Bundesgerichtshof Urteil, 05. Feb. 2004 - I ZR 87/02

bei uns veröffentlicht am05.02.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 87/02 Verkündet am:
5. Februar 2004
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Telefonwerbung für Zusatzeintrag

a) Das Einverständnis eines gewerblichen oder sonst selbständigen Anschlußinhabers
mit einer Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich kann aufgrund
der konkreten tatsächlichen Umstände auch dann zu vermuten sein, wenn
die Werbung aus der Sicht des Anzurufenden ebensogut oder sogar besser
auf schriftlichem Wege erfolgen könnte.

b) Wegen des geringen Maßes an Belästigung ist dies erfahrungsgemäß der
Fall, wenn ein Telefonbuchverlag einen Telefonanruf, mit dem die Daten des
kostenlosen Grundeintrages für einen Neudruck überprüft werden sollen, zur
Werbung für eine entgeltpflichtige Erweiterung des Eintrags nutzt.
BGH, Urt. v. 5. Februar 2004 - I ZR 87/02 - OLG Köln
LG Köln
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-
lung vom 5. Februar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. März 2002 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 5. Juli 2001 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte gibt gemeinsam mit der DeTeMedien GmbH, einer 100 %igen Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG, im Großraum Köln deren Telefonbuch und ein unter der Bezeichnung "Gelbe Seiten" vertriebenes
Branchenfernsprechbuch heraus. In die Telefonverzeichnisse werden neben Kunden der Deutschen Telekom AG auch Kunden anderer Telefongesellschaften aufgenommen, die entsprechende Vereinbarungen mit der Deutschen Telekom AG geschlossen haben. Die Kunden erteilen dabei jeweils ihrer Telefongesellschaft den Auftrag zur Aufnahme eines Eintrags in die genannten Telefonverzeichnisse. Die Aufnahme eines sog. Grund- bzw. Standardeintrags in das Telefonbuch und/oder die "Gelben Seiten" erfolgt unentgeltlich. Für die Telefonkunden besteht die Möglichkeit, den kostenlosen Grund- bzw. Standardeintrag um entgeltpflichtige Zusätze, Ergänzungen oder Anzeigen zu erweitern. Die Beklagte nimmt zu diesem Zweck telefonischen Kontakt mit gewerblichen Kunden der Deutschen Telekom AG sowie der sonstigen Telefongesellschaften auf und bietet ihnen derartige kostenpflichtige Erweiterungen des Grund- bzw. Standardeintrags an.
Die Klägerin, die sich ebenfalls mit der Herausgabe eines auf den Kölner Raum bezogenen Branchenfernsprechverzeichnisses (" ") befaßt, beanstandet dies als unter dem Gesichtspunkt der Belästigung unlauteres Wettbewerbsverhalten i.S. von § 1 UWG.
Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, es unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zur Förderung eines Abschlusses eines Auftrages zur Veröffentlichung einer Anzeige in einem Branchenfernsprechverzeichnis außerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen unaufgefordert telefonischen Kontakt zu gewerblichen und/oder selbständigen Interessenten oder deren Ange-
stellten aufzunehmen und/oder aufnehmen zu lassen, es sei denn, daß der Angerufene zuvor ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis mit derartigen Anrufen erklärt hat oder aber aufgrund eines tatsächlichen Umstandes ein sachliches Interesse des Angerufenen an einem solchen Anruf vermutet werden kann.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, sie bewege sich innerhalb einer zwischen den angerufenen Telefonkunden und den Telefongesellschaften bestehenden Vertragsbeziehung, die den Unlauterkeitstatbestand der "Belästigung" ausschließe. Die erwähnte Vertragsbeziehung werde ihr im Rahmen der bestehenden Verleger- und Herausgebergemeinschaft mit der DeTeMedien GmbH vermittelt, deren sich die Deutsche Telekom AG zur Erfüllung des Auftrags, Kundeneinträge in Teilnehmerverzeichnissen zu veröffentlichen, bediene. Sie bezwecke mit dem Telefonkontakt im Rahmen dieser Geschäftsverbindung vornehmlich die Kontrolle und Aktualisierung der Datensätze der angerufenen Telefonkunden. Erst im Zusammenhang mit dieser "Datenpflege" würden Erweiterungen und Zusätze des Standardeintrags oder Anzeigen angeboten.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß es im Klageantrag wie folgt heißt:
Die Beklagte wird bei Androhung der bereits in den erstinstanzlich formulierten Unterlassungsantrag aufgenommenen Ord-
nungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, zu Gewerbetreibenden , die mit einer Telefongesellschaft einen der nachfolgend beispielhaft wiedergegebenen Verträge über die Aufnahme in ein Branchenverzeichnis geschlossen haben:
- es folgen nunmehr Fotokopien zweier unterschiedlicher Antragsformulare zweier Telefongesellschaften -,
ohne deren vorher erklärtes Einverständnis telefonischen Kontakt aufzunehmen, um diesen den Abschluß eines Auftrags über entgeltpflichtige Zusätze und/oder Erweiterungen des Grundeintrags und/oder Anzeigen anzubieten.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten unter Anpassung des Unterlassungsausspruchs an den in der Berufungsinstanz gestellten Antrag der Klägerin zurückgewiesen (OLG Köln GRUR-RR 2002, 237). Mit ihrer (zugelassenen ) Revision verfolgt die Beklagte ihr auf Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - die telefonische Kontaktaufnahme der Beklagten als wettbewerbswidrige Telefonwerbung angesehen. Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich mit dem Ziel, Neukunden zu gewinnen, sei grundsätzlich gemäß § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Belästigung unzulässig, solange der Angerufene weder aus-
drücklich noch konkludent sein Einverständnis mit derartigen Anrufen erklärt habe und ein solches vom Anrufer aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände auch nicht vermutet werden könne. Denn es müsse berücksichtigt werden, daß unerbetene Telefonanrufe bei Gewerbetreibenden zu belästigenden oder sonst unerwünschten Störungen in deren beruflicher Tätigkeit und zu einer den Geschäftsgang störenden Belegung des Telefonanschlusses für die Dauer des Anrufs führen könnten. Ob und inwieweit der gewerbliche Anschlußinhaber trotz derartiger Beeinträchtigungen bereit sei, telefonische Werbemaßnahmen hinzunehmen mit der Folge, daß die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Werbeform zu bejahen sei, hänge daher grundsätzlich von dem Grad des Interesses ab, das der anzurufende Gewerbetreibende der jeweiligen Werbung entgegenbringe. Es müsse ein konkreter, aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund vorliegen, der diese Art der Werbung rechtfertige. Derartige Gründe, die ein die Telefonwerbung rechtfertigendes sachliches Interesse des Anzurufenden vermuten ließen, würden bei Bestehen einer Geschäftsverbindung häufig gegeben sein, jedoch vermöge eine bestehende Geschäftsverbindung für sich allein nicht das Interesse des Anzurufenden, sich gerade einer Werbemaßnahme auf telefonischem Wege ausgesetzt zu sehen, zu begründen. Entscheidend sei allein, ob nach den Umständen des Einzelfalles die Annahme gerechtfertigt sei, daß der Anzurufende den Anruf erwarte oder ihm jedenfalls positiv gegenüberstehe. Nach diesen Grundsätzen stelle sich die in Frage stehende Telefonwerbung der Beklagten als wettbewerbswidrig dar.
