf, dass die Gedichtauswahl der Beklagten auch nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin nur mit etwa 75% der Titel dem Teil der Gedichttitelliste der Klägerin entspricht, der auf die Klassikerzeit (1720 bis 1900) entfällt. Dies ändert aber nichts daran, dass die Beklagte mit ihrer Auswahl von Gedichten einen sehr großen Teil der von der Klägerin für diesen Zeitraum bestimmten Titelauswahl fast unverändert übernommen hat.
19
2. Wegen der Verletzung des Leistungsschutzrechts an der Datenbank steht der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz des Schadens zu, der ihr durch die Vervielfältigung und Verbreitung der CD-ROM der Beklagten entstanden ist (§ 97 Abs. 1 i.V. mit § 87b Abs. 1 UrhG). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin jedoch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr als Gesamtgläubigerin auch Ersatz leistet für den Schaden, den der Kläger als Urheber des Datenbankwerks durch die Vervielfältigung und Verbreitung der CD-ROM erlitten hat (BGHZ 172, 268 Tz. 27 – Gedichttitelliste I).
20
3. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten zur Auskunft und zur Herausgabe von Vervielfältigungsstücken zum Zwecke der Vernichtung bestätigt. Die begehrte Auskunft dient der Bezifferung des Schadensersatzanspruchs. Der Anspruch auf Vernichtung beruht auf § 98 Abs. 1 UrhG.
21
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten auch insoweit aufzuheben, als es feststellt, dass die Beklagte der Klägerin als Gesamtgläubigerin auch den Schaden zu ersetzen hat, der dem Kläger durch die Vervielfältigung und Verbreitung der CD-ROM mit dem Titel „1000 Gedichte, die jeder haben muss“ entstanden ist. Insofern führt die Revision zur Klageabweisung. Die weitergehende Revision der Beklagten ist zurückzuweisen.
22
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 23.01.2004 - 7 O 262/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.07.2004 - 6 U 37/04 -

(1) Datenbank im Sinne dieses Gesetzes ist eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Eine in ihrem Inhalt nach Art oder Umfang wesentlich geänderte Datenbank gilt als neue Datenbank, sofern die Änderung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert.

(2) Datenbankhersteller im Sinne dieses Gesetzes ist derjenige, der die Investition im Sinne des Absatzes 1 vorgenommen hat.

(1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

(2) § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

(2) § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 216/06 Verkündet am:
22. April 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachträglicher Leitsatz
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Internet-Videorecorder

a) Hersteller der Vervielfältigung einer Funksendung durch Aufnahme auf Bildoder
derjenige, der die körperliche Festlegung der Funksendung technisch
bewerkstelligt, selbst wenn er sich dabei technischer Hilfsmittel bedient, die
Dritte zur Verfügung gestellt haben.

b) Eine Funksendung wird nicht öffentlich zugänglich gemacht (§ 87 Abs. 1
Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG), wenn jeweils nur eine einzelne
Aufnahme einer Sendung auf Bild- oder Tonträger jeweils nur einer einzelnen
Person zugänglich gemacht wird, selbst wenn diese einzelnen Personen
in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit bilden.

c) Eine Funksendung wird weitergesendet (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 20
UrhG), wenn der Sendende die Sendesignale sogleich an Empfänger weiterleitet
, denen er eine Empfangsvorrichtung zur Verfügung gestellt hat und
die in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit bilden.
BGH, Urteil vom 22. April 2009 - I ZR 216/06 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Dr. Schaffert, Dr. Bergmann, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 28. November 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II bestätigt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist ein Sendeunternehmen. Sie strahlt das Fernsehprogramm „RTL“ aus. Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2 und 3 bis zum 5. Oktober 2005 waren, bietet seit dem 10. März 2005 auf der Internet-Seite „www.shift.tv“ unter der Bezeichnung „Shift.TV“ einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ („PVR“) zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen an.
2
Die Beklagte zu 1 empfängt über Satelliten-Antennen die in Deutschland frei empfangbaren Sendesignale mehrerer Sendeanstalten, darunter das Programm der Klägerin. Ein bei der Beklagten zu 1 registrierter Kunde kann aus diesen Programmen über eine elektronische Programmzeitschrift Sendungen auswählen. Die Sendungen werden auf dem „Persönlichen Videorecorder“ des Kunden abgespeichert. Dabei handelt es sich um einen Speicherplatz bestimmter Größe auf dem Festplattenverbund der Beklagten zu 1, der ausschließlich diesem Kunden zugewiesen ist. Der Kunde kann die auf dem „PVR“ aufgezeichneten Sendungen über das Internet von jedem Ort auf der Welt und zu jeder Zeit beliebig oft ansehen.
3
Die Klägerin sieht in dem Angebot der Beklagten zu 1 eine Verletzung des ihr als Sendeunternehmen zustehenden urheberrechtlichen Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG. Sie ist der Ansicht, dieses Angebot sei zudem wettbewerbswidrig, weil es gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) verstoße. Sie hat die Beklagten im Wege der Unterlassungs- und Stufenklage in Anspruch genommen und zunächst beantragt, I. es den Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, 1. das Fernsehprogramm „RTL“ der Klägerin oder Teile davon zu vervielfältigen und/oder Dritten öffentlich zugänglich zu machen und/oder zu senden und/oder im Wege des sogenannten Online-Streaming zu übermitteln, d.h. das Fernsehprogramm „RTL“ oder Teile davon über das Internet zu übertragen , und/oder für Dritte zu vervielfältigen, insbesondere wie unter „www.shift.tv“ angeboten; 2. das Angebot „Shift.TV“ mit dem Fernsehprogramm „RTL“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren; 3. Kindern und/oder Jugendlichen Sendungen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, zu solchen Zeiten zum Abruf zur Verfügung zu stellen und/oder zu senden, in denen Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise wahrnehmen, insbesondere wie derzeit unter „www.shift.tv“ angeboten; 4. für die unter Ziffer 1 bis 3 genannten Aktivitäten zu werben und/oder werben zu lassen; II. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber [zu erteilen], in welchem Umfang die unter vorstehender Ziffer I 1 bezeichneten Handlungen begangen wurden, insbesondere über die Anzahl der im Zeitpunkt dieser Handlungen angemeldeten Nutzer und der aus dem von der Klägerin veranstalteten Programm „RTL“ aufgezeichneten Fernsehsendungen.
4
Das Landgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben (LG Leipzig ZUM 2006, 753 = CR 2006, 784). Es hat lediglich die Verurteilung nach dem Klageantrag zu I 3 in der Weise eingeschränkt, dass das Unterlassungsgebot nur gilt, „soweit nicht ein Altersverifikationssystem den Zugang von Jugendlichen und Kindern zu derartigen Sendungen verhindert“. Außerdem hat es das Werbeverbot nach dem Klageantrag zu I 4 auf die in Klageantrag zu I 3 beschriebenen Aktivitäten sowie die Verurteilung zur Auskunftserteilung auf die Zeit ab 10. März 2005 beschränkt.
5
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Dresden ZUM 2007, 203 = CR 2007, 662). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


6
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, das Angebot der Beklagten zu 1 stelle einen Eingriff in das ausschließliche Vervielfältigungsrecht der Klägerin dar (§ 87 Abs. 1 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Die Beklagten könnten sich weder auf die Schrankenregelung des § 44a UrhG noch auf die Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 oder 2 UrhG berufen. Dagegen liege keine Verletzung des der Klägerin als Sendeunternehmen zustehen- den Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG vor, soweit es um das Recht der Weitersendung (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG) sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG) gehe. Die Beklagten hafteten ferner wegen eines Wettbewerbsverstoßes unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, weil das von ihnen eingesetzte Altersverifikationssystem nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV entspreche.
7
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg , soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht einen Eingriff in das der Klägerin als Sendeunternehmen zustehende ausschließliche Vervielfältigungsrecht bejaht und den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II stattgegeben hat (dazu 1). Sie hat keinen Erfolg, soweit sie beanstandet, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten wegen eines Wettbewerbsverstoßes angenommen und die Beklagte entsprechend dem Klageantrag zu I 3 sowie dem darauf bezogenen Klageantrag zu I 4 verurteilt hat (dazu 2).
8
1. Die gegen die Verurteilung nach den Klageanträgen zu I 1 und I 2 sowie dem – auf den Antrag zu I 1 bezogenen – Klageantrag zu II gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg.
9
a) Die Klägerin erstrebt mit ihrem Unterlassungsantrag zu I 1 ein Verbot des von der Beklagten zu 1 auf der Internet-Seite „www.shift.tv“ bereitgestellten Angebots „Shift.TV“, mit dem das von der Klägerin gesendete Fernsehprogramm „RTL“ auf einen „internetbasierten Persönlichen Videorecorder“ aufgenommen und von Kunden der Beklagten zu 1 abgerufen werden kann. Der Klageantrag zu I 2 ist auf ein Verbot der Lizenzierung dieses Angebots gerichtet. Das Revisionsgericht kann die Klageanträge als Prozesserklärungen selbst auslegen (BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR 115/99, GRUR 2002, 177, 178 = WRP 2001, 1182 – Jubiläumsschnäppchen, m.w.N.).
10
aa) Soweit der Beklagten zu 1 mit dem ersten Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 ganz allgemein untersagt werden soll, das Fernsehprogramm der Klägerin „zu vervielfältigen“ und/oder „öffentlich zugänglich zu machen“ und/oder „zu senden“, wiederholt der Antrag den Wortlaut des § 87 Abs. 1 UrhG, wonach das Sendeunternehmen das ausschließliche Recht hat, seine Funksendung „weiterzusenden“ (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG), „öffentlich zugänglich zu machen“ (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 UrhG) sowie auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 UrhG) und damit „zu vervielfältigen“ (§ 16 UrhG). Aus dem mit dem Wort „insbesondere“ eingeleiteten zweiten Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 geht – ebenso wie aus dem Unterlassungsantrag zu I 2 – hervor, dass die Klägerin ein Verbot des Angebots – bzw. ein Verbot der Lizenzierung des Angebots – von „Shift.TV“ in der von der Beklagten zu 1 auf der Internet-Seite „www.shift.tv“ konkret angebotenen Form erstrebt.
11
bb) Dem zur Auslegung der Klageanträge heranzuziehenden Klagevortrag ist zu entnehmen, dass der erste Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 lediglich die von der Klägerin als urheberrechtswidrig erachteten Bestandteile des konkreten Angebots „Shift.TV“ beschreibt. Die Klägerin hat hierzu in der Klageschrift ausgeführt, das von der Beklagten zu 1 angebotene „Shift.TV“ verstoße in dreifacher Hinsicht gegen das ihr als Sendeunternehmen zustehende Leistungsschutzrecht aus § 87 Abs. 1 UrhG: Die Speicherung der Sendungen ihres Programms durch die Beklagte zu 1 auf den „PVR“ der Nutzer verletze ihr Recht, ihre Sendungen zu vervielfältigen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG). Indem die Beklagte zu 1 ihren Nutzern die auf diese Weise http://www.juris.de/jportal/portal/t/17oc/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310359700&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-144-255_enr32'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://127.0.0.1:50000/Xaver/text.xav?SID=&skin=&bk=heymanns_bgh_ed_bghz&start=%2F%2F*%5B%40attr_id%3D'p-bghz-144-263_enr32'%5D&tf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&hlf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&qmf=heymanns_bgh_ed_bghz_mainFrame&tocf=heymanns_bgh_ed_bghz_tocFrame#xaverTitleAnchore [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/17ty/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=17&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE302662000&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/17ty/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/17ty/## - 7 - vervielfältigten Sendungen zum Abruf zur Verfügung stelle, verstoße sie gegen das Recht der Klägerin, ihre Sendungen öffentlich zugänglich zu machen (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 19a UrhG). Sollte – entgegen ihrer Auffassung – von einer Herstellung der auf den „PVR“ gespeicherten Kopien nicht durch die Beklagte zu 1, sondern durch die Nutzer auszugehen sein, sei die Weiterleitung des Sendesignals von den Satelliten-Antennen zu den „PVR“ als Verstoß gegen ihr Recht einzuordnen, ihre Sendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3, § 20 UrhG). Der auf ein Verbot des konkreten Angebots „Shift.TV“ gerichtete zweite Teil des Unterlassungsantrags zu I 1 bezeichnet daher, auch wenn er mit dem Wort „insbesondere“ eingeleitet ist, keinen Unterfall des ersten Teils dieses Antrags. Vielmehr ist der Unterlassungsantrag zu I 1 insgesamt allein auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform gerichtet.
12
b) Auch soweit der Unterlassungsantrag zu I 1 nicht lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiedergibt, auf den er sich stützt, bestehen hinsichtlich seiner auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden Bestimmtheit (vgl. BGHZ 135, 1, 6 – Betreibervergütung; 144, 255, 263 – Abgasemissionen; 156, 1, 8 – Paperboy) keine Bedenken, da er – wie unter II 1 a ausgeführt – dahin auszulegen ist, dass er insgesamt allein auf ein Verbot der konkreten Verletzungsform gerichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1999 – I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 441 = WRP 2000, 389 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge , Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84, 85 = WRP 2008, 98 – Versandkosten, m.w.N.).
13
c) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Eingriff der Beklagten zu 1 in das ausschließliche Recht der Klägerin, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG), nicht bejaht werden. Die auf dieser Annahme beruhende Verurteilung nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II kann daher nicht aufrechterhalten bleiben.
14
aa) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend und von der Revision unbeanstandet davon ausgegangen, dass das Aufzeichnen von Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“, die die Beklagte zu 1 ihren Kunden zur Verfügung stellt, in das der Klägerin als Sendeunternehmen zustehende ausschließliche Recht eingreift, ihre Funksendungen auf Bild- und Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1 UrhG) und damit zu vervielfältigen (§ 16 UrhG). Ein „PVR“ ermöglicht die wiederholbare Wiedergabe von Bildoder Tonfolgen und ist nach der Legaldefinition des § 16 Abs. 2 UrhG daher ein Bild- oder Tonträger.
15
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, Hersteller dieser Aufzeichnungen sei die Beklagte zu 1 und nicht der Nutzer des Videorecorders. Maßgebend sei nicht der technische Vorgang der Vervielfältigung, sondern eine – am Schutzzweck der Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 UrhG auszurichtende – normative Bewertung. Danach sei die Beklagte zu 1 als Hersteller der Vervielfältigung anzusehen, weil sie eine Leistung anbiete, die sich als Gesamtpaket darstelle, das sich nicht auf die bloße Zurverfügungstellung eines Speicherplatzes für die Aufzeichnung von Sendungen reduzieren lasse. Da die Beklagte zu 1 und nicht der Endnutzer die jeweilige Aufzeichnung herstelle , greife die Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht ein. Dasselbe gelte für die Schrankenregelung des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG, weil die Vervielfältigungen jedenfalls nicht unentgeltlich erfolgten. Diese Beurteilung geht von unrichtigen rechtlichen Voraussetzungen aus; auf der Grundlage zutreffender rechtlicher Anforderungen tragen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht seine Annahme, Herstellerin der Aufzeichnungen sei die Beklagte zu 1.
16
(1) Für die Frage, wer Hersteller einer Vervielfältigung ist, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts zunächst allein auf eine technische Betrachtung an (Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 53 Rdn. 14; Wandtke /Bullinger/Lüft, Urheberrecht, 3. Aufl., § 53 UrhG Rdn. 17; Lüghausen, Die Auslegung von § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG anhand des urheberrechtlichen Dreistufentest [2008], S. 132 ff.; a.A. LG Braunschweig AfP 2006, 489, 491). Die Vervielfältigung ist als körperliche Festlegung eines Werkes ein rein technischmechanischer Vorgang (vgl. BGHZ 134, 250, 261 – CB-Infobank I; 141, 13, 21 – Kopienversanddienst). Hersteller der Vervielfältigung ist daher derjenige, der diese körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt. Dabei ist es ohne Bedeutung , ob er sich dabei technischer Hilfsmittel bedient, selbst wenn diese von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Beispielsweise ist bei einem öffentlich zugänglichen CD-Kopierautomaten, mit dem mitgebrachte CDs ohne Hilfestellung des Aufstellers auf ebenfalls mitgebrachte Rohlinge kopiert werden, nicht der Automatenaufsteller, sondern der Kunde als Hersteller der Vervielfältigungsstücke anzusehen (vgl. OLG München GRUR-RR 2003, 365, 366).
17
Hat der Hersteller die Vervielfältigungen allerdings im Auftrag eines Dritten für dessen privaten Gebrauch angefertigt, ist die Herstellung der Vervielfältigungsstücke unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG dem Auftraggeber als Vervielfältigungshandlung zuzurechnen (BGHZ 141, 13, 26 – Kopienversanddienst). Eine solche Zurechnung erfordert, wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat, eine – am Schutzzweck der Privilegierung des Privatgebrauchs nach § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG ausgerichtete – normative Bewertung (vgl. BGHZ 134, 250, 260 ff. – CB-Infobank I). Dabei ist maßgeblich darauf abzustellen, ob der Hersteller sich darauf beschränkt, gleichsam „an die Stelle des Vervielfältigungsgeräts“ zu treten und als „notwendiges Werkzeug“ des anderen tätig zu werden – dann ist die Vervielfältigung dem Besteller zuzurechnen (vgl. BGHZ 141, 13, 22 – Kopienversanddienst) –, oder ob er eine urheberrechtlich relevante Nutzung in einem Ausmaß und einer Intensität erschließt, die sich mit den Erwägungen, die eine Privilegierung des Privatgebrauchs rechtfertigen, nicht mehr vereinbaren lässt – dann ist die Vervielfältigung dem Hersteller zuzuordnen (vgl. BGHZ 134, 250, 264 f. – CBInfobank

