Bundesgerichtshof Urteil, 26. Okt. 2006 - I ZR 97/04

bei uns veröffentlicht am26.10.2006
vorgehend
Landgericht Siegen, 7 O 20/04, 21.05.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 97/04 Verkündet am:
26. Oktober 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Regenwaldprojekt II

a) Verspricht ein Unternehmen für den Fall des Kaufs seiner Produkte eine
nicht näher spezifizierte Leistung an einen Dritten, wird der Verbraucher regelmäßig
nur erwarten, dass die Leistung zeitnah erbracht wird und nicht so
geringfügig ist, dass sie die werbliche Herausstellung nicht rechtfertigt. Enthält
die Werbung allerdings konkrete Angaben zum Sponsoring, kann sich
eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zu aufklärenden Hinweisen
ergeben, wenn es ansonsten zu einer wettbewerbsrechtlich relevanten
Fehlvorstellung des Verkehrs kommt.

b) Zur sekundären Darlegungs- und Beweislast des Beklagten im Prozess
über eine irreführende Werbung.
BGH, Urt. v. 26. Oktober 2006 - I ZR 97/04 - LG Siegen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Sprungrevision der Beklagten wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Siegen vom 21. Mai 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betreibt eine Brauerei. Sie warb in der Zeit von Mai bis Juli 2003 für das von ihr hergestellte und im gesamten Bundesgebiet vertriebene Bier mit einer von ihr als "Krombacher Regenwaldprojekt" bezeichneten Aktion. Dazu legte sie in den Verkaufsstellen neben den Bierkästen das nachfolgend schwarz-weiß wiedergegebene Einlegeblatt (Anlage D zur Klageschrift) aus:
2
Zudem warb die Beklagte mit Fernsehwerbespots unter Beteiligung des Journalisten und Fernsehmoderators Günther Jauch und der früheren Tennisspielerin Steffi Graf, die u.a. folgende Inhalte hatten: "Für jeden verkauften Kasten Krombacher fließt eine Spende in die Regenwald -Stiftung des WWF, um einen Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!" "Für jeden verkauften Kasten Krombacher fließt ja eine Spende in die Regenwald-Stiftung des WWF, um einen Quadratmeter Regenwald nachhaltig zu schützen! Wie viele Quadratmeter wir schon erreicht haben , zeigt Ihnen unser neuer Spendenstand!" "Denn mit jedem verkauften Kasten Krombacher Pils, alkoholfrei oder Radler fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des WWF, um einen Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!"
3
Die Beklagte warb in ähnlicher Form bereits im Jahre 2002 mit ihrem "Regenwaldprojekt". Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung jener Werbung ist Gegenstand des Verfahrens I ZR 33/04.
4
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, ist der Auffassung, die streitgegenständliche Werbung sei wettbewerbsrechtlich unlauter. Im Falle einer Kopplung eines Warenverkaufs mit einer Zusatzleistung bestehe die Gefahr der Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise über den tatsächlichen Wert des Angebots. Dies gelte auch, wenn eine Sponsoringleistung als Zugabe versprochen werde. Dieser Gefahr sei durch eine erhöhte Transparenz Rechnung zu tragen. Diesen Anforderungen werde die angegriffene Werbung nicht gerecht. Die Beklagte verschweige die Höhe der Spende pro verkauftem Kasten Bier. Sie löse das Versprechen, für jeden verkauften Kasten Bier einen Quadratmeter Regenwald zu schützen, auch nicht ein.
5
Die Klägerin hat beantragt, I. der Beklagten zur untersagen, wie in den Antragsanlagen A, B, C und D wiedergegeben mit Werbespots zu werben, in denen es heißt: 1. "Für jeden verkauften Kasten Krombacher fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des WWF, um einen Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!" (Anlage A). 2. "Für jeden verkauften Kasten Krombacher fließt ja eine Spende in die Regenwald-Stiftung des WWF, um einen Quadratmeter Regenwald nachhaltig zu schützen! Wie viele Quadratmeter wir schon erreicht haben, zeigt Ihnen unser neuer Spendenstand!" (Anlage B). 3. "Denn mit jedem verkauften Kasten Krombacher Pils, alkoholfrei oder Radler fließt eine Spende in die Regenwald-Stiftung des WWF, um einen Quadratmeter Regenwald in Afrika nachhaltig zu schützen!" (Anlage C). II. der Beklagten zu untersagen, in Flyern oder sonstigen Werbeanzeigen mit der Aussage zu werben: "1 Kasten = 1 m²" (Anlage D).
6
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat geltend gemacht, die Werbung sei ausreichend transparent. Es werde klargestellt, dass für jeden verkauften Kasten Bier der Regenwald-Stiftung des WWF ein Geldbetrag überlassen werde. Zur Offenlegung weiterer Einzelheiten sei sie nicht verpflichtet. Dass der versprochene Schutz nicht umgesetzt werde, habe die Klägerin nicht vorgetragen.
7
Das Landgericht hat der Klage nach vorausgegangenem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, in dem die Beklagte zur Unterlassung verurteilt wurde (LG Siegen GRUR-RR 2003, 379; OLG Hamm, Urt. v. 18.11.2003 - 4 U 105/03, abrufbar unter juris), stattgegeben.
8
Mit der vom Senat zugelassenen Sprungrevision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerin beantragt, die Sprungrevision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Landgericht hat die Unterlassungsansprüche für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
10
Die angegriffenen Werbemaßnahmen verstießen gegen § 1 UWG (a.F.). Die Bestimmung habe auch den Zweck, den Verbraucher vor unlauterer Beeinflussung zu schützen. Dies sei bei einer Werbung für ein Kopplungsgeschäft, das in besonderer Weise anlockend wirke, der Fall, wenn über dessen Zusammensetzung unzureichend informiert werde und dadurch die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung der Verbraucher durch Täuschung über den tatsächlichen Wert der Zusatzleistung gegeben sei.
11
Im vorliegenden Fall sei eine solche unlautere Beeinflussung des Verkehrs anzunehmen. Die Beklagte könne ihr Versprechen nicht halten, für jeden gekauften Kasten Bier einen Quadratmeter Regenwald zu schützen. Sie habe nicht dargelegt, dass ihr Umweltsponsoring so aussehe, dass es die Gleichsetzung von einem Kasten Bier mit einem Quadratmeter geschützten Regenwaldes rechtfertigen könne. Tatsächlich erschöpfe sich das Engagement in der Unterstützung verschiedener Aktionen des World Wide Fund for Nature (WWF). Dies sei nicht der Schutz, den der beanstandete Werbeslogan verspreche. Zwischen der Anzahl der verkauften Kästen Bier und dem Umfang der geschützten Fläche bestehe lediglich eine mittelbare Beziehung.

12
Auf den Schutz von Art. 5 GG könne sich die Beklagte nicht berufen, da es sich insoweit um eine Tatsachenbehauptung handele.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Sprungrevision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die bisherigen Feststellungen des Landgerichts tragen die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung nicht.
14
1. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, setzt voraus, dass auf der Grundlage der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ein solcher Anspruch begründet ist. Zudem muss die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Begehung wettbewerbswidrig gewesen sein, weil es andernfalls an einer Wiederholungsgefahr fehlt (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).
15
2. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 1 UWG zu. Die angegriffenen Werbemaßnahmen stellen keine unangemessene unsachliche Beeinflussung i.S. von § 4 Nr. 1 UWG dar. Aufgrund des vom Landgericht angenommenen Sachverhalts steht auch nicht fest, dass die Werbung der Beklagten gegen das Irreführungsverbot nach § 5 UWG verstößt.
16
a) Die Werbung ist nicht bereits deshalb wettbewerbswidrig, weil sie an das Umweltbewusstsein der angesprochenen Verkehrskreise appelliert, ohne dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem in der Werbung angesprochenen Engagement und der beworbenen Ware besteht. Nach der Rechtsprechung des Senats reicht dies für sich allein nicht aus, um eine unangemessene unsachliche Einflussnahme i.S. von § 4 Nr. 1 UWG anzunehmen (vgl. BGHZ 164, 153 Tz 18 ff. - Artenschutz).
17
b) Auch der Umstand, dass die Unterstützung des umweltpolitischen Ziels mit dem Warenabsatz gekoppelt wird, kann für sich allein gesehen die Unlauterkeit der beanstandeten Werbung nicht begründen.
18
Im Rahmen der Wertreklame ist es dem Unternehmer nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht verwehrt, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit bildenden Produkten in einer Weise miteinander zu verbinden, dass beim Erwerb des einen Produkts das andere ohne Berechnung abgegeben wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.2005 - I ZR 28/03, GRUR 2006, 161 Tz 14 = WRP 2006, 69 - Zeitschrift mit Sonnenbrille; zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 151, 84, 86 - Kopplungsangebot I). Entsprechendes hat zu gelten, wenn der Unternehmer den Produktabsatz statt mit einer zusätzlichen Ware mit der Förderung sozialer , sportlicher, kultureller oder ökologischer Belange (sogenanntes Sponsoring ) koppelt. Die freie Entscheidung des Verbrauchers wird regelmäßig nicht dadurch gefährdet, dass seine Kaufentscheidung nicht auf ausschließlich wirtschaftlichen Überlegungen, sondern auch auf der Möglichkeit beruht, sich durch die vom Unternehmer versprochene Förderung eines Dritten mittelbar für das damit verbundene Ziel zu engagieren. Die Schwelle zur Unlauterkeit nach § 4 Nr. 1 UWG wird erst überschritten, wenn der Einfluss ein solches Ausmaß erreicht , dass er die freie Entscheidung des Verbrauchers zu beeinträchtigen vermag (BGH, Urt. v. 23.2.2006 - I ZR 245/02, GRUR 2006, 511 Tz 21 = WRP 2006, 582 - Umsatzsteuererstattungs-Modell; Urt. v. 6.7.2006 - I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Tz 16 = WRP 2006, 1370 - Kunden werben Kunden). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Denn es bleibt der freien Entschließung des Verbrauchers überlassen, ob er sich bei seiner Kaufentscheidung von dem Engagement des Unternehmers beeinflussen lässt.

19
c) Ob das Landgericht - wie die Revision meint - von einem Wettbewerbsverstoß der Beklagten wegen einer Verletzung von Informationspflichten ausgegangen ist, kann offenbleiben. Eine allgemeine Informationspflicht ist dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht zu entnehmen.
20
aa) Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der UWG-Reform ausdrücklich gegen ein allgemeines Transparenzgebot entschieden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 19 f.). Er hat vielmehr Informationspflichten bei Verkaufsförderungsmaßnahmen und Preisausschreiben oder Gewinnspielen in § 4 Nr. 4 und Nr. 5 UWG vorgesehen und in § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG anerkannt, dass das Verschweigen einer Tatsache irreführend sein kann. Letzteres ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs eine besondere Bedeutung zukommt, so dass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen , also seine Entschließung zu beeinflussen (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 20). Allein aus der Tatsache, dass der Kunde mit dem Erwerb des Bieres die angekündigte umweltpolitische Leistung an den WWF unterstützt, also mit dem Unternehmen "an einem Strang zieht", folgt noch nicht, dass er im Rahmen der Werbung über die Details aufgeklärt werden muss, wie der versprochene Schutz des Regenwalds erreicht werden soll. Erst wenn die Werbung konkrete, für die Kaufentscheidung relevante irrige Vorstellungen hervorruft, ergibt sich aus dem Irreführungsverbot eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zu aufklärenden Hinweisen.
21
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats zu den missbräuchlichen Kopplungsangeboten kann eine Irreführung anzunehmen sein, wenn über den Inhalt der zusätzlichen Leistung nur unzureichend informiert wird (vgl. zu § 4 Nr. 1 UWG: BGH GRUR 2006, 161 Tz 15 - Zeitschrift mit Sonnenbrille; zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGHZ 154, 105, 108 f. - Gesamtpreisangebot). Diese zu § 1 UWG a.F. entwickelte Rechtsprechung ist auf das nunmehr geltende UWG übertragbar, wobei die Frage der Unlauterkeit einer unzureichenden Information am Maßstab des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG zu messen ist (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 1.39; Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 1 Rdn. 58; Lettl, WRP 2004, 1079, 1104; Heermann, WRP 2005, 141, 146; für eine Anwendung im Rahmen von § 4 Nr. 1 UWG: Fezer/Steinbeck, UWG, § 4-1 Rdn. 129). Hieraus folgt aber keine Pflicht zu einer umfassenden Aufklärung; eine solche wird von einem verständigen Verbraucher auch nicht erwartet. Die Verpflichtung zu aufklärenden Angaben besteht nur dann, wenn anderenfalls die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung der Verbraucher durch Täuschung über den tatsächlichen Wert des Angebots, insbesondere über den Wert einer angebotenen Zusatzleistung, gegeben ist (BGHZ 154, 105, 108 f. - Gesamtpreisangebot ; BGH GRUR 2006, 161 Tz 15 - Zeitschrift mit Sonnenbrille).
22
cc) Danach besteht im Falle der Kopplung eines Absatzgeschäftes mit einem sozialen, kulturellen, sportlichen oder ökologischen Engagement weder aufgrund des Verbots unangemessener unsachlicher Einflussnahme auf Marktteilnehmer (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG) noch unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung (§§ 3, 5 UWG) eine allgemeine Verpflichtung des Unternehmens, über die Art und Weise der Unterstützung oder die Höhe bzw. den Wert der Zuwendung aufzuklären (OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 51, 52; Fezer/ Steinbeck aaO § 4-1 Rdn. 370; Gloy/Loschelder/Hasselblatt, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 63 Rdn. 67; Harte/Henning/Stuckel, UWG, § 4 Nr. 1 Rdn. 109; Hartwig, GRUR 2003, 924, 927; Günther/Beyerlein, WRP 2004, 1142, 1144; für weitergehende Informationspflichten: Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 1.165; Seichter in Ullmann aaO § 4 Nr. 1 Rdn. 116; Nordemann/Dustmann, Festschrift Tilmann, 2003, S. 207, 217; offengelassen von Lindacher, Festschrift Tilmann, 2003, S. 195, 205). Verspricht ein Unternehmen in der Werbung, ein bestimmtes Projekt zu unterstützen , besteht der zusätzliche Kaufanreiz darin, dass sich der Verbraucher durch den Warenbezug für das entsprechende Ziel engagieren kann, ohne eigene Aufwendungen über den Kaufpreis hinaus tätigen zu müssen. Hat der Werbende keine nach Art und Umfang näher bestimmte Leistung versprochen, wird der Verbraucher nur erwarten, dass das werbende Unternehmen zeitnah überhaupt eine Unterstützungsleistung erbringt und diese nicht so geringfügig ist, dass sich die werbliche Herausstellung nicht rechtfertigt. Davon abgesehen ist die Werbung mit einem nicht näher spezifizierten Sponsoring allein nicht geeignet, aufgrund mangelnder Transparenz die angesprochenen Verkehrskreise unangemessen unsachlich i.S. von § 4 Nr. 1 UWG zu beeinflussen oder sie über die Art und Weise der Unterstützungsleistung oder deren Umfang zu täuschen.
23
dd) Trifft die Beklagte danach keine generelle Pflicht, in der Werbung über die konkret ergriffenen Maßnahmen zur Förderung des Regenwaldprojektes zu informieren, steht der Klägerin kein Unterlassungsanspruch wegen fehlender Transparenz der Werbung mit der Förderung dieses Projekts nach § 4 Nr. 1 UWG zu.
24
d) Im Ansatz zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die beanstandete Werbung wettbewerbswidrig ist, wenn das, was die Beklagte zum Schutz des Regenwaldes tatsächlich leistet, hinter dem zurückbleibt, was sie in Werbeanzeigen und in der Fernsehwerbung verspricht und dadurch die berechtigten Erwartungen der Verbraucher in relevanter Weise enttäuscht werden. In diesem Fall liegt ein Verstoß gegen § 5 UWG vor (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.2006 - I ZR 33/04 - Regenwaldprojekt I; OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 51, 52; Fezer /Steinbeck aaO § 4-1 Rdn. 372; Harte/Henning/Stuckel aaO § 4 Nr. 1 Rdn. 108). Dass es sich im Streitfall ebenso verhält, lässt sich den vom Landgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen.
25
aa) Maßstab für die Bewertung einer Angabe als irreführend ist die Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise (vgl. BGHZ 156, 250, 252 - Marktführerschaft ). Aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt sich nicht, welches Verständnis der Verkehr von der angegriffenen Werbung hat und weshalb seine Erwartungen durch die von der Beklagten tatsächlich an den WWF erbrachten Leistungen enttäuscht werden. Das Landgericht hat hierzu nur festgestellt, dass die Beklagte einen "direkt proportionalen Schutz" versprochen habe, während eine von der Zahl der verkauften Kästen abhängige Spende lediglich eine "mittelbare Beziehung" herstelle.
26
Auf den Umstand, dass die Beklagte eine Spende an den WWF leistet, weist sie jedoch ausdrücklich hin. Dies findet auch in den mit dem Antrag zu I. beanstandeten Werbeaussagen Erwähnung. Worin darüber hinaus die Fehlvorstellung des Verkehrs liegen soll, wird in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend deutlich.
27
bb) Dies gilt auch, wenn die Ausführungen zur Verkehrsauffassung in dem im Verfahren der einstweiligen Verfügung ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. November 2003 (4 U 105/03) mitberücksichtigt werden, auf die das Landgericht Bezug genommen hat. Das Oberlandesgericht Hamm führt insoweit aus, die Beklagte knüpfe an die Vorstellung an, dass es bei Naturschutzgebieten um die flächenmäßige Ausdehnung gehe, so dass ein gebietsweiser Schutz versprochen sei. Der Verbraucher gehe davon aus, dass nicht nur verschiedene Aktionen unterstützt, sondern ein gebietsweiser Schutz erreicht werde. Er glaube, dass der Schutz desto größer sei, je umfangreicher der Warenabsatz der Beklagten sei.

28
Offen bleibt aber auch insoweit, worin konkret die Fehlvorstellung des Verkehrs liegen soll, weil auch im Falle der finanziellen Unterstützung ein höheres Spendenaufkommen zu einem umfangreicheren Schutz des Regenwaldes führt.
29
III. Danach ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 566 Abs. 8 Satz 1, § 562 ZPO). Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 566 Abs. 8 Satz 2, § 563 Abs. 1 ZPO).
30
Das Landgericht wird im Rahmen der neuen Verhandlung Feststellungen nachzuholen haben, wie der angesprochene Verkehr die Werbung versteht, in welcher Weise die tatsächlich geleistete Förderung hiervon abweicht und gegebenenfalls , ob die Abweichung für die Entscheidung der Verbraucher relevant ist.
31
1. Bei der Beurteilung der Frage, ob sich die Auffassung des Verkehrs von Art und Umfang des Engagements der Beklagten für das Regenwaldprojekt mit ihren tatsächlichen Unterstützungsleistungen deckt, wird das Landgericht zu beachten haben, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Annahme einer Irreführung grundsätzlich bei der Klägerin liegt. Diese hat jedoch im Hinblick auf die durchgeführten Schutzmaßnahmen keine genaue Kenntnis von den Umständen und auch keine Möglichkeit, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während die Beklagte über diese Kenntnis verfügt und die Aufklärung ohne weiteres leisten kann. Daher kann - wovon das Landgericht auch ausgegangen ist - die Beklagte nach dem auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Dies setzt voraus, dass die Klägerin über bloße Verdachtsmomente hinaus die für die Irreführung sprechenden Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt hat (BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 - Beratungskompetenz; vgl. auch Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 3.23; Fezer/Büscher aaO § 12 Rdn. 276).
32
2. Hinsichtlich des Antrags zu II. wird auch zu berücksichtigen sein, dass in der angegriffenen Werbung im Einzelnen dargelegt wird, wie der WWF die Mittel verwendet. Soweit die Angaben - was sich nach den Umständen des Einzelfalls richtet - in einer in sich geschlossenen Darstellung stehen, dürfen sie nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (BGH, Urt. v. 16.12.2004 - I ZR 222/02, GRUR 2005, 438, 440 f. = WRP 2005, 480 - Epson-Tinte). Da die angegriffene Aussage blickfangmäßig herausgestellt ist, steht die im Text vorgenommene Konkretisierung der etwaigen Annahme einer Irreführung nur dann entgegen, wenn sie der Aussage "1 Kasten = 1 m²" eindeutig zugeordnet sowie leicht erkennbar und lesbar ist (vgl. BGHZ 139, 368, 376 - Handy für 0,00 DM).
33
3. Sollte das Landgericht zu dem Ergebnis kommen, dass insoweit eine Fehlvorstellung des Publikums vorliegt, wird es in die Beurteilung einzubeziehen haben, dass unrichtige Angaben nur dann gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, im vorliegenden Fall also den Kaufentschluss der Verbraucher, zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 253/97, GRUR 2000, 914, 915 = WRP 2000, 1129 - Tageszulassung II; Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei). Zwar kann in der Regel aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden (BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 - Last-MinuteReise ). Im vorliegenden Fall könnten sich aber im Hinblick auf die Werbung mit dem Schutz eines Quadratmeters Regenwald beim Erwerb eines Kastens Krombacher Bier Zweifel ergeben, wenn es dem Verbraucher nicht unbedingt auf die Art und Weise ankommt, wie den Belangen des Umweltschutzes Rechnung getragen wird, sondern vielmehr darauf, dass eine nennenswerte Förderung des Umweltprojekts erfolgt. In diesem Zusammenhang könnte die Bereitschaft des Publikums zum Kauf der derart beworbenen Produkte der Beklagten aber auch größer sein, wenn der Käufer die Vorstellung hat, mit seiner im Streitfall nur mittelbaren Zuwendung einen ganz konkreten Schutz für eine bestimmte Fläche Regenwald zu erreichen und nicht nur ein Umweltprojekt allgemein zu fördern.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanz:
LG Siegen, Entscheidung vom 21.05.2004 - 7 O 20/04 -