Ein ausdrücklich oder konkludent erklärtes Einverständnis der angerufenen Gewerbetreibenden liege nicht vor. Ein Einverständnis mit der Werbung der Beklagten, die darauf abziele, den Angerufenen entgeltpflichtige Erweiterungen und Zusätze der als solche unentgeltlichen Standard-/Grundeinträge und/oder
Anzeigen zu "verkaufen", lasse sich der zwischen den Telefonkunden und den Telefongesellschaften bestehenden, auf die Aufnahme des Eintrags in ein Teilnehmerverzeichnis gerichteten Auftragsbeziehung nicht entnehmen. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei unmittelbar zwischen ihr selbst und den Telefon- kunden keine Geschäftsverbindung begründet worden, der sich ein Einverständnis mit der streitbefangenen Telefonwerbung entnehmen lasse. Es seien auch keine konkreten Umstände ersichtlich, die ein sachliches Interesse der Gewerbetreibenden an der streitgegenständlichen Telefonakquisition vermuten und auf ein mutmaßliches Einverständnis der Angerufenen schließen ließen. Ein Vertragsverhältnis zur "Datenpflege" bestehe zwischen den gewerbetreibenden Anschlußinhabern und der Beklagten nicht, sondern lediglich zwischen den Telefonkunden und ihrer Telefongesellschaft. Aber auch dieser sei es nicht erlaubt, über den Abgleich von Daten hinaus Akquisition für entgeltpflichtige Einträge zu betreiben. Soweit reiche das sachliche Interesse der Anzurufenden an einem Anruf nicht. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang vorbringe, ihre Anrufe dienten hauptsächlich der "Datenpflege", um zu überprüfen, ob die zu veröffentlichenden Angaben korrekt oder noch aktuell seien, lasse das auch aus ihrer Sicht ein mutmaßliches Interesse der Gewerbetreibenden, gerade auf telefonischem Wege angesprochen zu werden, nicht erkennen.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Abweisung der Klage. Die Werbemaßnahme der Beklagten für Erweiterungen des (kostenlosen) Grundeintrags in ein Branchenfernsprechverzeichnis um entgeltpflichtige Zusätze oder Anzeigen ist auf der Grundlage der erforderlichen Gesamtbetrachtung aller Umstände nicht als unzulässige Telefonwerbung sittenwidrig i.S. des § 1 UWG.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß auch im gewerblichen Bereich telefonische Werbemaßnahmen wettbewerbsrechtlich unzulässig sein können, weil sie zu belästigenden oder sonst unerwünschten Störungen der beruflichen Tätigkeit des Angerufenen führen können. Wer einen Telefonanschluß zu gewerblichen Zwecken unterhält, rechnet allerdings mit Anrufen potentieller Geschäftspartner und solcher Personen, die zu ihm mit Blick auf seine Geschäftstätigkeit auch in deren eigenem Interesse in Verbindung zu treten wünschen. Anders als im privaten Bereich ist telefonische Werbung im geschäftlichen Bereich daher nicht nur zulässig, wenn der Angerufene zuvor ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis erklärt hat, sondern sie ist auch dann als wettbewerbsgemäß anzusehen, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden daran vermutet werden kann (BGHZ 113, 282, 284 f. - Telefonwerbung IV; BGH, Urt. v. 25.1.2001 - I ZR 53/99, GRUR 2001, 1181, 1182 = WRP 2001, 1068 - Telefonwerbung für Blindenwaren). Ein ausreichend großes Interesse des anzurufenden Gewerbetreibenden, das die Annahme rechtfertigt, er werde den Anruf erwarten oder ihm jedenfalls positiv gegenüberstehen, kann insbesondere gegeben sein, wenn die telefonische Werbemaßnahme in einem sachlichen Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung steht (vgl. BGHZ 113, 282, 286 - Telefonwerbung IV; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 1 Rdn. 156).
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß die Anzurufenden ihr Einverständnis weder ausdrücklich noch stillschweigend erklärt hätten, eine solche Erklärung insbesondere nicht den zwischen den Gewerbetreibenden und den Telefongesellschaften abgeschlossenen Verträgen entnommen werden könne. Diese Beurteilung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht angegriffen.