I).


18
Hat derjenige, der die Vervielfältigung selbst vorgenommen hat, die Vervielfältigungsstücke für den eigenen Gebrauch angefertigt, kann dieser Vervielfältigungsvorgang nicht einem Dritten als Vervielfältigungshandlung zugerechnet werden. Für urheberrechtswidrige Vervielfältigungen haftet dann allein der Hersteller als Täter. Soweit ein Dritter hierzu einen Beitrag geleistet hat, kommt lediglich dessen Haftung als Teilnehmer oder Störer in Betracht (vgl. dazu BGH, Urt. v. 15.1.2009 – I ZR 57/07, Tz. 13 – Cybersky).
19
Im Streitfall nimmt die Klägerin die Beklagte zu 1 nicht als Teilnehmer oder Störer in Anspruch; sie behauptet nicht, die Kunden der Beklagten zu 1 fertigten urheberrechtswidrige Aufnahmen ihrer Sendungen an, für die die Beklagte zu 1 wegen der Bereitstellung von „Persönlichen Videorecordern“ einzustehen habe. Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch vielmehr allein darauf, dass die Beklagte zu 1 ihr Leistungsschutzrecht aus § 87 Abs. 1 UrhG als Täter verletzt habe, weil sie selbst als Hersteller der Aufzeichnungen auf den „Persönlichen Videorecordern“ anzusehen sei.
20
(2) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob – unter der Voraussetzung, dass Herstel- ler der Vervielfältigung derjenige ist, der die körperliche Festlegung technisch bewerkstelligt – die Beklagte zu 1 oder deren Kunden die in das Vervielfältigungsrecht der Klägerin aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG eingreifenden Aufzeichnungen auf den Videorecordern herstellen.
21
Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen das Berufungsgericht gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen hat, hat insoweit festgestellt, dass die Beklagte zu 1 das von ihr über Satelliten-Antennen „abgegriffene“ Sendesignal an ein nicht näher bekanntes System weiterleite, von dem aus das Sendesignal an die „PVR“ der Nutzer verteilt werde. Allein die Beklagte zu 1 habe es in der Hand zu bestimmen, welche Sender bzw. Programme von den Nutzern auf den „PVR“ gespeichert werden könnten; andere als die von der Beklagten zu 1 ausgewählten Fernsehprogramme seien nicht abrufbar. Bis zur Abrufmöglichkeit durch den Kunden liefen alle Prozesse – von der Abnahme und der Aufbereitung des Signals bis zur Abspeicherung auf den „PVR“ der Nutzer – in einem dessen Zugriff entzogenen Bereich ab.
22
Das Berufungsgericht selbst hat einerseits – im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Sendungen der Klägerin öffentlich zugänglich gemacht worden sind – festgestellt, dass jede einzelne Aufzeichnung nur „jedem einzelnen Kunden , der sie aufgezeichnet habe“, zum interaktiven Abruf zugänglich gemacht werde. Andererseits hat es aber im Zusammenhang mit der Prüfung, ob die Speicherung nur eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung war, ausgeführt , die „von der Beklagten zu 1 vorgenommenen Aufzeichnungen“ der Sendungen der Klägerin stellten keine nur vorübergehenden Vervielfältigungshandlungen dar.
23
Diese Feststellungen lassen nicht erkennen, ob die ausgewählten Sendungen von der Beklagten zu 1 oder von deren Kunden auf dem jeweiligen „Persönlichen Videorecorder“ abgespeichert und damit vervielfältigt werden. Entgegen der Darstellung der Revisionserwiderung ist es nicht unstreitig, dass allein die Beklagte zu 1 die Fernsehprogramme aufzeichnet und die Nutzer dann nur noch die von ihnen gewünschte Sendung auswählen und abrufen mit der Folge, dass die Beklagte zu 1 als Herstellerin der Vervielfältigungen anzusehen wäre. Die Revision weist zutreffend auf den Vortrag der Beklagten hin, der Kunde fertige eine Aufzeichnung unter Nutzung der vollständig automatisierten Vorrichtung der Beklagten zu 1 an; seine Programmierung der Aufzeichnung löse einen Vorgang aus, der vollständig automatisiert ohne (menschlichen ) Eingriff von außen ablaufe. Mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts ist daher in der Revisionsinstanz zugunsten der Beklagten zu unterstellen, dass die von den Kunden ausgewählten Sendungen vollkommen automatisch auf dem jeweiligen Videorecorder gespeichert werden. Danach wären allein die Kunden der Beklagten zu 1 als Hersteller der Aufzeichnung anzusehen. Die Aufzeichnung könnte der Beklagten zu 1 selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn diese sich – wie das Berufungsgericht angenommen hat – nicht darauf beschränkte, ihren Kunden lediglich einen Speicherplatz für die Aufzeichnung der Sendungen zur Verfügung zu stellen, sondern ein „Gesamtpaket“ von Leistungen anböte.
24
d) Die vom Berufungsgericht bestätigte Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das Angebot „Shift.TV“ der Beklagten zu 1 verstößt nicht gegen das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (dazu aa). Ob es deren Recht verletzt, ihre Funksendungen weiterzusenden , kann aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden (dazu bb).
25
aa) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, die Beklagte zu 1 verletze nicht dadurch das Recht der Klägerin, ihre Funksendungen öffentlich zugänglich zu machen (§§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2, § 15 Abs. 2 Nr. 2, § 19a UrhG), dass sie die Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“ der Kunden speichere und zum Abruf zur Verfügung stelle.
26
Falls die Beklagte zu 1 – und nicht der jeweilige Kunde - die Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“ der Kunden abspeichert, macht sie diese Sendungen damit allerdings im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 UrhG insoweit zugänglich, als die Kunden die Sendungen dann von jedem Ort und zu jeder Zeit (§ 19a UrhG) über einen PC abrufen können. Es fehlt jedoch, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, an einem Zugänglichmachen gegenüber der Öffentlichkeit. Das Zugänglichmachen einer Funksendung ist im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 2 UrhG öffentlich, wenn diese einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird (§ 15 Abs. 3 UrhG). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn – wie im Streitfall - jede einzelne Aufzeichnung nur jedem einzelnen Kunden zugänglich ist (LG Braunschweig AfP 2006, 489, 491; Hofmann, MMR 2006, 793, 795; ders., ZUM 2006, 768; Becker, AfP 2007, 5, 6; Dreier in Festschrift Ullmann, 2006, S. 37, 44).
27
Es kommt nicht darauf an, ob die Kunden, die die Vervielfältigung einer bestimmten Sendung aus dem Programm der Klägerin bestellt und erhalten haben, in ihrer Gesamtheit eine Öffentlichkeit im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden. Auf die Gesamtheit dieser Kunden kann nicht abgestellt werden. Das in § 19a UrhG geregelte Recht der öffentlichen Zugänglichmachung bezieht sich auf die Bereithaltung eines Werkes zum Abruf durch Mitglieder der Öffentlichkeit von Orten und Zeiten ihrer Wahl (Schricker/v. Ungern-Sternberg, Urheber- recht, 3. Aufl., § 19a UrhG Rdn. 1 und 49; Dreier in Festschrift Ullmann, 2006, S. 37, 44). Daher kann in dem an jedermann gerichteten Angebot zur Aufzeichnung und zum Abruf künftig ausgestrahlter und gespeicherter Sendungen kein öffentliches Zugänglichmachen gesehen werden, weil sich das betreffende Werk zur Zeit des Angebots nicht in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindet (LG Braunschweig AfP 2006, 489, 490 f.; Braun, AfP 2007, 5, 6; a.A. OLG Köln GRUR-RR 2006, 5; LG München I ZUM 2006, 583, 585). Auch soweit die Beklagte zu 1 Sendungen der Klägerin unmittelbar an die „Persönlichen Videorecorder“ einzelner Kunden weiterleitet, hält sie diese nicht in ihrer Zugriffssphäre zum Abruf für eine Öffentlichkeit bereit (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 19a Rdn. 7; Dreier in Festschrift Ullmann, 2006, S. 37, 44; a.A. Schack, GRUR 2007, 639, 642; Wiebe, CR 2007, 28, 33).
28
bb) Aufgrund der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die Beklagte zu 1 das Recht der Klägerin verletzt, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG), wenn sie die von ihr mit den SatellitenAntennen empfangenen Sendungen der Klägerin an die „Persönlichen Videorecorder“ der Kunden weiterleitet.
29
(1) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass unter einer Weitersendung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 UrhG nur eine gleichzeitige Weitersendung zu verstehen ist (Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 87 UrhG Rdn. 31 m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts scheidet eine Weitersendung im Sinne dieser Bestimmung danach aber nicht deshalb aus, weil die Abgabe des Datenstroms „aus dem Bereich der Beklagten zu 1“ an ihre Kunden wegen der erforderlichen Aufbereitung des Sendesignals für die Weiterleitung im Internet nicht zeitgleich, sondern zeitversetzt erfolgt.
30
Mit dem „Bereich der Beklagten zu 1“, aus dem der Datenstrom an die Kunden abgegeben wird, ist – wie sich aus dem Zusammenhang der vom Berufungsgericht herangezogenen Ausführungen des Landgerichts ergibt – der „PVR“ gemeint, auf dem die Sendesignale aufgezeichnet und aufbereitet werden , bevor sie zu einem späteren Zeitpunkt von den Kunden abgerufen werden können. Da das Landgericht und das Berufungsgericht die Beklagte zu 1 als Hersteller der Aufzeichnungen angesehen haben, haben sie den „PVR“ folgerichtig dem Bereich der Beklagten zu 1 zugerechnet. Sind dagegen die Kunden als Hersteller der Aufzeichnungen einzustufen – und davon ist, wie unter II 1 c bb ausgeführt, für die Revisionsinstanz auszugehen –, ist auch der „PVR“ nicht dem Bereich der Beklagten zu 1, sondern dem Bereich der Kunden zuzuordnen (vgl. Wiebe, CR 2007, 28, 32). Dann kommt es allein darauf an, ob das von der Satelliten-Antenne empfangene Sendesignal zeitgleich an den „PVR“ weitergeleitet wird. Dies ist allerdings der Fall, da die von den SatellitenAntennen empfangenen Sendesignale sogleich auf den Weg zu den „PVR“ der Kunden gebracht werden.
31
(2) Eine Weitersendung setzt ferner voraus, dass es sich um eine Sendung im Sinne des § 20 UrhG handelt (Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 87 UrhG Rdn. 32). Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt, wenn – wie zu unterstellen ist – die „Persönlichen Videorecorder“ dem Bereich der Kunden zuzurechnen sind. Die Weiterleitung des Sendesignals von der Satelliten-Antenne als Empfangsgerät zum „PVR“ als Aufnahmevorrichtung ist – ebenso wie die Weiterübertragung von Rundfunksendungen durch Rundfunkverteileranlagen (BGHZ 123, 149, 153 ff. – Verteileranlagen) – eine Sendung im Sinne des § 20 UrhG (LG Köln MMR 2006, 57; Wiebe, CR 2007, 28, 32; vgl. auch LG München I ZUM 2006, 583, 585; a.A. Hofmann, MMR 2006, 793, 795; ders., ZUM 2006, 768; Braun, AfP 2007, 5, 7). http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ry/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006001307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ry/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006001307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1ry/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE006001307&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 16 -
32
Gegenstand des Senderechts aus § 20 UrhG sind Werknutzungen, bei denen das Werk einer Öffentlichkeit durch funktechnische Mittel zugänglich gemacht wird. Solcher Mittel bedient sich auch die Beklagte zu 1, um die von der Satelliten-Antenne empfangenen Funksendungen an die „Persönlichen Videorecorder“ weiterzuleiten. Nicht jede Übermittlung eines geschützten Werkes, die über ein Verteilernetz stattfindet, unterliegt allerdings dem Urheberrecht; andernfalls wäre selbst der Rundfunkempfang mit kleineren Gemeinschaftsantennenanlagen von der Genehmigung der Rechteinhaber abhängig. Das Recht aus § 20 UrhG greift vielmehr nur ein, wenn die mit funktechnischen Mitteln durchgeführte Werkübermittlung als öffentliche Wiedergabe bezeichnet werden kann. Ob dies der Fall ist, kann nicht nach technischen Kriterien beurteilt werden , sondern nur aufgrund einer wertenden Betrachtung (vgl. BGHZ 123, 149, 153 f. – Verteileranlagen).
33
Danach fällt die hier zu beurteilende Übermittlung der Sendesignale unter das Senderecht des § 20 UrhG. Die Beklagte zu 1 beschränkt sich nicht darauf, die Sendungen mit Satelliten-Antennen zu empfangen und dann weiterzuleiten , sondern stellt ihren Kunden mit den „Persönlichen Videorecordern“ auch die Empfangsvorrichtungen zur Verfügung, mit denen diese letztlich die vom Rundfunk übertragenen Werkdarbietungen – nach eigener Entscheidung – für sich wahrnehmbar machen können. Dieser Umstand unterscheidet ihre Tätigkeit vom bloßen Empfang durch Gemeinschaftsantennenanlagen und macht diese zugleich in ihrer Bedeutung als Werknutzung vergleichbar mit den anderen vom Gesetz dem Urheber vorbehaltenen Werknutzungen durch öffentliche Wiedergabe, also dem Vortragsrecht, dem Aufführungsrecht, dem Vorführungsrecht , dem Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger und dem Recht der Wiedergabe von Funksendungen (vgl. BGHZ 123, 149, 154 – Verteileranlagen ; Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 20 UrhG Rdn. 41; vgl. auch EuGH, Urt. v. 7.12.2006 – C-306/05, Slg. 2006, I-11519 = GRUR 2007, 225 Tz. 42 – SGAE/Rafael).
34
(3) Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – bislang keine Feststellungen dazu getroffen, inwieweit Funksendungen der Klägerin dadurch, dass sie an die „Persönlichen Videorecorder“ der Kunden weitergeleitet worden sind, die diese Sendung über den elektronischen Programmführer bestellt haben, einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit (§ 15 Abs. 3 UrhG) und damit der Öffentlichkeit im Sinne des § 20 UrhG zugänglich gemacht worden sind.
