Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2005 - II ZR 229/03

bei uns veröffentlicht am19.09.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 229/03 Verkündet am:
19. September 2005
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Durchsetzungssperre für Eigenkapital ersetzende Darlehen endet erst in
dem Zeitpunkt, in dem das Stammkapital der Gesellschaft nachhaltig wiederhergestellt
ist, d.h. eine Darlehensrückzahlung aus freiem, die Stammkapitalziffer
der GmbH übersteigenden Vermögen erfolgen kann.
BGH, Urteil vom 19. September 2005 - II ZR 229/03 - OLG Hamm
LG Duisburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 19. September 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Münke, Dr. Strohn und
Dr. Reichart

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Juni 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war Gesellschafter der Beklagten mit einem Geschäftsanteil von 200.000,00 DM. Er veräußerte und übertrug diesen Anteil am 16. September 1994 je zur Hälfte an seine Mitgesellschafter Dr. Z. und M. . Als Gegenleistung traten ihm die Anteilserwerber gegen die Beklagte gerichtete Darlehensrückzahlungsansprüche in Höhe von jeweils 50.000,00 DM ab. Am selben Tage beteiligte sich der Kläger als stiller Gesellschafter an der Beklagten mit einer Einlage von 200.000,00 DM, die er durch Umwandlung eines Darlehens von 100.000,00 DM, das er der Beklagten früher
gewährt hatte, sowie Umwandlung der ihm von Dr. Z. und M. abgetretenen Darlehensrückzahlungsansprüche von je 50.000,00 DM erbrachte.
Mit der Klage verlangt der Kläger von der Beklagten Auszahlung des ihm nach Beendigung der stillen Gesellschaft noch zustehenden restlichen Abfindungsguthabens von unstreitig 85.000,00 DM (= 43.459,81 €) nebst Zinsen. Die Beklagte ist der Ansicht, einer Auszahlung des Restguthabens stünden die Kapitalerhaltungsregeln entgegen, weil die in die Einlage des Klägers umgewandelten Darlehen Eigenkapital ersetzenden Charakter gehabt hätten.
Die Klage war in beiden Vorinstanzen erfolgreich. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, der Zahlungsanspruch des Klägers sei nicht durch § 30 GmbHG ausgeschlossen. Es hat offen gelassen, inwieweit diese Vorschrift im vorliegenden Fall überhaupt anwendbar ist, und gemeint , selbst wenn die Darlehen 1994 Eigenkapital ersetzenden Charakter gehabt hätten, sei dieser jedenfalls zwischenzeitlich entfallen. Die Kredit gebenden Banken hätten Sicherheiten freigegeben, so dass von einer noch bestehenden Kreditunwürdigkeit der Beklagten nicht ausgegangen werden könne, auch wenn die Kredite weiterhin durch andere Bürgschaften gesichert seien.
Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand.
II. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Zahlungsanspruch des Klägers die Rechtsprechungsgrundsätze zu den Eigenkapital ersetzenden Gesellschafterleistungen entgegenstehen.
1. Nach jenen Grundsätzen sind Darlehen oder ähnliche Leistungen, die ein Gesellschafter der sonst nicht mehr lebensfähigen GmbH anstelle von Eigenkapital gewährt oder belässt, wie gebundenes Stammkapital nach §§ 30, 31 GmbHG zu behandeln, soweit sie verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdecken. Eigenkapital ersetzende Gesellschafterhilfen verlieren diese Eigenschaft weder dadurch, dass der Gesellschafter , der sie gewährt hat, aus der Gesellschaft ausscheidet, noch dadurch, dass sie bei Gründung einer stillen Gesellschaft in Einlagen des stillen Gesellschafters umgewandelt und in die stille Gesellschaft eingebracht werden (Sen.Urt. v. 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83 f. m.w.Nachw.). Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Darlehen Eigenkapital ersetzenden Charakter hatten. Revisionsrechtlich ist deswegen zugunsten der Beklagten davon auszugehen, dass dies der Fall war.
2. Danach durften das Darlehen des Klägers über 100.000,00 DM und das des Dr. Z. über 50.000,00 DM nicht zurückgezahlt und die auf die Darlehen geschuldeten Zinsen nicht entrichtet werden, wenn die Beklagte bei Hingabe der Darlehen bzw. bei ihrem "Stehenlassen" in der Zeit bis zum Ausscheiden des Klägers aus der GmbH insolvenzreif oder kreditunwürdig war.
Nach den Feststellungen des Landgerichts gilt dies entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung, die sich auf die Ausführungen des Senats in dem Parallelprozess (II ZR 300/02) beruft, auch für den von Herrn M. abgetretenen Darlehensanspruch; denn nach den in erster Instanz getroffenen, vom
Berufungsgericht nicht in Frage gestellten Feststellungen war M. bei Ausscheiden des Klägers als Gesellschafter bereits dessen Mitgesellschafter.
3. Die Durchsetzungssperre entfällt erst, wenn die Rückzahlung aus freiem , die Stammkapitalziffer übersteigenden Gesellschaftsvermögen möglich ist (Sen.Urt. v. 8. November 2004 aaO, 84). Feststellungen insoweit hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Seine allein auf die Freigabe von Sicherheiten durch einen Teil der Kreditgeber der Beklagten gestützte Annahme, die Darlehen hätten jedenfalls im Zeitpunkt der Freigabe keinen Eigenkapital ersetzenden Charakter mehr gehabt, genügt hierfür nicht.
II. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es prüfen kann, ob die Darlehen des Klägers, Dr. Z. des und Herrn M. Eigenkapital ersetzend waren und ob das Stammkapital der Beklagten inzwischen nachhaltig wiederhergestellt ist (Sen.Urt. v. 8. November 2004 aaO).
Dabei wird es anhand einer den Anforderungen des § 42 GmbHG entsprechenden Bilanz nach fortgeführten Buchwerten zu ermitteln haben, ob eine Unterbilanz besteht (Sen.Urt. v. 8. November 2004 aaO m.w.Nachw.). Wenn und soweit sich ergibt, dass das Vermögen der Beklagten die Stammkapitalziffer um die Klageforderung übersteigt, ist die Klage begründet.
Goette Dr. Kurzwelly kann wegen Münke Urlaubs nicht unterschreiben Goette Strohn Reichart