3. Die weitere Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß die telefonische Werbemaßnahme der Beklagten nicht als unzulässig beanstandet werden kann, wenn sie von der Deutschen Telekom AG oder einer anderen Telefongesellschaft in derselben Weise vorgenommen werden dürfte. Aus der für die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses maßgeblichen Sicht des anzurufenden Telefonkunden stellt es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung keinen erheblichen Unterschied dar, ob er wegen des Eintrags in die Teilnehmerverzeichnisse von seiner Telefongesellschaft oder von der - in deren Auftrag - mit der Herausgabe der Verzeichnisse befaßten Beklagten angesprochen wird. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus der den kostenlosen Standardeintrag betreffenden Geschäftsbeziehung zu dem anzurufenden Gewerbetreibenden ein hinreichender Grund, der die Annahme rechtfertigt, dieser werde bereit sein, auch eine telefonische Werbemaßnahme für entgeltliche Erweiterungen oder Zusätze dieses Standardeintrages hinzunehmen.
aa) Die beanstandete Werbemaßnahme steht in zweifacher Hinsicht mit der den Standardeintrag betreffenden Geschäftsbeziehung in einem engen sachlichen Zusammenhang: Zum einen betrifft die Werbemaßnahme - was das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt hat - nicht eine von der bereits bestehenden Geschäftsbeziehung verschiedene Leistung. Sie zielt darauf ab, den Telefonkunden zu einer Erweiterung oder zu einer andersartigen Gestaltung des Eintrags zu veranlassen. Zum anderen erfolgt die Werbung für eine entgeltliche Änderung des Eintrags im Zusammenhang mit einem Telefonanruf , mit dem der Inhalt des bisherigen Standardeintrags für eine neue Auflage
der Telefonverzeichnisse überprüft werden soll. Ob der Anruf der Beklagten, wie sie behauptet, in erster Linie diesem Zweck dient, oder ob die Überprüfung der Daten lediglich als "Aufhänger" für das primär angestrebte entgeltliche Werbeangebot eingesetzt wird, wie die Klägerin geltend macht, kann offenbleiben. Der Zusammenhang wird dadurch nicht in Frage gestellt.
(1) Der Umstand, daß die Telefonwerbung in Verbindung mit einem der "Datenpflege" dienenden Telefonanruf der Beklagten erfolgt, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts für die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses der anzurufenden Gewerbetreibenden nicht deshalb ohne Bedeutung , weil diese "Datenpflege" ebensogut oder sogar besser auf schriftlichem Wege erfolgen könne und daher kein sachliches Interesse der Anzurufenden ersichtlich sei, zu diesem Zweck gerade auf telefonischem Wege angesprochen zu werden. Das mutmaßliche Einverständnis des anzurufenden Gewerbetreibenden muß sich zwar nicht nur auf den Inhalt, sondern auch auf die Art der Werbung erstrecken, d.h. er muß mutmaßlich (gerade) auch mit einer telefonischen Werbung einverstanden sein (vgl. BGHZ 113, 282, 285 - Telefonwerbung IV; Köhler/Piper aaO § 1 Rdn. 155). Zutreffend ist ferner, daß die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses einen aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitenden Grund voraussetzt (BGH aaO). Dies erlaubt jedoch nicht den Schluß, daß ein die Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich rechtfertigender Grund nur dann vorliegt, wenn dem Anschlußinhaber gerade an einer telefonischen Werbung gelegen ist, weil er diese gegenüber einer schriftlichen als vorzugswürdig erachtet. Ein mutmaßliches Einverständnis des anzurufenden Gewerbetreibenden kann vielmehr auch dann anzunehmen sein, wenn die telefonische Werbemaßnahme zwar gegenüber der schriftlichen Werbung keine Vorzüge aufweist oder ihr sogar einzelne Vorteile fehlen, sie aber gleichwohl seinen Interessen noch in einem solchen Maße entspricht, das
die damit verbundenen Belästigungen als hinnehmbar erscheinen läßt. Es steht folglich der Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses der anzurufenden Gewerbetreibenden nicht entgegen, daß bei einem schriftlichen Datenabgleich des Standardeintrags etwaige Unklarheiten oder Unsicherheiten in der Schreibweise besser beseitigt werden könnten als bei einer telefonischen Überprüfung. Die auf telefonischem Wege mögliche Abfrage des aus der Rufnummer , dem Namen und der Anschrift bestehenden Standardeintrags kann die Überprüfung auf etwaige Änderungen oder Unrichtigkeiten jedenfalls in einem solchen Maße gewährleisten, daß die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses des Telefonkunden gerechtfertigt ist.
(2) Aus diesen Gründen kann auch der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gefolgt werden, erst recht fehle es an einer mutmaßlichen Einwilligung , soweit diese "Datenpflege" als Gelegenheit und als "Eintrittspforte" zur Werbung für entgeltliche Zusätze und Erweiterungen des Standardeintrags genutzt würde. Das Berufungsgericht führt zur Begründung an, aus der Sicht des Kunden stelle sich auch dort, wo Gestaltungsmöglichkeiten des Eintrags in Rede stünden, die sich - wie beispielsweise ein bestimmter Schrifttyp, Fettdruck oder eine Umrandung - nur graphisch auswirkten und deren Angebot allein bei optischer Wahrnehmung zuverlässig beurteilt werden könne, der Schriftverkehr gegenüber dem Telefonkontakt als vorzugswürdig dar. Die vom Berufungsgericht angeführten Vorteile mögen für den angesprochenen Kunden Anlaß sein, sich vor dem endgültigen Geschäftsabschluß ein schriftliches Angebot vorlegen zu lassen. Sie schließen aber nicht aus, daß ein die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses rechtfertigendes sachliches Interesse gegeben ist, auch telefonisch nach einem Zusatzeintrag im Teilnehmerverzeichnis befragt zu werden.
bb) Von einem mutmaßlichen Einverständnis auch an dem telefonischen Angebot von Zusätzen und Erweiterungen des Standardeintrags ist bei Würdigung der Umstände des vorliegenden Falles auszugehen, weil die Werbemaßnahme in Verbindung mit einem Anruf zur Überprüfung der Daten des Standardeintrags für einen Neudruck der Teilnehmerverzeichnisse erfolgt. Es handelt sich bei dem Gegenstand der Werbung um eine sinnvolle und erfahrungsgemäß von den Gewerbetreibenden häufig werblich genutzte Ergänzung des Standardeintrags. Wegen des Anlasses des Telefonanrufs sind der Werbemaßnahme auch zeitliche Grenzen gesetzt (Überprüfung des Standardeintrags für die in der Regel einmal jährliche Herausgabe der Teilnehmerverzeichnisse). Das geringe Maß an Belästigung durch eine solche Werbemaßnahme, bei der eine Nachahmung durch Dritte zudem nicht zu befürchten ist, rechtfertigt die Annahme, der anzurufende Gewerbetreibende sei wegen des zu vermutenden Interesses an einer Erweiterung oder andersartigen Gestaltung bei Gelegenheit der telefonischen Überprüfung des Standardeintrags für einen Neudruck auch mit einem (telefonischen) Angebot einer solchen Änderung des Eintrags einverstanden.