35
Insoweit ist es allerdings ohne Bedeutung, dass die Kunden die Sendesignale nicht sogleich, sondern erst nach deren Aufzeichnung, Aufbereitung und Übermittlung wahrnehmen können. Der Tatbestand des § 20 UrhG setzt nur voraus, dass das Werk einer Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird; zu welchem Zeitpunkt die Empfänger das Werk wahrnehmen können, ist nicht von Bedeutung (Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 20 UrhG Rdn. 10 und 49; Poll, GRUR 2007, 476, 479; a.A. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 20 Rdn. 1 und 9; Hofmann, MMR 2006, 793, 795; ders., ZUM 2006, 768). Auch können bereits wenige Personen eine Mehrzahl im Sinne des § 15 Abs. 3 UrhG bilden (vgl. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 15 Rdn. 40; Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO § 15 UrhG Rdn. 67; Wandtke/Bullinger/Heerma aaO § 15 UrhG Rdn. 15; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.7.1996 – I ZR 22/94, GRUR 1996, 875, 876 – Zweibettzimmer im Krankenhaus). Das Berufungsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, wie viele Kunden Vervielfältigungen bestimmter Sendungen aus dem Programm der Klägerin bestellt und erhalten haben und ob Sendungen der Klägerin danach einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.
36
2. Die gegen die Verurteilung nach dem Klageantrag zu I 3 sowie dem darauf bezogenen Klageantrag zu I 4 gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
37
a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Unterlassungsantrag zu I 3 nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründet ist, weil die Beklagte zu 1 mit dem Angebot von „Shift.TV“ gegen § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 1 JMStV verstoßen hat.
38
aa) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren der Klägerin sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb in der Fassung durch das am 30. Dezember 2008 in Kraft getretene Erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2949; im Folgenden: UWG 2008) anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1 auch zur Zeit der Begehung im Jahr 2005 nach der am 8. Juli 2004 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I, S. 2949; im Folgenden UWG 2004) wettbewerbswidrig war (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 139/05, GRUR 2009, 73 Tz. 15 = WRP 2009, 48 – Telefonieren für 0 Cent!, m.w.N.). Insoweit ist jedoch eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage nicht eingetreten. Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall ohne Bedeutung; das beanstandete Verhalten der Beklagten zu 1 ist sowohl eine Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch eine geschäftliche Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG 2008. Der Wortlaut des § 4 Nr. 11 UWG ist gleich geblieben. Die Regelung in § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 1 JMStV, die mit Hilfe von § 4 Nr. 11 UWG auch wettbewerbsrechtlich durchgesetzt wer- den kann, steht ihrerseits im Einklang mit Art. 22 der Richtlinie 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit in der Fassung der Richtlinie 97/36/EG, so dass es im Hinblick auf Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken keiner Erörterung bedarf, ob die abschließende Regelung, die durch die zuletzt genannte Richtlinie geschaffen wurde, einem Verbot entgegenstünde. Im Folgenden braucht daher zwischen altem und neuem Recht nicht unterschieden zu werden.
39
bb) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 als Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG wegen einer nach § 3 UWG 2004 unzulässigen unlauteren Wettbewerbshandlung bzw. wegen einer nach § 3 UWG 2008 unzulässigen geschäftlichen Handlung ein Unterlassungsanspruch zusteht. Die Parteien sind Unternehmer , die als Anbieter von Waren oder Dienstleistungen miteinander in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG).
40
Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behindern oder stören kann. Bei dem Betreiben eines Fernsehsenders durch die Klägerin und dem Angebot einer Vorrichtung zur Aufnahme von Fernsehsendungen durch die Beklagte handelt es sich allerdings nicht um gleichartige Waren oder Dienstleistungen. Da es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung regelmäßig nur um die konkret beanstandete Wettbewerbshandlung geht, genügt es jedoch, dass die Parteien durch eine Handlung miteinander in Wettbewerb getreten sind, auch wenn ihre Unternehmen unterschiedlichen Branchen angehören (vgl. http://www.juris.de/jportal/portal/t/ikz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311029800&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/ikz/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE311029800&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 20 - BGH, Urt. v. 24.6.2004 – I ZR 26/02, GRUR 2004, 877, 878 = WRP 2004, 1272 – Werbeblocker, m.w.N.). Das ist hier der Fall. Beide Parteien wenden sich mit ihrem Angebot an Fernsehzuschauer. Während die Klägerin möglichst viele Zuschauer, die sich ihr Programm anschauen, unmittelbar zu erreichen versucht , wendet sich die Beklagte zu 1 an Fernsehzuschauer, die Fernsehsendungen aufzeichnen möchten, um sie zu einem späteren Zeitpunkt – auch wiederholt – ansehen zu können.
41
cc) Die Beklagte zu 1 hat dadurch einen Wettbewerbsverstoß nach § 3 UWG 2004 bzw. nach § 3 UWG 2008 begangen, dass sie der Bestimmung des § 5 Abs. 1 und 3 Nr. 1 JMStV und damit einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt hat, die im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (vgl. dazu Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl., § 4 Rdn. 11.180).
42
(1) Sofern Anbieter Angebote verbreiten oder zugänglich machen, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, haben sie nach § 5 Abs. 1 JMStV dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Dieser Pflicht kann der Anbieter nach § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV dadurch entsprechen , dass er durch technische oder sonstige Mittel die Wahrnehmung des Angebots durch Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe unmöglich macht oder wesentlich erschwert.
43
(2) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das von den Beklagten zu 1 eingesetzte Altersverifikationssystem habe nicht den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV genügt, hat die Revision keine Einwände erhoben. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des http://www.juris.de/jportal/portal/t/kap/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE023200377&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/kap/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE301229200&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/kap/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=6&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE304302001&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 21 - Landgerichts war die von der Beklagten zu 1 vorgesehene Altersverifikation, mit der der Zugang von Kindern und Jugendlichen zu deren Entwicklung gefährdenden Programmen verhindert oder erschwert werden sollte, leicht zu umgehen , da sie lediglich die Eingabe der Kennziffer eines beliebigen Personalausweises erforderte und nach den Feststellungen des Landgerichts hierfür sogar die Eingabe der Kennziffer des über der Eingabemaske abgebildeten Musterpersonalausweises genügte.
44
(3) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe sich nicht mit dem Vortrag der Beklagten auseinandergesetzt, die Beklagte zu 1 habe ihr Altersverifikationssystem nach anfänglichen „Kinderkrankheiten“ abgeändert und optimiert, so dass es nunmehr die Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV erfülle; die zuständige Kommission für Jugendmedienschutz habe ein Altersverifikationssystem positiv bewertet, das mit dem von der Beklagten zu 1 eingesetzten System identisch sei.
45
Die durch den Verstoß der Beklagten zu 1 gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV begründete tatsächliche Vermutung für seine Wiederholung ist selbst dann nicht widerlegt, wenn das von der Beklagten zu 1 eingesetzte Altersverifikationssystem mittlerweile den Anforderungen des § 5 Abs. 3 Nr. 1 JMStV genügen sollte. Allein durch die Aufgabe des rechtsverletzenden Verhaltens wird die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt, solange damit nicht jede Wahrscheinlichkeit dafür beseitigt ist, dass der Verletzer erneut ähnliche Rechtsverletzungen begeht; regelmäßig kann die durch den Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr auch in solchen Fällen nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.1.1992 – I ZR 84/90, GRUR 1992, 318, 319 f. = WRP 1992, 314 – Jubiläumsverkauf; Urt. v. 26.10.2000 – I ZR 180/98, GRUR 2001, 453, 455 = WRP 2001, 400 – TCM-Zentrum; BGH, Urt. v. 17.7.2008 – I ZR 219/05, GRUR 2008, 996 Tz. 33 = WRP 2008, 1449 – Clone-CD). Da die Beklagte zu 1 keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hat, besteht die Wiederholungsgefahr fort.
46
b) Der Unterlassungsantrag zu I 4 ist gleichfalls begründet, weil eine Werbung für ein wettbewerbswidriges Angebot ihrerseits wettbewerbswidrig ist.
47
c) Auch die Beklagten zu 2 und 3 sind zur Unterlassung verpflichtet. Als Geschäftsführern der Beklagten zu 1 ist ihnen deren wettbewerbswidriges Verhalten zuzurechnen, weil sie dieses wenn nicht selbst veranlasst, so doch zumindest gekannt haben und hätten verhindern können (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1985 – I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 250 f. – Sporthosen). Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche und wegen der begangenen Rechtsverletzung zu vermutende Wiederholungsgefahr ist nicht dadurch entfallen, dass die Beklagten zu 2 und 3 nicht mehr Geschäftsführer der Beklagten zu 1 sind. Es ist nicht auszuschließen, dass sie das Geschäftsmodell so oder im Kern in gleicher Weise als Einzelkaufleute oder als Verantwortliche eines anderen Unternehmens weiter betreiben oder wieder aufnehmen werden (vgl. BGH, Urt. v. 3.6.1976 – X ZR 57/73, GRUR 1976, 579, 582 f. – Tylosin).
48
III. Auf die Revision der Beklagten ist danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht die Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu I 1, I 2 und II bestätigt hat.
49
Für das weitere Verfahren wird auf Folgendes hingewiesen:
50
1. Das Berufungsgericht wird zunächst zu prüfen haben, ob Sendungen der Klägerin von der Beklagten zu 1 oder von deren Kunden auf den „Persönlichen Videorecordern“ abgespeichert worden sind.
51
a) Sollte die Beklagte zu 1 von den Kunden ausgewählte Sendungen der Klägerin auf den „Persönlichen Videorecordern“ abgespeichert haben, wäre sie – nach den unter II 1 c bb genannten Maßstäben – als Hersteller der Aufzeichnungen anzusehen und hätte durch das Aufzeichnen der Sendungen das Recht der Klägerin verletzt, ihre Funksendungen auf Bild- oder Tonträger aufzunehmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 Fall 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG).
52
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Vervielfältigungen , die der Hersteller im Auftrag eines Dritten für dessen privaten Gebrauch anfertigt – bei einer am Zweck der Freistellung des Privatgebrauchs ausgerichteten Auslegung des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG – nicht dem Auftraggeber , sondern dem Hersteller zuzurechnen sind, wenn dieser sich nicht darauf beschränkt, gleichsam „an die Stelle des Vervielfältigungsgeräts“ zu treten und als „notwendiges Werkzeug“ des anderen tätig zu werden, sondern eine urheberrechtlich relevante Nutzung in einem Ausmaß und in einer Intensität erschließt , die sich mit den eine Privilegierung des Privatgebrauchs rechtfertigenden Erwägungen nicht mehr vereinbaren lässt (vgl. BGHZ 134, 250, 264 f. – CB-Infobank I; 141, 13, 22 – Kopienversanddienst).
53
Die vom Berufungsgericht bislang angeführten Umstände rechtfertigen es allerdings nicht, die Aufzeichnungen der Beklagten zu 1 zuzurechnen. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht nicht hinreichend begründet hat, inwiefern die Beklagte zu 1 ihren Kunden ein „Gesamtpaket“ an Leistungen bietet, die so weit über das Zurverfügungstellen eines Speicherplatzes für die Aufzeichnung von Sendungen hinausgehen, dass die Aufzeichnungen der Be- klagten zu 1 zuzurechnen sind. Die vom Berufungsgericht insoweit als entscheidend erachtete Erwägung, die Beklagte zu 1 verschaffe ihren Kunden die Vervielfältigungen durch den Empfang der Sendungen, unter denen sich zudem Sendungen befänden, die die Kunden mit den ihnen ansonsten zur Verfügung stehenden Empfangsmöglichkeiten aufgrund regionaler Beschränkungen nicht empfangen könnten, überzeugt in diesem Zusammenhang nicht (Hofmann, MMR 2006, 793, 797; ders., ZUM 2006, 768, 769; Braun, AfP 2007, 5, 7; Wiebe , CR 2007, 28, 31; a.A. OLG Köln GRUR-RR 2006, 5, 6; LG Braunschweig AfP 2006, 489, 493; LG München I ZUM 2006, 583, 584; v. Zimmermann, MMR 2007, 553, 554). Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch nach § 53 UrhG, mit denen keine Archivierungszwecke verfolgt werden (§ 53 Abs. 2 Nr. 2 UrhG), sind nicht nur dann zulässig, wenn ein eigenes Werkstück des Bestellers als Vorlage für die Vervielfältigung verwendet wird; vielmehr darf auch ein fremdes Werkstück benutzt werden und insbesondere der Hersteller die Kopiervorlage stellen (BGHZ 134, 250, 260 f. – CB-Infobank I; 141, 13, 20 – Kopienversanddienst

