Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2009 - I ZR 61/06

bei uns veröffentlicht am02.04.2009
vorgehend
Landgericht Karlsruhe, 15 O 143/02, 28.01.2005
Oberlandesgericht Karlsruhe, 15 U 45/05, 21.02.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 61/06 Verkündet am:
2. April 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. November 2008 durch die Richter Dr. Bergmann, Pokrant,
Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21. Februar 2006 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der B. GmbH in Pforzheim (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie macht gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin wegen des Verlusts von Transportgut Schadensersatz geltend.
2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte am 12. Dezember 2001 zu festen Kosten mit dem Transport eines Pakets, das Schmuckwaren enthielt, per Luftfracht von Deutschland nach Tokio/Japan. Das Paket ging auf dem Transport verloren. Auf welchem Transportabschnitt die Sendung in Ver- lust geriet, konnte nicht geklärt werden. Die Klägerin hat den Schaden der Versicherungsnehmerin durch Zahlung von 8.666,83 € reguliert.
3
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte für den Verlust des Pakets unbeschränkt, weil ihr ein qualifiziertes Verschulden zur Last falle. Die Transportorganisation der Beklagten sei mangelhaft, insbesondere gebe es zwischen den einzelnen Transportabschnitten keine verlässlichen Ausgangskontrollen.
4
Die Klägerin hat die Beklagte deshalb auf Zahlung von 8.666,83 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, sie unterhalte ein vollständiges System von Schnittstellenkontrollen. Aufgrund dessen stehe für den Transport des am 12. Dezember 2001 übernommenen Pakets fest, dass die Sendung im Umschlaglager am Flughafen Frankfurt/Main in der Zeit zwischen dem 12. Dezember 2001, 23.08 Uhr und dem 14. Dezember 2001, 17.30 Uhr abhandengekommen sei. Für einen Diebstahl des Pakets durch ihre Mitarbeiter gebe es keine Anhaltspunkte.
6
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist mit Ausnahme eines geringfügigen Teils der beanspruchten Zinsen erfolglos geblieben.
7
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust des Pakets bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die auf die Klägerin übergegangenen Schadensersatzansprüche der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte richteten sich gemäß Art. 28 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht, da das Vertragsverhältnis zu Deutschland die engsten Verbindungen aufweise. Die Beklagte hafte für den Verlust des Pakets gemäß § 459 Satz 1 HGB als Frachtführerin, da die Vertragspartner eine Beförderung zu festen Kosten vereinbart hätten.
10
Auf der Grundlage des Sachvortrags der Klägerin hafte die Beklagte für den Verlust des Pakets gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt, weil es danach in der Transportorganisation der Beklagten keine wirksamen Schnittstellenkontrollen gebe. Da nicht bekannt sei, auf welcher Teilstrecke das Paket abhandengekommen sei, kämen auf den Multimodaltransport gemäß § 452a Satz 1, § 452 Satz 1 HGB die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs auch dann zur Anwendung, wenn der Verlust möglicherweise bei der Luftbeförderung eingetreten sei.
11
Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten folge die unbeschränkte Haftung aus Art. 18 Abs. 1, Art. 25 WA 1955. Die Beklagte habe vorgetragen, dass das Paket aus ihrem Umschlaglager in Frankfurt/Main abhandengekommen sei. Dieses gehöre zu einem Flughafen und damit nach Art. 18 Abs. 2 WA 1955 zur "Luftbeförderung". Sofern der Sachvortrag der Beklagten zu ihren Sicherheitsmaßnahmen im Lager Frankfurt/Main zuträfe, ergebe sich daraus die zwingende Schlussfolgerung, dass das in Rede stehende Paket entwendet worden sein müsse, wobei einer der "Leute" der Beklagten als Täter gehandelt haben müsse oder zumindest als Gehilfe an der Tat mitgewirkt habe.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Das Berufungsgericht ist mit Recht von einer unbeschränkten Haftung der Beklagten für den Verlust des Pakets ausgegangen. Auf der Grundlage des Vorbringens der Beklagten, das sich die Klägerin hilfsweise zu eigen gemacht hat, folgt die unbegrenzte Haftung der Beklagten aus Art. 18 Abs. 1, Art. 25 WA 1955 i.V. mit § 67 Abs. 1 VVG a.F.
13
1. Die Klägerin hat ausweislich des Tatbestands des Berufungsurteils in der Berufungsinstanz geltend gemacht, an der vollen Haftung der Beklagten ändere sich auch dann nichts, wenn von einem Verlust des Pakets im Umschlaglager der Beklagten in Frankfurt/Main auszugehen sei. Bei einem Verlust im Umschlaglager komme nur ein Diebstahl durch Mitarbeiter oder Subunternehmer in Betracht, für welche die Beklagte einzustehen habe. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, die Klägerin habe sich damit jedenfalls hilfsweise den Sachvortrag der Beklagten zu eigen gemacht, nach dem das fragliche Paket im Umschlaglager der Beklagten in Frankfurt/Main unter den von der Beklagten dargelegten Umständen abhandengekommen ist. Demgemäß durfte es das entsprechende Vorbringen der Beklagten zu dem Verlust des Paketes in ihrem Umschlaglager als Hilfsvorbringen der Klägerin - und damit als unstreitiges Parteivorbringen - seiner Entscheidung zugrunde legen (vgl. BGHZ 19, 387, 389 ff.; MünchKomm.ZPO/Wagner, 3. Aufl., § 138 Rdn. 12 m.w.N.). Die Revisionsbegründung der Beklagten legt nicht dar, dass die Verwertung des Beklagtenvorbringens als Hilfsvorbringen der Klägerin auf Verfahrensfehlern beruht (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 lit. b ZPO).
14
2. Zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten wurde entsprechend dem Luftfrachtbrief vom 12. Dezember 2001 ein Vertrag über eine internationale Luftbeförderung i.S. des Art. 1 Abs. 1 WA 1955 von Deutschland nach Tokio/Japan geschlossen. Die Beklagte wurde zu festen Kosten mit der Beförderung des Pakets beauftragt und unterliegt damit der Frachtführerhaftung (vgl. BGH, Urt. v. 14.2.2008 - I ZR 183/05, TranspR 2008, 323 Tz. 24 zu Art. 1 Abs. 1 CMR). Gemäß Art. 18 Abs. 1 WA 1955 hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen, der durch Verlust des Transportgutes entstanden ist, wenn das Ereignis, durch das der Schaden verursacht wurde, während der Luftbeförderung eingetreten ist. Der Verlust des Pakets "während der Luftbeförderung" ergibt sich nach dem eigenen Vortrag der Beklagten daraus, dass es in deren Umschlaglager in Frankfurt/Main abhandengekommen ist. Dieses Umschlaglager gehört zu einem Flughafen und damit gemäß Art. 18 Abs. 2 WA 1955 zur "Luftbeförderung" im Sinne der Vorschriften des Warschauer Abkommens.
15
3. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der durch den Verlust des Pakets entstandene Schaden 8.666,83 € beträgt. Es ist davon ausgegangen , dass sich der Inhalt des verlorengegangenen Pakets im Wege des Anscheinsbeweises aus der von der Klägerin vorgelegten Rechnung der Versicherungsnehmerin vom 11. Dezember 2001 in Höhe von 8.509,73 € sowie hinsichtlich der außerdem in dem Paket befindlichen Reparatur-Rücksendung im Wert von 157,10 € aus der als Lieferschein anzusehenden "DELIVERY-NOTE" ergibt. Das ist im Ergebnis aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
16
a) Das Berufungsgericht hat dem Umstand, dass die Klägerin hinsichtlich der Warensendung über 8.509,73 € keinen mit der Rechnung korrespondierenden Lieferschein vorgelegt hat, keine maßgebliche Bedeutung beigemessen. Die dem Paket beigefügte Rechnung der Versicherungsnehmerin habe diesel- be Funktion erfüllt wie ein Lieferschein. Die Versicherungsnehmerin habe mit der von der Absenderin ausgestellten Rechnung für die Empfängerin dokumentiert , welche Waren sie zur Versendung gebracht habe. Ein Lieferschein hätte in einem solchen Fall keinen zusätzlichen Beweiswert gehabt. Entscheidend sei, dass die Rechnung bereits zu einem Zeitpunkt erstellt worden sei, zu dem die Versicherungsnehmerin noch nicht habe wissen können, dass die Sendung später in Verlust geraten würde.
17
b) Die Revision macht demgegenüber vergeblich geltend, nach der Rechtsprechung des Senats könne ein Anscheinsbeweis für den Inhalt eines Pakets nur angenommen werden, wenn die in einem von einem kaufmännischen Versender erstellten Lieferschein aufgeführten Waren mit einer korrespondierenden Rechnung übereinstimmten. Der Beweis für den Inhalt und den Wert eines verlorengegangenen Pakets unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (BGH, Urt. v. 26.4.2007 - I ZR 31/05, TranspR 2007, 418 Tz. 13; Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 44/05, TranspR 2008, 163 Tz. 34; Urt. v. 30.1.2008 - I ZR 165/04, TranspR 2008, 122 Tz. 21). Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Inhalts eines Pakets vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt (BGH, Urt. v. 28.9.2006 - I ZR 198/03, TranspR 2007, 110 Tz. 24; BGH TranspR 2008, 163 Tz. 35).
18
4. Ohne Erfolg bleiben die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich auf die Haftungsbeschränkungen gemäß Art. 22 WA 1955 nicht berufen, weil der Schaden durch eine Handlung verursacht worden sei, die "Leute" der Beklagten i.S. von Art. 25 Satz 2 WA 1955 in Ausübung ihrer Verrichtungen vorgenommen hätten.
19
a) Das Berufungsgericht ist von einem weiten Verständnis des Begriffs der "Leute" in Art. 25 Satz 1 WA 1955 ausgegangen. Es hat angenommen, zu diesen gehörten neben allen eigenen Mitarbeitern der Beklagten, die Zutritt zu dem Lager in Frankfurt/Main gehabt hätten oder in anderer Weise mit dem Transportgut und der Organisation des Transports betraut gewesen seien, alle Subunternehmer und deren Mitarbeiter, die die Beklagte im Zusammenhang mit dem Umschlag der Pakete in dem Lager beauftragt habe, des weiteren die Mitarbeiter von Sicherheits- oder Reinigungsdiensten sowie die Mitarbeiter von staatlichen Zollbehörden, soweit diese zu dem Umschlaglager aus Gründen der zolltechnischen Abwicklung Zugang gehabt hätten. Dies müsse zumindest für schädigende Handlungen von Zollbediensteten im Umschlaglager gelten. Die Revision macht demgegenüber erfolglos geltend, da die Beklagte als Luftfrachtführer nur für diejenigen Personen als ihre "Leute" hafte, deren sie sich zur Ausführung der Beförderung bedient habe, komme eine Haftung für Reinigungsdienste oder Zollbedienstete allenfalls im Rahmen eines hier nicht festgestellten Organisationsverschuldens des Luftfrachtführers in Betracht.
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aa) Unter "Leuten" i.S. des Art. 25 Satz 1 WA 1955 sind alle Personen zu verstehen, deren sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der ihm aufgetragenen Luftbeförderung arbeitsteilig bedient. Hierbei ist im Sinne einer vertragsautonomen Auslegung der internationalen Tendenz Rechnung zu tragen, den persönlichen Anwendungsbereich der Vorschrift großzügig zu bestimmen (BGHZ 145, 170, 179 m.w.N.). In der Sache entspricht der "Leute"-Begriff weitgehend der dem deutschen Rechtskreis geläufigen Rechtsstellung des Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB (BGH, Urt. v. 14.2.1989 - VI ZR 121/88, TranspR 1989, 275, 276 f.; BGHZ 145, 170, 179). Es kommt darauf an, ob der Gehilfe objektiv auf Veranlassung des Schuldners eine Aufgabe übernimmt, deren Erfüllung im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt. Der "Leute"-Begriff i.S. des Art. 25 Satz 1 WA 1955 erfordert keine Weisungsabhängigkeit des eingeschalteten Gehilfen. Anderenfalls würde die Entlastungsmöglichkeit des Luftfrachtführers in einem gemäß Art. 18 Abs. 2 WA 1955 grundsätzlich noch der Luftbeförderung zuzurechnenden Bereich zum Nachteil des Geschädigten, der insoweit weder Einflussmöglichkeiten noch Einblick hat, in einer Weise eingeengt , die mit dem Zweck der strengen Obhutshaftung nicht mehr vereinbar wäre (BGHZ 145, 170, 180; Koller, Transportrecht aaO Art. 20 WA 1955 Rdn. 19).
21
Entscheidend ist vielmehr, ob der Dritte dem Luftfrachtführer gegenüber zum Schutz des Gutes und zu seiner Herausgabe verpflichtet ist. Die Erweiterung des Obhutszeitraums durch Einbeziehung der "Leute" ist dadurch gerechtfertigt , dass es der Luftfrachtführer in aller Regel in der Hand hat, das Frachtgut auch in diesem Zeitraum durch geeignete Maßnahmen vor Verlust und Beschädigung zu schützen (BGHZ 145, 170, 180). Dafür reicht es aus, wenn dem Luftfrachtführer rechtliche Einflussmöglichkeiten hinsichtlich des Umgangs der "Leute" mit dem Transportgut zustehen und er, sofern es sich bei den "Leuten" um selbständige Unternehmen oder deren Mitarbeiter handelt, durch eine zumindest überwachende Anwesenheit auf die Behandlung des Guts auch tatsächlich Einfluss nehmen kann (vgl. BGHZ 145, 170, 182).
22
Das Berufungsgericht ist demnach mit Recht davon ausgegangen, dass auch Mitarbeiter von Reinigungsunternehmen und Zollbedienstete jedenfalls während des Zeitraums ihres Aufenthalts in dem Umschlaglager der Beklagten zu deren "Leuten" i.S. von Art. 25 Satz 1 WA 1955 gehörten. Bei dem Umschlaglager handelt es sich nach dem Vortrag der Beklagten um eine abgeschlossene Halle mit Zugangskontrollen, zu der nur Mitarbeiter der Beklagten mit Sicherheitsausweisen Zugang hatten. Außerdem erfolgte eine ständige Überwachung durch Sicherheitsdienste sowohl in als auch außerhalb der Halle. Fahrern fremder Unternehmen sei das Betreten der Umschlaghalle nur in Begleitung eines Mitarbeiters der Beklagten gestattet worden. Danach konnten sich, worauf das Berufungsgericht mit Recht abgestellt hat, nach dem Vorbringen der Beklagten fremde Personen, insbesondere auch Zollbedienstete und Mitarbeiter von Reinigungsunternehmen, nur in Kenntnis und in Anwesenheit von Mitarbeitern der Beklagten Zugang zu deren Umschlaglager in Frankfurt /Main und dem dort befindlichen Transportgut verschaffen. Da sich Personen , die nicht zu den Mitarbeitern der Beklagten zählten, nur mit ihrem Einverständnis in dem Umschlaglager aufhalten konnten, sie deren Anwesenheit in dem Lager ständig kontrollieren sowie rechtlich und tatsächlich darauf Einfluss nehmen konnte, ob und in welcher Weise diese Personen mit dem Transportgut in Berührung kamen, hat das Berufungsgericht diese mit Recht jedenfalls für den Zeitraum ihres Aufenthalts in dem Umschlaglager der Beklagten als deren "Leute" in Sinne von Art. 25 Satz 1 WA 1955 angesehen.
23
bb) Die Annahme des Berufungsgerichts, auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten stehe fest, dass nur ein Diebstahl zum Verlust des in Rede stehenden Pakets geführt haben könne, wobei eine in dem vorgenannten Sinn zu den "Leuten" der Beklagten gehörige Person der Täter gewesen sei oder zumindest als Gehilfe an der Tat mitgewirkt habe, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Sendung ist nach dem Vortrag der Beklagten zwischen dem 12. Dezember 2001, 23.08 Uhr und dem 14. Dezember 2001, 17.30 Uhr aus dem Umschlaglager in Frankfurt/Main abhandengekommen. Zu dem Lager hatten nur Mitarbeiter der Beklagten und des Sicherheitsdienstes Zugang. Eine versehentliche Fehlverladung kommt nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht in Betracht, weil eine fehlgeleitete Sendung nach dem Vorbringen der Beklagten zu ihrer Organisation bei den weiteren Schnittstellenkontrollen in ihrem Transportsystem erfasst worden wäre; eine solche Erfassung habe es aber nicht gegeben. Die Zollbehörden hätten, so der weitere Vortrag der Beklagten, zwar die Möglichkeit, einzelne Sendungen aus dem Transportablauf herauszunehmen und zu überprüfen. Bei der streitgegenständlichen Sendung habe eine Verzollung in Frankfurt/Main und demnach eine derartige stichprobenartige Überprüfung jedoch nicht stattgefunden. Die Würdigung des Berufungsgerichts, unter diesen Umständen könne der Verlust des Transportguts unter Berücksichtigung der von der Beklagten vorgetragenen Organisation ihres Betriebsablaufs und der behaupteten Sicherheitsmaßnahmen (Zutritt zum Umschlaglager nur für Mitarbeiter der Beklagten, ständige Kontrolle des Zugangs, ständige Überwachung des Umschlaglagers durch Alarmanlage, Videoanlage und Sicherheitsdienst ) allein auf einen Diebstahl durch "Leute" der Beklagten oder zumindest unter deren Mitwirkung zurückzuführen sein, da ein Dritter, der nicht zu den "Leuten" der Beklagten zähle, die Warensendung nicht unbemerkt hätte entwenden können, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.
24
b) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Diebstahl von Transportgut durch einen Mitarbeiter oder einen der "Leute" des Luftfrachtführers während der Zwischenlagerung sei als Handlung "in Ausübung der Verrichtungen" i.S. von Art. 25 Satz 2 WA 1955 anzusehen, begegnet ebenfalls keinen Bedenken. Bedienstete oder "Leute" des Luftfrachtführers handeln in Ausübung ihrer Verrichtung , wenn zwischen der Art und dem Zweck der übertragenen Verrichtung und der schädigenden Handlung ein innerer sachlicher Zusammenhang besteht. Die Handlung muss noch zum allgemeinen Umkreis des zugewiesenen Aufgabenbereichs gehören (vgl. - zu Art. 29 Abs. 2 CMR - BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338, 339 m.w.N.). Bei Diebstählen durch Bedienstete oder "Leute" des Frachtführers ist ein solcher innerer Zusammenhang jedenfalls dann gegeben, wenn die Vornahme der schädigenden Handlung - wie im Streitfall - durch Zuweisung des betreffenden Aufgabenbe- reichs ermöglicht worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 3.7.2008 - I ZR 218/05, TranspR 2008, 412 Tz. 32 m.w.N.).
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c) Entgegen der Auffassung der Revision führt die tatrichterliche Würdigung (§ 286 Satz 1 ZPO) der nach dem Vorbringen der Beklagten zugrunde zu legenden Umstände des Einzelfalles durch das Berufungsgericht nicht dazu, dass der Transporteur immer unbeschränkt haftet. Die Revision beanstandet, die Auffassung des Berufungsgerichts habe stets die Haftung des Transporteurs zur Folge, unabhängig davon, ob er seiner Einlassungsobliegenheit zu den von ihm vorgenommenen Schnittstellenkontrollen und Sicherheitsmaßnahmen genüge oder nicht. Trage er insoweit ausreichend vor, werde von einem qualifizierten Verschulden seiner "Leute" ausgegangen. Genüge er seiner Einlassungsobliegenheit nicht, werde aus diesem Grund auf ein qualifiziertes Verschulden geschlossen. Die Revision lässt insoweit jedoch außer Acht, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts sich auf die nach § 286 Satz 1 ZPO rechtlich unbedenkliche tatrichterliche Würdigung gerade der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles stützt, wie sie sich aus dem Vorbringen der Beklagten zu dem Zeitraum und dem Ort des Verlusts des Transportguts und insbesondere zu ihren Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich ihres Umschlaglagers in Frankfurt/Main ergeben. Daraus lässt sich nicht allgemein herleiten, ein der Einlassungsobliegenheit des Frachtführers genügendes Vorbringen zu den von ihm vorgenommenen Schnittstellenkontrollen und Sicherheitsmaßnahmen lasse stets den Schluss zu, dass auf der Grundlage dieses Vorbringens der Verlust des Transportguts dann nur auf einem qualifizierten Verschulden der "Leute" des Frachtführers beruhen könne. Die Beklagte hat insoweit zudem in den Vorinstanzen selbst geltend gemacht, ihre Sicherungsmaßnahmen insbesondere zur Verhinderung von Fehlverladungen gingen über die an einen Frachtführer gestellten Anforderungen hinaus, weil in ihrer Transportorganisation nicht nur Stichproben zum Schutz gegen etwaige Fehlverladungen stattfän- den, sondern jede einzelne Sendung darauf kontrolliert werde, dass sie den vorgegebenen Sendungsverlauf tatsächlich einhalte.
26
III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Bergmann Pokrant Schaffert
Kirchhoff Koch
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 28.01.2005 - 15 O 143/02 KfH IV -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 21.02.2006 - 15 U 45/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2009 - I ZR 61/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2009 - I ZR 61/06

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 278 Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte


Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen
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Handelsgesetzbuch - HGB | § 425 Haftung für Güter- und Verspätungsschäden. Schadensteilung


(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. (2) Hat bei der Entstehung des Schade

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 67 Abweichende Vereinbarungen


Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 435 Wegfall der Haftungsbefreiungen und -begrenzungen


Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person

Handelsgesetzbuch - HGB | § 459 Spedition zu festen Kosten


Soweit als Vergütung ein bestimmter Betrag vereinbart ist, der Kosten für die Beförderung einschließt, hat der Spediteur hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. In diesem Fall hat er Anspruch auf E

Handelsgesetzbuch - HGB | § 452 Frachtvertrag über eine Beförderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln


Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertra

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Soweit als Vergütung ein bestimmter Betrag vereinbart ist, der Kosten für die Beförderung einschließt, hat der Spediteur hinsichtlich der Beförderung die Rechte und Pflichten eines Frachtführers oder Verfrachters. In diesem Fall hat er Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen nur, soweit dies üblich ist.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.

