Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2007 - III ZR 279/06

bei uns veröffentlicht am22.11.2007
vorgehend
Landgericht Berlin, 12 O 153/04, 20.12.2004
Kammergericht, 21 U 25/05, 06.10.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL und VERSÄUMNISURTEIL
III ZR 279/06
Verkündet am:
22. November 2007
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter
Dr. Kapsa, Dr. Herrmann, Wöstmann und Harsdorf-Gebhardt

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 6. Oktober 2006 aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20. Dezember 2004 - 12 O 153/04 - teilweise abgeändert , insoweit neu gefasst und die weitergehende Berufung der Beklagten teilweise zurückgewiesen: Die Beklagten werden unter teilweiser Abweisung der Klage verurteilt , an den Kläger wie Gesamtschuldner 28.222,83 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Februar 2004 zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung der Darlehensforderung des Klägers gegen C. K. , H. -Straße 3, …… B. , in Höhe von 28.222,83 €.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger ist Darlehensgläubiger des Filmproduzenten K. . Dieser war Versicherungsnehmer bei der H. Versicherungs AG, bei der er mehrere Lebensversicherungsverträge abgeschlossen hatte. Die daraus resultierenden Ansprüche waren 1998 zur Absicherung von Krediten an die D. AG abgetreten worden. Im Oktober 1999 schloss K. mit der Beklagten zu 1, deren "Geschäftsführer" der Beklagte zu 2 ist, einen Darlehensvertrag über 210.000 DM zuzüglich Zinsen zur teilweisen Ablösung der Kredite bei der D. AG. Der Beklagten zu 1 räumte er als Sicherheit ein Pfandrecht an den Rückkaufswerten der von ihm gehaltenen Lebensversicherungsverträge ein. Im Zuge der Ablösung der bei der D. AG bestehenden Kredite trat diese die ihr zur Sicherheit übertragenen Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen des K. an die A. und S. Vermögensverwaltung GbR, ebenfalls vertreten durch den Beklagten zu 2, ab. Die Abtretung wurde der H. Versicherungs AG angezeigt. Wirtschaftlich berechtigt aus der Abtretung sollte die Beklagte zu 1 sein.
2
Im Dezember 1999 vereinbarte der Kläger mit K. zur Absicherung seiner an diesen gewährten Darlehen, dass K. seine Rückgewähransprüche aus der Sicherungsvereinbarung gegen den Beklagten zu 2 hinsichtlich der Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen einschließlich der Ansprüche auf Auskehrung des Übererlöses bei Fälligkeit oder im Verwertungsfall an den Kläger abtrete. Dem Beklagten zu 2 wurde die nachrangige Abtretung an den Kläger angezeigt mit der Bitte, diese vorzumerken, den Kläger von Störungen im Versicherungsverhältnis oder der Geltendmachung von Ansprüchen Dritter zu unterrichten und zusätzlich die Versicherung treuhänderisch auch für den Kläger zu halten. Im Januar 2000 bestätigte der Beklagte zu 2, dass die Beklagte zu 1 Abtretungsgläubigerin der Rückkaufswerte der Lebensversicherungen des K. sei, welche als Sicherheit für das Darlehen in Höhe von 210.000 DM zuzüglich Zinsen dienten. Er bestätigte weiter, dass die Beklagte zu 1 die nachrangige Abtretung an den Kläger vorgemerkt habe, diesen von Störungen der Versicherungsverhältnisse informieren und die Police im Übrigen auch für ihn treuhänderisch halten werde, bis die Darlehens- bzw. Versicherungsverhältnisse abgewickelt seien. Der Beklagte zu 2 - so die Feststellung des Landgerichts - oder - so die Darstellung der Beklagten im Berufungsverfahren - die Beklagte zu 1 hatte K. im Oktober 1999 ein weiteres Darlehen über 80.000 DM gewährt. Im Oktober 2001 wurde dieses Darlehen einschließlich der Zinsen zur Rückzahlung fällig gestellt. K. kündigte daraufhin einen seiner Lebensversicherungsverträge. Dem stimmte der Beklagte zu 2 als Geschäftsführer der A. und S. Vermögensverwaltung GbR als Abtretungsgläubigerin zu. Daraufhin wurde die Versicherungssumme in Höhe von 56.153,35 € an K. ausgezahlt. Im Oktober 2002 wurden auch die verbleibenden Versicherungsverträge ausbezahlt. Die Beklagte zu 1 erhielt insgesamt 158.517,75 €, wovon sie ihre Darlehensforderung einschließlich Zinsen sowie ein kurzfristiges Darlehen an K. aus 2002 in Höhe von 5.000 € in Abzug brachte und den Rest in Höhe von 23.222,83 € an K. auszahlte. Der Kläger verlangt von den Beklagten Ersatz für die nach seiner Auffassung zu Unrecht in Abzug gebrachten bzw. an K. ausbezahlten Beträge in Höhe von 84.376,18 €.
3
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe


4
Über die Revision ist, soweit sie nicht zurückgewiesen wird, auf Antrag des Klägers durch Versäumnisurteil zu entscheiden, da die Beklagten trotz ordnungsgemäßer Ladung in der Revisionsverhandlung nicht vertreten waren. Das Urteil ist jedoch keine Folge der Säumnis, sondern beruht auf einer Sachprüfung (vgl. BGHZ 37, 79, 81 f).

I.


5
Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagten nicht in eine Rechtsposition des Klägers eingegriffen hätten. Dieser habe keinen Anspruch auf Auskehrung des Übererlöses durch die Vereinbarung mit K. erlangt. Die schriftliche Abtretungsvereinbarung zwischen dem Kläger und K. ergebe lediglich, dass letzterer dem Kläger seine Rückgewähransprüche hinsichtlich der Lebensversicherungen gegen den Beklagten zu 2 abgetreten habe. Diesem hätten die Ansprüche jedoch zu keinem Zeitpunkt zugestanden. Vielmehr sei die Beklagte zu 1 Inhaberin oder jedenfalls Pfandrechtsgläubigerin dieser Sicherungsansprüche geworden. Demzufolge sei die Abtretung zwischen dem Kläger und K. ins Leere gegangen. Eine Auslegung dahin, dass der Kläger Inhaber der Forderung des K. gegen die Beklagte zu 1 geworden sei, verbiete sich angesichts des klaren Wortlauts der Vereinbarung. Nach geltendem Recht müsse bei einer Abtretung die abgetretene Forderung konkret bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein. Die Beklagten müssten sich auch nicht so behandeln lassen, als wäre der Kläger Inhaber des Anspruchs auf Übererlös geworden. Sie seien an der Abtretungserklärung nicht beteiligt gewesen. Ein kollusives Verhalten des K. und des Beklagten zu 2 sei nicht er- sichtlich. Durch Abschluss des Treuhandvertrages ohne Hinweis auf die Sicherheitsproblematik hätten die Beklagten entgegen der Ansicht des Klägers diesem auch nicht selbst eine wirksame Sicherheit bestellt.

II.