).


54
bb) Die Vervielfältigungen sind der Beklagten zu 1 aber deshalb zuzurechnen , weil die Herstellung der Vervielfältigungsstücke nicht – wie § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG dies voraussetzt – „unentgeltlich geschieht“.
55
Vervielfältigungen können zwar auch dann als unentgeltlich im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG anzusehen sein, wenn dem Hersteller ein Entgelt gezahlt wird, das lediglich der Kostendeckung dient (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 20 f.). Die Herstellung von Vervielfältigungsstücken durch einen anderen erfolgt jedoch – wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat – nicht unentgeltlich im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG, wenn diese Tätigkeit auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Mit dem Erfordernis der Unentgeltlichkeit von Vervielfältigungen durch Dritte soll – im Hinblick auf die Gefahr von Missbrauch – die Notwendigkeit des privaten Charakters derartiger Vervielfältigungen betont werden (Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft , BT-Drucks. 15/38, S. 20). Vervielfältigungen, die in der Absicht vorgenommen werden, damit einen Gewinn zu erzielen, haben jedoch keinen privaten, sondern kommerziellen Charakter.
56
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Tätigkeit der Beklagten zu 1 auf Gewinnerzielung ausgerichtet und daher nicht „unentgeltlich“ ist. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe nicht die für eine solche Beurteilung erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht zulässigerweise verwiesen hat, erhebt die Beklagte zu 1 von ihren Kunden seit dem 15. Juli 2005 eine monatliche Gebühr von 9,99 €. Bereits dies spricht nach der Lebenserfahrung dafür, dass die Beklagte zu 1 mit dem Angebot von „Shift.TV“ einen Gewinn erzielen möchte. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte zu 1 habe unter Beweisantritt vorgetragen, die von den Kunden erhobenen Gebühren deckten nicht die Kosten für die Etablierung und Aufrechterhaltung der Infrastruktur der „Persönlichen Videorecorder“. Darauf kommt es nicht an. Die Beklagte zu 1 stellt nicht in Abrede, dass sie nicht nur von ihren Kunden eine Gebühr erhebt, sondern auch aus dem Bereitstellen von Werbeflächen auf den Internet-Seiten ihres Angebots „Shift.TV“ Einnahmen erzielt. Das Herstellen von Vervielfältigungsstücken ist bereits dann nicht unentgeltlich im Sinne des § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG, wenn es wesentlicher Bestandteil eines auf Gewinnerzielung gerichteten Geschäftsmodells ist (vgl. Schwenzer, ZUM 1997, 478, 480 f.; Braun, AfP 2007, 5, 12; a.A. Dreier in Dreier/Schulze aaO § 53 Rdn. 16; Wiebe, CR 2007, 28, 31; Hofmann, MMR 2006, 793, 798 f.; v. Zimmermann, MMR 2007, 553, 555). So verhält es sich hier. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann das Geschäftsmodell der Beklagten zu 1 nicht künstlich in einen defizitären Bereich des Vertriebs von „Persönlichen Videorecordern“ und einen profitablen Bereich der Vermarktung von Werbeflächen zergliedert werden. Das Angebot zur Aufzeichnung von Fernsehsendungen ist unabdingbare Voraussetzung für die Erzielung der Werbeeinnahmen.
57
b) Sollten dagegen die Kunden die von der Beklagten zu 1 über Satelliten -Antennen empfangenen Sendungen – nach den unter II 1 c bb angeführten Maßstäben – selbst auf den „Persönlichen Videorecordern“ abgespeichert haben und die Videorecorder daher dem Bereich der Kunden zuzuordnen sein, wird das Berufungsgericht weiter zu prüfen haben, ob die Beklagte zu 1 Sendungen der Klägerin an die „Persönlichen Videorecorder“ so vieler Kunden weitergeleitet hat, dass sie diese damit im Sinne der § 15 Abs. 3 UrhG einer Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. In diesem Fall hätte die Beklagte zu 1 – wie unter I 1 d bb ausgeführt – das Recht der Klägerin verletzt, ihre Funksendungen weiterzusenden (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1, § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 20 UrhG).
58
2. Hat die Beklagte zu 1 das der Klägerin als Sendeunternehmen zustehende Leistungsschutzrecht aus § 87 Abs. 1 UrhG in der einen oder anderen Weise verletzt, ist auch der Klageantrag zu I 2 begründet.
59
a) Das Berufungsgericht hat zur Begründung des dem Antrag zu I 2 stattgebenden Verbots, das Angebot „Shift.TV“ Dritten zur Einbindung in eine Website zu lizenzieren, auf die Ausführungen des Landgerichts verwiesen. Dessen Annahme, das Lizenzierungsverbot sei begründet, weil die Urheber- rechtsverletzung durch eine Lizenzierung fortgesetzt und vertieft würde, wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keine Rechtsfehler erkennen.
60
b) Gegen die Zuerkennung des Auskunftsantrags zu II hat die Revision keine Rügen erhoben. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich. Der Auskunftsanspruch wäre als Hilfsanspruch zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begründet (§ 242 BGB). Das für einen Schadensersatzanspruch notwendige Verschulden der Beklagten zu 1 ergibt sich daraus, dass sie sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt hat, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit ihres Verhaltens in Betracht ziehen musste (BGH, Urt. v. 17.2.2000 – I ZR 194/97, GRUR 2000, 699, 702 – Kabelweitersendung, m.w.N.).
61
3. Im Falle einer Verletzung des Leistungsschutzrechts der Klägerin aus § 87 Abs. 1 UrhG wären die Klageanträge zu I 1, I 2 und II schließlich auch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 begründet. Da den Beklagten zu 2 und 3 als Geschäftsführern der Beklagten zu 1 – wie unter II 2 c ausgeführt – auch deren Verletzung des Leistungsschutzrechts aus § 87 Abs. 1 UrhG zuzurechnen wäre , wären sie für die Rechtsverletzung – entgegen der Auffassung der Revision – nicht nur als Störer, sondern als Täter verantwortlich. Sie hafteten daher nicht nur auf Unterlassung, sondern auch auf Schadensersatz und hätten die zur Vorbereitung eines Schadensersatzanspruchs begehrte Auskunft zu erteilen.
Bornkamm Schaffert Bergmann
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 12.05.2006 - 5 O 4391/05 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 28.11.2006 - 14 U 1071/06 -

(1) Der Datenbankhersteller hat das ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt oder einen nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe eines nach Art oder Umfang wesentlichen Teils der Datenbank steht die wiederholte und systematische Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank gleich, sofern diese Handlungen einer normalen Auswertung der Datenbank zuwiderlaufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers unzumutbar beeinträchtigen.