Steht fest, daß der Verlust, die Beschädigung oder das Ereignis, das zu einer Überschreitung der Lieferfrist geführt hat, auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, so bestimmt sich die Haftung des Frachtführers abweichend von den Vorschriften des Ersten Unterabschnitts nach den Rechtsvorschriften, die auf einen Vertrag über eine Beförderung auf dieser Teilstrecke anzuwenden wären. Der Beweis dafür, daß der Verlust, die Beschädigung oder das zu einer Überschreitung der Lieferfrist führende Ereignis auf einer bestimmten Teilstrecke eingetreten ist, obliegt demjenigen, der dies behauptet.

Wird die Beförderung des Gutes auf Grund eines einheitlichen Frachtvertrags mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln durchgeführt und wären, wenn über jeden Teil der Beförderung mit jeweils einem Beförderungsmittel (Teilstrecke) zwischen den Vertragsparteien ein gesonderter Vertrag abgeschlossen worden wäre, mindestens zwei dieser Verträge verschiedenen Rechtsvorschriften unterworfen, so sind auf den Vertrag die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts anzuwenden, soweit die folgenden besonderen Vorschriften oder anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes bestimmen. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil der Beförderung über See durchgeführt wird.

Von den §§ 60 bis 66 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 183/05 Verkündet am:
14. Februar 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
CMR Art. 1
Der Begriff des Beförderungsvertrages im Sinne von Art. 1 CMR ist autonom
und damit losgelöst von den nationalen Begrifflichkeiten zu bestimmen. Die Fixkostenspedition
unterfällt dem Geltungsbereich der CMR, unabhängig davon,
ob dies in nationalen (unvereinheitlichten) Rechtsvorschriften ausdrücklich bestimmt
ist.
BGH, Urt. v. 14. Februar 2008 - I ZR 183/05 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. September 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Transportversicherer der B. AG in Köln (im Weiteren : Versicherungsnehmerin). Sie nehmen die Beklagte aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin sowie aus abgetretenem Recht der Warenversenderin wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.