6
Die Revision ist im Wesentlichen begründet.
7
1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung lassen sich die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht verneinen. Die vom Berufungsgericht vorgenommene, allein am Wortlaut haftende Auslegung der Vertragsurkunde , wonach nur - nicht bestehende und daher keinen Vermögenswert darstellende - Ansprüche des K. gegen den Beklagten zu 2 abgetreten worden seien, hält den Angriffen der Revision nicht stand. Vielmehr sollten nach dem Willen aller Beteiligten die K. gegen die Beklagte zu 1 zustehenden Rückgewähransprüche abgetreten werden. Diese Auslegung kann, da insoweit weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, der Senat selbst vornehmen (vgl. BGHZ 124, 39, 45).
8
a) Die Auslegung des Vertrages zwischen dem Kläger und K. durch das Berufungsgericht ist im Revisionsverfahren nur beschränkt und nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet hat (st. Rspr. Senatsurteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05 - NJW 2006, 3777). Zu den anerkannten Auslegungsregeln gehört, dass der Tatrichter alle für die Auslegung erheblichen Umstände umfassend gewürdigt sowie seine Erwägungen in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar dargelegt hat. Außerdem gehört dazu der Grundsatz einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung, durch die eine Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen ist (BGH, Urteil vom 29. März 2000 - VIII ZR 297/98 - NJW 2000, 2508, 2509 f m.w.N.).
9
Im vorliegenden Fall ist die Auslegung des Berufungsgerichts rechtsfehlerhaft , da es diese Auslegungsgrundsätze und maßgeblich in den Blick zu nehmenden unstreitigen Sachvortrag nicht beachtet hat.
10
b) Ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung bildet keine Grenze für die Auslegung anhand der Gesamtumstände (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - NJW 2002, 1260, 1261; BGHZ 86, 41, 46), besonders wenn sie - wie im vorliegenden Fall - nicht formbedürftig ist, auch wenn die Parteien die Schriftform gewählt haben (einschränkend für formbedürftige Erklärungen BGHZ 86, 41, 47; 80, 242, 245: Wille muss hinreichende Stütze im Wortlaut haben).
11
Insbesondere finden die Regeln zur rechtlichen Behandlung einer Falschbezeichnung (falsa demonstratio) dann Anwendung, wenn die Beteiligten den Gegenstand ihrer Einigung versehentlich unrichtig bezeichnet haben (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 2001 - V ZR 65/01 - NJW 2002, 1038, 1039). Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden , so geht der wirkliche Wille der Erklärenden dem Wortlaut vor (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2001 aaO). Zwar besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommene Urkunde die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit. Gleichwohl kann eine Partei sich auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände berufen und den Nachweis führen, dass ein vom Urkundstext abweichender und übereinstimmender Wille vorgelegen hat, der für den Inhalt des Rechtsgeschäfts maßgeblich ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 - NJW 2002, 3164 f).
12
c) Die unstreitigen Umstände bei der Abfassung der Vertragsurkunde durch den Kläger und K. sowie das anschließende Verhalten der Beklagten belegen, dass in der Urkunde nur versehentlich der Beklagte zu 2 als Inhaber der Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen und nicht die Beklagte zu 1 genannt wird.
13
Dabei ist maßgeblich, dass die Interessen des Klägers und des K. dahin gingen, eine wirksame Abtretung zu vereinbaren. Dies war nur möglich durch die Abtretung der Rückgewähransprüche gegenüber der Beklagten zu 1 und nicht solche nicht existenten gegen den Beklagten zu 2. Des weiteren war durch die Bezeichnung des Darlehens, das durch die vorangegangene Abtretung an die Beklagte zu 1 gesichert wurde, deutlich, dass nach Erledigung genau dieser Darlehensforderung der Kläger gesichert werden sollte. Dieses Darlehen stand aber nur der Beklagten zu 1 und nicht dem Beklagten zu 2 zu. Darüber hinaus ist der Beklagte zu 2 der Vertreter der Beklagten zu 1 und hat für sie den Darlehensvertrag der Beklagten zu 1 mit K. als Geschäftsführer unterzeichnet. Es liegt nahe, dass K. wegen der Namensähnlichkeit zwischen dem Beklagten zu 2 und der Beklagten zu 1, die den Nachnamen des Beklagten zu 2 in ihrem Namen führt, schlicht ein Fehler bei dem Abfassen der Vertragsurkunde unterlaufen ist und tatsächlich die Beklagte zu 1 gemeint war. Auch die Beklagten gingen offensichtlich von einem Versehen aus und haben in dem Schreiben vom 18. Januar 2000 die Abtretungsgläubigerschaft der Beklagten zu 1 hinsichtlich der Rückkaufswerte der Lebensversicherungen und die Treuhandvereinbarung bestätigt. Dies hätte keinen Sinn gemacht, wenn sie da- von ausgegangen wären, es seien nur nicht existente Ansprüche gegen den Beklagten zu 2 an den Kläger abgetreten worden.
14
Diesem Auslegungsergebnis steht auch nicht entgegen, dass bei einer Abtretung die abgetretene Forderung konkret bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein muss. Die von K. an den Kläger abgetretenen Forderungen sind nach dieser Auslegung nach Parteien und Schuldgrund bestimmt.
15
Die vom Berufungsgericht weiter angeführten Gründe der Rechtssicherheit , die einer Auslegung gegen den Wortlaut entgegenstünden, liegen nicht vor. Allein von Bedeutung könnten solche Gründe sein, die im Verhältnis zwischen dem Kläger und K. wurzeln, denn es geht um die Frage, ob dem Kläger durch die Abtretungsvereinbarung eine vermögenswerte Position erwachsen und diese durch eine Verletzung der Pflichten aus dem Treuhandverhältnis beeinträchtigt worden ist. Im Verhältnis zwischen dem Kläger und K. ist nicht erkennbar, inwieweit durch eine Auslegung, die dem wirklichen Willen der Vertragsparteien Geltung verschafft, die Rechtssicherheit beeinträchtigt werden könnte.
16
2. Dem Kläger steht im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ein Schadensersatzanspruch gegen beide Beklagten zu. In Höhe von 28.222,83 € ist der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Verurteilung zur Zahlung erfolgt allerdings nur - und insoweit hat die Berufung Erfolg - Zug um Zug gegen (anteilige) Abtretung der dem Kläger gegen K. zustehenden Darlehensforderung.
17
a) Gegenüber der Beklagten zu 1 ergibt sich der Zahlungsanspruch aus der Verletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Treuhandvertrags.

