Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2011 - II ZR 248/09

bei uns veröffentlicht am11.10.2011
vorgehend
Landgericht München I, 30 O 20487/07, 04.02.2009
Oberlandesgericht München, 7 U 2197/09, 16.09.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 248/09 Verkündet am:
11. Oktober 2011
Stoll
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Oktober 2011 durch den Richter Dr. Strohn, die Richterinnen
Caliebe und Dr. Reichart und die Richter Born und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. September 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 23. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die in Liquidation befindliche Klägerin begehrt von dem Beklagten Teilzahlung eines Liquidationsfehlbetrages in Höhe von 64.016,76 €.
2
Die Klägerin, ein geschlossener Immobilienfonds in Form einer offenen Handelsgesellschaft, hat in den Jahren 1995 und 1996 auf dem Gebiet der Stadt P. Wohnimmobilien im von dem Land B. geförderten frei finanzierten Wohnungsbau errichtet. Die gesamte "Wohnanlage K. " wurde einheitlich durch die Klägerin und 14 weitere Schwesterfonds erbaut.
3
Der Beklagte ist der Klägerin mit Beitrittserklärung vom 8. Mai 1995 mit einer Beteiligungssumme von 214.600 DM zuzüglich 5 % Agio über die Treuhänderin B. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH beigetreten. Die Beitrittserklärung des Beklagten wurde unter dem 29. Mai 1995 sowohl von der geschäftsführenden Gesellschafterin der Klägerin, zugleich handelnd für die übrigen Gesellschafter, als auch von der Treuhänderin angenommen.
4
Mit der Beitrittserklärung erklärte der Beklagte unter anderem folgendes: " Ich erkenne den Gesellschaftsvertrag der A. Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. K. Fonds OHG und den Treuhandvertrag der B. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH als für mich verbindlich an und bestätige, die Verträge zusammen mit dem Angebotsprospekt erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Mir ist bekannt, dass ich über die Verpflichtung zur Leistung der in der Beitrittserklärung vereinbarten Zahlungen hinaus mit meinem sonstigen Vermögen gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft quotal entsprechend meiner kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft hafte."
5
Der Treuhandvertrag zwischen dem Beklagten und der B. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH enthält u.a. folgende Bestimmungen: § 2 Zurechnung der Beteiligung, Abtretung 1. Auch wenn der Treuhänder im eigenen Namen Gesellschafter wird, gebührt die Gesellschaftseinlage allein dem Treugeber. Die vom Treuhänder für Rechnung und im Interesse des Treugebers eingegangenen gesellschaftsrechtlichen Rechte und Pflichten treffen im Innenverhältnis ausschließlich die Treugeber. Auf § 7 des Gesellschaftsvertrages wird verwiesen. 2. Die Einlage wird vom Treugeber direkt an die OHG geleistet. … 3. Die sich aus dem Treuhandverhältnis ergebenden steuerlichen Wirkungen treffen ausschließlich den Treugeber.
4. Der Treuhänder tritt in Höhe des dem Treugeber zuzurechnenden Anteils seine Ansprüche gegen die OHG auf Auszahlung von Gewinn, Auseinandersetzungsguthaben und Liquidationserlös bereits jetzt an den Treugeber ab. …
§ 3 Pflichten des Treuhänders … 4. Der Treuhänder hat die ihm zustehenden Entscheidungs- und Kontrollrechte entsprechend den Weisungen des Treugebers auszuüben. Der Treugeber nimmt grundsätzlich selbst an den Gesellschafterversammlungen teil und übt die ihm aus der treuhänderischen Beteiligung zustehenden Rech- te, z.B. Stimmrechte, selbst aus. … 5. Der Treuhänder ist verpflichtet, auf Anforderung dem Treugeber jede Auskunft zu erteilen, die der Treuhänder als Gesellschafter von der OHG verlangen kann. Grundsätzlich aber übt der Treugeber unmittelbar die vorgenannten Rechte gegenüber der OHG aus.
6
Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält u.a. folgende Regelungen : § 7 Aufnahme weiterer Gesellschafter 1. In die Gesellschaft sollen weitere Gesellschafter bis zur Höhe des in § 5 Nr. 1 bestimmten Gesellschaftskapitals aufgenommen werden. 2. Weitere Gesellschafter werden in die Gesellschaft aufgenommen, indem die Gesellschafter Beitrittsverträge bis zur Höhe des vereinbarten Gesellschaftskapitals abschließen. Die Gesellschafter bevollmächtigen die A. Verwaltungsgesellschaft mbH die Beitrittsverträge auch in ihrem Namen abzuschließen. 3. Die B. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbH - nachstehend Treuhänder genannt - wird die Beteiligung an der Gesellschaft im eigenen Namen für fremde Rechnung als Treuhänder der Treugeber erwerben und halten. … Der Treuhandvertrag gemäß anliegendem Muster (Anlage 3), der von dem Treuhänder gleichlautend mit den Treugebern abzuschließen ist, wird von allen Gesellschaftern als verbindlich für die Rechte und Pflich- ten des Treuhänders und der Treugeber gegenüber der Gesellschaft anerkannt. Dies gilt insbesondere für die Abtretung von Ansprüchen gemäß § 2 Nr. 4, das eigene Auskunftsrecht des Treugebers gemäß § 3 Nr. 5, … § 14 Gesellschafterbeschlüsse und Stimmrecht … 2. Für Änderungen dieses Gesellschaftsvertrages, für die Umwandlung der Gesellschaft in eine andere Rechtsform, für die Verschmelzung der Gesellschaft mit einem anderen Unternehmen und für die Auflösung ist die einfache Mehrheit aller Stimmen der in der Gesellschaft befindlichen Gesellschafter erforderlich und genügend. … 4. Die Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen ist innerhalb einer Ausschlussfrist von acht Wochen nach Zugang des Protokolls oder Mitteilung des schriftlichen Abstimmungsergebnisses durch Klage geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist gelten etwaige Mängel als geheilt.
§ 26 Liquidation … 2. Die Auseinandersetzung des Gesellschaftsvermögens (Liquidation) findet nach den §§ 105 Abs. 2 HGB, 730 ff. BGB mit der Maßgabe statt, dass das zum Gesellschaftsvermögen gehörigeGrundstück … zu veräußern … ist. § 14 Nr. 2 gilt entsprechend. … 4. Erfolgt die Veräußerung des Grundstücks ganz oder teilweise und verbleibt nach Berichtigung der Gesellschaftsschulden unter Rückzahlung der Einlagen ein Überschuss, wird er unter den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen aufgeteilt. Für den Fall, dass das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der Gesellschaftsschulden nicht ausreichen sollte, sind die Gesellschafter zu deren Ausgleich anteilig entsprechend ihrer Beteiligung am Gesellschaftsvermögen verpflichtet. …
7
Die Klägerin, die sich neben dem Beteiligungskapital über Fremdkapital in Form von Bank- und Baudarlehen sowie staatlichen Fördermitteln finanziert hatte, geriet wegen Vermietungsschwierigkeiten in eine finanzielle Schieflage. Nachdem sich im Jahr 2006 durch eine Erhöhung der Nachfrage auf dem Immobilienmarkt die Möglichkeit ergab, das Fondsgrundstück im Rahmen eines Paketverkaufs sämtlicher Grundstücke der 15 Schwestergesellschaften zu verkaufen , leitete die Klägerin unter dem 21. Dezember 2006 ein Beschlussverfahren über die Veräußerung des Gesellschaftsvermögens und die Liquidation der Gesellschaft ein, das mit 53,02 % der abgegebenen Stimmen u.a. zu folgenden Beschlüssen führte: 1.1. a) Der Geschäftsführer wird beauftragt, die Veräußerung der Immobilie der Gesellschaft vorzubereiten und über die Lastenfreistellung mit den Gläubigerbanken zu verhandeln.
b) Die Gesellschafterversammlung stimmt bereits jetzt dem Abschluss eines Kaufvertrages über den Verkauf der Immobilie zu, sofern ein Kaufpreis in Höhe von 7.400 T€ vereinbart wird und die Lastenfreistellung gesichert ist. 1.2. Für den Fall des Abschlusses eines Kaufvertrages über die Veräußerung des Gesellschaftsvermögens wird die Gesellschaft mit dem im Kaufvertrag über die Veräußerung genannten Stichtag des Nutzen- und Lastenwechsels liquidiert. Die geschäftsführende Gesellschafterin wird zum Liquidator bestellt.
8
Nachdem das Fondsgrundstück durch Annahme des Kaufangebots zu dem beschlossenen Kaufpreis am 30. April 2007 durch die Klägerin veräußert worden war, ließ diese zum 1. Mai 2007 durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft eine Liquidationseröffnungsbilanz erstellen, aus der sich ein Fehlbetrag (Liquidationsverlust) in Höhe von 5.035.427,13 € ergab. Mit Beschluss der Gesellschafter im schriftlichen Verfahren wurde die Liquidationseröffnungsbilanz am 4. September 2007 festgestellt. An der Abstimmung beteiligten sich 30 % aller Gesellschafter; 69 % davon stimmten für die Feststellung.
9
Der seiner gesellschaftsrechtlichen Beteiligung entsprechende Anteil des Beklagten am Liquidationsverlust beträgt 75.313,83 €. Nach Abzug eines Abschlags von 10 % ergibt sich die Klageforderung in Höhe von 64.016,76 €, zu deren Zahlung die Klägerin sowohl den Beklagten als auch die Treuhänderin vergeblich aufgefordert hat. Die Treuhänderin hat mit Abtretungserklärung vom 4. Oktober 2007 ihre Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten.
10
Der Beklagte wird auch von der Hauptgläubigerin der Gesellschaft im Wege der Außenhaftung gerichtlich in Anspruch genommen.
11
Das Landgericht hat der Klage aus abgetretenem Recht der Treuhänderin in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