b) Auf der Grundlage des unstreitigen Parteivorbringens und der - nicht angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts ist somit von einem mutmaßlichen Einverständnis der anzurufenden Gewerbetreibenden mit der beanstandeten Werbemaßnahme auszugehen. Ein Verstoß gegen § 1 UWG ist folglich nicht gegeben.
III. Danach ist das angefochtene Urteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben und die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Feb. 2004 - I ZR 87/02

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Referenzen

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 53/99 Verkündet am:
25. Januar 2001
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Telefonwerbung für Blindenwaren
Zur Frage der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer unaufgeforderten telefonischen
Bewerbung von in staatlich anerkannten Blindenwerkstätten hergestellten
Waren gegenüber Gewerbetreibenden mit dem Ziel, Neukunden zu
gewinnen.
BGH, Urt. v. 25. Januar 2001 - I ZR 53/99 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Januar 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte unterhält staatlich anerkannte Blindenwerkstätten in D. und H.. Ihre Erzeugnisse - sogenannte Blindenwaren, Zusatzwaren und andere Waren - vertreibt sie im gesamten Bundesgebiet. Im April 1997 rief
ein Mitarbeiter der Beklagten unaufgefordert bei dem Bauingenieurbüro H. in F. an, um für Produkte der Beklagten zu werben. Er übermittelte diesem Büro, zu dem die Beklagte bis dahin keine geschäftlichen Beziehungen unterhielt, noch am selben Tag wunschgemäß per Telefax eine Preisliste und das Inhaltsverzeichnis einer Preisliste.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., hat in dem Verhalten des Mitarbeiters der Beklagten eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Telefonwerbung gegenüber einem Gewerbetreibenden erblickt, weil weder ein ausdrückliches noch ein konkludentes Einverständnis des angerufenen Unternehmens vorgelegen habe. Das erforderliche Einverständnis könne insbesondere nicht aus den Bestimmungen des Schwerbehindertengesetzes und des Blindenwarenvertriebsgesetzes hergeleitet werden.
Die Klägerin hat beantragt,
1. der Beklagten unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zum Absatz von Waren ihrer Behindertenwerkstatt außerhalb bestehender Geschäftsverbindungen unaufgefordert telefonisch Kontakt zu den Inhabern oder Angestellten von Gewerbebetrieben aufzunehmen, es sei denn, daß es sich um Angebote handelt, die deren eigentlichen Geschäftsgegenstand betreffen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 315,65 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. August 1997 zu zahlen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat hauptsächlich geltend gemacht, Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden für Produkte aus anerkannten Blindenwerkstätten sei seit Jahrzehnten geläufig und branchenüblich. Jede andere Werbe- und Vertriebsform sei wesentlich kostenaufwendiger. Dies müsse bei der Herstellung zu einer beträchtlichen Verteuerung von Blindenwaren führen mit der Folge, daß derartige Erzeugnisse auf dem Markt praktisch nicht mehr absetzbar seien. Eine Werbung für Artikel, die in Blindenwerkstätten hergestellt worden seien, stoße bei vielen Geschäftskunden zudem auf lebhaftes Interesse, da Zahlungen für solche Erzeugnisse in bestimmtem Umfang auf eine nach dem Schwerbehindertengesetz zu leistende Ausgleichsabgabe anzurechnen seien. Unter diesen Umständen sei bei der Werbung für Erzeugnisse aus anerkannten Blindenwerkstätten ein Einverständnis der Empfänger von Telefonanrufen zu vermuten.
Das Landgericht hat dem auf Zahlung gerichteten Antrag in vollem Umfang stattgegeben. Die beanstandete Telefonwerbung hat es - unter Abweisung der weitergehenden Klage - insoweit untersagt, als diese nicht ausschließlich Blindenwaren und Zusatzwaren i.S. der §§ 1 und 2 der Verordnung zur Durchführung des Blindenwarenvertriebsgesetzes (BliwaG) betreffe.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin den einschränkenden Halbsatz am Ende ihres Unterlassungsantrags wie folgt neu gefaßt:
"..., es sei denn, daß deren Einverständnis vorliegt oder zu vermuten ist."
Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Auf die Anschlußberufung der Beklagten hat das Berufungsgericht auch die auf Zahlung gerichtete Klage abgewiesen.
Mit ihrer (zugelassenen) Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren , soweit diesem bislang nicht stattgegeben worden ist, und ihren Antrag auf Zurückweisung der Anschlußberufung weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - die unaufgeforderte telefonische Bewerbung von Blindenwaren und Zusatzwaren gegenüber geschäftlichen Neukunden für wettbewerbsrechtlich zulässig erachtet. Dazu hat es ausgeführt:
Die Gewinnung von Kunden im geschäftlichen Bereich durch Telefonwerbung sei nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig. Die Zulässigkeit werbender Telefonanrufe gegenüber Gewerbetreibenden hänge wesentlich von dem Grad des Interesses ab, das der Angerufene der jeweiligen Werbung entgegenbringe. Dementsprechend erfordere eine zulässige Telefonwerbung grundsätzlich einen konkreten, aus dem Interessenbereich des Angerufenen herzuleitenden Grund, der in der Regel nur angenommen werden könne, wenn der Angerufene zuvor ausdrücklich oder stillschweigend sein Einverständnis mit dem Anruf erklärt habe, oder wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte ein sachliches Interesse des Anzurufenden vermutet werden könne.