18
aa) Zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 ist, wovon im Ansatz auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, aufgrund der Schreiben vom 29. Dezember 1999 und vom 18. Januar 2000 ein Treuhandvertrag zustande gekommen. Danach hatte die Beklagte zu 1 sich verpflichtet, den Kläger von Störungen der Versicherungsverhältnisse zu informieren und die Versicherungspolicen auch für ihn treuhänderisch zu halten, bis die Darlehens- bzw. Versicherungsverhältnisse abgewickelt sind.
19
Die von den Beklagten erklärte Anfechtung des Treuhandauftrags greift unbeschadet weiterer Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der Anfechtungsfrist nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB schon deshalb nicht durch, weil ein Irrtum der Beklagten hinsichtlich des Treuhandvertrages nicht erkennbar ist.
20
Der nunmehr erklärte "Rücktritt" vom Treuhandvertrag, der allenfalls als eine Kündigung nach § 671 Abs. 1 BGB verstanden werden kann, ist ohne Auswirkung auf den bereits zuvor entstandenen Schadensersatzanspruch des Klägers.
21
bb) Die Beklagte zu 1 hat Ihre Pflichten aus dem Treuhandvertrag mit dem Kläger verletzt.
22
Zum einen hat sie die Auszahlung der Versicherungssumme in Höhe von 23.222,83 € an K. vorgenommen, obwohl sie aufgrund der Treuhandabrede mit dem Kläger diesen von Störungen im Versicherungsverhältnis informieren und für ihn die Versicherungspolicen treuhänderisch halten musste. Sie hätte diese Summe nicht ohne Rücksprache mit dem Kläger, in welcher Höhe er wegen seiner Forderungen Rechte an der Versicherungsleistung geltend mache , an K. auszahlen dürfen.
23
Zum anderen hat sie die erst zeitlich später und damit den Ansprüchen des Klägers aus seiner Sicherungsabrede mit K. nachrangige Darlehensforderung über 5.000 € mit den Versicherungsleistungen für K. verrechnet. Die in der Berufung erhobene Behauptung, die Darlehensforderung sei vorrangig vor den Ansprüchen des Klägers mit den Ansprüchen des K. aus den Lebensversicherungsverträgen abgesichert worden, ist widersprüchlich und deshalb unbeachtlich. In der eigenen Abrechnung hat die Beklagte zu 1 den Zeitpunkt der Darlehensgewährung mit 2002 angegeben. Dann konnte sie nicht vorrangig vor den zeitlich früher begründeten Ansprüchen des Klägers gesichert werden.
24
Die Auffassung der Beklagten, der Treuhandauftrag habe lediglich beinhaltet , den Kläger vor Störungen der Versicherungsverträge durch Dritte zu schützen, ist unzutreffend. Der zwischen den Parteien geschlossene Treuhandvertrag beinhaltete nach Sinn und Zweck auch und gerade den Schutz des Klägers davor, dass die Versicherungsleistungen an K. selbst ausbezahlt werden, obschon dem Kläger diesbezüglich ein Befriedigungsrecht zustand.
25
Für cc) die in Kenntnis der Abreden aller Beteiligen vorgenommene pflichtwidrige und schuldhafte Verletzung des Treuhandvertrages durch ihren Vertreter, den Beklagten zu 2, muss die Beklagte zu 1 einstehen (§ 31 BGB).
26
dd) Dem Kläger ist durch die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1 ein Schaden in Höhe von mindestens 28.222,83 € entstanden. In dieser Höhe stand ihm der von der Lebensversicherung ausgezahlte Betrag zu. Aufgrund der Abrede des Klägers mit K. vom 29. Dezember 1999 war er Inhaber der Auszahlungsansprüche gegen die Lebensversicherungsgesellschaft, soweit sie nicht der Tilgung der vorrangig gesicherten Darlehensforderungen der Beklagten zu 1 dienten.
27
Der nicht weiter substanziierte Vortrag der Beklagten zu 1 in der Berufungsinstanz , sie habe ebenfalls keine Rechte an den Lebensversicherungen gehabt, die hätten abgetreten werden können, greift nicht durch. Nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen, an das die Beklagten gebunden sind (§§ 288, 290, 535 ZPO), war die A. und S. GbR nicht Inhaberin der Ansprüche aus den Lebensversicherungen des K. . Vielmehr hat sie diese weiter "im Zuge der Pfandrechtsbestellung" abgetreten an die Beklagte zu 1, was der Lebensversicherungsgesellschaft gegenüber jedoch nicht angezeigt wurde. Wirtschaftlich berechtigt sollte jedenfalls nur die Beklagte zu 1 sein.
28
b) Die Haftung des Beklagten zu 2 für die Forderung des Klägers gegen die Beklagte zu 1 folgt daraus, dass er als Gesellschafter der Beklagten zu 1 zu behandeln ist (§ 128 HGB entsprechend; vgl. BGHZ 146, 341, 358).
29
Der Beklagte zu 2 bestreitet zwar seine Gesellschafterstellung. Dies ist jedoch unerheblich, denn der Beklagte zu 2 muss sich jedenfalls nach den Grundsätzen der Rechtsscheinhaftung so behandeln lassen, als sei er Gesellschafter.
30
Der Beklagte zu 2 ist nach den Feststellungen des Landgerichts, denen die Beklagten in der Berufungsinstanz nicht entgegengetreten sind, als alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1 aufgetreten. Da aber nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft nicht alle Gesellschafter von der Geschäftsführung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgeschlossen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 1981 - II ZR 203/80 - NJW 1982, 1918), musste für den Rechtsverkehr der Eindruck entstehen, der Beklagte zu 2 sei auch Gesellschafter der Beklagten zu 1. An diesem von ihm gesetzten Rechtsschein muss sich der Beklagte zu 2 festhalten lassen (vgl. BGHZ 146, 341, 359 f).
31
3. Soweit der Kläger Schadensersatz in Höhe weiterer 56.135,35 € verlangt , ist der Rechtsstreit noch nicht entscheidungsreif und deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
32
a) Bezüglich dieses Betrages hat die Beklagte zu 1 einer Auszahlung durch die Lebensversicherungsgesellschaft an K. zugestimmt, obwohl der Kläger mit seiner Forderung noch nicht befriedigt war. In der Berufungsinstanz ist jedoch von den Beklagten vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass das zeitlich vor der zwischen dem Kläger und K. getroffenen Sicherungsabtretungsvereinbarung gewährte Darlehen in Höhe von 80.000 DM nebst Zinsen ebenfalls durch die Ansprüche aus den Lebensversicherungsverträgen gesichert werden sollte. Sollte dieses Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen sein - worüber allein das Berufungsgericht zu befinden hat (vgl. BGHZ 166, 227, 230 Rn. 12 ff) - und sollte sich bejahendenfalls herausstellen, dass auch die Ansprüche aus diesem Darlehen vorrangig vor den Forderungen des Klägers gesichert werden sollten und die von der Lebensversicherungsgesellschaft an K. ausgezahlten Beträge zur Tilgung dieses Darlehens eingesetzt worden sind, wäre dem Kläger insoweit kein Schaden entstanden.
33
Dass b) die Zustimmung gegenüber der Lebensversicherungsgesellschaft zur Auszahlung der Beträge an K. seitens des Beklagten zu 2 als Vertreter der A. und S. GbR erfolgte und nicht ausdrücklich für die Beklagte zu 1, ist unerheblich. Im Verhältnis zur A. und S. GbR war allein die Beklagte zu 1 wirtschaftlich berechtigt. Da der Beklagte zu 2 die internen Verhältnisse sowohl der Beklagten zu 1 als auch der A. und S. GbR kannte und wusste, dass tatsächlich die Beklagte zu 1 Inhaberin der Ansprüche aus den Lebensversicherungen zur Sicherung ihrer Darlehensansprüche gegen K. war, hätte er in seiner Eigenschaft als "Geschäftsführer" der Beklagten zu 1 aufgrund der zwischen der Beklagten zu 1 und dem Kläger bestehenden Treuhandvereinbarung einer Auszahlung an K. entgegentreten müssen.
Schlick Kapsa Herrmann
Wöstmann Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 20.12.2004 - 12 O 153/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 06.10.2006 - 21 U 25/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2007 - III ZR 279/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2007 - III ZR 279/06

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Handelsgesetzbuch - HGB | § 128


Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 31 Haftung des Vereins für Organe


Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 121 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2007 - III ZR 279/06 zitiert 9 §§.

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(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rech

Zivilprozessordnung - ZPO | § 288 Gerichtliches Geständnis


(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind. (

Zivilprozessordnung - ZPO | § 290 Widerruf des Geständnisses


Der Widerruf hat auf die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses nur dann Einfluss, wenn die widerrufende Partei beweist, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei. In diesem Fall verliert das Geständ

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 671 Widerruf; Kündigung


(1) Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden. (2) Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, dass der Auftraggeber für die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen ka

Zivilprozessordnung - ZPO | § 535 Gerichtliches Geständnis


Das im ersten Rechtszuge abgelegte gerichtliche Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2007 - III ZR 279/06 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2007 - III ZR 279/06 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2002 - V ZR 143/01

bei uns veröffentlicht am 05.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 143/01 Verkündet am: 5. Juli 2002 K a n i k Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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bei uns veröffentlicht am 07.12.2001

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 281/99 Verkündet am: 19. Dezember 2001 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Okt. 2006 - III ZR 166/05

bei uns veröffentlicht am 05.10.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 166/05 Verkündet am: 5. Oktober 2006 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 133 (B); BG

Referenzen

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 166/05
Verkündet am:
5. Oktober 2006
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für die Auslegung einer Willenserklärung sind nur solche Umstände
heranzuziehen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar
waren.

b) Zu den Voraussetzungen für das Zustandekommen eines Treuhandvertrags
, wenn der Kaufpreis vor Lieferung der Sache vereinbarungsgemäß
auf das Fremdgeldkonto eines Dritten gezahlt wird.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - III ZR 166/05 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Dörr und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 4. Juli 2005 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 7. März 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelzüge hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung von 39.200 € in Anspruch , die er als Käufer im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Erwerb eines Kraftfahrzeuges auf ein Treuhandkonto der Beklagten, einer Steuerberaterin , leistete.
2
Die Beklagte schloss am 20. November 2003 mit der S. AG i.G. (im Folgenden S. ) einen Treuhandvertrag. Die Beklagte übernahm darin die Pflicht, ein Fremdgeldkonto einzurichten, auf das Gelder von Kunden der S. aus Fahrzeugverkäufen eingehen sollten. In § 1 Abs. 2 des Treuhandvertrags war auf ein Kaufvertragsmuster der S. Bezug genommen, das die Beklagte bereits in den Vertragsverhandlungen erhalten hatte. Dessen § 2 lautet auszugsweise : "a) Der Kaufpreis und Preise für Nebenleistungen sind bei Abschluß des Vertrages gemäß § 1a) zahlbar und fällig auf ein dem Käufer vom Verkäufer im Kaufvertrag benanntes Konto bei einer Deutschen Bank oder Sparkasse, welches zur Absicherung des Käufers durch eine Vermögens-Schadenshaftpflicht versichert ist."
3
Nach § 2 Abs. 1 des Treuhandvertrags hatte die Beklagte mit dem Treugut ausschließlich nach Weisung und Interesse der S. zu verfahren.
4
Im Dezember 2003 wurde ihr mitgeteilt, dass auf dem Anderkonto auch der Eingang von Geldern der Kunden eines O. M. zu erwarten sei, der für die S. Autoverkäufe vermittele.
5
M. und der Kläger schlossen am 20./22. Januar 2004 einen Kaufvertrag über ein Kraftfahrzeug. Hierfür wurde nicht das oben erwähnte Vertragsmuster verwendet. M. trat überdies in eigenem Namen auf. Von dem Kaufpreis sollte er 2.500 € unmittelbar erhalten. Der verbleibende Teil in Höhe von 39.200 € sollte auf ein Treuhandkonto geleistet werden, zu dem es in § 4.3 des Kaufvertrags hieß: "Die Restzahlung wird nach Einzahlung auf dem Treuhandkonto durch eine Vermögensschadens-Haftpflichtversicherung versichert."
6
Des weiteren wurde in § 4.5 des Kaufvertrags bezüglich des Treuhandkontos auf ein "Annahmeprotokoll" Bezug genommen, in dem dieses Konto näher bezeichnet und als Treuhänderin die Beklagte angegeben wurde.
7
Der Kläger leistete die 39.200 € auf das inzwischen von der Beklagten eingerichtete Fremdgeldkonto. Die Beklagte macht geltend, die Summe auf Weisung der S. sodann an eine Autohaus S. KG überwiesen zu haben. Zur Lieferung des gekauften Fahrzeugs an den Kläger kam es nicht.
8
Das Landgericht hat der auf Ersatz des an die Beklagte gezahlten Betrages gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


9
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

I.