12
Die Revision der Klägerin hat Erfolg und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht, wobei der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht hat.
13
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
14
Ansprüche aus eigenem Recht stünden der Klägerin nicht zu, da der Beklagte nicht unmittelbarer Gesellschafter der Klägerin sei. Ansprüche aus abge- tretenem Recht der Treuhänderin stünden der Klägerin ebenfalls nicht zu, da die Abtretung der Freistellungsansprüche ins Leere gegangen sei. Die Treuhänderin habe diese Freistellungsansprüche bereits zuvor an die Gläubigerbanken , die B. Hypothekenbank AG (B. -Hyp) und die Investitionsbank des Landes B. (I. ), abgetreten. Zudem sei die Treuhänderin im Hinblick auf § 242 BGB derzeit ohnehin daran gehindert, ihre Freistellungsansprüche gegen die Treugeber geltend zu machen, solange zu besorgen sei, dass die Treugeber von Gesellschaftsgläubigern direkt in Anspruch genommen würden.
15
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der Beklagte haftet gegenüber der Klägerin wie ein unmittelbarer Gesellschafter (1), zudem wäre die Abtretung wirksam (2) und die Treuhänderin wäre durch § 242 BGB nicht daran gehindert, den Freistellungsanspruch gegenden Beklagten geltend zu machen (3).
16
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte müsse im Innenverhältnis mangels Gesellschafterstellung für einen - zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstellenden - Liquidationsfehlbetrag in Höhe seiner gesellschafterlichen Beteiligung nicht haften, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung des Gesellschafts- und Treuhandvertrages.
17
a) Es entspricht seit der Entscheidung des Senats vom 13. Mai 1953 (II ZR 157/52, BGHZ 10, 44, 49 f.) der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (siehe nur BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 163/86, ZIP 1987, 912, 913; Urteil vom 2. Juli 2001 - II ZR 304/00, BGHZ 148, 201, 205; Urteil vom 23. Juni 2003 - III ZR 46/02, ZIP 2003, 1702, 1703; Urteil vom 13. Juli 2006 - III ZR 361/04, ZIP 2006, 1631 Rn. 10; Urteil vom 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 20), dass im Falle einer so genannten offenen oder qualifizierten Treuhand, gerade bei der treuhänderischen Zusammenfassung zahlreicher Geldgeber, die an der Gesellschaft Beteiligten ihr gesellschafterliches Innenverhältnis so gestalten können, als ob die Treugeber selbst Gesellschafter wären. Durch eine solche Regelung besteht für die Beteiligten die Möglichkeit, ihre Rechtsbeziehungen untereinander der wirklichen Sachlage anzupassen; in dieser Hinsicht, d.h. bezogen auf das Innenverhältnis, sind sie durch zwingendes Recht nicht eingeschränkt, da die Gestaltung ihrer internen Rechtsbeziehungen im allgemeinen einer freien vertraglichen Vereinbarung zugänglich ist (BGH, Urteil vom 13. Mai 1953 - II ZR 157/52, BGHZ 10, 44, 49 f. m.w.N.). Ein solches Vertragsverhältnis mit den Gesellschaftern ist regelmäßig anzunehmen, wenn - wie bei Publikumsgesellschaften häufig - die mittelbare Beteiligung erst noch zu werbender Anleger und damit eine Verzahnung von Gesellschaft und Treuhand im Gesellschaftsvertrag von vornherein vorgesehen ist und im Hinblick darauf bestimmte Rechte und Pflichten der Anleger schon im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. Eine solche Regelung ist rechtlich unbedenklich. Sollen im Einzelfall die Treugeber Rechte ausüben dürfen , die, wie z. B. das Stimmrecht, von der Mitgliedschaft des Treuhänders grundsätzlich nicht abgespalten werden können, ist das ausnahmsweise zulässig , weil dem alle Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag zugestimmt haben. Der Anleger muss die ihn betreffenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages, auf den er bei seinem Beitritt Bezug nimmt, regelmäßig so verstehen, dass die Gesellschafter damit schlüssig den Treuhandgesellschafter, mit dem er unmittelbar abschließt, bevollmächtigt haben, ihn wie einen Gesellschafter in das Gesellschaftsverhältnis einzubeziehen, soweit seine Rechtsstellung im Gesellschaftsvertrag angesprochen ist (BGH, Urteil vom 30. März 1987 - II ZR 183/86, ZIP 1987, 912, 913; Tebben, ZGR 2001, 586 ff.; MünchKommBGB/Ulmer, 5. Aufl., § 705 Rn. 91 ff.).
18
b) Aufgrund der vertraglichen Bestimmungen, insbesondere der Verzahnung von Gesellschafts- und Treuhandvertrag, hat der Beklagte im Innenverhältnis zur Klägerin die Stellung eines unmittelbaren Gesellschafters erlangt (Quasi-Gesellschafter).
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aa) Nach dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages, den der Senat selbst auslegen kann (st. Rspr., siehe BGH nur Urteil vom 16. Dezember 1991 - II ZR 58/91, BGHZ 116, 359, 364; Urteil vom 19. März 2007 - II ZR 73/06, ZIP 2007, 812 Rn. 18, jeweils m.w.N.), und unter Berücksichtigung des Treuhandvertrages und der Beitrittserklärung des Beklagten handelt es sich bei dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft einerseits und den Treugebern andererseits nicht um ein einfaches Treuhandverhältnis, sondern um eine von gesellschaftsrechtlichen Bindungen überlagerte Treuhandbeziehung.
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Bereits in der Beitrittserklärung hat der Beklagte anerkannt, dass für seine Stellung in der Gesellschaft sowohl der Gesellschafts- als auch der Treuhandvertrag gelten sollten. Er hat erklärt, sich an dem Objekt "Wohnanlage K. , P. - K. Fonds Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. K. Fonds OHG" (= Klägerin) beteiligen zu wollen. Die Treuhänderin wird demgegenüber nur als rechtstechnisches Mittel zum Zweck erwähnt. Die Geschäftsführerin der Klägerin hat für die übrigen Gesellschafter - wie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen - die Beitrittserklärung selbst angenommen.
21
Obwohl die Beitrittserklärung die unmittelbare Beteiligung als Gesellschafter unter Eintragung im Handelsregister nur als anzukreuzende Ausnahme vorsah, was dem Anleger ebenso deutlich im Prospekt (Seite 21) erläutert wurde , die Treugeberstellung also, wie tatsächlich ja auch umgesetzt, die regelmäßige Beteiligungsform sein sollte, spricht der Gesellschaftsvertrag - bis auf zwei Ausnahmen, u. a. in § 7 Nr. 3 - durchgängig nur von Gesellschaftern. Weder hinsichtlich der Rechte, noch hinsichtlich der Pflichten wird zwischen Gesellschaftern und Treugebern differenziert.
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Dem entsprechen die Regelungen in §§ 2-4 des Treuhandvertrages, wonach die Gesellschaftseinlage dem Treugeber unmittelbar und allein gebührt, der Treugeber Stimm- und Kontrollrechte in der Gesellschaft unmittelbar ausübt , er - nicht etwa der Treuhänder - der Gesellschaft die Einlage unmittelbar schuldet und ihm die Steuervorteile unmittelbar zugutekommen.
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bb) Die Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen dahin, dass die Treugeber wie unmittelbare Gesellschafter an der Klägerin beteiligt werden sollten , wird bestätigt durch die unstreitige und durch Urkunden belegte Durchführung des Gesellschaftsvertrages. Der Beklagte erhielt die Ausschüttungen unmittelbar ; er, nicht etwa die Treuhänderin, wurde persönlich zu den Gesellschafterversammlungen geladen und erhielt die Informationen über die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse unmittelbar. Auch im Übrigen erfolgte die gesamte, das Gesellschaftsverhältnis betreffende Korrespondenz zwischen der Klägerin und dem Beklagten unmittelbar, ohne Information oder gar Zwischenschaltung der Treuhänderin.
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2. Ebenso fehlerhaft hat das Berufungsgericht die von seinem Rechtsstandpunkt aus entscheidungserhebliche Abtretung des Freistellungsanspruchs der Treuhänderin an die Klägerin für unwirksam gehalten.
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a) Die Auslegung eines Individualvertrages ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt hat oder ob die Auslegung auf Verfahrensfehlern beruht, etwa weil wesentlicher Auslegungsstoff unter Verstoß gegen Verfah- rensvorschriften außer Acht gelassen worden ist (st. Rspr., siehe BGH, Beschluss vom 14. Juni 2010 - II ZR 135/09, ZIP 2010, 1442 Rn. 7; Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068, 1069; Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83). Leidet die tatrichterliche Auslegung aber an solchen revisionsrechtlich beachtlichen Rechtsfehlern, bindet sie das Revisionsgericht nicht.
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b) So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat schon den Inhalt der Abtretungsvereinbarung zwischen der Treuhänderin und den Gläubigerbanken nur selektiv zur Kenntnis genommen. Es hat zudem gegen den Grundsatz der beiderseits interessengerechten Auslegung verstoßen, den Zweck des Vertrages nicht berücksichtigt und vor allem verkannt, dass einer Auslegung, die die Nichtigkeit der Parteivereinbarung vermeidet, der Vorzug zu geben ist (BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068, 1069; Urteil vom 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536; Urteil vom 28. Oktober 1997, - XI ZR 260/96, BGHZ 137, 69, 72 f.; Urteil vom 26. September 2002 - I ZR 44/00, BGHZ 152, 153, 158 f. - Anwalts-Hotline).
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aa) Das Berufungsgericht stützt seine Auslegung, die Treuhänderin habe bereits durch die Abtretungsvereinbarung vom 22. Mai/7./9. Juni 2006 ihre sämtlichen Freistellungsansprüche - auch soweit sie sich nicht auf die Freistellung von den Ansprüchen der Banken bezogen haben - an die B. Hyp und die I. abgetreten, maßgeblich auf § 2 Abs. 1 Satz 1 der Abtretungsvereinbarung. Es hat dabei schon § 2 Abs. 1 Satz 2 nicht zur Kenntnis genommen, der bestimmt, dass die in Satz 1 genannten Freistellungsansprüche "jeweils und in der Höhe an die B. Hyp und die I. abgetreten (werden), in der den Banken Forderungen jeweils gegen die B. aufgrund ihrer Beteiligungen an den in der Anlage 1 genannten Fondsgesellschaften zustehen". Damit wurde in deutlicher Weise die Abtretung auf die Freistellungsansprüche wegen der An- sprüche der Banken gegen die Treuhänderin aus deren Haftung gemäß § 128 HGB beschränkt.
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Das Berufungsgericht hat weiter die den Umfang der Abtretung ebenso deutlich regelnden Absätze 3-5 der Vorbemerkungen des Abtretungsvertrages nur unvollständig bzw. gar nicht zur Kenntnis genommen.
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Abs. 3 lautet wie folgt: " … Die Parteien gehen davon aus, dass der B. aus den Treuhandverträgen mit den Treugebern Freistellungsansprüche zustehen. Diese Freistellungsansprüche sind darauf gerichtet, dass die Treugeber die B. von ihrer persönlichen Haftung gegenüber den Banken befreien. Die auf die jeweiligen Treugeber entfallenden Haftungs- und Freistellungsquoten sind ebenfalls in der Anlage 2 aufgeführt."
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Zusätzlich bestimmt Abs. 4: " … Die Parteien vereinbaren, dass die B. die ihr zustehenden Freistellungsansprüche mit befreiender Wirkung an die B. Hyp und die I. abtritt. Die Abtretung der Ansprüche erfolgt in der Höhe, in der der B. Hyp und der I. Forderungen gegen die B. aufgrund ihrer Beteiligungen an den in der Anlage 1 genannten Fondsgesellschaften zustehen."
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Insbesondere regelt Abs. 5: " In Höhe derjenigen Forderungen, die Dritten gegen die B. aus ihrer Beteiligung an den in der Anlage 1 genannten Fondsgesellschaften zustehen, verbleiben die Freistellungsansprüche bei der B. ."
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Danach kann schon nach dem Wortlaut des Abtretungsvertrages nicht zweifelhaft sein, dass nur die Ansprüche auf Freistellung von den Forderungen der Banken abgetreten werden sollten.
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bb) Das Berufungsgericht hat zudem verkannt, dass seine Auslegung dem Zweck des Vertrages zuwiderläuft und für beide Seiten sinnlos ist. Die Treuhänderin konnte kein Interesse daran haben, sich auch derjenigen Freistellungsansprüche gegen die Treugeber zu begeben, die sie vor der Inanspruchnahme durch andere Gläubiger oder die Fondsgesellschaft schützen könnten. Für die Banken war die Abtretung von Freistellungsansprüchen, die nicht die Haftung für ihre Darlehensforderung betrafen, ersichtlich nutzlos.
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cc) Vor allem hat das Berufungsgericht aber übersehen, dass seine Auslegung zur Nichtigkeit der Abtretungsvereinbarung zwischen den Banken und der Treuhänderin führen kann. Die Abtretung der Freistellungsansprüche über den Umfang der Haftung gemäß § 128 HGB für die Darlehensverbindlichkeiten hinaus wäre wegen Verstoßes gegen § 399 1. Alt. BGB gemäß § 134 BGB unwirksam und könnte gemäß § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit der Abtretungsvereinbarung führen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , dass Freistellungsansprüche wegen der mit der Abtretung verbundenen Inhaltsänderung grundsätzlich nicht abtretbar sind. Als zulässig und wirksam wird lediglich die Abtretung an den Gläubiger des Anspruchs angesehen (siehe zuletzt BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310 Rn. 12; Urteil vom 21. März 2011 - II ZR 271/08, ZIP 2011, 906 Rn. 14 jeweils m.w.N.). Die Banken waren aber nur hinsichtlich der Darlehensansprüche Gläubiger der Treuhänderin.
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3. Unzutreffend ist schließlich auch die - vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus ebenfalls entscheidungserhebliche - Annahme, der Treuhänderin stehe derzeit gar kein durchsetzbarer Freistellungsanspruch gegen die Treugeber zu. Solange der Beklagte eine Inanspruchnahme durch die darlehensgebenden Banken und andere Gläubiger befürchten müsse, könne er dem Freistellungsanspruch der Treuhänderin den Einwand aus § 242 BGB entgegenhalten.
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Damit verkennt das Berufungsgericht grundlegend das System der Innen - und Außenhaftung in der Liquidation einer Personen(handels-)gesellschaft. Auch der über einen Treuhänder beteiligte Treugebergesellschafter ist - wirtschaftlich - der Außenhaftung ausgesetzt (siehe schon BGH, Urteil vom 28. Januar 1980 - II ZR 250/78, BGHZ 76, 127, 130 ff.). Er ist, soweit nicht schon im Treuhandvertrag geregelt, gemäß § 675, § 670 i.V.m. § 257 BGB verpflichtet , den Treuhänder von allen Aufwendungen und Verbindlichkeiten freizustellen (BGH, Urteil vom 5. Mai 2010 - III ZR 209/09, BGHZ 185, 310 Rn. 11 m.w.N.). Dabei macht es im wirtschaftlichen Ergebnis für den Treugeber keinen Unterschied, ob er durch den Gläubiger der Gesellschaft aufgrund einer Abtretung des Freistellungsanspruchs durch den Treuhänder oder nach Pfändung und Überweisung des Freistellungsanspruchs nach vorheriger gerichtlicher Inanspruchnahme des Treuhänders (siehe hierzu BGH, Urteil vom 11. November 2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rn. 24) auf Zahlung in Anspruch genommen wird. Dass er nach einer Abtretung des Freistellungsanspruchs gleichzeitig im Außenverhältnis von den Gesellschaftsgläubigern und im Innenverhältnis von der Gesellschaft, die Primärschuldnerin der Gesellschaftsgläubiger ist, in Anspruch genommen wird, ist im gesetzlichen Haftungssystem der Personengesellschaften angelegt (§§ 149, 128, 105 Abs. 3 HGB i.V.m. §§ 730 ff. BGB). Nur so wird es der Gesellschaft ermöglicht, die primär sie treffenden Gesellschaftsschulden selbst zu begleichen.
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Die Umsetzung dieses Haftungssystems - im Wege der Abtretung von Freistellungsansprüchen gegen den "wirtschaftlichen" Inhaber des Gesellschaftsanteils - verstößt, wie bei den unmittelbaren Gesellschaftern, nicht gegen § 242 BGB. Den mittelbaren Gesellschaftern bleibt - wie den unmittelbaren - die Möglichkeit, sich gegenüber ihrer Inanspruchnahme im Innenverhältnis damit zu verteidigen, dass der von den Liquidatoren eingeforderte Betrag für die Zwecke der Abwicklung der Gesellschaft nicht benötigt wird. Gegenüber ihrer Inanspruchnahme im Außenverhältnis stehen ihnen die Einwendungen gemäß § 129 HGB zu.
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III. Das Urteil ist aufzuheben und die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden , weil sich das Berufungsgericht - folgerichtig - mit den zwischen den Parteien streitigen Fragen der Berechtigung der Forderung auf den quotalen Liquidationsfehlbetrag nicht auseinandergesetzt und hierzu keine Feststellungen getroffen hat.
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Für die wiedereröffnete Berufungsverhandlung weist der Senat auf folgendes hin:
40
1. Bei der Prüfung der Frage der Wirksamkeit sowohl des Beschlusses der Gesellschafter über die Auflösung der Klägerin als auch über die Feststellung der Liquidationseröffnungsbilanz wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass nach § 14 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages die Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen innerhalb einer Ausschlussfrist von acht Wochen nach Zugang des Protokolls oder Mitteilung des schriftlichen Abstimmungsergebnisses durch Klage geltend zu machen ist. Eine solche Regelung im Gesellschaftsvertrag einer Publikumspersonengesellschaft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zulässig (siehe nur BGH, Urteil vom 20. Januar 1977 - II ZR 217/75, BGHZ 68, 212, 216; Urteil vom 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460, 461; Urteil vom 17. Juli 2006 - II ZR 242/04, WM 2006, 1627 Rn. 14).
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2. Die Rechtsprechung des Senats, wonach der Gesellschafter einer Personen- oder Personenhandelsgesellschaft die ihm gegenüber bestehende Unwirksamkeit eines Beschlusses der Gesellschafter über die Zahlung von Nachschüssen auch einredeweise im Prozess geltend machen kann, ohne an gesellschaftsvertragliche Anfechtungsfristen gebunden zu sein (s. zuletzt BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08, BGHZ 183, 1 Rn. 12 m.w.N. - Sanieren oder Ausscheiden), ist hier nicht einschlägig. Die nach Auflösung der Gesellschaft bestehende Verlustausgleichspflicht nach § 735 BGB ergibt sich aus dem Gesetz. Sie ist - anders als die nachträgliche Begründung einer Nachschusspflicht in einer werbenden Gesellschaft (§ 707 BGB) - nicht von der Zustimmung jedes einzelnen Gesellschafters abhängig (vgl. MünchKommBGB/ Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 735 Rn. 1). Vielmehr sind sowohl der Beschluss über die Auflösung als auch der Beschluss über die Feststellung der Liquidationseröffnungsbilanz , soweit im Gesellschaftsvertrag das Einstimmigkeitsprinzip (§ 119 HGB) abbedungen ist, einer Mehrheitsentscheidung zugänglich (vgl. BGH, Urteil vom 24. November 2008 - II ZR 116/08, BGHZ 179, 13 Rn. 14 ff. - Schutzgemeinschaft II; Urteil vom 15. Januar 2007 - II ZR 245/05, BGHZ 170, 283 Rn. 8 ff. - OTTO). Die Unwirksamkeit der Mehrheitsentscheidung kann nur mit der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit innerhalb der im Gesellschaftsvertrag gegebenenfalls festgelegten Frist geltend gemacht werden.
42
3. Nach der wohl noch herrschenden Ansicht in der Literatur und auch nach der früheren Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Senats (RG LZ 1914 Sp. 1030; BGH, Urteil vom 3. Juli 1978 - II ZR 54/77, WM 1978, 898, 899; Urteil vom 14. November 1977 - II ZR 183/75, WM 1977, 1449; Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 19/83, ZIP 1984, 49, 53; Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 149 Rn. 3; Hillmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 149 Rn. 11; w.Nachw. bei Habersack in Staub, GroßKomm/HGB, 5. Aufl., § 149 Fn. 58; a.A. K. Schmidt in MünchKommHGB, 3. Aufl., § 149 Rn. 26 ff. und Habersack in Staub, GroßKomm/HGB, 5. Aufl., § 149 Rn. 31, 23 ff.) sind Liquidatoren einer Personenhandelsgesellschaft bei Fehlen entsprechender gesellschaftsvertraglicher Regelungen nicht zur Geltendmachung der Ansprüche aus § 735 BGB berechtigt, soweit die eingeforderten Beträge - auch - zum Ausgleich unter den Gesellschaftern benötigt werden. Der Senat hat allerdings bereits in der Entscheidung vom 14. November 1977 (II ZR 183/75, WM 1977, 1449) erwogen, diese Rechtsprechung bei Publikumsgesellschaften im Hinblick auf die bei ihnen bestehenden Besonderheiten aufzugeben. Diese Frage braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt sich, dass dem Liquidator auch der Ausgleich unter den Gesellschaftern übertragen ist. So verweist der mit "Liquidation" überschriebene § 26 Nr. 2 des Gesellschaftsvertrages auf die Auseinandersetzungsregeln der §§ 730 ff. BGB und damit auch auf die Ausgleichsregel des § 735 BGB, und § 26 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrages spricht von einem Ausgleich etwaiger Überschüsse unter den Gesellschaftern (s. hierzu BGH, Urteil vom 3. Juli 1978 - II ZR 54/77, WM 1978, 898, 899 und Urteil vom 14. November 1977 - II ZR 183/75, WM 1977, 1449).
43
4. Jedenfalls bleibt dem Beklagten der Einwand unbenommen, der von ihr geforderte Betrag werde zur Abwicklung der Gesellschaft nicht mehr benötigt (BGH, Urteil vom 3. Juli 1978 - II ZR 54/77, WM 1978, 898, 899). Sollte er im Außenverhältnis Zahlungen an Gesellschaftsgläubiger geleistet haben, wird er sich gegenüber der Klageforderung mit dem Einwand verteidigen können, seine Haftung in Höhe des aufgrund der Liquidationseröffnungsbilanz errechneten Fehlbetrages stehe nicht (mehr) fest.
Strohn Caliebe Reichart Born Sunder
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 04.02.2009 - 30 O 20487/07 -
OLG München, Entscheidung vom 16.09.2009 - 7 U 2197/09 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2011 - II ZR 248/09

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2011 - II ZR 248/09

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2011 - II ZR 248/09 zitiert 14 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 128


Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 105


(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränk

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 257 Befreiungsanspruch


Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so

Handelsgesetzbuch - HGB | § 129


(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können. (2

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 707 Erhöhung des vereinbarten Beitrags


Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.

Handelsgesetzbuch - HGB | § 119


(1) Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter. (2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 735 Nachschusspflicht bei Verlust


Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis aufzukommen, nach welchem sie den Verlust zu tragen ha

Handelsgesetzbuch - HGB | § 149


Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen; zur Beendigung schwebender Geschäfte können sie auch neue Geschäfte eingehen. Die Liqui

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2011 - II ZR 248/09 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Okt. 2011 - II ZR 248/09 zitiert 13 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Okt. 2009 - II ZR 240/08

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. Jan. 2007 - II ZR 245/05

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2002 - I ZR 44/00

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. Juli 2001 - II ZR 304/00

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 304/00 Verkündet am: 2. Juli 2001 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja HaustürWG

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2004 - II ZR 300/02

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2006 - III ZR 361/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 361/04 Verkündet am: 13. Juli 2006 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 195 a.F.;

Bundesgerichtshof Urteil, 17. Juli 2006 - II ZR 242/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 242/04 Verkündet am: 17. Juli 2006 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Mai 2010 - III ZR 209/09

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Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Juni 2010 - II ZR 135/09

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS II ZR 135/09 vom 14. Juni 2010 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 133 B, 157 A, 705, 738; GG Art. 103 Abs. 1 Der Anspruch einer Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art.

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Nov. 2008 - XI ZR 468/07

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 468/07 Verkündet am: 11. November 2008 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja ____

Bundesgerichtshof Urteil, 07. März 2005 - II ZR 194/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 194/03 Verkündet am: 7. März 2005 Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Nov. 2008 - II ZR 116/08

bei uns veröffentlicht am 24.11.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 116/08 Verkündet am: 24. November 2008 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist.