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2005 - II ZR 229/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2005 - II ZR 229/03

Referenzen - Gesetze

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 30 Kapitalerhaltung


(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktie

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 31 Erstattung verbotener Rückzahlungen


(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. (2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschafts

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG | § 42 Bilanz


(1) In der Bilanz des nach den §§ 242, 264 des Handelsgesetzbuchs aufzustellenden Jahresabschlusses ist das Stammkapital als gezeichnetes Kapital auszuweisen. (2) Das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter ist in d
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Sept. 2005 - II ZR 229/03 zitiert 4 §§.

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(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktie

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(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden. (2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschafts

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(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) Eingezahlte Nachschüsse können, soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind, an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Die Zurückzahlung darf nicht vor Ablauf von drei Monaten erfolgen, nachdem der Rückzahlungsbeschluß nach § 12 bekanntgemacht ist. Im Fall des § 28 Abs. 2 ist die Zurückzahlung von Nachschüssen vor der Volleinzahlung des Stammkapitals unzulässig. Zurückgezahlte Nachschüsse gelten als nicht eingezogen.

(1) Zahlungen, welche den Vorschriften des § 30 zuwider geleistet sind, müssen der Gesellschaft erstattet werden.

(2) War der Empfänger in gutem Glauben, so kann die Erstattung nur insoweit verlangt werden, als sie zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.

(3) Ist die Erstattung von dem Empfänger nicht zu erlangen, so haften für den zu erstattenden Betrag, soweit er zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist, die übrigen Gesellschafter nach Verhältnis ihrer Geschäftsanteile. Beiträge, welche von einzelnen Gesellschaftern nicht zu erlangen sind, werden nach dem bezeichneten Verhältnis auf die übrigen verteilt.

(4) Zahlungen, welche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen zu leisten sind, können den Verpflichteten nicht erlassen werden.