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Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Okt. 2006 - I ZR 97/04

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi
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Bundesgerichtshof Urteil, 20. Jan. 2005 - I ZR 96/02

bei uns veröffentlicht am 20.01.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 96/02 Verkündet am: 20. Januar 2005 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 26. Okt. 2006 - I ZR 97/04.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2006 - I ZR 166/03

bei uns veröffentlicht am 07.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 166/03 Verkündet am: 7. Dezember 2006 Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Apr. 2008 - I ZR 167/05

bei uns veröffentlicht am 10.04.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 167/05 Verkündet am: 10. April 2008 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ : nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2012 - I ZR 137/10

bei uns veröffentlicht am 15.03.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 137/10 Verkündet am: 15. März 2012 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 33/04 Verkündet am:
26. Oktober 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Regenwaldprojekt I

a) Verknüpft ein Unternehmen den Produktabsatz mit der Förderung sozialer,
sportlicher, kultureller oder ökologischer Belange (sog. Sponsoring), verstößt
es regelmäßig nicht gegen das Verbot unangemessener unsachlicher
Beeinflussung des Kunden i.S. von § 4 Nr. 1 UWG.

b) Verspricht ein Unternehmen allgemein für den Fall des Erwerbs seiner Produkte
, einen Dritten zu unterstützen, so folgt daraus noch nicht, dass über
die Details dieser Leistung aufgeklärt werden muss. Erst wenn die Werbung
konkrete, für die Kaufentscheidung relevante irrige Vorstellungen hervorruft,
ergibt sich eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zu aufklärenden
Hinweisen.

c) Zu den Voraussetzungen eines Verstoßes gegen das Irreführungsverbot
nach § 5 UWG bei einer Verknüpfung des Produktabsatzes mit dem Versprechen
einer Sponsoringleistung.
BGH, Urt. v. 26. Oktober 2006 - I ZR 33/04 - OLG Hamm
LG Siegen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betreibt eine Brauerei. Sie warb in der Zeit von Ende April 2002 bis Ende Juli 2002 für das von ihr hergestellte und im gesamten Bundesgebiet vertriebene Bier mit einer von ihr als "Krombacher Regenwaldprojekt" bezeichneten Aktion. Dazu legte sie in den Verkaufsstellen den Bierkästen das nachfolgend schwarz-weiß wiedergegebene Einlegeblatt (Anlage A zur Klageschrift des Klägers zu 1) bei, in dem es u.a. heißt: "Schützen Sie 1 m² Regenwald. Die Krombacher Regenwald-Aktion läuft vom 01.05. bis 31.07.2002. In diesem Zeitraum wird mit jedem gekauften Kasten Krombacher 1 m² Regenwald in Dzanga Sangha nachhaltig geschützt. Dies stellt der WWF Deutschland sicher."
2
Zudem warb die Beklagte mit Fernsehwerbespots unter Beteiligung des Journalisten und Fernsehmoderators Günther Jauch, die (entsprechend der Anlage 3 zur Klageschrift des Klägers zu 2) folgende Inhalte hatten: "Das Krombacher Regenwaldprojekt. Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu Ihrem Getränkehändler und der sagt Ihnen, wenn Sie jetzt einen Kasten Krombacher kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Häh, wieso Regenwald? Weil es Themen gibt, für die man sich auch mit ungewöhnlichen Mitteln engagieren kann und so ist Krombacher auf die Idee gekommen, unterstützt vom WWF und dem Entwicklungsministerium, eine einmalige Aktion ins Leben zu rufen. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Dieses Schutzprojekt hilft dort, wo die Natur besonders kostbar ist. In den afrikanischen Regenwäldern. Hier gibt es eine einzigartige Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten. Doch dieser Reichtum ist von der Zerstörung bedroht. So wie im afrikanischen Dzanga Sangha-Regenwald. Sie können helfen, dieses Naturparadies zu erhalten. Mit jedem Kasten Krombacher , den Sie kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Und der WWF sorgt dafür, dass diesem Regenwald in den kommenden 100 Jahren nichts passiert. Wir zeigen Ihnen in den nächsten Wochen, warum es sich lohnt, für den Regenwald aktiv zu werden, und Sie sehen, wie mit jedem Kasten Krombacher Quadratmeter für Quadratmeter ein Stück mehr von der Vielfalt des Regenwaldes geschützt wird. Der Anfang ist also gemacht. Auf unserer Aktionsuhr sehen Sie jede Woche den aktuellen Stand und ich halte Sie über das Projekt ab jetzt auf dem Laufenden. Das Krombacher Regenwaldprojekt." "Mit Krombacher können Sie Natur genießen und jetzt auch schützen. Das hier ist das Dzanga Sangha-Regenwaldgebiet in Afrika. Für diesen einzigartigen Lebensraum hat Krombacher mit dem WWF ein Schutzprojekt gestartet. Und Sie können es unterstützen. Mit jedem Kasten Krombacher , den Sie kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Dafür sorgt der WWF die nächsten 100 Jahre. Das find ich richtig gut. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Handeln und genießen." "Mit Krombacher können Sie Natur genießen und jetzt auch schützen. Mit jedem Kasten Krombacher, den Sie kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Dafür sorgt der WWF die nächsten 100 Jahre. Das find ich richtig gut. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Handeln und genießen." "Kennen Sie den Unterschied zwischen den Kästen hier und dem afrikanischen Regenwald? Die werden wieder zurückgebracht, aber wenn der Wald mal weg ist, wächst er nicht mehr nach. Jetzt schützen Sie mit jedem Kasten Krombacher, den Sie kaufen, 1 m² Regenwald. Dafür sorgt der WWF. Das finde ich richtig gut. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Handeln und genießen."
3
Der Kläger zu 1, der Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft e.V., hat die im Einlegeblatt enthaltene Werbung wegen irreführender Angaben als wettbewerbswidrig beanstandet. Es werde der Anschein erweckt, dass mit dem Kauf jedes Kastens Krombacher Bier ein Quadratmeter Regenwald in einer Art dinglich gesicherter Patenschaft geschützt werde, während tatsächlich nur eine allgemeine finanzielle Unterstützung erfolge. Darüber hinaus verschleiere die Beklagte, dass sie pro Kasten Bier - entgegen der angesichts des hohen Werbeaufwands erweckten Verbrauchererwartung - nur einen geringen Betrag von wenigen Cent an den World Wide Fund for Nature (WWF) abführe, mit dem ein nachhaltiger Schutz kaum gewährleistet werden könne. Außerdem sei die Werbung intransparent. Es erfolge keine Aufklärung darüber, wie der Schutz aussehe, wie er gewährleistet werde und für welche Dauer er geschaffen werden solle.
4
Der Kläger zu 2, der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V., hat die Ansicht vertreten, eine derartige Umweltwerbung sei schon deshalb unzulässig, weil es an einem sachlichen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Produkt und dem Engagement für die Umwelt fehle. Die Werbung sei zudem irreführend. Der Verbraucher verstehe die Werbung so, dass die Beklagte oder der WWF eine Rechtsposition erwerbe, die das RegenwaldGebiet den Zugriffen Dritter entziehe, während tatsächlich nur eine Spende erfolge. Durch die mit der Zuwendung finanzierten Maßnahmen könne das Gebiet nicht dauerhaft vor Rodungen geschützt werden. Aufgrund der fehlenden Aufklärung über die Art und Weise der Unterstützung sei zudem dem Transparenzgebot nicht ausreichend Rechnung getragen.
5
Der Kläger zu 1 hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für den Absatz von Krombacher Bier wie folgt zu werben: "Schützen Sie 1 m² Regenwald.

In diesem Zeitraum wird mit jedem gekauften Kasten Krombacher 1 m² Regenwald in Dzanga Sangha nachhaltig geschützt.

Jeder Kasten Krombacher hilft. Vielen Dank für Ihr Engagement."
und/oder
"Helfen Sie! Mit jedem Kasten Krombacher von … bis …"
(es folgt jeweils eine Zeitangabe)
nach Maßgabe der Anlage A zur Klageschrift vom 1. April 2003.
6
Der Kläger zu 2 hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, wie in Anlage 3 zur Klageschrift vom 16. April 2003 wiedergegeben, mit Werbespots zu werben, in denen es heißt (es folgt die vorstehend wiedergegebene Darstellung des Fernsehwerbespots

).


7
Weiterhin hat der Kläger zu 2 die Erstattung von Kosten in Höhe von 235,82 € nebst Zinsen für eine Abmahnung und das Verlangen einer Abschlusserklärung gegenüber der Beklagten begehrt.
8
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, mit der Werbung werde keine weitergehende Förderung zugunsten des Regenwald -Projekts versprochen als im Ergebnis gewährleistet sei. Der pro Kasten abgeführte Betrag reiche aus, um den versprochenen Schutz von einem Quadratmeter Regenwald nachhaltig zu ermöglichen. Die Werbung sei auch nicht wegen fehlender Aufklärung über die Durchführung des Schutzes des Regenwaldes wettbewerbswidrig. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthalte kein allgemeines Transparenzgebot. Aufklärungspflichten im Rahmen von Kopplungsgeschäften bestünden nur dann, wenn die versprochene Leistung einen Marktwert habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die angegriffenen Werbeaussagen fielen zudem in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Mangels spürbarer Beeinträchtigung des Leistungswettbewerbs sei das beantragte Verbot verfassungswidrig.
9
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

10
Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass hinsichtlich des Antrags des Klägers zu 1 die "Oder"-Verknüpfung entfallen ist (OLG Hamm, Urt. v. 13.1.2004 - 4 U 112/03, abrufbar bei juris; zum Verbot im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung: OLG Hamm GRUR 2003, 975).
11
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


12
I. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsansprüche sowie den Anspruch auf Aufwendungsersatz für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt :
13
Die angegriffenen Werbemaßnahmen verstießen gegen § 1 UWG (a.F.). Zwar sei die Werbung weder unter dem Gesichtspunkt des psychischen Kaufzwangs noch unter dem der gefühlsbetonten Werbung wettbewerbswidrig. Der Werbung fehle es aber an der erforderlichen Transparenz. Allerdings gebe es im Wettbewerbsrecht kein allgemeines Transparenzgebot. Die Vorschrift des § 1 UWG (a.F.) habe jedoch auch den Zweck, den Verbraucher vor unlauterer Beeinflussung zu schützen. Die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung sei bei einer Werbung für ein Kopplungsgeschäft gegeben, das in besonderer Weise anlockend wirke, wenn der Kunde nur unzureichend über dessen Zusammensetzung informiert und dadurch über den tatsächlichen Wert der Zusatzleistung getäuscht werde. Den Anforderungen an die erforderliche Transparenz müsse auch genügt werden, wenn - wie vorliegend - eine nicht handelsübliche Ware als Zusatzleistung angeboten werde. Die Attraktivität des streitgegenständlichen Angebots liege in dem problemlos erscheinenden "Kauf" eines "guten Umweltgewissens". Im Falle der Verbindung einer altruistischen Handlung mit dem Absatz einer Ware sei es daher erforderlich, dass der Verbraucher in der Werbung darüber aufgeklärt werde, wie das für die Kaufentscheidung mit entscheidende Ziel der altruistischen Handlung erreicht werden solle.
14
Den Anforderungen an die Transparenz trage die angegriffene Werbung nicht Rechnung. Die Beklagte mache nicht deutlich, wie das Resultat des Kaufs eines Kastens Krombacher Bier, das auch in dem Schutz eines Quadratmeters Regenwald bestehe, erreicht werden solle und ob es überhaupt realisierbar sei.
15
Auf den Schutz von Art. 5 GG könne sich die Beklagte nicht berufen, da es sich bei den beanstandeten Werbeaussagen um Tatsachenbehauptungen handele.
16
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung über die Klageanträge nicht möglich, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die angegriffene Werbung der Beklagten irreführend ist (§ 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG).
17
1. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, setzt voraus, dass auch auf der Grundlage der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ein solcher Anspruch begründet ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).

18
2. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 1 UWG zu. Die Werbung der Beklagten ist nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich auch nicht, dass die beanstandete Werbung irreführend i.S. von § 5 UWG ist.
19
a) Das Berufungsgericht hat die angegriffene Werbung zu Recht nicht bereits deshalb als wettbewerbswidrig angesehen, weil diese an das Umweltbewusstsein der angesprochenen Verkehrskreise appelliert, ohne dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem in der Werbung angesprochenen Engagement und der beworbenen Ware besteht. Nach der Rechtsprechung des Senats reicht dieser Umstand für sich allein nicht aus, um eine unangemessene unsachliche Einflussnahme i.S. von § 4 Nr. 1 UWG anzunehmen (vgl. BGHZ 164, 153 Tz 18 ff. - Artenschutz).
20
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Verknüpfung der Förderung des Umweltprojektes der Beklagten mit dem Warenabsatz für sich allein gesehen die Unlauterkeit der beanstandeten Werbung nicht begründen kann.
21
Im Rahmen der Wertreklame ist es dem Unternehmer nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht verwehrt, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit bildenden Produkten in einer Weise miteinander zu verbinden, dass beim Erwerb des einen Produkts das andere ohne Berechnung abgegeben wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.2005 - I ZR 28/03, GRUR 2006, 161 Tz 14 = WRP 2006, 69 - Zeitschrift mit Sonnenbrille; zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 151, 84, 86 - Kopplungsangebot I). Entsprechendes hat zu gelten, wenn der Unternehmer den Produktabsatz statt mit einer zusätzlichen Ware mit der Förderung so- zialer, sportlicher, kultureller oder ökologischer Belange (sogenanntes Sponsoring ) koppelt. Die freie Entscheidung des Verbrauchers wird regelmäßig nicht dadurch gefährdet, dass seine Kaufentscheidung nicht auf ausschließlich wirtschaftlichen Überlegungen, sondern auch auf der Möglichkeit beruht, sich durch die vom Unternehmer versprochene Förderung eines Dritten mittelbar für das damit verbundene Ziel zu engagieren. Die Schwelle zur Unlauterkeit nach § 4 Nr. 1 UWG wird erst überschritten, wenn der Einfluss ein solches Ausmaß erreicht , dass er die freie Entscheidung des Verbrauchers zu beeinträchtigen vermag (BGH, Urt. v. 23.2.2006 - I ZR 245/02, GRUR 2006, 511 Tz 21 = WRP 2006, 582 - Umsatzsteuererstattungs-Modell; Urt. v. 6.7.2006 - I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Tz 16 = WRP 2006, 1370 - Kunden werben Kunden). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Denn es bleibt der freien Entschließung des Verbrauchers überlassen, ob er sich bei seiner Kaufentscheidung von dem Engagement des Unternehmers beeinflussen lässt.
22
c) Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, dass die angegriffenen Werbemaßnahmen wettbewerbswidrig seien, weil die Beklagte nicht ausreichend über die Art und Weise informiert habe, wie der angekündigte Schutz des Regenwaldes erreicht werden solle. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Eine entsprechende allgemeine Informationspflicht ist dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht zu entnehmen.
23
aa) Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der UWG-Reform ausdrücklich gegen ein allgemeines Transparenzgebot entschieden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 19 f.). Er hat vielmehr Informationspflichten bei Verkaufsförderungsmaßnahmen und Preisausschreiben oder Gewinnspielen in § 4 Nr. 4 und Nr. 5 UWG vorgesehen und in § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG anerkannt, dass das Verschweigen einer Tatsache irreführend sein kann. Letzteres ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs eine besondere Bedeutung zukommt, so dass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen , also seine Entschließung zu beeinflussen (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 20). Allein aus der Tatsache, dass der Kunde mit dem Erwerb des Bieres die angekündigte umweltpolitische Leistung an den WWF unterstützt, also insoweit mit dem Unternehmen "an einem Strang zieht", oder, wie das Berufungsgericht es ausgedrückt hat, ein gutes Umweltgewissen "kauft", folgt noch nicht, dass er im Rahmen der Werbung über die Details aufgeklärt werden muss, wie der versprochene Schutz des Regenwalds erreicht werden soll. Erst wenn die Werbung konkrete, für die Kaufentscheidung relevante irrige Vorstellungen hervorruft, ergibt sich aus dem Irreführungsverbot eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zu aufklärenden Hinweisen.
24
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats zu den missbräuchlichen Kopplungsangeboten kann eine Irreführung anzunehmen sein, wenn über den Inhalt der zusätzlichen Leistung nur unzureichend informiert wird (vgl. zu § 4 Nr. 1 UWG: BGH GRUR 2006, 161 Tz 15 - Zeitschrift mit Sonnenbrille; zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGHZ 154, 105, 108 f. - Gesamtpreisangebot). Diese zu § 1 UWG a.F. entwickelte Rechtsprechung ist auf das nunmehr geltende UWG übertragbar, wobei die Frage der Unlauterkeit einer unzureichenden Information am Maßstab des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG zu messen ist (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 1.39; Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 1 Rdn. 58; Lettl, WRP 2004, 1079, 1104; Heermann, WRP 2005, 141, 146; für eine Anwendung im Rahmen von § 4 Nr. 1 UWG: Fezer/Steinbeck, UWG, § 4-1 Rdn. 129). Hieraus folgt aber keine Pflicht zu einer umfassenden Aufklärung; eine solche wird von einem verständigen Verbraucher auch nicht erwartet. Die Verpflichtung zu aufklärenden Angaben besteht nur dann, wenn anderenfalls die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung des Verbrauchers durch Täuschung über den tatsächlichen Wert des Angebots, insbesondere über den Wert einer angebotenen Zusatzleistung, gegeben ist (BGHZ 154, 105, 108 f. - Gesamtpreisangebot ; BGH GRUR 2006, 161 Tz 15 - Zeitschrift mit Sonnenbrille).
25
cc) Danach besteht im Falle der Kopplung eines Absatzgeschäftes mit einem sozialen, kulturellen, sportlichen oder ökologischen Engagement weder aufgrund des Verbots einer unangemessenen unsachlichen Einflussnahme auf Marktteilnehmer (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG) noch unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung (§§ 3, 5 UWG) eine allgemeine Verpflichtung des Unternehmens , über die Art und Weise der Unterstützung oder die Höhe bzw. den Wert der Zuwendung aufzuklären (OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 51, 52; Fezer /Steinbeck aaO § 4-1 Rdn. 370; Gloy/Loschelder/Hasselblatt, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 63 Rdn. 67; Harte/Henning/Stuckel, UWG, § 4 Nr. 1 Rdn. 109; Hartwig, GRUR 2003, 924, 927; Günther/Beyerlein, WRP 2004, 1142, 1144; für weitergehende Informationspflichten: Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 1.165; Seichter in Ullmann aaO § 4 Nr. 1 Rdn. 116; Nordemann/Dustmann, Festschrift Tilmann, 2003, S. 207, 217; offengelassen von Lindacher, Festschrift Tilmann, 2003, S. 195, 205). Verspricht ein Unternehmen in der Werbung, ein bestimmtes Projekt zu unterstützen , besteht der zusätzliche Kaufanreiz darin, dass sich der Verbraucher durch den Warenbezug für das entsprechende Ziel engagieren kann, ohne eigene weitere Aufwendungen über den Kaufpreis hinaus tätigen zu müssen. Hat der Werbende keine nach Art und Umfang näher bestimmte Leistung versprochen, wird der Verbraucher nur erwarten, dass das werbende Unternehmen zeitnah überhaupt eine Unterstützungsleistung erbringt und diese nicht so geringfügig ist, dass sie die werbliche Herausstellung nicht rechtfertigt. Davon abgesehen ist die Werbung mit einem nicht näher spezifizierten Sponsoring allein nicht geeignet , aufgrund mangelnder Transparenz die angesprochenen Verkehrskreise unangemessen unsachlich i.S. von § 4 Nr. 1 UWG zu beeinflussen oder sie über die Art und Weise der Unterstützungsleistung oder deren Umfang zu täuschen.