(2) Eine Gesellschaft, deren Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, ist offene Handelsgesellschaft, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. § 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Auf die offene Handelsgesellschaft finden, soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft Anwendung.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 304/00 Verkündet am:
2. Juli 2001
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
HaustürWG §§ 2, 3; BGB §§ 705 ff.; VerbrKrG § 7 Abs. 2 Satz 3 (F. bis 30.9.2000)

a) Auf ein Geschäft, durch welches sich ein Anleger in einer Haustürsituation über
einen Treuhänder mittelbar an einer Publikums-BGB-Gesellschaft beteiligt, findet
das HaustürWG Anwendung.

b) Der Widerruf kann, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung über den Fristbeginn
fehlt und aufgrund der treuhänderischen Beteiligung noch laufend Beiträge zu
leisten sind, auch noch nach Ablauf von zehn Jahren erklärt werden; jedenfalls
auf solche Haustürgeschäfte, die keine Kreditgeschäfte sind, ist § 7 VerbrKrG
nicht entsprechend anwendbar.

c) "Anderer Teil" i.S.v. § 3 Abs. 1 HaustürWG ist für den Fall einer mittelbaren
Beteiligung eines Anlegers an einer Publikums-BGB-Gesellschaft diese selbst.

d) Der auf das HaustürWG gestützte Widerruf einer über einen Treuhänder
vermittelten Beteiligung an einer Publikums-BGB-Gesellschaft führt zur Anwen-
dung der Grundsätze über den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt.

e) Den in diesem Falle nach § 3 HaustürWG entstehenden Rückgewähranspruch
kann der Widerrufende nicht nur gegenüber der Publikums-BGB-Gesellschaft,
sondern auch gegenüber den einzelnen Gesellschaftern geltend machen (vgl.
Sen.Urt. v. 29. Januar 2001 - II ZR 331/00, ZIP 2001, 330).
BGH, Urteil vom 2. Juli 2001 - II ZR 304/00 - OLG Stuttgart
LG Heilbronn
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 25. September 2000 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise aufgehoben und wie folgt neu gefaßt: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn vom 2. März 2000 teilweise abgeändert. Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage im übrigen verurteilt, an den Kläger 18.960,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Oktober 1999 zu zahlen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Im Rahmen eines unangemeldeten Vermittlerbesuchs in seiner Privatwohnung unterschrieb der Kläger im März 1989 einen "Beteiligungsantrag" zum Erwerb eines Anteils an einem geschlossenen Immobilienfonds. Der Fondsanteil sollte von einer Treuhandgesellschaft treuhänderisch für den Kläger erworben, die Beteiligungssumme in monatlichen Raten durch den Kläger auf ein Treuhandsonderkonto der Fondsgesellschaft gezahlt werden. Fondsgesellschaft ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts: "GbR M. ". Gründungsgesellschafter dieser Gesellschaft waren die C. -Immobilienhandelsgesellschaft mbH, der die Geschäftsführung übertragen worden ist und aus der nach Umwandlung und Umfirmierung die Beklagte hervorging, sowie als Treuhandgesellschafterin die G. gesellschaft mbH, deren Gesellschafterstellung und Treuhandaufgaben später im Einverständnis aller Beteiligten von der a. V. KGaA übernommen wurden. Der Kläger zahlte lediglich einen Teil der geschuldeten Beitragsraten und widerrief im März 1999 gegenüber der Beklagten und im Mai 1999 gegenüber der Treuhandgesellschaft seinen Beteiligungsantrag nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Mit seiner Klage begehrt er Rückzahlung der erbrachten Leistungen nebst 8,5 % Zinsen seit den jeweiligen Zahlungszeitpunkten. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Zinshöhe teilweise zu ihren Gunsten abgeändert und im übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage insgesamt abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat nur zum Zinsanspruch teilweise Erfolg, im übrigen hält das Berufungsurteil den Angriffen der Revision stand. 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß dem Kläger ein Zahlungsanspruch aus § 3 Abs. 1 HaustürWG zusteht.
a) Der Treuhandvertrag, den der Kläger am 3. März 1989 durch Unterzeichnung des "Beteiligungsantrages" mit der Rechtsvorgängerin der a. V. KGaA zum Zwecke der Beteiligung an einem Immobilienfonds geschlossen hat, unterfällt dem Haustürwiderrufsgesetz. Der Kläger hat den "Beteiligungsantrag" im Rahmen eines nicht erbetenen Vermittlerbesuches in seiner Privatwohnung unterschrieben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG). Bei dem damit abgeschlossenen Treuhandvertrag handelt es sich um einen "Vertrag über eine entgeltliche Leistung" im Sinne von § 1 Abs. 1 HaustürWG, weil sich der Kläger als Anleger in der Hoffnung auf Gewinnerzielung zur Entgeltzahlung für den Erwerb eines für ihn von der Treuhänderin zu haltenden Gesellschaftsanteils verpflichtet hat.
b) Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kläger diesen Treuhandvertrag im März 1999 wirksam widerrufen. Der Widerruf ist trotz der ca. zehnjährigen Zeitspanne seit der Verpflichtungserklärung im März 1989 rechtzeitig. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 HaustürWG war im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht in Lauf gesetzt worden, da der Kläger nicht ordnungsgemäß i.S.v. § 2 Abs. 1 Satz 2 HaustürWG belehrt worden ist. Er hat zwar einen Text mit Informationen über ein "Rücktrittsrecht" gesondert unterschrieben. Dieser Text genügt aber schon deshalb nicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 HaustürWG, weil die nach der Rechtsprechung (etwa:
BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - I ZR 73/91, NJW 1993, 1013, 1014; Urteil vom 27. April 1994 - VIII ZR 223/93, NJW 1994, 1800, 1801) unverzichtbar notwendige Angabe zu dem Beginn der Ein-Wochen-Frist fehlt. Das Widerrufsrecht ist nicht durch Zeitablauf erloschen. Jedenfalls für eine entsprechende Anwendbarkeit der Jahresfrist des § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG (i.d. bis 30. September 2000 geltenden Fassung) auf sämtliche Geschäfte , die dem HaustürWG unterfallen, wie sie die Revision für richtig hält, ist kein Raum. Selbst wenn man annehmen wollte, daß für alle, nämlich auch für die nicht dem VerbrKrG, sondern dem HaustürWG unterliegenden Kreditgeschäfte eine einheitliche Höchstfrist für die Erklärung des Widerrufs gelten müßte (vgl. Vorlage-Beschluß des XI. Zivilsenats an den EuGH v. 30. November 1999 - XI ZR 91/99, ZIP 2000, 177), rechtfertigte dies nicht die Heranziehung dieser kürzeren Frist auf sämtliche Haustürgeschäfte, auch soweit dieselben nicht Kreditgeschäfte betreffen. Entgegen der Ansicht der Revision liegt hierin kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), weil das VerbrKrG einerseits und das HaustürWG andererseits in ihrem Bestreben, Verbraucher vor Überrumpelung und Übereilung zu schützen, an gänzlich unterschiedliche Sachverhalte anknüpfen und es dem Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht verwehrt sein kann, den Kunden in stärkerem Maße zu schützen, welcher in einer Situation und einer Umgebung ein Geschäft abschließt , in welcher gesetzestypisch die naheliegende Gefahr besteht, daß er nicht hinreichend überlegt, ob er sich auf den ihm angebotenen Vertrag einlassen soll. 2. Die Revision wehrt sich im Ergebnis auch ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, daß der Kläger seinen Anspruch aus § 3 Abs. 1 HaustürWG zu Recht gegen die Beklagte geltend gemacht hat.

a) Auszugehen ist bei dieser Beurteilung von dem zutreffenden Ansatz des Berufungsgerichts, wonach Schuldner des Rückgewähranspruchs des Klägers und damit "anderer Teil" im Sinne von § 3 Abs. 1 HaustürWG im vorliegenden Streitfall nicht die Treuhandgesellschaft, sondern die Fondsgesellschaft ist: § 3 Abs. 1 HaustürWG verpflichtet im Falle des wirksamen Widerrufs den "anderen Teil" zur Herausgabe der vom Verbraucher erbrachten Leistungen. "Anderer Teil" in diesem Sinne ist im Regelfalle, in dem rechtlicher und wirtschaftlicher Vertragspartner personengleich sind, der Vertragspartner des Verbrauchers. Das gilt jedoch nicht, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine solche Personenidentität nicht besteht. Ungeachtet der Tatsache, daß vertragliche Beziehungen des Klägers ausschließlich mit der Treuhandgesellschaft bestehen und der Kläger selbst nicht Gesellschafter der Fondsgesellschaft ist, sein Anteil an dem Immobilienfonds vielmehr treuhänderisch von der Treuhandgesellschaft für ihn gehalten wird, kann nämlich im Rahmen der hier anzustellenden Prüfung nicht außer Betracht bleiben, daß nach dem Treuhandvertrag und der Ausgestaltung des geschlossenen Immobilienfonds durch die Fondsgesellschaft die Treuhandgesellschaft nur eine Mittlerfunktion einnimmt. Sie ist zwischen den Anleger und die Fondsgesellschaft geschaltet, um die Durchführung der Fondsbeteiligung und insbesondere den Erwerb lediglich wirtschaftlichen Miteigentums der Anleger an dem Fonds zu ermöglichen. Trotz dieser rechtlichen Konstruktion der Fondsbeteiligung mittels Treuhandvertrages ist wirtschaftlicher Vertragspartner der Anleger ausschließlich die Fondsgesellschaft. Diese ist Empfängerin und Inhaberin der von den Anlegern zu erbringenden Leistungen. Nach dem Treuhandvertrag sind alle vom Kläger zu leistenden Monatsraten und sonstigen Beträge auf ein Treuhandsonderkonto des Fonds einzuzahlen. Die Gegenleistung ist ebenfalls von der Fondsgesellschaft zu er-
bringen. Folgerichtig hat der Kläger durch Unterschrift unter den Beteiligungsantrag erklärt, daß er sich "an der ... Objektgesellschaft" beteiligen will; die Treuhandgesellschaft wird demgegenüber nur beiläufig als rechtstechnisches Mittel zum Zweck erwähnt ("Beteiligung per Treuhandvertrag"). Auch die Fondsgesellschaft mißt dem Treuhänder eine lediglich dienende Funktion bei und sieht sich selbst als maßgeblichen Partner der Anleger. Dies kommt nicht zuletzt in einem Schreiben ihrer geschäftsführenden Gesellschafterin an die Anleger zum Ausdruck, in dem den Anlegern die Geschäftsführerin des Fonds als Adressatin für sämtliche Erklärungen und Anfragen der Anleger im Zusammenhang mit dem Fonds vorgestellt wird. Auch der Widerruf nach § 1 HaustürWG sollte gegenüber der Beklagten und nicht etwa gegenüber der Treuhänderin ausgeübt werden. Ist mithin die Fondsgesellschaft wirtschaftlicher Vertragspartner der Anleger und selbst Empfänger und Inhaber der von diesen zu erbringenden Leistungen , so ist es sachgerecht, die Fondsgesellschaft auch ohne Bestehen unmittelbarer rechtlicher Beziehungen zwischen ihr und den Anlegern als "anderen Teil" i.S.v. § 3 Abs. 1 HaustürWG und damit als Schuldnerin des Rückgewähranspruchs anzusehen.
b) Der Kläger hat seine Klage jedoch nicht gegen die Fondsgesellschaft bürgerlichen Rechts "GbR M. ", sondern ausschließlich gegen die Beklagte und damit gegen die geschäftsführende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft gerichtet. Gleichwohl hat das Berufungsgericht diese Gesellschafterin im Ergebnis zu Recht - wenn auch nach seiner eigenen Argumentation inkonsequent - als richtige Beklagte angesehen:
c) Die Beklagte haftet nämlich als Gesellschafterin der Fondsgesellschaft bürgerlichen Rechts "GbR M. " für deren Verbindlichkeiten auch
persönlich und mit ihrem eigenen Vermögen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00, NJW 2001, 1056 ff. = WM 2001, 408 ff. = ZIP 2001, 330 ff.) entschieden, daß das Verhältnis zwischen dieser persönlichen Haftung der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der Gesellschaft der akzessorischen Gesellschafterhaftung gemäß §§ 128 f. HGB entspricht (WM aaO, 414 = ZIP aaO, 335 f.). Dies hat zur Folge, daß der Gesellschafts - und der Gesellschafterprozeß bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ebenso wie bei der OHG voneinander unabhängig sind. Die Gläubiger einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts haben damit die Möglichkeit, nicht nur die Gesellschaft selbst, sondern auch zusätzlich oder statt dessen einen oder mehrere ihrer Gesellschafter in Anspruch zu nehmen und zu verklagen. Deshalb stand es dem Kläger frei, ausschließlich die geschäftsführende Gesellschafterin der Fondsgesellschaft und damit die Beklagte zu verklagen. Das gilt auch dann, wenn – wie im folgenden (unter 3 a) noch näher auszuführen ist - der Widerruf nach dem HaustürWG nur zur Anwendung der Regeln über den fehlerhaften Beitritt, also zur Kündigung der Mitgliedschaft führt und einen Abfindungsanspruch auslöst. Unabhängig davon, ob es sich bei diesem durch den Widerruf nach dem HaustürWG ausgelösten Rückgewähranspruch um eine Sozialverbindlichkeit handelt, haftet für denselben nicht allein die Fondsgesellschaft, vielmehr können für eine so einzuordnende Verbindlichkeit auch die ehemaligen Mitgesellschafter selbst in Anspruch genommen werden (vgl. Sen.Urt. v. 11. Oktober 1971 - II ZR 68/68, WM 1971, 1451; Staub/ Habersack, HGB 4. Aufl. § 128 Rdn. 12; Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl. § 128 Rdn. 23 i.V.m. § 131 Rdn. 48 m.w.N.; anders Münch.Komm. z. BGB/ Ulmer, 3. Aufl. § 738 Rdn. 12).
3. Die Klage ist in Höhe von 18.960,-- DM nebst 4 % seit Rechtshängigkeit begründet. In Höhe des weitergehend geltend gemachten Zinsanspruchs - Verzinsung der einzelnen Raten ab dem Zeitpunkt der Zahlung - hat das Rechtsmittel Erfolg und führt zur entsprechenden Abweisung der Klage.
a) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht entschieden, daß der Rückgewähranspruch des Klägers nach § 3 Abs. 1 HaustürWG sämtliche Beitragsraten und sonstigen Beträge in voller Höhe umfaßt. Das ist in den Besonderheiten des vorliegenden Falles begründet. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 63, 338, 345 f.) führt grundsätzlich nicht einmal ein durch arglistige Täuschung (§ 123 BGB) veranlaßter Beitritt eines Anlegers zu einer Publikumspersonengesellschaft zur Anwendung der bürgerlichrechtlichen Anfechtungsvorschriften mit der Folge, daß die gesellschaftsrechtliche Stellung ex tunc beendet wird und die gezahlten Einlagen zurückzugewähren sind; vielmehr kann bei einer in Vollzug gesetzten Gesellschaft der getäuschte Anleger seine Mitgliedschaft allein durch ein ex nunc wirkendes Austrittsrecht beenden und erhält in diesem Fall - Zug um Zug gegen Übertragung seiner Beteiligung - sein Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt. Für die Beendigung der Mitgliedschaft in einer Publikumsgesellschaft nach dem HaustürWG kann im Grundsatz nichts anderes gelten, weil bei in Vollzug gesetzter Gesellschaft nicht nur deren Gläubiger geschützt werden müssen, sondern auch sicherzustellen ist, daß die Mitgesellschafter des das Widerrufsrecht ausübenden Gesellschafters nicht schlechter als er selbst behandelt werden. Der Umstand, daß im vorliegenden Fall der Kläger nicht selbst Gesellschafter der Fondsgesellschaft, sondern nur mittelbar über das Treuhandverhältnis beteiligt ist, steht der Anwendung der genannten Grundsätze
deswegen nicht entgegen, weil bei der hier gegebenen Gestaltung - wie oben ausgeführt - sich die Person des "anderen Teils" i.S.v. § 3 HaustürWG nicht aufgrund einer formalen, sondern nur einer wirtschaftlichen Betrachtung ermitteln läßt. So wenig die Fondsgesellschaft oder die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend machen können, der Kläger stehe in rechtlichen Beziehungen allein zu der Treuhandgesellschaft, so wenig ist es ihm erlaubt, bei der Abwicklung des durch seinen Widerruf ausgelösten Rückgewährverhältnisses sich darauf zu berufen, er sei nicht Gesellschafter der Fondsgesellschaft und unterliege deswegen nicht den Bindungen, die ein fehlerhaft beigetretenes Mitglied einer Personengesellschaft beachten muß. Ungeachtet dessen hält das Berufungsurteil der revisionsrechtlichen Prüfung stand, weil im hier gegebenen Fall einer offensichtlich gesunden Fondsgesellschaft, die mit den ihr anvertrauten Anlagegeldern bestimmungsgemäß und erfolgreich verfahren ist, die Gefahr einer Schädigung der Gesellschaftsgläubiger oder einer Ungleichbehandlung der Mitgesellschafter des Klägers nicht besteht, weil das ihm zustehende Auseinandersetzungsguthaben jedenfalls nicht geringer ist als der von ihm in diesem Rechtsstreit verfolgte Anspruch.
b) Der Zinsanspruch ist lediglich in Höhe von 4 % seit Rechtshängigkeit begründet (§§ 291, 288 Abs. 1 BGB). Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (Erman/Saenger, BGB 10. Aufl. § 3 HaustürWG Rdn. 32; Soergel/Wolf, BGB 12. Aufl. § 3 HaustürWG Rdn. 8; Staudinger/Werner, BGB 13. Aufl. § 3 Rdn. 53) sind nach der eindeutigen Fassung des Gesetzes die nach § 3 Abs. 1 HaustürWG von dem anderen Teil zurückzugewährenden Geldbeträge nicht entsprechend § 347 Satz 3 BGB unabhängig vom Verzugseintritt zu verzinsen (ebenso
MünchKomm/Ulmer aaO, § 3 HaustürWG Rdn. 15). Anders als § 347 Satz 3 BGB sieht § 3 Abs. 1 HaustürWG keine Pflicht zur Verzinsung des zurückzuerstattenden Geldbetrages vor. Diese Ausgestaltung von § 3 Abs. 1 HaustürWG entspricht dem in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich festgehaltenen Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 10/2876, S. 4, Entwurfstext zu § 3, und S. 14, Begründung zu dieser Entwurfsregelung). Über diese Entscheidung des Gesetzgebers darf sich die Rechtsprechung - jedenfalls so lange die gesetzliche Regelung nicht zu unerträglichen Ergebnissen führen würde - nicht hinwegsetzen , weil sie dies aus allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen für wünschenswert hält (BVerfGE 82, 6, 12; BGHZ 138, 321, 329). Verzinsung des zurückzuerstattenden Geldbetrages kann der Kläger dementsprechend erst ab Verzugseintritt und damit mangels eines anderen Verzugstatbestandes erst ab Rechtshängigkeit verlangen. Röhricht Hesselberger Goette Kurzwelly Kraemer
10
b) Auch der Beklagte zu 2 kann als persönlich haftender Gesellschafter seine mögliche Haftung nicht mit der Erwägung in Frage stellen, es bestünden zwischen ihm und den Klägern keine vertraglichen Beziehungen. Der Beitritt zu einer Gesellschaft vollzieht sich durch einen Vertrag mit den übrigen Gesellschaftern. Dass hier nach § 3 Nr. 4 des Gesellschaftsvertrags die Beklagte zu 1 als Treuhandkommanditistin unwiderruflich bevollmächtigt war, namens aller jeweiligen Gesellschafter die zur Erhöhung des von ihr gehaltenen Kommanditkapitalanteils notwendigen Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen sowie die dazu erforderlichen Handlungen vorzunehmen, ändert an dieser Ausgangslage grundsätzlich nichts. Es kommt hinzu, dass die Anleger nicht nur in Rechtsbeziehungen zu der Beklagten zu 1 als Treuhänderin treten, sondern nach den Angaben im Prospekt und in dem dort abgedruckten Gesellschaftsvertrag wie unmittelbar an der Gesellschaft beteiligte Kommanditisten behandelt werden sollten (vgl. BGH, Urteile vom 30. März 1987 - II ZR 163/86 - NJW 1987, 2677; vom 20. März 2006 - II ZR 326/04 - ZIP 2006, 849, 850). Ihn trifft daher - wie die Beklagte zu 1 - unabhängig vom Verhalten der in den Vertrieb eingeschalteten Personen die eigene Pflicht, Beitrittsinteressenten zutreffend zu informieren und unrichtige Prospektangaben richtig zu stellen.
20
Allerdings ist seit langem anerkannt, dass dem Treugeber im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft unmittelbare Rechte und Ansprüche zugebilligt werden können (vgl. BGHZ 10, 44, 49; BGH, Urteil vom 23. Juni 2003 - II ZR 46/02, WM 2003, 1614). Der Treugeber kann auf diese Art und Weise die Stellung eines "Quasi-Gesellschafters" erhalten mit unmittelbarem Stimmrecht, mit Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung und mit Einsichts-, Informations- und Kontrollrechten. Eine solche Gestaltung der Treugeberstellung, wie sie vor allem bei Publikumsgesellschaften der vorliegenden Art verwendet wird, führt zu einer Einbeziehung des Anlegers in den Gesellschaftsverband und geht dadurch über die übliche schuldrechtliche Beziehung zum Treuhänder deutlich hinaus (Staub/Ulmer aaO § 105 Rdn. 106; MünchKommBGB/ Ulmer, 4. Aufl. § 705 Rdn. 93).
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b) Ein derartiger Sachverhalt ist hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht gegeben. Das kann der Senat selbst feststellen, weil der Gesellschaftsvertrag der Klägerin als Publikumsgesellschaft objektiv auszulegen ist (vgl. zuletzt Sen.Urt. v. 4. Juli 2005 aaO; v. 23. Januar 2006 - II ZR 126/04 aaO Tz. 15 und II ZR 306/04 aaO Tz. 15 m.w.Nachw.). Danach ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag, dass Nachschüsse einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss erfordern.
7
a) Die Auslegung eines Vertrages ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters und - revisionsrechtlich - nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungsgesetze verletzt oder wesentlichen Auslegungsstoff außer Acht gelassen hat (st. Rspr., siehe nur Sen.Urt. v. 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83; v. 7. März 2005 - II ZR 194/03, ZIP 2005, 1068, 1069). Geht das Gericht bei der Auslegung vertraglicher Bestimmungen auf den wesentlichen Kern des Vortrags einer Partei nicht ein, lässt sich daraus schließen, dass es diesen Vortrag unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht zur Kenntnis genommen hat. Dies rechtfertigt im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (siehe nur Sen.Beschl. v. 9. Februar 2009 - II ZR 77/08, WM 2009, 1154 Tz. 4; v. 20. Oktober 2008 - II ZR 207/07, ZIP 2008, 2311 Tz. 4).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 194/03 Verkündet am:
7. März 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 B, 157 C, Gh, 705, 730 ff.