Gemessen an diesen Grundsätzen wäre der streitgegenständliche Anruf an sich als wettbewerbsrechtlich unzulässig zu bewerten, da kein konkreter Anschaffungsbedarf des Angerufenen beworben worden sei und dieser vor oder während des entgegengenommenen Telefonats auch kein Einverständnis mit dem Anruf bekundet habe. Ein mutmaßliches Interesse und ein Einverständnis des Angerufenen mit einer telefonischen Kontaktaufnahme unter dem von der Beklagten angeführten Gesichtspunkt des Schwerbehindertengesetzes komme nicht in Betracht. Die Bestimmungen des Blindenwarenvertriebsgesetzes gestatteten den Blindenwerkstätten ebenfalls keine unmittelbare Telefonwerbung.
Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Telefonwerbung für Blinden - und Zusatzwaren gegenüber Geschäftskunden beurteile sich daher nach den allgemeinen Bestimmungen, insbesondere nach § 1 UWG. Dabei müsse beachtet werden, daß nur solche Wettbewerbshandlungen als sittenwidrig i.S. von § 1 UWG anzusehen seien, die dem Anstandsgefühl eines verständigen Durchschnittsgewerbetreibenden widersprächen oder von der Allgemeinheit mißbilligt und für untragbar gehalten würden. Die Feststellung eines derartigen Unwerturteils erfordere eine Interessenabwägung anhand aller betroffenen schutzwürdigen Belange, wobei auch die Auswirkungen der angegriffenen Handlung zu berücksichtigen seien.
Danach gebe es an einer telefonischen Werbung für Blindenwaren, die sich an geschäftliche Neukunden wende, unter dem Gesichtspunkt des § 1 UWG nichts auszusetzen. Bei der vorzunehmenden Wertung sei von Bedeutung , daß das Blindenwarenvertriebsgesetz einen anerkennenswerten sozialen Zweck verfolge. Der allgemeine Verkehr sei bereit, eine Werbung, die einen sozial förderungswürdigen Zweck verfolge, eher entgegenzunehmen und im einzelnen Fall bewußt zur Kenntnis zu nehmen als die ansonsten verbreitete
Werbung. Zudem könne bei Geschäftsleuten und Gewerbetreibenden im allgemeinen davon ausgegangen werden, daß sie den Anrufen ihnen bislang unbekannter Dritter aufgeschlossener gegenüberstünden als private Telefonanschlußinhaber. Ferner sei bei der gebotenen Interessenabwägung von maßgeblicher Bedeutung, daß die Beklagte unbestritten vorgetragen habe, alle Blindenwerkstätten bedienten sich seit Jahrzehnten der Methode der Telefonwerbung gegenüber geschäftlichen Kunden, ohne daß dies jemals von irgendeiner Seite beanstandet worden sei. Die Klägerin habe den Sachvortrag der Beklagten betreffend die Üblichkeit einer Telefonwerbung zwar in der mündlichen Berufungsverhandlung in Abrede gestellt; dieses Bestreiten sei jedoch gemäß § 296 Abs. 1, § 527 ZPO nicht zuzulassen, da eine Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde. Schließlich müsse bei der Interessenabwägung auch berücksichtigt werden, daß sich die angegriffene Werbung - gemessen an der Gesamtheit des Angebots an gleichartigen Waren - auf ein in wirtschaftlicher Hinsicht allenfalls am Rande bedeutsames Marktsegment beziehe. Ein belästigendes Umsichgreifen der angegriffenen Werbe- und Vertriebsform im Bereich der gewöhnlichen geschäftlichen Werbung sei daher nicht zu befürchten.
Die Anschlußberufung der Beklagten sei begründet, da der Klägerin gemäß den §§ 683, 677, 670 BGB kein Anspruch auf Erstattung einer Abmahnpauschale zustehe. Ihr Vorbringen lasse erkennen, daß das Hauptziel der Klage die Feststellung der geltend gemachten Wettbewerbswidrigkeit einer telefonischen Werbung für Blindenwaren und Zusatzwaren gegenüber Gewerbetreibenden gewesen sei. Mit diesem Begehren sei die Klägerin unterlegen.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich mit dem Ziel, Neukunden zu gewinnen, grundsätzlich gemäß § 1 UWG unzulässig ist, solange der Anzurufende weder ausdrücklich noch konkludent sein Einverständnis mit derartigen Anrufen erklärt hat und ein solches vom Anrufer auf Grund konkreter tatsächlicher Umstände auch nicht vermutet werden kann. Denn es muß berücksichtigt werden, daß unerbetene Telefonanrufe bei Gewerbetreibenden - wenn auch auf andere Weise und mit anderer Richtung als im privaten Bereich - ebenfalls zu Beeinträchtigungen des Angerufenen führen können, nämlich zu belästigenden oder sonst unerwünschten Störungen in dessen beruflicher Tätigkeit und zu einer den Geschäftsgang störenden Belegung des Telefonanschlusses für die Dauer des Anrufs. Ob und inwieweit der gewerbliche Anschlußinhaber trotz derartiger Beeinträchtigungen bereit ist, telefonische Werbemaßnahmen hinzunehmen mit der Folge, daß die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Werbung zu bejahen ist, hängt daher grundsätzlich von dem Grad des Interesses ab, das der anzurufende Gewerbetreibende der jeweiligen Werbung entgegenbringt. Dabei vermag ein bloßer allgemeiner Sachbezug zu seinem Geschäftsbetrieb im allgemeinen für sich allein ein ausreichend großes Interesse insoweit nicht zu begründen. Denn ließe man eine nur allgemeine Sachbezogenheit ausreichen, liefe dies auf eine nahezu unbeschränkte Zulässigkeit der Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich mit den genannten belästigenden, nicht generell hinnehmbaren Folgen hinaus. Es muß daher, um die Telefonwerbung im geschäftlichen Bereich als i.S. des § 1 UWG wettbewerbsgemäß ansehen zu können, grundsätzlich ein konkreter, aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitender Grund hinzukommen, der diese Art der Werbung rechtfertigt. Davon kann - mit Blick auf das Interesse des Anzurufenden an telefonischer Werbung - regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn
dieser ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis mit derartigen Anrufen erklärt hat oder wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden daran vom Anrufer vermutet werden kann (vgl. BGHZ 113, 282, 284 f. - Telefonwerbung IV).