26
dd) Trifft die Beklagte danach keine generelle Pflicht, in der Werbung über die konkret ergriffenen Maßnahmen zur Förderung des Regenwaldprojektes zu informieren, steht den Klägern kein Unterlassungsanspruch wegen fehlender Transparenz der Werbung mit der Förderung des Projekts nach § 4 Nr. 1 UWG zu.
27
3. Da die Werbung der Beklagten auch nicht wegen fehlender Transparenz nach § 1 UWG a.F. unlauter ist, können die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Aufwendungen des Klägers zu 2 tragen.
28
III. Das Berufungsurteil kann danach nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
29
1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen hat, weil sie in ihrer Werbung zur Förderung des Regenwaldprojektes mehr verspricht, als sie tatsächlich an Leistung erbringt und dadurch die berechtigten Erwartungen der Verbraucher in relevanter Weise enttäuscht werden.
30
2. Die Kläger haben hierzu vorgebracht, der Verkehr verstehe die beanstandeten Werbeaussagen, insbesondere die in den sonstigen Werbetext eingebundene Werbeformel, mit jedem gekauften Kasten Krombacher werde ein Quadratmeter Regenwald in Dzanga Sangha geschützt, dahin, dass der versprochene Schutz von einem Quadratmeter Regenwald dergestalt realisiert werde, dass eine wie auch immer geschützte Rechtsposition erworben werde, mit der eine Abholzung der geschützten Flächen verhindert werden könne. Tatsächlich sei dies aber nicht der Fall.

31
Der Kläger zu 1 hat außerdem vorgetragen, die Beklagte habe je Kasten Bier nur wenige Cent an den WWF abgeführt, während der Verbraucher mit Blick auf die beanstandete Werbung von einer umfangreicheren Unterstützung ausgegangen sei (vgl. zu diesem Gesichtspunkt allgemein: Lindacher aaO S. 195, 205; Nordemann/Dustmann aaO S. 207, 217).
32
a) Das Berufungsgericht wird insoweit zu prüfen haben, wie der Verkehr die Werbung der Beklagten im Hinblick auf die Art und Weise und den Umfang der Unterstützung zur Sicherung des Regenwaldes auffasst und ob diese Vorstellung sich mit den Unterstützungsleistungen der Beklagten an den WWF deckt. Dabei wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass die angegriffenen Werbeaussagen in einem Kontext stehen, von dem sie nicht ohne weiteres losgelöst beurteilt werden können.
33
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Auffassung des Verkehrs von Art und Umfang des Engagements der Beklagten für das Regenwaldprojekt mit ihren tatsächlichen Unterstützungsleistungen übereinstimmt, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Annahme einer Irreführung grundsätzlich bei den Klägern liegt. Diese haben jedoch hinsichtlich des konkret abgeführten Betrages keine genaue Kenntnis und auch keine Möglichkeit, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während die Beklagte über diese Kenntnis verfügt und die Aufklärung ohne Weiteres leisten kann. Daher kann die Beklagte nach dem auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Dies setzt voraus, dass die Kläger über bloße Verdachtsmomente hinaus die für die Irreführung sprechenden Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt haben (BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 - Beratungs- kompetenz; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 3.23; Fezer/Büscher aaO § 12 Rdn. 276).
34
b) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass eine Fehlvorstellung des Publikums vorliegt, wird es in die Beurteilung einzubeziehen haben, dass unrichtige Angaben nur dann gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, im vorliegenden Fall also den Kaufentschluss der Verbraucher, zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 253/97, GRUR 2000, 914, 915 = WRP 2000, 1129 - Tageszulassung II; Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei). Zwar kann in der Regel aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden (BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 - Last-MinuteReise ). Im vorliegenden Fall könnten sich aber im Hinblick auf die Werbung mit dem Schutz eines Quadratmeters Regenwald beim Erwerb eines Kastens Krombacher Bier Zweifel ergeben, wenn es dem Verbraucher nicht unbedingt auf die Art und Weise ankommt, wie den Belangen des Umweltschutzes Rechnung getragen wird, sondern vielmehr darauf, dass eine nennenswerte Förderung des Umweltprojekts erfolgt. In diesem Zusammenhang könnte die Bereitschaft des Publikums zum Kauf der derart beworbenen Produkte der Beklagten aber auch größer sein, wenn der Käufer die Vorstellung hat, mit seiner im Streitfall nur mittelbaren Zuwendung einen ganz konkreten Schutz für eine bestimmte Fläche Regenwald zu erreichen und nicht nur ein Umweltprojekt allgemein zu fördern.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 22.08.2003 - 7 O 50/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.01.2004 - 4 U 112/03 -

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 96/02 Verkündet am:
20. Januar 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Direkt ab Werk
Die Werbung eines Einzelhändlers mit den Angaben "Direkt ab Werk! Kein Zwischenhandel
! Garantierter Tief-Preis" ist irreführend, wenn sie bei den angesprochenen
Verbrauchern den Eindruck erweckt, die so beworbene Ware werde
zu den Abgabepreisen des Herstellers vertrieben, der Werbende in die von
ihm verlangten Preise jedoch seine Gewinnspanne eingerechnet hat.
BGH, Urt. v. 20. Januar 2005 - I ZR 96/02 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 13. März 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Fahrradeinzelhändler. Die Beklagte bewarb im Jahr 2000 in einem achtseitigen Werbefaltblatt die Fahrradmodelle "K. " und "C. " mit der Angabe:

Die Beklagte erwirbt die so beworbenen Fahrräder vom Hersteller und veräußert sie in eigenem Namen zu Preisen, in denen ihre Handelsspanne enthalten ist, an Endverbraucher.
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte erwecke den unzutreffenden Eindruck, sie stelle die Fahrräder selbst her und biete einen Werksverkauf an. Die Angabe "garantierter Tief-Preis" verstärke den sich daran anschließenden Eindruck eines Preisvorteils durch Wegfall jeden Zwischenhandels.
Der Kläger hat beantragt,
der Beklagten unter Androhung im einzelnen bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs die Behauptung aufzustellen, der Verkauf von Fahrrädern, insbesondere unter der Bezeichnung "K. " und "C. ", finde zu "garantierten Tiefpreisen, kein Zwischenhandel, direkt ab Werk" statt, insbesondere wenn dies wie mit der nachstehenden Abbildung erfolge:

Ferner hat er die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, die Werbung entspreche den tatsächlichen Gegebenheiten. Der Verkehr verstehe sie dahin, daß zwischen dem Hersteller und der Beklagten kein Zwischenhändler eingeschaltet sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen wendet sich diese mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die beanstandete Werbung der Beklagten verstoße gegen § 3 UWG (a.F.). Zur Begründung hat es ausgeführt :
Ein am Erwerb eines Fahrrads interessierter Verbraucher werde dem beanstandeten Text entnehmen, daß der Letztverbraucher die so beworbenen Fahrräder ohne jeden Zwischenhandel vom Hersteller unmittelbar erwerben könne. Er werde dabei nicht vermuten, daß sich die Verkaufsstelle in unmittelbarem örtlichen Zusammenhang mit dem Herstellungsbetrieb befinde, sondern er werde nur annehmen, daß der Kaufvertrag unmittelbar zwischen ihm und dem Hersteller geschlossen werde. Dieses aus den Angaben "Direkt ab Werk!" und "kein Zwischenhandel!" folgende Verständnis werde der Verbraucher dann bei näherem Nachdenken über den Sinn der Angaben durch die Worte "garantierter Tief-Preis" weiter vertiefen können, weil der Tief-Preis ihm als unmittelbare Folge des direkten Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des Zwischenhandels erscheine. Der durchschnittlich verständige Verbraucher werde annehmen, daß der Werbende ihm nur deshalb einen außergewöhnlich günstigen Preis bieten könne, weil bei der Preisbildung nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines Zwischenhändlers berücksichtigt worden sei.
Der weitere Inhalt des Werbeprospekts sei nicht geeignet, den durch die beanstandeten Angaben hervorgerufenen falschen Eindruck zu korrigieren. Letztlich würden auch diejenigen Verbraucher irregeführt, welchen die Beklagte bereits als Einzelhändlerin bekannt sei. Denn auch ein überwiegender Teil die-
ses Personenkreises werde aufgrund der beanstandeten Werbung annehmen, daß jedenfalls hinsichtlich der mit dem beanstandeten Slogan herausgehoben beworbenen Fahrradmodelle besondere Vertragsbeziehungen zwischen der Beklagten und dem Hersteller bestünden, die es erlaubten, den Abgabepreis des Herstellers an den Letztverbraucher weiterzugeben. Dieser durch die angegriffene Werbung beim Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein. Die so beworbenen Fahrradmodelle könnten bei der Beklagten nicht vom Hersteller und nicht zu dessen Abgabepreisen erworben werden.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg.
1. Auf den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch sind die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 anzuwenden. Der im Streitfall auf eine Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch zur Zeit der Begehung wettbewerbswidrig war. Auf diesen Zeitpunkt kommt es auch für den auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten und den diesen vorbereitenden Anspruch auf Auskunftserteilung an.
2. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung der Beklagten mit den Angaben "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garantierter Tief-Preis" sei irreführend und deshalb unlauter, hält sowohl nach altem (§ 3 UWG a.F.) als auch nach neuem Unlauterkeitsrecht (§§ 3, 5 Abs. 1 UWG) im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Eine Werbung ist irreführend i.S. von § 5 Abs. 1 UWG3 UWG a.F.), wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen, an die sie sich richtet,
erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 27.4.1995 - I ZR 116/93, GRUR 1995, 612, 614 = WRP 1995, 701 - Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie; Urt. v. 17.2.2000 - I ZR 254/97, GRUR 2000, 911, 913 = WRP 2000, 1248 - Computerwerbung, m.w.N.; vgl. ferner Piper in: Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 UWG Rdn. 106; Baumbach/Hefermehl/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.65; Harte/Henning/ Dreyer, UWG, § 5 Rdn. 151). Für die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, ist ihr Gesamteindruck maßgeblich (vgl. BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 - Sparvorwahl); es sind alle ihre Bestandteile zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 2 UWG).

b) Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe über die Bezugsart (vgl. dazu Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 6.13 ff.) der beworbenen Fahrradmodelle die irreführende Angabe gemacht , der Endverbraucher könne die Fahrräder unmittelbar vom Hersteller erwerben, erhebt die Revision die Rüge, das Berufungsgericht habe nicht hinreichend den Gesamteindruck berücksichtigt, den der Inhalt des Werbeprospekts der Beklagten hervorrufe. Ob die Angriffe der Revision durchgreifen, kann dahinstehen, weil das Berufungsgericht einen Verstoß gegen § 3 UWG a.F. jedenfalls zu Recht darin gesehen hat, daß die Beklagte irreführende Angaben über die Preisbemessung der von ihr beworbenen Fahrradmodelle gemacht hat. Der angesprochene Durchschnittsverbraucher werde irregeführt, weil er aufgrund der beanstandeten Werbeaussagen annehme, bei der Preisbildung sei nur die Gewinnspanne des Herstellers, nicht aber auch die Handelsspanne eines Zwischenhändlers berücksichtigt worden. Dieser durch die angegriffene Werbung beim angesprochenen Publikum erweckte Eindruck stimme mit der Wirklichkeit nicht überein, weil die beworbenen Fahrradmodelle nicht zu den Abgabepreisen des Herstellers erworben werden könnten.


c) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe den irreführenden Eindruck erweckt, sie gebe die beworbenen Fahrräder "K. " und "C. " zu den Preisen des Herstellers ab, unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.
aa) Es ist insoweit ohne Bedeutung, ob die angesprochenen Verkehrskreise die Werbeaussage "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel! garantierter Tief-Preis" dahin verstehen, die so beworbenen Fahrräder könnten unmittelbar vom Hersteller erworben werden, oder ihr, wie die Beklagte geltend gemacht hat, lediglich entnehmen, daß zwischen dem Hersteller und der Beklagten kein Zwischenhändler eingeschaltet ist. Selbst wenn von letzterem Verkehrsverständnis auszugehen wäre, änderte dies nichts daran, daß die angesprochenen Verkehrskreise die Werbung der Beklagten dahin verstehen, sie biete die von ihr so beworbenen Fahrräder zu den Abgabepreisen der Hersteller ohne weitere Aufschläge an. Denn in der beanstandeten Werbeaussage wird nicht nur auf den Bezugsweg ("Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!") hingewiesen, sondern durch die damit in Verbindung stehende Angabe "garantierter Tief-Preis" wird auch ein besonderer Preisvorteil herausgestellt. Die Auffassung des Berufungsgerichts , der "garantierte Tief-Preis" erscheine dem Verbraucher als unmittelbare Folge des Verkaufs ab Werk unter Ausschaltung des Zwischenhandels, trifft auch dann zu, wenn der Verbraucher entgegen der weiteren Annahme des Berufungsgerichts nicht von einem direkten Verkauf durch den Hersteller, sondern von einem Erwerb von der Beklagten ausgeht.
bb) Soweit die Revision dem entgegenhält, der Verbraucher, der die Beklagte als Einzelhändlerin kenne und der deshalb nicht annehme, daß er unmittelbar vom Hersteller erwerbe, werde die beanstandete Werbung dahin verste-
hen, daß die Beklagte die Waren unter Aussparung des Zwischenhändlers direkt beim Hersteller kaufe und somit (nur) die Gewinnspanne eines Zwischenhändlers , nicht aber diejenige der Beklagten als Einzelhändlerin entfalle, berücksichtigt sie nicht hinreichend, daß die Beklagte nicht bloß den Anschein irgendeines Preisvorteils erweckt. Sie wirbt vielmehr unter Bezugnahme auf die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" mit einem "garantierten TiefPreis". Ein beachtlicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird in der Werbung einen Hinweis auch auf das Ausmaß des infolge des Direktbezugs vom Hersteller zu erzielenden Preisvorteils sehen und die Bewerbung eines "garantierten Tief-"Preises dahin verstehen, daß die Beklagte die so beworbenen Waren zu einem Preis im unteren Bereich des durch die Angabe "Direkt ab Werk! kein Zwischenhandel!" umschriebenen Preisniveaus anbietet (zur Werbung mit Tief-Preisen vgl. Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 7.134). Bei einem Direktbezug "ab Werk", d.h. vom Hersteller, ist das aber dessen Abgabepreis ohne weitere Zuschläge wie die Gewinnspanne des Wiederverkäufers oder dessen Vertriebs-, Lager- und Werbekosten. Der Umstand, daß die Beklagte lediglich einzelne der in ihrem Werbeprospekt beworbenen Fahrräder mit dem beanstandeten Zusatz angeboten hat, wirkt der Irreführungsgefahr entgegen der Ansicht der Revision nicht entgegen. Denn dadurch wird allenfalls der durch die Angabe "garantierter Tief-Preis" hervorgerufene und durch die blickfangmäßige Herausstellung des "Tief-Preises" bei der konkreten Verletzungsform zusätzlich betonte Eindruck verstärkt, die so beworbenen Waren würden zu einem noch günstigeren Preis als die anderen beworbenen Fahrräder angeboten. Dafür spricht auch der Umstand, daß bei sämtlichen beworbenen Waren dem von der Beklagten verlangten Preis die "unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers" gegenübergestellt wird und der Verkehr die beanstandete Werbeangabe daher als Anpreisung einer über diesen Preisvorteil noch hinausgehenden Vergünstigung ansehen wird.


d) Die Irreführung über die Günstigkeit des Preises der beworbenen Fahrräder ist für die Kaufentscheidung der angesprochenen Verbraucher von maßgeblicher Bedeutung und somit wettbewerbsrechtlich relevant.
3. Die Ansprüche auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und auf Auskunftserteilung folgen aus §§ 3, 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UWG a.F., § 242 BGB.
III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 28/03 Verkündet am:
22. September 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Zeitschrift mit Sonnenbrille

a) Von einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit
von Verbrauchern nach § 4 Nr. 1 UWG ist regelmäßig nicht allein
deshalb auszugehen, weil dem Produkt eine im Verhältnis zum Verkaufspreis
wertvolle Zugabe ohne zusätzliches Entgelt beigefügt wird.

b) Eine Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen
i.S. von § 4 Nr. 2 UWG ist nicht gegeben, wenn eine Jugendzeitschrift
zusammen mit einer Sonnenbrille abgegeben wird.

c) Für die Frage, ob bei einem kombinierten Produkt i.S. von § 30 Abs. 1
Satz 2 Halbs. 2 GWB die Zeitschrift im Vordergrund steht, kommt es nicht
darauf an, ob die Nebenware als Zusatz den Inhalt der Zeitschrift ergänzt
oder ob es sich um eine branchenfremde Zugabe handelt.
BGH, Urt. v. 22. September 2005 - I ZR 28/03 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 5. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 07 für Handelssachen, vom 8. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin gibt die monatlich erscheinende Zeitschrift "B. M. " heraus, deren verkaufte Auflage Mitte 2001 225.000 Exemplare betrug.
Zielgruppe der Zeitschrift, die im Jahre 2001 zu einem gebundenen Verlagspreis von 4,30 DM angeboten wurde, sind Mädchen und junge Frauen.
2
Die Beklagte ist Herausgeberin der Zeitschrift "1.", die sich an weibliche Teenager richtet. Der gebundene Verlagspreis betrug im Jahre 2001 4,50 DM. Die Auflage lag im zweiten Halbjahr 2001 jeweils bei etwa 181.000 Exemplaren.
3
Die August-Ausgabe 2001 ihrer Zeitschrift brachte die Beklagte mit einer auf der Titelseite befestigten Sonnenbrille heraus, die in den Farben "Schwarz" und "Lila" erhältlich war. Den normalen Kaufpreis von 4,50 DM für die Zeitschrift behielt die Beklagte bei. Im Zusammenhang mit der Sonnenbrille heißt es auf dem Titelblatt u.a.: "Extra! Designer-Brille". Auf Seite 3 des Heftes befindet sich ein redaktioneller Beitrag, in dem die Leserin Tipps zur Verwendung der Brille erhält.
4
Nach Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz gab die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2001 folgende strafbewehrte Unterlassungserklärung ab: "Wir, die N. Verlag GmbH (Beklagte) verpflichten uns gegenüber G. (Klägerin) es bei Meidung einer Vertragsstrafe , die für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung von G. angemessen festzusetzen und bei Streit über die Angemessenheit vom Landgericht Hamburg zu überprüfen ist, zu unterlassen , die zusammen mit der Zeitschrift '1.' Heft 0108 (August 2001) feilgehaltene und vertriebene Brille als 'Designerbrille' zu bezeichnen."
5
Diese Erklärung nahm die Klägerin mit Schreiben vom 6. März 2002 an.
6
Die Klägerin hält den Verkauf der Zeitschrift zusammen mit der Sonnenbrille unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens für wettbewerbswidrig. Sie hat vorgetragen, der reguläre Kaufpreis einer vergleichbaren Sonnenbrille betrage etwa 30 DM, weshalb ein großer Teil der angesprochenen Zielgruppe die Zeitschrift ausschließlich wegen der Sonnenbrille erworben habe. Die Wiederholungsgefahr sei durch die Unterlassungserklärung vom 11. Dezember 2001 nicht entfallen, da diese sich lediglich auf die Verwendung der Bezeichnung "Designerbrille" beschränke. Die Beklagte spiegele eine besondere Hochwertigkeit der Brille vor. Das Verhalten der Beklagten verstoße zudem gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, weil ein Gegenstand , der keiner Preisbindung unterliegen dürfe, zusammen mit einer preisgebundenen Zeitschrift abgegeben werde.
7
Im Hinblick auf die von der Beklagten am 11. Dezember 2001 abgegebene Unterwerfungserklärung hat die Klägerin in der Berufungsinstanz gegenüber ihrem in erster Instanz verfolgten Unterlassungsantrag das Wort "Designerbrille" durch "Sonnenbrille" ersetzt.
8
Auf den zuletzt gestellten Antrag der Klägerin hat das Berufungsgericht (OLG Hamburg MD 2003, 789) unter Abänderung des die Klage abweisenden Urteils des Landgerichts wie folgt erkannt: I. Die Beklagte wird verurteilt, 1. es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen , die Zeitschrift "1." zusammen mit einer auf der Titel seite befestigten Sonnenbrille zu einem auf dem Heft aufgedruckten Einzelverkaufspreis von 4,50 DM anzubieten, anzukündigen und zu ver- treiben und/oder anbieten, ankündigen oder vertreiben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Heftfolge Nr. 0108 August 2001 mit einer auf dem Heft befestigten schwarzen oder lilafarbenen Sonnenbrille, wie aus den Anlagen A und B beigefügten Ablichtungen ersichtlich; 2. der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang sie die Zeitschrift "1." Heftfolge Nr. 0108 August 2001 gemäß Ziffer I. 1. angeboten, angekündigt oder vertrieben hat, aufgeschlüsselt nach Zeitraum und Anzahl der verkauften Exemplare; II. es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen hat, der ihr durch die Handlungen gemäß Ziffer I. 1. entstanden ist oder noch entstehen wird.
9
Hiergegen richtet sich die - vom Senat zugelassene - Revision der Beklagten , mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