a) Bei nach dem Wortlaut (scheinbar) widersprüchlichen Bestimmungen eines
Gesellschaftsvertrages (hier: Übernahmerecht, Abfindungs- und Mandantenschutzklausel
in einem Steuerberatungs-Sozietäts-Vertrag) ist einer Auslegung
der Vorzug zu geben, bei welcher jeder Vertragsnorm eine tatsächliche
Bedeutung zukommt, wenn sich die Regelungen ansonsten als ganz oder
teilweise sinnlos erweisen würden.

b) Erfüllt ein Gesellschafter nach seinem Ausscheiden eine vorher entstandene
Schuld der Gesellschaft (hier: Steuerschuld) ist der Erstattungsanspruch als
unselbständiger Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsbilanz aufzunehmen.
BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 194/03 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 7. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage des Beklagten abgewiesen worden ist.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Dem Rechtsstreit liegt eine Auseinandersetzung der Parteien über wechselseitige Ansprüche aus der Beendigung einer zwischen ihnen bestehenden Steuerberaterpraxis zugrunde.
Die Parteien haben sich mit Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zu dem gemeinsamen Betrieb einer Steuerberaterpraxis zusammengeschlossen
mit zuletzt hälftiger Gewinnbeteiligung. Im Februar/März 2001 warf der Beklagte der Klägerin eine Untreuehandlung vor. Im Hinblick auf diesen von der Klägerin bestrittenen Vorwurf hat der Beklagte der Klägerin am 13. Juli 2001 ein Schreiben übergeben, mit dem er für den 31. Juli 2001 eine Gesellschafterversammlung einberief mit dem Tagesordnungspunkt "Ausschließung der Gesellschafterin M.-H.". Dem angedrohten Ausschluß kam die Klägerin zuvor , indem sie mit Schreiben vom 27. Juli 2001 das Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigte. Seit dem 31. Juli 2001 betreibt sie eine eigene Steuerberaterpraxis. Ebenfalls am 27. Juli 2001 schrieb sie die Mandanten der Gesellschaft an, wies auf die fristlose Kündigung und ihre neue Praxisanschrift hin und bot unter Beifügung einer Vollmacht an, weiterhin in steuerlichen Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage vom Beklagten die Erstattung von Zahlungen, die sie nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft auf deren Steuerschulden erbracht hat. Der Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin für Schäden, die ihm durch die seiner Ansicht nach unberechtigte fristlose Kündigung der Klägerin sowie die Mandantenmitnahme entstanden sind.
Das Landgericht hat der Klage und - in eingeschränktem Umfang - der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufungen der Parteien hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage nur in Form der Feststellung, daß die gezahlten Beträge in die zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien, stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte das Widerklagebegehren weiter. Mit der Anschlußrevision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des ihrem Zahlungsantrag stattgebenden erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet und führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin nach ihrem Ausscheiden geleisteten Zahlungen unterlägen im Hinblick auf die zwischen den Parteien durchzuführende Auseinandersetzung ihrer gesellschaftsrechtlichen Beziehungen einer Durchsetzungssperre. Die Leistungsklage sei in ein Feststellungsbegehren, die Forderung als unselbständigen Posten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, umzudeuten und in diesem Umfang begründet.
Die Widerklage sei unbegründet, da das Wettbewerbsverbot in § 7 des Sozietätsvertrages vom 27. Dezember 1991 im Hinblick auf die Regelung in § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam sei.
II. Zur Revision des Beklagten:
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abweisung der Widerklage halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den - in der Berufungsinstanz unstreitigen - Vortrag der Parteien, ihrem Vertragsverhältnis sei der Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen und nicht der irrtümlich vom Landgericht herangezogene Vertragsentwurf, unberücksichtigt lassen müssen.
Da unstreitiger neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 18. November 2004 - XI ZR 229/03, NJW 2005, 291, 292 f. m.w.Nachw.), war das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gehalten, seiner Entscheidung den unstreitig das vertragliche Verhältnis der Parteien regelnden Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen.
2. Das Berufungsgericht durfte jedoch die Frage, ob der Beklagte die Übernahme der Gesellschaft erklärt hat, eine Möglichkeit, die ihm in § 16 Abs. 3 (d) des Sozietätsvertrages für den Fall der Kündigung einer zweigliedrigen Gesellschaft eröffnet ist, nicht unentschieden lassen. Denn nur im Fall der Übernahme kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots aus § 7 des Vertrages in Betracht. Liegt keine Übernahme vor, richtet sich die Auseinandersetzung der Parteien, bezogen auf die ehemals gemeinsamen Mandatsverhältnisse, nach § 21 des Sozietätsvertrages. Diese Regelung enthält kein Wettbewerbsverbot, sondern sieht in § 21 Abs. 3 vor, daß die Mandanten durch Rundschreiben aufzufordern sind mitzuteilen, mit welchem der Gesellschafter sie das Beratungsverhältnis fortzusetzen wünschen.

a) Hat der Beklagte die Übernahme erklärt, kommt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen Verstoßes der Klägerin gegen das Wettbewerbsverbot in § 7 des Vertrages grundsätzlich in Betracht. § 7 des Vertrages, der ein Wettbewerbsverbot in Form einer Mandantenschutzklausel enthält, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht wegen Widersprüchlichkeit zu § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam. § 7 enthält ein wirksames, nämlich ein in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreitendes (s. allg. zu diesen Anforderungen Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, ZIP 2000,
1337, 1338 f.) vertragliches Wettbewerbsverbot. Deshalb kann ein auf die Verletzung von § 7 des Vertrages gestützter Schadensersatzanspruch nicht mit der vom Berufungsgericht herangezogenen Begründung abgelehnt werden.
aa) Zwar ist die Auslegung eines Vertrages grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83). Gemessen hieran ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, da sie gegen wesentliche Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) verstößt.
bb) Da neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist und weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die Vertragsbestimmungen selbst auslegen.
§ 7 des Vertrages trägt die Überschrift "Wettbewerbsverbot, Mandantenschutz" und lautet wie folgt:
"1. (a) Den Gesellschaftern ist es untersagt, sich außerhalb der Gesellschaft in deren Tätigkeitsbereich selbständig, unselbständig oder beratend zu betätigen, auch nicht gelegentlich oder mittelbar. ... (b) Das Wettbewerbsverbot endet zwei Jahre nach dem Ausscheiden des Gesellschafters. Es ist beschränkt auf den OFD-Bezirk und die Mandanten, die von der Gesellschaft laufend betreut werden oder in den letzten zwei Jahren vor dem Ausscheiden beraten wurden. ..."
§ 20 trägt die Überschrift "Abfindung" und lautet in Abs. 2 (d) wie folgt:
"Übernimmt der ausscheidende Gesellschafter Mandate der Gesellschaft - sei es aufgrund einverständlicher Regelung, sei es daß die Mandanten eine Fortsetzung des Mandats mit der Gesellschaft ablehnen und den Ausscheidenden zu beauftragen beabsichtigen - wird der nach Buchstabe c zu ermittelnde Wert der Mandate auf das Abfindungsguthaben angerechnet. ..." Bei seiner Auslegung hat das Berufungsgericht die gesetzlichen Regeln, wonach der objektive Sinn der Bestimmungen zu ermitteln ist, nur scheinbar beachtet. Es hat nicht genügend berücksichtigt, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, eine vertragliche Bestimmung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten, rechtserheblichen Inhalt haben. Deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (Sen.Urt. v. 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536). Ein sinnvolles Nebeneinander der beiden Regelungen ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne weiteres möglich. Sieht - wie hier - § 20 die Zulässigkeit von Mandatsmitnahmen unter bestimmten Voraussetzungen vor, folgt daraus bei objektiver, beiderseits interessengerechter Auslegung zugleich, daß in diesen Fällen kein Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 7 des Vertrages vorliegt. Erfüllt hingegen die Mandantenmitnahme die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 (d) nicht, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Warum eine derart sinnerhaltende Auslegung dem Parteiwillen nicht entsprechen sollte, ist nicht ersichtlich.

b) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts enthält die Regelung in § 7 keine gemäß § 723 Abs. 3 BGB unzulässige Kündigungsbeschränkung. Es
handelt sich dabei nicht um eine Regelung, die dem fristlos Kündigenden vermögensrechtliche Verpflichtungen auferlegt, die im Ergebnis dazu führen, daß er nicht mehr frei entscheiden kann, ob er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht oder nicht (siehe hierzu BGHZ 126, 226, 230 f.). Mit der Regelung sind auch im Falle der fristlosen Kündigung keine unzumutbaren vermögensrechtlichen Verpflichtungen verbunden. Der Kündigende wird ausreichend geschützt einerseits durch den Abfindungsanspruch, in dessen Ermittlung der Wert der bei der Gesellschaft verbleibenden Mandate einfließt (§ 20 Abs. 2 (c) des Vertrages), andererseits dadurch, daß er einen darüber hinausgehenden Schaden ersetzt verlangen kann, wenn das Verhalten des oder der Mitgesellschafter ursächlich für seine fristlose Kündigung war (Sen.Urt. v. 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 723 Rdn. 52 m.w.Nachw.).
bb) Angesichts der Wirksamkeit der Regelung in § 7 stünde dem auf die Verletzung des Wettbewerbsverbots gestützten Schadensersatzanspruch des Beklagten der Einwand des rechtsmißbräuchlichen Verhaltens entgegen, wenn er, wie die Klägerin behauptet, ihre Kündigung durch ein gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten verstoßendes Verhalten veranlaßt ("provoziert" ) hätte. Diese Möglichkeit ist, wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit seinen Hilfserwägungen angedeutet hat, nicht ausgeschlossen. Hierzu sind weitere Feststellungen des Berufungsgerichts erforderlich.
cc) Sollte nach ergänzender Sachaufklärung eine Übernahme der Gesellschaft durch den Beklagten nicht festgestellt werden können, kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 7 nicht in Betracht, da für diesen Fall in § 21 Abs. 3 des Vertrages eine Sonderregelung ohne Wettbewerbsverbot oder Mandantenschutzklausel zwischen den Parteien getroffen worden ist.
dd) Das Berufungsgericht wird weiter zu prüfen haben, ob dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter fristloser Kündigung seitens der Klägerin zusteht, da der Beklagte, wie die Revision zu Recht rügt, sein Schadensersatzbegehren auch auf diesen Gesichtspunkt der vertraglichen Treuepflichtverletzung gestützt hat. Bei dieser Prüfung wird es ebenfalls das vorausgegangene, die Kündigung der Klägerin auslösende Verhalten des Beklagten zu würdigen haben.
III. Zur Anschlußrevision der Klägerin:
Die Anschlußrevision ist zulässig aber unbegründet. Das Berufungsgericht ist zu Recht von dem Bestehen einer Durchsetzungssperre hinsichtlich der Erstattungsansprüche der Klägerin ausgegangen. Hiergegen wendet sich die Anschlußrevision ohne Erfolg.
1. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 - II ZR 249/96, ZIP 1997, 2120) - was auch die Anschlußrevision nicht verkennt - davon aus, daß beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Durchsetzung einzelner Forderungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, diese vielmehr lediglich unselbständige Posten in der zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz darstellen. Zwar gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos (siehe zu möglichen Ausnahmen Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 aaO S. 2121 m.w.Nachw.). Ein Ausnahmefall liegt hier entgegen der Ansicht der Anschlußrevision nicht vor. Diese will die Durchbrechung der Durchsetzungssperre damit begründen, daß die Auseinandersetzungsbilanz auf den - hier revisionsrechtlich mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu unterstellenden - Tag des Ausscheidens der Klägerin, den 31. Juli 2001, zu erstellen sei, die Zah-
lungen von der Klägerin jedoch erst Ende 2001 erbracht worden seien und daher in die Auseinandersetzungsbilanz nicht einzustellen seien.
2. Dem kann nicht gefolgt werden. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Leistung der Klägerin an, sondern darauf, daß die Klägerin mit der Zahlung eine Steuerschuld der Gesellschaft aus der Zeit vor ihrem Ausscheiden beglichen hat, für die sie ebenso wie der Beklagte haftet und die daher als aus dem Gesellschaftsvermögen zu berichtigende Schuld in der Auseinandersetzungsbilanz zu berücksichtigen ist. Ein Ausgleich der Zahlung außerhalb der Auseinandersetzungsbilanz würde möglicherweise - wenn z.B. das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreicht - dazu führen , daß die Klägerin zur Rückzahlung in Form des Verlustausgleichs verpflichtet wäre. Genau dieses Hin- und Herzahlen soll durch das Einstellen in die Bilanz vermieden werden.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 300/02 Verkündet am:
8. November 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterhilfe darf nach den Rechtsprechungsregeln
zum Eigenkapitalersatz im GmbH-Recht nur dann zurückgezahlt
werden, wenn wieder genügend freies, die Stammkapitalziffer übersteigendes
Vermögen vorhanden ist. Das gleiche gilt für Zinsen und - nach Umwandlung
der Gesellschafterhilfe in eine stille Einlage - Gewinnanteile.
BGH, Urteil vom 8. November 2004 - II ZR 300/02 - OLG Hamm
LG Bochum
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 8. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. September 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger war Gesellschafter der beklagten GmbH. Mit Vertrag vom 16. September 1994 übertrug er seinen Geschäftsanteil i.H.v. 200.000,00 DM zu je 50 % auf den Mitgesellschafter Dr. Z. und den Geschäftsführer M.. Als Gegenleistung traten die Erwerber jeweils einen gegen die Beklagte gerichteten Darlehensrückzahlungsanspruch i.H.v. 50.000,00 DM an den Kläger ab. Mit Vertrag vom selben Tage wurde der Kläger stiller Gesellschafter der
Beklagten. Seine Einlage sollte 200.000,00 DM betragen. Sie wurde aufgebracht durch Umwandlung eines von ihm an die Beklagte gegebenen Darlehens i.H.v. 100.000,00 DM und durch Umwandlung der beiden an ihn abgetretenen Darlehensrückzahlungsansprüche i.H.v. je 50.000,00 DM. In § 6 des Vertrages über die stille Gesellschaft heißt es, daß für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von dem Gewinn auszugehen sei, der sich aus dem Jahresabschluß der Beklagten ergebe, und daß eine Beteiligung am Verlust ausgeschlossen sei.
Mit der Klage macht der Kläger den Gewinnanspruch für 1997 geltend. Er berechnet diesen Anspruch auf der Grundlage des in dem Jahresabschluß ausgewiesenen Jahresüberschusses und läßt einen - höheren - Verlustvortrag außer Betracht. Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, Jahresüberschuß und Verlustvortrag müßten verrechnet werden mit der Folge, daß dem Kläger kein Anspruch zustehe. Außerdem meint die Beklagte, einer Gewinnausschüttung an den Kläger stünden jedenfalls die Kapitalerhaltungsregeln entgegen, weil die in die Einlage umgewandelten Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätten.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die auf die Beschwerde der Beklagten zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Ohne Erfolg bleibt allerdings der Angriff der Revision gegen die Feststellung des Berufungsgerichts, unter dem für die Beteiligung des Klägers maßgeblichen Gewinn im Sinne von § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei der Jahresüberschuß - ohne Berücksichtigung eines Verlustvortrags - zu verstehen.
Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Unter Gewinn im Sinne des § 231 Abs. 1 HGB sei der nach Rücklagenbildung von den Gesellschaftern als Überschuß erklärte und damit gleichzeitig freigegebene Anteil am Gesellschaftsvermögen zu verstehen. Hier hätten die Parteien aber vereinbart, daß eine Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust ausgeschlossen sein solle. Diese Regelung würde unterlaufen, wenn der Begriff Gewinn im Sinne des Jahresüberschusses abzüglich eines Verlustvortrags verstanden werde. Daher falle darunter nur der Jahresüberschuß. Daß die Parteien bei Abschluß des Vertrages etwas anderes vereinbart hätten, sei durch die Aussagen der vernommenen Zeugen nicht bewiesen.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Auslegung eines Vertrages ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur nach, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099). Das ist hier nicht der Fall.
Die Parteien haben den Gewinnbegriff in dem Gesellschaftsvertrag nicht näher umschrieben. Was darunter zu verstehen ist, muß daher aufgrund einer Auslegung des Vertrages ermittelt werden. Dabei hat das Berufungsgericht zu Recht dem vereinbarten Verlustausschluß eine wichtige Bedeutung beigemessen. Die Regelung in § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages, daß der stille Ge-
sellschafter am Verlust nicht beteiligt sein soll, kann zwar allein auf den Auseinandersetzungsanspruch bei Beendigung der stillen Gesellschaft bezogen sein und dann eine Ausnahme von der Regel des § 232 Abs. 2 HGB darstellen. Ebenso gut kann damit aber auch - wie das Berufungsgericht angenommen hat - ein Ausschluß des Verlustvortrags bei der Bemessung des jährlichen Gewinnanspruchs gemeint sein. Dafür spricht hier sogar, daß die stille Einlage nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zu verzinsen ist, auch wenn das Privatkonto des stillen Gesellschafters im Soll geführt wird. Durch diese Verzinsung könnte sich ein Verlustvortrag in das nächste Geschäftsjahr ergeben. Die Verzinsung würde dann dort - bei Berücksichtigung des Verlustvortrags - zu einer Verringerung des möglichen Gewinnanspruchs führen. Das aber würde der Regelung einer verlustunabhängigen Verzinsung widersprechen.
II. Die Revision hat dennoch Erfolg, weil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden kann, daß dem Zahlungsanspruch des Klägers die Rechtsprechungsgrundsätze zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen entgegenstehen.
Das Berufungsgericht hat dies verneint. Eine Insolvenzreife der Beklagten sei nicht dargelegt. Sie ergebe sich nicht schon aus dem Vorliegen einer Unterbilanz. Auch fehle es an einer Kreditunwürdigkeit. Dabei könne offen bleiben , ob die Beklagte im Jahre 1994 kreditunwürdig gewesen sei. Sie habe nämlich nicht substantiiert vorgetragen, daß diese Kreditunwürdigkeit auch noch im Jahre 1997, für das der Kläger seinen Gewinnanspruch geltend mache, bestanden habe. Dagegen spreche, daß die kreditgewährende Bank den Kläger im Jahre 1996 aus einer von ihm übernommenen Bürgschaft entlassen habe.
Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Zutreffend ist lediglich die Annahme, daß die Rechtsprechungsgrundsätze zum Eigenkapitalersatz in der vorliegenden Fallgestaltung zur Anwendung kommen können. Danach sind Darlehen und ähnliche Leistungen, die ein Gesellschafter der sonst nicht mehr lebensfähigen GmbH anstelle von Eigenkapital zuführt oder beläßt, wie gebundenes Stammkapital zu behandeln, soweit diese Kredithilfen verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdecken (st.Rspr. des Senats, siehe etwa BGHZ 31, 258, 268 ff.; 76, 326, 328 ff.; 90, 370, 376 ff.). Dieser Bindung kann sich der Gesellschafter nicht dadurch entziehen, daß er - wie hier der Kläger - aus der Gesellschaft ausscheidet (Senat, BGHZ 69, 274, 280 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 539). War das Darlehen zu diesem Zeitpunkt eigenkapitalersetzend, bleibt es der Bindung auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters unterworfen. Wird es im Rahmen der Gründung einer stillen Gesellschaft in eine Einlage des stillen Gesellschafters umgewandelt, ändert sich auch dadurch an der Bindung nichts.
Danach durften das Darlehen des Klägers i.H.v. 100.000,00 DM und das Darlehen des Mitgesellschafters Dr. Z. i.H.v. 50.000,00 DM nicht zurückgezahlt werden, wenn die Beklagte bei Hingabe der Darlehen - oder bei einem "Stehenlassen" (BGHZ 75, 334, 337 f.) in der Zeit bis zu dem Ausscheiden des Klägers als GmbH-Gesellschafter - insolvenzreif oder kreditunwürdig war. Ebenso durften unter diesen Voraussetzungen keine Zinsen auf die Darlehen gezahlt werden (Senat, BGHZ 67, 171, 179 f.; 109, 55, 66), was nach der Umwandlung der Darlehen in die Einlage des Klägers als stiller Gesellschafter auch für die darauf entfallenden Gewinnanteile gilt. Das Darlehen des damaligen Geschäftsführers der Beklagten, M., war dagegen im Zweifel nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen gebunden, weil M. bis zu dem Erwerb des (Teil-) Geschäftsanteils des Klägers noch nicht Gesellschafter der Beklag-
ten war. Sein Darlehen wäre nur dann nach den Regeln des Eigenkapitalersatzes zu beurteilen, wenn in seiner Person ausnahmsweise die Voraussetzungen für die Einbeziehung gesellschaftsfremder Dritter erfüllt waren (vgl. Senat, BGHZ 31, 258, 264 ff.; 75, 334, 335 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 539). Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts.
2. Unzutreffend ist aber die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Eigenkapitalersatzregeln seien schon deshalb nicht anwendbar, weil bezüglich des Jahres 1997 weder eine Insolvenzreife noch eine Kreditunwürdigkeit der Beklagten dargelegt sei, ohne daß es darauf ankomme, ob eine Unterbilanz bestehe.
Ist ein Darlehen oder eine sonstige Gesellschafterleistung eigenkapitalersetzend , darf eine Rückzahlung oder eine Zinsleistung erst dann erfolgen, wenn wieder so viel Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, daß die Stammkapitalziffer nicht angegriffen wird (BGHZ 67, 171, 174 ff.; 69, 274, 280 f.; 76, 326, 332 ff.; 81, 365, 367; 109, 55, 66; Urt. v. 6. April 1995 - II ZR 108/94, NJW 1995, 1962, 1964). Das gleiche gilt für Gewinnanteile auf eine aus der Umwandlung einer solchen Darlehensforderung entstandene Einlage eines stillen Gesellschafters. Die Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz beruhen, anders als die Novellenregeln der §§ 32 a, b GmbHG, jedenfalls ursprünglich auf einer analogen Anwendung der §§ 30 f. GmbHG. Dafür ist aber gerade das Stammkapital die entscheidende Messgröße. Damit stünde im Widerspruch, die Eigenkapitalbindung schon vor Auffüllung des Stammkapitals entfallen zu lassen. Danach hätte das Berufungsgericht nicht offen lassen dürfen, ob die Darlehen zunächst eigenkapitalersetzend waren und ob das Stammkapital der Beklagten mittlerweile wieder aufgefüllt ist.
III. Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.
Dabei ist aufgrund einer den Anforderungen des § 42 GmbHG entsprechenden Bilanz zu fortgeführten Buchwerten festzustellen, ob eine Unterbilanz besteht (vgl. Sen.Urt. v. 11. Mai 1987 - II ZR 226/86, ZIP 1987, 1113, 1114; BGHZ 106, 7, 12). Sollte sich herausstellen, daß die Beklagte mittlerweile wieder über ein die Stammkapitalziffer entsprechend übersteigendes Vermögen verfügt, ist die Klage in vollem Umfang begründet. Der Eigenkapitalersatzcharakter der Darlehen führt lediglich dazu, daß die Zinsen und damit - nach Umwandlung in die Einlage - die Gewinnansprüche während der Bindung nicht durchgesetzt werden können. Entfällt die Bindung, können auch die Rückstände geltend gemacht werden (Sen.Urt. v. 15. Februar 1996 - II ZR 245/94, ZIP 1996, 538, 540; BGHZ 140, 147, 153; 146, 264, 272).
Die mittlerweile eingetretene Beendigung der stillen Gesellschaft schließt die Durchsetzbarkeit der Gewinnansprüche nicht aus. Zwar muß bei Beendigung einer Gesellschaft zunächst eine Auseinandersetzung stattfinden, bei der die Einzelansprüche unselbständige Rechnungsposten werden. Eine Zahlungsklage ist aber ausnahmsweise schon vor Abschluß der Auseinandersetzung begründet, wenn der stille Gesellschafter - wie hier der Kläger - am Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt ist und daher auch ohne Auseinandersetzung fest-
steht, daß er einen Betrag in Höhe des Gewinnanspruchs verlangen kann (Sen.Urt. v. 29. Juni 1992 - II ZR 284/91, ZIP 1992, 1552, 1553).
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 194/03 Verkündet am:
7. März 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 133 B, 157 C, Gh, 705, 730 ff.

a) Bei nach dem Wortlaut (scheinbar) widersprüchlichen Bestimmungen eines
Gesellschaftsvertrages (hier: Übernahmerecht, Abfindungs- und Mandantenschutzklausel
in einem Steuerberatungs-Sozietäts-Vertrag) ist einer Auslegung
der Vorzug zu geben, bei welcher jeder Vertragsnorm eine tatsächliche
Bedeutung zukommt, wenn sich die Regelungen ansonsten als ganz oder
teilweise sinnlos erweisen würden.

b) Erfüllt ein Gesellschafter nach seinem Ausscheiden eine vorher entstandene
Schuld der Gesellschaft (hier: Steuerschuld) ist der Erstattungsanspruch als
unselbständiger Rechnungsposten in die Auseinandersetzungsbilanz aufzunehmen.
BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 194/03 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 7. März 2005 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Strohn und
Caliebe

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. April 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage des Beklagten abgewiesen worden ist.
Die Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Dem Rechtsstreit liegt eine Auseinandersetzung der Parteien über wechselseitige Ansprüche aus der Beendigung einer zwischen ihnen bestehenden Steuerberaterpraxis zugrunde.
Die Parteien haben sich mit Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zu dem gemeinsamen Betrieb einer Steuerberaterpraxis zusammengeschlossen
mit zuletzt hälftiger Gewinnbeteiligung. Im Februar/März 2001 warf der Beklagte der Klägerin eine Untreuehandlung vor. Im Hinblick auf diesen von der Klägerin bestrittenen Vorwurf hat der Beklagte der Klägerin am 13. Juli 2001 ein Schreiben übergeben, mit dem er für den 31. Juli 2001 eine Gesellschafterversammlung einberief mit dem Tagesordnungspunkt "Ausschließung der Gesellschafterin M.-H.". Dem angedrohten Ausschluß kam die Klägerin zuvor , indem sie mit Schreiben vom 27. Juli 2001 das Gesellschaftsverhältnis fristlos kündigte. Seit dem 31. Juli 2001 betreibt sie eine eigene Steuerberaterpraxis. Ebenfalls am 27. Juli 2001 schrieb sie die Mandanten der Gesellschaft an, wies auf die fristlose Kündigung und ihre neue Praxisanschrift hin und bot unter Beifügung einer Vollmacht an, weiterhin in steuerlichen Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage vom Beklagten die Erstattung von Zahlungen, die sie nach ihrem Ausscheiden aus der Gesellschaft auf deren Steuerschulden erbracht hat. Der Beklagte begehrt widerklagend die Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Klägerin für Schäden, die ihm durch die seiner Ansicht nach unberechtigte fristlose Kündigung der Klägerin sowie die Mandantenmitnahme entstanden sind.
Das Landgericht hat der Klage und - in eingeschränktem Umfang - der Widerklage stattgegeben. Auf die Berufungen der Parteien hat das Berufungsgericht die Widerklage abgewiesen und der Klage nur in Form der Feststellung, daß die gezahlten Beträge in die zu erstellende Auseinandersetzungsbilanz einzustellen seien, stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte das Widerklagebegehren weiter. Mit der Anschlußrevision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des ihrem Zahlungsantrag stattgebenden erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten ist begründet und führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die Anschlußrevision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin nach ihrem Ausscheiden geleisteten Zahlungen unterlägen im Hinblick auf die zwischen den Parteien durchzuführende Auseinandersetzung ihrer gesellschaftsrechtlichen Beziehungen einer Durchsetzungssperre. Die Leistungsklage sei in ein Feststellungsbegehren, die Forderung als unselbständigen Posten in die Auseinandersetzungsrechnung einzustellen, umzudeuten und in diesem Umfang begründet.
Die Widerklage sei unbegründet, da das Wettbewerbsverbot in § 7 des Sozietätsvertrages vom 27. Dezember 1991 im Hinblick auf die Regelung in § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam sei.
II. Zur Revision des Beklagten:
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Abweisung der Widerklage halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Ohne Erfolg bleibt allerdings die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den - in der Berufungsinstanz unstreitigen - Vortrag der Parteien, ihrem Vertragsverhältnis sei der Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen und nicht der irrtümlich vom Landgericht herangezogene Vertragsentwurf, unberücksichtigt lassen müssen.
Da unstreitiger neuer Tatsachenvortrag in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 18. November 2004 - XI ZR 229/03, NJW 2005, 291, 292 f. m.w.Nachw.), war das Berufungsgericht gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gehalten, seiner Entscheidung den unstreitig das vertragliche Verhältnis der Parteien regelnden Sozietätsvertrag vom 27. Dezember 1991 zugrunde zu legen.
2. Das Berufungsgericht durfte jedoch die Frage, ob der Beklagte die Übernahme der Gesellschaft erklärt hat, eine Möglichkeit, die ihm in § 16 Abs. 3 (d) des Sozietätsvertrages für den Fall der Kündigung einer zweigliedrigen Gesellschaft eröffnet ist, nicht unentschieden lassen. Denn nur im Fall der Übernahme kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Wettbewerbsverbots aus § 7 des Vertrages in Betracht. Liegt keine Übernahme vor, richtet sich die Auseinandersetzung der Parteien, bezogen auf die ehemals gemeinsamen Mandatsverhältnisse, nach § 21 des Sozietätsvertrages. Diese Regelung enthält kein Wettbewerbsverbot, sondern sieht in § 21 Abs. 3 vor, daß die Mandanten durch Rundschreiben aufzufordern sind mitzuteilen, mit welchem der Gesellschafter sie das Beratungsverhältnis fortzusetzen wünschen.