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, bei Zugrundelegung dieser Grundsätze müßte der in Rede stehende Telefonanruf des Mitarbeiters der Beklagten bei dem Bauingenieurbüro H. an sich als wettbewerbsrechtlich unzulässig bewertet werden, weil kein konkreter Anschaffungsbedarf des Angerufenen ersichtlich gewesen sei und dieser vor oder während des entgegengenommenen Telefonats auch kein Einverständnis mit dem Anruf bekundet habe. Es hat die angegriffene unaufgeforderte telefonische Bewerbung von Blinden- und Zusatzwaren gleichwohl für wettbewerbsrechtlich zulässig erachtet , weil sie nicht das Unwerturteil der Sittenwidrigkeit im Sinne von § 1 UWG verdiene.

a) Das Berufungsgericht ist bei seiner Beurteilung im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß nur solche Wettbewerbshandlungen gegen § 1 UWG verstoßen, die dem Anstandsgefühl eines verständigen Durchschnittsgewerbetreibenden widersprechen oder von der Allgemeinheit mißbilligt und für untragbar gehalten werden. Es hat auch mit Recht angenommen, daß diese Beurteilung eine Interessenabwägung anhand aller betroffenen schutzwürdigen Interessen - insbesondere derjenigen der Mitbewerber, der Verbraucher und der Allgemeinheit - im Rahmen der Gesamtumstände mit Blick auf die Auswirkungen des wettbewerblichen Vorgehens erfordert (vgl. BGHZ 81, 291, 295 f. - Bäckerfachzeitschrift; BGH, Urt. v. 14.10.1993 - I ZR 40/93, GRUR 1994, 220, 222 = WRP 1994, 104 - PS-Werbung II; Köhler /Piper, UWG, 2. Aufl., Einf. Rdn. 267).


b) Hiervon ausgehend hat das Berufungsgericht die Unlauterkeit der beanstandeten Telefonwerbung verneint, weil sie dem anerkennenswerten sozialen Zweck des Absatzes von Blindenwaren diene und die unaufgeforderte telefonische Bewerbung dieser Waren gegenüber Gewerbetreibenden in Deutschland nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten seit Jahrzehnten branchenüblich sei, so daß sich eine entsprechende Verkehrsauffassung gebildet habe, zumal die in Handarbeit hergestellten Blindenwaren anderenfalls nicht mit industriell gefertigten Produkten konkurrieren könnten. Ferner hat es darauf abgestellt, daß die wirtschaftliche Bedeutung des Vertriebs von Blindenwaren relativ gering sei, so daß ein belästigendes Umsichgreifen dieser Werbe- und Vertriebsform im Bereich der gewöhnlichen geschäftlichen Werbung nicht zu befürchten sei. Schließlich hat das Berufungsgericht bei der von ihm vorgenommenen Interessenabwägung berücksichtigt, daß der Verkehr die telefonische Werbung für Blindenwaren bereitwilliger entgegennehme als sonstige Werbung.
3. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist es rechtlich allerdings nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht bei seiner Interessenabwägung mitberücksichtigt hat, daß die angegriffene Werbemaßnahme dem anerkennenswerten sozialen Zweck des Absatzes von Blindenwaren dient. Die Revision wendet hiergegen ein, der Umstand, daß der Gesetzgeber trotz Kenntnis des Problems der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit von unaufgeforderter Telefonwerbung für Blindenwaren davon abgesehen habe, deren Zulässigkeit
positiv zu regeln, sei dahin zu werten, daß die Telefonwerbung gerade nicht habe erlaubt werden sollen.
aa) Dem ist nicht beizutreten. Das Berufungsgericht hat - von der Revision unbeanstandet - im einzelnen dargelegt, daß der Gesetzgeber mit der Neufassung des Blindenwarenvertriebsgesetzes im Jahre 1965 vor allem das Ziel verfolgt hat, die gewerberechtliche Seite des Vertriebs von Blindenwaren zu regeln. Der vom Berufungsgericht daraus abgeleitete Schluß, die Bestimmungen des Blindenwarenvertriebsgesetzes enthielten sich jeder Aussage (und zwar sowohl in einem positiv als auch in einem negativ zu verstehenden Sinn) über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Telefonwerbung in dem hier in Rede stehenden Bereich, läßt danach einen Rechtsfehler nicht erkennen.
bb) Da das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß angenommen hat, die Vorschriften des Blindenwarenvertriebsgesetzes regelten nicht die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit bestimmter Werbemethoden für Blindenwaren, geht auch die weitere Rüge der Revision fehl, das Berufungsgericht habe, da es über die gesetzliche Regelung hinaus noch andere Werbeformen für zulässig erachtet habe, die ausdrückliche Detailregelung des Blindenwarenvertriebsgesetzes unterlaufen und damit dieses im Wege einer Interessenabwägung "ausgehöhlt".
Die Revision läßt bei ihrer Sichtweise zudem unbeachtet, daß das Berufungsgericht bei der gebotenen Interessenabwägung nicht nur einseitig die Belange des Werbenden, sondern auch das Interesse des gewerblichen Adressaten berücksichtigt hat, nicht durch unerbetene Telefonanrufe in der beruflichen Tätigkeit behindert zu werden. Es hat in diesem Zusammenhang
rechtsfehlerfrei mit in seine Wertung einbezogen, daß durch die Erleichterung des Absatzes der von Blinden hergestellten Erzeugnisse mittelbar deren Arbeitsmöglichkeiten und deren allgemeine soziale Situation verbessert werden, und daß das Blindenwarenvertriebsgesetz selbst zur Erreichung dieser Zwecke eine wesentliche Bereichsausnahme vornimmt, indem es in § 1 Abs. 1 einen Vertrieb von Blindenwaren unter Hinweis auf die Beschäftigung von Blinden oder die Fürsorge für Blinde gestattet.
cc) Ohne Erfolg wendet sich die Revision auch dagegen, daß das Berufungsgericht von einem Erfahrungssatz ausgegangen ist, wonach der allgemeine Verkehr bereit sei, eine Werbung für Blindenwaren eher entgegenzunehmen als sonstige Werbung. Das Berufungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt , weshalb (auch) Gewerbetreibende, an die sich die Beklagte ausschließlich mit Telefonwerbung wendet, der Werbung für Blindenwaren aufgeschlossener gegenüberstehen als sonstiger Werbung.