10
Nach Auffassung des Berufungsgerichts besteht zwischen den Parteien kein Treuhandvertrag, aufgrund dessen die Beklagte zur Rückgewähr des auf ihr Anderkonto eingezahlten Betrages verpflichtet ist. Die Parteien hätten in der ersten Instanz übereinstimmend vorgetragen, zwischen ihnen bestünden keine vertraglichen Beziehungen. Überdies habe der Kläger mit seiner Zahlung ledig- lich seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber M. nachkommen wollen. Er habe deshalb keine Erklärung abgegeben, die auf Abschluss eines Treuhandvertrags mit der Beklagten gerichtet gewesen sei. Auch die Beklagte habe keine entsprechende Willenserklärung abgegeben. Sie habe mit der Entgegennahme des Kaufpreises lediglich eine Verpflichtung aus dem mit der S. geschlossenen Treuhandvertrag erfüllt. Für sie sei nicht erkennbar gewesen , dass ihrem Handeln der Charakter einer Willenserklärung im Verhältnis zum Kläger habe zukommen können. Der Abschluss eines weiteren Treuhandvertrags mit dem Kläger wäre mit den Verpflichtungen gegenüber der S. unvereinbar gewesen und hätte Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können. Es sei auszuschließen, dass die rechtlich beratene Beklagte angesichts dieser Risiken bereit gewesen sei, mit dem Kläger zusätzlich einen unentgeltlichen Treuhandvertrag zu schließen.
11
Weitere Anspruchsgrundlagen hat das Berufungsgericht geprüft und gleichfalls verneint.

II.