a) Hat der Beklagte die Übernahme erklärt, kommt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen Verstoßes der Klägerin gegen das Wettbewerbsverbot in § 7 des Vertrages grundsätzlich in Betracht. § 7 des Vertrages, der ein Wettbewerbsverbot in Form einer Mandantenschutzklausel enthält, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht wegen Widersprüchlichkeit zu § 20 Abs. 2 (d) des Vertrages unwirksam. § 7 enthält ein wirksames, nämlich ein in zeitlicher, räumlicher und gegenständlicher Hinsicht das notwendige Maß nicht überschreitendes (s. allg. zu diesen Anforderungen Sen.Urt. v. 8. Mai 2000 - II ZR 308/98, ZIP 2000,
1337, 1338 f.) vertragliches Wettbewerbsverbot. Deshalb kann ein auf die Verletzung von § 7 des Vertrages gestützter Schadensersatzanspruch nicht mit der vom Berufungsgericht herangezogenen Begründung abgelehnt werden.
aa) Zwar ist die Auslegung eines Vertrages grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht prüft nur, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. Sen.Urt. v. 8. November 2004 - II ZR 300/02, ZIP 2005, 82, 83). Gemessen hieran ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft, da sie gegen wesentliche Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) verstößt.
bb) Da neuer Sachvortrag nicht zu erwarten ist und weitere tatsächliche Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die Vertragsbestimmungen selbst auslegen.
§ 7 des Vertrages trägt die Überschrift "Wettbewerbsverbot, Mandantenschutz" und lautet wie folgt:
"1. (a) Den Gesellschaftern ist es untersagt, sich außerhalb der Gesellschaft in deren Tätigkeitsbereich selbständig, unselbständig oder beratend zu betätigen, auch nicht gelegentlich oder mittelbar. ... (b) Das Wettbewerbsverbot endet zwei Jahre nach dem Ausscheiden des Gesellschafters. Es ist beschränkt auf den OFD-Bezirk und die Mandanten, die von der Gesellschaft laufend betreut werden oder in den letzten zwei Jahren vor dem Ausscheiden beraten wurden. ..."
§ 20 trägt die Überschrift "Abfindung" und lautet in Abs. 2 (d) wie folgt:
"Übernimmt der ausscheidende Gesellschafter Mandate der Gesellschaft - sei es aufgrund einverständlicher Regelung, sei es daß die Mandanten eine Fortsetzung des Mandats mit der Gesellschaft ablehnen und den Ausscheidenden zu beauftragen beabsichtigen - wird der nach Buchstabe c zu ermittelnde Wert der Mandate auf das Abfindungsguthaben angerechnet. ..." Bei seiner Auslegung hat das Berufungsgericht die gesetzlichen Regeln, wonach der objektive Sinn der Bestimmungen zu ermitteln ist, nur scheinbar beachtet. Es hat nicht genügend berücksichtigt, daß nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, eine vertragliche Bestimmung solle nach dem Willen der Parteien einen bestimmten, rechtserheblichen Inhalt haben. Deshalb ist einer möglichen Auslegung der Vorzug zu geben, bei welcher der Vertragsnorm eine tatsächliche Bedeutung zukommt, wenn sich diese Regelung ansonsten als ganz oder teilweise sinnlos erweisen würde (Sen.Urt. v. 18. Mai 1998 - II ZR 19/97, WM 1998, 1535, 1536). Ein sinnvolles Nebeneinander der beiden Regelungen ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ohne weiteres möglich. Sieht - wie hier - § 20 die Zulässigkeit von Mandatsmitnahmen unter bestimmten Voraussetzungen vor, folgt daraus bei objektiver, beiderseits interessengerechter Auslegung zugleich, daß in diesen Fällen kein Wettbewerbsverstoß im Sinne des § 7 des Vertrages vorliegt. Erfüllt hingegen die Mandantenmitnahme die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 (d) nicht, liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Warum eine derart sinnerhaltende Auslegung dem Parteiwillen nicht entsprechen sollte, ist nicht ersichtlich.

b) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
aa) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts enthält die Regelung in § 7 keine gemäß § 723 Abs. 3 BGB unzulässige Kündigungsbeschränkung. Es
handelt sich dabei nicht um eine Regelung, die dem fristlos Kündigenden vermögensrechtliche Verpflichtungen auferlegt, die im Ergebnis dazu führen, daß er nicht mehr frei entscheiden kann, ob er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht oder nicht (siehe hierzu BGHZ 126, 226, 230 f.). Mit der Regelung sind auch im Falle der fristlosen Kündigung keine unzumutbaren vermögensrechtlichen Verpflichtungen verbunden. Der Kündigende wird ausreichend geschützt einerseits durch den Abfindungsanspruch, in dessen Ermittlung der Wert der bei der Gesellschaft verbleibenden Mandate einfließt (§ 20 Abs. 2 (c) des Vertrages), andererseits dadurch, daß er einen darüber hinausgehenden Schaden ersetzt verlangen kann, wenn das Verhalten des oder der Mitgesellschafter ursächlich für seine fristlose Kündigung war (Sen.Urt. v. 16. Februar 1967 - II ZR 171/65, WM 1967, 419; MünchKommBGB/Ulmer 4. Aufl. § 723 Rdn. 52 m.w.Nachw.).
bb) Angesichts der Wirksamkeit der Regelung in § 7 stünde dem auf die Verletzung des Wettbewerbsverbots gestützten Schadensersatzanspruch des Beklagten der Einwand des rechtsmißbräuchlichen Verhaltens entgegen, wenn er, wie die Klägerin behauptet, ihre Kündigung durch ein gegen die gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten verstoßendes Verhalten veranlaßt ("provoziert" ) hätte. Diese Möglichkeit ist, wie das Berufungsgericht im Zusammenhang mit seinen Hilfserwägungen angedeutet hat, nicht ausgeschlossen. Hierzu sind weitere Feststellungen des Berufungsgerichts erforderlich.
cc) Sollte nach ergänzender Sachaufklärung eine Übernahme der Gesellschaft durch den Beklagten nicht festgestellt werden können, kommt ein Schadensersatzanspruch wegen Verstoßes gegen § 7 nicht in Betracht, da für diesen Fall in § 21 Abs. 3 des Vertrages eine Sonderregelung ohne Wettbewerbsverbot oder Mandantenschutzklausel zwischen den Parteien getroffen worden ist.
dd) Das Berufungsgericht wird weiter zu prüfen haben, ob dem Beklagten ein Schadensersatzanspruch wegen unberechtigter fristloser Kündigung seitens der Klägerin zusteht, da der Beklagte, wie die Revision zu Recht rügt, sein Schadensersatzbegehren auch auf diesen Gesichtspunkt der vertraglichen Treuepflichtverletzung gestützt hat. Bei dieser Prüfung wird es ebenfalls das vorausgegangene, die Kündigung der Klägerin auslösende Verhalten des Beklagten zu würdigen haben.
III. Zur Anschlußrevision der Klägerin:
Die Anschlußrevision ist zulässig aber unbegründet. Das Berufungsgericht ist zu Recht von dem Bestehen einer Durchsetzungssperre hinsichtlich der Erstattungsansprüche der Klägerin ausgegangen. Hiergegen wendet sich die Anschlußrevision ohne Erfolg.
1. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 - II ZR 249/96, ZIP 1997, 2120) - was auch die Anschlußrevision nicht verkennt - davon aus, daß beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Durchsetzung einzelner Forderungen grundsätzlich ausgeschlossen ist, diese vielmehr lediglich unselbständige Posten in der zu erstellenden Auseinandersetzungsbilanz darstellen. Zwar gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos (siehe zu möglichen Ausnahmen Sen.Urt. v. 2. Oktober 1997 aaO S. 2121 m.w.Nachw.). Ein Ausnahmefall liegt hier entgegen der Ansicht der Anschlußrevision nicht vor. Diese will die Durchbrechung der Durchsetzungssperre damit begründen, daß die Auseinandersetzungsbilanz auf den - hier revisionsrechtlich mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu unterstellenden - Tag des Ausscheidens der Klägerin, den 31. Juli 2001, zu erstellen sei, die Zah-
lungen von der Klägerin jedoch erst Ende 2001 erbracht worden seien und daher in die Auseinandersetzungsbilanz nicht einzustellen seien.
2. Dem kann nicht gefolgt werden. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Leistung der Klägerin an, sondern darauf, daß die Klägerin mit der Zahlung eine Steuerschuld der Gesellschaft aus der Zeit vor ihrem Ausscheiden beglichen hat, für die sie ebenso wie der Beklagte haftet und die daher als aus dem Gesellschaftsvermögen zu berichtigende Schuld in der Auseinandersetzungsbilanz zu berücksichtigen ist. Ein Ausgleich der Zahlung außerhalb der Auseinandersetzungsbilanz würde möglicherweise - wenn z.B. das Gesellschaftsvermögen zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden nicht ausreicht - dazu führen , daß die Klägerin zur Rückzahlung in Form des Verlustausgleichs verpflichtet wäre. Genau dieses Hin- und Herzahlen soll durch das Einstellen in die Bilanz vermieden werden.
Röhricht Goette Kraemer
Strohn Caliebe

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 44/00 Verkündet am:
26. September 2002
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
BGHR : ja
Anwalts-Hotline
UWG §§ 1, 3; RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1, § 3 Nr. 2
Der durch den Anruf bei einer Anwalts-Hotline zustande kommende Beratungsvertrag
wird im Zweifel mit dem den Anruf entgegennehmenden Rechtsanwalt geschlossen
und nicht mit dem – zur Rechtsberatung nicht befugten – Unternehmen,
das den Beratungsdienst organisiert und bewirbt.
BRAGO § 3 Abs. 1, § 20 Abs. 1; BRAO § 43a Abs. 4, § 49b Abs. 3 Satz 1 und
Abs. 4 Satz 2
Der Rechtsanwalt, der sich an einer Anwalts-Hotline beteiligt, verstößt damit nicht
gegen berufsrechtliche Verbote. Insbesondere ist die Vereinbarung einer nach
Gesprächsminuten berechneten Zeitvergütung, die entweder zu einer Gebührenunterschreitung
oder gelegentlich auch zu einer Gebührenüberschreitung führt,
nicht generell berufswidrig. Mit der Beteiligung an der Anwalts-Hotline ist auch
nicht notwendig ein Verstoß gegen das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen
(§ 43a Abs. 4 BRAO), gegen das Provisionsverbot (§ 49b Abs. 3 Satz 1
BRAO) oder gegen das Verbot der Abtretung von Gebührenansprüchen (§ 49b
Abs. 4 Satz 2 BRAO) verbunden.
BGH, Urt. v. 26. September 2002 – I ZR 44/00 – Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2002 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 11. Januar 2000 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin vom 18. August 1998 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte – bislang Beklagte zu 1, inzwischen jedoch alleinige Beklagte, nachdem die Beklagte zu 2 auf sie verschmolzen worden ist – unterhält Telefonanschlüsse , über die Interessenten gegen Entgelt eine anwaltliche Rechtsberatung erhalten können. Im Dezember 1997 warb sie für diesen Dienst mit einem Werbeschreiben, dessen wesentlicher Inhalt im folgenden wiedergegeben ist:
Rechtsanwälte helfen anonym und sofort – ohne vorherige Terminvereinbarung “INFOGENIE!RECHT“ STARTET RECHTSBERATUNGSHOTLINE FÜR JEDERMANN Rechtsfragen müssen nicht unbedingt in einer Kanzlei besprochen werden. Oft hilft schon ein kurzes Telefonat mit einem Rechtsanwalt, um die eigene Rechtssicherheit in einem konkreten Fall deutlich zu verbessern. Berlin, den 18.12.1997: Unter der bundeseinheitlichen Rufnummer 0190/873-240 bis 0190/873-249 stellt InfoGenie!Recht ab 3. Januar 1998 den telefonischen Direktkontakt her zu Rechtsanwälten mit vorselektierten Interessenschwerpunkten. Was sich hinter dem ungewöhnlichen Namen InfoGenie!Recht verbirgt, ist eine Möglichkeit der telefonischen Kontaktaufnahme zu Rechtsanwälten für Ratsuchende mit Rechtsfragen, die mit folgenden Vorteilen verbunden ist: · Zeitersparnis: in vielen Fällen bleibt der Gang zum Anwalt erspart, und es ist dar- über hinaus sofort ein Rechtsanwalt greifbar, zu dessen Interessenschwerpunkten das jeweilige Sachgebiet zählt. · Flexibilität: die Rechtsanwälte sind auch außerhalb der normalen Geschäftszeiten ohne Voranmeldung erreichbar. · Garantierte Anonymität: nur wenn für die anwaltlichen Leistungen eine Rechnung benötigt wird oder wenn dem Rechtsanwalt Unterlagen mit einer Adresse zugeschickt werden, wird dem Anwalt bekannt, wer der Ratsuchende ist. Eine Beratung kann auch völlig anonym erfolgen. Die Anwälte stehen an sieben Tagen in der Woche jeweils von 7 bis 24 Uhr zur Verfügung ... [Es folgen zehn verschiedene Telefonnummern, jeweils eine für allgemeine Rechtsfragen , Verkehrsrecht, Ehe- und Familienrecht, Arbeitsrecht, Miet- und Pachtrecht, Erbrecht, Sozialrecht, Grundstücks-, Bau- und Nachbarrecht, Verwaltungsrecht sowie Wirtschafts- und Vertragsrecht] Der Anruf bei InfoGenie!Recht kostet stets 3,60 DM pro Minute. In diesem Preis enthalten sind auch die kompletten Beratungsgebühren des jeweiligen Anwalts. Weitere Kosten entstehen dem Anrufer nicht. Die Gesprächsgebühren werden von der Deutschen Telekom zusammen mit der Telefonrechnung erhoben. Die Beklagte leitet die Anrufe, die über die im Werbeschreiben angegebenen 0190er-Telefonnummern bei ihr eingehen, unmittelbar an mit ihr vertraglich verbundene Rechtsanwälte weiter. Die Deutsche Telekom stellt dem Inhaber des Anschlusses , von dem aus der Anruf erfolgt, mit der Telefonrechnung den aus der Werbung ersichtlichen Preis von 3,60 DM pro Minute (später 3,63 DM pro Minute) in Rechnung. Hiervon zahlt die Deutsche Telekom 2,48 DM an die Beklagte aus. Die auf diese Weise von der Telekom eingenommenen Beträge leitet die Beklagte je nach Gesprächsaufkommen an die beteiligten Rechtsanwälte weiter, von denen sie ihrerseits eine pauschale monatliche Teilnahmegebühr sowie eine zeitabhängige Nutzungsgebühr erhält.
Die Klägerin, eine Rechtsanwaltskammer, hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie ist der Ansicht, die Beklagte biete eine unzulässige Rechtsberatung an. Außerdem verstießen die an dem telefonischen Rechtsberatungsdienst beteiligten Rechtsanwälte gegen ihre Berufspflichten nach der Bundesrechtsanwaltsordnung sowie gegen die für sie geltende Gebührenordnung. Die Beklagte hafte insoweit als Störerin. Darüber hinaus sei die Werbung teilweise irreführend.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Das Landgericht (LG Berlin CR 1999, 369) hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Kammergericht (GRUR-RR 2001, 16 = CR 2000, 221) die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen ,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken die Herstellung der telefonischen Verbindung zu Rechtsanwälten anzubieten und/oder zu vermitteln und in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, daß eine Beratung auch völlig anonym erfolgen könne und/oder daß der Anruf bei der Beklagten stets einen sodann benannten Betrag pro Minute koste, in welchem Preis auch die kompletten Beratungsgebühren des jeweiligen Anwalts enthalten seien und/oder „(die Beklagte) startet Rechtsberatungshotline für jedermann. Rechtsfragen müssen nicht unbedingt in einer Kanzlei besprochen werden. Oft hilft schon ein kurzes Telefonat mit einem Rechtsanwalt, um die eigene Rechtssicherheit in einem konkreten Fall deutlich zu verbessern“, insbesondere, wenn dies jeweils wie in dem beanstandeten Werbeschreiben geschieht.
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat in dem beanstandeten Angebot einen Verstoß der Beklagten gegen Art. 1 § 1 RBerG gesehen und der Klägerin den geltend gemachten Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs aus §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG zugesprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Beratungsvertrag komme jedenfalls auch zwischen dem Anrufer und der Beklagten als der Betreiberin der Hotline zustande. Die Beklagte preise die Beratung an und nenne den Preis, während der beteiligte Rechtsanwalt zunächst nicht bekannt sei und nach der Vorstellung des Publikums auch ein Angestellter der Beklagten sein könne. Der durch die Werbung informierte Anrufer richte sich in erster Linie an die Beklagte, die mit ihrem Namen und ihrer Adresse für die Art und den Inhalt der Dienstleistung einstehe. Auch eine verfassungskonforme Auslegung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG im Lichte des Art. 12 GG gebiete keine andere Beurteilung. Die angebotene Dienstleistung stelle nicht lediglich eine kaufmännische Hilfeleistung dar.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils. Das von der Klägerin beanstandete Verhalten stellt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht als wettbewerbswidrig dar.
1. Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1998 – I ZR 4/96, GRUR 1998, 835, 836 = WRP 1998, 729 – Zweigstellenverbot).
2. In dem beanstandeten Verhalten der Beklagten liegt kein Angebot einer verbotenen Rechtsberatung. Das Berufungsgericht hat daher zu Unrecht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 1 UWG i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG bejaht.
Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , der Anrufer schließe mit der Beklagten als Betreiberin des telefonischen Rechtsberatungsdienstes einen Vertrag über die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Zwar knüpft die Frage, mit wem der Beratungsvertrag zustande kommt, an eine Auslegung der Erklärungen der Vertragsparteien an. Ihre Beantwortung ist daher im Grundsatz dem Tatrichter vorbehalten. Die tatrichterliche Auslegung ist jedoch für das Revisionsgericht nicht bindend, wenn gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsregeln gehört der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung (BGHZ 131, 136, 138; 137, 69, 72; BGH, Urt. v. 5.3.1998 – I ZR 250/95, GRUR 1998, 673, 676 – Popmusikproduzenten; Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 91/99, GRUR 2002, 280, 281 = WRP 2002, 221 – Rücktrittsfrist; BGHZ 149, 337, 353; 150, 32, 39 – Unikatrahmen , jeweils m.w.N.). Diesem Maßstab wird die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht gerecht.