b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch keine allgemeinen sozialpolitischen Gesichtspunkte in das Wettbewerbsrecht integriert und damit eine außerhalb des Schutzzwecks des UWG liegende Entscheidung getroffen.
Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, daß Gewerbetreibende und Geschäftsleute erfahrungsgemäß den Anrufen ihnen bisher unbekannter Dritter aufgeschlossener gegenüberstehen als private Telefonanschlußinhaber. Auch wenn der Gewerbetreibende einen Telefonanschluß vorwiegend im eigenen Interesse unterhält, so rechnet er doch im allgemeinen mit Anrufen möglicher Geschäftspartner sowie solcher Personen, die im eigenen geschäftlichen Interesse mit ihm in
Verbindung treten wollen. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen , daß hierin gerade der innere Grund dafür liegt, daß die für eine Telefonwerbung gegenüber Privaten entwickelten Grundsätze auf eine Anrufwerbung im geschäftlichen Bereich nicht uneingeschränkt anwendbar sind (vgl. BGHZ 113, 282, 284 - Telefonwerbung IV).
Damit hat das Berufungsgericht berücksichtigt, daß bei der Feststellung des konkreten, aus dem Interessenbereich des Anzurufenden herzuleitenden Grundes für die Rechtfertigung der Telefonwerbung nicht auf eine generalisierende Betrachtungsweise abzustellen ist, sondern daß es maßgeblich darauf ankommt, ob nach den Umständen des Einzelfalls die Annahme gerechtfertigt ist, der Anzurufende werde der telefonischen Kontaktaufnahme jedenfalls positiv gegenüberstehen (vgl. BGHZ 113, 282, 286 - Telefonwerbung IV).

c) Aus dem Zusammenhang der Entscheidungsgründe des Berufungsurteils ergibt sich indessen, daß das Berufungsgericht allein die zuvor genannten Umstände für die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der beanstandeten Werbemethode nicht hat ausreichen lassen. Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die angegriffene Telefonwerbung verstoße nicht gegen § 1 UWG, vor allem maßgeblich auf die Behauptung der Beklagten abgestellt, alle Blindenwerkstätten bedienten sich seit Jahrzehnten der Methode der Telefonwerbung gegenüber geschäftlichen Kunden, ohne daß dies jemals von irgendeiner Seite beanstandet worden sei. Das Bestreiten des Sachvortrags der Beklagten durch die Klägerin hat das Berufungsgericht gemäß § 296 Abs. 1, § 527 ZPO nicht zugelassen, weil sich andernfalls die Erledigung des Rechtsstreits verzögert hätte. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.
aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Branchenüblichkeit komme bei der nach § 1 UWG gebotenen Interessenabwägung maßgebliche Bedeutung zu, ist revisionsrechtlich allerdings nicht zu beanstanden. Denn bei der Beurteilung, ob die angegriffene Werbemaßnahme der Beklagten als sittenwidrig im Sinne von § 1 UWG anzusehen ist, kommt es entscheidend auf die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise an, die ihrerseits in erster Linie davon beeinflußt wird, ob entsprechende Werbemethoden in der in Frage stehenden Branche üblich sind; die Verkehrsauffassung bildet und orientiert sich regelmäßig an dem, was ihr in der Branche begegnet (vgl. BGHZ 103, 349, 352 - Kfz-Versteigerung; BGH, Urt. v. 2.10.1981 - I ZR 116/79, GRUR 1982, 56, 57 = WRP 1982, 22 - Sommerpreis; Urt. v. 29.3.1984 - I ZR 41/82, GRUR 1984, 664, 665 = WRP 1984, 396 - Winterpreis).
Es stellt auch keinen Rechtsfehler dar, daß das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang zusätzlich zugunsten der Beklagten berücksichtigt hat, daß sich die angegriffene Werbung - gemessen an der Gesamtheit des Angebots an gleichartigen Waren - auf ein in wirtschaftlicher Hinsicht nur am Rande bedeutsames Marktsegment bezieht. Die Revision erhebt insoweit auch keine Beanstandungen.
bb) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber das Bestreiten der von der Beklagten behaupteten Branchenüblichkeit durch die Klägerin nicht zugelassen.
Aus dem Zusammenhang der für seine Annahme gegebenen Begründung ergibt sich, daß das Berufungsgericht offenbar davon ausgegangen ist, daß die Klägerin den Sachvortrag der Beklagten zur Branchenüblichkeit erstmals in der mündlichen Berufungsverhandlung bestritten hat. Das wird von der
Revision zu Recht beanstandet. Sie weist zutreffend darauf hin, daß die Klägerin bereits in ihrer Replik zur Klageerwiderung ausdrücklich bestritten hat, "daß alle staatlich anerkannten Blindenwerkstätten in Deutschland in gleicher Weise den Absatz ihrer Produkte organisieren, insbesondere vom Mittel der unaufgeforderten Telefonwerbung Gebrauch machen". In demselben Schriftsatz vom 27. Oktober 1997 hat sie auch bestritten, "daß sich dies in der Bundesrepublik Deutschland eingebürgert hätte". Dieses Bestreiten hat die Klägerin in der Berufungsinstanz wirksam wiederholt, obwohl sie in ihrer Berufungsbegründung nicht erneut konkret auf die von der Beklagten behauptete Branchenüblichkeit der angegriffenen Telefonwerbung eingegangen ist. Sie hat sich zur Begründung ihres Rechtsmittels jedoch auch auf ihren gesamten erstinstanzlichen Vortrag bezogen und ergänzend darauf verwiesen, daß die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten bestritten würden, soweit sie deren Richtigkeit in der Berufungsbegründung nicht ausdrücklich zugestehe. Eine solche pauschale Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen reichte hier ausnahmsweise aus, um das Bestreiten der Branchenüblichkeit zum Gegenstand des Berufungsverfahrens zu machen.