12
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Höhe der als Kaufpreis eingezahlten 39.200 €. Zwischen den Parteien kam ein Treuhandvertrag zustande, aufgrund dessen die Beklagte die ihr überlassenen 39.200 € nicht ohne weiteres an einen Dritten hätte weiterreichen dürfen. Die Wertung des Berufungsgerichts, die Handlungen der Parteien seien nicht als auf den Abschluss eines Treuhandvertrages gerichtete Willenserklärungen anzusehen, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Da weitere Feststellungen zugunsten der Beklagten nicht zu erwar- ten sind, kann der Senat die Erklärungen der Parteien selbst auslegen (vgl. Senatsurteil vom 2. Februar 2006 - III ZR 61/05 - WM 2006, 871, 872; BGHZ 121, 284, 289 jew. m.w.N.)
13
1. Zwar ist die Auslegung individualvertraglicher Erklärungen im Grundsatz dem Tatrichter vorbehalten. Sie ist jedoch für das Revisionsgericht nicht bindend , wenn sie gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt (st. Rspr. z.B.: Senatsurteil vom 2. Februar 2006 aaO). Auch unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabes sind die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht frei von Rechtsfehlern.
14
2. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen, deren Einhaltung das Revisionsgericht nachzuprüfen hat, gehört insbesondere, dass der Tatrichter von ihm selbst festgestellte wesentliche Tatsachen bei der Auslegung gebührend berücksichtigt (z.B.: BGHZ 24, 39, 41; Zöller/Gummer, ZPO, 25. Aufl., § 546 Rn. 9). Soweit das Berufungsgericht meint, der Kläger habe mit seiner Einzahlung auf das Fremdgeldkonto der Beklagten keine auf den Abschluss eines Treuhandvertrags gerichtete Willenserklärung abgegeben, da er lediglich seiner Verpflichtung aus dem Kaufvertrag mit M. habe nachkommen wollen, hat es die vom ihm festgestellten Inhalte des Fahrzeugkaufvertrags nebst Annahmeprotokoll, des zwischen der S. und der Beklagten geschlossenen Treuhandvertrags sowie des darin in Bezug genommenen Musterkaufvertrags nicht hinreichend berücksichtigt. Werden diese Verträge vollständig in die Wertung einbezogen, stellt sich die Zahlung des Klägers als auf den Abschluss eines Treuhandvertrags mit der Beklagten gerichtete Willenserklärung dar.
15
a) Das Konto, auf das der Kläger den Großteil des Kaufpreises zu zahlen hatte, war in dem Kaufvertrag mit M. als mit einer Vermögenshaftpflichtversicherung versehenes Treuhandkonto bezeichnet. Der Kläger konnte deshalb die Erwartung haben, die von ihm eingezahlten Gelder würden von einer neutralen Person verwahrt, um die mit der Vorleistung des Kaufpreises verbundenen Risiken auszugleichen.
16
b) Diese - der Interessenlage entsprechende - Erwartung der Käuferseite war für die Beklagte bei objektiver Betrachtung erkennbar. Die Hintergründe und die Interessenlage derjenigen, die Einzahlungen auf ihr Fremdgeldkonto vornahmen, ergaben sich für sie aus dem mit der S. geschlossenen Treuhandvertrag. In diesem war der Hinweis auf die Herkunft der zu verwahrenden Gelder aus Fahrzeugkaufverträgen enthalten. Überdies wurde auf den - der Beklagten bereits aus den Vorgesprächen bekannten - Text des Musterkaufvertrags Bezug genommen (§ 1 Abs. 2 des Treuhandvertrags). Zwar waren dessen Bedingungen mit denen des zwischen dem Kläger und M. geschlossenen Kaufvertrags nicht identisch. In dem für die Beklagte entscheidenden Punkt hatten die Verträge jedoch im Wesentlichen den gleichen Inhalt. Dem Musterkaufvertrag war gleichfalls zu entnehmen, dass die auf dem von der Beklagten unterhaltenen Treuhandkonto eingehenden Gelder von Autokäufern stammten. Ferner ging aus ihm hervor, dass die Käufer mit ihren Zahlungen gegenüber dem Verkäufer eine Vorleistung erbrachten. Weiter war in § 2 a) des Musterkaufvertrags bestimmt, dass der Kaufpreis auf ein Konto zu zahlen war, das "zur Absicherung des Käufers" mit einer "Vermögensschadenhaftpflicht" versichert war. Auch wenn - anders als in dem zwischen dem Kläger und M. geschlossenen Vertrag - im Musterkaufvertrag der Begriff Treuhandkonto nicht verwendet wurde, musste der Beklagten aufgrund der Tatsache, dass die Käufer zwar vorleisteten, jedoch nicht an den Verkäufer, sondern an einen Dritten zahlten, und aufgrund der Wendung "welches zur Absicherung des Käufers durch eine Vermögens-Schadenshaftpflicht versichert ist" klar sein, dass die Fahrzeugkäufer bei Einzahlung der Kaufpreise auf das von ihr unterhaltene Treuhandkonto den Eindruck haben durften, sie verwahre die ihr überlassenen Gelder als neutrale Dritte auch zur Sicherung der Käuferinteressen.
17
c) Hieraus ergibt sich, dass die Beklagte bei objektiver Betrachtung die Zahlung des Klägers als schlüssigen Antrag auffassen musste, mit ihr zur Sicherung des Leistungsaustausches der Kaufvertragsparteien einen Treuhandvertrag zu schließen, der auch seinen Interessen als Käufer dienen sollte, wobei es eine unerhebliche Abweichung darstellte, ob die Kunden des M. mit diesem selbst oder mit der S. den Kaufvertrag schlossen. Die Zahlung des Klägers war auf dem Hintergrund der der Beklagten bekannten Angaben gegenüber den Autokäufern mit der erkennbaren konkludenten Erklärung verbunden , sich in den Schutz eines Treuhandverhältnisses begeben zu wollen, auch wenn es an einem ausdrücklichen Vorbehalt und einer konkreten Weisung, unter welchen Voraussetzungen auszuzahlen war, fehlte. Aus den Umständen ergab sich, dass die Leistung auf das Treuhandkonto der Beklagten der Sicherung des Klägers vor den mit seiner Vorleistung verbundenen Risiken diente. Hieraus folgt, dass im - hier eingetretenen - Fall, dass das Fahrzeug nicht geliefert wurde, die Rückzahlung des Kaufpreises an den Kläger gewährleistet werden sollte, und zwar entweder von der Treuhänderin selbst, jedenfalls aber (wirtschaftlich) durch die hinter ihr stehende Haftpflichtversicherung.
18
3. Gleichfalls auf einem revisionsrechtlich beachtlichen Auslegungsfehler beruht die Erwägung des Berufungsgerichts, die Annahme eines solchen Angebots durch die Beklagte sei auszuschließen, weil sie sich ansonsten in Widerspruch zu dem mit der S. geschlossenen Vertrag gesetzt hätte und dies nicht ihrem Willen habe entsprechen können. Für die Auslegung sind nur solche Umstände heranzuziehen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren (Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, § 133 Rn. 23 m.w.N.; Palandt /Heinrichs, BGB, 65. Aufl., § 133 Rn. 9, 15). Der zwischen der S. und der Beklagten geschlossene Vertrag war jedoch, wie sie selbst vorgetragen hat, den Käufern nicht bekannt. Er ist deshalb bei der Auslegung nicht zu berücksichtigen. Die Verwahrung des Geldes auf dem Treuhandkonto ist in diesem Fall, sofern nicht schon die unterlassene Zurückweisung des Betrags als schlüssige Annahmeerklärung zu werten ist, jedenfalls als Annahme des Vertragsangebots ohne Erklärung gemäß § 151 Satz 1 BGB aufzufassen. In dieser Handlung der Beklagten ist das für die Annahme ohne Erklärung erforderliche als Willensbetätigung zu wertende, nach außen hervortretende Verhalten des Angebotsempfängers, aus dem sich dessen Annahmewille unzweideutig ergibt (vgl. z.B.: Senatsurteil BGHZ 160, 393, 396 f; BGHZ 111, 97, 101; BGH, Urteile vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 101/02 - NJW 2004, 287, 288 und vom 12. Oktober 1999 - XI ZR 24/99 - NJW 2000, 276, 277), enthalten.
19
Sollte die Beklagte bei der vorbehaltlosen Verwahrung des vom Kläger eingezahlten Geldes kein Erklärungsbewusstsein gehabt haben - etwa weil sie die Leistung des Klägers nicht als Angebot zum Abschluss eines Treuhandvertrags verstanden hat oder weil sie, wie das Berufungsgericht angenommen hat, sich nicht in Widerspruch zu dem mit der S. geschlossenen Treuhandvertrag setzen wollte -, hülfe ihr dies nichts. Sie müsste sich ihr Verhalten als Angebotsannahme zurechnen lassen, da es sich für den Kläger als Ausdruck eines bestimmten Rechtsfolgewillens darstellte und sie bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass ihre Handlung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Annahme aufgefasst werden durfte (vgl. BGHZ 109, 171, 177).
20
4. Nicht rechtsfehlerfrei ist schließlich auch die Erwägung des Berufungsgerichts , das Zustandekommen eines Treuhandvertrags zwischen den Parteien sei - unabhängig vom objektiven Erklärungssinn ihrer Handlungen - auch deshalb auszuschließen, weil beide Seiten in der ersten Instanz übereinstimmend vorgetragen hätten, zwischen ihnen bestünden keine vertraglichen Beziehungen , und dies auch den Vortrag des Fehlens der tatsächlichen Voraussetzungen eines Vertragsschlusses beinhalte. Soweit im ersten Rechtszug davon gesprochen worden ist, zwischen den Parteien habe kein Vertragsverhältnis bestanden , hat es sich lediglich um eine das Gericht nicht bindende Äußerung einer Rechtsansicht gehandelt. Tatsachen, die diese Auffassung zu untermauern vermochten, hat der Kläger hingegen auch in erster Instanz nicht vorgebracht. Vielmehr hat er im Kern vorgetragen, dass er seine Zahlung bewusst und gewollt auf das Treuhandkonto der Beklagten in der Erwartung geleistet habe, sein Geld sei dort auch in dem Fall, dass das Fahrzeug nicht geliefert werde, sicher.
21
5. Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), so dass der Senat selbst abschließend über die Klage befinden kann.
Schlick Wurm Streck
Dörr Herrmann
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 07.03.2005 - 2 O 1786/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 04.07.2005 - 15 U 26/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 281/99 Verkündet am:
19. Dezember 2001
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGB §§ 133 B, 157 D
Zu den Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2001 - XII ZR 281/99 - KG Berlin
LG Berlin
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2001 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die
Richter Gerber, Prof. Dr. Wagenitz, Fuchs und Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. September 1999 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Das beklagte Land Berlin (im folgenden: der Beklagte) faßte 1992 den Entschluß, auf einer als "L. II" bezeichneten Fläche in B. ein Bauabfall-Recycling-Zentrum zu errichten. Es sollte sich um ein sogenanntes Vorzeigeobjekt handeln. Die Klägerinnen, drei Berliner Baugesellschaften , schlossen sich in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen und boten sich dem Beklagten als Investoren und als Träger des geplanten Recycling-Zentrums an. Am 19. Mai 1993 schlossen die Klägerinnen als Mieter und der Beklagte als Vermieter über die
Grundstücke L. II einen schriftlichen Mietvertrag ab. Die Mieter verpflichteten sich unter anderem, alle erforderlichen Bauarbeiten auf eigene Kosten auszuführen (§ 9) und Baumischabfälle anzunehmen und zu sortieren sowie Reststoffe ordnungsgemäû zu entsorgen (§ 3). Der Mietzins sollte - zunächst - eine 1 DM pro Quadratmeter und Monat betragen, auûerdem sollte der Vermieter als "Nutzungsentgelt" 10 % vom Rohertrag des Betreibers erhalten (§ 6). § 1 Abs. 4 lautet: "Der Mieter übernimmt sämtliche Kosten für alle erforderlichen Planungen und Genehmigungen im Falle des positiven Abschlusses." In einer von beiden Parteien unterzeichneten ergänzenden Vereinbarung zum Mietvertrag erläuterten die Parteien, was mit einigen Regelungen des Mietvertrages gemeint sei. Zu § 1 Abs. 4 heiût es, gemeint sei: "Der Vermieter übernimmt alle notwendigen nachgewiesenen Kosten, wenn wider Erwarten die Genehmigungen nicht erteilt werden." Die Klägerinnen haben die erforderlichen Genehmigungsunterlagen erarbeiten lassen und das Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz eingeleitet. Gegen den Plan, auf dem Gelände L. II die Anlage zu errichten, erhoben sich erhebliche Widerstände in der Bevölkerung, über die auch in der Presse berichtet wurde. Auch das zuständige Bezirksamt P. , das an dem Genehmigungsverfahren zu beteiligen war, war gegen diesen Plan. Der Beklagte schlug den Klägerinnen deshalb vor, die Anlage zu veränderten Bedingungen auf dem Gelände L. I zu errichten. Die Kläger beantragten daher am 30. Januar 1995 zunächst das Ruhen des Genehmigungsverfahrens für das Gelände L. II. Mit Schreiben vom 25. August
1995 teilte der Beklagte (Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen) den Klägerinnen mit, es sei "in unserem Hause" entschieden worden, den Standort L. II nicht weiter zu verfolgen und die geplante Anlage statt dessen auf der Fläche L. I zu errichten. Weiter heiût es in diesem Schreiben: "Aus diesem Grunde lösen wir im gegenseitigen Einvernehmen obigen Vertrag ... auf, um einen modifizierten Vertrag hinsichtlich des neuen Standorts ... zu vereinbaren." Die Klägerinnen widersprachen der Auflösung des alten Mietvertrages, weil sie mit verschiedenen Regelungen des vom Beklagten für L. I vorgelegten Vertragsentwurfs nicht einverstanden waren. Die Verhandlungen hierüber scheiterten. Die Klägerinnen nahmen später den Genehmigungsantrag zurück. Mit der vorliegenden Klage verlangen sie die Erstattung der bei ihnen angefallenen Planungskosten. Sie machen geltend, bei der Vertragsverhandlung am 18. Dezember 1992 hätten sie ausdrücklich gefordert, daû ihnen im Falle der Nichtdurchführbarkeit des Vorhabens die Planungskosten erstattet werden müûten. Die Vertreter des Beklagten hätten daraufhin versichert, das Vorhaben könne an dem vorgesehenen Standort unzweifelhaft durchgeführt werden, die Senatsverwaltung für Bauen werde sich gegenüber dem Bezirksamt durchsetzen. Irgendwelche Kosten müûten die Klägerinnen nur selbst tragen , wenn ihnen die erforderlichen Genehmigungen auch erteilt würden. Als Ergebnis dieser Erörterung sei § 1 Abs. 4 in den Mietvertrag aufgenommen worden.
Den Genehmigungsantrag hätten sie zurückgenommen, nachdem die zuständige Genehmigungsbehörde ihnen unmiûverständlich erklärt habe, unter den gegebenen Umständen komme eine Genehmigung nicht in Frage. Das Landgericht hat durch Grundurteil die Klage für dem Grunde nach gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerinnen, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen wollen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 1. Das Berufungsgericht führt aus, nach § 1 Abs. 4 des schriftlichen Mietvertrages hätten die Klägerinnen als Mieter "im Falle des positiven Abschlusses" alle Planungs- und Genehmigungskosten zu tragen. In der schriftlichen Zusatzvereinbarung hätten die Parteien diese Regelung dahin erläutert, daû der Beklagte als Vermieter die entsprechenden Kosten übernehmen müsse , wenn wider Erwarten die Genehmigungen nicht erteilt würden. Der Wortlaut dieser Vereinbarung sei eindeutig und enthalte keine Regelungslücke, deshalb sei er einer ergänzenden Vertragsauslegung nicht zugänglich. Den Klägerinnen sei unstreitig spätestens seit Dezember 1992 - also Monate vor Vertragsschluû - bekannt gewesen, daû Bürgerinitiativen die geplante Anlage verhindern wollten. Das damit verbundene Risiko sei nach dem Vortrag der Klägerin-
nen bei den Vertragsverhandlungen erörtert worden. Dennoch sei in den Vertrag nicht aufgenommen worden, der Beklagte müsse die Planungskosten auch dann tragen, wenn die Verwirklichung des Projekts L. II wegen der Aktivitäten der Bürgerinitiative aus politischen Gründen verhindert werde. Ob das Fehlen einer solchen vertraglichen Regelung auf einer Fehleinschätzung dieses Risikos beruhe - so die Behauptung der Klägerinnen -, sei unerheblich. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob die Vertreter des Beklagten bei den Vertragsverhandlungen - wie von den Klägerinnen behauptet - zur Beruhigung der Klägerinnen die Meinung vertreten hätten, sie - die Klägerinnen - müûten irgendwelche Kosten nur tragen, wenn die erforderlichen Genehmigungen erteilt worden seien. Die Vertragsurkunde habe die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Diese Vermutung könne nur entkräftet werden, wenn der Nachweis erbracht werde, daû die Parteien bei Errichtung der Urkunde eine Nebenabrede getroffen hätten. Daû während der vorausgegangenen Vertragsverhandlungen über einen bestimmten Punkt Einigkeit bestanden habe, sei dazu nicht ausreichend. Eine Verpflichtung des Beklagten, den Klägerinnen die Planungskosten zu ersetzen, würde deshalb nur dann bestehen, wenn die Genehmigung nicht erteilt worden wäre. Über den Genehmigungsantrag sei aber nicht entschieden worden, weil die Klägerinnen das Verfahren nicht weiter betrieben hätten. Dahingestellt bleiben könne auch, ob den Klägerinnen - wie von ihnen behauptet - von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz erklärt worden sei, der gestellte Antrag könne sowieso nicht genehmigt werden. Die Klägerinnen seien verpflichtet gewesen, zunächst einen schriftlichen und begründeten Bescheid abzuwarten und gegen diesen Bescheid notfalls Rechtsmittel einzulegen.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. 2. Die Revision rügt mit Erfolg die Auslegung des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages durch das Berufungsgericht. Zwar unterliegt die Auslegung eines Vertrages als tatrichterliche Würdigung der revisionsgerichtlichen Überprüfung nur darauf, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln , die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder ob sie auf Verfahrensfehlern beruht (st.Rspr. des Bundesgerichtshofs, vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Februar 1992 - X ZR 88/90 - NJW 1992, 1967 m.w.N.). Die Auslegung des Berufungsgerichts verletzt jedoch allgemein anerkannte Auslegungsregeln. Das Berufungsgericht stellt bei seiner Auslegung ausschlieûlich auf den Wortlaut ab, und zwar nicht einmal auf den Wortlaut des Vertrages selbst (§ 1 Abs. 4), der der Auslegung des Berufungsgerichts sogar entgegenstehen könnte, sondern auf den Wortlaut einer schriftlichen Erläuterung, die die Parteien zu dieser Klausel abgegeben haben. Es meint, dieser Wortlaut sei eindeutig und deshalb komme eine weitere Auslegung des Vertrages - auch eine ergänzende Vertragsauslegung - nicht in Betracht. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts verstoûen gegen das sich aus den §§ 133, 157 BGB ergebende Verbot einer sich ausschlieûlich am Wortlaut orientierenden Interpretation. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob der Wortlaut der Erläuterung zu § 1 Abs. 4 des Mietvertrages in Verbindung mit der Vertragsklausel selbst so eindeutig ist, wie das Berufungsgericht annimmt. Auch ein klarer und eindeutiger Wortlaut einer Erklärung bildet keine Grenze für die Auslegung an Hand der Gesamtumstände, und zwar weder bei der einfachen Auslegung noch bei der ergänzenden Auslegung eines lückenhaften Rechts-
geschäfts. Das Berufungsgericht verkennt, daû sich die Feststellung, ob eine Erklärung eindeutig ist oder nicht, erst durch eine alle Umstände berücksichtigende Auslegung treffen läût (BGHZ 86, 41, 47; Soergel/Hefermehl, BGB 12. Aufl. § 133 Rdn. 27, jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht führt weiter aus, die von den Klägerinnen behaupteten Absprachen bei den vorvertraglichen Verhandlungen seien ohne Bedeutung, weil sie keinen Niederschlag in der schriftlichen Vertragsurkunde gefunden hätten und weil eine Vermutung für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde spreche. Dabei übersieht das Berufungsgericht, daû der Inhalt der vorvertraglichen Verhandlungen entscheidende Bedeutung haben kann für die Auslegung eines Vertrages (BGHZ 86 aaO; Bundesarbeitsgericht , Urteil vom 10. Januar 1975 - 3 AZR 70/74 - Der Betrieb 1975, 1368 f.; MünchKommBGB/Mayer-Maly, 3. Aufl. § 133 Rdn. 44 m.N.). Da jedenfalls nicht auszuschlieûen ist, daû das von dem Berufungsgericht gefundene Auslegungsergebnis auf diesen Auslegungsfehlern beruht, kann die Auslegung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben. 3. Der Senat ist nicht in der Lage, die Auslegung selbst vorzunehmen (vgl. hierzu Zöller/Gummer, ZPO 22. Aufl. § 550 Rdn. 10 m.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs), weil die für die Auslegung maûgeblichen Gesamtumstände nicht hinreichend aufgeklärt sind. Der Senat ist deshalb auch nicht in der Lage, selbst abschlieûend zu entscheiden (§ 565 Abs. 3 ZPO). Die Sache muû vielmehr an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, damit es - eventuell nach ergänzendem Vortrag der Parteien - die für die Auslegung notwendigen Feststellungen nachholen kann.