(5) Die Ansprüche der Gesellschaft verjähren in den Fällen des Absatzes 1 in zehn Jahren sowie in den Fällen des Absatzes 3 in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Zahlung, deren Erstattung beansprucht wird, geleistet ist. In den Fällen des Absatzes 1 findet § 19 Abs. 6 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(6) Für die in den Fällen des Absatzes 3 geleistete Erstattung einer Zahlung sind den Gesellschaftern die Geschäftsführer, welchen in betreff der geleisteten Zahlung ein Verschulden zur Last fällt, solidarisch zum Ersatz verpflichtet. Die Bestimmungen in § 43 Abs. 1 und 4 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 300/02 Verkündet am:
8. November 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterhilfe darf nach den Rechtsprechungsregeln
zum Eigenkapitalersatz im GmbH-Recht nur dann zurückgezahlt
werden, wenn wieder genügend freies, die Stammkapitalziffer übersteigendes
Vermögen vorhanden ist. Das gleiche gilt für Zinsen und - nach Umwandlung
der Gesellschafterhilfe in eine stille Einlage - Gewinnanteile.
BGH, Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02 - OLG Hamm
LG Bochum
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 8. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war Gesellschafter der beklagten GmbH. Mit Vertrag vom 16. September 1994 übertrug er seinen Geschäftsanteil i.H.v. 200.000,00 DM zu je 50 % auf den Mitgesellschafter Dr. Z. und den Geschäftsführer M.. Als Gegenleistung traten die Erwerber jeweils einen gegen die Beklagte gerichteten Darlehensrückzahlungsanspruch i.H.v. 50.000,00 DM an den Kläger ab. Mit Vertrag vom selben Tage wurde der Kläger stiller Gesellschafter der
Beklagten. Seine Einlage sollte 200.000,00 DM betragen. Sie wurde aufgebracht durch Umwandlung eines von ihm an die Beklagte gegebenen Darlehens i.H.v. 100.000,00 DM und durch Umwandlung der beiden an ihn abgetretenen Darlehensrückzahlungsansprüche i.H.v. je 50.000,00 DM. In § 6 des Vertrages über die stille Gesellschaft heißt es, daß für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von dem Gewinn auszugehen sei, der sich aus dem Jahresabschluß der Beklagten ergebe, und daß eine Beteiligung am Verlust ausgeschlossen sei.
Mit der Klage macht der Kläger den Gewinnanspruch für 1997 geltend. Er berechnet diesen Anspruch auf der Grundlage des in dem Jahresabschluß ausgewiesenen Jahresüberschusses und läßt einen - höheren - Verlustvortrag außer Betracht. Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, Jahresüberschuß und Verlustvortrag müßten verrechnet werden mit der Folge, daß dem Kläger kein Anspruch zustehe. Außerdem meint die Beklagte, einer Gewinnausschüttung an den Kläger stünden jedenfalls die Kapitalerhaltungsregeln entgegen, weil die in die Einlage umgewandelten Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätten.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die auf die Beschwerde der Beklagten zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Ohne Erfolg bleibt allerdings der Angriff der Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, unter dem für die Beteiligung des Klägers maßgeblichen Gewinn im Sinne von § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei der Jahresüberschuß - ohne Berücksichtigung eines Verlustvortrags - zu verstehen.
Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Unter Gewinn im Sinne des § 231 Abs. 1 HGB sei der nach Rücklagenbildung von den Gesellschaftern als Überschuß erklärte und damit gleichzeitig freigegebene Anteil am Gesellschaftsvermögen zu verstehen. Hier hätten die Parteien aber vereinbart, daß eine Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust ausgeschlossen sein solle. Diese Regelung würde unterlaufen, wenn der Begriff Gewinn im Sinne des Jahresüberschusses abzüglich eines Verlustvortrags verstanden werde. Daher falle darunter nur der Jahresüberschuß. Daß die Parteien bei Abschluß des Vertrages etwas anderes vereinbart hätten, sei durch die Aussagen der vernommenen Zeugen nicht bewiesen.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Auslegung eines Vertrages ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur nach, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099). Das ist hier nicht der Fall.