In der Rechtsprechung ist zwar allgemein anerkannt, daß es grundsätzlich keine ordnungsgemäße Begründung darstellt, wenn lediglich auf den erstinstanzlichen Parteivortrag verwiesen wird. Das folgt aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, formale und nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Berufungsbegründungen auszuschließen, um dadurch die Zusammenfassung und Beschleunigung des zweitinstanzlichen Rechtszuges zu erreichen. Der Berufungskläger muß daher eine auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnittene Begründung liefern, die erkennen läßt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach seiner Ansicht unrichtig ist und aus welchen Gründen er die in er-
ster Instanz vorgenommene rechtliche oder tatsächliche Würdigung beanstandet (vgl. BGH, Beschl. v. 25.1.1990 - IX ZB 89/89, NJW 1990, 1184; Urt. v. 29.9.1993 - XII ZR 209/92, NJW 1993, 3333, 3334).
Von diesen Grundsätzen hat die Rechtsprechung aus Gründen der Vereinfachung und Prozeßökonomie jedoch Ausnahmen zugelassen. Eine nur pauschale Bezugnahme auf das Vorbringen erster Instanz genügt ausnahmsweise dann den Anforderungen des § 519 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, wenn das erstinstanzliche Gericht ein unter Beweis gestelltes Vorbringen für unerheblich erachtet hat, das Berufungsgericht diese Rechtsauffassung jedoch nicht teilt und es deshalb nunmehr auf den Sachvortrag ankommt (vgl. BVerfGE 36, 92, 99 f.; 60, 305, 311 f.; BGH, Urt. v. 13.3.1981 - I ZR 65/79, NJW 1982, 581, 582; Urt. v. 3.6.1997 - VI ZR 133/96, NJW 1998, 155). So liegt der Fall hier.
Das Landgericht hat der behaupteten Branchenüblichkeit bei seiner Entscheidung keine Bedeutung beigemessen. Es hat die beanstandete Telefonwerbung für Blindenwaren aus anderen Gründen für wettbewerbsrechtlich zulässig erachtet. Unter diesen Umständen war es verständlich und z ur ordnungsgemäßen Begründung der Berufung auch ausreichend, daß die Klägerin im zweiten Rechtszug nicht ausdrücklich auf die von der Beklagten behauptete Branchenüblichkeit eingegangen ist, sondern sich allein mit den ihr ungünstigen Ausführungen zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der angegriffenen Telefonwerbung befaßt hat (vgl. BGH NJW 1998, 155). Das Berufungsgericht hatte aufgrund des Hinweises in der Berufungsbegründung, daß die tatsächlichen Behauptungen der Beklagten bestritten würden, soweit sie - die Klägerin - diese nicht nachfolgend ausdrücklich zugestehe, keinen Anlaß zu der Annahme , die Klägerin wolle ihr erstinstanzliches Bestreiten der Branchenüblichkeit nicht mehr aufrechterhalten. Nach der Rechtsauffassung des Berufungsge-
richts kam dem Bestreiten der Klägerin gerade erst im zweiten Rechtszug maßgebliche Bedeutung zu. Aus den genannten Gründen war die Klägerin auch nicht verpflichtet, ihr Bestreiten vor der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts nochmals ausdrücklich schriftlich zu wiederholen, nachdem sich die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung erneut auf die Branchenüblichkeit berufen hatte.
Danach hätte das Berufungsgericht - sofern es den Beweisantritt als ausreichend erachtete - den von der Beklagten für die Branchenüblichkeit der beanstandeten Telefonwerbung benannten Zeugen S. durch prozeßleitende Verfügung gemäß § 273 Abs. 2 Nr. 4 ZPO zum Verhandlungstermin laden und vernehmen müssen, da es die Frage der Branchenüblichkeit zu Recht als entscheidungserheblich angesehen hat.
4. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht im Sinne des § 563 ZPO aus anderen Gründen als richtig dar. Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der angegriffenen Telefonwerbung ergibt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht bereits ohne weiteres aus den Regelungen der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzrichtlinie - ABl. EG Nr. L 144/19 v. 4.6.1997), die durch das am 30. Juni 2000 in Kraft getretene Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000 (BGBl. I S. 897 - FernAbsG) umgesetzt worden ist. Die genannte Richtlinie läßt zwar, wie sich aus ihrem Art. 10 ergibt, die telefonische Kommunikation mit Verbrauchern auch ohne deren vorherige Zustimmung zu und verbietet sie lediglich dann, wenn der Verbraucher sie offenkundig abgelehnt hat. Jedoch läßt Art. 14 Satz 1 den Mitgliedstaaten Raum für den Erlaß oder die
Aufrechterhaltung strengerer Bestimmungen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen. Die (strengere) deutsche Rechtsprechung zur Telefonwerbung bleibt schon deshalb von der Richtlinienregelung grundsätzlich unberührt (vgl. BGH, Urt. v. 27.1.2000 - I ZR 241/97, GRUR 2000, 818, 820 = WRP 2000, 722 - Telefonwerbung VI). An dieser Beurteilung ändert auch Art. 14 Satz 2 der Richtlinie nichts, da diese Bestimmung sich nur auf Vertriebsverbote (im Sinne von § 134 BGB) bezieht, mithin Art. 14 Satz 1 nur konkretisiert , aber nicht einschränkt (Köhler/Piper aaO § 1 UWG Rdn. 140; a.A. Böhm, MMR 1999, 643, 647). Der deutsche Gesetzgeber hat bei Umsetzung der Fernabsatz-Richtlinie durch das Fernabsatzgesetz davon Abstand genommen , die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Telefonwerbung zu regeln (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 FernAbsG). Im übrigen erstreckt sich die Richtlinie 97/7/EG ohnehin nicht auf die Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden (Köhler/Piper aaO § 1 UWG Rdn. 140).
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.