a) Nach § 1 Abs. 4 des Mietvertrages sollten die Klägerinnen die Kosten für alle erforderlichen Planungen und Genehmigungen (nur) tragen "im Falle des positiven Abschlusses". Diese Formulierung würde auf Anhieb dafür sprechen , daû der Beklagte die Planungskosten tragen muû, wenn das Projekt - aus welchen Gründen auch immer - nicht durchgeführt werden kann. In den Erläuterungen zu dieser Bestimmung haben die Parteien aber klargestellt, gemeint sei, daû der Beklagte diese Kosten tragen müsse, wenn wider Erwarten die Genehmigungen nicht erteilt würden. Diese von den Vertragsschlieûenden gegebene Erläuterung der Vertragsklausel kann unterschiedliche Bedeutungen haben. Sie kann einmal lediglich die Klarstellung bedeuten, daû der Beklagte die Planungskosten zu tragen habe, wenn es nicht zu einem "positiven Abschluû" komme und, daû die - von den Parteien unstreitig als einziges ernst zu nehmendes Hindernis für die Durchführung des Projekts angesehene - Verweigerung der Genehmigung einer der Fälle sein sollte, in denen die Planungskosten von dem Beklagten zu übernehmen seien. Für diese Auslegung würde es entscheidend sprechen, wenn die Darstellung der Klägerinnen richtig ist, bei den Vertragsverhandlungen hätten die Vertreter des Beklagten erklärt, das Projekt würde auf jeden Fall durchgeführt, es handele sich um ein Prestigeobjekt des Landes Berlin, die Klägerinnen brauchten sich um nutzlose Planungskosten keine Sorgen zu machen, weil sie diese nur tragen müûten, wenn die Anlage genehmigt werde. Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.
b) Der Text der Erläuterung zu § 1 Abs. 4 des Mietvertrages läût allerdings auch die - vom Berufungsgericht vertretene - Deutung zu, die Planungskosten sollten nur dann von dem Beklagten getragen werden, wenn die Genehmigung nicht erteilt werde. Für eine solche Auslegung könnte es sprechen, wenn die Darstellung der Klägerinnen über die vorvertraglichen Verhandlungen
unrichtig ist und auûerdem die Anregung, die geschilderte Erläuterung zu § 1 Abs. 4 des Mietvertrages abzugeben, nicht von den Klägerinnen, sondern von dem Beklagten ausgegangen ist. Auch hierzu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts.
c) Schlieûlich besteht die - nicht fernliegende - Möglichkeit, daû die Parteien Hindernisse für die erfolgreiche Durchführung des Projekts nur im Zusammenhang mit der erforderlichen Genehmigung gesehen haben und daû sie deshalb nur den Fall geregelt haben, daû diese Genehmigung nicht erteilt werde. In diesem Falle käme eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung nicht deshalb aus, weil den Klägerinnen von vornherein bekannt war, daû eine Bürgerinitiative das Projekt verhindern wollte und daû deshalb mit politischen Widerständen zu rechnen war. Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht nur in Betracht, wenn die Parteien einen Punkt übersehen haben, sondern auch dann, wenn sie ihn offengelassen haben, weil sie - aus welchen Gründen auch immer - eine Regelung dieses Punktes für nicht erforderlich hielten (BGH, Urteil vom 13. Juli 1967 - VII ZR 128/65 - WM 1967, 1147, 1148; Staudinger/Dilcher, BGB 12. Aufl. §§ 133, 157 Rdn. 41 m.w.N.). Dieser Ansicht steht die Entscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 10. Juni 1965 (II ZR 6/63 - NJW 1965, 1960) nicht entgegen. In dem vom II. Zivilsenat entschiedenen Fall hatten die Vertragsschlieûenden erwogen, ob sie für einen Angestellten im Falle günstiger Geschäftsentwicklung eine erhöhte Tätigkeitsvergütung vorsehen sollten und hatten dann von einer entsprechenden Regelung in dem Vertrag abgesehen, weil sie eine solche Erhöhung nicht vereinbaren wollten. Sie haben also eine vertragliche Regelung für eine bestimmte Entwicklung nicht offengelassen, sondern sie haben bewuût eine "negative Entscheidung" getroffen. In einem solchen Falle enthält
der Vertrag selbstverständlich keine Lücke, die durch eine ergänzende Vertragsauslegung auszufüllen wäre. Sollte eine solche ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommen, so könnten für die Ausfüllung der Vertragslücke die von den Klägerinnen behaupteten Absprachen bei den Vertragsverhandlungen ebenfalls entscheidende Bedeutung haben. 4. Falls sich ein Anspruch der Klägerinnen auf Ersatz der Planungskosten nicht unmittelbar aus den getroffenen Vereinbarungen ergeben sollte, wird das Berufungsgericht erneut zu prüfen haben, ob den Klägerinnen ein entsprechender Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung oder Verschulden beim Vertragsschluû zusteht. Die Zurückverweisung gibt den Klägerinnen die Gelegenheit, ihre hierzu in der Revisionsbegründung geltend gemachte Rüge dem Berufungsgericht erneut vorzutragen. Hahne Gerber Wagenitz Fuchs Vézina