2
Die in Angers (Frankreich) ansässige Tochtergesellschaft der P. Europe B.V. (im Weiteren: Versenderin) erteilte der Beklagten im November 1996 im Namen ihrer Muttergesellschaft telefonisch den Auftrag, 20 Paletten mit Notebooks zu festen Kosten von Angers zur Versicherungsnehmerin nach Köln bzw. Langen bei Frankfurt am Main zu befördern. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte als Spediteurin mit der Besorgung des Transports oder als Frachtführerin beauftragt wurde. Die Beklagte führte den Transport nicht selbst durch, sondern betraute damit ihre Streithelferin. Deren Fahrer holte die Ware am 22. November 1996 bei der Z. (im Weiteren: Verkäuferin), einer französischen Tochteroder Schwestergesellschaft der Versenderin, in der Nähe von Angers ab. In der Nacht vom 22. auf den 23. November 1996 wurden auf einem unbewachten Parkplatz an einer Tankstelle zwischen Paris und Maubeuge während der Ruhepause des Fahrers, der sich zur Tatzeit in der Fahrerkabine aufhielt, 158 Kartons mit Notebooks aus dem LKW entwendet. Das gestohlene Gut hatte einen Wert von 582.911 DM (= 298.037,64 €).
3
Die Klägerinnen haben behauptet, sie hätten an ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust des Gutes eine Entschädigung in Höhe von 639.667,60 DM gezahlt. Die Beklagte, die einen eigenen Fuhrpark unterhalte, sei - ebenso wie bei vorangegangenen Transporten - als Frachtführerin beauftragt worden. Sie unterliege daher der Haftung nach den Vorschriften der CMR.
4
Die Klägerinnen sind des Weiteren der Auffassung, dass die Beklagte für den eingetretenen Schaden unbeschränkt hafte. Das Abstellen des mit besonders diebstahlgefährdetem Transportgut beladenen LKW auf einem unbewachten Parkplatz sei grob fahrlässig gewesen, weil das Fahrzeug lediglich verplombt gewesen sei und über keine Sicherheitsvorkehrungen (Alarmanlage o.Ä.) verfügt habe. Der Fahrer habe die Möglichkeit gehabt, zwei im näheren Umkreis gelegene bewachte Parkplätze anzufahren.
5
Die Klägerinnen haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie insgesamt 298.037,64 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, der streitgegenständliche Auftrag sei ihr als "commissionaire de transport" erteilt worden. Frachtführerin sei die Streithelferin gewesen, die auch den CMR-Frachtbrief ausgestellt habe. Die Nebenstraßen rund um Paris seien seinerzeit aufgrund von Blockaden der Autobahnen durch streikende LKW-Fahrer derart überlastet gewesen, dass es dem Fahrer der Streithelferin nicht zuzumuten gewesen sei, weitere 20 km bis zu einem angeblich bewachten Parkplatz zurückzulegen, um dort die vorgeschriebene Ruhepause zu verbringen. Unter den damals gegebenen Umständen könne das Verhalten des Fahrers nicht als grob fahrlässig eingestuft werden.
7
Die Beklagte hat weiterhin behauptet, die Verkäuferin habe der Versicherungsnehmerin nach Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift in Höhe des Handelsrechnungsbetrages erteilt.
8
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerinnen hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt (OLG Köln TranspR 2007, 316).
9
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerinnen beantragen , das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 i.V. mit Art. 13 Abs. 1 CMR für begründet erachtet. Dazu hat es - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt:
11
Die Klägerinnen seien aktivlegitimiert. Die Ersatzansprüche der Versicherungsnehmerin seien gemäß Art. L 121-12 Code des Assurances auf die Klägerinnen übergegangen, da sie die Versicherungsleistung in Höhe von 639.667,60 DM an die Versicherungsnehmerin gezahlt hätten. Für die Anspruchsberechtigung der Klägerinnen komme es nicht darauf an, ob die Versicherungsnehmerin oder die Versenderin bzw. die Verkäuferin durch den Verlust der Computer geschädigt worden seien, da die Versicherungsnehmerin den Kaufpreis gezahlt habe. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Verkäuferin sofort nach Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift in Höhe des Handelsrechnungsbetrages erteilt habe, brauche nicht geklärt zu werden, weil die Versicherungsnehmerin auch einen Schaden der Verkäuferin im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen könne. Dieses Recht sei auf die Klägerinnen übergegangen, da es von der Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin vom 27. Mai 1997 erfasst werde.
12
Der auf die Klägerinnen übergegangene Schadensersatzanspruch sei gemäß Art. 13 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 CMR begründet. Der Streitfall unterliege dem Anwendungsbereich der CMR, weil die Beklagte unstreitig zu fixen Kosten auf eigene Rechnung tätig geworden sei und ein Speditionsauftrag zu festen Kosten als Beförderungsvertrag i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR gelte. Da die Computeranlagen während des Obhutszeitraums der Beklagten abhandengekommen seien, hafte sie gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR für den Verlust.
13
Die Beklagte könne sich nicht auf Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen nach Art. 17 bis 28 CMR berufen, weil dem Fahrer der Streithelferin ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden zur Last falle, das sich die Beklagte gemäß Art. 3 und Art. 29 Abs. 2 CMR zurechnen lassen müsse. Da das Schuldverhältnis, aus dem die Klägerinnen ihre Ansprüche herleiteten, vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 begründet worden sei, stelle die grobe Fahrlässigkeit ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR dar. Es könne offenbleiben, ob nicht schon das Abstellen des mit diebstahlgefährdetem Gut beladenen LKW auf einem unbewachten Parkplatz grob fahrlässig gewesen sei. Jedenfalls sei das weitere Verhalten des Fahrers als grob fahrlässig zu bewerten. Dieser habe ein kontinuierliches Wackeln des LKW wahrgenommen. Dadurch hätte sich ihm der Eindruck aufdrängen müssen, dass ein Einbruch in das Fahrzeug versucht werde. Auch wenn der Fahrer eine persönliche Auseinandersetzung mit den Einbrechern gescheut habe und deshalb nicht sofort ausgestiegen sei, um nachzuschauen, so hätte er doch nicht ganz untätig bleiben dürfen, sondern versuchen müssen, die Täter durch Starten des LKW und Hupen zu vertreiben.
14
Die Beklagte müsse gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR den Wert des in Verlust geratenen Gutes ersetzen, den es bei der Übernahme gehabt habe.
Dieser Wert habe 582.911 DM (= 298.037,64 €) betragen. Der Zinsanspruch folge aus Art. 27 CMR.
15
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
16
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist durch das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juni 1999 (9 U 147/98) festgestellt. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
17
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der zwischen der Versenderin und der Beklagten geschlossene Vertrag unterliege dem Geltungsbereich der CMR.
18
a) Das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) gilt nach seinem Art. 1 Abs. 1 Satz 1 für jeden Vertrag, der eine entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen zum Gegenstand hat, wenn der im Vertrag vorgesehene Ort der Übernahme des Gutes und der vertraglich vereinbarte Ablieferungsort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Die Anwendbarkeit der CMR erfordert mithin einen grenzüberschreitenden Straßentransport sowie den Abschluss eines entgeltlichen Güterbeförderungsvertrags. Dagegen findet die CMR auf Speditionsverträge i.S. des § 453 HGB grundsätzlich keine Anwendung, weil sich der Spediteur - anders als von der CMR vorausgesetzt - nicht zur Ausführung der Beförderung, das heißt zur Verbringung des Gutes von Ort zu Ort für eigene Rechnung (§ 407 HGB), sondern zur Organisation der Versendung für fremde Rechnung im eigenen Namen verpflichtet (OLG Düsseldorf TranspR 1990, 440, 441; OLG Hamm TranspR 2000, 29; OLG Karlsruhe TranspR 2002, 344, 345; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Art. 1 CMR Rdn. 2; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 5; Helm, Frachtrecht II: CMR, 2. Aufl. [2002], Art. 1 Rdn. 22; Ferrari/Ferrari, Internationales Vertragsrecht [2007], Art. 1 CMR Rdn. 7; Herber/Piper, CMR, Art. 1 Rdn. 25).
19
Das bedeutet indes nicht, dass alle von einem Spediteur geschlossenen Verträge von vornherein aus dem Anwendungsbereich der CMR ausscheiden. Entscheidend ist, ob der Spediteur lediglich für Rechnung seines Auftraggebers tätig werden oder den Transport als eigene Verpflichtung übernehmen wollte, was im jeweiligen Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei sind insbesondere das Auftreten des Spediteurs nach außen - etwa seine Eintragung im Frachtbrief als Beförderer - und das eigene Interesse an der Beförderung - beispielsweise durch die Vereinbarung eines festen Satzes für das Entgelt - von Bedeutung. Ergibt die Auslegung, dass der Spediteur sich gegenüber seinem Auftraggeber verpflichtet hat, für die Beförderung und deren Erfolg einzustehen, so handelt es sich um einen Beförderungsvertrag. Für diesen gelten, wenn er einen grenzüberschreitenden Straßengütertransport zum Gegenstand hat, unabhängig von der Bezeichnung des Vertrags und der Parteien zwingend die Regeln der CMR (MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 5; Herber/ Piper aaO Art. 1 Rdn. 26; Piper, TranspR 1990, 357, 358).
20
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass im Streitfall der räumliche Anwendungsbereich der CMR eröffnet ist, weil die Beförderung des Gutes von Angers/ Frankreich nach Köln bzw. Langen erfolgen sollte und sowohl Frankreich als auch Deutschland zu den Vertragsstaaten der CMR gehören.
21
c) Das Berufungsgericht hat des Weiteren angenommen, zwischen der Versenderin und der Beklagten sei ein Beförderungsvertrag i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR zustande gekommen, so dass auch der sachliche Geltungsbereich der CMR eröffnet sei. Der Abschluss eines Frachtvertrags könne nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme zwar nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Es sei aber unbestritten, dass die Beklagte zu fixen Kosten auf eigene Rechnung tätig geworden sei. Ein Speditionsvertrag zu festen Kosten stelle einen Beförderungsvertrag i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR dar, auch wenn es im französischen Recht, das im Streitfall zur Anwendung komme, eine dem § 459 HGB entsprechende Regelung nicht gebe und in Frankreich die Ansicht vertreten werde, dass der auf eigene Rechnung handelnde "commissionaire de transport" nicht der CMR unterworfen sei. Denn der Fixkostenspediteur sei unabhängig von dem jeweils ergänzend anzuwendenden nationalen Recht als Frachtführer ("carrier") im Sinne der CMR anzusehen. Dies ergebe sich aus der autonomen Auslegung der CMR. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
22
aa) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Begriff "Beförderungsvertrag", für den sich in der CMR keine Definition findet, nicht auf der Grundlage des ergänzend anwendbaren nationalen Rechts (hier: des französischen Rechts), sondern autonom und damit losgelöst von den nationalen Begrifflichkeiten zu bestimmen ist, da das Ziel einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung in den Vertragsstaaten anderenfalls gefährdet würde (vgl. BGHZ 84, 339, 343 = VersR 1982, 1100; 115, 299, 302 = TranspR 1992, 100; 157, 66, 68 = TranspR 2004, 77; MünchKomm.HGB/Basedow, Einleitung CMR Rdn. 19; Koller aaO vor Art. 1 CMR Rdn. 4; Ferrari/Ferrari aaO Art. 1 CMR Rdn. 7).
23
bb) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei das Zustandekommen eines Beförderungsvertrags i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR zwischen der Versenderin und der Beklagten bejaht. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den in Rede stehenden Auftrag der Versenderin auf eigene Rechnung zu festen Kosten, also als Fixkostenspediteurin, ausgeführt.
24
Die Fixkostenspedition unterfällt dem Geltungsbereich der CMR, unabhängig davon, ob dies in nationalen (unvereinheitlichten) Rechtsvorschriften ausdrücklich bestimmt ist oder auf nationalen Grundsätzen über die Behandlung gemischter Verträge beruht. Maßgeblich hierfür ist die gebotene autonome , vom ergänzend anwendbaren nationalen Recht losgelöste Auslegung der CMR (OLG München TranspR 1997, 33, 34; OLG Hamm TranspR 2000, 29, 30; OLG Köln TranspR 2005, 472, 473; Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 3; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 5; Helm aaO Art. 1 Rdn. 28; Ferrari/Ferrari aaO Art. 1 CMR Rdn. 7). Der Wortlaut der verbindlichen (Art. 51 CMR) englischen und französischen Originalfassungen der CMR steht dem nicht entgegen. Der von der CMR erfasste Vertragstyp wird im englischen Originaltext als "contract for the carriage of goods by road" und in der französischen Originalfassung als "contract de transport" bezeichnet. Kennzeichnend für die dem Art. 1 Abs. 1 CMR unterfallende Vertragsgestaltung ist also, dass sie eine entgeltliche Beförderung von Gütern zum Gegenstand hat. Dies trifft aber auch für den Fixkostenspediteur zu, der auf eigene Rechnung tätig wird. Ebenso wie bei einem Selbsteintritt (§ 458 HGB), bei dem der Spediteur freiwillig die Beförderungspflicht übernimmt, liegt auch bei der Fixkostenspedition , die auf eigene Rechnung durchgeführt wird, wirtschaftlich ein Frachtgeschäft vor. Der Fixkostenspediteur kann sein Angebot zu festen Sätzen nur dann machen, wenn er seine Kosten überschauen kann. Das setzt aber voraus, dass er die organisatorische Verfügungsgewalt über die nachgefragte Beförderung innehat. Er ist dann vertraglicher Beförderer i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR, der seinem Auftraggeber nach Durchführung des Transports nicht zur Rech- nungs- und Rechenschaftslegung verpflichtet ist (MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 8; Helm aaO Art. 1 Rdn. 28; Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 3).
25
Die Annahme, dass der auf eigene Rechnung handelndeFixkostenspediteur kraft autonomer Auslegung der CMR als Beförderer i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR anzusehen ist, steht auch in Einklang mit der Rechtspraxis verschiedener Vertragsstaaten der CMR. So wird in England und in Belgien die Auffassung vertreten, dass der für eigene Rechnung Handelnde und nicht zur Rechenschaftslegung verpflichtete "Spediteur" als "carrier" anzusehen bzw. der CMR zu unterwerfen sei (Queen's Bench Division ETR 1984, 411; Hof van Beroep te Brussel ETR 1969, 937; 1969, 943; 1973, 503; 1974, 608). In Frankreich wird diese Auffassung allerdings abgelehnt (Cour de Cassation ETR 1983, 207; 1983, 217), während in den Niederlanden die Ansichten geteilt sind (Frachtführerhaftung des Fixkostenspediteurs bejahend: Arrondissementsrechtbank te Rotterdam ETR 1971, 273; verneinend: Gerechtshof te Amsterdam ETR 1969, 151; vgl. dazu auch Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 2).
26
Eine autonome Auslegung des Frachtführerbegriffs der CMR ist auch deshalb geboten, weil dadurch vermieden wird, dass bereits im Kernbereich der CMR - hier bei einem Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 CMR - die ergänzende Heranziehung nationalen Rechts erforderlich wird (vgl. OLG Hamm TranspR 2000, 29, 30). Schließlich wäre das Ziel der Rechtsvereinheitlichung auf dem Transportsektor nur unvollkommen erreicht, wenn schon der Umstand, dass ein Vertrag in gewissem Umfang auch Elemente eines Speditionsvertrags enthält, zur Verneinung der Frachtführereigenschaft des Fixkostenspediteurs führte (Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 3).
27
3. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Versicherungsnehmerin sei als frachtbrief- mäßige Empfängerin des Gutes zur Liquidation des durch den Diebstahl entstandenen Schadens berechtigt.
28
a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Verkäuferin der Versicherungsnehmerin nach dem Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift in Höhe des Rechnungsbetrags erteilt hat. Es hat gemeint, dass es hierauf nicht ankomme, weil die Versicherungsnehmerin berechtigt sei, einen der Verkäuferin entstandenen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen. Dieses Recht sei durch Abtretung der Versicherungsnehmerin auf die Klägerinnen übergegangen.
29
b) Die Revision rügt im Ergebnis erfolglos, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung übersehen, dass die CMR keine Anhaltspunkte für die Annahme biete, der frachtbriefmäßige Empfänger des Gutes sei auch berechtigt, fremde Schäden geltend zu machen. Auf die Frage, ob Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR dem Empfänger das Recht einräumt, Schadensersatzansprüche aus dem Beförderungsvertrag gegen den Frachtführer im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen, wenn das ergänzend anzuwendende nationale Recht das Institut der Drittschadensliquidation nicht kennt, kommt es im Streitfall nicht entscheidend an.
30
Der frachtbriefmäßige Empfänger ist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR berechtigt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend zu machen, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Verlust des Gutes festgestellt ist. Der Umstand, dass der Empfänger neben dem Absender ebenfalls ein Recht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Frachtführer hat, führt zur Doppellegitimation von Absender und Empfänger (BGH, Urt. v. 28.4.1988 - I ZR 32/86, TranspR 1988, 338, 339 = VersR 1988, 825; Urt. v. 6.7.2006 - I ZR 226/03, TranspR 2006, 363, 365 = NJW-RR 2006, 1544; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 13 CMR Rdn. 23; Herber/Piper aaO Art. 13 Rdn. 31). Empfänger und Absender sind im Verhältnis zum Frachtführer Gesamtgläubiger i.S. von § 428 BGB. Dementsprechend lässt auch nur die Leistung des Frachtführers an einen der beiden Ersatzberechtigten die Anspruchsberechtigung des anderen Gläubigers entfallen (BGH TranspR 1988, 338, 339; TranspR 2006, 363, 365; Herber/Piper aaO Art. 13 Rdn. 34). Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Absender und dem Empfänger der Ware sind für den Schädiger grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.2006 - I ZR 200/03, TranspR 2006, 308, 310; BGH TranspR 2006, 363, 365). Danach kommt es nicht darauf an, ob die Verkäuferin der Versicherungsnehmerin nach dem Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift erteilt hat. Sollte dies geschehen sein, so wäre dadurch der eigene Anspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR nicht erloschen. Der eigene Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR konnte daher noch an die Klägerinnen abgetreten werden, was durch die Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin vom 27. Mai 1997 geschehen ist.
31
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Fahrer der Streithelferin sei ein für den gesamten Schaden ursächlich gewordenes grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
32
a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Frachtführer nach Art. 29 Abs. 1 CMR, der insoweit auf das Recht des angerufenen Gerichts verweist, nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen kann, wenn er den Schaden durch grobe Fahrlässigkeit verursacht hat. Entsprechendes gilt gemäß Art. 29 Abs. 2 CMR, wenn der Schaden durch seine Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen grob fahrlässig herbeigeführt worden ist (BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 21 m.w.N.). An dieser Beurteilung hat sich für den Streitfall durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts (Transportrechtsreformgesetz) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588 ff.) nichts geändert. Denn die Frage, welches Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR dem Vorsatz gleichsteht, ist bei Gütertransportschäden aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes im Falle der Anrufung eines deutschen Gerichts nach dem alten nationalen Recht zu beurteilen (BGH TranspR 1999, 19, 21).
33
b) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob bereits der Umstand, dass der Fahrer der Streithelferin für die nächtliche Ruhepause einen unbewachten Parkplatz gewählt hat, den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens zu begründen vermag. Es ist daher für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass in der Wahl des unbewachten Parkplatzes kein grob fahrlässiges Verhalten liegt.
34
c) Das Berufungsgericht hat das Verhalten des Fahrers während der Ruhepause als grob fahrlässig gewertet. Mit Erfolg rügt die Revision, dass die insofern getroffenen Feststellungen diese Annahme nicht begründen können. Rechtsfehlerhaft ist darüber hinaus die Annahme, dass das Unterlassen der vom Berufungsgericht als geeignet und zumutbar angesehenen Schadensabwendungsmaßnahmen für den gesamten Schaden ursächlich war.
35
Das Berufungsgericht hat das grobe Verschulden des Fahrers darin gesehen , dass er es nach der Wahrnehmung eines kontinuierlichen Wackelns des LKW unterlassen habe, die Täter durch Starten des Fahrzeugs und durch Hupen zu vertreiben. Diese Beurteilung rügt die Revision mit Erfolg als rechtsfehlerhaft.
36
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Fahrer - nachdem er das Wackeln des LKW bemerkt und sich angezogen hatte - aus dem Führerhaus ausgestiegen ist, um nach dem Rechten zu sehen. Er ist also nicht untätig geblieben. Auch wenn es geeignetere Maßnahmen gab, um mögliche Diebe von der weiteren Tatbegehung abzuhalten, kann dem Fahrer unter den gegebenen Umständen jedenfalls nicht der Vorwurf eines grob fahrlässigen Unterlassens gemacht werden. Zu berücksichtigen ist, dass der Fahrer gerade durch die verdächtigen Bewegungen geweckt worden war. Auch eine gewisse Angst und Aufregung, die das Fassen klarer Entschlüsse erschweren, wird man ihm zubilligen müssen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, wie viel Zeit gewonnen worden wäre, wenn der Fahrer, statt sich anzuziehen und auszusteigen, die Diebe sofort durch Hupen und Starten des Motors vertrieben hätte. Der Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens lässt sich unter diesen Umständen nicht rechtfertigen.
37
Auf der bisherigen Tatsachengrundlage kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Unterlassen von geeigneten und zumutbaren Diebstahlsabwendungsmaßnahmen für den gesamten Schaden ursächlich war. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, wieweit der Diebstahl schon vorangeschritten war, als der aus dem Schlaf gerissene Fahrer das verdächtige Wackeln des LKW bemerkte. Die getroffenen Feststellungen erlauben daher keine Aussage darüber, ob und in welchem Umfang das Unterlassen der vom Berufungsgericht als geeignet und zumutbar angesehenen Maßnahmen zur Schadensabwendung für den eingetretenen Schaden ursächlich war.
38
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Frage der Parkplatzwahl noch keine abschließenden Feststellungen getroffen hat, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Schaffert
Koch Bergmann
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 19.09.2002 - 88 O 64/97 -
OLG Köln, Entscheidung vom 27.09.2005 - 3 U 143/02 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 31/05 Verkündet am:
26. April 2007
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
CMR Art. 17 Abs. 1, Art. 29; ZPO § 286 A
Besteht zwischen den Parteien eines Frachtvertrages Streit darüber, ob der
beim Empfänger nicht angekommene Teil der Sendung überhaupt in die Obhut
des Frachtführers gelangt ist, kann nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises
zurückgegriffen werden. Da die Parteien über den Grund der Haftung
streiten, scheidet auch eine Anwendung des § 287 ZPO aus. Der Anspruchsteller
hat daher in einem solchen Fall den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass
der nicht beim Empfänger angekommene Teil der Sendung in die Obhut des
Frachtführers gelangt ist.
BGH, Urt. v. 26. April 2007 - I ZR 31/05 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. April 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 26. Januar 2005 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein Hamburger Assekuradeur, nimmt die Beklagte wegen des Verlusts von 100 Computerfestplatten aus übergegangenem und abgetretenem Recht der Transportversicherer der T. GmbH (im Weiteren: T. GmbH) auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die T. GmbH erteilte der Beklagten am 22. Mai 2002 den Auftrag, 1000 Festplatten, die für sie bei der E. GmbH in Hünxe eingelagert waren, zu festen Kosten zu der L. Group S.A. in Paris zu befördern. Der Fahrer der von der Beklagten beauftragten Unterfrachtführerin quittierte am selben Tag, die Sendung ordnungsgemäß übernommen zu haben. Die Sendung traf, nachdem sie am 22. Mai 2002 im Lager der Beklagten in Wuppertal und am 23. Mai 2002 bei dem Unternehmen F. in Bretigny sur Orge in Frankreich umgeschlagen worden war, am 24. Mai 2002 bei der L. Group S.A. ein. Ein Mitarbeiter dieses Unternehmens brachte auf der Empfangsquittung unter anderem den Stempel "SOUS RESERVE DE CONTROLE" ("Unter Vorbehalt der Kontrolle") auf. Des Weiteren befindet sich auf der Empfangsquittung ein ebenfalls französischsprachiger handschriftlicher Vermerk eines Mitarbeiters der Empfängerin, dass eine umschrumpfte Palette abgegeben worden sei, bei deren Kontrolle aber zwei Kartons leer vorgefunden und 100 Festplatten als fehlend festgestellt worden seien.
3
Die Klägerin hat behauptet, in jedem der 20 Kartons hätten sich 50 Festplatten befunden. Zwei der Kartons mit zusammen 100 Festplatten im Verkaufswert von insgesamt umgerechnet 13.494,55 € seien im Obhutsgewahrsam der Beklagten bzw. ihrer Gehilfen in Verlust geraten. Die Beklagte sei ihrer Darlegungs - und Einlassungsverpflichtung nicht nachgekommen, den Schadenshergang einzugrenzen. Es bestehe daher die Vermutung, dass der Verlust der Festplatten auf einem qualifizierten Verschulden der Beklagten beruhe. Die von der Klägerin geleistete Entschädigung habe einschließlich Umsatzsteuer 14.844 € betragen.
4
Die Klägerin hat die Beklagte daher vor dem Landgericht gemäß Art. 17, 29 CMR auf Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und außerdem in Abrede gestellt, dass die Ware in ihrem Obhutsgewahrsam verlorengegangen ist.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
7
Die Berufung der Klägerin, mit der diese den Klageanspruch in Höhe von 13.494,55 € nebst Zinsen weiterverfolgt hat, ist ohne Erfolg geblieben.
8
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision begehrt die Klägerin weiterhin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 13.494,55 € nebst Zinsen. Die Beklagte beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:
10
Die Klägerin habe nicht bewiesen, dass zwei der bei der E. GmbH an die Unterfrachtführerin übergebenen Kartons nicht bereits leer gewesen seien. Der Inhalt der Kartons sei nicht in Augenschein genommen worden, bevor die Palette, auf der die Kartons gestapelt gewesen seien, mit Folie umwickelt worden sei. Da die zum Versand anstehende Ware entgegen den bei der E. GmbH bestehenden internen Richtlinien auch nicht erneut gewogen worden sei, habe es nicht zwingend auffallen müssen, wenn zwei Kartons keinen Inhalt mehr gehabt hätten. Es bestehe nicht nur eine theoretische Möglichkeit, dass noch bei der E. GmbH, also noch vor der Übergabe der Palette an die Unterfrachtführerin , aus zwei Kartons insgesamt 100 Festplatten entnommen worden seien. In zeitlicher Hinsicht sei ein entsprechender Diebstahl ohne weiteres möglich gewesen. Ebenso lasse die Organisation des Lagers einen solchen Diebstahl weder als gänzlich ausgeschlossen noch als fernliegende, lediglich theoretische Möglichkeit erscheinen.
11
Allerdings sei bei Gütern, die von kaufmännischen Absendern in verschlossenen Behältnissen versandt würden, prima facie anzunehmen, dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in den Behältnissen enthalten gewesen seien. Der Anscheinsbeweis, den die Klägerin insoweit durch die von ihr vorgelegte Handelsrechnung und den entsprechenden Lieferschein begründet habe, sei vorliegend aber erschüttert. Es bestehe hier die Besonderheit, dass nicht etwa ein Karton vollständig im Obhutsgewahrsam des Frachtführers in Verlust geraten sei, sondern dieser die übernommene Sendung äußerlich vollständig beim bestimmungsgemäßen Empfänger abgeliefert habe. Die Manipulation an den Kartons, die zum Verlust der in ihnen enthalten gewesenen Waren geführt habe, könne sowohl noch beim Absender als auch in der Obhut der Frachtführer erfolgt sein. In einem solchen Fall sei der Anscheinsbeweis zumindest dann durch das Ausliefern geöffneter Kartons auf einer mit Folie umwickelten Palette erschüttert, wenn eine Manipulation beim Versender nach den Umständen keine nur theoretische Möglichkeit darstelle. Vom Frachtführer könne nicht verlangt werden, konkrete Anhaltspunkte dafür vorzutragen, dass beim Versender manipuliert worden sei. Der Versender habe es zudem in der Hand, durch einfache Maßnahmen wie insbesondere durch das Wiegen der zu versendenden Ware zu überprüfen und zu dokumentieren, dass diese dem Frachtführer vollständig übergeben worden sei, sowie Diebstählen im Frachtführergewahrsam vorzubeugen.
12
II. Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht zusteht, weil diese nicht zu beweisen vermocht hat, dass die 100 Festplatten, die bei der L. Group S.A. nicht angekommen sind, in die Obhut der Beklagten gelangt sind.
13
1. Die Klägerin macht gegen die Beklagte wegen des Verlusts der Festplatten einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR geltend. Sie hat daher vorzutragen und, da die Beklagte die Sachdarstellung der Klägerin insoweit bestritten hat, zu beweisen, dass das Gut in der Obhut der Beklagten Schaden genommen hat und wie hoch dieser Schaden ist (vgl. BGH, Urt. v. 12.12.1985 - I ZR 88/83, TranspR 1986, 278, 280 f. = VersR 1986, 381; Urt. v. 8.6.1988 - I ZR 149/86, TranspR 1988, 370 = VersR 1988, 952; Urt. v. 16.11.1995 - I ZR 245/93, TranspR 1996, 72, 74 = VersR 1996, 913, zu § 407 HGB a.F.; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 17 CMR Rdn. 12 m.w.N.). Dies umfasst neben dem Beweis der Übernahme von Gütern als solchen auch den Beweis ihrer Identität, ihrer Art, ihrer Menge und ihres Zustands (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.1974 - I ZR 4/73, VersR 1974, 796, 798 = NJW 1974, 1614; Koller aaO Art. 17 CMR Rdn. 12; Großkomm.HGB/Helm, 4. Aufl., Anh. VI nach § 452: CMR Art. 17 Rdn. 46 m.w.N.). Die Beweisführung ist grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilprozessrechts und insbesondere nach § 286 ZPO zu beurteilen (Großkomm.HGB/Helm aaO CMR Art. 17 Rdn. 46). Danach setzte die Bildung der richterlichen Überzeugung, dass die 100 bei der L. Group S.A. nicht angekommenen Festplatten sich im Zeitpunkt der Übernahme der Sendung durch die Unterfrachtführerin bei der E. GmbH noch auf der Palette befunden hatten, einen Grad von Gewissheit voraus, der den Zweifeln Schweigen gebot (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 - VI ZR 28/03, NJW 2004, 777, 778 = VersR 2004, 118).
14
2. Der Annahme eines Anscheinsbeweises, wie ihn das Berufungsgericht unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 24. Oktober 2002 (I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 159 = NJW-RR 2003, 754; vgl. auch BGH, Urt. v.
20.7.2006 - I ZR 9/05, TranspR 2006, 394 = VersR 2007, 564 Tz. 19 f.) geprüft hat, steht - ungeachtet der von einem Teil des Schrifttums an der Anwendung des Anscheinsbeweises in einem derartigen Fall geübten Kritik (Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., Vor § 284 Rdn. 29 u. 31 a.E.; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 286 Rdn. 95, insbes. Fn. 265; vgl. aber auch MünchKomm.ZPO/ Prütting, 2. Aufl., § 286 Rdn. 48 f., 58 f., 67 ff.; Musielak/Foerste, ZPO, 5. Aufl., § 286 Rdn. 23 u. 26 ff.; Baumbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., Anh. zu § 286 Rdn. 22 f.) - im Streitfall entgegen, dass es hier nicht um das unstreitige Abhandenkommen einer Sendung in der Obhut des Frachtführers geht. Die Fallkonstellation , in der der Senat den Anscheinsbeweis angewandt hat, betraf stets Fälle, in denen das zu befördernde Gut dem Frachtführer unstreitig in einem verschlossenen Behältnis übergeben worden und in der Obhut des Frachtführers verlorengegangen ist. Steht in einem solchen Fall in Streit, welche Waren sich in dem dem Frachtführer zum Transport übergebenen Behältnis befunden haben, ist in den angeführten Entscheidungen für den kaufmännischen Verkehr prima facie davon ausgegangen worden, dass die im Lieferschein und der damit korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren. Dahinter stand die Erwägung, dass jedenfalls im kaufmännischen Bereich eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die - lange vor Kenntnis von dem späteren Verlust - in Lieferschein und Rechnung aufgeführten Waren tatsächlich auch versandt worden sind (BGH TranspR 2003, 156, 159). Um eine solche Konstellation geht es im vorliegenden Fall nicht. Vielmehr besteht hier zwischen den Parteien Streit darüber, ob der betreffende Teil der Sendung überhaupt in die Obhut der Beklagten gelangt ist. Für diese Frage kann nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises zurückgegriffen werden. Da die Parteien über den Grund der Haftung streiten, scheidet auch eine Anwendung des § 287 ZPO aus.
15
3. Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass sich das Berufungsgericht keine Überzeugung davon bilden konnte, dass sich die abhandengekommenen Festplatten in den beiden der Beklagten übergebenen Paketen befunden haben (§ 286 ZPO). Es hat insbesondere den Diebstahl der Festplatten noch in der Obhut der E. GmbH und damit noch in der Obhut der Versenderin für nicht ausgeschlossen gehalten. Diese tatrichterliche Würdigung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Verfahrensrügen, die die Revision insofern erhebt, hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
16
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm v.Ungern-Sternberg Pokrant
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 25.06.2004 - 2 O 360/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.01.2005 - I-18 U 196/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 44/05 Verkündet am:
20. September 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. September 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Bornkamm und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Prof.
Dr. Büscher und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 2. Februar 2005 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 2.482,83 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 1.412,83 € seit dem 10. Juli 2001 und aus 1.070 € seit dem 3. Juni 2002 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der L. GmbH in Düsseldorf (im Weiteren: Versenderin). Sie nimmt die Beklagte, die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versenderin wegen Verlusts von Transportgut in den folgenden neun Fällen auf Schadensersatz in Anspruch:
2
Schadensfall 1: Am 29. Januar 2001 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets nach Jork. Das Paket erreichte den Empfänger nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 521,52 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 1.412,83 €.
3
Schadensfall 2: Am 24. Juli 2001 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets nach Kaarst. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 521,52 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 8.846,13 €.
4
Schadensfall 3: Am 10. August 2001 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets nach Kempen. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 521,52 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 5.619,10 €.
5
Schadensfall 4: Am 26. November 2001 beauftragte die Versenderin die Beklagte erneut mit der Beförderung eines Pakets nach Kempen. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 511,29 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 3.962,51 €.
6
Schadensfall 5: Am 7. Dezember 2001 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit dem Transport eines Pakets nach Stockstadt. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 521,52 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 12.272,08 €.
7
Schadensfall 6: Am 17. Dezember 2001 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets nach Wardenburg. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 526,40 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 7.024,60 €.
8
Schadensfall 7: Am 22. Februar 2002 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets nach Duisburg. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 520,50 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 1.070 €.
9
Schadensfall 8: Am 25. Februar 2002 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit dem Transport eines Pakets nach Möhrendorf. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 520,50 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 3.479,37 €.
10
Schadensfall 9: Am 27. März 2002 beauftragte die Versenderin die Beklagte mit der Beförderung eines Pakets nach Wiesenbach. Das Paket erreichte die Empfängerin nicht. Die Klägerin begehrt nach Abzug einer vorprozessualen Zahlung der Beklagten in Höhe von 520,50 € weiteren Schadensersatz in Höhe von 2.482,18 €.
11
Den Beförderungsverträgen lagen die Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten mit Stand von November 2000 zugrunde, die auszugsweise folgende Regelungen enthielten: "… 2. Serviceumfang Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden, beschränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung, Transport, Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der Sendung. die Um vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden die Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transportiert. Der Versender nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in Kauf, dass aufgrund der Massenbeförderung nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann. Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des Transportweges, insbesondere durch Ein- und Ausgangsdokumentation , an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des U. -Systemes nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket. 9. Haftung … 9.2 Gelten keine Abkommensbestimmungen oder sonstige zwingende nationale Gesetze, wird die Haftung ausschließlich durch diese Bedingungen geregelt.
In Deutschland ist die Haftung für Verlust oder Beschädigung begrenzt auf nachgewiesene direkte Schäden bis maximal DM 1.000,00 pro Sendung oder 8,33 SZR für jedes Kilogramm, je nachdem welcher Betrag höher ist. … Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die U. , seine gesetzlichen Vertreter, oder Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, dass der Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen haben. … 9.4 Die Haftungsgrenze nach Ziffer 9.2 wird angehoben durch korrekte Deklaration eines höheren Wertes der Sendung auf dem Frachtbrief und durch Zahlung des in der "Tariftabelle und Serviceleistungen" aufgeführten Zuschlages auf den angegebenen Wert (Wertpaket). In keinem Fall dürfen die in Absatz 3 (a) (ii) festgesetzten Grenzen überschritten werden. Der Versender erklärt durch Unterlassung einer Wertdeklaration, dass sein Interesse an den Gütern die in Ziffer 9.2 genannte Grundhaftung nicht übersteigt. U. kann Wertzuschläge namens und im Auftrag des Versenders als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders an eine Versicherungsgesellschaft weitergeben. In diesem Fall werden etwaige Ansprüche des Versenders auf Schadensersatz durch U. gestellt und im Namen der Versicherungsgesellschaft bezahlt. Die von U. für diese Zwecke eingesetzten Policen können bei der oben genannten Anschrift eingesehen werden. …"
12
Alle Transportaufträge wurden im sogenannten EDI-Verfahren abgewickelt. Dabei handelt es sich um ein EDV-gestütztes Verfahren, bei dem der Versender die zu befördernden Pakete mittels einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software selbst im System erfassen kann. Dieses System teilt sodann jedem Paket eine Kontrollnummer zu und erstellt einen Aufkleber, den der Versender auf das Paket aufbringen kann. Die Versanddaten werden auf elektronischem Wege an die Beklagte übermittelt. Der Abholfahrer der Beklag- ten nimmt die Vielzahl der bereitgestellten und von dem Versender üblicherweise in einen sogenannten Feeder verladenen Pakete entgegen und quittiert die Gesamtzahl der übernommenen Pakete auf einem "Summery Manifest". Einen Abgleich zwischen der Versandliste und dem Inhalt des Feeders nimmt der Abholfahrer nicht vor.
13
Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe die verlorengegangenen Pakete übernommen. Die Pakete hätten die in den Rechnungen aufgeführten Waren enthalten. Sie habe die Versenderin in Höhe der geltend gemachten Regressbeträge entschädigt. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte für die Warenverluste in voller Höhe, da sie keine Aufklärung über den Verbleib der Sendungen leisten könne und die Betriebsorganisation der Beklagten schwerwiegende Mängel aufweise.
14
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 46.168,80 € nebst Zinsen zu zahlen.
15
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und zudem in Abrede gestellt, die streitgegenständlichen Pakete zur Beförderung übernommen zu haben. Ferner ist die Beklagte der Auffassung, sie hafte nicht wegen qualifizierten Verschuldens, weil sie mit der Versenderin wirksam einen Verzicht auf Schnittstellenkontrollen vereinbart habe. Im Übrigen müsse sich die Klägerin ein haftungsausschließendes Mitverschulden der Versenderin wegen fehlender Wertdeklaration zurechnen lassen. Im Falle einer Wertdeklaration behandele sie die ihr zur Beförderung übergebenen Pakete sorgfältiger, sofern deren Wert 5.000 DM (= 2.556,46 €) übersteige.
16
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
17
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