10
I. Das Berufungsgericht hat dem Unterlassungsantrag, dem Antrag auf Auskunftserteilung und dem Antrag auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung der Beklagten gemäß § 1 UWG a.F., § 242 BGB stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt:
11
Die Abgabe der Zeitschrift "1." zusammen mit der Sonnenbrille sei unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens auch nach der Abschaffung der Zugabeverordnung wettbewerbswidrig. Durch die zusätzliche Abgabe der Brille trete die Rationalität der Nachfrageentscheidung in den Hintergrund. Die Brille verfüge - unabhängig von ihrem wahren Wert - über eine hohe Anlockwirkung. Dies gelte umso mehr, als die Mitglieder der angesprochenen Zielgruppe, 12-20-Jährige, geschäftlich noch unerfahren seien. Die Frage, ob auch ein Verstoß gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen vorliege, könne danach offen bleiben.
12
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der gegen das landgerichtliche Urteil gerichteten Berufung der Klägerin.
13
1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Abgabe der Zeitschrift "1." zusammen mit einer Sonnenbrille stelle ein übertriebenes Anlocken dar und sei deshalb unlauter, hält sowohl nach altem (§ 1 UWG a.F.) als auch nach neuem Recht (§§ 3, 4 Nr. 1 und Nr. 2 UWG) im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
14
a) Nach Aufhebung der Zugabeverordnung ist es einem Unternehmen nicht mehr verwehrt, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit bildenden Produkten in einer Weise miteinander zu verbinden, dass bei Erwerb des einen Produkts das andere ohne Berechnung abgegeben wird (vgl. BGHZ 151, 84, 86 - Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 13.6.2002 - I ZR 71/01, GRUR 2002, 979, 980 = WRP 2002, 1259 - Kopplungsangebot II; BGHZ 154, 105, 108 - Gesamtpreisangebot ; BGH, Urt. v. 10.4.2003 - I ZR 291/00, GRUR 2003, 890, 891 = WRP 2003, 1217 - Buchclub-Kopplungsangebot).
15
b) Damit ist indessen nicht gesagt, wovon auch das Berufungsgericht zu Recht ausgegangen ist, dass derartige Kopplungsangebote uneingeschränkt zulässig wären. Ein missbräuchliches und damit wettbewerbsrechtlich unzulässiges Kopplungsangebot ist grundsätzlich anzunehmen, wenn über den tatsächlichen Wert des Angebots getäuscht wird oder unzureichende Informationen gegeben werden (vgl. BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGH GRUR 2002, 979, 981 - Kopplungsangebot II). Es besteht allerdings keine generelle Pflicht, den Wert einer Zugabe anzugeben (vgl. BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGHZ 154, 105, 109 - Gesamtpreisangebot). Ein Missbrauch kann im Einzelfall auch dann vorliegen, wenn die Anlockwirkung so groß ist, dass bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt (BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGH GRUR 2003, 890, 891 - Buchclub-Kopplungsangebot ).
16
c) Das Inkrafttreten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb am 8. Juli 2004 hat an der Rechtslage nichts geändert. Der Gesetzgeber hat durch die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG Zugaben als grundsätzlich wettbewerbskonform anerkannt. Eine restriktivere Handhabung der Zulässigkeit von Zugaben im Rahmen von § 4 Nr. 1 UWG ist ersichtlich nicht gewollt, da die UWG-Reform auch der Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung Rechnung trägt (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487, S. 12).
17
d) Ausgehend hiervon liegt in der Abgabe der Zeitschrift "1." zusammen mit einer Sonnenbrille keine unangemessene unsachliche Beeinflussung i.S. von § 4 Nr. 1 UWG. Die damit verbundene Anlockwirkung ist gerade eine gewollte Folge des Wettbewerbs. Die Annahme einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung ist bei Kopplungsangeboten auf solche Fälle beschränkt, in denen die Anlockwirkung so groß ist, dass auch bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung voll- ständig in den Hintergrund tritt. Selbst wertvolle Zugaben brauchen nicht zu einer irrationalen Nachfrageentscheidung zu führen (vgl. BGH, Urt. v. 9.6.2004 - I ZR 187/02, GRUR 2004, 960 f. = WRP 2004, 1359 - 500 DM-Gutschein für Autokauf; Fezer/Steinbeck, UWG, § 4-1 Rdn. 202; Harte/Henning/Stuckel, UWG, § 4 Nr. 1 Rdn. 45).
18
Allein die vom Berufungsgericht angenommene Attraktivität der Sonnenbrille schließt die Rationalität der Nachfrageentscheidung nicht aus. Eine Zugabe macht wirtschaftlich nur Sinn, wenn sie für die angesprochenen Verbraucher interessant ist.
19
Eine übertriebene Anlockwirkung ist hier auch nicht deshalb anzunehmen , weil es sich bei den angesprochenen Verkehrskreisen um Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 12 und 20 Jahren handelt. Zwar weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass es sich bei der Personengruppe der Jugendlichen um Verbraucher handelt, die im Schnitt geschäftlich unerfahrener sind als der Durchschnitt aller Verbraucher. Allerdings werden hier mit einer Jugendzeitschrift und einer Sonnenbrille Produkte angeboten, die auch von Jugendlichen regelmäßig nachgefragt werden. Bei derartigen Produkten kann eine ausreichende Kenntnis des Markts und der Werthaltigkeit der Angebote vorausgesetzt werden. Der Preis von 4,50 DM bewegt sich nach der Lebenserfahrung im Rahmen des Taschengelds der angesprochenen jugendlichen Verbraucher. Selbst wenn die Zeitschrift nur deshalb erworben wird, um in den Besitz der Sonnenbrille zu gelangen, sind mit dem Kauf keine nennenswerten wirtschaftlichen Belastungen verbunden. Es ist auch nicht ersichtlich, warum ein Jugendlicher eine Zeitschrift oder eine Sonnenbrille für 4,50 DM sollte erwerben können, nicht aber auch für denselben Preis eine Zeitschrift mit Sonnenbrille. Dies gilt auch mit Blick auf den Umstand, dass die Sonnenbrille in zwei verschiedenen Farben angeboten wird und deshalb nicht auszuschließen ist, dass einzelne Jugendliche die Zeitschrift zweimal kaufen.
20
e) Auch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 2 UWG ist im Streitfall nicht gegeben.
21
Nach dieser Vorschrift sind Wettbewerbshandlungen unlauter, die geeignet sind, die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen auszunutzen. Durch die Bestimmung sollen u.a. besonders schutzwürdige Verbraucher vor der Ausnutzung ihrer Unerfahrenheit bewahrt werden (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487, S. 17). Die Unlauterkeitstatbestände des § 4 Nr. 1 und des § 4 Nr. 2 UWG sind selbständig nebeneinander anwendbar, auch wenn sich ihre Voraussetzungen im Einzelfall überschneiden und die Wertungen des § 4 Nr. 2 UWG auch bei der Auslegung des § 4 Nr. 1 UWG zu berücksichtigen sind (Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 4 UWG Rdn. 2.17; Fezer/Scherer aaO § 4-2 Rdn. 9; Ekey/Klippel/Plaß, Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., § 4 UWG Rdn. 7 f.; Harte/ Henning/Stuckel aaO § 4 Nr. 1 Rdn. 2; enger: Fezer/Steinbeck aaO § 4-1 Rdn. 7).
22
Im vorliegenden Fall fehlt es an einer Ausnutzung der Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen. Diese können das aus der Kombination der Zeitschrift mit einer Sonnenbrille bestehende Angebot im Hinblick auf seine wirtschaftliche Bedeutung, seine Preiswürdigkeit und die mit dem Geschäft verbundenen finanziellen Belastungen hinreichend überblicken (vgl. Abschn. II 1d).
23
2. Das Urteil stellt sich hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
24
a) Das beanstandete Angebot der Beklagten ist nicht unter dem Gesichtspunkt der unzureichenden Information über den Wert der Zugabe unlauter.
25
Die Beklagte hat in dem Angebot nicht den Eindruck einer besonderen Hochwertigkeit der Brille erweckt. Das Heft enthält über die nicht mehr angegriffene Verwendung des Begriffs "Designerbrille" hinaus keine nähere Beschreibung der Brille, die auf einen besonderen Wert schließen lässt. Auch der angesprochenen Zielgruppe Jugendlicher und jüngerer Erwachsener ist bei einem Kaufpreis von 4,50 DM für das Heft und die Brille klar, dass es sich nicht um eine besonders wertvolle Sonnenbrille handelt.
26
Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, über den Wert der Zugabe konkrete Angaben zu machen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu § 1 UWG a.F. besteht keine generelle Pflicht, den Wert einer Zugabe anzugeben , es sei denn, der Verbraucher wird andernfalls über den Wert des tatsächlichen Angebots getäuscht oder unzureichend informiert (vgl. BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGHZ 154, 105, 108 f. - Gesamtpreisangebot).
27
Dies gilt entsprechend auch für § 4 Nr. 1 und § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG (vgl. Fezer/Steinbeck aaO § 4-1 Rdn. 177 f.; abweichend: Baumbach/Hefermehl /Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 1.59), weil der Gesetzgeber mit Ausnahme der in § 4 Nr. 4 UWG geregelten Pflicht, die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Zugabe anzugeben, bewusst auf weitere Informationspflichten verzichtet hat (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 15/1487, S. 19). Im vorliegenden Fall waren die Verbraucher auch ohne nähere Angaben ausreichend informiert. Die Brille war auf der Vorderseite des Hefts abgebildet und befestigt. Die Kundin konnte daher bereits vor dem Kauf erkennen, was sie als Zugabe erhielt.

28
b) Der preisgebundene Verkauf der Zeitschrift zusammen mit der Sonnenbrille verstößt nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 1 GWB.
29
Dabei muss nicht erörtert werden, ob ein Verstoß gegen das Verbot der Preisbindung nach § 1 GWB einen Anspruch nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründen kann (bejahend: Harte/Henning/v. Jagow aaO § 4 Nr. 11 Rdn. 133; zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 28, 208, 223 - 4711-Preisempfehlung; BGH, Urt. v. 21.2.1978 - KZR 7/76, GRUR 1978, 445, 446 = WRP 1978, 371 - 4 zum Preis von 3; Urt. v. 6.10.1992 - KZR 21/91, GRUR 1993, 137, 138 - Zinssubvention; a.A. Baumbach /Hefermehl/Köhler aaO § 4 UWG Rdn. 11.12). Denn ein Verstoß gegen Vorschriften des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist im Streitfall nicht gegeben.
30
Nach § 30 Abs. 1 GWB, der § 15 Abs. 1 GWB in der vom 1. Oktober 2002 bis 30. Juni 2005 geltenden Fassung entspricht, ist § 1 GWB nicht auf vertikale Preisbindungen anwendbar, durch die ein Unternehmen, das Zeitungen oder Zeitschriften herstellt, die Abnehmer dieser Erzeugnisse rechtlich oder wirtschaftlich bindet, bei der Weiterveräußerung bestimmte Preise zu vereinbaren und ihren Abnehmern die gleiche Bindung bis zur Weiterveräußerung an den letzten Verbraucher aufzuerlegen. Dies gilt nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB a.F.) auch für kombinierte Produkte, bei denen eine Zeitung oder Zeitschrift im Vordergrund steht. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB unterscheidet nicht danach, ob die beigefügte Nebenware als Zusatz den Inhalt der Zeitschrift ergänzt oder es sich um eine branchenfremde Zugabe handelt (vgl. Klosterfelde/Metzlaff in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 9. Aufl., § 15 GWB Rdn. 20; Waldenberger , NJW 2002, 2914, 2918; Freytag/Gerlinger, WRP 2004, 537, 540; a.A.
Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 15 Rdn. 9; Franzen/Wallenfels/Russ, Preisbindungsgesetz , 4. Aufl., § 15 GWB Rdn. 5; zu § 16 GWB a.F.: OLG Hamburg NJW 1998, 1085, 1086). Maßgeblich für die Auslegung der Vorschrift ist ihr Zweck. Die Vorschrift dient dem Schutz der Pressefreiheit, wozu auch der Vertrieb von Presseprodukten gehört. Geschützt werden soll das historisch gewachsene, zeitungs- und zeitschriftenspezifische Vertriebssystem, wonach die Presseerzeugnisse zu einheitlichen Preisen überall erhältlich sind, damit sich die Bürger in allen Teilen des Landes unter den gleichen Voraussetzungen eine eigene Meinung bilden können (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Regelung der Preisbindung bei Verlagserzeugnissen BTDrucks. 14/9196, S. 14; vgl. auch zum Gesetzeszweck der vor dem 30. September 2002 geltenden Fassung der §§ 14, 15 GWB: BGHZ 135, 74, 77 - NJW auf CD-ROM). Ausgehend hiervon ist danach zu unterscheiden, ob sich das Produkt nach Ankündigung, Aufmachung und Vertriebsweg aus Sicht des Verbrauchers insgesamt noch als Presseerzeugnis darstellt (vgl. Freytag /Gerlinger, WRP 2004, 537, 540). Dies ist vorliegend zu bejahen, da die Zeitschrift über den normalen Vertriebsweg vertrieben wurde und die Sonnenbrille ersichtlich nur als kostenlose Zugabe der Steigerung der Attraktivität des Presseerzeugnisses dienen sollte.
31
3. Da das Verhalten der Beklagten wettbewerbsrechtlich nicht unlauter ist, können die Verurteilung zur Auskunftserteilung und die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung ebenfalls nicht aufrechterhalten werden.
32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 08.01.2002 - 407 O 154/01 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 05.12.2002 - 5 U 26/02 -

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen. Es schützt zugleich das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

(2) Vorschriften zur Regelung besonderer Aspekte unlauterer geschäftlicher Handlungen gehen bei der Beurteilung, ob eine unlautere geschäftliche Handlung vorliegt, den Regelungen dieses Gesetzes vor.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

Unlauter handelt, wer

1.
die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;
2.
über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind; handelt es sich um vertrauliche Mitteilungen und hat der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse, so ist die Handlung nur dann unlauter, wenn die Tatsachen der Wahrheit zuwider behauptet oder verbreitet wurden;
3.
Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er
a)
eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,
b)
die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder
c)
die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;
4.
Mitbewerber gezielt behindert.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 33/04 Verkündet am:
26. Oktober 2006
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Regenwaldprojekt I

a) Verknüpft ein Unternehmen den Produktabsatz mit der Förderung sozialer,
sportlicher, kultureller oder ökologischer Belange (sog. Sponsoring), verstößt
es regelmäßig nicht gegen das Verbot unangemessener unsachlicher
Beeinflussung des Kunden i.S. von § 4 Nr. 1 UWG.

b) Verspricht ein Unternehmen allgemein für den Fall des Erwerbs seiner Produkte
, einen Dritten zu unterstützen, so folgt daraus noch nicht, dass über
die Details dieser Leistung aufgeklärt werden muss. Erst wenn die Werbung
konkrete, für die Kaufentscheidung relevante irrige Vorstellungen hervorruft,
ergibt sich eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zu aufklärenden
Hinweisen.

c) Zu den Voraussetzungen eines Verstoßes gegen das Irreführungsverbot
nach § 5 UWG bei einer Verknüpfung des Produktabsatzes mit dem Versprechen
einer Sponsoringleistung.
BGH, Urt. v. 26. Oktober 2006 - I ZR 33/04 - OLG Hamm
LG Siegen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Januar 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte betreibt eine Brauerei. Sie warb in der Zeit von Ende April 2002 bis Ende Juli 2002 für das von ihr hergestellte und im gesamten Bundesgebiet vertriebene Bier mit einer von ihr als "Krombacher Regenwaldprojekt" bezeichneten Aktion. Dazu legte sie in den Verkaufsstellen den Bierkästen das nachfolgend schwarz-weiß wiedergegebene Einlegeblatt (Anlage A zur Klageschrift des Klägers zu 1) bei, in dem es u.a. heißt: "Schützen Sie 1 m² Regenwald. Die Krombacher Regenwald-Aktion läuft vom 01.05. bis 31.07.2002. In diesem Zeitraum wird mit jedem gekauften Kasten Krombacher 1 m² Regenwald in Dzanga Sangha nachhaltig geschützt. Dies stellt der WWF Deutschland sicher."
2
Zudem warb die Beklagte mit Fernsehwerbespots unter Beteiligung des Journalisten und Fernsehmoderators Günther Jauch, die (entsprechend der Anlage 3 zur Klageschrift des Klägers zu 2) folgende Inhalte hatten: "Das Krombacher Regenwaldprojekt. Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu Ihrem Getränkehändler und der sagt Ihnen, wenn Sie jetzt einen Kasten Krombacher kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Häh, wieso Regenwald? Weil es Themen gibt, für die man sich auch mit ungewöhnlichen Mitteln engagieren kann und so ist Krombacher auf die Idee gekommen, unterstützt vom WWF und dem Entwicklungsministerium, eine einmalige Aktion ins Leben zu rufen. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Dieses Schutzprojekt hilft dort, wo die Natur besonders kostbar ist. In den afrikanischen Regenwäldern. Hier gibt es eine einzigartige Vielfalt von Tier- und Pflanzenarten. Doch dieser Reichtum ist von der Zerstörung bedroht. So wie im afrikanischen Dzanga Sangha-Regenwald. Sie können helfen, dieses Naturparadies zu erhalten. Mit jedem Kasten Krombacher , den Sie kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Und der WWF sorgt dafür, dass diesem Regenwald in den kommenden 100 Jahren nichts passiert. Wir zeigen Ihnen in den nächsten Wochen, warum es sich lohnt, für den Regenwald aktiv zu werden, und Sie sehen, wie mit jedem Kasten Krombacher Quadratmeter für Quadratmeter ein Stück mehr von der Vielfalt des Regenwaldes geschützt wird. Der Anfang ist also gemacht. Auf unserer Aktionsuhr sehen Sie jede Woche den aktuellen Stand und ich halte Sie über das Projekt ab jetzt auf dem Laufenden. Das Krombacher Regenwaldprojekt." "Mit Krombacher können Sie Natur genießen und jetzt auch schützen. Das hier ist das Dzanga Sangha-Regenwaldgebiet in Afrika. Für diesen einzigartigen Lebensraum hat Krombacher mit dem WWF ein Schutzprojekt gestartet. Und Sie können es unterstützen. Mit jedem Kasten Krombacher , den Sie kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Dafür sorgt der WWF die nächsten 100 Jahre. Das find ich richtig gut. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Handeln und genießen." "Mit Krombacher können Sie Natur genießen und jetzt auch schützen. Mit jedem Kasten Krombacher, den Sie kaufen, schützen Sie 1 m² Regenwald. Dafür sorgt der WWF die nächsten 100 Jahre. Das find ich richtig gut. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Handeln und genießen." "Kennen Sie den Unterschied zwischen den Kästen hier und dem afrikanischen Regenwald? Die werden wieder zurückgebracht, aber wenn der Wald mal weg ist, wächst er nicht mehr nach. Jetzt schützen Sie mit jedem Kasten Krombacher, den Sie kaufen, 1 m² Regenwald. Dafür sorgt der WWF. Das finde ich richtig gut. Das Krombacher Regenwaldprojekt. Handeln und genießen."
3
Der Kläger zu 1, der Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft e.V., hat die im Einlegeblatt enthaltene Werbung wegen irreführender Angaben als wettbewerbswidrig beanstandet. Es werde der Anschein erweckt, dass mit dem Kauf jedes Kastens Krombacher Bier ein Quadratmeter Regenwald in einer Art dinglich gesicherter Patenschaft geschützt werde, während tatsächlich nur eine allgemeine finanzielle Unterstützung erfolge. Darüber hinaus verschleiere die Beklagte, dass sie pro Kasten Bier - entgegen der angesichts des hohen Werbeaufwands erweckten Verbrauchererwartung - nur einen geringen Betrag von wenigen Cent an den World Wide Fund for Nature (WWF) abführe, mit dem ein nachhaltiger Schutz kaum gewährleistet werden könne. Außerdem sei die Werbung intransparent. Es erfolge keine Aufklärung darüber, wie der Schutz aussehe, wie er gewährleistet werde und für welche Dauer er geschaffen werden solle.
4
Der Kläger zu 2, der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln e.V., hat die Ansicht vertreten, eine derartige Umweltwerbung sei schon deshalb unzulässig, weil es an einem sachlichen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Produkt und dem Engagement für die Umwelt fehle. Die Werbung sei zudem irreführend. Der Verbraucher verstehe die Werbung so, dass die Beklagte oder der WWF eine Rechtsposition erwerbe, die das RegenwaldGebiet den Zugriffen Dritter entziehe, während tatsächlich nur eine Spende erfolge. Durch die mit der Zuwendung finanzierten Maßnahmen könne das Gebiet nicht dauerhaft vor Rodungen geschützt werden. Aufgrund der fehlenden Aufklärung über die Art und Weise der Unterstützung sei zudem dem Transparenzgebot nicht ausreichend Rechnung getragen.
5
Der Kläger zu 1 hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für den Absatz von Krombacher Bier wie folgt zu werben: "Schützen Sie 1 m² Regenwald.

In diesem Zeitraum wird mit jedem gekauften Kasten Krombacher 1 m² Regenwald in Dzanga Sangha nachhaltig geschützt.

Jeder Kasten Krombacher hilft. Vielen Dank für Ihr Engagement."
und/oder
"Helfen Sie! Mit jedem Kasten Krombacher von … bis …"
(es folgt jeweils eine Zeitangabe)
nach Maßgabe der Anlage A zur Klageschrift vom 1. April 2003.
6
Der Kläger zu 2 hat beantragt, die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, wie in Anlage 3 zur Klageschrift vom 16. April 2003 wiedergegeben, mit Werbespots zu werben, in denen es heißt (es folgt die vorstehend wiedergegebene Darstellung des Fernsehwerbespots

).