a) Die beanstandete Werbung lädt den Ratsuchenden dazu ein, mit seinem Anruf das Angebot zum Abschluß eines Beratungsvertrags abzugeben. In der Rechtsprechung und im Schrifttum ist umstritten, ob sich dieses Angebot in der vorliegenden Fallkonstellation unmittelbar an den Rechtsanwalt richtet, der sich nach dem Wählen einer der zehn beworbenen Telefonnummern meldet, oder ob Adressat dieses Angebots die Beklagte als die Betreiberin des Beratungsdienstes ist. Während teilweise die Auffassung vertreten wird, der auf Rechtsberatung gerichtete Vertrag komme mit dem Betreiber der Hotline zustande (OLG München [6. ZS] NJW 2000, 1651; LG Mönchengladbach MDR 1999, 1030; LG Oldenburg
NdsRpfl. 2000, 12; LG München MMR 2000, 119; Diekötter, Die Zulässigkeit der Rechtsberatung über Telefonmehrwertdienste [2001], S. 33 ff.; Metz, MMR 1999, 447, 448; Berger, NJW 1999, 1353, 1354), geht die Gegenansicht davon aus, der Betreiber schulde nur eine Vermittlung, Partner der auf die Rechtsberatung gerichteten Geschäftsbesorgung sei dagegen allein der angerufene Rechtsanwalt (OLG München [29. ZS] NJW 1999, 150 und GRUR-RR 2001, 12; LG Erfurt JZ 1998, 527; Henssler, EWiR 1998, 993, 994; Kleine-Cosack, EWiR 1998, 995, 996; ders., NJ 2000, 336; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 533; Schmittmann, K&R 1999, 309; Zuck, BRAK-Mitt. 2001, 105, 108; Bissel, BRAK-Mitt. 2001, 50, 51; Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 2 f.; vgl. auch Grunewald, ZIP 2000, 2005; Demmel/Skrobotz, CR 1999, 561, 564).

b) Mit wem der Beratungsvertrag zustande kommt, hängt in erster Linie davon ab, an wen der ratsuchende Anrufer die auf den Abschluß eines Beratungsvertrags zielende Willenserklärung richtet (§§ 133, 157 BGB). Allerdings sind der Erforschung des Willens des Anrufers Grenzen gesetzt, weil es ihm in der Regel nicht bewußt sein wird, daß er mit dem Anruf ein Angebot zum Abschluß eines Vertrages abgibt. Noch weniger wird er sich mit der Frage befassen, ob sich dieses Angebot an die Beklagte oder an den beratenden Rechtsanwalt richtet. Die objektiven Umstände erlauben keine eindeutige Aussage, sprechen aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eher für ein Angebot gegenüber dem Rechtsanwalt, der den Anruf entgegennimmt.
Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht darauf verwiesen, daß der Anrufer zunächst in erster Linie die Beklagte im Auge haben wird, deren Name und deren Adresse ihm aus der Werbung bekannt sind, während er den Namen des beratenden Rechtsanwalts in der Regel erst zu Beginn des Telefongesprächs erfährt. Auch der von der Beklagten verwendete Werbetext mag den Eindruck erwecken , als komme der Beratungsvertrag mit der Beklagten als der Betreiberin des Beratungsdienstes zustande. Denn sie preist die Beratung in der Anzeige wie
eine eigene Leistung an und spricht davon, daß der Anruf bei ihr stets 3,60 DM pro Minute koste.
Der Text der Anzeige ist jedoch – worauf die Revision zutreffend hinweist – nicht eindeutig: Die Werbung kann auch so verstanden werden, daß die Beklagte den Kontakt zu den Anwälten lediglich vermittelt; denn sie kündigt dort an, daß sie „den telefonischen Direktkontakt ... zu Rechtsanwälten mit vorselektierten Interessenschwerpunkten“ herstelle. Sie erweckt damit nicht den Eindruck, als seien die Rechtsanwälte als ihre Erfüllungsgehilfen tätig und erbrächten eine von ihr geschuldete Beratungsleistung. Für ein Vertragsangebot gegenüber dem Rechtsanwalt spricht ferner, daß sich der Anrufer unmittelbar an ihn wendet; allein mit ihm wird eine telefonische Gesprächsverbindung hergestellt. Unter diesen Umständen liegt es nahe, daß der Anruf dem anwaltlichen Gesprächspartner als Adressaten seiner Willenserklärung gilt.

c) Die Würdigung des Berufungsgerichts wird aber vor allem – worauf die Revision zutreffend hinweist – dem Grundsatz nicht gerecht, daß der Wille der vertragschließenden Parteien im Zweifel auf eine den Vertragszweck nicht gefährdende Gestaltung gerichtet ist.
Ein Geschäftsbesorgungsvertrag, mit dem ein Vertragspartner eine unzulässige Rechtsberatung verspricht, wäre nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (BGHZ 37, 258, 261; BGH, Urt. v. 7.5.1992 – IX ZR 151/91, NJW-RR 1992, 1110, 1115; Urt. v. 30.9.1999 – IX ZR 139/98, NJW 2000, 69, 70). Wäre im Streitfall das Angebot des Anrufers auf einen Vertragsschluß mit der Beklagten gerichtet, wäre daher der Vertragszweck gefährdet. Denn der Vertrag mit der Beklagten wäre auf eine nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG unzulässige Rechtsberatung gerichtet. Dem könnte nicht entgegengehalten werden , ein solcher Vertrag tangiere den Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes nicht, weil die Beratungsleistung ausschließlich durch Rechtsanwälte erfolge, de-
ren Berufstätigkeit durch das Rechtsberatungsgesetz nicht berührt wird (Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG; dazu eingehend Diekötter aaO S. 65 ff.). Dieses Gesetz enthält eine ausdrückliche Sonderregelung für den Fall, daß die von Rechtsanwälten erbrachte Rechtsberatung von einer Kapitalgesellschaft geschuldet wird: Nach Einführung der Regelung über die Rechtsanwaltsgesellschaft in §§ 59c ff. BRAO ist in Art. 1 § 3 Nr. 2 RBerG klargestellt worden, daß das Verbot der Rechtsberatung nicht für eine solche Gesellschaft gilt. Damit ist aber zugleich zum Ausdruck gebracht worden , daß diese Ausnahme vom Verbot des Art. 1 § 1 RBerG nur unter bestimmten , in der Person der Beklagten nicht vorliegenden Voraussetzungen gilt.
In aller Regel wollen die Vertragschließenden eine derartige, von ihrem Willen unabhängige Gefährdung des Vertragszwecks nicht in Kauf nehmen. So hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der auf eine Rechtsbesorgung und eine sich daraus ergebende treuhänderische Geldverwaltung gerichtet ist, im Zweifel nur mit den Rechtsanwälten, nicht mit den Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern einer Sozietät zustande kommt, der Personen aus verschiedenen Berufen angehören, weil andernfalls wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz die Gefahr der Nichtigkeit des geschlossenen Vertrages bestünde (BGH, Urt. v. 16.12.1999 – IX ZR 117/99, NJW 2000, 1333, 1335). Dieser Gesichtspunkt kommt auch im Streitfall zum Tragen: Ist den Umständen nicht eindeutig zu entnehmen, an welchen von zwei möglichen Adressaten sich das Angebot zum Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrags richtet, ist nur die Auslegung nach beiden Seiten interessengerecht, die die Nichtigkeit des angestrebten Vertrags vermeidet. Auf den Streitfall bezogen bedeutet dies, daß bei verständiger Würdigung in dem Anruf – in Ermangelung eines erkennbaren entgegenstehenden Willens des Anrufers – das Angebot zum Abschluß eines Beratungsvertrags mit dem jeweils sich meldenden Rechtsanwalt zu den in der Werbung im einzelnen wiedergegebenen Bedingungen liegt.
3. Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Grün- den als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.). Die Beklagte kann insbesondere nicht als Störerin für berufsrechtliche Verstöße derjenigen Rechtsanwälte in Anspruch genommen werden, mit denen die Anrufer Beratungsverträge schließen. Zwar birgt das von der Beklagten entwickelte System gewisse Risiken für ein berufswidriges Verhalten der beteiligten Rechtsanwälte. Dies führt indessen nicht dazu, daß der Beklagten die Werbung für den Beratungsdienst und ihre Vermittlungsleistung schlechthin untersagt werden könnten. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei den einzelnen in Rede stehenden Verboten um wettbewerbsbezogene Normen handelt mit der Folge, daß ein Verstoß gegen eine solche Norm grundsätzlich zugleich als wettbewerbswidriges Verhalten beanstandet werden könnte (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.2000 – I ZR 224/98, GRUR 2001, 354, 356 = WRP 2001, 255 – Verbandsklage gegen Vielfachabmahner).

a) Mit dem von der Beklagten organisierten Rechtsberatungsdienst sind nicht notwendig unzulässige Gebührenunter- oder -überschreitungen verbunden.
aa) Die telefonische Beratung wird im allgemeinen den Gebührentatbestand des § 20 BRAGO erfüllen. Nach dieser Bestimmung erhält der Rechtsanwalt für einen mündlichen Rat oder eine Auskunft, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, eine Gebühr in Höhe von einem Zehntel bis zehn Zehnteln der vollen – streitwertabhängigen – Gebühr (§ 20 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Im Falle einer Erstberatung darf diese Gebühr jedoch 180 rsteigen (§ 20 Abs. 1 Satz 2 BRAGO), was – bei Zugrundelegung einer Mittelgebühr von fünf Zehnteln – ab einem Gegenstandswert von mehr als 6.000 iner betragsmäßigen Begrenzung des Gebührenanspruchs führt.
Der Anrufer, der sich an einen der von der Beklagten vermittelten Rechtsanwälte wendet, erklärt sich durch seinen Anruf mit der Vereinbarung einer Zeitvergütung einverstanden. Darin, daß sich diese Zeitvergütung nicht an den Bemes-
sungskriterien orientiert, die die Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) kennt, liegt kein berufsrechtlicher Verstoß. Mit der Zeitvergütung, die heute in vielen Bereichen der anwaltlichen Tätigkeit üblich ist, wählen die Parteien des Anwaltsvertrages bewußt eine Berechnungsweise, die sich von der streitwertabhängigen Berechnung vollständig löst. Dies ist für sich genommen weder bei der üblichen Zeitvergütung noch im Streitfall zu beanstanden (vgl. Römermann/ Funke, MDR 2001, 1, 5; a.A. Bissel, BRAK-Mitt. 2001, 50, 53).
bb) Nach der Gebührenordnung liegt die Mittelgebühr (5/10) mindestens bei ! " !)( * + , - . 12,50 $# % % & ' n- !) 0/ 1 / 5.6 7 98- ;:< = >.@?A B.6 standswert von 1.500 ' % 243 ' des beanstandeten Beratungsdienstes vereinbarte Vergütung in Höhe von 2,48 DM pro Minute – die restlichen 1,12 DM sind die an die Deutsche Telekom fließenden Telefongebühren – die gesetzlichen Gebühren häufig unterschreiten wird. Eine solche Gebührenunterschreitung ist dem Rechtsanwalt in außergerichtlichen Angelegenheiten indessen nicht verwehrt (§ 49b Abs. 1 BRAO i.V. mit § 3 Abs. 5 Satz 1 BRAGO). Zwar empfiehlt das Gesetz für den Fall der Gebührenunterschreitung eine schriftliche Vereinbarung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 BRAGO); das Nichtbefolgen dieser Empfehlung stellt jedoch kein berufswidriges Verhalten dar (vgl. Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 5 f.; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 534; a.A. Berger, NJW 1999, 1353, 1356).
cc) Anders als für den Fall der Unterschreitung der gesetzlichen Gebühren sieht das Gesetz für den Fall der Gebührenüberschreitung an sich zwingend die Schriftform vor (§ 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Doch stellt auch die Nichtbeachtung dieser Form nicht notwendig ein berufswidriges und damit zugleich nach § 1 UWG wettbewerbswidriges Verhalten dar. Denn das Gesetz nimmt auch die nicht schriftlich fixierte Gebührenüberschreitung hin, wenn der Mandant die höhere Vergütung freiwillig und ohne Vorbehalt zahlt; in diesem Fall ist die Rückforderung ausgeschlossen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 BRAGO). Freiwilligkeit setzt allerdings voraus,
daß der Mandant von der Gebührenüberschreitung Kenntnis hat; er muß wissen, daß er mehr zahlt, als ohne besondere Vereinbarung nach dem Gesetz zu zahlen wäre (vgl. OLG Frankfurt GRUR 1999, 358 = WRP 1999, 110; AnwGH NordrheinWestfalen NJW-RR 1999, 1582; Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 3 Rdn. 22; N. Schneider in Gebauer/Schneider, BRAGO, § 3 Rdn. 83; Gerold/ Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 3 Rdn. 7; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 534 f.; Diekötter aaO S. 181 m.w.N.); dagegen braucht ihm die Unklagbarkeit der Forderung nicht bekannt zu sein (Fraunholz in Riedel/Sußbauer aaO; N. Schneider in Gebauer/Schneider aaO; Gerold/Madert aaO). Ungeachtet der Wirksamkeit der getroffenen Gebührenvereinbarung kann es auch generell unlauter sein, wenn der Anwalt eine höhere als die gesetzliche Vergütung vereinbart, ohne auf den Umstand der Gebührenüberschreitung hinzuweisen (§ 1 UWG i.V. mit § 352 StGB).
Wie groß bei der von der Beklagten beworbenen telefonischen Beratung die Gefahr einer dem Anrufer verborgen bleibenden Gebührenüberschreitung ist, bedarf im Streitfall keiner Klärung. Sie besteht jedenfalls nicht regelmäßig. Denn bei Gesprächen, die nicht länger als zehn Minuten dauern, wird – legt man den Gebührenanteil des Rechtsanwalts von 2,48 DM zugrunde – auch bei geringsten Gegenstandswerten die Mittelgebühr nach § 20 BRAGO noch nicht überschritten; bei , >!) < ; DCE F G 8 !H I !J K L einem Gegenstandswert von 1.500 esprächen erreicht, die länger als vierzig Minuten dauern. Unter diesen Umständen kann die Gefahr, daß es zu einer unzulässigen Gebührenüberschreitung kommt, kein generelles Verbot der von der Beklagten beworbenen Dienstleistung rechtfertigen (vgl. Grunewald, ZIP 2000, 2005, 2009; Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 6 f.; a.A. Bissel, BRAK-Mitt. 2001, 50, 52 f.; Metz, MMR 1999, 447, 450; Büring/ Edenfeld, MDR 1999, 532, 534 f.; OLG Frankfurt GRUR 1999, 358; AnwGH Nordrhein -Westfalen NJW-RR 1999, 1582). Denn es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die vermittelten Rechtsanwälte es unterlassen, auf eine mögliche Gebührenüberschreitung – wie geboten – hinzuweisen. Ein solcher
Hinweis kann beispielsweise in allgemeiner Form mit Hilfe einer Bandansage vor dem Zustandekommen des Gesprächs erfolgen und durch eine individuelle Belehrung konkretisiert werden, wenn sich im Laufe des Gesprächs abzeichnet, daß bei Fortsetzung des Gesprächs die über die Telefonrechnung eingezogene Anwaltsvergütung die gesetzlichen Gebühren übersteigen wird.
dd) Gegenüber dem telefonischen Beratungsdienst kann auch nicht eingewandt werden, der vermittelte Rechtsanwalt nehme die Vergütung auch in Fällen ein, in denen er sich – aus welchen Gründen auch immer – nicht in der Lage sehe, den erbetenen Rechtsrat zu erteilen. Es ist einem Rechtsanwalt nicht verwehrt, mit dem Mandanten eine Zeitvergütung für ein Beratungsgespräch von angemessener Dauer auch für den Fall zu vereinbaren, daß sich der konkrete Sachverhalt nicht für eine telefonische Auskunft eignet oder es sich empfiehlt, sich hierfür an einen Anwalt mit speziellen Kenntnissen und Erfahrungen zu wenden (vgl. Grunewald, ZIP 2000, 2005, 2009).

b) Die von der Beklagten vermittelten Rechtsanwälte verstoßen auch nicht gegen das Verbot der Abtretung anwaltlicher Honorarforderungen (§ 49b Abs. 4 Satz 2 BRAO; dazu ausführlich Berger, NJW 1999, 1353, 1355 f.; Römermann/ Funke, MDR 2001, 1, 7 f.).
Es ist – worauf die Revision mit Recht hinweist – nicht ersichtlich, daß die Deutsche Telekom, die bei dem Anrufer nach Inanspruchnahme der Beratungsleistung die Gebühren in Höhe von 3,60 bzw. 3,63 DM geltend macht, damit eine ihr von dem vermittelten Rechtsanwalt abgetretene Gebührenforderung einzieht. Der Anrufer, der den telefonischen Beratungsdienst über die 0190er-Nummer in Anspruch nimmt, schuldet der Deutschen Telekom die Gebühren für diesen Telefonmehrwertdienst unabhängig von dem mit dem Rechtsanwalt geschlossenen Beratungsvertrag. Der bestehende Gebührenanspruch bedarf bei dieser Abwicklung nicht der Abtretung; er stellt lediglich den Rechtsgrund für das Behaltendürfen
des Gebührenanteils dar, der dem Rechtsanwalt über die Deutsche Telekom und die Beklagte zugeflossen ist. Durch die gewählte Abwicklung wird das gesetzliche Abtretungsverbot auch nicht umgangen. Die gesetzliche Bestimmung dient der Durchsetzung des Verschwiegenheitsgebots, das durch eine Abtretung anwaltlicher Gebührenforderungen gefährdet wird. Im Zuge der telefonischen Rechtsberatung im Rahmen eines Mehrwertdienstes offenbart der Rechtsanwalt keinerlei Umstände, die der Verschwiegenheit unterliegen. Der Deutschen Telekom und der Beklagten wird – für den Anrufer von Anfang an erkennbar – nicht mehr als der Umstand bekannt, daß ein Telefongespräch stattgefunden hat.