18
I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust der Pakete nach §§ 425, 435 HGB angenommen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
19
Die Klägerin sei aktivlegitimiert. Die Ansprüche seien jedenfalls durch Überlassung der Schadensunterlagen konkludent von der Versenderin an sie abgetreten worden. Ein Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz liege nicht vor.
20
Die Beklagte hafte wegen qualifizierten Verschuldens unbeschränkt, da sie nicht dargelegt habe, wie es zu den hier in Rede stehenden Verlusten gekommen sei. Außerdem weise die Betriebsorganisation der Beklagten schwerwiegende Mängel auf, weil sie keine durchgängigen Schnittstellenkontrollen während des Transports vorsehe. Einen Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen habe die Beklagte mit der Versenderin jedenfalls nicht wirksam vereinbart.
21
Es stehe auch fest, dass die Beklagte die Pakete übernommen habe. Der Beweis sei durch die Versandlisten im EDI-Verfahren geführt, da die Beklagte nicht unverzüglich nach Eingang der Warensendungen eventuelle Differenzen reklamiert habe.
22
Ferner stehe fest, dass die verlorengegangenen Pakete die in den Rechnungen aufgeführten Waren enthalten hätten. Grundsätzlich erbrächten Rechnungen und Lieferscheine zusammen den Beweis des ersten Anscheins für den Paketinhalt. Im vorliegenden Fall seien zwar keine Lieferscheine vorgelegt worden. Der Beweis des ersten Anscheins ergebe sich aber aus den Handelsrechungen in Verbindung mit den jeweiligen U. -Absendemanifesten und der konkreten Organisation des Warenversands bei der Versenderin.
23
Ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 1 BGB wegen unterlassener Wertdeklaration falle der Versenderin nicht zur Last. Es stehe nicht fest, dass die verlorengegangenen Pakete mit erhöhter Sicherheit befördert worden wären, wenn sie als Wertpakete versandt worden wären. Die Beklagte habe nicht dargetan , wie im EDI-Verfahren Wertpakete mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert würden. Zudem sei die Versenderin nicht belehrt worden, wie sie im EDI-Verfahren hätte vorgehen müssen, um eine erhöhte Transportsicherheit zu erreichen. Ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB wegen Unterlassens eines Hinweises auf einen außergewöhnlich hohen Schaden scheide ebenfalls aus, da dieser erst ab einem Paketwert von über 50.000 US-Dollar anzunehmen sei.
24
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit dieses über einen Betrag von 2.482,83 € hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Entgegen der Auffassung des Beru- fungsgerichts kann in den Schadensfällen 2 bis 6 und 8 ein Mitverschulden der Versenderin in Betracht kommen.
25
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin Inhaberin der geltend gemachten Schadensersatzansprüche ist. Dies folgt entweder aus § 67 Abs. 1 VVG, wenn sie - wie von ihr behauptet - die Versenderin entschädigt hat, oder aus den zumindest konkludent erklärten Abtretungen der Versenderin, die in der Überlassung sämtlicher Schadensunterlagen zu sehen sind. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen durch den Transportversicherer verstößt - wie der Senat zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat - selbst dann nicht gegen das Rechtsberatungsgesetz , wenn der Versicherer den Schaden seines Versicherungsnehmers noch nicht reguliert hat und deshalb aus abgetretenem Recht gegen den beklagten Spediteur/Frachtführer vorgeht (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 85/04 Tz. 20, TranspR 2006, 166, 167).
26
2. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten für die in Rede stehenden Verluste von Transportgut nach § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 1 HGB bejaht. Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Versenderin als Fixkostenspediteur i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und dass sich ihre Haftung grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) und - aufgrund vertraglicher Einbeziehung - nach ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen beurteilt.
27
3. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts , die Beklagte habe die verlorengegangenen Pakete zur Beförderung übernommen.

28
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, auch in dem von der Beklagten entwickelten EDI-Verfahren erbringe die Absenderquittung vollen Beweis für die Übernahme einer Warensendung durch die Beklagte, wenn diese nicht unverzüglich nach Eingang der Sendung in ihrem Abhol-Center eventuelle Differenzen zwischen der übertragenen Versandliste und dem tatsächlichen Paketeingang dem Kunden melde, was in den Streitfällen nicht geschehen sei. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
29
b) Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts wurden alle hier in Rede stehenden Transporte im EDI-Verfahren abgewickelt. Durch die Vereinbarung des EDI-Verfahrens haben die Versicherungsnehmerin der Klägerin als Versenderin und die Beklagte die Abrede getroffen, dass der Inhalt einer Versandliste für einen von dem Abholfahrer der Beklagten quittierten Feeder als bestätigt gilt, sofern die Beklagte dem nicht unverzüglich widerspricht. Denn der Versender kann - wie der Senat ebenfalls zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat - nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) davon ausgehen, dass der Spediteur/Frachtführer nach Öffnung des verplombten Behältnisses, in dem sich die Pakete befinden, die Richtigkeit der Versandliste unverzüglich überprüft und Beanstandungen dem Versender ebenfalls unverzüglich mitteilt. Unterbleibt eine solche Beanstandung, kann der Versender dies nach Sinn und Zweck des EDI-Verfahrens als Bestätigung der Versandliste ansehen, die damit die Wirkung einer Empfangsbestätigung erhält (BGH, Urt. v. 4.5.2005 - I ZR 235/02, TranspR 2005, 403, 404 = VersR 2006, 573). Die - wie bei einer Empfangsbestätigung - begründete Vermutung, dass die in der Versandliste aufgeführten Pakete in die Obhut der Beklagten gelangt sind, hat die Beklagte im Streitfall nicht widerlegt.
30
4. Entgegen der Auffassung der Revision sind auch die Feststellungen des Berufungsgerichts zu Inhalt und Wert der verlorengegangenen Pakete frei von Rechtsfehlern.
31
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die von der Klägerin behaupteten Paketinhalte streite ein Anscheinsbeweis. Im kaufmännischen Verkehr erbringe der Lieferschein indiziell Beweis dafür, dass die in ihm (und in der korrespondierenden Rechnung) aufgeführten Waren tatsächlich die Versandabteilung des Versenders durchlaufen hätten. Die Klägerin habe zwar keine Lieferscheine vorgelegt. Im Streitfall hätten jedoch die von der Klägerin vorgelegten Versandlisten (U. -Manifeste) und die Rechnungen in Verbindung mit der konkreten Organisation der Versandabteilung der Versenderin denselben indiziellen Beweiswert.
32
b) Diese Erwägungen des Berufungsgerichts werden von der Revision im Ergebnis ohne Erfolg angegriffen.
33
aa) Der Annahme eines Anscheinsbeweises, wie ihn das Berufungsgericht unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 24. Oktober 2002 (I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 159 = NJW-RR 2003, 754; vgl. auch BGH, Urt. v. 20.7.2006 - I ZR 9/05, TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 19 f.) seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, steht im Streitfall allerdings entgegen, dass es hier nicht um das unstreitige Abhandenkommen einer Sendung in der Obhut des Frachtführers geht. Die Fallkonstellation, in der der Senat den Anscheinsbeweis angewandt hat, betraf stets Fälle, in denen das zu befördernde Gut dem Frachtführer in einem verschlossenen Behältnis übergeben worden und in der Obhut des Frachtführers verlorengegangen war (BGH, Urt. v. 26.4.2007 - I ZR 31/05, TranspR 2007, 418 Tz. 14). Im vorliegenden Fall besteht zwischen den Parteien Streit darüber, ob alle Waren, für deren Verlust die Klägerin Ersatz beansprucht, überhaupt in die Obhut der Beklagten gelangt sind. Für diese Frage kann nicht auf die Grundsätze des Anscheinsbeweises zurückgegriffen werden. Da die Parteien über den Grund der Haftung streiten, scheidet auch eine Anwendung des § 287 ZPO aus (BGH TranspR 2007, 418 Tz. 14).
34
Der Beweis für den Inhalt und den Wert eines verlorengegangenen Pakets unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (vgl. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 17; BGH TranspR 2007, 418 Tz. 13 f.). Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, dem Fahrer der Beklagten seien die in den Rechnungen aufgeführten Waren übergeben worden, daher anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls bilden (vgl. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 17).
35
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist es nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen zum Nachweis des Inhalts eines Pakets vorgelegt werden. Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit des behaupteten Inhalts auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt (BGH, Urt. v. 28.9.2006 - I ZR 198/03, TranspR 2007, 110 Tz. 24).
36
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, dass das Absendermanifest - anders als ein Lieferschein - nur das Verhältnis zwischen dem Versender und der Beklagten betrifft und keine Angaben zum Inhalt eines Pakets enthält. Diese Angaben enthält aber bereits die Rechnung. Die Bedeutung des Lieferscheins liegt - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - in der Indizwirkung , dass die in ihm aufgeführten Waren tatsächlich die Versandabteilung des Verkäufers durchlaufen haben. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass dieser Beweiswert auch der im EDI-Verfahren erstellten Versandliste in Verbindung mit der Rechnung zukommt. Aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Verbindung zwischen der Rechnungsstellung und der Versandabwicklung besteht nach der Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Paket, das auf der Versandliste eine bestimmte Rechnungsnummer aufweist, die Versandabteilung mit den in der korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren verlassen hat. Der vorliegende Sachverhalt ist daher mit solchen Fällen vergleichbar, in denen sowohl der Lieferschein als auch die Rechnung vorgelegt werden.
37
5. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte schulde gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB Schadensersatz, ohne sich auf die im Gesetz und in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen zu können, da sie die hier in Rede stehenden Warenverluste leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht habe.
38
a) Das Berufungsgericht hat den Vorwurf des leichtfertigen Handelns (auch) darauf gestützt, dass eine Betriebsorganisation des Spediteurs/Frachtführers , die - wie im vorliegenden Fall - Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht, den Vorwurf eines leichtfertigen Verhaltens rechtfertigt, weil es sich hierbei um elementare Vorkehrungen gegen den Verlust von Ware handelt.
39
b) Diese Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Sie entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 158, 322, 330 ff.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2006, 570; BGH TranspR 2005, 403, 405 m.w.N.).

40
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Versenderin nicht wirksam auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen verzichtet hat. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein solcher Verzicht nicht aus Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand November 2000). Dabei kann offenbleiben, ob sich die Regelung in Nr. 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten lediglich auf die Dokumentation der Schnittstellenkontrollen bezieht oder ob sie sich auch auf die Durchführung der Kontrollen selbst erstreckt. Wie der Senat - ebenfalls zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils - entschieden hat, wäre die Klausel, wenn sie einen Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen selbst enthielte, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unwirksam. Denn nach dieser Vorschrift kann von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung abgewichen werden (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 108/04 Tz. 21 ff., TranspR 2006, 171, 173; Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 = NJW-RR 2006, 758 Tz. 18 ff.).
41
6. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Versenderin nicht zurechnen lassen.
42
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Fall des qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471 = NJW 2003, 3626; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR 2004, 394).
43
b) Dem Berufungsgericht kann jedoch nicht in seiner Annahme beigetreten werden, ein Mitverschulden der Versenderin gemäß § 254 Abs. 1 BGB we- gen Unterlassens einer Wertdeklaration komme nicht in Betracht, weil nicht festgestellt werden könne, dass die Beklagte Pakete bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, also besonderen Sicherungen unterstellt hätte.
44
aa) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass ein Versender in einen gemäß § 425 Abs. 2 HGB254 Abs. 1 BGB) beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er trotz Kenntnis, dass der Spediteur/Frachtführer die Pakete bei richtiger Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandelt, von einer Wertdeklaration absieht und bei Verlust gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH TranspR 2004, 399, 401).
45
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Versenderin aufgrund der Nr. 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten gewusst habe, dass nach der Betriebsorganisation der Beklagten bei Wertpaketen eine erhöhte Beförderungssicherheit gewährleistet werden solle.
46
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Vortrag der Beklagten, sie behandele wertdeklarierte Pakete sorgfältiger als nicht wertdeklarierte , nicht deshalb unerheblich, weil die verlorengegangenen Pakete jeweils im Wege des sogenannten EDI-Verfahrens versandt worden sind.
47
(1) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht dargetan, auf welche Weise sie sicherstellt, dass Wertpakete auch in diesem Verfahren mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden.
48
(2) Mit dieser Begründung kann ein Mitverschulden der Versenderin wegen Unterlassens einer Wertdeklaration nicht verneint werden. Die von der Be- klagten vorgetragenen zusätzlichen Kontrollen bei der Beförderung von Wertpaketen können allerdings nicht umgesetzt werden, wenn Kunden, die am EDIVerfahren teilnehmen, bei der Eingabe der Paketdaten zwar eine Wertdeklaration vornehmen, das wertdeklarierte Paket dann aber zusammen mit anderen Paketen in den Feeder geben. Zu Recht weist die Revision aber darauf hin, dass es offenkundig ist, dass eine gesonderte Behandlung von Wertpaketen im Falle einer separaten Übergabe an den Frachtführer möglich ist (vgl. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 31).
49
Wenn - was mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Beklagten zu unterstellen ist - die konkrete Ausgestaltung des Versandverfahrens dem Absender keinerlei Anhaltspunkte bietet, auf welche Weise wertdeklarierte Pakete einem besonders kontrollierten Transportsystem zugeführt werden, hat er selbst Maßnahmen zu ergreifen, um auf eine sorgfältigere Behandlung des wertdeklarierten Pakets aufmerksam zu machen (vgl. BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 31). Von einem schadensursächlichen Mitverschulden der Versenderin ist deshalb auszugehen, weil sie hätte erkennen können, dass eine sorgfältigere Behandlung durch die Beklagte nur gewährleistet ist, wenn wertdeklarierte Pakete nicht mit anderen Paketen in den Feeder gegeben, sondern dem Abholfahrer der Beklagten gesondert übergeben werden. Dass eine solche separate Übergabe an den Abholfahrer erforderlich ist, liegt angesichts der Ausgestaltung des vorliegend angewandten Verfahrens , das im beiderseitigen Interesse der Beschleunigung des Versands darauf angelegt ist, dass Paketkontrollen zunächst unterbleiben (vgl. BGH TranspR 2005, 403, 404), für einen ordentlichen und vernünftigen Versender auf der Hand (BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 32).
50
cc) In den Schadensfällen 1 und 7 hat das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versenderin wegen unterlassener Wertdeklaration im Ergebnis zu Recht verneint, weil der Wert der verlorengegangenen Pakete in diesen Fällen jeweils unter 5.000 DM gelegen und die Beklagte selbst vorgetragen hat, dass Pakete erst ab einem Wert von mehr als 5.000 DM sicherer befördert werden. Dementsprechend hat die Revision in diesen Fällen keinen Erfolg.
51
c) Mit Erfolg wendet sich die Revision auch gegen die Verneinung eines Mitverschuldens der Versenderin wegen Unterlassens eines Hinweises auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens (§ 425 Abs. 2 HGB, § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB).
52
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht erst bei einem Paketwert oberhalb von 50.000 US-Dollar anzunehmen. Wie der Senat - ebenfalls zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils - entschieden hat, ist die Gefahr eines besonders hohen Schadens im Allgemeinen in solchen Fällen gegeben, in denen der Wert eines Pakets 5.000 € übersteigt, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze gemäß den Beförderungsbedingungen der Beklagten ausmacht (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208 = NJW-RR 2006, 1108 Tz. 20; BGH TranspR 2006, 394 = NJW-RR 2007, 28 Tz. 34). Ein ungewöhnlich hoher Schaden i.S. von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ist danach in den Schadensfällen 2, 3, 5 und 6 gegeben, da der Wert der Paketinhalte nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts jeweils mehr als 5.000 € betragen hat.
53
Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nur verneint werden, wenn der Transporteur trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlichen Wert des Gutes keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte (BGH TranspR 2006, 208 = NJW-RR 2006, 1108 Tz. 22). Dazu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.