7
Weiterhin hat der Kläger zu 2 die Erstattung von Kosten in Höhe von 235,82 € nebst Zinsen für eine Abmahnung und das Verlangen einer Abschlusserklärung gegenüber der Beklagten begehrt.
8
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, mit der Werbung werde keine weitergehende Förderung zugunsten des Regenwald -Projekts versprochen als im Ergebnis gewährleistet sei. Der pro Kasten abgeführte Betrag reiche aus, um den versprochenen Schutz von einem Quadratmeter Regenwald nachhaltig zu ermöglichen. Die Werbung sei auch nicht wegen fehlender Aufklärung über die Durchführung des Schutzes des Regenwaldes wettbewerbswidrig. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthalte kein allgemeines Transparenzgebot. Aufklärungspflichten im Rahmen von Kopplungsgeschäften bestünden nur dann, wenn die versprochene Leistung einen Marktwert habe. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die angegriffenen Werbeaussagen fielen zudem in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Mangels spürbarer Beeinträchtigung des Leistungswettbewerbs sei das beantragte Verbot verfassungswidrig.
9
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

10
Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass hinsichtlich des Antrags des Klägers zu 1 die "Oder"-Verknüpfung entfallen ist (OLG Hamm, Urt. v. 13.1.2004 - 4 U 112/03, abrufbar bei juris; zum Verbot im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung: OLG Hamm GRUR 2003, 975).
11
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


12
I. Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsansprüche sowie den Anspruch auf Aufwendungsersatz für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt :
13
Die angegriffenen Werbemaßnahmen verstießen gegen § 1 UWG (a.F.). Zwar sei die Werbung weder unter dem Gesichtspunkt des psychischen Kaufzwangs noch unter dem der gefühlsbetonten Werbung wettbewerbswidrig. Der Werbung fehle es aber an der erforderlichen Transparenz. Allerdings gebe es im Wettbewerbsrecht kein allgemeines Transparenzgebot. Die Vorschrift des § 1 UWG (a.F.) habe jedoch auch den Zweck, den Verbraucher vor unlauterer Beeinflussung zu schützen. Die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung sei bei einer Werbung für ein Kopplungsgeschäft gegeben, das in besonderer Weise anlockend wirke, wenn der Kunde nur unzureichend über dessen Zusammensetzung informiert und dadurch über den tatsächlichen Wert der Zusatzleistung getäuscht werde. Den Anforderungen an die erforderliche Transparenz müsse auch genügt werden, wenn - wie vorliegend - eine nicht handelsübliche Ware als Zusatzleistung angeboten werde. Die Attraktivität des streitgegenständlichen Angebots liege in dem problemlos erscheinenden "Kauf" eines "guten Umweltgewissens". Im Falle der Verbindung einer altruistischen Handlung mit dem Absatz einer Ware sei es daher erforderlich, dass der Verbraucher in der Werbung darüber aufgeklärt werde, wie das für die Kaufentscheidung mit entscheidende Ziel der altruistischen Handlung erreicht werden solle.
14
Den Anforderungen an die Transparenz trage die angegriffene Werbung nicht Rechnung. Die Beklagte mache nicht deutlich, wie das Resultat des Kaufs eines Kastens Krombacher Bier, das auch in dem Schutz eines Quadratmeters Regenwald bestehe, erreicht werden solle und ob es überhaupt realisierbar sei.
15
Auf den Schutz von Art. 5 GG könne sich die Beklagte nicht berufen, da es sich bei den beanstandeten Werbeaussagen um Tatsachenbehauptungen handele.
16
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung über die Klageanträge nicht möglich, weil das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die angegriffene Werbung der Beklagten irreführend ist (§ 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG).
17
1. Der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch, der auf Wiederholungsgefahr gestützt ist, setzt voraus, dass auch auf der Grundlage der Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 ein solcher Anspruch begründet ist (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 96/02, GRUR 2005, 442 = WRP 2005, 474 - Direkt ab Werk).

18
2. Den Klägern steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 1 UWG zu. Die Werbung der Beklagten ist nicht geeignet, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich auch nicht, dass die beanstandete Werbung irreführend i.S. von § 5 UWG ist.
19
a) Das Berufungsgericht hat die angegriffene Werbung zu Recht nicht bereits deshalb als wettbewerbswidrig angesehen, weil diese an das Umweltbewusstsein der angesprochenen Verkehrskreise appelliert, ohne dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen dem in der Werbung angesprochenen Engagement und der beworbenen Ware besteht. Nach der Rechtsprechung des Senats reicht dieser Umstand für sich allein nicht aus, um eine unangemessene unsachliche Einflussnahme i.S. von § 4 Nr. 1 UWG anzunehmen (vgl. BGHZ 164, 153 Tz 18 ff. - Artenschutz).
20
b) Zutreffend ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass die Verknüpfung der Förderung des Umweltprojektes der Beklagten mit dem Warenabsatz für sich allein gesehen die Unlauterkeit der beanstandeten Werbung nicht begründen kann.
21
Im Rahmen der Wertreklame ist es dem Unternehmer nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich nicht verwehrt, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit bildenden Produkten in einer Weise miteinander zu verbinden, dass beim Erwerb des einen Produkts das andere ohne Berechnung abgegeben wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.9.2005 - I ZR 28/03, GRUR 2006, 161 Tz 14 = WRP 2006, 69 - Zeitschrift mit Sonnenbrille; zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 151, 84, 86 - Kopplungsangebot I). Entsprechendes hat zu gelten, wenn der Unternehmer den Produktabsatz statt mit einer zusätzlichen Ware mit der Förderung so- zialer, sportlicher, kultureller oder ökologischer Belange (sogenanntes Sponsoring ) koppelt. Die freie Entscheidung des Verbrauchers wird regelmäßig nicht dadurch gefährdet, dass seine Kaufentscheidung nicht auf ausschließlich wirtschaftlichen Überlegungen, sondern auch auf der Möglichkeit beruht, sich durch die vom Unternehmer versprochene Förderung eines Dritten mittelbar für das damit verbundene Ziel zu engagieren. Die Schwelle zur Unlauterkeit nach § 4 Nr. 1 UWG wird erst überschritten, wenn der Einfluss ein solches Ausmaß erreicht , dass er die freie Entscheidung des Verbrauchers zu beeinträchtigen vermag (BGH, Urt. v. 23.2.2006 - I ZR 245/02, GRUR 2006, 511 Tz 21 = WRP 2006, 582 - Umsatzsteuererstattungs-Modell; Urt. v. 6.7.2006 - I ZR 145/03, GRUR 2006, 949 Tz 16 = WRP 2006, 1370 - Kunden werben Kunden). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Denn es bleibt der freien Entschließung des Verbrauchers überlassen, ob er sich bei seiner Kaufentscheidung von dem Engagement des Unternehmers beeinflussen lässt.
22
c) Das Berufungsgericht hat jedoch angenommen, dass die angegriffenen Werbemaßnahmen wettbewerbswidrig seien, weil die Beklagte nicht ausreichend über die Art und Weise informiert habe, wie der angekündigte Schutz des Regenwaldes erreicht werden solle. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Eine entsprechende allgemeine Informationspflicht ist dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nicht zu entnehmen.
23
aa) Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der UWG-Reform ausdrücklich gegen ein allgemeines Transparenzgebot entschieden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 19 f.). Er hat vielmehr Informationspflichten bei Verkaufsförderungsmaßnahmen und Preisausschreiben oder Gewinnspielen in § 4 Nr. 4 und Nr. 5 UWG vorgesehen und in § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG anerkannt, dass das Verschweigen einer Tatsache irreführend sein kann. Letzteres ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der verschwiegenen Tatsache nach der Auffassung des Verkehrs eine besondere Bedeutung zukommt, so dass das Verschweigen geeignet ist, das Publikum in relevanter Weise irrezuführen , also seine Entschließung zu beeinflussen (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf , BT-Drucks. 15/1487, S. 20). Allein aus der Tatsache, dass der Kunde mit dem Erwerb des Bieres die angekündigte umweltpolitische Leistung an den WWF unterstützt, also insoweit mit dem Unternehmen "an einem Strang zieht", oder, wie das Berufungsgericht es ausgedrückt hat, ein gutes Umweltgewissen "kauft", folgt noch nicht, dass er im Rahmen der Werbung über die Details aufgeklärt werden muss, wie der versprochene Schutz des Regenwalds erreicht werden soll. Erst wenn die Werbung konkrete, für die Kaufentscheidung relevante irrige Vorstellungen hervorruft, ergibt sich aus dem Irreführungsverbot eine Verpflichtung des werbenden Unternehmens zu aufklärenden Hinweisen.
24
bb) Nach der Rechtsprechung des Senats zu den missbräuchlichen Kopplungsangeboten kann eine Irreführung anzunehmen sein, wenn über den Inhalt der zusätzlichen Leistung nur unzureichend informiert wird (vgl. zu § 4 Nr. 1 UWG: BGH GRUR 2006, 161 Tz 15 - Zeitschrift mit Sonnenbrille; zu § 1 UWG a.F.: BGHZ 151, 84, 89 - Kopplungsangebot I; BGHZ 154, 105, 108 f. - Gesamtpreisangebot). Diese zu § 1 UWG a.F. entwickelte Rechtsprechung ist auf das nunmehr geltende UWG übertragbar, wobei die Frage der Unlauterkeit einer unzureichenden Information am Maßstab des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG zu messen ist (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 1.39; Seichter in Ullmann, jurisPK-UWG, § 4 Nr. 1 Rdn. 58; Lettl, WRP 2004, 1079, 1104; Heermann, WRP 2005, 141, 146; für eine Anwendung im Rahmen von § 4 Nr. 1 UWG: Fezer/Steinbeck, UWG, § 4-1 Rdn. 129). Hieraus folgt aber keine Pflicht zu einer umfassenden Aufklärung; eine solche wird von einem verständigen Verbraucher auch nicht erwartet. Die Verpflichtung zu aufklärenden Angaben besteht nur dann, wenn anderenfalls die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung des Verbrauchers durch Täuschung über den tatsächlichen Wert des Angebots, insbesondere über den Wert einer angebotenen Zusatzleistung, gegeben ist (BGHZ 154, 105, 108 f. - Gesamtpreisangebot ; BGH GRUR 2006, 161 Tz 15 - Zeitschrift mit Sonnenbrille).
25
cc) Danach besteht im Falle der Kopplung eines Absatzgeschäftes mit einem sozialen, kulturellen, sportlichen oder ökologischen Engagement weder aufgrund des Verbots einer unangemessenen unsachlichen Einflussnahme auf Marktteilnehmer (§§ 3, 4 Nr. 1 UWG) noch unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung (§§ 3, 5 UWG) eine allgemeine Verpflichtung des Unternehmens , über die Art und Weise der Unterstützung oder die Höhe bzw. den Wert der Zuwendung aufzuklären (OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 51, 52; Fezer /Steinbeck aaO § 4-1 Rdn. 370; Gloy/Loschelder/Hasselblatt, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 63 Rdn. 67; Harte/Henning/Stuckel, UWG, § 4 Nr. 1 Rdn. 109; Hartwig, GRUR 2003, 924, 927; Günther/Beyerlein, WRP 2004, 1142, 1144; für weitergehende Informationspflichten: Köhler in Hefermehl /Köhler/Bornkamm aaO § 4 UWG Rdn. 1.165; Seichter in Ullmann aaO § 4 Nr. 1 Rdn. 116; Nordemann/Dustmann, Festschrift Tilmann, 2003, S. 207, 217; offengelassen von Lindacher, Festschrift Tilmann, 2003, S. 195, 205). Verspricht ein Unternehmen in der Werbung, ein bestimmtes Projekt zu unterstützen , besteht der zusätzliche Kaufanreiz darin, dass sich der Verbraucher durch den Warenbezug für das entsprechende Ziel engagieren kann, ohne eigene weitere Aufwendungen über den Kaufpreis hinaus tätigen zu müssen. Hat der Werbende keine nach Art und Umfang näher bestimmte Leistung versprochen, wird der Verbraucher nur erwarten, dass das werbende Unternehmen zeitnah überhaupt eine Unterstützungsleistung erbringt und diese nicht so geringfügig ist, dass sie die werbliche Herausstellung nicht rechtfertigt. Davon abgesehen ist die Werbung mit einem nicht näher spezifizierten Sponsoring allein nicht geeignet , aufgrund mangelnder Transparenz die angesprochenen Verkehrskreise unangemessen unsachlich i.S. von § 4 Nr. 1 UWG zu beeinflussen oder sie über die Art und Weise der Unterstützungsleistung oder deren Umfang zu täuschen.

26
dd) Trifft die Beklagte danach keine generelle Pflicht, in der Werbung über die konkret ergriffenen Maßnahmen zur Förderung des Regenwaldprojektes zu informieren, steht den Klägern kein Unterlassungsanspruch wegen fehlender Transparenz der Werbung mit der Förderung des Projekts nach § 4 Nr. 1 UWG zu.
27
3. Da die Werbung der Beklagten auch nicht wegen fehlender Transparenz nach § 1 UWG a.F. unlauter ist, können die Feststellungen des Berufungsgerichts auch nicht die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Aufwendungen des Klägers zu 2 tragen.
28
III. Das Berufungsurteil kann danach nicht aufrechterhalten werden (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Entscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 ZPO).
29
1. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen hat, weil sie in ihrer Werbung zur Förderung des Regenwaldprojektes mehr verspricht, als sie tatsächlich an Leistung erbringt und dadurch die berechtigten Erwartungen der Verbraucher in relevanter Weise enttäuscht werden.
30
2. Die Kläger haben hierzu vorgebracht, der Verkehr verstehe die beanstandeten Werbeaussagen, insbesondere die in den sonstigen Werbetext eingebundene Werbeformel, mit jedem gekauften Kasten Krombacher werde ein Quadratmeter Regenwald in Dzanga Sangha geschützt, dahin, dass der versprochene Schutz von einem Quadratmeter Regenwald dergestalt realisiert werde, dass eine wie auch immer geschützte Rechtsposition erworben werde, mit der eine Abholzung der geschützten Flächen verhindert werden könne. Tatsächlich sei dies aber nicht der Fall.

31
Der Kläger zu 1 hat außerdem vorgetragen, die Beklagte habe je Kasten Bier nur wenige Cent an den WWF abgeführt, während der Verbraucher mit Blick auf die beanstandete Werbung von einer umfangreicheren Unterstützung ausgegangen sei (vgl. zu diesem Gesichtspunkt allgemein: Lindacher aaO S. 195, 205; Nordemann/Dustmann aaO S. 207, 217).
32
a) Das Berufungsgericht wird insoweit zu prüfen haben, wie der Verkehr die Werbung der Beklagten im Hinblick auf die Art und Weise und den Umfang der Unterstützung zur Sicherung des Regenwaldes auffasst und ob diese Vorstellung sich mit den Unterstützungsleistungen der Beklagten an den WWF deckt. Dabei wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass die angegriffenen Werbeaussagen in einem Kontext stehen, von dem sie nicht ohne weiteres losgelöst beurteilt werden können.
33
Bei der Beurteilung der Frage, ob die Auffassung des Verkehrs von Art und Umfang des Engagements der Beklagten für das Regenwaldprojekt mit ihren tatsächlichen Unterstützungsleistungen übereinstimmt, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Annahme einer Irreführung grundsätzlich bei den Klägern liegt. Diese haben jedoch hinsichtlich des konkret abgeführten Betrages keine genaue Kenntnis und auch keine Möglichkeit, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären, während die Beklagte über diese Kenntnis verfügt und die Aufklärung ohne Weiteres leisten kann. Daher kann die Beklagte nach dem auch im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Dies setzt voraus, dass die Kläger über bloße Verdachtsmomente hinaus die für die Irreführung sprechenden Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt haben (BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 - Beratungs- kompetenz; Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 3.23; Fezer/Büscher aaO § 12 Rdn. 276).
34
b) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass eine Fehlvorstellung des Publikums vorliegt, wird es in die Beurteilung einzubeziehen haben, dass unrichtige Angaben nur dann gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG a.F., §§ 3, 5 UWG verstoßen, wenn sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, im vorliegenden Fall also den Kaufentschluss der Verbraucher, zu beeinflussen (BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 253/97, GRUR 2000, 914, 915 = WRP 2000, 1129 - Tageszulassung II; Urt. v. 7.11.2002 - I ZR 276/99, GRUR 2003, 628, 630 = WRP 2003, 747 - Klosterbrauerei). Zwar kann in der Regel aus dem Hervorrufen einer Fehlvorstellung auf die wettbewerbsrechtliche Relevanz der Irreführung geschlossen werden (BGH, Urt. v. 17.6.1999 - I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 - Last-MinuteReise ). Im vorliegenden Fall könnten sich aber im Hinblick auf die Werbung mit dem Schutz eines Quadratmeters Regenwald beim Erwerb eines Kastens Krombacher Bier Zweifel ergeben, wenn es dem Verbraucher nicht unbedingt auf die Art und Weise ankommt, wie den Belangen des Umweltschutzes Rechnung getragen wird, sondern vielmehr darauf, dass eine nennenswerte Förderung des Umweltprojekts erfolgt. In diesem Zusammenhang könnte die Bereitschaft des Publikums zum Kauf der derart beworbenen Produkte der Beklagten aber auch größer sein, wenn der Käufer die Vorstellung hat, mit seiner im Streitfall nur mittelbaren Zuwendung einen ganz konkreten Schutz für eine bestimmte Fläche Regenwald zu erreichen und nicht nur ein Umweltprojekt allgemein zu fördern.
Ullmann Bornkamm Büscher
Schaffert Bergmann
Vorinstanzen:
LG Siegen, Entscheidung vom 22.08.2003 - 7 O 50/03 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 13.01.2004 - 4 U 112/03 -

(1) Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile, die ohne Zulassung der Berufung unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar die Revision (Sprungrevision) statt, wenn

1.
der Gegner in die Übergehung der Berufungsinstanz einwilligt und
2.
das Revisionsgericht die Sprungrevision zulässt.
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision sowie die Erklärung der Einwilligung gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung.

(2) Die Zulassung ist durch Einreichung eines Schriftsatzes (Zulassungsschrift) bei dem Revisionsgericht zu beantragen. Die §§ 548 bis 550 gelten entsprechend. In dem Antrag müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Sprungrevision (Absatz 4) dargelegt werden. Die schriftliche Erklärung der Einwilligung des Antragsgegners ist dem Zulassungsantrag beizufügen; sie kann auch von dem Prozessbevollmächtigten des ersten Rechtszuges oder, wenn der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen gewesen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden.

(3) Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Geschäftsstelle des Revisionsgerichts hat, nachdem der Antrag eingereicht ist, unverzüglich von der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die Prozessakten einzufordern.

(4) Die Sprungrevision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Die Sprungrevision kann nicht auf einen Mangel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Das Revisionsgericht entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision durch Beschluss. Der Beschluss ist den Parteien zuzustellen.

(6) Wird der Antrag auf Zulassung der Revision abgelehnt, so wird das Urteil rechtskräftig.

(7) Wird die Revision zugelassen, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt der form- und fristgerechte Antrag auf Zulassung als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(8) Das weitere Verfahren bestimmt sich nach den für die Revision geltenden Bestimmungen. § 563 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erfolgt. Wird gegen die nachfolgende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts Berufung eingelegt, so hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung durch das Revisionsgericht zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile, die ohne Zulassung der Berufung unterliegen, findet auf Antrag unter Übergehung der Berufungsinstanz unmittelbar die Revision (Sprungrevision) statt, wenn

1.
der Gegner in die Übergehung der Berufungsinstanz einwilligt und
2.
das Revisionsgericht die Sprungrevision zulässt.
Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision sowie die Erklärung der Einwilligung gelten als Verzicht auf das Rechtsmittel der Berufung.

(2) Die Zulassung ist durch Einreichung eines Schriftsatzes (Zulassungsschrift) bei dem Revisionsgericht zu beantragen. Die §§ 548 bis 550 gelten entsprechend. In dem Antrag müssen die Voraussetzungen für die Zulassung der Sprungrevision (Absatz 4) dargelegt werden. Die schriftliche Erklärung der Einwilligung des Antragsgegners ist dem Zulassungsantrag beizufügen; sie kann auch von dem Prozessbevollmächtigten des ersten Rechtszuges oder, wenn der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen gewesen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden.

(3) Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision hemmt die Rechtskraft des Urteils. § 719 Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. Die Geschäftsstelle des Revisionsgerichts hat, nachdem der Antrag eingereicht ist, unverzüglich von der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges die Prozessakten einzufordern.

(4) Die Sprungrevision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Die Sprungrevision kann nicht auf einen Mangel des Verfahrens gestützt werden.

(5) Das Revisionsgericht entscheidet über den Antrag auf Zulassung der Sprungrevision durch Beschluss. Der Beschluss ist den Parteien zuzustellen.

(6) Wird der Antrag auf Zulassung der Revision abgelehnt, so wird das Urteil rechtskräftig.