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 65/01 Verkündet am:
7. Dezember 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird der Gegenstand der Auflassung von den Beteiligten versehentlich falsch bezeichnet
, so finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer
Falschbezeichnung ("falsa demonstratio non nocet") Anwendung. Die Auflassung ist
danach nur hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende
Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äußerlich umschriebenen
Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit
an einer Auflassung fehlt.
BGH, Urt. v. 7. Dezember 2001- V ZR 65/01 - OLG Dresden
LG Bautzen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2001 durch die Richter Tropf, Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bautzen vom 12. Mai 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Beklagte verurteilt wird, den Veränderungsnachweis Nr. 16 des Staatlichen Vermessungsamtes B. zu genehmigen und der Berichtigung des Grundbuches dahin zuzustimmen , daß die Stadt W. als Eigentümerin des im Veränderungsnachweis mit Flurstück Nr. 64/4 bezeichneten Grundstücks eingetragen wird.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist Eigentümer zweier nebeneinander liegender Grundstücke (Flurstücke Nr. 64/2 und Nr. 66/2) in der Innenstadt von W. (Sachsen). Das
benachbarte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1), eingetragen im Grundbuch von W. Blatt 543 unter lfd. Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses, stand im Eigentum der Stadt W. Eine etwa 20 m² groûe, an seine Anwesen grenzende Teilfläche dieses Grundstücks nutzte mit Zustimmung der Stadt W. allein der Kläger. Grundlage hierfür soll nach den Behauptungen des Klägers ein 1989 zwischen ihm und der Stadt W. mündlich geschlossener und später in privatschriftlicher Form bestätigter Tauschvertrag gewesen sein. Danach habe er, der Kläger, der Stadt W. eine 8 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/2 überlassen und von dieser im Gegenzug die etwa 20 m² groûe Teilfläche des Flurstücks 64/1 erhalten. Dieser angebliche Geländetausch wurde jedoch weder im Liegenschaftskataster noch im Grundbuch gewahrt.
Am 1. November 1995 schlossen die Stadt W. und der Beklagte einen notariell beurkundeten Kaufvertrag. In der Urkunde wird als Kaufgegenstand das "im Grundbuch von W. Blatt 543 eingetragene Grundstück, Flurstück 64/1 (lfd. Nr. 4) mit einer Gröûe von 633 m²" genannt. Als Kaufpreis wurden 250.000 DM vereinbart, wovon 31.650 DM "auf den Grund und Boden" entfallen sollten. Die Urkunde enthält überdies die Einigung der Erschienenen hinsichtlich des Übergangs des Eigentums an dem Kaufgegenstand. Nach der Beurkundung erhielt der Beklagte von der Stadt W. eine Kopie der Katasterkarte , auf der u.a. das Flurstück 64/1 dargestellt war. In Abänderung des zuvor geschlossenen Kaufvertrages vereinbarten die Vertragsparteien mit notarieller Urkunde vom 6. Februar 1996 ein Rücktrittsrecht zugunsten des Beklagten für den Fall von Finanzierungsschwierigkeiten.
Vor Vertragsschluû hatte der Beklagte gemeinsam mit dem Bürgermeister der Stadt W. das Anwesen besichtigt. Zu diesem Zeitpunkt war von dem
Kläger die Hoffläche der ihm gehörenden Grundstücke und die von ihm für Parkplätze genutzte Teilfläche des Nachbargrundstücks bereits einheitlich mit roten Steinen gepflastert worden. Dagegen bestand das Pflaster der übrigen Hoffläche des Grundstücks der Stadt W. aus grauen, bogenförmig verlegten Natursteinen. Am Rand der von ihm genutzten Teilfläche hatte der Kläger zur Abgrenzung von dem verbleibenden Grundstück der Stadt W. im Anschluû an eine auf der Grenze verlaufende halbhohe Mauer zwei massive Steinpoller setzen lassen.
Der inzwischen als Eigentümer des Flurstücks Nr. 64/1 eingetragene Beklagte nahm die von dem Kläger genutzte Teilfläche im Sommer 1998 in Besitz.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte sei nicht Eigentümer dieser Teilfläche geworden. Kaufobjekt habe nur das Grundstück sein sollen, wie es sich bei der Besichtigung tatsächlich dargestellt habe. Er hat von dem Beklagten die Auflassung der näher umschriebenen Teilfläche an die Stadt W. verlangt , hilfsweise die Auflassung an sich selbst und weiter hilfsweise die Feststellung , daû ihm an der Teilfläche ein Nutzungsrecht zustehe. Das Landgericht hat der Klage im Hauptantrag stattgegeben. Ein erstes Urteil des Oberlandesgerichts , das die Verurteilung im wesentlichen bestätigt hat, ist von dem Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen wegen Verletzung des Beklagten in seinem Grundrecht aus Art. 78 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung aufgehoben worden. Nach Zurückverweisung der Sache durch den Verfassungsgerichtshof hat der Kläger weitere Hilfsanträge gestellt, mit denen er die Verurteilung des Beklagten zur Bewilligung der Eintragung der Stadt W., hilfsweise seiner selbst, als Eigentümer der noch zu vermessenden bzw. nach nicht
bestandskräftigem Veränderungsnachweis bereits vermessenen Teilfläche erstrebt. In einem zweiten Urteil hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Revision des Klägers, mit der er seine Anträge weiterverfolgt und mit zusätzlichen Hilfsanträgen von dem Beklagten die Genehmigung des Veränderungsnachweises hinsichtlich der umstrittenen Teilfläche, weiter hilfsweise dessen Zustimmung zur Abmessung und Abschreibung einer Fläche von ca. 20 m² entsprechend dem Veränderungsnachweis , sowie jeweils die Bewilligung zu seiner Eintragung als Eigentümer des Teilgrundstücks verlangt. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet und führt - mit klarstellender Maûgabe - zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

I.