54
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht über einen Betrag von 2.482,83 € (Schadensfälle 1 und 7) hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision , an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
55
Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das Berufungsgericht insbesondere Folgendes zu berücksichtigen haben:
56
Bei der dem Tatrichter obliegenden Haftungsabwägung (vgl. BGHZ 149, 337, 355) im Falle eines Mitverschuldens wird zu beachten sein, dass die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04 Tz. 30, TranspR 2006, 205, 207).
57
Ferner ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung: Je höher der tatsächliche Wert des nicht wertdeklarierten Pakets ist, desto gewichtiger ist der in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Schadensbeitrag. Dies gilt auch im Falle eines Mitverschuldens wegen Unterlassens des Hinweises auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens (§ 254 Abs. 2 BGB). Denn je höher der Wert der zu transportierenden Paketsendung ist, desto offensichtlicher ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Spediteur erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertdeklaration liegende Verschulden des Versenders gegen sich selbst (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04 Tz. 31, TranspR 2006, 205, 207). Hieraus folgt für den Streitfall, dass beispielsweise der Mitverschuldensanteil im Schadensfall 5 deutlich über dem im Schadensfall 9 liegen muss.
58
Bei der Bemessung der Quote wird zudem zu berücksichtigen sein, dass auf Seiten der Beklagten ein qualifiziertes Verschulden vorliegt, so dass der Verschuldensanteil in der Regel höher zu gewichten ist. Nach den Umständen des Einzelfalls kann aber auch ein Mitverschuldensanteil von mehr als 50 % in Betracht kommen (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 109/04, TranspR 2007, 405 Tz. 31 ff.; anders noch Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 120/02, TranspR 2006, 161, 165). Dies gilt vor allem in Fällen, in denen das Paket aufgrund der Beförderungsbedingungen der Beklagten von einem Transport ausgeschlossen ist (BGH, Urt. v. 15.2.2007 - I ZR 186/03, TranspR 2007, 164 Tz. 30; BGH TranspR 2007, 405 Tz. 32). Eine höhere Quote als 50 % kann aber auch dann sachgerecht sein, wenn der Wert des Pakets - unabhängig vom Überschreiten einer in den Beförderungsbedingungen gesetzten Wertgrenze - sehr deutlich über dem Betrag liegt, ab dem ein Hinweis auf einen ungewöhnlich hohen Schaden hätte erfolgen müssen. Dies kann bei den hier in Rede stehenden Schadensfällen nicht angenommen werden. Die Art und Weise der Abwägung der Mitverschuldensquote muss aber auch bei den vorliegenden geringeren Paketwerten im Blick haben, dass sie bei hohen Warenwerten nicht zu unangemessenen Ergebnissen führt.
Bornkamm RiBGH Dr. v. Ungern-Sternberg Pokrant ist ausgeschieden und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Büscher Schaffert
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 04.03.2004 - 31 O 138/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 02.02.2005 - I-18 U 82/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 165/04 Verkündet am:
30. Januar 2008
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Dezember 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Oktober 2004 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 5.100,51 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15. August 2002 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der H. GmbH in Karlsbad (im Weiteren: Versenderin). Sie nimmt die Beklagte , die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versenderin wegen Verlusts von Transportgut in 13 Fällen auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Alle Transportaufträge wurden im sogenannten EDI-Verfahren abgewickelt. Hierbei handelt es sich um ein EDV-gestütztes Verfahren, bei dem die Versenderin die zu befördernden Pakete mittels einer von der Beklagten zur Verfügung gestellten Software selbst im System erfassen kann. Dieses System teilt sodann jedem Paket eine Kontrollnummer zu und erstellt einen Aufkleber, den die Versenderin auf das Paket aufbringen kann. Die Versanddaten werden auf elektronischem Wege an die Beklagte übermittelt. Der Abholfahrer der Beklagten nimmt die Vielzahl der von der Versenderin üblicherweise in einen sogenannten Feeder verladenen Pakete entgegen und quittiert die Gesamtzahl der übernommenen Pakete auf einem Absendermanifest. Einen Abgleich zwischen der Versandliste und dem Inhalt des Feeders nimmt der Abholfahrer nicht vor.
3
Die von der Beklagten im hier maßgeblichen Zeitraum verwendeten Allgemeinen Beförderungsbedingungen mit Stand von November 2000 enthielten (auszugsweise) folgende Regelungen: "… 2. Serviceumfang Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden, beschränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung, Transport, Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der Sendung. die Um vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden die Sendungen im Rahmen einer Sammelbeförderung transportiert. Der Versender nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in Kauf, dass aufgrund der Massenbeförderung nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann. Der Versender ist damit einverstanden, wenn eine Kontrolle des Transportweges, insbesondere durch Ein- und Ausgangsdokumentation , an den einzelnen Umschlagstellen innerhalb des U. -Systems nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket. … 9. Haftung 9.2 Gelten keine Abkommensbestimmungen oder sonstige zwingende nationale Gesetze, wird die Haftung ausschließlich durch diese Bedingungen geregelt. In Deutschland ist die Haftung für Verlust oder Beschädigung begrenzt auf nachgewiesene direkte Schäden bis maximal DM 1.000,00 pro Sendung oder 8,33 SZR für jedes Kilogramm, je nachdem welcher Betrag höher ist…. Vorstehende Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die U. , seine gesetzlichen Vertreter, oder Erfüllungsgehilfen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, dass der Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen haben. … 9.4 Die Haftungsgrenze nach Ziffer 9.2 wird angehoben durch korrekte Deklaration eines höheren Wertes der Sendung auf dem Frachtbrief und durch Zahlung des in der "Tariftabelle und Serviceleistungen" aufgeführten Zuschlages auf den angegebenen Wert (Wertpaket). In keinem Fall dürfen die in Absatz 3 (a) (ii) festgesetzten Grenzen überschritten werden. Der Versender erklärt durch Unterlassung einer Wertdeklaration, dass sein Interesse an den Gütern die in Ziffer 9.2 genannte Grundhaftung nicht übersteigt. kann U. Wertzuschläge namens und im Auftrag des Versenders als Prämie für die Versicherung der Interessen des Versenders an eine Versicherungsgesellschaft weitergeben. In diesem Fall werden etwaige Ansprüche des Versenders auf Schadensersatz durch U. gestellt und im Namen der Versicherungsgesellschaft bezahlt. Die von U. für diese Zwecke eingesetzten Policen können bei der oben genannten Anschrift eingesehen werden. …"
4
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe auch im Schadensfall 1 das abhandengekommene Paket übernommen. Die verlorengegangenen Pakete hätten die in den Rechnungen und Lieferscheinen aufgeführten Waren enthalten. Die Beklagte müsse für die Warenverluste in voller Höhe haften, da sie keine Aufklärung über den Verbleib der Sendungen leisten könne.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 52.172,16 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, ihre Allgemeinen Beförderungsbedingungen mit Stand von November 2000 seien in die streitgegenständlichen Beförderungsverträge einbezogen worden. Dadurch habe sie mit der Versenderin einen Verzicht auf Schnittstellenkontrollen vereinbart , weshalb ihr der Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens nicht gemacht werden könne. Im Übrigen müsse sich die Klägerin ein Mitverschulden der Versenderin wegen fehlender Wertdeklaration zurechnen lassen. Im Falle einer Wertdeklaration behandele sie die ihr zur Beförderung übergebenen Pakete sorgfältiger, sofern deren Wert den Betrag von 2.500 € übersteige.
7
Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 50.997,99 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht der Klägerin unter Abweisung der Klage im Übrigen und Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 41.140,49 € nebst Zinsen zuerkannt.
8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den Verlust der Pakete nach § 425 Abs. 1, § 435 HGB (Schadensfälle 2, 3, 8 und 12) sowie Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR (Schadensfälle 1, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11 und 13) angenommen. Zur Begründung hat es - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt:
10
Auch im Schadensfall 1 stehe fest, dass die Beklagte das Paket zur Beförderung übernommen habe. Die Unterschrift des Abholfahrers unter der EDIVersanddaten -Zusammenfassung in Verbindung mit dem Absendermanifest erbringe den Beweis für die Übergabe des Pakets, da die Beklagte nach Eingang des Feeders im ersten Umschlagslager nicht unverzüglich eine Differenz zwischen der übertragenen Versandliste und dem tatsächlichen Paketeingang reklamiert habe.
11
Der Beweis des ersten Anscheins spreche dafür, dass die in den Lieferscheinen und den korrespondierenden Rechnungen aufgeführten Waren dem von der Klägerin behaupteten Paketinhalt entsprochen hätten. In den Schadensfällen 2, 3, 5, 7 und 9 gäben die Lieferscheine und Rechnungen allerdings den Inhalt mehrerer Pakete wieder. Der zugunsten der Klägerin sprechende Anscheinsbeweis beziehe sich in diesen Fällen zunächst (nur) auf die Gesamtheit der versandten Waren. Daraus folge noch nicht, dass sich in dem jeweils in Verlust geratenen Paket die von der Klägerin behaupteten Waren befunden hätten. Die vorgelegten Absendermanifeste ließen aber weitere Rückschlüsse auf den Inhalt der Pakete zu. Gemäß § 287 ZPO stehe fest, dass die verloren gegangenen Pakete in den Schadensfällen 2 und 9 den von der Klägerin behaupteten Inhalt gehabt hätten. In den Schadensfällen 3, 5 und 7 sei dagegen von einem geringeren Warenwert auszugehen.
12
Die Beklagte hafte für die in Rede stehenden Verluste wegen qualifizierten Verschuldens unbeschränkt, da sie keine durchgängigen Ein- und Ausgangskontrollen an den Schnittstellen durchführe. Sie sei hiervon auch nicht befreit. Der nähere Vortrag der Beklagten zum vermutlichen Zeitpunkt der Verluste und zum Schadensort in den Schadensfällen 6 und 8 führe zu keiner anderen Beurteilung, da die Beklagte nicht im Einzelnen dargelegt habe, welche Sicherungsmaßnahmen sie hinsichtlich des jeweiligen Pakets am Schadensort zum Zeitpunkt des Abhandenkommens ergriffen habe.
13
Ein der Klägerin zurechenbares Mitverschulden der Versenderin gemäß § 254 Abs. 1 BGB wegen unterlassener Wertdeklaration komme nicht in Betracht. Es stehe nicht fest, dass die Beklagte die in Verlust geratenen Pakete mit erhöhter Sicherheit befördert hätte, wenn diese als Wertpakete versandt worden wären. In den Schadensfällen 1, 4, 6, 9, 10, 11 und 12 scheitere der Mitverschuldenseinwand schon daran, dass der Wert der Pakete unter der Grenze von 2.500 € gelegen habe. Nach ihrem eigenen Vortrag hätte die Beklagte diese Pakete in jedem Fall wie Standardpakete behandelt. In den übrigen Schadensfällen, in denen der Wert der Pakete über 2.500 € gelegen habe, komme ein Mitverschulden der Versenderin gemäß § 254 Abs. 1 BGB ebenfalls nicht in Betracht, weil die Beklagte nicht dargetan habe, auf welche Weise Wertpakete im EDI-Verfahren mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert würden. Ein Mitverschulden gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB wegen Unterlassens eines Hinweises auf einen außergewöhnlich hohen Schaden scheide ebenfalls aus, da ein ungewöhnlich hoher Schaden erst ab einem Paketwert von über 50.000 US-Dollar anzunehmen sei.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit dieses über einen Betrag von 5.100,51 € hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt in den Schadensfällen 2, 3, 5, 7, 8 und 13 ein Mitverschulden der Versenderin in Betracht.
15
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der Beklagten für die hier in Rede stehenden Verluste von Transportgut nach § 425 Abs. 1, § 429 Abs. 1 HGB (Schadensfälle 2, 3, 8 und 12) und Art. 17 Abs. 1 CMR (Schadensfälle 1, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11 und 13) bejaht. Es ist dabei zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Versenderin als Fixkostenspediteur i.S. von § 459 HGB beauftragt worden ist und dass sich ihre Haftung demge- mäß grundsätzlich nach den Bestimmungen über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB, Art. 17 ff. CMR) beurteilt.
16
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht im Schadensfall 1 die Übergabe des verlorengegangenen Pakets an die Beklagte für bewiesen erachtet hat. Durch die Vereinbarung des EDI-Verfahrens haben die Versenderin und die Beklagte die Abrede getroffen, dass der Inhalt einer Versandliste für einen von dem Abholfahrer der Beklagten quittierten Feeder als bestätigt gilt, sofern die Beklagte dem nicht unverzüglich widerspricht. Denn der Versender kann nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) davon ausgehen, dass der Spediteur/Frachtführer nach Öffnung des verplombten Behältnisses , in dem sich die Pakete befinden, die Richtigkeit der Versandliste unverzüglich überprüft und dem Versender Beanstandungen ebenfalls unverzüglich mitteilt. Unterbleibt eine solche Beanstandung, kann der Versender dies nach Sinn und Zweck des EDI-Verfahrens als Bestätigung der Versandliste ansehen , die damit die Wirkung einer Empfangsbestätigung erhält (BGH, Urt. v. 4.5.2005 - I ZR 235/02, TranspR 2005, 403, 404 = VersR 2006, 573). Die - wie bei einer Empfangsbestätigung - begründete Vermutung, dass die in der Versandliste aufgeführten Pakete in die Obhut der Beklagten gelangt sind, hat die Beklagte im Schadensfall 1 nicht widerlegt.
17
3. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte schulde in den Schadensfällen 2, 3, 8 und 12 gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB und in den Schadensfällen 1, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11 und 13 gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR Schadensersatz, ohne sich auf die im Gesetz und in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen vorgesehenen Haftungsbeschränkungen berufen zu können, da sie die hier in Rede stehenden Warenverluste leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, verursacht habe.

18
a) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Beklagten leichtfertiges Handeln i.S. von § 435 HGB vorzuwerfen ist, da ihre Betriebsorganisation Ein- und Ausgangskontrollen beim Umschlag von Transportgütern nicht durchgängig vorsieht (vgl. BGHZ 158, 322, 330 ff.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2006, 570; BGH TranspR 2005, 403, 405 m.w.N.).
19
b) Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, dass die Versenderin nicht wirksam auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen verzichtet hat. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein solcher Verzicht nicht aus Nr. 2 der Allgemeinen Beförderungsbedingungen der Beklagten (Stand November 2000). Dabei kann offenbleiben, ob sich die Regelung in Nr. 2 der Beförderungsbedingungen der Beklagten lediglich auf die Dokumentation der Schnittstellenkontrollen bezieht oder sich auch auf die Durchführung der Kontrollen selbst erstreckt. Wie der Senat zeitlich nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden hat, wäre die Klausel, wenn sie einen Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen selbst enthielte, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB bzw. Art. 41 CMR unwirksam (BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 108/04, TranspR 2006, 171, 173; Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, TranspR 2006, 169, 170 = NJW-RR 2006, 758 Tz. 18 ff.).
20
4. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zu Inhalt und Wert der verlorengegangenen Pakete halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand.
21
a) Der Beweis für den Inhalt und den Wert des jeweils verlorengegangenen Pakets unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO (BGH, Urt. v. 20.7.2006 - I ZR 9/05, NJW-RR 2007, 28 Tz. 17 = TranspR 2006, 394; Urt. v. 26.4.2007 - I ZR 31/05, TranspR 2007, 418 Tz. 13; Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 44/05, Umdr. S. 13). Der Tatrichter kann sich die Überzeugung von der Richtigkeit der Behauptung der Klägerin, dem Fahrer der Beklagten seien die in den Rechnungen und Lieferscheinen aufgeführten Waren übergeben worden, daher anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls bilden (BGH NJW-RR 2007, 28 Tz. 17).
22
b) In den Schadensfällen 1, 4, 6, 8, 10, 11, 12 und 13 hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass der Beweis für den Paketinhalt durch die Angaben in den Rechnungen und Lieferscheinen erbracht ist. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass - wenn die Übergabe des Pakets feststeht - die Angaben in den Rechnungen und Lieferscheinen die Vermutung nahelegen, dass die Versenderin die darin aufgeführten Waren tatsächlich an den Transporteur übergeben hat. Dies folgt aus dem Umstand, dass im kaufmännischen Verkehr eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass an den gewerblichen Kunden exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt wurden. Sofern die Güter - wie hier - in verschlossenen Behältnissen zum Versand gebracht wurden, ist bei kaufmännischen Absendern prima facie anzunehmen , dass die im Lieferschein und in der dazu korrespondierenden Rechnung aufgeführten Waren in dem Behältnis enthalten waren (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 159; BGH NJW-RR 2007, 28 Tz. 19).
23
c) In den Schadensfällen 2, 3, 5, 7 und 9 hat sich das Berufungsgericht bei der Feststellung, welchen Inhalt die verlorengegangenen Pakete hatten, zwar auf § 287 ZPO gestützt, obwohl diese Frage einer Beweiswürdigung nach § 286 ZPO unterliegt. Trotz der Berufung auf § 287 ZPO hat sich das Berufungsgericht jedoch in jedem Einzelfall aus den Gesamtumständen seine Überzeugung verschafft, welche Güter in den abhandengekommenen Paketen ent- halten waren und welchen Wert sie verkörperten. Diese Ausführungen begegnen auch unter dem Gesichtspunkt einer freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 286 ZPO keinen Bedenken.
24
5. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Klägerin müsse sich ein Mitverschulden der Versenderin in den Schadensfällen 2, 3, 5, 7, 8 und 13 nicht zurechnen lassen.
25
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Mitverschuldenseinwand auch im Falle des qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB bzw. Art. 29 Abs. 1 CMR zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 471 = NJW 2003, 3626; Urt. v. 23.10.2003 - I ZR 55/01, TranspR 2004, 177, 179 = NJW-RR 2004, 394; Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 4/04, TranspR 2006, 116, 117). Ein mitwirkender Schadensbeitrag des Versenders kann sich daraus ergeben, dass dieser eine Wertdeklaration unterlassen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat (BGH TranspR 2003, 467, 471; TranspR 2006, 116, 117; NJW-RR 2007, 28 Tz. 23).
26
b) In den Schadensfällen 1, 4, 6, 9, 10, 11 und 12 hat das Berufungsgericht ein Mitverschulden der Versenderin zu Recht verneint, weil der Wert der abhandengekommenen Pakete in diesen Fällen jeweils unter 2.500 € lag und die Beklagte selbst vorgetragen hat, sie befördere Pakete erst ab einem Wert von mehr als 2.500 € sicherer.
27
c) In den Schadensfällen 2, 3, 5, 7, 8 und 13 kann dem Berufungsgericht dagegen nicht in seiner Annahme beigetreten werden, ein Mitverschulden der Versenderin gemäß § 254 Abs. 1 BGB wegen Unterlassens einer Wertdeklaration komme nicht in Betracht.