Die Parteien haben den Gewinnbegriff in dem Gesellschaftsvertrag nicht näher umschrieben. Was darunter zu verstehen ist, muß daher aufgrund einer Auslegung des Vertrages ermittelt werden. Dabei hat das Berufungsgericht zu Recht dem vereinbarten Verlustausschluß eine wichtige Bedeutung beigemessen. Die Regelung in § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages, daß der stille Ge-
sellschafter am Verlust nicht beteiligt sein soll, kann zwar allein auf den Auseinandersetzungsanspruch bei Beendigung der stillen Gesellschaft bezogen sein und dann eine Ausnahme von der Regel des § 232 Abs. 2 HGB darstellen. Ebenso gut kann damit aber auch - wie das Berufungsgericht angenommen hat - ein Ausschluß des Verlustvortrags bei der Bemessung des jährlichen Gewinnanspruchs gemeint sein. Dafür spricht hier sogar, daß die stille Einlage nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zu verzinsen ist, auch wenn das Privatkonto des stillen Gesellschafters im Soll geführt wird. Durch diese Verzinsung könnte sich ein Verlustvortrag in das nächste Geschäftsjahr ergeben. Die Verzinsung würde dann dort - bei Berücksichtigung des Verlustvortrags - zu einer Verringerung des möglichen Gewinnanspruchs führen. Das aber würde der Regelung einer verlustunabhängigen Verzinsung widersprechen.
II. Die Revision hat dennoch Erfolg, weil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden kann, daß dem Zahlungsanspruch des Klägers die Rechtsprechungsgrundsätze zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen entgegenstehen.
Das Berufungsgericht hat dies verneint. Eine Insolvenzreife der Beklagten sei nicht dargelegt. Sie ergebe sich nicht schon aus dem Vorliegen einer Unterbilanz. Auch fehle es an einer Kreditunwürdigkeit. Dabei könne offen bleiben , ob die Beklagte im Jahre 1994 kreditunwürdig gewesen sei. Sie habe nämlich nicht substantiiert vorgetragen, daß diese Kreditunwürdigkeit auch noch im Jahre 1997, für das der Kläger seinen Gewinnanspruch geltend mache, bestanden habe. Dagegen spreche, daß die kreditgewährende Bank den Kläger im Jahre 1996 aus einer von ihm übernommenen Bürgschaft entlassen habe.
Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Zutreffend ist lediglich die Annahme, daß die Rechtsprechungsgrundsätze zum Eigenkapitalersatz in der vorliegenden Fallgestaltung zur Anwendung kommen können. Danach sind Darlehen und ähnliche Leistungen, die ein Gesellschafter der sonst nicht mehr lebensfähigen GmbH anstelle von Eigenkapital zuführt oder beläßt, wie gebundenes Stammkapital zu behandeln, soweit diese Kredithilfen verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdecken (st.Rspr. des Senats, siehe etwa BGHZ 31, 258, 268 ff.; 76, 326, 328 ff.; 90, 370, 376 ff.). Dieser Bindung kann sich der Gesellschafter nicht dadurch entziehen, daß er - wie hier der Kläger - aus der Gesellschaft ausscheidet (Senat, BGHZ 69, 274, 280 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 539). War das Darlehen zu diesem Zeitpunkt eigenkapitalersetzend, bleibt es der Bindung auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters unterworfen. Wird es im Rahmen der Gründung einer stillen Gesellschaft in eine Einlage des stillen Gesellschafters umgewandelt, ändert sich auch dadurch an der Bindung nichts.
Danach durften das Darlehen des Klägers i.H.v. 100.000,00 DM und das Darlehen des Mitgesellschafters Dr. Z. i.H.v. 50.000,00 DM nicht zurückgezahlt werden, wenn die Beklagte bei Hingabe der Darlehen - oder bei einem "Stehenlassen" (BGHZ 75, 334, 337 f.) in der Zeit bis zu dem Ausscheiden des Klägers als GmbH-Gesellschafter - insolvenzreif oder kreditunwürdig war. Ebenso durften unter diesen Voraussetzungen keine Zinsen auf die Darlehen gezahlt werden (Senat, BGHZ 67, 171, 179 f.; 109, 55, 66), was nach der Umwandlung der Darlehen in die Einlage des Klägers als stiller Gesellschafter auch für die darauf entfallenden Gewinnanteile gilt. Das Darlehen des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, M., war dagegen im Zweifel nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen gebunden, weil M. bis zu dem Erwerb des (Teil-) Geschäftsanteils des Klägers noch nicht Gesellschafter der Beklag-