(7) Wird die Revision zugelassen, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt der form- und fristgerechte Antrag auf Zulassung als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(8) Das weitere Verfahren bestimmt sich nach den für die Revision geltenden Bestimmungen. § 563 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht erfolgt. Wird gegen die nachfolgende Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts Berufung eingelegt, so hat das Berufungsgericht die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung durch das Revisionsgericht zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 222/02 Verkündet am:
16. Dezember 2004
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Epson-Tinte

a) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine Werbung im Internet irreführende
Angaben enthält, ist wie auch sonst auf das Verständnis eines durchschnittlich
informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen, der der Werbung
die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Die
besonderen Umstände der Werbung im Internet wie insbesondere der Umstand
, daß der interessierte Internet-Nutzer die benötigten Informationen
selbst nachfragen muß, sind bei der Bestimmung des Grades der Aufmerksamkeit
zu berücksichtigen.

b) Ob mehrere Angaben auf verschiedenen Seiten eines Internet-Auftritts eines
werbenden Unternehmens von den angesprochenen Verkehrskreisen
als für den maßgeblichen Gesamteindruck der Werbung zusammengehörig
aufgefaßt werden, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004 - I ZR 222/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. Juli 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin vertreibt als Tochterunternehmen eines weltweit tätigen Konzerns unter dem Namen "EPSON" neben verschiedenen Druckermodellen auch Druckerzubehör, insbesondere Tintenpatronen für Tintenstrahldrucker.
Die Beklagte zu 2, eine AG, deren Vorstand die Beklagte zu 1 ist, vertreibt unter dem Domain-Namen "www.toner-online.de" Verbrauchsmaterialien
für Drucker und Kopiergeräte verschiedener Hersteller, und zwar sowohl solche Verbrauchsmaterialien, die von den Herstellern der Drucker und Kopiergeräte selbst, als auch solche, die von anderen Unternehmen hergestellt werden.
Der Internet-Auftritt der Beklagten ist so gestaltet, daß sie im Internet mit der von der Klägerin als Anlage K 2 eingereichten "Titelseite" werben:
Bei einem Klick auf den in der oberen Leiste befindlichen Link "info" erscheint eine mit "Über toner-online" überschriebene Seite (Anlage K 3):

Klickt der Nutzer dagegen auf der "Titelseite" auf den Link "Tintenstrahldrucker" , so wird er zu einer "Herstellerliste" (Anlage K 4) geführt:

Durch einen weiteren Klick auf die Angabe "EPSON Tinte" wird er zu der Seite "Epson Tintenstrahldrucker" (Anlage K 5) weitergeleitet:

Wählt er sodann aus der auf dieser Seite enthaltenen Liste durch Anklikken ein Produkt aus, gelangt er zu einer Seite mit der Abbildung des entsprechenden Produkts. Beispiele solcher Produktseiten hat die Klägerin als Anlagen K 6 bis K 8 vorgelegt, wobei die Beklagte bestritten hat, zu dem von der Klägerin behaupteten Zeitpunkt (18.1.2001) noch in der Zeile "Geräte Ident. Nr.:" die Original-Artikelnummern der Firma Epson angegeben zu haben:

Die Klägerin hat den Internet-Auftritt der Beklagten - neben der Geltendmachung in der Revisionsinstanz nicht mehr anhängiger Ansprüche wegen der Nennung der Original-Artikelnummern - als irreführende Werbung beanstandet. Sie hat geltend gemacht, der Verkehr werde irregeführt, weil die Bezeichnung "Epson Tinte" in der "Herstellerliste" gemäß Anlage K 4 den unzutreffenden Eindruck erwecke, daß die nachfolgend angebotenen Tintenpatronen von der Klägerin stammten.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen,
es zu unterlassen, im Internet Tintenpatronen für EPSON-Drucker, die nicht von der Seiko EPSON Corporation hergestellt worden sind, im Rahmen einer Bestelliste zu bewerben, die unter dem Link "EPSON Tinte" erreicht werden kann.
Ferner hat sie die Verurteilung der Beklagten zur Auskunftserteilung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht begehrt.
Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt.
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin ihren Unterlassungsantrag weiterverfolgt , auf Anregung des Berufungsgerichts allerdings mit der Maßgabe,
"daß insbesondere eine Bestelliste in der Folge der Anlagen K 2 bis K 6 angegriffen werde."
Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Senat - hinsichtlich des oben wiedergegebenen Unterlassungsbegehrens sowie der hierauf zurückbezogenen Ansprüche auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht - zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin könne ein Verbot der Werbung mit der Bezeichnung "EPSON Tinte" auch nach Maßgabe des in der Berufungsinstanz an der konkreten Verletzungsform ausgerichteten Antrags nicht verlangen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Es lasse sich für den konkreten Zusammenhang, in dem der Begriff "EPSON Tinte" im Streitfall verwendet worden sei, nicht feststellen, der potentielle Kunde gehe aufgrund dieser Bezeichnung davon aus, daß ihm von den Beklagten Original-Tintenpatronen der Klägerin angeboten würden. Was zunächst die angesprochenen Verkehrskreise betreffe, so sei von zwei Voraussetzungen auszugehen. Zum einen komme es bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses auf einen situationsadäquat durchschnittlich aufmerksamen, informierten und verständigen Verbraucher an, wie es dem europäischen Verbraucherleitbild entspreche. Zum andere handele es sich vorliegend um Benutzer des Internets, von denen erwartet werden könne, daß sie insbesondere die Technik des "Anklickens" beherrschten, mit der man sich als Kaufinteressent die benötigten Informationen beschaffe. Der elektronische Geschäftsverkehr im Internet sei anders als der normale Geschäftsverkehr auf einen "aktiven" Kaufinteressenten ausgerichtet, der die benötigten Informationen nachfragen müsse. Auch Wertungen des Gesetzgebers legten es nahe, bei Internet-Nutzern mehr vorauszusetzen als beim Normalverbraucher. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des im Jahre 2001 noch geltenden Fernabsatzgesetzes habe der Unternehmer dem Verbraucher rechtzeitig vor Abschluß eines Fernabsatzvertrags u.a. Informationen über wesentliche Merkmale der Waren zu geben gehabt. Dazu habe es aber schon nach den Gesetzesmaterialien ausgereicht, wenn die Informationen in Internet-Seiten enthalten gewesen seien, aufgrund deren sich der Verbrau-
cher zur Bestellung entschlossen habe. Vom Internet-Nutzer werde also grundsätzlich erwartet, daß er sich über die wesentlichen Merkmale des Kaufgegenstands , um die es auch hier gehe, anhand der gesamten Internet-Seiten des Unternehmers informiere.
Aber auch hinsichtlich des Verständnisses der angesprochenen Verkehrskreise gelte, daß es darauf ankomme, wie die Werbung "insgesamt" präsentiert werde. Diesem Grundsatz stimme die Klägerin zwar zu, sie orientiere diesen Gesamteindruck dann aber nur an einer Seite des Internet-Auftritts der Beklagten, auf der die Bezeichnung "EPSON Tinte" vorkomme (Anlage K 4). Ähnlich sei der - im Hinblick auf die Umstände unzulässig weit gefaßte - allgemeine Teil des Unterlassungsantrags, der allein gestellt gewesen sei, allein auf diesen Begriff fixiert, ohne Rücksicht darauf, in welchem Gesamtbild der Internet -Werbung er gestanden sei. Es sei nicht zulässig, über die Eingangsseite (Anlage K 2) oder die "info-Seite" (Anlage K 3) einfach mit der Begründung hinwegzugehen , der Interessent werde darüber "hinwegklicken". Diese Seiten seien für das gesamte Bild der Werbung genauso wichtig wie diejenige, auf der die Bezeichnung "EPSON Tinte" vorkomme.
Zum Gesamtbild der vorliegenden Internet-Werbung gehöre daher nicht nur die Seite, auf der die Bezeichnung "EPSON Tinte" für "Epson Tintenstrahldrucker" vorkomme. Zwar sei der Hinweis der Beklagten auf die Eingangsseite, wo von "Zubehör, kompatibel, original" die Rede sei, nicht sonderlich überzeugend. Denn dieser Hinweis werde wegen seines augenschädlichen Kleindrucks am Ende der Seite tatsächlich mit großer Wahrscheinlichkeit übersehen. Beachtlich sei aber die zweite Seite "Über toner-online" (Anlage K 2). Dort sei klar unterschieden zwischen "Original-Produkten", "die vom Druckerhersteller unter seinem Namen angeboten werden", und "kompatibel", was ein "nicht vom Druckerhersteller stammendes Produkt" kennzeichnen solle. Diese Hinweise
wiederholten sich dann auf den Seiten, auf denen einzelne "kompatible" Produkte angeboten würden (Anlagen K 6 bis K 8). Hinzu komme, daß die Klägerin nicht einmal alle Internet-Seiten vorgelegt habe, von denen der Interessent vor einer Bestellung Kenntnis habe nehmen müssen. So fehlte insbesondere die letzte eigentliche Bestellseite; auch auf ihr könne es noch Klarstellungen gegeben haben. Es sei gegenüber einem Internet-Nutzer, von dem angenommen werden könne, daß er beispielsweise die "info-Seite" aufrufe, weil er mit den Kopfzeilen "info, start, suchen, korb, zahlen" etwas anzufangen wisse, nicht zulässig, eine "klarstellende Wirkung" allein von einer Seite zu fordern und die übrigen Seiten des Gesamtauftritts außer Betracht zu lassen.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen kann eine unlautere irreführende Werbung (§§ 3, 5 UWG n.F.; § 3 UWG a.F.) durch die Bewerbung von Tintenpatronen auf den unter dem Link "Epson Tinte" erreichbaren InternetSeiten der Beklagten nicht verneint werden.
1. Ob eine Werbung irreführende Angaben enthält, bestimmt sich, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nach der Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 250, 252 - Marktführerschaft). Dem Berufungsgericht ist weiter darin zu folgen, daß sich die Werbung der Beklagten für die von ihr angebotenen Tintenpatronen an den (privaten) Verbraucher richtet und demzufolge auf das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers abzustellen ist, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (st. Rspr.; vgl. BGHZ 156, 250, 252 f. - Marktführerschaft, m.w.N.).
Anders als das Berufungsgericht wohl meint, ist von diesem Leitbild des "Normalverbrauchers" auch bei einer Werbung im Internet auszugehen, wenn
diese wie hier Waren des Bedarfs des allgemeinen Publikums betrifft. Die vom Berufungsgericht angeführte Besonderheit des elektronischen Geschäftsverkehrs , daß es sich beim Internet um eine passive Darstellungsplattform handelt, bei der die angebotenen Informationen vom Nutzer "aktiv" abgerufen werden müssen (vgl. auch BVerfG GRUR 2003, 966, 968 - Internet-Werbung von Zahnärzten), rechtfertigt als solche nicht die Zugrundelegung eines anderen Verbraucherleitbildes. Dem Umstand, daß der an einem Kauf interessierte Internet -Nutzer die benötigten Informationen selbst nachfragen muß, wird vielmehr schon dadurch Rechnung getragen, daß nicht (mehr) auf den flüchtigen Betrachter, sondern auf denjenigen Verbraucher abzustellen ist, der sich der betreffenden Werbeangabe mit der situationsbedingten Aufmerksamkeit zuwendet. Bei der Bestimmung des Grades der Aufmerksamkeit sind die besonderen Umstände der Werbung und des Vertragsschlusses im Internet zu berücksichtigen.
2. Die Beurteilung, ob eine Werbung irreführend ist, richtet sich maßgeblich danach, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht (vgl. BGHZ 151, 84, 91 - Kopplungsangebot I; BGH, Urt. v. 24.10.2002 - I ZR 100/00, GRUR 2003, 361, 362 = WRP 2003, 1224 - Sparvorwahl; Baumbach/Hefermehl/Bornkamm, Wettbewerbsrecht , 23. Aufl., § 5 UWG Rdn. 2.88; Harte/Henning/Dreyer, UWG, § 5 Rdn. 102, 118).

a) Handelt es sich bei der fraglichen Werbung um mehrere Äußerungen, so ist eine isolierte Beurteilung einer einzelnen Angabe geboten, wenn sie vom Verkehr ohne Zusammenhang mit den übrigen wahrgenommen und verwendet wird (Baumbach/Hefermehl/Bornkamm aaO § 5 UWG Rdn. 2.88). Dies kann auch der Fall sein, wenn sich einzelne Angaben in einer einheitlichen Werbeschrift (z.B. in einem Werbekatalog) befinden, aber weder sachlich noch äußer-
lich erkennbar miteinander verbunden oder aufeinander bezogen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 41/00, GRUR 2003, 800, 803 = WRP 2003, 1111 - Schachcomputerkatalog; Urt. v. 2.10.2003 - I ZR 252/01, GRUR 2004, 162, 163 = WRP 2004, 225 - Mindestverzinsung). Stehen die einzelnen Angaben dagegen in einer in sich geschlossenen Darstellung, so dürfen sie nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden (vgl. BGH, Urt. v. 14.12.1995 - I ZR 213/93, GRUR 1996, 367, 368 = WRP 1996, 290 - Umweltfreundliches Bauen). Ob mehrere Angaben innerhalb einer Werbeschrift oder einer sonstigen (äußerlich einheitlichen) Werbedarstellung selbst bei einer gewissen räumlichen Trennung (z.B. Abdruck auf verschiedenen Seiten eines umfangreichen Katalogs) gleichwohl, beispielsweise wegen eines inhaltlichen Bezugs oder wegen eines ausdrücklichen Verweises, als zusammengehörig aufgefaßt werden oder ob dies nicht der Fall ist, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.

b) Diese Grundsätze gelten für die Werbung im Internet in entsprechender Weise. Im Hinblick auf den mit dem Irreführungsverbot verfolgten Zweck, Werbung zu untersagen, die in irgendeiner Weise die Personen, an die sie sich richtet, täuscht oder zu täuschen geeignet ist und die infolge der ihr innewohnenden Täuschung deren wirtschaftliches Verhalten beeinflussen kann (vgl. Art. 2 Nr. 2 der Richtlinie des Rates vom 10.9.1984 über irreführende Werbung - 84/450/EWG, ABl. EG Nr. L 250 v. 19.9.1984, S. 17), ist auch bei der Verwendung des Mediums Internet darauf abzustellen, ob die einzelnen Inhalte von den angesprochenen Verkehrskreisen bei der Vornahme des in Rede stehenden wirtschaftlichen Verhaltens als zusammengehörig angesehen und verwendet werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts läßt sich weder aus den (tatsächlichen) Besonderheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs noch aus den Wertungen des Gesetzgebers zum Fernabsatzgesetz allgemein herleiten, von Internet-Nutzern werde erwartet, daß sie bei der Information über
die wesentlichen Merkmale eines sie interessierenden Kaufgegenstands immer die gesamten Internet-Seiten des anbietenden Unternehmens zur Kenntnis nähmen. Ebensowenig wie dies für die Seiten einer gedruckten Werbeschrift oder eines Katalogs gesagt werden kann, ist für die Internet-Werbung generell die Annahme gerechtfertigt, daß alle Seiten des Internet-Auftritts eines im Internet werbenden Unternehmens vom Verkehr als eine in sich geschlossene Darstellung aufgefaßt und als zusammengehörig wahrgenommen werden.
aa) Der Umstand, daß der an einem Kauf im Internet interessierte Nutzer die benötigten Informationen von sich aus "aktiv" nachfragen muß, rechtfertigt nicht die Schlußfolgerung, er werde in jedem Falle sämtliche Seiten des Internet -Auftritts des anbietenden Unternehmens zur Kenntnis nehmen. Der Kaufinteressierte wird vielmehr erfahrungsgemäß nur diejenigen Seiten aufrufen, die er zur Information über die von ihm ins Auge gefaßte Ware benötigt oder zu denen er durch Links aufgrund einfacher elektronischer Verknüpfung oder durch klare und unmißverständliche Hinweise auf dem Weg bis hin zum Vertragsschluß geführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2003 - I ZR 222/00, GRUR 2003, 889, 890 = WRP 2003, 1222 - Internet-Reservierungssystem). Erhält er auf diese Weise die aus seiner Sicht erforderlichen Angaben, hat er keine Veranlassung , noch weitere Seiten des betreffenden Internet-Auftritts darauf zu untersuchen , ob sie für ihn zusätzliche brauchbare Informationen enthalten.
bb) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den vom Berufungsgericht angeführten Gesetzesmaterialien zur Regelung gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Fernabsatzgesetzes. Die in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zu § 2 Abs. 2 FernAbsG enthaltene Wendung, es werde in der Regel als rechtzeitig im Sinne dieser Vorschrift anzusehen sein, wenn die notwendigen Informationen in Werbeprospekten, Katalogen "oder auf Web-Seiten im Internet enthalten sind, aufgrund derer sich der Verbraucher zur Bestellung
entschließt" (BT-Drucks. 14/2658, S. 38), drückt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die Erwartung aus, der Internet-Benutzer werde sich anhand der gesamten Internet-Seiten des anbietenden Unternehmens informieren.

c) Nach diesen Grundsätzen kann die Feststellung des Berufungsgerichts , die beanstandete Werbung der Beklagten sei nicht irreführend, weil zu ihrem Gesamtbild die auf der Seite gemäß Anlage K 3 ("Über toner-online") enthaltenen Angaben gehörten, aus Rechtsgründen keinen Bestand haben.
aa) Soweit das Berufungsgericht seine Feststellungen darauf gestützt hat, zum Gesamtbild einer Internet-Werbung gehörten grundsätzlich sämtliche Seiten des Internet-Auftritts des werbenden Unternehmens, widerspricht diese Beurteilung, wie dargelegt wurde, der Lebenserfahrung.
bb) Das Berufungsgericht hat weiter darauf abgestellt, der Interessent werde über die "info-Seite" (Anlage K 3) nicht "hinwegklicken", weil diese für das Gesamtbild der Werbung genauso wichtig sei wie die Seite gemäß Anlage K 4, auf der sich die Bezeichnung "Epson Tinte" finde. Dem steht entgegen, daß nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin die "info-Seite" gemäß Anlage K 3 nur dann aufgerufen wird, wenn der Interessent auf den auf der oberen Leiste jeder Seite enthaltenen Link "info" klickt. Wählt der Interessent dagegen auf der Eingangsseite (Anlage K 2) sogleich (und nur) den Link "Tintenstrahldrucker" , kann er über den Link "Epson Tinte" auf der Herstellerliste gemäß Anlage K 4 und über die Auswahl eines Produkts aus der auf der Seite gemäß Anlage K 5 abgebildeten Liste zu einer Seite gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 gelangen. Diese Seiten enthalten neben der Angabe des Preises und der Lieferzeit für das abgebildete Produkt mit dem Link "in den Korb" die Aufforderung zu einer Kaufentscheidung. Einen Hinweis darauf, daß vor dem Ver-
tragsschluß über den Link "info" noch die Seite "Über toner-online" gemäß Anlage K 3 aufgerufen werden müßte, läßt sich den Seiten gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 nicht entnehmen. Auch im übrigen läßt sich den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht entnehmen, daß für den zum Kauf entschlossenen Verbraucher aus anderen Gründen eine Veranlassung besteht, die Seite "Über toner-online" aufzurufen.
cc) Zum Gesamteindruck der beanstandeten Werbung der Beklagten gehören folglich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht die auf der Seite "Über toner-online" (Anlage K 2) enthaltenen Aussagen. Das Berufungsgericht durfte schon aus diesem Grund - ungeachtet der weiteren Frage, ob der angesprochene Verbraucher jedenfalls die Angaben auf den Seiten gemäß den Anlagen K 4 und K 5 als mit denjenigen der jeweiligen Seite gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 als zusammengehörig versteht - die auf dieser Seite gegebenen Erläuterungen, was unter "original" und "kompatibel" zu verstehen sei, nicht bei der Feststellung berücksichtigen, wie die angesprochenen Verkehrskreise den Begriff "kompatibel" auf den Internet-Seiten gemäß den Anlagen K 6 bis K 8 verstehen. Seine Feststellung, der Verbraucher werde durch die beanstandete Werbung nicht irregeführt, beruht auf den aufgezeigten Verstößen gegen die Lebenserfahrung und kann somit keinen Bestand haben.
III. Das Berufungsurteil ist daher auf die Revision der Klägerin aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird zunächst festzustellen haben, welche Angaben auf den einzelnen Seiten des beanstandeten Internet-Auftritts der Beklagten der angesprochene Verbraucher nach dem sachlichen Zusammenhang sowie aufgrund der technischen Möglichkeiten des Aufrufs (Links) als zusammengehörig auffaßt. Sodann wird es zu ermitteln haben , wie der situationsadäquat durchschnittlich aufmerksame, informierte und
verständige Verbraucher den so festgestellten Gesamteindruck der beanstandeten Werbung der Beklagten versteht.
Weiterhin wird im erneuten Berufungsverfahren die Auslegung des Unterlassungsantrags mit den Parteien zu erörtern sein. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bringt der Unterlassungsantrag auch in seiner geänderten Fassung nicht zum Ausdruck, er richte sich nur gegen das konkret beanstandete Verhalten. Nach dem Wortlaut des Unterlassungsantrags begehrt die Klägerin nach wie vor ein allgemeines Verbot, im Internet Tintenpatronen für EpsonDrucker , die nicht von Epson hergestellt worden sind, im Rahmen einer Bestellliste zu bewerben, die unter dem Link "Epson Tinte" erreicht werden kann. Die konkret beanstandete Art und Weise der Werbung wird durch den mit "insbesondere" eingeleiteten Antragsteil lediglich als Minus zu diesem umfassenderen Unterlassungsantrag bezeichnet (vgl. BGH, Urt. v. 23.11.2000 - I ZR 195/98, GRUR 2001, 350, 351).
Ullmann Pokrant Büscher Schaffert Bergmann

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(2) Geschäftliche Handlungen, die sich an Verbraucher richten oder diese erreichen, sind unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

(4) Bei der Beurteilung von geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern ist auf den durchschnittlichen Verbraucher oder, wenn sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern wendet, auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen. Geschäftliche Handlungen, die für den Unternehmer vorhersehbar das wirtschaftliche Verhalten nur einer eindeutig identifizierbaren Gruppe von Verbrauchern wesentlich beeinflussen, die auf Grund von geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen, Alter oder Leichtgläubigkeit im Hinblick auf diese geschäftlichen Handlungen oder die diesen zugrunde liegenden Waren oder Dienstleistungen besonders schutzbedürftig sind, sind aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1.
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
2.
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
3.
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
4.
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
5.
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
6.
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
7.
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn

1.
sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft oder
2.
mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

(4) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.