28
aa) Die Annahme eines Mitverschuldens wegen unterlassener Wertdeklaration setzt voraus, dass der Versender wusste oder hätte wissen müssen, dass das Paket im Falle der Wertdeklaration sicherer befördert worden wäre (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 46/04, TranspR 2006, 205, 206 f.). Nach dem Vortrag der Beklagten waren deren Allgemeine Beförderungsbedingungen (Stand November 2000) Gegenstand der streitgegenständlichen Beförderungsverträge. Hiervon ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts im Revisionsverfahren auszugehen. Aufgrund der Regelungen in Nr. 2 dieser Beförderungsbedingungen hätte die Versenderin erkennen können und müssen, dass nach der Betriebsorganisation der Beklagten bei Wertpaketen eine erhöhte Beförderungssicherheit gewährleistet werden soll (vgl. BGH TranspR 2006, 205, 206 f.; BGH, Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 74/05, Tz. 32 f.).
29
bb) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kommt auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und der bislang getroffenen Feststellungen in den Schadensfällen 2, 3, 5, 7, 8 und 13 ein Mitverschulden der Versenderin gemäß § 254 Abs. 1 BGB in Betracht. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte Pakete bei zutreffender Wertangabe mit größerer Sorgfalt behandele, also besonderen Sicherungen unterstelle, wenn der Wert des Paketinhalts 2.500 € übersteige.
30
(1) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte nicht dargetan, auf welche Weise sie sicherstellt, dass Wertpakete auch im EDI-Verfahren mit erhöhter Beförderungssicherheit transportiert werden. Die von ihr vorgetragenen Kontrollen bei der Beförderung von Wertpaketen könnten nicht umgesetzt werden, wenn Kunden, die am EDI-Verfahren teilnähmen, bei der Eingabe der Paketdaten zwar eine Wertdeklaration vornähmen, das wertdeklarierte Paket dann aber zusammen mit anderen Paketen in den Feeder gäben. Denn das Paket werde dann weiterhin wie eine Standardsendung befördert. Soweit die Beklagte in anderen Verfahren hierzu ausgeführt habe, der EDI-Kunde müsse dem Fahrer wertdeklarierte Pakete gesondert übergeben, fehle es vorliegend an näherem Vortrag dazu, wie sie die Versenderin hierüber informiert habe.
31
(2) Mit dieser Begründung kann ein Mitverschulden der Versenderin wegen des Unterlassens einer Wertdeklaration nicht verneint werden. Zwar hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die von der Beklagten vorgetragenen Kontrollen bei der Beförderung von Wertpaketen nicht umgesetzt werden können, wenn Kunden, die am EDI-Verfahren teilnehmen, bei der Eingabe der Paketdaten eine Wertdeklaration vornehmen, das wertdeklarierte Paket dann aber zusammen mit anderen Paketen in den Feeder geben. Eine gesonderte Behandlung ist aber im Falle einer separaten Übergabe an den Frachtführer möglich (BGH NJW-RR 2007, 28 Tz. 32). Da dies offenkundig ist, war dieser Umstand auch ohne einen ausdrücklichen Vortrag der Beklagten hierzu zu berücksichtigen (vgl. auch BGH, Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 85/05, TranspR 2007, 419 Tz. 22; Urt. v. 3.5.2007 - I ZR 175/05, TranspR 2007, 414 Tz. 22).
32
Der Annahme eines Mitverschuldens steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Versenderin hierüber nicht informiert hat. Wenn - was mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Beklagten zu unterstellen ist - die konkrete Ausgestaltung des Versandverfahrens dem Absender keinerlei Anhaltspunkte bietet, auf welche Weise wertdeklarierte Pakete einem besonders kontrollierten Transportsystem zugeführt werden, hat er selbst Maßnahmen zu ergreifen, um auf eine sorgfältigere Behandlung des wertdeklarierten Pakets aufmerksam zu machen (vgl. BGH NJW-RR 2007, 28 Tz. 32). Von einem schadensursächlichen Mitverschulden der Versenderin ist deshalb auszugehen, weil sie hätte erkennen können, dass eine sorgfältigere Behandlung durch die Beklagte nur gewährleistet ist, wenn wertdeklarierte Pakete nicht mit anderen Paketen in den Feeder gegeben, sondern dem Abholfahrer der Beklagten separat übergeben werden. Dass eine solche gesonderte Übergabe an den Abholfahrer erforderlich ist, liegt angesichts der Ausgestaltung des vorliegend angewandten Verfahrens, das im beiderseitigen Interesse der Beschleunigung des Versands darauf angelegt ist, dass Paketkontrollen zunächst unterbleiben (vgl. BGH TranspR 2005, 403, 404), für einen ordentlichen und vernünftigen Versender auf der Hand (BGH NJW-RR 2007, 28 Tz. 32). Da die Pakete im Falle einer erfolgten Wertdeklaration und gesonderten Übergabe an den Abholfahrer im Ergebnis aus dem EDI-Verfahren herausgenommen werden , bedarf es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch keines weiteren Vortrags zur Beförderungssicherheit wertdeklarierter Pakete, für die es keinerlei Frachtpapiere gibt. Auf die von der Revision erhobene Rüge der Verletzung von § 139 ZPO kommt es daher nicht an.
33
d) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht angenommen, ein anspruchsminderndes Mitverschulden der Versenderin ergebe sich in den Schadensfällen 2, 3, 5, 8 und 13 auch nicht daraus, dass diese nicht auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens hingewiesen habe (§ 254 Abs. 2 BGB). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist ein ungewöhnlich hoher Schaden nicht erst bei einem Paketwert oberhalb von 50.000 US-Dollar gegeben. Wie der Senat zeitlich nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, liegt es angesichts des Umstands, dass nach den Beförderungsbedingungen der Beklagten Beträge von etwa 500 € und 50.000 US-Dollar im Raum stehen, nahe, die Gefahr eines besonders hohen Schadens in solchen Fällen anzunehmen, in denen der Wert des Pakets 5.000 € übersteigt, also etwa den zehnfachen Betrag der Haftungshöchstgrenze von 511 € gemäß den Beförderungsbedingungen der Beklagten ausmacht (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208, 209; BGH NJW-RR 2007, 28 Tz. 34).
34
Die Kausalität des Mitverschuldenseinwands nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB kann nur verneint werden, wenn der Transporteur trotz eines Hinweises auf den ungewöhnlichen Wert des Guts keine besonderen Maßnahmen ergriffen hätte (BGH TranspR 2006, 208, 209). Dazu hat das Berufungsgericht bislang - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
35
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Berufungsgericht über einen Betrag von 5.100,51 € (Summe der Schadensfälle 1, 4, 6, 9, 10, 11 und 12) hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Bornkamm Pokrant Büscher
Kirchhoff Bergmann
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.02.2004 - 31 O 170/02 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.10.2004 - I-18 U 78/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 198/03 Verkündet am:
28. September 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Die Vorlage einer erst zehn Tage nach der Einlieferung einer Sendung erstellten
Rechnung reicht für den Nachweis, dass die Sendung die in der Rechnung
angegebenen Waren enthalten hat, nicht aus.
BGH, Urt. v. 28. September 2006 - I ZR 198/03 - OLG Köln
LG Bonn
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. September 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen sowie der Anschlussrevision des Klägers das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 5. August 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 3.673,22 € (Schadensfälle G. und W. ) nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30. Juli 2002 hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger, der sich mit dem Handel von Diamanten befasst, nimmt die Beklagte, die Deutsche Post AG, wegen des Verlusts von drei am 15. und 17. Mai 2002 in der Zweigstelle der Beklagten in Düsseldorf eingelieferten Paketsendungen auf Schadensersatz in Anspruch. Die Pakete waren mit sogenannten "Freeway"-Paketmarken versehen, die der Kläger zuvor bei der Beklagten erworben und anschließend entsprechend der auf ihnen enthaltenen Anweisung ausgefüllt hatte. Mit "Freeway"-Paketmarken können Pakete entsprechend ihrem Gewicht, bis zu einem Höchstgewicht von 20 kg, vorfrankiert zur Beförderung in einer Filiale oder einer Agentur der Beklagten abgegeben oder einem Paketzusteller der Beklagten mitgegeben werden. Die Einlieferung kann auf dem mit Namen und Anschrift von Absender und Empfänger ausgefüllten oberen Abschnitt der Paketmarken quittiert werden. Die Paketmarken enthalten einen Hinweis auf die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG PAKET/EXPRESS NATIONAL.
2
Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen PAKET/EXPRESS NATIONAL (im Folgenden: AGB), die bis dahin in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 7 nur für ExpressSendungen einen Beförderungsausschluss für Edelsteine im Wert von mehr als 1.000 DM enthielten, hat die Beklagte zum 1. März 2002 dahin geändert, dass Edelsteine mit einem Wert von mehr als 500 € von der Versendung ausgenommen sind. Die Änderung ihrer AGB hat die Beklagte branchenweit bekannt gemacht. Kunden, mit denen sie spezielle Verträge oder Rahmenverträge abgeschlossen hatte (sogenannte Geschäftskunden), hat sie unter Übersendung der neuen AGB angeschrieben. Diese Geschäftskunden hatten besondere vertragliche Verpflichtungen übernommen; beispielsweise hatten sie die Sendungen in bestimmter Form zu verpacken und darauf zu achten, dass äußerlich kein Hinweis auf den Inhalt gegeben wurde. Diesen Geschäftskunden räumte die Beklagte die Möglichkeit ein, bis zum 1. Juli 2002 die ab dem 1. März 2002 als Ausschlussgüter bezeichneten Waren wie Schmuck, Uhren und Edelsteine mit einem Warenwert über 500 € weiterhin zu versenden. Mit dem Kläger war ein solcher Geschäftskundenvertrag nicht geschlossen worden.
3
Die seinerzeit geltenden Abschnitte 2, 3 und 6 der AGB (Stand: 1. März 2002) hatten folgenden Wortlaut: "2 Vertragsverhältnis - Begründung und Ausschlüsse (1) Beförderungsverträge kommen vorbehaltlich der Regelung in Absatz 2 durch die Übergabe von Sendungen durch oder für den Absender und deren Übernahme in die Obhut der Deutschen Post oder von ihr beauftragter Unternehmen (Einlieferung bzw. Abholung ) nach Maßgabe der vorliegenden AGB zustande. … (2) Die Deutsche Post schließt keinen Vertrag über die Beförderung folgender Sendungen (ausgeschlossene Sendungen); Mitarbeiter der Deutschen Post und sonstige Erfüllungsgehilfen sind nicht berechtigt , Beförderungsverträge über solche Sendungen zu schließen : … 6. Sendungen, die Geld, Edelmetalle, Schmuck, Uhren, Edelsteine , Scheck-, Kreditkarten, gültige Telefonkarten oder andere Zahlungsmittel oder Wertpapiere, für die im Schadensfall keine Sperrungen sowie Aufgebots- und Ersatzverfahren durchgeführt werden können (Valoren II. Klasse), im Gesamtwert von mehr als 500 € enthalten; … (3) Entspricht eine Sendung hinsichtlich ihrer Beschaffenheit (Größe , Format, Gewicht, Inhalt usw.) oder in sonstiger Weise nicht den in Abschnitt 1 Abs. 2 genannten Bedingungen oder diesen AGB, so steht es der Deutschen Post frei, 1. die Annahme der Sendung zu verweigern oder 2. eine bereits übergebene/übernommene Sendung zurückzugeben oder zur Abholung bereitzuhalten oder 3. diese ohne Benachrichtigung des Absenders zu befördern und ein entsprechendes Nachentgelt gemäß Abschnitt 5 Abs. 3 zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn bei Verdacht auf ausgeschlossene Sendungen oder auf sonstige Vertragsverstöße der Absender auf Verlangen der Deutschen Post Angaben dazu verweigert. (4) Erlangt die Deutsche Post erst nach Übergabe der Sendung Kenntnis davon, dass die Sendung ausgeschlossene Güter enthält, oder verweigert der Absender auf Verlangen der Deutschen Post bei Verdacht auf ausgeschlossene Güter Angaben dazu, erklärt die Deutsche Post bereits jetzt die Anfechtung des Beförderungsvertrages wegen Täuschung. Die Deutsche Post ist nicht zur Prüfung von Beförderungsausschlüssen gemäß Absatz 2 verpflichtet; sie ist jedoch bei Verdacht auf solche Ausschlüsse zur Öffnung oder Überprüfung der Sendungen berechtigt. … 3 Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Absenders … (3) Dem Absender obliegt es, ein Produkt der Deutschen Post AG oder ihrer verbundenen Unternehmen mit der Haftung zu wählen, die seinen Schaden bei Verlust, Beschädigung oder einer sonst nicht ordnungsgemäßen Leistung am ehesten deckt. … 6 Haftung (1) Die Deutsche Post haftet für Schäden, die auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen sind, die sie, einer ihrer Leute oder ein sonstiger Erfüllungsgehilfe (§ 428 HGB) vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat, ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen. Für Schäden, die auf das Verhalten ihrer Leute oder Erfüllungsgehilfen zurückzuführen sind, gilt dies nur, soweit diese Personen in Ausübung ihrer Verrichtungen gehandelt haben. … (2) Die Deutsche Post haftet im Übrigen für Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung von bedingungsgerechten Sendungen sowie für die schuldhafte nicht ordnungsgemäße Erfüllung sonstiger Verpflichtungen nur im Umfang des unmittelbaren vertragstypischen Schadens bis zu den gesetzlichen Haftungsgrenzen. Die Deutsche Post ist auch von dieser Haftung befreit, soweit der Schaden auf Umständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte (z.B. Streik, höhere Gewalt). Die in §§ 425 Abs. 2 und 427 HGB genannten Fälle der Schadensteilung und besonderen Haftungsausschlussgründe bleiben unberührt. Die Deutsche Post haftet ferner nicht für ausgeschlossene Sendungen gemäß Abschnitt 2 Absatz 2. …"
4
Die von dem Kläger der Beklagten zur Beförderung übergebenen Pakete enthielten nach seiner Behauptung jeweils Brillanten, die der Kläger an Kunden in Marl (W. ), Engelskirchen (P. ) und Mönchengladbach (G. ) zu Preisen von 2.452,63 €, 550,20 € und 4.893,80 € verkauft hatte.
5
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.896,63 € nebst Zinsen zu zahlen.
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten , dass sie dem Kläger im Hinblick auf ihre AGB keinen Schadensersatz zu leisten habe.
7
Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszug erfolglosen Klage in Höhe von 3.948,32 € stattgegeben und die Berufung des Klägers im Übrigen zurückgewiesen (OLG Köln TranspR 2004, 28 = VersR 2003, 1598).
8
Mit ihrer (vom Berufungsgericht zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