ten war. Sein Darlehen wäre nur dann nach den Regeln des Eigenkapitalersatzes zu beurteilen, wenn in seiner Person ausnahmsweise die Voraussetzungen für die Einbeziehung gesellschaftsfremder Dritter erfüllt waren (vgl. Senat, BGHZ 31, 258, 264 ff.; 75, 334, 335 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 539). Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts.
2. Unzutreffend ist aber die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Eigenkapitalersatzregeln seien schon deshalb nicht anwendbar, weil bezüglich des Jahres 1997 weder eine Insolvenzreife noch eine Kreditunwürdigkeit der Beklagten dargelegt sei, ohne daß es darauf ankomme, ob eine Unterbilanz bestehe.
Ist ein Darlehen oder eine sonstige Gesellschafterleistung eigenkapitalersetzend , darf eine Rückzahlung oder eine Zinsleistung erst dann erfolgen, wenn wieder so viel Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, daß die Stammkapitalziffer nicht angegriffen wird (BGHZ 67, 171, 174 ff.; 69, 274, 280 f.; 76, 326, 332 ff.; 81, 365, 367; 109, 55, 66; Urt. v. 6. April 1995 - II ZR 108/94, NJW 1995, 1962, 1964). Das gleiche gilt für Gewinnanteile auf eine aus der Umwandlung einer solchen Darlehensforderung entstandene Einlage eines stillen Gesellschafters. Die Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz beruhen, anders als die Novellenregeln der §§ 32 a, b GmbHG, jedenfalls ursprünglich auf einer analogen Anwendung der §§ 30 f. GmbHG. Dafür ist aber gerade das Stammkapital die entscheidende Messgröße. Damit stünde im Widerspruch, die Eigenkapitalbindung schon vor Auffüllung des Stammkapitals entfallen zu lassen. Danach hätte das Berufungsgericht nicht offen lassen dürfen, ob die Darlehen zunächst eigenkapitalersetzend waren und ob das Stammkapital der Beklagten mittlerweile wieder aufgefüllt ist.
III. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.
Dabei ist aufgrund einer den Anforderungen des § 42 GmbHG entsprechenden Bilanz zu fortgeführten Buchwerten festzustellen, ob eine Unterbilanz besteht (vgl. Sen.Urt. v. 11. Mai 1987 - II ZR 226/86, ZIP 1987, 1113, 1114; BGHZ 106, 7, 12). Sollte sich herausstellen, daß die Beklagte mittlerweile wieder über ein die Stammkapitalziffer entsprechend übersteigendes Vermögen verfügt, ist die Klage in vollem Umfang begründet. Der Eigenkapitalersatzcharakter der Darlehen führt lediglich dazu, daß die Zinsen und damit - nach Umwandlung in die Einlage - die Gewinnansprüche während der Bindung nicht durchgesetzt werden können. Entfällt die Bindung, können auch die Rückstände geltend gemacht werden (Sen.Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 540; BGHZ 140, 147, 153; 146, 264, 272).
Die mittlerweile eingetretene Beendigung der stillen Gesellschaft schließt die Durchsetzbarkeit der Gewinnansprüche nicht aus. Zwar muß bei Beendigung einer Gesellschaft zunächst eine Auseinandersetzung stattfinden, bei der die Einzelansprüche unselbständige Rechnungsposten werden. Eine Zahlungsklage ist aber ausnahmsweise schon vor Abschluß der Auseinandersetzung begründet, wenn der stille Gesellschafter - wie hier der Kläger - am Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt ist und daher auch ohne Auseinandersetzung fest-
steht, daß er einen Betrag in Höhe des Gewinnanspruchs verlangen kann (Sen.Urt. v. 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553).
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

(1) In der Bilanz des nach den §§ 242, 264 des Handelsgesetzbuchs aufzustellenden Jahresabschlusses ist das Stammkapital als gezeichnetes Kapital auszuweisen.

(2) Das Recht der Gesellschaft zur Einziehung von Nachschüssen der Gesellschafter ist in der Bilanz insoweit zu aktivieren, als die Einziehung bereits beschlossen ist und den Gesellschaftern ein Recht, durch Verweisung auf den Geschäftsanteil sich von der Zahlung der Nachschüsse zu befreien, nicht zusteht. Der nachzuschießende Betrag ist auf der Aktivseite unter den Forderungen gesondert unter der Bezeichnung "Eingeforderte Nachschüsse" auszuweisen, soweit mit der Zahlung gerechnet werden kann. Ein dem Aktivposten entsprechender Betrag ist auf der Passivseite in dem Posten "Kapitalrücklage" gesondert auszuweisen.

(3) Ausleihungen, Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern sind in der Regel als solche jeweils gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben; werden sie unter anderen Posten ausgewiesen, so muß diese Eigenschaft vermerkt werden.