(5) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 253/97 Verkündet am:
13. Januar 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Tageszulassung II
Zur Frage der Irreführung mit der Angabe "Tageszulassung mit 0 km" in einer
Werbeanzeige für ein Neufahrzeug, das sechs Tage zugelassen war, im Straßenverkehr
aber nicht benutzt worden ist.
BGH, Urt. v. 13. Januar 2000 - I ZR 253/97 - OLG Nürnberg
LG Regensburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Bornkamm,
Pokrant und Raebel

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 9. September 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu I c zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg - 2. Kammer für Handelssachen - vom 16. Oktober 1996 zurückgewiesen.
Von den Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 4/7 und die Beklagte 3/7. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des gewerblichen Handels mit Kraftfahrzeugen.
Die Beklagte bewarb in der Ausgabe des S. Tageblattes vom 5. Januar 1996 (einem Freitag) u.a. einen Pkw "Corsa-Fun" zum Preis von 16.900,-- DM, der in der Anzeige wie folgt beschrieben wurde (Anlage K 3 zur Klageschrift):
"Corsa-Fun ... Tageszulassung mit 0 km ..."
Der beworbene Pkw war am 4. Januar 1996 erstmals angemeldet und am 9. Januar 1996 wieder abgemeldet worden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Werbung mit der Angabe "Tageszulassung" sei irreführend, weil der Verkehr bei einem mit dieser Angabe beworbenen Pkw erwarte, daß das Fahrzeug bis zur Abmeldung nur einen Tag zugelassen gewesen sei. Es sei für den Kunden nicht unerheblich, ob ein Fahrzeug nur einen oder mehrere Tage zugelassen gewesen sei. Deshalb müsse, was von Mitbewerbern auch getan werde, eine mehrtägige Zulassung als "Kurzzulassung" bezeichnet werden.
Der Kläger hat außer der Angabe "Tageszulassung", um die es im Revisionsverfahren allein noch geht, eine Reihe weiterer Werbeaussagen in Werbeanzeigen der Beklagten beanstandet.

Er hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Zeitungsanzeigen oder sonst werblich
... (Klageanträge zu Ia und Ib)
I c) für Kraftfahrzeuge mit Aussagen wie "Tageszulassung" zu werben, sofern das Fahrzeug bereits länger als einen Tag zugelassen war,
... (Klageanträge zu Id bis Ig).
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat geltend gemacht, es bestehe kein Erfahrungssatz des Inhalts, daß der Verkehr mit dem Begriff "Tageszulassung" die Erwartung verbinde, das Fahrzeug sei bis zur Abmeldung tatsächlich nur einen Tag zugelassen gewesen. Dieser Annahme stehe bereits entgegen, daß es bei der Abwicklung der Abmeldung bei den Zulassungsstellen zu zeitlichen Verzögerungen kommen könne. Der Verkehr verbinde mit dem Begriff "Tageszulassung" vielmehr die Vorstellung, daß das Fahrzeug lediglich wenige Tage zugelassen gewesen sei. Für den Käufer sei im übrigen allein maßgeblich, daß der beworbene Pkw nicht der verkehrsmäßigen Nutzung zugeführt worden sei.
Das Landgericht hat der Klage mit zwei Unterlassungsanträgen, die inzwischen nicht mehr im Streit sind, stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen - die Beklagte u.a. auch nach dem Unterlassungsantrag zu Ic verurteilt.
Mit der (auf die Verurteilung gemäß dem Unterlassungsantrag zu Ic beschränkt zugelassenen) Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage auch insoweit, als sie nach dem Klageantrag zu Ic verurteilt worden ist. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in der Werbung mit dem Hinweis "Tageszulassung" einen Verstoß gegen § 3 UWG gesehen, weil das beworbene Fahrzeug für mehrere Tage zugelassen gewesen sei. Dazu hat es ausgeführt:
Der Begriff "Tageszulassung" umfasse schon von seinem Wortlaut her keine Zulassung für mehrere Tage. Zudem verbänden potentielle Autokäufer mit dem in Rede stehenden Begriff ganz bestimmte Vorstellungen. Sie gingen davon aus, daß eine derartige Zulassung rein formal erfolge, um es dem Händler zu ermöglichen, gegenüber dem Hersteller Mindestabnahmemengen nachzuweisen und sich auf diese Weise einen Bonus zu sichern. Es sei dem Publikum bewußt, daß sich durch eine Tageszulassung an der Beschaffenheit
des Fahrzeugs nichts ändere, es insbesondere nicht benutzt werde. Bei einem Weiterverkauf werde der Käufer des Pkws faktisch wie ein Erstbesitzer angesehen und könne einen Preis annähernd wie bei einem Verkauf aus erster Hand erzielen. Diese Möglichkeit werde bei einer Mehrtageszulassung eingeschränkt. Aus den Kraftfahrzeugpapieren sei nicht ersichtlich, daß das Fahrzeug von dem Erstbesitzer nicht genutzt worden sei. Es könne deshalb auch vermutet werden, daß der Wagen einige Tage gefahren und anschließend - egal aus welchen Gründen - an den Händler zurückgegeben worden sei. Mit dem unzutreffenden Gebrauch des Begriffs "Tageszulassung" erfolge daher eine Irreführung des Publikums, die geeignet sei, den Wettbewerb zwischen den Parteien wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG).
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt hinsichtlich des Unterlassungsantrages zu I c zur Wiederherstellung des die Klage insoweit abweisenden landgerichtlichen Urteils.
1. Das Berufungsgericht hat die Revision nur insoweit zugelassen, als es die Beklagte nach dem Unterlassungsantrag zu Ic verurteilt hat. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Für eine nach § 546 Abs. 1 ZPO wirksame Zulassungsbeschränkung genügt es, daß über den von der Revisionszulassung erfaßten Teil des prozessualen Anspruchs eine gesonderte Entscheidung unabhängig von dem übrigen Teil ergehen kann (vgl. BGHZ 130, 50, 59; BGH, Urt. v. 8.3.1995 - VIII ZR 156/94, BGHR-ZPO § 546 Abs. 1 Satz 1 - Beschränkte Revisionszulassung Nr. 17; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 546 Rdn. 46). Das ist in bezug auf das mit dem Klageantrag zu I c verfolgte Unterlassungsbegehren der Fall.
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr erwarte bei der Werbung für Neufahrzeuge mit dem Begriff "Tageszulassung", daß das beworbene Fahrzeug tatsächlich nur einen Tag zugelassen gewesen sei. Ob die gegen diese Beurteilung vorgebrachten Angriffe der Revision durchgreifen, kann offenbleiben. Denn selbst wenn nicht unerhebliche Teile des Verkehrs annehmen sollten, das beworbene Fahrzeug sei nur für einen Tag zugelassen gewesen , wäre ein derartiger Irrtum im Streitfall jedenfalls nicht relevant. Das Berufungsgericht hat die Frage der Relevanz zwar nicht ausdrücklich geprüft. Der Senat kann sie jedoch aufgrund des unstreitigen Sachverhalts und der in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellungen selbst beantworten, ohne daß es einer Aufhebung und Zurückverweisung bedarf.

a) Eine irreführende Angabe ist nur dann wettbewerbsrechtlich relevant, wenn sie in dem Punkt und in dem Umfang, in dem sie von der Wahrheit abweicht , bei ungezwungener Auffassung geeignet ist, die Kaufentscheidung des Publikums - im Sinne einer allgemeinen Wertschätzung - zu beeinflussen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 2.5.1991 - I ZR 258/89, GRUR 1992, 70, 72 = WRP 1991, 642 - 40 % weniger Fett; Urt. v. 10.11.1994 - I ZR 201/92, GRUR 1995, 125, 126 = WRP 1995, 183 - Editorial I). Eine Werbeaussage ist danach grundsätzlich nur dann wettbewerbswidrig, wenn es nach der Lebenserfahrung naheliegt, daß die erzeugte Fehlvorstellung für die Kaufentscheidung eines nicht unbeachtlichen Teil des Verkehrs von Bedeutung ist. Vorausgesetzt ist hierbei jedoch, daß es sich um eine Werbeaussage handelt, die für die Kaufentscheidung des Verbrauchers nicht unwesentlich ist. Denn Aufgabe des Wettbewerbsrechts ist es nicht, den Verbraucher vor jedweder Fehlvorstellung zu schützen. Das Verbot der irreführenden Werbung gemäß § 3 UWG dient vielmehr allein der Wahrung schützenswerter Interessen, sei es des Verbrauchers , sei es des Mitbewerbers (vgl. BGH GRUR 1995, 125, 126 - Editorial I;
Urt. v. 30.10.1997 - I ZR 127/95, GRUR 1998, 949, 951 = WRP 1998, 598 - DNetz -Handtelefon).

b) Unter den im Streitfall gegebenen Umständen kann nicht angenommen werden, daß durch die beanstandete Werbeanzeige wettbewerbsrechtlich maßgebliche Interessen der Verbraucher verletzt werden.
aa) Die - im Zusammenhang mit der Frage der Eignung zur wesentlichen Beeinträchtigung i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG angestellte - Erwägung des Berufungsgerichts, aufgrund der Bedeutung der Tageszulassung im Autohandel sowie des damit verbundenen Kaufanreizes für Verbraucher und der erheblichen Gefahr, daß Autohändler den Begriff der Tageszulassung immer weiter auslegten, könne die Auswirkung der beanstandeten Werbung der Beklagten , die mit einem Umsatz von 500 Neufahrzeugen jährlich eine nicht unbedeutende Marktstellung habe, auf das Wettbewerbsgeschehen erheblich sein, vermag die Relevanz der vom Berufungsgericht bejahten Irreführung des Verkehrs nicht zu begründen.
Tageszulassungen sind - wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - eine besondere Form des Neuwagengeschäfts. Der Kunde erwirbt in diesen Fällen ein fabrikneues Fahrzeug. Die Zulassung dient, anders als bei sogenannten Vorführwagen, nicht der Nutzung des Fahrzeugs. Tageszulassungen erfolgen insbesondere im Absatzinteresse des Händlers, der durch die Steigerung der Abnahmemenge in den Genuß höherer Prämien kommt, die er - in den nach dem Rabattgesetz zulässigen Grenzen - an den Endkunden weitergeben kann (BGH, Urt. v. 5.6.1996 - VIII ZR 7/95, NJW 1996, 2302, 2304 f.). Das ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch dem mit der Werbung angesprochenen potentiellen Autokäufer bewußt, der weiß, daß eine
"Tageszulassung" aus den genannten Gründen nur rein formal erfolgt, ohne daß sich die Beschaffenheit des Fahrzeugs als Neufahrzeug dadurch ändert, es insbesondere nicht benutzt worden ist.
Dem Verkehr kommt es unter diesen Umständen nicht maßgeblich darauf an, ob das als Neuwagen beworbene Fahrzeug nur einen Tag oder für wenige Tage, also kurzfristig, zugelassen war. Für den potentiellen Autokäufer ist vielmehr entscheidend, daß es - dem Sinn und Zweck der sogenannten Tageszulassung entsprechend - noch nicht im Straßenverkehr genutzt wurde. Von letzterem ist auch im Streitfall aufgrund der Werbeangabe "Tageszulassung mit 0 km" und mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts auszugehen.
bb) Die Relevanz der Irreführung läßt sich auch nicht mit der vom Berufungsgericht in anderem Zusammenhang angestellten weiteren Erwägung bejahen , daß der Käufer eines Pkws mit mehrtägiger Zulassung entgegen der Ansicht der Beklagten erhebliche Nachteile habe.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Käufer eines wenige Tage zugelassenen Fahrzeugs erziele bei der Weiterveräußerung in der Regel einen geringeren Erlös als der Käufer eines nur einen Tag zugelassenen Pkws, weil vermutet werden könne, daß das Fahrzeug einige Tage gefahren und anschließend wegen eines Unfalls, eines Fabrikationsfehlers oder sonstigen in der Beschaffenheit des Fahrzeugs liegenden Fehlers wieder an den Händler zurückgegeben worden sei, findet in der allgemeinen Lebenserfahrung keine Stütze. Entscheidend ist für den durchschnittlich informierten und verständigen Autokäufer, daß er ein Neufahrzeug mit - wie beworben - "0 km" Laufleistung erwirbt. Dies kann er bei einem Weiterverkauf im allgemeinen durch Vorlage
des Kaufvertrags auch nachweisen, so daß die vom Berufungsgericht befürchtete Benachteiligung des Käufers, der ein Neufahrzeug mit einer nur wenige Tage umfassenden Zulassung erworben hat, als verhältnismäßig gering einzuschätzen ist.
Auch der vom Berufungsgericht angeführte Gesichtspunkt, daß sich aufgrund der Erstzulassung rechtliche Nachteile - beispielsweise in bezug auf die Garantiefrist - für den Käufer ergeben können, ist für die Relevanz der Irreführung ohne Bedeutung, da die Dauer der Herstellergarantie im allgemeinen nicht davon abhängt, wie lange das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen war.
Schließlich vermag auch der Hinweis der Revisionserwiderung, daß sich der Fristbeginn für die nach § 29 StVZO vorgeschriebene Fahrzeuguntersuchung nach dem Tag der Erstzulassung bestimmt, im Streitfall die Relevanz einer Irreführung nicht zu begründen. Abgesehen davon, daß es schon zweifelhaft erscheint, daß ein potentieller Autokäufer diesen Umstand bei seinem Kaufentschluß überhaupt mitberücksichtigt, betrug die Zulassung im konkreten Fall nur sechs Tage. Dieser kurze Zeitraum kann bei der Beurteilung der Relevanz der (hier unterstellten) Irreführung vernachlässigt werden.
III. Danach war auf die Revision der Beklagten das den Unterlassungsantrag zu I c abweisende landgerichtliche Urteil in diesem Umfang wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 276/99 Verkündet am:
7. November 2002
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Klosterbrauerei
UWG § 3; LMBG § 17 Abs. 1 Nr. 5
Auch wenn davon auszugehen ist, daß der Verbraucher mit "Kloster Pilsner" und
"Klosterbrauerei" die für seine Kaufentscheidung nicht unbedeutsame Vorstellung
verbindet, das Bier stamme aus einer zu einem Kloster gehörigen Brauerei oder
es bestehe jedenfalls ein unmittelbarer Bezug zu einer klösterlichen Brautradition,
ist es mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu vereinbaren, die Verwendung
einer solchen unzutreffenden Bezeichnung als irreführend zu untersagen
, wenn die Bezeichnung seit über 150 Jahren unbeanstandet benutzt wird und
der Absatz des so bezeichneten Bieres auch heute im wesentlichen auf das lokale
und regionale Verbreitungsgebiet beschränkt ist, für das ein Besitzstand aufgrund
unbeanstandeter Verwendung entstanden ist.
BGH, Urt. v. 7. November 2002 – I ZR 276/99 – OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. November 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Pokrant

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Oktober 1999 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten um die Berechtigung der Beklagten, die Bier- und Unternehmensbezeichnungen „Kloster Pilsner“, „Sigel Kloster Pilsner“ und „Klosterbrauerei GmbH, Metzingen, Brauort Stuttgart“ zu verwenden.
Die Klägerin zu 1 ist die Benediktiner-Abtei St. Bonifaz in München, zu der das im 15. Jahrhundert gegründete Kloster Andechs gehört, das unter dieser Bezeichnung seit jeher Bier herstellt; es vertreibt sein Bier heute bundesweit. Die Klägerin zu 2 ist die Brauereigesellschaft der Benediktiner-Abtei Ettal, die ebenfalls auf eine Jahrhunderte alte Brautradition zurückblickt. Auch sie vertreibt ihr Bier unter der Bezeichnung „Klosterbrauerei Ettal“ nunmehr überregional.
Die Beklagte bringt ihr Bier unter den Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ und „Sigel Kloster Pilsner“ überwiegend im Raum Reutlingen, Tübingen, Stuttgart, daneben im übrigen Baden-Württemberg und in geringem Umfang auch im weiteren Bundesgebiet mit Ausnahme Bayerns auf den Markt. Sie wurde 1840 als „Klosterbrauerei“ in Pfullingen gegründet, wobei der Bezug zu einem Kloster lediglich darin besteht, daß die (ursprüngliche) Pfullinger Braustätte auf dem neben einer Klosterkirche gelegenen Areal eines bereits in der Reformationszeit aufgegebenen Klarissenklosters lag. 1860 wurde die „Klosterbrauerei“ von einem Christian Sigel erworben, der schon 1868 eine „Kloster-Sigel“-Marke schuf. Seit den dreißiger Jahren verwendet die Beklagte in der Werbung und in der Ausstattung der Bierflaschen die Abbildung eines roten Wachssiegels, auf dem ein Mönch mit einem überschäumenden Bierglas zu sehen ist. 1976 wurden die von der Familie Sigel gehaltenen Anteile an der Beklagten von der Schwabenbräu Robert Leicht AG, Stuttgart, erworben. 1980 wurde der Braubetrieb in Pfullingen eingestellt und die Beklagte unter Fortführung der Firma Klosterbrauerei GmbH mit einer Metzinger Brauerei verschmolzen. 1985 wurde auch der Braubetrieb in Metzingen eingestellt. Heute ist die Beklagte eine Tochter der Dinkelacker-Schwabenbräu AG in Stuttgart-Vaihingen. Die Beklagte selbst stellt kein Bier mehr her, sondern läßt es bei ihrer Konzernmutter im Rahmen eines Sudvertrages herstellen. Sie vertreibt ihr Bier, dessen Absatz sie in den letzten zehn Jahren von ca. 10.000 hl auf ca. 70.000 hl steigern konnte, unter den beanstandeten Bezeichnungen, unter anderem mit einem Etikett, auf dem die Bezeichnung „Kloster Pilsner“ hervorgehoben ist und das die Abbildung eines Mönchs mit Bierglas zeigt. Ferner heißt es dort:
Klosterbrauerei GmbH, Metzingen, Brauort Stuttgart
Dieses Etikett ist nachfolgend in schwarzweiß wiedergegeben:

In der Vergangenheit sind die von der Beklagten verwendeten Bezeichnungen unbeanstandet geblieben.
Die Klägerinnen machen geltend, die Beklagte verstoße mit der Verwendung des Etiketts und des Begriffs „Kloster“ in Produkt- und Unternehmenskennzeichen gegen das Irreführungsverbot. Beim Publikum werde der Eindruck erweckt, als ob das Bier in einem Kloster oder von Mönchen oder doch jedenfalls am Ort eines früheren Klosters in dessen Brautradition gebraut werde. Der winzige Hinweis auf den Brauort Stuttgart sei nicht geeignet, diese Fehlvorstellung zu korrigieren. Die Klägerinnen seien nicht früher gegen die Beklagte vorgegangen, weil sie erst infolge der Ausdehnung ihres Absatzgebietes das Auftreten der Beklagten am Markt wahrgenommen hätten. Im übrigen könne sich aus der vorsätzlichen Verletzung
wettbewerbsrechtlicher Regeln kein schützenswerter Besitzstand ergeben. Es gehe nicht allein um Individualinteressen der Klägerinnen als Wettbewerber, sondern auch um das Interesse der Allgemeinheit an einer Unterbindung irreführender Werbung.
Die Klägerinnen haben beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, 1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
a) Bier unter den Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ und/oder „Sigel Kloster Pilsner“ anzubieten, zu bewerben oder zu vertreiben, insbesondere in (der oben wiedergegebenen) Aufmachung;
b) sich für ihren auf die Herstellung und den Vertrieb von Bier gerichteten Geschäftsbetrieb der Bezeichnung „Klosterbrauerei GmbH, Metzingen, Brauort Stuttgart“ zu bedienen; 2. in die Löschung des Bestandteils „Klosterbrauerei“ ihrer beim Handelsregister ... eingetragenen Firma einzuwilligen und diese Löschung herbeizuführen; 3. den Klägerinnen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über Handlungen gemäß Ziffer I.1. unter Angabe von
a) Liefermengen und Lieferzeiten,
b) erzieltem Gewinn,
c) erzieltem Umsatz und zugehörigen Abnehmern,
d) Art, Zeitraum und Umfang der betriebenen Werbung, jeweils aufgeschlüsselt nach Werbeträgern und Verbreitungsgebieten; II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, jeder Klägerin allen Schaden zu ersetzen , der dieser durch Handlungen gemäß Ziffer I.1. entstanden ist und/oder noch entstehen wird, einschließlich eines etwaigen Marktverwirrungsschadens.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat die Ansicht vertreten, der geltend gemachte Anspruch sei verwirkt. Im übrigen sei es in der Branche üblich , daß ein als Brauerei bezeichnetes Unternehmen nicht mehr selbst braue, sondern sich nur noch auf den Vertrieb ihres mit eigener Geschmacksnote versehenen Bieres beschränke.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerinnen zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerinnen, mit der sie ihre Klageanträge weiterverfolgen. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerinnen aus § 3 UWG verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Es könne unterstellt werden, daß ein beachtlicher Teil des Verkehrs auch heute noch von dem Begriff „Kloster“ und von der Abbildung eines Mönchs – wenn im Zusammenhang mit einem Bier verwendet – auf einen räumlichen Bezug zu einem Kloster sowie auf eine Verbindung zu Mönchen oder Nonnen schließe. Weil ein solcher Bezug im Streitfall nicht (mehr) bestehe, sei von einer Irreführung auszugehen. Es fehle jedoch an der wettbewerbsrechtlichen Relevanz, weil die (unterstellte ) Irreführung den Kaufentschluß der angesprochenen Verbraucher nicht in erheblicher Weise beeinflusse. Den Verbrauchern sei bekannt, daß deutsches Bier aufgrund des Reinheitsgebots hinsichtlich seiner Zusammensetzung strikten Regeln unterworfen sei. Das biertrinkende Publikum orientiere sich an Geschmacksrichtungen und Biergattungen, messe der Qualität des Bieres entscheidende Bedeutung bei und unterscheide nach der jeweiligen geschmacklichen Note. Die Klägerinnen hätten nicht deutlich gemacht, worin der Vorteil eines klösterlichen Bieres liegen solle. Auch Mönche unterlägen den für alle geltenden Brauregeln und brauten ihr Bier, wenn sie im Markt erfolgreich seien, in hochtechnisierten üblichen Großanlagen. Für den Verkehr seien die beanstandeten Begriffe
nur ein Vehikel für einen Bedeutungsgehalt wie Tradition und lange Erfahrung, also für Eigenschaften, die auch die Beklagte für sich in Anspruch nehmen könne. Ob ein Kloster in der Nähe sei oder ob sich die Braustätte sogar auf einem ehemaligen Klostergelände befinde, müsse für den verständigen Verbraucher unerheblich sein. Nur der Unverstand könne ihn lehren, daß ein solcher Bezug nennenswerten Einfluß auf das Produkt habe. Daher sei der Bezug zu einem Kloster bar jeder Aussagekraft. Soweit es noch auf die Braukunst ankomme, könnten über sie auch weltliche Brauer verfügen. Der Begriff des Klosters sei daher nichts anderes als eine historisierende Chiffre ohne beachtlichen Tatsachenkern. Die Klägerinnen hätten daher kein schützenswertes Interesse daran, daß dieser Begriff von der Beklagten nicht mehr verwendet werde.
Mit dem Landgericht sei zudem davon auszugehen, daß die Klägerinnen einen Anspruch, selbst wenn die Voraussetzungen im übrigen gegeben seien, nicht mehr geltend machen könnten. Zwar unterlägen Ansprüche wegen irreführender Werbung im Hinblick auf das Interesse der Allgemeinheit an ihrer Durchsetzung regelmäßig nicht der Verwirkung. Hiervon gelte jedoch eine Ausnahme in Fällen, in denen die Irreführungsgefahr gering sei, im wesentlichen nur die Individualinteressen des Mitbewerbers betroffen seien und auf seiten des Werbenden ein wertvoller , durch eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung geschaffener Besitzstand auf dem Spiel stehe. So verhalte es sich im Streitfall.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage im Ergebnis mit Recht als unbegründet erachtet. Nicht zu beanstanden ist die – vom Berufungsgericht unterstellte – Annahme, daß die mit „Klosterbrauerei“ bezeichnete Braustätte sowie das mit „Kloster Pilsner“ bezeichnete Bier nach dem Verständnis der Verbraucher einen Bezug zu einem Kloster aufweisen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist diese Vorstellung für die Kaufentscheidung durchaus von
Bedeutung. Anders als es das Berufungsgericht in einer Hilfserwägung angenommen hat, ist auch eine Verwirkung nicht eingetreten. Dennoch muß die mit der beanstandeten Werbung verbundene Irreführung hingenommen werden, weil die Durchsetzung des Verbots im Streitfall mit Blick auf das eher geringe Gewicht der Irreführung auf der einen und die über lange Zeit unbeanstandet gebliebene Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen auf der anderen Seite unverhältnismäßig wäre.
1. Soweit sich die Klage dagegen richtet, daß die Beklagte unter den Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ oder „Sigel Kloster Pilsner“ Bier anbietet und vertreibt , ist Grundlage der rechtlichen Beurteilung nicht allein das allgemeine Irreführungsverbot des § 3 UWG, sondern auch das spezielle Verbot des § 17 Abs. 1 Nr. 5 lit. b LMBG; eine Zuwiderhandlung gegen dieses Verbot stellt stets auch einen Wettbewerbsverstoß nach § 1 UWG dar. Die beiden Anspruchsgrundlagen sind zwar nebeneinander anzuwenden (vgl. Piper in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 21; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 UWG Anh. III Übersicht Rdn. 2). Doch bestimmt sich im Anwendungsbereich des lebensmittelrechtlichen Verbots die Frage der Irreführung stets nach den Maßstäben dieser Vorschrift, weil sie auf eine abschließende europarechtliche Regelung, nämlich auf Art. 2 der Etikettierungsrichtlinie 79/112/EWG (inzwischen Art. 2 der Etikettierungsrichtlinie 2000/13/EG), zurückgeht. Das Verbot des § 3 UWG kann daher im gemeinsamen Anwendungsbereich dieser Bestimmungen nicht weitergehen als das lebensmittelrechtliche Verbot aus § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG (vgl. BGH, Urt. v. 6.6.2002 – I ZR 307/99, GRUR 2002, 1091, 1092 = WRP 2002, 1267 – BodenseeTafelwasser ; OLG Frankfurt GRUR-RR 2001, 67, 69; Köhler in Köhler/Piper aaO Einf. Rdn. 83; Piper in Köhler/Piper aaO § 3 Rdn. 40; Ullmann, JZ 1994, 928, 930 f.; Bornkamm in Festschrift BGH, 2000, S. 343, 354).
2. Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerinnen unterstellt, daß die Verwendung des Begriffs „Kloster“ bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine Fehlvorstellung auslöst. Eine solche Annahme wäre auch – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Denn es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Verkehr die Bezeichnung „Kloster“ für Bier oder für eine Brauerei in der Weise versteht, daß das Bier entweder in einer wirklichen Klosterbrauerei – also in einer zu einem Kloster gehörenden Brauerei – gebraut worden ist oder daß zumindest ein Bezug zur klösterlichen Brautradition der früheren Jahrhunderte, insbesondere zu einer klösterlichen Braustätte, besteht (so auch OLG Hamburg WRP 1998, 76, 77 f.; OLG Nürnberg GRUR-RR 2001, 61, 63; OLG Frankfurt GRUR-RR 2001, 67, 68). Allein der Umstand , daß sich eine Vielzahl von Unternehmen auf eine solche Tradition berufen und sie in ihrer Werbung herausstellen, deutet auf eine entsprechende Wertschätzung der „Kloster“-Bezeichnungen für Biere beim Publikum hin. Derartige Bezeichnungen vermitteln unterschwellig den Eindruck einer alten, bodenständigen Brautradition. Auch verständige Verbraucher lassen sich von solchen versteckten Qualitätssignalen leiten, selbst wenn sie sich darüber im klaren sein mögen, daß das konkrete Bier nicht mehr von Mönchen gebraut wird und im übrigen von Mönchen gebrautes Bier nicht notwendig etwas Besonderes sein muß. Es verhält sich insofern ähnlich wie mit der auf eine besondere Unternehmenstradition hinweisenden Alterswerbung (vgl. BGH, Urt. v. 31.5.1960 – I ZR 16/59, GRUR 1960, 563, 565 = WRP 1960, 238 – Sektwerbung; Urt. v. 11.7.1980 – I ZR 105/78, GRUR 1981, 69, 70 = WRP 1981, 21 – Alterswerbung für Filialen; Urt. v. 28.2.1991 – I ZR 94/89, GRUR 1991, 680, 681 f. – Porzellanmanufaktur; Urt. v. 21.2.1991 – I ZR 106/89, GRUR 1992, 66, 67 f. = WRP 1991, 473 – Königl.Bayerische Weisse). Sie soll ebenfalls die Vorstellung von einem traditionsbewußten , seit langem mit Erfolg im Markt tätigen, auf bewährte Produkte setzenden
Unternehmen vermitteln, ohne damit nahezulegen, daß diese Produkte seit Jahrhunderten unverändert geblieben sind.
3. Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß nicht jede Werbung, durch die eine Fehlvorstellung der Verbraucher ausgelöst wird, im Sinne der § 3 UWG und § 17 Abs. 1 Nr. 5 LMBG irreführend ist. Wettbewerbsrechtlich relevant werden unrichtige Angaben vielmehr erst dadurch, daß sie geeignet sind, das Marktverhalten der Gegenseite, in der Regel also den Kaufentschluß der Verbraucher , zu beeinflussen (vgl. BGH, Urt. v. 29.5.1991 – I ZR 204/89, GRUR 1991, 852, 855 = WRP 1993, 95 – Aquavit; Urt. v. 30.10.1997 – I ZR 127/95, GRUR 1998, 949, 951 = WRP 1998, 598 – D-Netz-Handtelefon; Urt. v. 17.6.1999 – I ZR 149/97, GRUR 2000, 239, 241 = WRP 2000, 92 – Last-Minute-Reise; Urt. v. 13.1.2000 – I ZR 253/97, GRUR 2000, 914, 915 = WRP 2000, 1129 – Tageszulassung II; Urt. v. 27.6.2002 – I ZR 19/00, GRUR 2002, 1095, 1096 = WRP 2002, 1430 – Telefonische Vorratsanfrage).
Das Berufungsgericht hat jedoch zu Unrecht die Relevanz der fraglichen Fehlvorstellung verneint. Es hat darauf abgestellt, die Verbraucher seien sich darüber im klaren, daß sich deutsches Bier zwar wegen des Reinheitsgebots von anderen Bieren unterscheide, daß aber bei Beachtung dieses Gebots für den einzelnen Bierbrauer nur ein relativ geringer Spielraum verbleibe mit der Folge, daß Verbraucher sich in erster Linie an Geschmacksrichtungen und Biergattungen orientierten. Damit hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet, daß auch die Kaufentscheidung verständiger Verbraucher maßgeblich durch Erwägungen beeinflußt werden kann, die sich einer rationalen Überprüfung entziehen. Die beworbene klösterliche Brautradition stellt ein solches Qualitätssignal dar, das – ähnlich wie die Alterswerbung – eine unternehmensbezogene positive Assoziation weckt. Derartige versteckte Qualitätssignale können für die Kaufentscheidung des Publikums maßgeblich sein. Dies wird nicht zuletzt auch durch das Verhalten
der Anbieter selbst belegt, die derartigen Merkmalen, durch die sie sich von ihren Wettbewerbern abzusetzen vermögen, in der Aufmachung ihrer Produkte und in der Werbung generell einen breiten Raum einräumen (vgl. BGH GRUR 1992, 66, 69 – Königl.-Bayerische Weisse).
4. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage hilfsweise damit begründet , daß die Ansprüche der Klägerinnen verwirkt seien. Im Streitfall liegen indessen – worauf die Revision mit Recht hinweist – die Voraussetzungen einer Verwirkung nicht vor. Doch sind die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angeführten besonderen Umstände – die über lange Zeit unbeanstandet gebliebene Nutzung der angegriffenen Bezeichnungen, die für die Beklagte einen erheblichen Wert darstellen, auf der einen sowie das verhältnismäßig geringe Gewicht der in Rede stehenden Irreführung auf der anderen Seite – im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Diese führt dazu, daß die von den Klägerinnen beanstandete Irreführung im Streitfall hingenommen werden muß.

a) Mit Recht rügt die Revision, daß die Voraussetzungen einer Verwirkung im Streitfall nicht vorliegen. Der Bundesgerichtshof hat wiederholt entschieden, daß Ansprüche aus § 3 UWG im allgemeinen nicht der Verwirkung unterliegen, weil das Interesse der Allgemeinheit, vor Irreführung geschützt zu werden, grundsätzlich als vorrangig vor den Individualinteressen des Werbenden anzusehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1985 – I ZR 66/83, GRUR 1985, 930, 931 – JUS-Steuerberatungsgesellschaft ; Urt. v. 26.6.1986 – I ZR 103/84, GRUR 1986, 903, 904 = WRP 1986, 674 – Küchen-Center). Ob vorliegend eine Ausnahme von diesem Grundsatz in Betracht kommt, weil es letztlich nur um Individualinteressen der Klägerinnen geht (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1976 – I ZR 23/75, GRUR 1977, 159, 161 – Ostfriesische Tee Gesellschaft; Urt. v. 29.9.1982 – I ZR 25/80, GRUR 1983, 32, 34 = WRP 1983, 203 – Stangenglas I), bedarf keiner Entscheidung; denn nach
den getroffenen Feststellungen haben die Klägerinnen der Beklagten keinen Anlaß zu der Annahme gegeben, sie würden ihnen zustehende Unterlassungs-, Auskunfts - und Schadensersatzansprüche nicht verfolgen. Insbesondere konnte die Beklagte nicht davon ausgehen, daß die Klägerinnen den historischen Hintergrund der beanstandeten Bezeichnungen schon seit längerem kannten und insbesondere wußten, daß sich die Beklagte nicht auf eine klösterliche Brautradition berufen kann. Muß der Schuldner aber davon ausgehen, daß der Berechtigte keine Kenntnis von dem ihm zustehenden Anspruch hat, fehlt es im Hinblick auf den konkreten Gläubiger an dem für die Verwirkung erforderlichen Vertrauenstatbestand (vgl. BGH, Urt. v. 15.9.1999 – I ZR 57/97, GRUR 2000, 144, 145 f. – Comic -Übersetzungen II).

b) In der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, daß auch unabhängig von einer Verwirkung eine Irreführungsgefahr in besonderen Ausnahmefällen hinzunehmen ist, wenn die Belange der Allgemeinheit nicht in erheblichem Maße und ernstlich in Mitleidenschaft gezogen werden, weil nur eine geringe Irreführungsgefahr vorliegt (vgl. BGH GRUR 1983, 32, 34 – Stangenglas I; GRUR 1986, 903, 904 – Küchen-Center; Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 107; Piper in Köhler/Piper aaO § 3 Rdn. 216; Großkomm.UWG/Lindacher, § 3 Rdn. 259). Eine solche Ausnahme kommt insbesondere dann in Betracht, wenn durch das Verbot ein wertvoller Besitzstand an einer Individualkennzeichnung zerstört würde (BGH GRUR 1977, 159, 161 – Ostfriesische Tee Gesellschaft; vgl. ferner BGH, Urt. v. 28.1.1957 – I ZR 88/55, GRUR 1957, 285, 287 = WRP 1957, 173 – Erstes Kulmbacher ).
aa) Diese Ausnahme ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, unter dessen Vorbehalt das Irreführungsverbot steht. Auch wenn im allgemeinen das Interesse des Werbetreibenden an der Weiterverwendung einer irreführenden Angabe nicht schutzwürdig ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1972 – I ZR 38/71, GRUR
1973, 532, 533 f. – Millionen trinken …; BGH GRUR 1960, 563, 566 – Sektwer- bung), kann es doch im Einzelfall das Schutzbedürfnis der Allgemeinheit und das individuelle Interesse eines Mitbewerbers überwiegen. So ist in der Rechtsprechung seit jeher anerkannt, daß die Anwendung des Irreführungsverbots aufgrund einer Interessenabwägung ausgeschlossen sein kann, wenn eine Werbeangabe zwar objektiv zutreffend ist, vom Verkehr aber in einer vom objektiven Aussagegehalt abweichenden, irreführenden Weise verstanden wird (vgl. nur BGH, Urt. v. 15.2.1996 – I ZR 9/94, GRUR 1996, 910, 912 = WRP 1996, 729 – Der meistverkaufte Europas; Urt. v. 23.5.1996 – I ZR 76/94, GRUR 1996, 985, 986 = WRP 1996, 1156 – PVC-frei; Urt. v. 22.4.1999 – I ZR 108/97, GRUR 2000, 73, 75 = WRP 1999, 1145 – Tierheilpraktiker). Für das besondere, früher ebenfalls aus § 3 UWG hergeleitete Verbot der Verwendung irreführender geographischer Herkunftsangaben , das heute in § 127 Abs. 1 MarkenG geregelt ist, hat der Bundesgerichtshof den Einwand zugelassen, daß seine Anwendung im Einzelfall unverhältnismäßig ist (BGHZ 139, 138, 145 – Warsteiner II; BGH, Urt. v. 19.9.2001 – I ZR 54/96, GRUR 2002, 160, 162 = WRP 2001, 1450 – Warsteiner III; Urt. v. 18.4.2002 – I ZR 72/99, GRUR 2002, 1074, 1076 = WRP 2002, 1286 – Original Oettinger). Auch der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zieht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als Korrektiv für das Irreführungsverbot heran, wenn das Verbot eine Beeinträchtigung des Handelsverkehrs nicht zu rechtfertigen vermag (vgl. EuGH, Urt. v. 4.4.2000 – Rs. C-465/98, Slg. 2000, I-2297 Tz. 28 = GRUR Int. 2000, 756 = WRP 2000, 489 – Verein gegen Unwesen .../Darbo; vgl. auch BGH, Urt. v. 15.7.1999 – I ZR 44/97, GRUR 1999, 1122, 1124 = WRP 1999, 1151 – EG-Neuwagen I).
bb) Im Streitfall überwiegen die Interessen der Beklagten ausnahmsweise das Interesse der Allgemeinheit und das der Klägerinnen an einem Verbot der Bezeichnungen „Kloster Pilsner“ und „Klosterbrauerei“.
Auf der einen Seite sind die Fehlvorstellungen, die die angegriffenen Be- zeichnungen beim Verbraucher bewirken, für die Kaufentscheidung zwar von Bedeutung , aber doch nur von geringem Gewicht. Wodurch sich ein unter der Bezeichnung „Kloster“ vertriebenes Bier von anderen Bieren abhebt, ist – wie oben dargestellt – keineswegs eindeutig. Die Verwendung dieser Bezeichnung könnten die Klägerinnen auch einem Unternehmen nicht verwehren, das sich zwar zu Recht auf eine klösterliche Brautradition beruft, das aber selbst in keiner Weise mehr mit einem Kloster verbunden ist und dessen Bier auch längst nicht mehr mit dem früher an derselben Stelle von Mönchen gebrauten Bier übereinstimmt, auf das es mit der Bezeichnung „Kloster“ Bezug nimmt. Das berechtigte Interesse der Allgemeinheit sowie das gleichgerichtete Interesse der Klägerinnen daran, daß die Beklagte diese Bezeichnung nicht mehr verwendet, kann daher wettbewerbsrechtlich nur als verhältnismäßig gering eingestuft werden.
Das Interesse der Beklagten an einer Weiterverwendung der beanstandeten Bezeichnungen ergibt sich auf der anderen Seite vor allem aus der langjährigen Verwendung, die in der Vergangenheit niemals von einem Wettbewerber oder von dritter Seite beanstandet worden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits 1840 als „Klosterbrauerei“ in Pfullingen gegründet worden ist und die Beklagte die Firma nach der Verschmelzung mit einer Metzinger Brauerei im Jahre 1980 fortführt, ohne daß die Verwendung dieses Begriffs jemals beanstandet worden wäre. Seit 1868 verwendet die Rechtsvorgängerin bzw. die Beklagte den Begriff „Kloster“ als Bestandteil einer Marke. Auch dies ist niemals beanstandet worden. Damit ist der Rechtsvorgängerin der Beklagten über viele Jahrzehnte ein wertvoller Besitzstand zugewachsen, auf den sich auch die Beklagte berufen kann, in der der Geschäftsbetrieb der alten „Klosterbrauerei“ vollständig aufgegangen ist. Diese Abwägung wird zusätzlich dadurch entscheidend bestimmt, daß die Beklagte sich nach Ausstoß und Verbreitungsgebiet in der
Tradition des Unternehmens hält, das seit nunmehr über 160 Jahren in Pfullingen und Umgebung Bier unter der Bezeichnung „Kloster“ und „Klosterbrauerei“ vertreibt.
III. Danach ist die Revision der Klägerinnen mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Starck
Bornkamm Pokrant