9
Der Kläger wendet sich mit seiner Anschlussrevision gegen die teilweise Abweisung der Klage. Die Beklagte beantragt, die Anschlussrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten dem Grunde nach bejaht, wegen eines Mitverschuldens des Klägers diesem aber nur einen Anspruch auf Ersatz der Hälfte des eingetretenen Schadens zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Zwischen den Parteien sei trotz der Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB durch die Annahme und Beförderung der Sendungen ein Frachtvertrag i.S. des § 407 HGB zustande gekommen. Die Beklagte habe keinen Gebrauch von den in Abschnitt 2 Abs. 3 AGB enthaltenen Möglichkeiten gemacht. Die in Abschnitt 2 Abs. 4 AGB erklärte Anfechtung greife nicht durch. Ein arglistiges Verhalten des Klägers i.S. von § 123 Abs. 1 BGB habe die Beklagte nicht dargelegt. Die in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 und Abschnitt 6 Abs. 2 Satz 4 AGB enthaltenen Bestimmungen regelten einen Haftungsausschluss. Dieser sei gemäß § 449 Abs. 2 HGB unwirksam. Der Frachtvertrag habe auch nicht die Beförderung von Briefen und briefähnlichen Sendungen i.S. von § 449 Abs. 1 Satz 1 HGB zum Gegenstand gehabt. Mangels hinreichenden Sachvortrags sei ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten i.S. von § 435 HGB zu vermuten.
12
Der Kläger müsse sich jedoch ein Mitverschulden anrechnen lassen. Der Versand wertvoller Schmuckstücke im Wege des "Freeway"-Paketdienstes er- scheine riskant. Die Beklagte habe auf ihre AGB hingewiesen, nach denen sie bestimmte Güter grundsätzlich nicht befördern wolle. Bei Kenntnis vom Inhalt der Pakete hätte sie die Beförderung nach ihren AGB ablehnen oder den Absender auf eine andere Transportart verweisen können. Ein Absender begebe sich in einen beachtlichen Selbstwiderspruch, wenn er einerseits eine Sache aufgebe, obwohl er wisse oder wissen müsse, dass der Frachtführer die Haftung hierfür ablehne, andererseits im Schadensfall aber den vollen Ersatz verlange. Die Verschuldens- und Verursachungsanteile der Parteien seien in etwa gleich zu bewerten, so dass der Kläger von der Beklagten Ersatz der Hälfte des eingetretenen Schadens verlangen könne.
13
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung insoweit stand, als das Berufungsgericht in den Schadensfällen G. und W. zum Nachteil der Beklagten entschieden hat. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen ihre Verurteilung im Schadensfall P. . Keinen Erfolg hat dagegen die Anschlussrevision des Klägers.
14
1. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine vertragliche Haftung der Beklagten nach §§ 407, 425 Abs. 1 HGB ohne Rechtsverstoß bejaht.
15
a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass mit der Einlieferung der Sendungen bei der Zweigstelle der Beklagten trotz der Verbotsgutklausel in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB zwischen den Parteien wirksame Frachtverträge durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen sind. Wie der Senat für die insoweit inhaltlich übereinstimmenden AGB der Beklagten mit Stand vom 1. März 2001 entschieden hat, stehen diese der Auslegung (§§ 133, 157 BGB) nicht entgegen, dass die Beklagte ungeachtet des Wortlauts der Verbotsgutklausel einen Vertrag schließen will, wenn sie Pakete tatsächlich und ohne Vorbehalt befördert, die - nicht erkennbar - nach ihren AGB ausgeschlossene Sendungen enthalten (BGH, Urt. v. 30.3.2006 - I ZR 123/03 Tz 15 ff., NJW-RR 2006, 1210 = TranspR 2006, 254, zur Veröffentlichung in BGHZ 167, 64 vorgesehen; vgl. ferner BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 176/03 Tz 18 f., TranspR 2006, 390). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die AGB der Beklagten in der zum 1. März 2002 geänderten Fassung in vollem Umfang Vertragsbestandteil geworden sind oder ob die Ausschlussklausel für Schmuck, Uhren und Edelsteine mit einem Warenwert von über 500 € nach Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 erst mit der Bereitstellung des Sonderdienstes "Valuepack" zum 1. Juli 2002 zur Anwendung kommen sollte, kommt es daher in diesem Zusammenhang nicht an.
16
b) Mit Recht hat das Berufungsgericht die von der Beklagten geltend gemachte Anfechtung ihrer Vertragserklärung nicht durchgreifen lassen.
17
aa) Die auf Abschnitt 2 Abs. 4 der AGB gestützte Anfechtung hat das Berufungsgericht als unwirksam angesehen, weil eine Anfechtungserklärung nicht unter einer Bedingung, nämlich der nachträglichen Kenntniserlangung der Beklagten über die Aufgabe von ausgeschlossenen Sendungen, abgegeben werden könne. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Anfechtungserklärung hat Gestaltungscharakter und ist daher bedingungsfeindlich (vgl. BGH, Urt. v. 15.5.1968 - VIII ZR 29/66, NJW 1968, 2990; MünchKomm.BGB/ Mayer-Maly/Busche, 4. Aufl., § 143 Rdn. 5, m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten enthält Abschnitt 2 Abs. 4 der AGB keine Eventualanfechtung. Eine Eventualanfechtung liegt vor, wenn die Wirkung der Anfechtungserklärung nicht von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängig gemacht werden (bedingte Anfechtung), sondern sich aus der künftigen Klarstellung eines im Zeitpunkt der Anfechtungserklärung objektiv bereits bestehenden , für die Beteiligten aber ungewissen Rechtszustands ergeben soll (BGH NJW 1968, 2990 m.w.N.). Nach Abschnitt 2 Abs. 4 der AGB der Beklagten wird die "bereits jetzt" erklärte Anfechtung unter den Vorbehalt gestellt, dass die Beklagte erst nach der Übergabe der Sendung Kenntnis von deren Inhalt erlangt. Die Anfechtung knüpft damit an ein zukünftiges ungewisses Ereignis an, nämlich an die spätere Kenntniserlangung als solche und nicht etwa an den im Zeitpunkt der Einlieferung objektiv bereits gegebenen Umstand, dass die Sendung einen bestimmten Inhalt hat. Bei einem anderen Verständnis stünde die Klausel im Übrigen im Widerspruch zu der Regelung in Abschnitt 2 Abs. 3 der AGB. Dort behält sich die Beklagte ein Wahlrecht vor, ausgeschlossene Sendungen entweder nicht anzunehmen (Nr. 1), sie zurückzugeben (Nr. 2) oder zu befördern (Nr. 3), gegebenenfalls gegen ein Nachentgelt. Dieser Regelung ist zu entnehmen, dass ein Vertrag zustande kommen soll, wenn die Beklagte von den beiden ersten Möglichkeiten keinen Gebrauch macht. Hinge die Wirkung der Anfechtung nach Abschnitt 2 Abs. 4 AGB nur von dem Inhalt der Sendung ab, wie die Revision der Beklagten meint, könnte dagegen auch im Falle von Abschnitt 2 Abs. 3 Nr. 3 AGB ein wirksamer Vertrag nicht zustande kommen.
18
bb) Die mit Schreiben der Beklagten vom 30. Juli 2002 erklärten Anfechtungen hat das Berufungsgericht als unwirksam angesehen, weil ein zur Anfechtung berechtigendes arglistiges Verhalten des Klägers i.S. des § 123 Abs. 1 BGB nicht feststellbar sei. Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen der Revision der Beklagten hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
19
2. Im Ergebnis ebenfalls ohne Erfolg wendet sich die Revision der Beklagten gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden nach § 435 HGB unbeschränkt. Die AGB der Beklagten stehen dem nicht entgegen.
20
a) In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Regelung in Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 AGB einen Haftungsausschluss enthält oder eine der Inhaltskontrolle entzogene Bestimmung oder Klarstellung der vertraglichen Leistungspflichten der Beklagten darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 103/04, NJW-RR 2006, 758 Tz 21 = TranspR 2006, 169 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat den von ihm angenommenen Haftungsausschluss für Verbotsgut aus Art. 6 Abs. 2 Satz 4 AGB hergeleitet. Die zuletzt genannte Klausel schränkt die ohne sie nach dem Gesetz bestehende Haftung ein und stellt daher keine Leistungsbeschreibung dar (BGH NJW-RR 2006, 1210 Tz 24).
21
b) Ferner kann offen bleiben, ob die vom Gesetz abweichende Haftungsregelung in Abschnitt 6 AGB gegen § 449 Abs. 2 HGB verstößt oder, soweit sie Briefe oder briefähnliche Sendungen betrifft, wirksam ist. Die insoweit vorrangige Auslegung der AGB ergibt nämlich, dass die Beklagte beim Vorliegen der Voraussetzungen des § 435 HGB selbst bei Verbotsgütern von ihrer vollen Haftung ausgeht. Abschnitt 6 Abs. 1 AGB sieht für Fälle des qualifizierten Verschuldens i.S. des § 435 HGB eine Haftung "ohne Rücksicht auf die nachfolgenden Haftungsbeschränkungen" vor. Eine Unterscheidung zwischen Verbotsgut und sogenannten bedingungsgerechten Sendungen erfolgt anders als in den nachfolgenden Bestimmungen nicht. Abschnitt 6 Abs. 2 der AGB behandelt nur die Haftung der Beklagten "im Übrigen", d.h. soweit die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vorliegen (vgl. BGH NJW-RR 2006, 1210 Tz 25; BGH, Urt. v. 29.6.2006 - I ZR 176/03 Tz 26, TranspR 2006, 390).
22
c) Das Berufungsgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen eines qualifizierten Verschuldens i.S. von § 435 HGB ohne Rechtsfehler bejaht. Die Revision der Beklagten erhebt insoweit auch keine Rügen.
23
d) Zum Inhalt und zum Wert der verloren gegangenen Sendungen hat das Berufungsgericht den Vortrag des Klägers zugrunde gelegt. Zur Begründung hat es sich auf die Rechtsprechung des Senats (BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 104/00, TranspR 2003, 156, 159) bezogen, dass im gewerblichen Bereich nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spreche, dass an den gewerblichen Kunden exakt die bestellten und sodann berechneten Waren versandt worden seien. Die Beurteilung der Frage, auf welche Weise Inhalt und Wert einer verloren gegangenen Sendung festgestellt werden können, betrifft das Schätzungsermessen des Tatrichters (BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03, BB 2006, 2324 Tz 29 = TranspR 2006, 448).
24
Die dagegen gerichteten Rügen bleiben ohne Erfolg, soweit das Berufungsgericht den Inhalt der an die Kunden G. in Mönchengladbach und W. in Marl gerichteten Sendungen vom 15. und 17. Mai 2002 aufgrund der vom Kläger vorgelegten Unterlagen für erwiesen erachtet hat. Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten ist es nicht erforderlich, dass sowohl Lieferscheine als auch korrespondierende Rechnungen vorgelegt werden. Vielmehr kann sich der Tatrichter die Überzeugung (§ 287 ZPO) von der Richtigkeit der Behauptung, es seien die in einer Rechnung oder in einem Lieferschein enthaltenen Waren zur Beförderung übergeben worden, anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls auch dann bilden, wenn nur eines der beiden Dokumente vorgelegt wird und der Beklagte dagegen keine substantiierten Einwände vorbringt.
25
Hinsichtlich der am 17. Mai 2002 der Beklagten übergebenen, an einen Empfänger P. in Engelskirchen gerichteten Sendung hat der Kläger lediglich eine an diesen Empfänger adressierte Rechnung mit Datum vom 27. Mai 2002 vorgelegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts legen Angaben in einer zehn Tage nach der Einlieferung der Sendung erstellten Rechnung allein - d.h. ohne Darlegung, aus welchem Grund und aufgrund welcher Unterlagen die Rechnung erst nachträglich erstellt worden ist - nicht die Vermutung nahe, dass die darin aufgeführten Waren auch tatsächlich an dem in dieser Rechnung bezeichneten Liefertag zum Versand gebracht worden sind. Der Umstand, dass die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 2002 davon unterrichtet hat, ihre Ermittlungen zu der Sendung seien erfolglos abgeschlossen worden, lässt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht den Schluss zu, die Rechnung vom 27. Mai 2002 sei nicht erst nach Bekanntwerden des Schadensfalls erstellt worden. Aus dem Schreiben der Beklagten vom 28. Mai 2002 - Anlage K 7 - ergibt sich vielmehr, dass der Kläger schon zu diesem Zeitpunkt einen Nachforschungsauftrag gestellt hatte. Im Übrigen lässt sich die Menge der in der Rechnung vom 27. Mai 2002 aufgeführten Brillanten nicht ohne weiteres mit dem Vortrag des Klägers vereinbaren, die Lieferung habe die Veräußerung von zehn kleineren Brillanten betroffen.
26
3. Die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision des Klägers haben keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die vom Berufungsgericht hinsichtlich des Mitverschuldens getroffene Entscheidung richten.
27
a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen , dass ein Absender in einen nach § 425 Abs. 2 HGB beachtlichen Selbstwiderspruch geraten kann, wenn er ein wertvolles Gut trotz Kenntnis, dass der Frachtführer dieses in der gewählten Transportart wegen des damit verbundenen Verlustrisikos nicht befördern will, ohne Hinweis auf die Art des Transportguts zur Beförderung übergibt und im Falle des Verlusts gleichwohl vollen Schadensersatz verlangt.
28
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, der Kläger habe zumindest wissen müssen, dass die Beklagte eine Beförderung der eingeliefer- ten Waren und eine Haftung für deren Verlust im Wege des "Freeway"-Paketdienstes ablehne. Aus Abschnitt 2 Abs. 2 Nr. 6 und Abschnitt 3 Abs. 3 AGB ergibt sich hinreichend deutlich, dass die Beklagte diese Versendungsart bei Edelsteinen nur bis zur Wertgrenze von 500 € anbietet. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die AGB der Beklagten in der zum 1. März 2002 geänderten Fassung Vertragsbestandteil geworden sind und der Kläger nicht davon ausgehen durfte, dass die (neue) Ausschlussregelung für Edelsteine aufgrund der Gewährung einer Übergangsfrist durch die Beklagte im Zeitpunkt der Einlieferung noch nicht zur Anwendung kommen sollte. Die dagegen gerichteten Angriffe der Anschlussrevision bleiben ohne Erfolg.
29
aa) Für die Einbeziehung der AGB genügt, da der Kläger als eingetragener Kaufmann Unternehmer i.S. des § 14 Abs. 1 BGB ist, jede auch stillschweigend erklärte Willensübereinstimmung, ohne dass die Erfordernisse nach § 305 Abs. 2 und 3 BGB gegeben sein müssen (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Das Berufungsgericht hat es daher mit Recht als ausreichend angesehen, dass auf den "Freeway"-Paketmarken auf die Geltung der AGB PAKET/EXPRESS NATIONAL hingewiesen worden ist. Ersichtlich ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass für den Kläger auch die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme der AGB bestand, etwa durch Anfordern bei der Beklagten (vgl. BGHZ 117, 190, 198). Der Kläger hat, worauf schon das Landgericht abgestellt hat, nicht vorgetragen, dass er an den fraglichen Einlieferungstagen die Aushändigung eines Exemplars der AGB verlangt und die Beklagte ihm diese verwehrt hätte.
30
bb) Der Hinweis auf die Geltung der AGB auf den "Freeway"-Paketmarken ist nach seinem objektiven Erklärungswert dahin zu verstehen, dass die AGB in der im Zeitpunkt der Verwendung der Paketmarken geltenden Fassung in den Vertrag einbezogen werden sollten, also in der zum 1. März 2002 geänderten Fassung. Die Auffassung des Berufungsgerichts, sowohl dem Rund- schreiben der Beklagten vom Februar 2002 als auch der "Kurzinformation Valuepack/AGB-Änderungen vom 18.2.2002" habe der Kläger nichts anderes entnehmen können, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Aus diesen Schreiben ergibt sich, dass hinsichtlich der neu eingeführten Ausschlussregelung für Schmuck, Uhren und Edelsteine für Filialkunden, die wie der Kläger bisher keinerlei schriftliche Individualvereinbarung im Bereich PAKET/ EXPRESS mit der Beklagten getroffen hatten, lediglich eine Übergangsfrist bis zum 2. April 2002 gewährt wurde.
31
b) Das Berufungsgericht hat die Verschuldens- und Verursachungsanteile des Klägers und der Beklagten als etwa gleich bewertet. Diese Haftungsverteilung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
32
aa) Die Abwägung der Verschuldens- und Verursachungsanteile im Rahmen des § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und kann im Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob alle in Betracht kommenden Umstände vollständig und richtig berücksichtigt und der Abwägung rechtlich zulässige Erwägungen zugrunde gelegt worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 25.3.2003 - VI ZR 161/02, NJW 2003, 1929, 1931 m.w.N.). Die Abwägung darf nicht schematisch erfolgen, sondern ist aufgrund der festgestellten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Diesen Maßstäben genügen die Erwägungen des Berufungsgerichts.
33
bb) Die Anschlussrevision rügt insoweit erfolglos, das Berufungsgericht hätte nicht lediglich von einem groben Verschulden der Beklagten i.S. des § 435 HGB ausgehen dürfen, sondern ein vorsätzliches Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten berücksichtigen müssen. Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, die drei verloren gegangenen Pakete seien von Mitarbeitern der Beklagten gestohlen worden.
Sein pauschales Vorbringen, es sei bekannt, dass im Gewahrsam der Beklagten regelmäßig auf wertvolle Sendungen gezielt Zugriff genommen werde, aufgrund des Schadensbildes und der zahllosen Vorschäden sei unwiderleglich von einer rechtswidrigen Zueignung durch Mitarbeiter der Beklagten auszugehen , genügt insoweit nicht.
34
cc) Der Ansicht der Revision der Beklagten, ein grobes Verschulden i.S. von § 435 HGB sei im vorliegenden Fall nicht zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen , weil sie bei einem pflichtgemäßen Verhalten des Klägers die Beförderung des Gutes abgelehnt hätte und daher gar nicht erst in die Lage geraten wäre, sich dem Vorwurf eines groben Verschuldens i.S. des § 435 HGB auszusetzen, kann gleichfalls nicht gefolgt werden. Die Berücksichtigung eines pflichtwidrigen Verhaltens des Verletzten als Mitverschulden i.S. von § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB setzt voraus, dass es bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat, also für den Eintritt des Schadens ursächlich geworden ist. Für das im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Maß der Verursachung kann demnach nicht darauf abgestellt werden, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten überhaupt hätte vermieden werden können. Vielmehr kommt es für die Haftungsverteilung wesentlich darauf an, in welchem Maße das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens wahrscheinlich gemacht hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.1999 - XI ZR 249/98, NJW-RR 2000, 272, 273; MünchKomm.BGB/Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 102 m.w.N.). Danach begegnet es im Hinblick auf die übrigen Umstände des Falles und insbesondere die Höhe der Schadensbeträge, die hier unterhalb der im Regelfall bei 5.000 € anzusetzenden Grenze eines ungewöhnlich hohen Schadens i.S. von § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB liegen (vgl. BGH, Urt. v. 1.12.2005 - I ZR 265/03, TranspR 2006, 208, 209), aus Rechtsgründen keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht das Unterlassen von Schnittstellenkontrollen durch die Beklagte auf der einen Seite und die Einlieferung der wertvol- len, nach den AGB der Beklagten von der Beförderung ausgeschlossenen Sendungen ohne Hinweis auf ihren Inhalt durch den Kläger auf der anderen Seite als gleichgewichtig angesehen hat. Von einer positiven Kenntnis des Klägers, dass es sich um Verbotsgut handelte, das die Beklagte nicht befördern wollte - bei deren Vorliegen ein vollständiger Ausschluss der Haftung des Frachtführers gerechtfertigt sein kann (BGH, Urt. v. 13.7.2006 - I ZR 245/03 Tz 35, TranspR 2006, 448) -, kann nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgegangen werden.
35
III. Danach konnte das angefochtene Urteil teilweise keinen Bestand haben. Es war daher auf die Revision der Beklagten insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht in dem Schadensfall P. die Beklagte zum Ersatz der Hälfte des geltend gemachten Schadens, also in Höhe von 275,10 €, verurteilt hat. In diesem Umfang war die Sache im Hinblick auf die vom Kläger zum Inhalt der betreffenden Sendung angetretenen Beweise zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Im Übrigen war die Revision der Beklagten zurückzuweisen. Ebenfalls erfolglos war die Anschlussrevision des Klägers.
v.Ungern-Sternberg Bornkamm Büscher
Bergmann Schaffert
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 23.01.2003 - 14 O 171/02 -
OLG Köln, Entscheidung vom 05.08.2003 - 3 U 28/03 -