(2) § 10 Abs. 1, § 17 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 und 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 176/07 Verkündet am:
21. Januar 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Neues vom Wixxer
Die mit der Einräumung einer „letzten Option“ begründete Verpflichtung, dem
Optionsberechtigten das Recht zur Veröffentlichung der Fortsetzung eines
Films zu denselben Bedingungen anzubieten, zu denen der Optionsverpflichtete
dieses Recht einem Dritten angeboten hat, kann durch das Angebot zum Abschluss
eines Vorvertrages erfüllt werden, der die wesentlichen Bestandteile
des beabsichtigten Hauptvertrages enthält.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - I ZR 176/07 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. September 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I, 21. Zivilkammer, vom 24. November 2006 wird insgesamt zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittel werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine Filmproduktionsgesellschaft. Die Beklagte ist im Filmverleih und Filmlizenzhandel tätig. Die Parteien schlossen am 26. April 2002 einen Lizenzvertrag, mit dem die Klägerin der Beklagten die ausschließlichen Nutzungsrechte an dem Film „Der Wixxer“ einräumte. In Nummer 11 Abs. 4 des Vertrages vereinbarten die Parteien: Der LN [Lizenznehmer / Beklagte] erhält die erste und letzte Option zur Veröffentlichung einer Fortsetzung (Sequel oder Prequel) basierend auf dem Film.
2
Am 18. März 2005 übersandte die Klägerin der Beklagten ein erstes Angebot zur Veröffentlichung einer Fortsetzung des Films. Die Beklagte nahm dieses Angebot nicht an. Daraufhin verhandelte die Klägerin mit Dritten über den Verleih. Die C. Film Verleih GmbH unterbreitete der Klägerin in einem aus neun Nummern bestehenden „Deal Memo“ ihre Verleih-Konditionen für den geplanten Film, der nun den Arbeitstitel „Neues vom Wixxer“ trug. Die Klägerin übersandte der Beklagten mit E-Mail vom 24. September 2005 dieses - nachfolgend wiedergegebene - Angebot: DEAL MEMO für NEUES VOM WIXXER (aka DER WIXXER 2) Verleih-Konditionen / [C.] Film Verleih GmbH (CFV) 1. Üblicher Rechteumfang dG 2. Lizenzzeiten 12 J. für TH/HV, 5 J. für TV (gem. FFG) 3. Vergütung insg. EUR 2,4 Mio.; branchenübliche Fälligkeiten (= während der Produktion bzw. bei Lieferung/Abnahme) 4. Verleihspesen bis Rückdeckung von P&A & MG aus dem LG-Anteil 25%, danach 30%; Mitspracherecht bzgl. Werbekampagne, Startdatum, P&A-Budget etc. für [Klägerin] 5. Video-Royalties 35% Rental (VHS und DVD), 22,5% Sell-Through (VHS und DVD); zusätzlich Mitgestaltungsrechte, Freiexemplare in beliebiger Menge etc. für [Klägerin] 6. MG für TH/HV EUR 0,9 Mio.; TV-Festpreis EUR 1,5 Mio.; „Bumper“Erhöhungen von je EUR 100.000 bei 1,5, 2,0 und 2,5 Mio. Kinobesuchem in D 7. Bürgschaft bzw. äquivalente Sicherungsmittel, um den Vertrag „bankable“ (= zwischenfinanzierbar) zu machen 8. keine Verknüpfung an Script- bzw. Cast-Approval etc.; einzige Voraussetzung : Fertigungskosten mindestens in vergleichbarer Größenordnung wie bei DER WIXXER 9. CFV garantiert den Abschluss eines Co-Produktionsvertrages mit der [C.] Film Produktion GmbH (CFP) zu folgenden wesentlichen Bedingungen: 9.1 [C.] Film wird bis zu einem Budget von ggf. bis zu ca. EUR 5,5 Mio. eine nach Verleihgarantie, Förder- und Drittmitteln verbleibende Finanzierungslücke unabhängig von deren Höhe in vollem Umfang so rechtzeitig schließen, dass ein Drehbeginn im April/Mai 2006 ermöglicht wird. 9.2 [C.] Film erhält dabei (abgesehen von einem zur Einbringung des Finanzierungsbeitrages formell erforderlichen „Grundsockel“ von 10%) nur insoweit Coproduktions- und Gewinnanteile, als dadurch die jeweiligen Anteile der [Klägerin ] nicht unter 50% sinken. 9.3 Der Co-Produktionsvertrag wird im übrigen nach branchenüblichem Muster mit [Klägerin] als federführendem Co-Produzenten abgeschlossen. Ausführliche, zur Vorlage bei den Förderungen geeignete Verträge werden ausgefertigt , sobald die hierfür erforderlichen Rahmendaten des Films im einzelnen feststehen. Bis zur Ausfertigung entsprechender Verträge ist dieses Deal Memo für beide Parteien rechtsverbindlich.
3
In der E-Mail heißt es unter anderem: Außerdem kannst Du, Andreas, das angehängte Angebot der [C.], wenn es Dir dann leichter fällt, durchaus auch als das „letzte“ Angebot betrachten, denn wenn Du Dich nicht dazu äußerst, werde ich es so annehmen müssen! [...] Ich bitte Dich dementsprechend letztmalig, Dich zu dem Angebot der [C.] verbindlich zu äußern.
4
Die Beklagte teilte der Klägerin mit E-Mail vom 2. Oktober 2005 mit, sie nehme die in Nummer 11 Abs. 4 des Vertrages vom 26. April 2002 vereinbarte letzte Option wahr. Sie listete die ersten acht Nummern des Angebots der C. Film Verleih GmbH als von ihr akzeptierte Bedingungen auf. Nicht in der Auflistung enthalten ist die Nummer 9 des „Deal Memo“, in der die C. Film Verleih GmbH zur Absicherung der Finanzierung des Films den Abschluss eines CoProduktionsvertrags mit der C. Film Produktion GmbH garantiert. Am 27. Oktober 2005 unterzeichneten die Klägerin und die C. Film Verleih GmbH das „Deal Memo“.
5
Die Klägerin hat die Beklagte auf Feststellung in Anspruch genommen, 1. dass zwischen den Parteien kein Lizenzvertrag über das Filmprojekt mit dem Arbeitstitel „Neues vom Wixxer“ zustande gekommen ist; 2. dass der Beklagten gegen die Klägerin keine Schadensersatzansprüche aus einer Verletzung der Optionsklausel in Nummer 11 Abs. 4 des Lizenzvertrages vom 26. April 2002 zustehen.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG München I ZUM 2007, 421). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und den Klageantrag zu 2 abgewiesen (OLG München GRUR-RR 2008, 137 = ZUM 2008, 68). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag zu 2 weiter.

Entscheidungsgründe:


7
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann nicht festgestellt werden, dass der Beklagten keine Schadensersatzansprüche gegen die Klägerin aus einer Verletzung der Optionsklausel in Nummer 11 Abs. 4 des Lizenzvertrags vom 26. April 2002 zustehen. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt:
8
Die Klägerin habe der Beklagten mit dem „Deal Memo“ ein Angebot übermittelt, das nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Dieses Angebot habe nicht den Anforderungen genügt, die an eine „letzte Option“ zu stellen seien. Die Klägerin habe daher zumindest fahrlässig gegen die Optionsklausel verstoßen. Sie sei der Beklagten deshalb dem Grunde nach schadensersatzpflichtig.
9
II. Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Der Feststellungsantrag zu 2 ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begründet. Die Beklagte hat gegen die Klägerin keine Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Verpflichtungen aus der Optionsklausel in Nummer 11 Abs. 4 des Lizenzvertrages vom 26. April 2002.
10
1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Klägerin habe sich der Beklagten mit der Einräumung des Vorrechts der „letzten Option“ in Nummer 11 Abs. 4 des Lizenzvertrages verpflichtet, die Rechte zur Veröffentlichung einer Fortsetzung des Films „Der Wixxer“ zu denselben Bedingungen anzubieten , zu denen sie die Rechte einem Dritten angeboten habe. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. zu Optionsverträgen im Urheberrecht Schricker/Schricker, Urheberrecht , 3. Aufl., § 40 UrhG Rdn. 5 ff.; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 40 UrhG Rdn. 318 f.; zu Optionsverträgen im Filmgeschäft Brauneck/Brauner, ZUM 2006, 513). Ebenso wenig rechtlich zu bean- http://www.juris.de/jportal/portal/t/duy/page/home.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300332002&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - standen ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Klägerin der Beklagten schadensersatzpflichtig wäre, wenn sie diese Verpflichtung schuldhaft verletzt hätte (vgl. BGHZ 22, 347, 350 - Clemens Laar, zum Verstoß gegen die Anbietungspflicht bei einem Verlagsvertrag).
11
2. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, die Optionsklausel sei dahin auszulegen, dass es sich bei dem Angebot an den Dritten, das die Klägerin der Beklagten vorzulegen gehabt habe, um ein konkret beabsichtigtes und hinreichend bestimmtes Angebot mit einer „durchverhandelten“ Lizenzierung der Rechte habe handeln müssen, weil die Beklagte die „letzte Option“ nur dann sinnvoll habe ausüben können. Das „Deal Memo“, das die Klägerin der Beklagten mit E-Mail vom 24. September 2005 übermittelt und darin als letztes Angebot bezeichnet habe, genüge diesen Anforderungen nicht. Es regele die meisten Fragen nur stichpunktartig und verwende mehrfach nicht eindeutig verständliche Abkürzungen. Es handele sich daher allenfalls um den Entwurf eines Vorvertrages oder das Angebot zu einem Vorvertrag zwischen der Klägerin und der C. Film Verleih GmbH. Auf der Grundlage dieses „Deal Memo“ hätte es wegen dessen unvollständigen Charakters allenfalls zum Abschluss eines Vorvertrages , keinesfalls jedoch zum Abschluss eines Lizenzvertrags zwischen den Parteien kommen können. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
12
a) Da es sich bei der Optionsklausel um eine individuelle Vereinbarung der Parteien handelt, kann das Revisionsgericht ihre Auslegung durch das Berufungsgericht nur darauf überprüfen, ob gesetzliche oder anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentliches Auslegungsmaterial unter Verstoß gegen Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (BGHZ 150, 32, 37 - Unikatrahmen; BGH, Urt. v. 10.10.2002 - I ZR 193/00, http://www.juris.de/jportal/portal/t/duy/page/home.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310582007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/duy/page/home.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=18&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE310582007&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/duy/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/duy/## - 7 - GRUR 2003, 173, 175 = WRP 2003, 83 - Filmauswertungspflicht; Urt. v. 14.12.2006 - I ZR 34/04, GRUR 2007, 693 Tz. 26 = WRP 2007, 986 - Archivfotos ). Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung (BGH, Urt. v. 19.12.2002 - I ZR 297/99, GRUR 2003, 699, 701 = WRP 2003, 994 - Eterna, m.w.N.). Diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.
13
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Beklagte die „letzte Option“ sinnvoll ausüben, auch wenn das von der Klägerin vorzulegende Angebot an den Dritten nur eine stichpunktartige Regelung und keine „durchverhandelte“ Lizenzierung der Rechte enthält.
14
Die Vorlage des Angebots, das der Optionsverpflichtete dem Dritten unterbreitet hat, soll dem Optionsberechtigten eine Entscheidung über die Ausübung des Optionsrechts ermöglichen. Eine solche Entscheidung kann auch dann möglich und zumutbar sein, wenn es sich bei dem Angebot an den Dritten um das Angebot zum Abschluss eines Vorvertrages handelt, der die wesentlichen Bestandteile des beabsichtigten Hauptvertrages enthält und diesem die Regelung der Einzelheiten vorbehält. Der Abschluss eines Vorvertrages ermöglicht - im Interesse beider Vertragsparteien - eine vertragliche Bindung auch dort, wo der Inhalt des Hauptvertrages noch nicht in allen Einzelheiten festgelegt werden kann (BGHZ 97, 147, 154). Gerade in der Filmbranche ist es aus diesem Grunde üblich, Kurzverträge („Deal Memos“) zu vereinbaren, die die wesentlichen Vertragsregelungen vorab festlegen (vgl. BGH GRUR 2003, 173 - Filmauswertungspflicht; J. B. Nordemann in Fromm/Nordemann aaO § 40 UrhG Rdn. 304 f.; Hartlieb/Schwarz/U. Reber, Handbuch des Film-, Fernsehund Videorechts, 4. Aufl., Kap. 91 Rdn. 9).
15
Auch der Beklagten war es danach möglich und zumutbar, auf der Grundlage des „Deal Memo“ über die Ausübung des Optionsrechts zu entscheiden. Das „Deal Memo“ enthält die wesentlichen Regelungen des geplanten Lizenzvertrages. Es bezeichnet die Vertragsparteien und den Vertragsgegenstand. Es nennt als Hauptleistung der Klägerin die Übertragung der Nutzungsrechte am Film und als Gegenleistung der Beklagten eine Festvergütung, eine Erlösbeteiligung und eine Finanzierungsgarantie. Unter diesen Umständen ist es unerheblich, dass das „Deal Memo“ andere Fragen lediglich stichpunktartig regelt und bestimmt, dass ausführliche Verträge ausgefertigt werden, sobald die hierfür erforderlichen Rahmendaten des Films im Einzelnen feststehen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der „unvollständige Charakter“ des „Deal Memo“ dem wirksamen Abschluss eines Vorvertrages nicht entgegensteht, wenn die Parteien sich - wie hier - über die wesentlichen Vertragsbestandteile geeinigt haben. Es spielt daher keine Rolle, dass in den Nummern 4, 5 und 8 des „Deal Memo“ das Kürzel „etc.“ auf weitere, noch zu regelnde Punkte verweist. Desgleichen ist es nicht von Bedeutung, dass in Nummer 9.1 des „Deal Memo“ von einem Budget von „ggf. bis zu ca. EUR 5,5 Mio.“ die Rede ist, zumal es in der Natur der Sache liegt, dass das Budget eines Films vor Drehbeginn nicht genau feststeht.
16
c) Nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die Verpflichtung aus der Optionsklausel nur mit der Vorlage eines hinreichend bestimmten Angebots erfüllen können. Ist das vorgelegte Angebot nicht klar und verständlich, ist dem Optionsberechtigten eine Ausübung seines Rechts im Allgemeinen nicht möglich oder zumutbar. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist das im Streitfall in Rede stehende „Deal Memo“ jedoch ausreichend bestimmt.
17
Für die Beurteilung der Bestimmtheit des „Deal Memo“ kommt es, wie die Revision zutreffend geltend macht, auf die Sicht der Beklagten zum Zeitpunkt des Zugangs an (vgl. BGH, Urt. v. 24.6.1988 - V ZR 49/87, NJW 1988, 2878, 2879). Zu diesem Zeitpunkt hat die Beklagte das von der Klägerin mit E-Mail vom 24. September 2005 übersandte „Deal Memo“ als hinreichend bestimmt angesehen. Sie hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit verschiedenen Erklärungen - insbesondere mit ihren E-Mails vom 2. Oktober 2005 und vom 21. Dezember 2005 - dessen gesamten Text akzeptiert und die letzte Option ausgeübt, ohne die Bestimmtheit in Zweifel zu ziehen. Dass es nicht zum Abschluss eines (Vor-)Vertrages gekommen ist, ist nicht der mangelnden Bestimmtheit des „Deal Memo“ zuzuschreiben, sondern - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - dem Umstand, dass die E-Mails der Klägerin vom 24. September 2005 und der Beklagten vom 2. Oktober 2005 mit Rücksicht auf die von der Beklagten nicht akzeptierte Finanzierungsgarantie keine sich deckenden Willenserklärungen enthielten (§ 150 Abs. 2 BGB) und die weiteren Erklärungen der Beklagten schon wegen Zeitablaufs zu keinem Vertragsschluss führen konnten (§ 147 Abs. 2 BGB).
18
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann nicht angenommen werden, die Beklagte habe nur deshalb keine Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit des „Deal Memo“ geäußert, weil sie unter Zeitdruck gestanden habe, das übermittelte Angebot anzunehmen, um nicht das Recht der letzten Option zu verlieren. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass die vom Berufungsgericht angenommene Zwangslage im Sachvortrag der Parteien keine Stütze findet. Weder hat die Beklagte selbst einen solchen Zeitdruck behauptet noch wird er durch die Umstände belegt. Die Revisionserwiderung wendet ohne Erfolg ein, die Beklagte habe im Hinblick auf Nummer 9 des „Deal Memo“ Bestimmtheitsbedenken geäußert. Die Beklagte hat bei der Ausübung des Optionsrechts mit E-Mail vom 2. Oktober 2005 die Nummer 9 des „Deal Memo“ zwar nicht unter den von ihr akzeptierten Bedingungen aufgelistet. Sie hat dies jedoch nicht mit Bedenken an der Bestimmtheit dieser Regelung begründet. Mit E-Mail vom 21. Dezember 2005 hat die Beklagte dann die Ausübung des Optionsrechts hinsichtlich des gesamten „Deal Memo“ einschließlich dessen Nummer 9 erklärt. Die Bestimmtheit des „Deal Memo“ und dieser Regelung hat sie auch dabei aber nicht in Frage gestellt. Die Beklagte hat ferner nicht geltend gemacht, sie habe die im „Deal Memo“ verwendeten - nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht eindeutig verständlichen - Abkürzungen nicht verstanden.
19
d) Das Berufungsgericht hat schließlich - insoweit von der Revision unbeanstandet - angenommen, bei dem Angebot an den Dritten müsse es sich um eine konkret beabsichtigte Vereinbarung handeln. Das „Deal Memo“ habe demgegenüber „allenfalls“ den Entwurf eines Vorvertrages oder das Angebot zu einem Vorvertrag zwischen der Klägerin und der C. Film Verleih GmbH dargestellt , der bei wirksamer Ausübung des Optionsrechts durch die Beklagte „allenfalls“ zum Abschluss eines Vorvertrages zwischen den Parteien habe führen können. Soweit das Berufungsgericht mit der Formulierung „allenfalls“ Bedenken hinsichtlich der beabsichtigten Rechtsverbindlichkeit des „Deal Memo“ geäußert haben sollte, könnte dem nicht gefolgt werden. Dem stünde schon der - vom Berufungsgericht nicht erwähnte - letzte Satz des „Deal Memo“ entgegen, wonach das „Deal Memo“ bis zur Ausfertigung entsprechender Verträge für beide Parteien rechtsverbindlich ist. http://www.juris.de/jportal/portal/t/9gf/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE154601301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 11 -
20
III. Auf die Revision der Klägerin ist das Berufungsurteil danach insoweit aufzuheben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts ist insgesamt zurückzuweisen.
21
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 24.11.2006 - 21 O 25/06 -
OLG München, Entscheidung vom 27.09.2007 - 29 U 1802/07 -

(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden.

(2) Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.

(3) Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen. Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt. § 35 bleibt unberührt.

(4) (weggefallen)

(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 180/00 Verkündet am:
10. Oktober 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EROC III

a) § 31 Abs. 4 UrhG findet keine Anwendung auf Vereinbarungen, mit denen
ausübende Künstler oder Tonträgerhersteller in die Nutzung der geschützten
Leistung einwilligen.

b) Hat ein ausübender Künstler die Einwilligung erteilt, daß seine Darbietung „in
jeder beliebigen Weise“ ausgewertet wird, ist die Vermarktung der Aufnahme
als CD auch dann vom Vertragszweck umfaßt, wenn diese Nutzungsmöglichkeit
zum Zeitpunkt der Einwilligung noch nicht bekannt war.
BGH, Urt. v. 10. Oktober 2002 – I ZR 180/00 – LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 8. Juni 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger (mit dem Künstlernamen „EROC“) ist Musiker. Er betreibt ein eigenes Tonstudio, in dem er Tonträger herstellt. Die Beklagte verwertet Schallaufnahmen des Klägers. Die Parteien streiten, ob die Beklagte berechtigt ist, alte Schallaufnahmen des Klägers auf CD-Tonträgern zu verwerten.
Mit einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, der M. Musik GmbH (im folgenden : M. ), schloß der Kläger am 18. Juni 1979 einen Vertrag, in dem es um
die Schallplattenauswertung von Produktionen des Klägers ging. In diesem Vertrag heißt es u.a.:
§ 1

1

(1) Gegenstand dieses Vertrages ist das Recht, Schallaufnahmen des Produzenten

2

auszuwerten. Zu diesem Zweck überläßt der Produzent M. überspielungsfähige Tonbänder mit Schallaufnahmen für eine LP des Künstlers EROC. (2) Der Produzent überträgt M. bzw. ihren Lizenznehmern ohne Einschränkung und für die ganze Welt exklusiv und zeitlich unbegrenzt das Recht, die Schallaufnahmen in jeder beliebigen Weise auszuwerten. (3) Die Rechtsübertragung schließt sämtliche Leistungsschutzrechte und -ansprüche sowie alle sonstigen Rechte der Mitwirkenden an den Vertragsaufnahmen ein. ... § 6

1

(1) M. darf die Vertragsaufnahmen unter jedem ihr oder einem ihrer Lizenz-

2

nehmer gehörenden Label veröffentlichen oder veröffentlichen lassen. Über Zeitpunkt , Art und Form der Veröffentlichung entscheidet der Produzent in gemeinsamer Absprache mit M. .
Nach § 11 Abs. 4 waren die am selben Tag unterzeichneten „Besonderen Vereinbarungen“ Bestandteil des Vertrages. In Ziffer 3 dieser Vereinbarungen heißt es:
Samplerveröffentlichungen von Werken des Künstlers EROC nimmt M. nur mit Genehmigung des Produzenten vor.
Der Kläger überließ der M. auf der Grundlage dieses Vertrags die Aufnahmen von elf Einzeltiteln, die als „EROC III“ zusammengefaßt wurden. Der Kläger hatte an diesen Aufnahmen auch künstlerisch als Interpret mitgewirkt. Ende November 1998 erfuhr der Kläger, daß die MM. GmbH, eine Rechtsnachfolgerin der M. und Rechtsvorgängerin der Beklagten, einem Drittunternehmen gestattet hatte, „EROC III“ auf CD herauszubringen.
Der Kläger, der Rechte als ausübender Künstler und als Tonträgerhersteller geltend macht, ist der Auffassung, die Verwertung auf CD-Tonträgern sei als damals noch unbekannte – gegenüber der Schallplatte eigenständige – Nutzungsart nicht aufgrund des Vertrages von 1979 erlaubt. Nach der Durchführung eines in zwei Instanzen erfolgreichen Verfügungsverfahrens (vgl. KG NJW-RR 2000, 270) hat der Kläger die Beklagte im Hauptsacheverfahren auf Unterlassung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Mit der (Sprung-)Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Landgericht hat einen auf Unterlassung der Verwertung von „EROC III“ auf CD-Tonträgern gerichteten Anspruch des Klägers aus § 97 Abs. 1, § 85 Abs. 1 Satz 1, § 75 Abs. 2 UrhG bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Beklagten stehe hinsichtlich dieser Nutzung kein Recht zu. Weder habe der Kläger der Beklagten (oder der Rechtsvorgängerin M. ) ein solches Recht ausdrücklich übertragen, noch sei eine entsprechende Befugnis in dem Recht enthalten , die Schallaufnahme auf Langspielplatte oder Musikkassette zu verbreiten. Denn die Verwertung auf CD stelle sich als eine im Verhältnis zur Verbreitung auf Langspielplatte oder Musikkassette neue Nutzungsart dar, die bei Abschluß des Vertrags vom 18. Juni 1979 noch unbekannt gewesen sei.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Die Nachprüfung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Die Beklagte stützt das von ihr in Anspruch genommene Recht, die Titel der Aufnahme „EROC III“ durch Verbreitung auf CD-Tonträgern zu verwerten, in erster Linie auf § 1 Abs. 2 und 3 des am 18. Juni 1979 geschlossenen Vertrages. Dort hat der Kläger (als Produzent sowie für alle künstlerisch Mitwirkenden) der M. das Recht übertragen, die Schallaufnahmen in jeder beliebigen Weise auszuwerten.
2. Das Landgericht hat – unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des Berufungsurteils im vorausgegangenen Verfügungsverfahren (KG NJW-RR 2000, 270) – die Ansicht vertreten, diese Nutzungsrechtseinräumung betreffe keine „CDRechte“ an dem Werk. Bei der Auswertung der Musikaufnahmen mittels CD handele es sich um eine andere Nutzungsart als die Auswertung auf Langspielplatte oder Musikkassette, so daß die Beklagte durch den Vertrag von 1979 keine entsprechenden Rechte erhalten habe. Die Möglichkeit der digitalen Speicherung von Musik auf CD sei 1979 noch nicht bekannt gewesen.
Damit hat das Landgericht auf die Regelung in § 31 Abs. 4 UrhG abgestellt, wonach eine Einräumung von Nutzungsrechten für noch nicht bekannte Nutzungsarten unwirksam ist. Entgegen der stillschweigenden Annahme des Landgerichts kommt diese Bestimmung vorliegend jedoch nicht zur Anwendung. Der Streitfall nötigt daher nicht dazu, die für das Landgericht im Mittelpunkt stehende, in der Rechtsprechung und im Schrifttum umstrittene Frage zu beantworten, ob sich die Auswertung von Tonaufnahmen auf CD gegenüber den Aufnahmen auf herkömmlichen Langspielplatten oder Musikkassetten als eine neue Nutzungsart darstellt (bejahend KG NJW-RR 2000, 270, 271; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 420 f.;
ZUM 2001, 164, 165 f.; Gaertner, AfP 1999, 143, 144; Reber, GRUR 1998, 792, 796; ders., ZUM 1998, 481, 482; Hertin in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 31/32 UrhG Rdn. 18; Fitzek, Die unbekannte Nutzungsart, 2000, S. 106; verneinend OLG Köln ZUM 2001, 166, 172; Dünnwald, UFITA 127 [1995], 279; v. Gamm, ZUM 1994, 591, 593; Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2. Aufl., Rdn. 551; Castendyk, ZUM 2002, 332, 344 f.).