c) Die Gefahr einer Vertretung widerstreitender Interessen (§ 43a Abs. 4 BRAO) vermag das ausgesprochene Verbot ebenfalls nicht zu rechtfertigen (ebenso Römermann/Funke, MDR 2001, 1, 4). Daß es zu Interessenkonflikten kommen kann, stellt keine Besonderheit der telefonischen Beratung über eine 0190er-Nummer dar. Die Gefahr eines solchen Konflikts ist mit der anwaltlichen Tätigkeit stets verbunden; sie hat mit der Bildung immer größerer Sozietäten mit einer Vielzahl von Partnern und angestellten Anwälten erheblich zugenommen. Es handelt sich daher nicht etwa um ein Risiko, das gerade mit der telefonischen Rechtsberatung über einen Mehrwertdienst verbunden ist. Im Gegenteil werden derartige Konflikte eher selten auftauchen, weil die von der Beklagten vermittelten Rechtsanwälte Anrufe aus dem gesamten Bundesgebiet entgegennehmen. Die Chance, daß der betreffende Rechtsanwalt in einem Konflikt um rechtliche Beratung gebeten wird, in dem er zufällig bereits die Gegenseite vertritt oder vertreten hat, ist daher ungleich geringer als bei herkömmlichen Mandantenbeziehungen. Im übrigen ist nicht ersichtlich, weshalb sich die vermittelten Anwälte nicht auch in dieser Hinsicht berufsrechtskonform verhalten sollten. Beispielsweise wird ein Rechtsanwalt, der ständig eine größere Wohnungsbaugesellschaft vertritt, bei Anrufern, die von ihm in einer Mietsache Rat erbitten, zunächst klären, ob es sich zufällig um einen
Mieter der Mandantin handelt. Tut er dies nicht, kann die Klägerin gegen ihn vorgehen.
Die Gefahr eines Interessenkonflikts wird auch nicht dadurch nennenswert erhöht, daß es den Anrufern für den Regelfall ermöglicht wird, anonym zu bleiben. Im allgemeinen wird der Rechtsanwalt, der den Anruf entgegennimmt, mit wenigen Fragen zuverlässig ermitteln können, ob die Gefahr eines Interessenkonflikts besteht. Soweit er für diese Klärung ausnahmsweise den Namen des Anrufers benötigt , muß er – wenn er die Beratung fortsetzen möchte – auf der Nennung des Namens bestehen. Das beantragte generelle Verbot ist mit diesem Sachverhalt nicht zu begründen. Die Klägerin hat nicht dargetan, daß in der Vergangenheit Interessenkonflikte aufgrund der zugesagten Anonymität unerkannt geblieben wären. Der Hinweis auf die mögliche Anonymität rechtfertigt auch kein Verbot der beanstandeten Werbung unter dem Gesichtspunkt des § 3 UWG. Allein die entfernte Möglichkeit, daß der Anwalt zur Vermeidung eines Interessenkonflikts auf der Nennung des Namens bestehen muß, führt nicht zu einer relevanten Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise.

d) Der Rechtsanwalt, der sich an dem telefonischen Beratungsdienst beteiligt , schuldet der Beklagten ein Entgelt für die von ihr erbrachte Vermittlungsleistung. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung handelt es sich hierbei nicht um eine nach § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO verbotene Provision (so auch Grunewald , ZIP 2000, 2005, 2007; Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 533; Römermann /Funke, MDR 2001, 1, 7; a.A. Schmittmann, K&R 1999, 309 f.). Die fragliche Vergütung wird nämlich unabhängig davon geschuldet, ob und wie viele Ratsuchende in der fraglichen Zeit anrufen. Die erfolgsunabhängige Vergütung ist daher mit der Raummiete, mit den Kosten der Telefonanlage oder mit den Kosten für einen Anwaltssuchdienst im Internet vergleichbar.

e) Die teilweise im Schrifttum erhobenen Bedenken hinsichtlich der Qualität der telefonischen Rechtsberatung über eine gebührenpflichtige Telefonnummer (vgl. Hartung, AnwBl. 1999, 768 f.; König, AnwBl. 1999, 25, 26; Schmittmann, K&R 1999, 309, 311) sind für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung nicht maßgeblich. Zwar ist nicht zu verkennen, daß eine telefonische Beratung, wie sie die Beklagte vermittelt, das Risiko birgt, daß sich der befragte Anwalt dazu verleiten läßt, ohne genügende Kenntnis des Sachverhalts und ohne hinreichende Prüfung der Rechtslage eine Antwort zu geben. Auch ist es – nicht zuletzt im Hinblick auf die in Rede stehende Werbung – nicht auszuschließen, daß der Anrufer zuweilen mehr als nur einen Rat oder eine Auskunft, sondern vielmehr die rechtliche Lösung eines Problems erwarten wird, die der befragte Anwalt ohne präzise Kenntnis des Sachverhalts, ohne Studium eines Schriftwechsels und ohne weitere rechtliche Nachforschungen nicht leisten kann (vgl. auch Büring/Edenfeld, MDR 1999, 532, 534). Es handelt sich hierbei jedoch nicht um Gefahren, die nur für diese Form der Beratung typisch sind, sondern auch bei anderen Formen anwaltlicher Beratung auftreten können, etwa bei einer herkömmlichen telefonischen Beratung oder bei der von den Anwaltvereinen organisierten Rechtsberatung. Hier wie dort kann den Bedenken gegenüber der Qualität der Rechtsberatung – unabhängig davon, ob sie sich im Einzelfall als berechtigt erweisen – nicht mit einem generellen wettbewerbsrechtlichen Verbot begegnet werden.
Auch für diese neue Form der Rechtsberatung gilt, daß sie sich im Wettbewerb zu bewähren haben wird. Dies wird ihr nicht gelingen, wenn die Erwartungen , die die Anrufer in einen solchen Dienst setzen, regelmäßig – wie von der Klägerin vermutet – enttäuscht werden. Die über einen Mehrwertdienst finanzierte telefonische Beratung kann sich aber auch als eine sinnvolle Erweiterung des Angebots anwaltlicher Dienstleistungen erweisen, weil sie dem Ratsuchenden einen einfachen Weg weist, wie er bei von vornherein überschaubaren Kosten einen einfachen Rechtsrat oder eine einfache Rechtsauskunft erhalten kann (vgl. Ant-
wort der Bundesregierung auf eine Große Anfrage, BT-Drucks. 14/3959, S. 10 f.). Es ist nicht zu verkennen, daß in der Bevölkerung ein Bedarf an einer spontanen telefonischen Beratung über Rechtsfragen des Alltags besteht, der möglicherweise mit Hilfe eines Beratungsdienstes der hier in Rede stehenden Art befriedigt werden kann.
III. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben. Die Beru- fung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

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2. Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die von der Treuhänderin an die Klägerin als Gläubigerin der Darlehensverbindlichkeiten grundsätzlich abtretbaren (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 60/92 - NJW 1993, 2232, 2233 m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 399 Rn. 4) Freistellungsansprüche wirksam an die Klägerin abgetreten worden sind und damit deren Umwandlung in Zahlungsansprüche bewirkt worden ist (vgl. MünchKommBGB/Krüger, 5. Aufl. 2007, § 257 Rn. 8).

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Wer berechtigt ist, Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht, kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.

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2. Zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die von der Treuhänderin an die Klägerin als Gläubigerin der Darlehensverbindlichkeiten grundsätzlich abtretbaren (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 1993 - V ZR 60/92 - NJW 1993, 2232, 2233 m.w.N.; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 399 Rn. 4) Freistellungsansprüche wirksam an die Klägerin abgetreten worden sind und damit deren Umwandlung in Zahlungsansprüche bewirkt worden ist (vgl. MünchKommBGB/Krüger, 5. Aufl. 2007, § 257 Rn. 8).
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Allerdings ist seit langem anerkannt, dass dem Treugeber im Gesellschaftsvertrag der Personengesellschaft unmittelbare Rechte und Ansprüche zugebilligt werden können (vgl. BGHZ 10, 44, 49; BGH, Urteil vom 23. Juni 2003 - II ZR 46/02, WM 2003, 1614). Der Treugeber kann auf diese Art und Weise die Stellung eines "Quasi-Gesellschafters" erhalten mit unmittelbarem Stimmrecht, mit Teilnahmerecht an der Gesellschafterversammlung und mit Einsichts-, Informations- und Kontrollrechten. Eine solche Gestaltung der Treugeberstellung, wie sie vor allem bei Publikumsgesellschaften der vorliegenden Art verwendet wird, führt zu einer Einbeziehung des Anlegers in den Gesellschaftsverband und geht dadurch über die übliche schuldrechtliche Beziehung zum Treuhänder deutlich hinaus (Staub/Ulmer aaO § 105 Rdn. 106; MünchKommBGB/ Ulmer, 4. Aufl. § 705 Rdn. 93).

Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das übrige Vermögen in Geld umzusetzen und die Gläubiger zu befriedigen; zur Beendigung schwebender Geschäfte können sie auch neue Geschäfte eingehen. Die Liquidatoren vertreten innerhalb ihres Geschäftskreises die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich.

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist.

(2) Eine Gesellschaft, deren Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, ist offene Handelsgesellschaft, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. § 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Auf die offene Handelsgesellschaft finden, soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft Anwendung.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können.

(2) Der Gesellschafter kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gesellschaft das Recht zusteht, das ihrer Verbindlichkeit zugrunde liegende Rechtsgeschäft anzufechten.

(3) Die gleiche Befugnis hat der Gesellschafter, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige Forderung der Gesellschaft befriedigen kann.

(4) Aus einem gegen die Gesellschaft gerichteten vollstreckbaren Schuldtitel findet die Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschafter nicht statt.

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a) Die in § 9 Abs. 7 GV geregelten (gewillkürten) Klagevoraussetzungen sind - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat - objektiv dahin auszulegen, dass eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit von Ausschließungsbeschlüssen - wie sie hier von den Klägern erhoben worden ist - nicht etwa gegen die Beklagten zu 2 und 3 als Gesellschafter, sondern allein gegen die Beklagte zu 1 als Gesellschaft zu richten ist. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. zuletzt: Sen.Urt. v. 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Sen.Urt. v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391 - jeweils m.w.Nachw.) sind zwar auch bei einer in der Form einer Publikumsgesellschaft geführten Kommanditgesellschaft Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung grundsätzlich zwischen den Gesellschaftern und nicht mit der Kommanditgesellschaft auszutragen; es ist aber rechtlich möglich, hiervon abweichend im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen, dass ein derartiger Prozess mit der Gesellschaft auszufechten ist. Von dieser Befugnis haben die Gesellschafter auch im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht , indem sie - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - abweichend von den personengesellschaftsrechtlichen Regeln in mehr oder weniger weitem Umfang die Geltung des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems vereinbart haben und dementsprechend § 9 Abs. 7 GV dahin zu verstehen ist, dass die genannten Streitigkeiten unmittelbar mit der Beklagten zu 1 auszutragen sind. Hierfür spricht - auch nach Auffassung des Senats - bereits die Tatsache , dass nach § 9 Abs. 7 Satz 1 GV die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses nur innerhalb einer - im Verhältnis zu dem Vorbild der gegen die Gesellschaft zu richtenden aktienrechtlichen Anfechtungsklage des § 246 Abs. 1 AktG lediglich verlängerten - Frist von acht Wochen ab dem Tag der Ge- sellschafterversammlung durch Klage geltend gemacht werden kann. Neben der Übernahme weiterer Regelungen des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems der Aktiengesellschaft anlässlich der formwechselnden Umwandlung von der Aktiengesellschaft in eine Publikumskommanditgesellschaft enthält § 9 Abs. 1 Satz 2 unter lit. a) bis c) insbesondere auch Regelungen zur Berechtigung "zur Klageerhebung", die - unter Beachtung der unterschiedlichen Klageformen - nahezu wörtlich den Vorschriften über die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 - 3 AktG a.F. entsprechen.
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a) Zwar ist im Gesellschaftsvertrag der Klägerin, was nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei Publikumsgesellschaften wie der Klägerin grundsätzlich zulässig ist (siehe nur BGHZ 68, 212, 216; Sen.Urt. v. 13. Februar 1995 - II ZR 15/94, ZIP 1995, 460; v. 17. Juli 2006 - II ZR 242/04, WM 2006, 1627 Tz. 14), das kapitalgesellschaftsrechtliche Beschlussmängelrecht teilweise adaptiert worden. Beschlüsse, die zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters bedürfen, unterfallen jedoch nicht den Anfechtungsund Nichtigkeitsgründen im Sinne des Kapitalgesellschaftsrechts. Vielmehr stellt die fehlende Zustimmung eine "dritte Kategorie" von Mängeln des Beschlusses dar, die im Wege der allgemeinen, nicht fristgebundenen Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO bzw. durch Einwendung im Prozess geltend gemacht werden kann (Sen.Urt. v. 5. März 2007 - II ZR 282/05, ZIP 2007, 766 Tz. 15 f.; v. 9. Februar 2009 - II ZR 213/07, ZIP 2009, 864 Tz. 16; v. 25. Mai 2009 - II ZR 259/07, ZIP 2009, 1373 Tz. 17; Sen.Beschl. v. 26. März 2007 - II ZR 22/06, ZIP 2007, 1368 Tz. 10).

Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis aufzukommen, nach welchem sie den Verlust zu tragen haben. Kann von einem Gesellschafter der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so haben die übrigen Gesellschafter den Ausfall nach dem gleichen Verhältnis zu tragen.

Zur Erhöhung des vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.

(1) Für die von den Gesellschaftern zu fassenden Beschlüsse bedarf es der Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Beschlußfassung berufenen Gesellschafter.

(2) Hat nach dem Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.

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a) Stimmrechtskonsortien wie die vorliegende Schutzgemeinschaft bestehen regelmäßig in der Rechtsform einer Innengesellschaft des bürgerlichen Rechts (vgl. Senat, BGHZ 126, 226, 234 "Schutzgemeinschaftsvertrag I" betreffend denselben Schutzgemeinschaftsvertrag) zu dem Zweck, die Stimmenmacht der Beteiligten gebündelt einzusetzen und so ihren Einfluss auf die Geschicke der Zielgesellschaft zu verstärken (vgl. MünchKommAktG/Schröer 2. Aufl. § 136 Rdn. 56). Das für Beschlüsse in einer GbR als Regel vorgesehene , jedoch praktischen Erfordernissen oftmals nicht gerecht werdende Einstimmigkeitsprinzip (vgl. § 709 Abs. 1 BGB) kann gemäß § 709 Abs. 2 BGB durch den Gesellschaftsvertrag abbedungen und durch das Prinzip einfacher Mehrheit ersetzt werden, um die Flexibilität und Handlungsfähigkeit der Gesellschaft in Streitfällen sicherzustellen (vgl. zu § 119 HGB, BGHZ 170, 283 Tz. 6 "OTTO"). Die Mehrheit braucht in diesem Fall nicht nach Köpfen bestimmt zu werden, sondern kann auch anderen Kriterien folgen, weshalb keine Bedenken dagegen bestehen, dass das Stimmengewicht der Mitglieder der Schutzgemeinschaft gemäß § 4 Nr. 4 SGV sich nach der Höhe ihrer Beteiligung an dem betreffenden Vertragsunternehmen richtet (vgl. Zöllner aaO S. 725, 727 f.).
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Gemäß § 6 Abs. 5 GV werden "Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der auf das Kommanditkapital entfallenden Stimmen gefasst, soweit nicht einzelne Bestimmungen dieses Gesellschaftsvertrages oder sonstige Vereinbarungen der Gesellschafter etwas anderes vorschreiben". Für Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses ist anderes nicht vorgeschrieben. Einer - ohne Zustimmung der Klägerin nicht erreichbaren - qualifizierten Mehrheit von 76 % bedürfen gemäß § 6 Abs. 6 GV nur "Änderungen des Gesellschaftsvertrages , insbesondere Veränderungen der Einlageverpflichtungen, die Auszahlung von Beträgen zu Lasten der Darlehenskonten und die Abberufung der Komplementärin". Auch in dem Katalog "außergewöhnlicher Geschäfte", die gemäß § 6 Abs. 7 GV der Zustimmung einer Mehrheit von 63 % bedürfen, findet sich die Bilanzfeststellung nicht. Sie fällt daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen unter die einfache Mehrheitsklausel des § 6 Nr. 5 GV.

Reicht das Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den Fehlbetrag nach dem Verhältnis aufzukommen, nach welchem sie den Verlust zu tragen haben. Kann von einem Gesellschafter der auf ihn entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so haben die übrigen Gesellschafter den Ausfall nach dem gleichen Verhältnis zu tragen.