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 218/05 Verkündet am:
3. Juli 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
WA 1955 Art. 13 Abs. 3, Art. 18 Abs. 1
Ist der Luftfrachtführer dem Empfänger wegen des Verlusts von vertretbaren
Sachen als Transportgut unter Anwendung deutschen Rechts zum Schadensersatz
verpflichtet, bemisst sich die Höhe des zu ersetzenden Schadens grundsätzlich
nach den von dem Empfänger für die Wiederbeschaffung gleichwertiger
Sachen aufzuwendenden Kosten; ein Anspruch auf Schadensersatz in Höhe
des für Kunden des Empfängers maßgeblichen (höheren) Wiederbeschaffungswerts
besteht nur, wenn der Empfänger seinerseits seinen Kunden gegenüber
in diesem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet ist.
BGH, Urt. v. 3. Juli 2008 - I ZR 218/05 - OLG Frankfurt a.M.
LG Darmstadt
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. November 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über die Höhe des Anspruchs erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerinnen sind Transportversicherer der Z. GmbH in H. (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie machen gegen die Beklagte aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut Schadensersatz geltend.
2
Die Versicherungsnehmerin hatte Rohedelsteine durch ein in Vancouver/ Kanada ansässiges Unternehmen veredeln lassen. Die bearbeiteten Steine wurden der Beklagten am 3. April 1998 von dem kanadischen Auftragnehmer in vier Paketen zum Rücktransport zur Versicherungsnehmerin übergeben. Drei Pakete kamen am 5. April 1998, das vierte am 7. April 1998 im Lager der Beklagten auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt/Main an. Das vierte Paket wurde der Versicherungsnehmerin ausgehändigt. Die drei übrigen Pakete gingen verloren.
3
Die Klägerinnen zahlten an ihre Versicherungsnehmerin, die von der Beklagten zur Abwicklung des Schadensfalls einen Betrag in Höhe von 850 DM erhalten hatte, zum Schadensausgleich 172.947,30 DM.
4
Die Klägerinnen haben beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 172.947,30 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
5
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
7
Der Senat hat dieses (erste) Berufungsurteil auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gemäß § 544 Abs. 7 ZPO aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
8
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten erneut zurückgewiesen.
9
Mit der vom Senat beschränkt auf die Höhe des Anspruchs (§ 304 ZPO) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter. Die Klägerinnen beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, den Klägerinnen stehe gegen die Beklagte als Luftfrachtführerin wegen des Verlusts der Pakete aus übergegangenem Recht ein Schadensersatzanspruch nach Art. 18 Abs. 1, Art. 25 WA 1955 i.V. mit § 67 Abs. 1 VVG in Höhe von 172.947,30 DM zu. Zur Begründung der Schadenshöhe hat es ausgeführt:
11
Es stehe fest, dass die drei verlorengegangenen Pakete die in der Rechnung vom 30. März 1998 (Anlage K 8) unter "Lot 1, 1 bis 9" und "Lot 2, 3 bis 23" bezeichneten Steine enthalten hätten. Der Wert der Steine sei auf 94.265,50 US-Dollar, nach dem Umrechnungskurs zum Schadenszeitpunkt somit auf 173.797,30 DM, zu schätzen. Dabei sei gemäß den Bekundungen der Zeugin Z. , der Geschäftsführerin der Versicherungsnehmerin, von einem Wert von einem US-Dollar pro Karat auszugehen. Dies sei der Preis, den Kunden der Versicherungsnehmerin erfahrungsgemäß aufwenden müssten, um vergleichbare Steine zu beschaffen. Der in der Schadensmeldung vom 14. April 1998 bei einigen Steinen angegebene Betrag von lediglich 0,50 US-Dollar pro Karat erkläre sich daraus, dass sich der betreffende Kunde mit diesem Betrag, also mit der Hälfte des regelmäßigen Wiederbeschaffungswerts vergleichbarer Steine, abgefunden habe und daher auch nur dieser Betrag der Regressforderung habe zugrunde gelegt werden können. Auch die Angabe des Transportversicherungswerts mit nur 500 US-Dollar sowie eines Zollwerts von nur 11.866,59 US-Dollar im Frachtbrief begründe keine Zweifel an der Richtigkeit der Bekundungen der sachverständigen Zeugin Z. , weil diese Werte unabhängig vom Verkehrswert der Steine berechnet würden. Der Betrag von 29.666,48 US-Dollar in der Rechnung vom 30. März 1998 beruhe darauf, dass das kanadische Unternehmen die Steine nicht habe kaufen, sondern nur habe veredeln sollen.
12
Ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin sei den Klägerinnen nicht entgegenzuhalten.
13
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Höhe des Anspruchs (§ 304 ZPO) und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann nach den bislang getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden, dass die Klägerinnen aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin von der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 88.426, 55 € (= 172.947,30 DM) verlangen können.
14
1. Den Klägerinnen steht gegen die Beklagte wegen des Verlusts der drei Pakete dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch nach Art. 18 Abs. 1, Art. 25 WA 1955 i.V. mit § 67 Abs. 1 VVG zu. Da Art. 18 WA 1955 keine Regelungen zum Umfang des zu ersetzenden Schadens enthält, ist ergänzend das jeweils anwendbare nationale Recht heranzuziehen (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2004 - I ZR 266/00, TranspR 2004, 369, 371 = NJW-RR 2004, 1482 m.w.N.). Da das Berufungsgericht keine Feststellungen zur Anwendbarkeit und Auslegung ausländischer Rechtsvorschriften getroffen hat, ist davon auszugehen , dass es den Umfang des zu ersetzenden Schadens - insoweit in Übereinstimmung mit den Parteien - auf der Grundlage des deutschen Rechts ermittelt hat. Der rechtlichen Beurteilung in der Revisionsinstanz ist daher ebenfalls diese Wahl der Rechtsordnung durch die Parteien (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB) zugrunde zu legen.
15
2. Bei Anwendung deutschen Rechts gelten für die Feststellung des Umfangs des zu ersetzenden Schadens die Vorschriften der §§ 249 ff. BGB (BGH TranspR 2004, 369, 372 m.w.N.). Die Revision rügt mit Recht, dass danach eine Berechnung des zu ersetzenden Schadens auf der Grundlage des Betrags , den die Kunden der Versicherungsnehmerin für die Wiederbeschaffung verlorengegangener Steine erfahrungsgemäß aufwenden müssten, nach den vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen nicht in Betracht kommt. Vielmehr kann danach bislang nicht ausgeschlossen werden, dass der Versicherungsnehmerin ein Schaden nur in Höhe ihrer eigenen Wiederbeschaffungskosten entstanden ist.
16
a) Aus der Aufstellung in der Rechnung vom 30. März 1998 (Anlage K 8), in der die Steine jeweils lediglich mit der Bezeichnung "white Topaz cut stones" und der Angabe des jeweiligen Karatgewichts aufgeführt sind, und der Bekundung der Zeugin Z. , der Geschäftsführerin der Versicherungsnehmerin , es seien alles gleiche Steine gewesen, folgt, dass es sich bei den in Verlust geratenen Steinen um vertretbare Sachen i.S. von § 91 BGB gehandelt hat. Bei vertretbaren Sachen ist Schadensersatz grundsätzlich in Form der Naturalherstellung durch Beschaffung gleichwertiger Sachen oder durch Zahlung des Geldbetrags zu leisten, den der Geschädigte für die Beschaffung aufwenden muss (vgl. BGHZ 154, 395, 397; MünchKomm.BGB/Oetker, 5. Aufl., § 251 Rdn. 9). Die Höhe des Wiederbeschaffungswerts hängt davon ab, auf welcher Handelsstufe der Geschädigte tätig ist. Handelt es sich bei ihm um einen Händler , kann er nur den Einkaufspreis verlangen, den er für die Beschaffung einer gleichwertigen Ersatzsache zahlen muss (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.1965 - VI ZR 36/64, NJW 1965, 1756, 1757; Staudinger/Schiemann, BGB, Bearbeitung 2004, § 251 Rdn. 42; MünchKomm.BGB/Oetker aaO § 251 Rdn. 22 m.w.N.). Entgeht ihm durch das schädigende Ereignis die Möglichkeit eines Verkaufsgeschäfts, kann er gegebenenfalls nach § 252 BGB zusätzlich Ersatz des entgangenen Gewinns verlangen.
17
b) Die Klägerinnen machen hier die auf sie übergegangenen Rechte der Versicherungsnehmerin geltend, die dieser als Empfängerin aus dem Frachtvertrag gegenüber der Beklagten als Luftfrachtführerin nach Art. 13 Abs. 3, Art. 18 Abs. 1 WA 1955 wegen des Verlusts des Gutes zustehen. Da der Ersatz eines dem Absender entstandenen Schadens, der vom Empfänger gemäß Art. 14 WA 1955 im Wege der Drittschadensliquidation geltend gemacht werden könnte, im Streitfall nicht in Rede steht, kann sich der geltend gemachte Anspruch nach Art. 18 Abs. 1 WA 1955 folglich allein auf den Ersatz des der Versicherungsnehmerin entstandenen Schadens richten. Denn ein dem Eigentümer , Käufer oder Besitzer der verlorengegangenen Sache als solchem entstandener Schaden scheidet als Gegenstand eines Ersatzanspruchs nach Art. 13 Abs. 3, Art. 18 WA 1955 aus (vgl. Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Art. 13 WA Rdn. 4). Danach ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Höhe des Schadens der Versicherungsnehmerin, dessen Ersatz die Klägerinnen von der Beklagten verlangen können, in erster Linie nach dem Betrag zu bemessen, den die Versicherungsnehmerin für die Wiederbeschaffung gleichwertiger Steine aufwenden müsste. Zu seiner Höhe hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Er ist, wie die Revision mit Recht geltend macht, niedriger als der vom Berufungsgericht der Schadensbemessung jedenfalls teilweise zugrunde gelegte Betrag von einem US-Dollar pro Karat, den Kunden der Versi- cherungsnehmerin erfahrungsgemäß aufwenden müssten. Denn die Versicherungsnehmerin kann nach den Bekundungen der Zeugin Z. die Edelsteine zu besseren Bedingungen einkaufen als ihre Kunden.
18
c) Auf den Betrag, den die Kunden der Versicherungsnehmerin aufwenden müssten, könnte es nur dann ankommen, wenn der Versicherungsnehmerin in dieser Höhe ein ihre eigenen Einkaufspreise übersteigender Schaden entstanden wäre, etwa weil sie ihrerseits ihren Kunden gegenüber wegen des Verlusts der Steine zum Schadensersatz in Höhe des von den Kunden aufzuwendenden Wiederbeschaffungsbetrags verpflichtet war. Den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass den Kunden der Versicherungsnehmerin ihr gegenüber entsprechende Schadensersatzansprüche zustanden. Insbesondere lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Parteivorbringen nicht entnehmen, welche Rechtsverhältnisse an den verlorengegangenen Edelsteinen bestanden und wie die vertraglichen Beziehungen der Versicherungsnehmerin zu ihren Kunden im Einzelnen ausgestaltet waren.
19
Aus den vom Berufungsgericht zugrunde gelegten Bekundungen der Zeugin Z. ergibt sich lediglich, dass die Versicherungsnehmerin weltweit Rohedelsteine an Unternehmen versendet, die diese veredeln und sodann wieder zurückschicken. In der Schadensmeldung der Versicherungsnehmerin vom 14. April 1998 (Anlage K 2) ist als Geschäftsgegenstand ihres Unternehmens genannt: "Precious and Semi-Precious Stones - Buying - Cutting - Selling". Das Vorbringen der Klägerinnen lässt jedoch nicht erkennen, ob der Sendung der verlorengegangenen Steine nach Kanada ein konkreter Auftrag eines Kunden zugrunde lag und welchen Inhalt dieser gegebenenfalls hatte. Ob die Ausführungen des Berufungsgerichts im Rahmen der Bemessung der Schadenshöhe , der eine Teil der Steine "stamme" von der Kundin "R.
", der andere "stamme" von der Kundin "N. ", die Annahme rechtfertigen , dass - wie die Revisionserwiderung geltend macht - nicht Edelsteine der Versicherungsnehmerin, sondern solche ihrer Kunden verlorengegangen sind, kann dahinstehen. Selbst wenn die in Verlust geratenen Steine in dem Sinne von Kunden "stammen" sollten, dass sie der Versicherungsnehmerin von diesen Kunden zum Zwecke der Veredelung übergeben worden waren, folgt daraus nicht ohne weiteres, dass die Versicherungsnehmerin deshalb den Kunden grundsätzlich wegen des Verlusts zum Schadensersatz in Höhe des Wiederbeschaffungswerts für die Kunden verpflichtet gewesen wäre.
20
aa) Da es sich um vertretbare Sachen handelte, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Versicherungsnehmerin aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit ihren Kunden nicht dieselben, sondern nur (veredelte) Steine gleicher Art, Güte und Menge zurückzugeben hatte (vgl. § 700 Abs. 1 Satz 1 BGB). In diesem Fall hätte die Versicherungsnehmerin mögliche Lieferpflichten gegenüber ihren Kunden durch Beschaffung gleichwertiger Steine erfüllen können. Der ihr entstandene Schaden ginge dann ebenfalls nicht über den von ihr für eine Wiederbeschaffung aufzuwendenden Betrag hinaus. Dass die Versicherungsnehmerin gleichwertige Steine nicht oder nicht rechtzeitig (wieder -)beschaffen konnte, ihr somit infolge des Verlusts der Steine der Abschluss oder die Erfüllung eines Kundengeschäfts unmöglich geworden und ihr dadurch Gewinn entgangen ist, haben die Klägerinnen nicht vorgetragen.
21
bb) Selbst wenn die Versicherungsnehmerin nach den mit ihren Kunden getroffenen Abreden gerade die ihr übergebenen Steine nach Veredelung zurückzugeben hatte, ergäbe sich daraus nicht ohne weiteres ein der Versicherungsnehmerin entstandener Schaden in Höhe des für ihre Kunden maßgeblichen Wiederbeschaffungswerts. Sie wäre in diesem Falle zwar wegen der von ihr zu vertretenden Unmöglichkeit der Rückgabe der verlorengegangenen Stei- ne ihren Kunden gegenüber gemäß § 280 Abs. 1 BGB nach den §§ 249 ff. BGB zum Schadensersatz verpflichtet gewesen. Sie hätte den geschädigten Kunden dann jedoch Schadensersatz gemäß § 249 Abs. 1 BGB durch Lieferung gleichwertiger Ersatzsteine leisten können, für deren Beschaffung sie wiederum nur den von ihr üblicherweise zu zahlenden Betrag hätte aufwenden müssen. Dass Schadensersatz im Wege der Naturalherstellung nicht möglich oder dieser zur Entschädigung der Kunden der Versicherungsnehmerin nicht genügend gewesen wäre (§ 251 Abs. 1 BGB) oder die Versicherungsnehmerin im Verlustfall vertraglich zu Schadensersatz in Höhe des von den Kunden aufzuwendenden Wiederbeschaffungsbetrags verpflichtet war, haben die Klägerinnen nicht geltend gemacht.
22
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kunden aus anderen Gründen statt Lieferung gleichwertiger Steine durch die Versicherungsnehmerin oder Zahlung des von der Versicherungsnehmerin dafür aufzuwendenden Betrags Entschädigung in Höhe des von ihnen selbst aufzuwendenden höheren Wiederbeschaffungswerts hätten verlangen können. Aus der Ersetzungsbefugnis des Gläubigers nach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn wegen der Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, lässt sich ein solcher Anspruch nicht herleiten. Die dem Geschädigten gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gewährte Ersetzungsbefugnis soll diesen bei bestimmten Schäden (Verletzung seiner Person oder einer Sache) davor bewahren, das verletzte Rechtsgut dem Schädiger zur Naturalrestitution anvertrauen oder überhaupt eine Instandsetzung veranlassen zu müssen. Zudem soll sie das Abwicklungsverhältnis von dem Streit darüber entlasten, ob die Herstellung durch den Schädiger gelungen ist und vom Gläubiger daher als Ersatzleistung angenommen werden muss (vgl. BGHZ 63, 182, 184; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 249 Rdn. 5; MünchKomm.BGB/Oetker aaO § 249 Rdn. 339 m.w.N.). Kann wegen des Verlusts einer vertretbaren (neuwertigen) Sache Schadenser- satz im Wege der Naturalrestitution durch Beschaffung einer gleichwertigen Sache geleistet werden, sind vergleichbare Nachteile für den Geschädigten nicht zu befürchten und besteht daher kein Grund, diesem auch in solchen Fällen grundsätzlich die Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 BGB einzuräumen. Wählt der Geschädigte gleichwohl statt Naturalherstellung Schadensersatz durch Geldersatz, kann er - wenn der Schädiger sich darauf einlässt, obwohl die Voraussetzungen der § 249 Abs. 2, §§ 250, 251 BGB nicht erfüllt sind - jedenfalls nur den Geldbetrag fordern, den der Schädiger für die Wiederbeschaffung aufwenden müsste. Dies folgt auch aus dem Grundsatz, dass der zur Wiederherstellung erforderliche Betrag nach objektiven Kriterien zu bemessen ist (vgl. BGHZ 61, 346, 347) und der Geschädigte seinerseits zur Minderung der zur Schadensbeseitigung erforderlichen Kosten beitragen muss (vgl. § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB).
23
3. Die Revision der Beklagten hat auch Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht ein der Versicherungsnehmerin zurechenbares Mitverschulden verneint hat.
24
a) Die Beklagte hat vorgetragen, die verlorengegangenen Pakete wären in einen sogenannten "security cage" eingeschlossen worden, wenn sie als Wertpakete kenntlich gemacht worden wären. Das Berufungsgericht hat dieses Vorbringen der Beklagten für die Annahme eines der Versicherungsnehmerin zurechenbaren Mitverschuldens nicht ausreichen lassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Pakete hätten dann möglicherweise für sich betrachtet sicherer gelegen. Es sei aber stark zu bezweifeln, dass ein als solches kenntlich gemachtes Wertpaket im ganzen stets sicherer "reise" als ein unauffälliges. So wie die redlichen Mitarbeiter der Frachtführerin es wahrscheinlich aufmerksamer behandeln und sicherer lagern würden, zöge es doch auch eher die Blicke unredlicher Beteiligter auf sich.

25
b) Mit dieser Begründung kann, wie die Revision mit Recht rügt, ein Mitverschulden der Absenderin, das der Versicherungsnehmerin zuzurechnen ist, nicht verneint werden.
26
aa) Gemäß Art. 21 WA 1955 kann das angerufene Gericht nach Maßgabe seines heimischen Rechts entscheiden, dass der Luftfrachtführer nicht oder nur in vermindertem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn ein eigenes Verschulden des Geschädigten den Schaden verursacht oder bei der Entstehung des Schadens mitgewirkt hat. Da die Klägerinnen ihren Schadensersatzanspruch auf Art. 18 WA 1955 stützen und von der Anwendung deutschen Rechts auszugehen ist (oben unter II 1), müssen sich die Klägerinnen sowohl das Verhalten der Versicherungsnehmerin als auch dasjenige der Absenderin unter dem Gesichtspunkt eines mitwirkenden Verschuldens des Geschädigten zurechnen lassen (vgl. § 425 Abs. 2 HGB; Koller aaO Art. 21 WA Rdn. 3). Die Rechtsfolgen des Mitverschuldens ergeben sich im vorliegenden Fall aus § 254 BGB, § 425 Abs. 2 HGB als dem gemäß Art. 21 WA 1955 anwendbaren nationalen Recht des angerufenen Gerichts. Danach kommt ein Mitverschulden des Absenders in Betracht, wenn er dem Frachtführer ein wertvolles Gut ohne Hinweis auf die Art und den Wert des Transportguts übergibt und er dadurch den Schadenseintritt durch Verlust des Gutes mitverursacht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 314 f.; Urt. v. 20.9.2007 - I ZR 44/05, TranspR 2008, 163 Tz. 42 ff. m.w.N.).
27
bb) Das Berufungsgericht hat die Umstände des Verlusts der drei in Rede stehenden Pakete dahin gewürdigt, sie ließen nur den Schluss zu, dass es sich um einen Diebstahl durch einen oder mehrere Mitarbeiter der Beklagten gehandelt habe. Das "spurlose" Verschwinden der Pakete sei nur durch einen zielgerichteten Eingriff einer nicht betriebsfremden Person zu erklären, die sich in der Halle, in der die Pakete gelagert gewesen seien, frei habe bewegen können und keiner Ausgangskontrolle unterworfen gewesen sei.
28
Nach dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Beklagten handelt es sich bei dem "security cage", in dem die Pakete bei einer Versendung als Wertpakete aufbewahrt worden wären, um einen mit einem massiven Vorhängeschloss gesicherten stabilen Gitterkäfig in ihrem Frachtlager. Zugang zu diesem Wertraum haben, so der weitere Vortrag der Beklagten, allein die Mitarbeiter des für die Bewachung der Halle zuständigen externen Sicherheitsunternehmens ; nur sie verfügten über einen Schlüssel. Sofern ein Mitarbeiter der Beklagten eine Sendung aus dem "security cage" abholen wolle, müsse er sich mit dem entsprechenden Sicherheitsausweis der Beklagten identifizieren; sein Name werde in einem hierfür geführten Buch gesondert schriftlich festgehalten. Nach dem Vorbringen der Beklagten konnten sich deren Mitarbeiter daher in dem "security cage" anders als in der Lagerhalle, in der die normalen Sendungen aufbewahrt wurden, nicht frei und ohne Kontrolle bewegen. Folglich wäre es nicht auf die vom Berufungsgericht festgestellte Art und Weise zum Verlust der drei Pakete gekommen, wenn diese als Wertpakete aufgegeben und demgemäß unter den von der Beklagten vorgetragenen Sicherheitsvorkehrungen im "security cage" aufbewahrt worden wären. Dies genügt für die Darlegung, dass das Unterlassen der Wertangabe für den eingetretenen Schaden mitursächlich geworden ist. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts setzt die Annahme einer Mitursächlichkeit für den konkret eingetretenen Schaden nicht die Feststellung voraus, dass die Pakete dann, wenn sie als Wertpakete kenntlich gemacht worden wären, mit Gewissheit nicht auf irgendeine andere Art und Weise von unredlichen Beteiligten hätten entwendet werden können. Auch hinsichtlich eines mitwirkenden Verschuldens des Geschädigten genügt grundsätzlich , dass sein Verhalten für den Eintritt des Schadens adäquat kausal geworden ist (vgl. MünchKomm.BGB/Oetker aaO § 254 Rdn. 32 m.w.N.). Es reicht demnach aus, wenn das Verhalten des Geschädigten - wie hier das Unterlassen der Wertangabe - die objektive Möglichkeit eines Erfolgs von der Art des eingetretenen in nicht unerheblicher Weise erhöht hat (vgl. BGHZ 57, 245, 255).
29
cc) Soweit das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang "nur am Rande" hinzufügt, die Zeugin Z. habe glaubhaft bekundet, die Angabe eines Transportwerts von 500 US-Dollar habe den Vorgaben der Beklagten für derartige Sendungen entsprochen, steht diese Bekundung der Zeugin mit dem Vorbringen der Beklagten im Einklang, es habe grundsätzlich für Sendungen von Edelsteinen eine Obergrenze des Transportwerts von 500 US-Dollar bestanden. Dem kann jedoch nicht entnommen werden, die Beklagte habe auch Edelsteine mit einem darüber hinausgehenden Wert als normale Sendungen befördern wollen und dabei verlangt, dass auch für derartige Sendungen (nur) ein Transportwert von 500 US-Dollar angegeben werde. Die Beklagte hat vielmehr unter Beweisantritt vorgetragen, dass zwar Transporte von Edelsteinen über die Wertgrenze von 500 US-Dollar hinaus möglich gewesen seien, es dazu aber einer besonderen Absprache mit ihr bedurft habe.
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4. Dagegen bleiben die Rügen der Revision ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Auffassung des Berufungsgerichts wendet, die Beklagte könne sich auf die Haftungsbeschränkung nach Art. 22 WA 1955 nicht berufen, weil der Schaden durch eine Handlung verursacht worden sei, die von "Leuten" der Beklagten im Sinne von Art. 25 Satz 2 WA 1955 in Ausübung ihrer Verrichtungen vorgenommen worden sei.
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a) Der Senat hat die Revision der Beklagten nur hinsichtlich der Höhe des Anspruchs zugelassen. Damit ist die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Grund des Anspruchs (§ 304 ZPO) rechtskräftig geworden. Die Frage, ob der durch den Verlust der Steine eingetretene Schaden durch eine Handlung oder Unterlassung der Leute der Beklagten in Ausübung ihrer Verrichtungen verursacht worden ist, gehört zum Grund des Anspruchs. Sie betrifft nicht (bloß) die Berechnung des Schadens, sondern bereits die Feststellung der die Haftung der Beklagten begründenden Pflichtverletzung (vgl. Art. 20 WA 1955).
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b) Im Übrigen begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts, der Diebstahl von Transportgut durch einen Mitarbeiter der Luftfrachtführerin während der Zwischenlagerung bis zum Weitertransport weise einen inneren sachlichen Zusammenhang mit dem Beförderungsvorgang auf und sei deshalb als eine Handlung in Ausübung der Verrichtungen im Sinne von Art. 25 Satz 2 WA 1955 anzusehen, aus Rechtsgründen keinen Bedenken. Bedienstete des (Luft-)Frachtführers handeln in Ausübung ihrer Verrichtung, wenn ein innerer sachlicher Zusammenhang zwischen der übertragenen Verrichtung nach ihrer Art und ihrem Zweck und der schädigenden Handlung besteht; die Handlung muss noch zum allgemeinen Umkreis des zugewiesenen Aufgabenbereichs gehören (vgl. BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338 zu Art. 29 Abs. 2 CMR m.w.N.). Bei Diebstählen durch Bedienstete des (Luft-)Frachtführers ist ein solcher innerer Zusammenhang jedenfalls dann gegeben , wenn die Vornahme der schädigenden Handlung durch Zuweisung des betreffenden Aufgabenbereichs ermöglicht worden ist (vgl. Koller aaO Art. 25 WA 1955 Rdn. 7 i.V. mit Art. 3 CMR Rdn. 4; Thume/Schmid, CMR, 2. Aufl., Art. 3 Rdn. 38 m.w.N.; vgl. ferner BGH, Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 135/98, TranspR 2001, 29, insoweit in BGHZ 145, 170 nicht abgedruckt). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass der Verlust des Transportguts aufgrund der Organisation des Betriebsablaufs der Beklagten nur auf einen Diebstahl durch einen oder mehrere mit dem Scannen, Verteilen und Einlegen der Pakete befasste Mitarbeiter der Beklagten zurückzuführen sein könne.
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III. Das Berufungsurteil ist daher auf die Revision der Beklagten hinsichtlich der Entscheidung über die Höhe des Anspruchs (§ 304 ZPO) aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Bornkamm Pokrant Schaffert
Bergmann RiBGH Dr. Koch ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 10.09.2002 - 14 O 215/99 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 25.11.2005 - 24 U 198/02 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)