a) Aus der systematischen Einordnung dieser Vorschrift in den mit „Urheberrecht“ betitelten Ersten Teil des „Gesetz(es) über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“ sowie in dessen Fünften Abschnitt („Rechtsverkehr im Urheberrecht“ ) wird bereits deutlich, daß diese Bestimmung sich zunächst lediglich auf urheberrechtliche Werke bezieht. Rechte an solchen Werken – etwa aus §§ 16, 17 UrhG – macht der Kläger aber nicht geltend. Er hat nicht vorgetragen, Komponist oder Textdichter von „EROC III“ zu sein. In Rede stehen vielmehr Rechte des Klägers als Tonträgerhersteller (§ 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG) und als ausübender Künstler (§ 75 Abs. 2 UrhG). Diese Rechte sind als „Verwandte Schutzrechte“ im Zweiten Teil des Urheberrechtsgesetzes (§§ 70 bis 87e UrhG) geregelt. Im Vierten Teil des Gesetzes (§§ 96 bis 119 UrhG) – „Gemeinsame Bestimmungen für Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“ – finden sich keine Bestimmungen über die Rechtseinräumung.
Bereits die systematische Stellung des § 31 Abs. 4 im Urheberrechtsgesetz legt es daher nahe, diese Bestimmung auf andere Rechte nur im Falle einer ausdrücklichen Regelung anzuwenden. Eine derartige Regelung gibt es beispielsweise in § 72 Abs. 1 UrhG. Dort ist bestimmt, daß „Lichtbilder ... in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des Ersten Teils geschützt“ werden; dies schließt die Anwendung des § 31 Abs. 4 UrhG ein. Demgegenüber lassen die Vorschriften für ausübende Künstler (§§ 73 ff. UrhG) und Tonträgerhersteller (§§ 85, 86 UrhG) eine solche Regelung vermissen mit der Fol-
ge, daß deren Leistungen nicht in den Genuß der Schutzvorschrift des § 31 Abs. 4 UrhG gelangen. Dies verdeutlichen insbesondere die Regelungen in §§ 84, 85 Abs. 3 UrhG und in dem vor kurzem eingefügten § 75 Abs. 4 UrhG: Diese Bestimmungen erklären Teile oder einzelne Vorschriften des Ersten Teils des Urheberrechtsgesetzes , § 75 Abs. 4 UrhG sogar einzelne Absätze des § 31 UrhG für entsprechend anwendbar. Eine entsprechende Anwendung der hier in Rede stehenden Bestimmung des § 31 Abs. 4 UrhG ist dort gerade nicht vorgesehen.

b) Es handelt sich hierbei auch nicht um eine planwidrige Regelungslücke, die in richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden könnte. Im Zuge der Reform des Urhebervertragsrechts ist diskutiert worden, ob neben § 31 Abs. 5 UrhG auch noch andere Absätze dieser Bestimmung auf die Leistungen der ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller anwendbar sein sollen. Der Gesetzgeber hat es gleichwohl bei der selektiven, die Regelung des Absatzes 4 ausschließenden Verweisung belassen. So war im Vorfeld des – jüngst in Kraft getretenen – Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern vom 22. März 2002 (BGBl. I S. 1155) zunächst geplant, für ausübende Künstler in § 75 Abs. 4 UrhG die Vorschrift des § 31 Abs. 4 UrhG für entsprechend anwendbar zu erklären (vgl. Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen , BT-Drucks. 14/6433, S. 5). Auf diese Änderung wurde letztlich verzichtet, und zwar mit der Begründung, es sei nicht praktikabel, wenn bei Darbietungen mit vielen Mitwirkenden die Rechte für neue, bislang unbekannte Nutzungsarten von den zahlreichen ausübenden Künstlern nachträglich erworben werden müßten (Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 14/8058, S. 24 und 52 f.). Auch der Regierungsentwurf, mit dem die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft umgesetzt werden soll (BR-Drucks. 684/02), sieht in
§ 79 (für die Rechte der ausübenden Künstler) und in § 85 (für die Rechte der Tonträgerhersteller) lediglich eine entsprechende Anwendung von § 31 Abs. 1 bis 3 und 5 UrhG vor; die Anwendung von § 31 Abs. 4 UrhG auf die Leistungsschutzrechte der ausübenden Künstler und der Tonträgerhersteller soll damit ausdrücklich ausgeschlossen bleiben. Die Begründung des Gesetzentwurfs verweist hinsichtlich der Tonträgerhersteller darauf, daß bei der Verweisung u.a. die Vorschriften ausgeklammert worden seien, die „lediglich dem Schutz des Urhebers als der regelmäßig schwächeren Vertragspartei dienen (§ 31 Abs. 4...)“ (BR-Drucks. 684/02, S. 57).

c) In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ist schließlich die Frage erörtert worden, ob sich die Nichtanwendbarkeit des § 31 Abs. 4 UrhG auf die Leistungen der ausübenden Künstler erst aus der im Jahre 2002 eingefügten Bestimmung des § 75 Abs. 4 UrhG n.F. ergibt, ob also eine vorher bestehende Anwendbarkeit erst durch die neue Bestimmung abgeschafft worden ist. Dies ist eindeutig zu verneinen (vgl. Schack, GRUR 2002, 853, 854 Fn. 22; Erdmann, GRUR 2002, 923, 930).
Auch schon vor Einfügung der neuen Bestimmung sprachen die Systematik des Gesetzes und die ausdrückliche Aufzählung der entsprechend anzuwendenden Vorschriften des Ersten Teils des Urheberrechtsgesetzes dagegen, § 31 Abs. 4 UrhG auf die Leistungen der ausübenden Künstler und der Tonträgerhersteller entsprechend anzuwenden. Während heute die Gemeinsamkeiten zwischen dem Urheberrecht und dem Leistungsschutzrecht der ausübenden Künstler betont werden, lag der gesetzlichen Regelung von 1965 die Vorstellung zugrunde, daß zwischen dem Urheberrecht und den Leistungsschutzrechten „rechtsdogmatisch eine klare Trennungslinie zu ziehen“ sei, weswegen „Inhalt und Umfang der Leistungsschutzrechte ... jeweils unter Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der zu schützenden Personengruppen selbständig zu bestimmen (seien)
und ... nicht einfach aus einer entsprechenden Anwendung urheberrechtlicher Grundsätze gewonnen werden“ könnten (Begründung des Regierungsentwurfs eines Urheberrechtsgesetzes, BT-Drucks. IV/270, S. 87). Es entsprach daher allgemeiner Auffassung, daß lediglich die in § 31 Abs. 5 UrhG ausdrücklich normierte , stets aber als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens verstandene Zweckübertragungsregel auch auf die Einwilligung der Inhaber von Leistungsschutzrechten anzuwenden ist (BGH, Urt. v. 23.2.1979 – I ZR 27/77, GRUR 1979, 637, 638 f. – White Christmas; Urt. v. 22.9.1983 – I ZR 40/81, GRUR 1984, 119, 121 – Synchronisationssprecher; v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, Einf. Rdn. 32; Büscher in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, § 74 UrhG Rdn. 5; Krüger in Schrikker , Urheberrecht, 2. Aufl., vor §§ 73 ff. UrhG Rdn. 17; anders lediglich Krüger, GRUR 1979, 639, 640 f. und ders., WRP 1980, 30 f.). Für eine entsprechende Anwendbarkeit des § 31 Abs. 4 UrhG, die im übrigen auch im Schrifttum – soweit ersichtlich – nicht befürwortet wurde (vgl. Krüger in Schricker aaO vor §§ 73 ff. UrhG Rdn. 17 u. 19; Kroitzsch in Möhring/Nicolini, Urheberrechtsgesetz, 2. Aufl., § 73 Rdn. 6; Hertin in Fromm/Nordemann aaO vor § 73 UrhG Rdn. 12), fehlte dagegen auch schon unter dem bisherigen Recht die Grundlage. Etwas anderes läßt sich auch der Rechtsprechung einiger Oberlandesgerichte nicht entnehmen, die – ohne die Frage zu problematisieren – davon ausgegangen sind, § 31 Abs. 4 UrhG sei auf die Einwilligung durch ausübende Künstler anwendbar (vgl. KG NJW-RR 2000, 270; OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 420 und ZUM 2001, 164, 165; OLG Köln ZUM 2001, 166, 172).
3. Steht § 31 Abs. 4 UrhG einer Auswertung von „EROC III“ auf CD-Tonträgern nicht entgegen, so stellt sich die weitere Frage, ob die beanstandete Nutzung von der vom Kläger im Vertrag vom 18. Juni 1979 erklärten Einwilligung erfaßt ist. § 1 Abs. 2 dieses Vertrages enthält eine umfassende Rechtseinräumung. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 entscheidet jedoch über Zeitpunkt, Art und Form der Ver-
öffentlichung von Vertragsaufnahmen der Produzent (also der Kläger) in gemeinsamer Absprache mit M. (nunmehr also der Beklagten). Die Revisionserwiderung macht hierzu geltend, daß der Unterlassungsanspruch des Klägers sich auch aus dieser Regelung ergebe, da es an einer gemeinsamen Absprache mit dem Produzenten bezüglich der Art und Form der Veröffentlichung fehle. Das Landgericht brauchte diesem – bereits in der Klageschrift vorgetragenen – rechtlichen Gesichtspunkt wegen des von ihm zu § 31 Abs. 4 UrhG vertretenen Standpunkts nicht nachzugehen. Nunmehr wird es hierauf ankommen. Auch wenn es nicht naheliegen mag, daß der Kläger nicht nur über das „Wie“, sondern auch über das „Ob“ mitentscheiden sollte, ist die vertragliche Bestimmung zunächst vom Tatrichter auszulegen; ferner bedarf es Feststellungen zu der Frage , ob die nach § 6 Abs. 1 Satz 2 erforderlichen Voraussetzungen für eine Auswertung von „EROC III“ auf CD im vorliegenden Fall erfüllt sind. Entsprechendes gilt hinsichtlich Ziffer 3 der „Besonderen Vereinbarungen“, der zufolge die M. Sampler-Veröffentlichungen von Werken des Künstlers „EROC“ nur mit Genehmigung des Produzenten vornimmt.
4. Sollte das Landgericht zu dem Schluß kommen, daß der Beklagten die beanstandete Nutzung aufgrund der vertraglichen Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 2 nicht untersagt werden kann, wird sich aus dem Zweckübertragungsgedanken des § 31 Abs. 5 UrhG nichts anderes ergeben. Diese Regel, nach der sich der Umfang des Nutzungsrechts im Zweifel nach dem mit seiner Einräumung verfolgten Zweck richtet, wird als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens verstanden und daher – wie oben dargelegt – einhellig auch auf die Einwilligung der Inhaber von Leistungsschutzrechten angewandt. Im Streitfall war die in § 1 Abs. 2 des Vertrages erteilte Einwilligung auf eine umfassende Nutzung gerichtet („... ohne Einschränkung ... und zeitlich unbegrenzt das Recht, die Schallaufnahmen in jeder beliebigen Weise auszuwerten“); dieser Zweck beschränkt sich nicht auf ein be-
stimmtes Trägermedium, sondern umfaßt auch die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht bekannte Nutzung der Schallaufnahmen auf CD, die inzwischen die herkömmlichen Langspielplatten fast vollständig verdrängt hat. Es handelt sich hierbei nicht um eine zusätzliche Nutzung, die neben die von den Parteien ins Auge gefaßte Form der Verwertung tritt und eine wirtschaftlich eigenständige Verwertung erlaubt (vgl. BGHZ 128, 336, 341 – Videozweitauswertung III; 148, 221, 230 – SPIEGEL-CD-ROM). Vielmehr geht es um eine technisch neue Nutzungsvariante , die es der Beklagten ermöglicht, die vertraglich vereinbarte Nutzung auch in einer Zeit fortzusetzen, in der sich die Nachfrage der Verbraucher nicht mehr auf Langspielplatten, sondern auf CD-Tonträger richtet, und die daher von dem ursprünglichen Vertragszweck gedeckt ist.
III. Auf die Revision der Beklagten ist das angefochtene Urteil danach aufzuheben. Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen ist.

Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 174/01 Verkündet am:
22. April 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Comic-Übersetzungen III
Der Wille des Urhebers, dem Vertragspartner umfassende, über den unmittelbaren
Vertragszweck hinausgehende Nutzungsrechte einzuräumen, kann sich aus
einer Branchenübung nur dann ergeben, wenn sie Rückschlüsse auf einen entsprechenden
objektivierten rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen der Vertragsparteien
erlaubt (im Anschluß an BGHZ 137, 387, 394; BGH GRUR 2000, 144, 146
– Comic-Übersetzungen I und II).
BGH, Urt. v. 22. April 2004 – I ZR 174/01 – Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 24. April 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Übersetzerin u.a. für die italienische Sprache. Im Auftrag des beklagten Verlages übersetzte sie in der Zeit von 1976 bis 1994 jeweils aufgrund konkludenter Vereinbarung siebzig Bände der Comic-Reihe „Walt Disneys Lustige Taschenbücher“ (LTB-Reihe) aus dem Italienischen ins Deutsche. Das Übersetzungshonorar belief sich für den ersten von ihr übersetzten Band auf 3.750 DM; die letzte Übersetzung im Jahr 1994 wurde mit 9.000 DM honoriert. Der Beklagte druckte die von der Klägerin übersetzten Bände der LTB-Reihe bei Bedarf bis zu
zwölfmal nach. Teilweise wurden die übersetzten Geschichten auch in anderen Comic-Taschenbüchern abgedruckt.
Die Klägerin sieht in der Verwendung ihrer Übersetzungen für die Neuauflagen der Comic-Bände und -Geschichten eine Verletzung des ihr zustehenden Urheberrechts und hat vorgetragen: Sie habe erstmals im Herbst 1993 davon erfahren , daß die von ihr übersetzten Bände in beträchtlicher Zahl und Höhe in Folgeauflagen erschienen seien. Comic-Übersetzer hätten sich über viele Jahre mit Einmalhonoraren zufriedengegeben, weil mit Folgeauflagen nicht zu rechnen gewesen sei. Eine auch von den Übersetzern als verbindlich anerkannte Branchenübung , Folgeauflagen nicht zu vergüten, habe es nicht gegeben.
Die Klägerin hat im Wege der Stufenklage Auskunft darüber begehrt, in welchem Umfang Folgeauflagen der von ihr übersetzten siebzig Bände der LTBReihe erschienen und in welchen anderen Reihen von der Klägerin für die LTBReihe übersetzte Geschichten veröffentlicht worden sind.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat die Ansicht vertreten, daß den Übersetzungen der Klägerin kein urheberrechtlicher Schutz zukomme, und vorgetragen, daß die „Einmal-Vergütung“ der Branchenübung entspreche. Der Klägerin sei der Umfang der Nutzung ihrer Übersetzungen bekannt gewesen. Es sei auch im Falle von Comic-Übersetzungen üblich gewesen, Folgeauflagen zu drucken. Jeder, der über Erfahrungen in dieser Branche verfügt habe, habe mit dieser Möglichkeit gerechnet.
Das Landgericht hat dem Auskunftsantrag durch Teilurteil stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen.
Auf die Revision der Klägerin hat der Senat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (Urt. v. 15.9.1999 – I ZR 57/97, GRUR 2000, 144 – Comic-Übersetzungen II).
Das Berufungsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme erneut abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils begehrt. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat auch im zweiten Berufungsurteil Ansprüche der Klägerin wegen der Verwendung ihrer Übersetzungen für die Folgeauflagen verneint. Die Klägerin habe entsprechend einer damals bestehenden Branchenübung pauschale Nutzungsrechte an ihren Leistungen für alle Folgeauflagen und -verwertungen eingeräumt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, daß es Mitte der siebziger Jahre einer Übung in der Branche entsprochen habe, daß die Übersetzer von Comic-Heften der in Rede stehenden Art mit Einmalhonoraren für ihre Leistung abgefunden worden seien und im Falle des Nachdrucks oder weiterer Auflagen kein zusätzliches Entgelt erhalten hätten. Diese Übung sei zur Auslegung der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge heranzuziehen. Auch auf seiten der Klägerin sei der entsprechende Parteiwille unzweideutig zum Ausdruck gekommen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand.
1. Der Senat hat bereits in seinem in dieser Sache ergangenen Urteil vom 15. September 1999 der Auffassung des Berufungsgerichts zugestimmt, daß es sich bei den Übersetzungen der Klägerin um persönliche geistige Schöpfungen handelt, die nach § 2 Abs. 2, § 3 UrhG Urheberrechtsschutz genießen (vgl. BGH GRUR 2000, 144 f. – Comic-Übersetzungen II).
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin habe entsprechend einer damals bestehenden Branchenübung Nutzungsrechte auch für alle Folgeauflagen und -verwertungen eingeräumt. Die tatrichterlichen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen diese Annahme nicht.

a) Wie der Senat bereits in der ersten Revisionsentscheidung vom 15. September 1999 ausgeführt hat, richtet sich der Umfang, in dem ein Urheber Nutzungsrechte eingeräumt hat, nach dem Vertragsinhalt. Fehlt – wie im Streitfall – eine ausdrückliche Regelung, so ist von dem nach dem gesamten Vertragsinhalt von den Parteien übereinstimmend verfolgten Vertragszweck und den danach vorausgesetzten Bedürfnissen der Vertragspartner auszugehen und zu fragen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Einräumung von Nutzungsrechten zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist. Denn nach dem Zweckübertragungsgedanken des § 31 Abs. 5 UrhG räumt der Urheber Nutzungsrechte im Zweifel nur in dem Umfang ein, den der Vertragszweck unbedingt erfordert. In dieser Auslegungsregel kommt zum Ausdruck, daß die urheberrechtlichen Befugnisse die Tendenz haben, soweit wie möglich beim Urheber zu verbleiben, damit dieser an den Erträgnissen seines Werkes in angemessener Weise beteiligt wird. Dies bedeutet, daß im allgemeinen nur diejenigen Nutzungsrechte stillschweigend eingeräumt sind, die für das Erreichen des Vertragszwecks unerläßlich sind. Da-
gegen kann die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechten nur angenommen werden, wenn ein entsprechender Parteiwille – und sei es nur aufgrund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Beteiligten – unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist (BGH GRUR 2000, 144, 145 – Comic-Übersetzungen II, m.w.N.).

b) Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann im Streitfall entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht angenommen werden, die Klägerin habe dem Beklagten auch für Folgeauflagen und -verwertungen Nutzungsrechte eingeräumt. Die vom Berufungsgericht angeführten Umstände reichen nicht aus, um von einem übereinstimmenden unzweideutigen Willen der Vertragsparteien zu einer entsprechenden – über den Vertragszweck hinausgehenden – Rechtseinräumung auszugehen.
aa) Ohne Erfolg greift die Revision allerdings die Annahme des Berufungsgerichts an, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses habe die Branchenübung bestanden , die Übersetzer von Comic-Heften der in Rede stehenden Art mit einem Einmalhonorar für ihre Leistung abzufinden und im Falle des Nachdrucks oder weiterer Auflagen kein zusätzliches Entgelt zu zahlen. Gegen diese auf tatrichterlichem Gebiet liegende Würdigung der vom Berufungsgericht erhobenen Beweise ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
bb) Das Berufungsgericht hat aber – worauf die Revision mit Recht hinweist – nicht hinreichend beachtet, daß die Branchenübung in dem vorliegenden Zusammenhang nur von Bedeutung ist, wenn sie Rückschlüsse auf einen objektivierten rechtsgeschäftlichen Willen der Vertragsparteien hinsichtlich der eingeräumten Nutzungsrechte (vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1986 – I ZR 179/83, GRUR 1986, 885, 886 – METAXA) erlaubt. Auch wenn sich ein Urheber auf eine Branchenübung einläßt, die auf eine umfassende Nutzungsrechtseinräumung hinausläuft, muß darin nicht
notwendig der objektiv erkennbare Erklärungswille zum Ausdruck kommen, Nutzungsrechte über den für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlichen Umfang hinaus einzuräumen. Geht ein Urheber, der sich auf eine pauschale Abgeltung einläßt, davon aus, daß er ohnehin schon mit der Zustimmung zur Nutzung seines Werks sämtliche zur vertragsgerechten Nutzung erforderlichen Rechte einräumt , kann einer solchen Zustimmung nicht der unzweideutige rechtsgeschäftliche Wille entnommen werden, Nutzungsrechte über den konkreten Vertragszweck hinaus einzuräumen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 25.4.2001 – 4 U 122/98, Umdruck S. 55; Rev. nicht angenommen: BGH, Beschl. v. 13.6.2002 – I ZR 146/01).
Dem steht – anders als die Revisionserwiderung meint – nicht entgegen, daß die Bedeutung einer Branchenübung an sich von der Kenntnis der Beteiligten unabhängig ist. Denn im Streitfall geht es nicht darum, ob einer bestimmten Branchenübung Regeln für den Rechtsverkehr entnommen werden können. Entscheidend ist vielmehr, ob aus dem Vorhandensein einer Branchenübung der Schluß auf einen bestimmten rechtsgeschäftlichen Willen eines Vertragspartners gezogen werden kann. Dies knüpft an die Erwägung an, daß eine Branchenübung einen unzweideutig vorliegenden übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien zur pauschalen Abgeltung aller Folgeauflagen dann nicht belegen kann, wenn auf der Seite der die Nutzungsrechte einräumenden Vertragspartei Unkenntnis hinsichtlich der eigenen Befugnisse besteht.
Hiergegen kann auch nicht eingewandt werden, das aufgestellte subjektive Erfordernis führe zu einer bedenklichen Unsicherheit im Rechtsverkehr, weil auf eine im Rechtsverkehr nicht ohne weiteres erkennbare Kenntnis oder Unkenntnis einer Vertragspartei abgestellt werde. Ein solcher Einwand verkennt den Ausgangspunkt des Zweckübertragungsgedankens, wonach der Wille, über den Vertragszweck hinausreichende Nutzungsrechte einzuräumen, unzweideutig zum Ausdruck kommen muß. Dies setzt in der Regel eine ausdrückliche Erklärung vor-
aus. Nur ausnahmsweise kann ein solcher Wille auch dem Eingehen auf eine Branchenübung entnommen werden, wenn gewährleistet ist, daß die in Rede stehende Vertragspartei die Notwendigkeit einer entsprechenden Erklärung ihres rechtsgeschäftlichen Willens kennt.
cc) Zu der im Streitfall nicht fernliegenden Frage, ob sich die Klägerin über die rechtliche Tragweite ihrer Zustimmung zu einer pauschalen Abgeltung ihrer Rechte für sämtliche Folgeauflagen im klaren war, fehlt es bislang an tatrichterlichen Feststellungen. Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug werden die Parteien Gelegenheit haben, zu diesem Gesichtspunkt ergänzend vorzutragen.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Bornkamm Herr RiBGH Dr. Büscher befindet sich im Urlaub. Er ist an der Unterschrift verhindert. Ullmann Schaffert Bergmann

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)