Das Berufungsgericht hält den Kläger zwar für befugt, einen etwaigen Anspruch der Stadt W. im Wege gewillkürter Prozeûstandschaft geltend zu machen. Die Klage sei jedoch nicht begründet, weil weder die Voraussetzungen eines Grundbuchberichtigungsanspruchs nach § 894 BGB noch die eines Bereicherungsanspruchs nach § 812 BGB erfüllt seien. Die Stadt W. habe dem Beklagten nämlich das gesamte Flurstück Nr. 64/1 verkauft und übereignet und
nicht etwa nur eine durch die "natürlichen Grenzen" umschriebene Teilfläche dieses Grundstücks. Allerdings sei eine Falschbezeichnung auch bei Grundstücksgeschäften unschädlich, hier hätten die Vertragsparteien aber nichts von der Vertragsurkunde Abweichendes gewollt. Nach der Aussage des Zeugen S. habe bei der Besichtigung des Anwesens das streitige Teilstück keine Rolle gespielt und sei nicht in die Überlegungen einbezogen worden. Die Vertragsparteien hätten keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Willen gehabt, sondern sich einfach vorgestellt, daû das Grundstück "im Ganzen" verkauft werden solle. Auch die Vertragsauslegung ergebe keinen von dem Wortlaut der Vertragsurkunde abweichenden Inhalt des Vertrages. Wer ein Grundstück kaufe, könne regelmäûig davon ausgehen, daû der tatsächliche Grenzverlauf und nicht die natürlichen Grenzen maûgeblich seien. Auch juristischen Laien sei bekannt, daû nicht die natürlichen Grenzmarken verbindlich seien. Der zwischen dem Kläger und der Stadt W. formunwirksam vereinbarte Tausch der Grundstücksflächen könne keine Bedeutung erlangen, weil die Vertragsparteien daran bei Vertragsschluû nicht gedacht hätten. Unerheblich sei auch die Nutzung der Teilfläche durch den Kläger, wie schon der Vergleich mit der Einräumung eines bloûen Nutzungsrechts oder einer irrtümlichen Überbauung zeige. Aus den weiteren Umständen habe sich für den Beklagten ebenfalls nicht ergeben, daû das Grundstück nur teilweise habe verkauft werden sollen. Insbesondere sei der Kaufpreis offenbar nach der Fläche des gesamten Grundstücks errechnet worden. Schlieûlich ergebe auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht, daû die streitige Teilfläche von dem Verkauf ausgenommen sei.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


1. Das Berufungsgericht bejaht allerdings zu Recht die Prozeûführungsbefugnis des Klägers. Der Kläger kann einen nur der Stadt W. als Eigentümerin des betroffenen Grundstücks zustehenden Grundbuchberichtigungsanspruch im Wege der gewillkürten Prozeûstandschaft geltend machen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes darf ein Kläger im Prozeû ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (s. nur BGHZ 100, 217, 218 m.w.N.) Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Grundbuchberichtigungsanspruch, der nicht selbständig abtretbar ist, geltend gemacht werden soll (Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 182/86, NJW-RR 1988, 126, 127). Vorliegend ist die Ermächtigung des Klägers in schlüssiger Weise durch die von der Stadt W. in der Vereinbarung vom 30. September 1998 erklärte Abtretung erfolgt (vgl. Senat, Urt. v. 2. Oktober 1987, aaO). Unter den gegebenen Umständen ist das Berufungsgericht zutreffend von einem eigenen Interesse des Klägers ausgegangen, den Anspruch auf Grundbuchberichtigung gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Dieses Interesse des Klägers ist auch schutzwürdig, insbesondere wird der Beklagte durch die gewählte Art der Prozeûführung nicht unbillig benachteiligt.
2. Der von dem Kläger gestellte Hauptantrag bedarf allerdings einer interessengerechten Auslegung. In Anbetracht der inzwischen veränderten Umstände ist der Hauptantrag dahin zu verstehen, daû der Kläger die Genehmi-
gung des nun vorliegenden Veränderungsnachweises durch den Beklagten erstrebt (vgl. Senat, Urt. v. 21. Februar 1986, V ZR 246/84, NJW 1986, 1867, 1868 zur Auslegung eines vergleichbaren Antrages bei fehlender Zulässigkeit), und der Antrag im übrigen auf die Zustimmung des Beklagten zur Eintragung der Stadt W. als Eigentümerin der umstrittenen Teilfläche im Wege der Grundbuchberichtigung gerichtet ist (vgl. Senat, Urt. v. 17. November 2000, V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 6). Während des anhängigen Rechtsstreits ist nämlich die Abvermessung der umstrittenen Teilfläche erfolgt und Gegenstand eines Veränderungsnachweises geworden. Damit ist zwar dem Kläger die an sich für eine Verurteilung erforderliche Bezeichnung nach Maûgabe des § 28 GBO (vgl. Senat, BGHZ 37, 233, 242) noch nicht möglich. Der Veränderungsnachweis bildet aber die Grundlage der Grundstücksabschreibung (§ 2 Abs. 3 GBO) und erlaubt es, durch entsprechende Bezugnahme das noch nicht abgeschriebene Grundstück übereinstimmend mit dem (künftigen) Inhalt des Grundbuchs festzulegen, weil das Grundbuchamt bei der Abschreibung die Angaben im Veränderungsnachweis übernimmt. Auch in einem solchen Fall wird daher dem Zweck des § 28 GBO genügt, die Eintragung bei dem richtigen Grundstück zu sichern (Senat, BGHZ 90, 323, 327 f; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 24. April 1987, V ZR 228/85, NJW-RR 1988, 266). Die hier erhobene Leistungsklage ist daher ausnahmsweise zulässig, wobei es unschädlich ist, daû der Beklagte den Veränderungsnachweis nicht genehmigt hat. Der Kläger ist nämlich nicht gehalten, zunächst allein die Genehmigung des Veränderungsnachweises zu erstreiten, sondern kann dieses Ziel mit der auf Verurteilung zur Eintragungsbewilligung gerichteten Klage verbinden (vgl. Senat, BGHZ 90, 323, 328).
3. Die Klage hat bereits mit diesem Hauptantrag Erfolg. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht einen Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB) gegenüber dem Beklagten. Ein solcher Anspruch ist vielmehr gegeben, weil sich die am 1. November 1995 erklärte Auflassung nicht auf das gesamte Grundstück (Flurstück Nr. 64/1) erstreckte, sondern die nun im Streit befindliche Teilfläche (nach dem Veränderungsnachweis Flurstück Nr. 64/4) nicht deren Gegenstand war. Da der Beklagte insoweit mangels Auflassung kein Eigentum erworben hat (§ 925 Abs.1 Satz 1 BGB), ist dieses bei der Stadt W. verblieben, die ihrerseits das Eigentum mangels Eigentumsumschreibung (§ 26 Abs. 2 ZGB, § 873 Abs. 1 BGB) nicht an den Kläger verloren hatte. Damit stimmt die im Grundbuch dargestellte Rechtslage, die den Beklagten als Eigentümer des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 ausweist, nicht mit der tatsächlichen Rechtslage überein.

a) Der Wortlaut der in der notariellen Urkunde vom 1. November 1995 erklärten Auflassung ist zweifelsfrei auf die Übereignung des gesamten Flurstücks Nr. 64/1 gerichtet. Allerdings finden die allgemeinen Regeln zur rechtlichen Behandlung einer Falschbezeichnung (falsa demonstratio) auch dann Anwendung, wenn die Beteiligten den Gegenstand der Auflassung versehentlich falsch bezeichnen. Die Auflassung ist dann hinsichtlich des Objekts erklärt worden, auf das sich der übereinstimmende Wille erstreckte, während für den durch die Erklärungen äuûerlich umschriebenen Gegenstand nur scheinbar eine Einigung vorliegt, es insoweit aber in Wirklichkeit an einer Auflassung fehlt (RGZ 46, 225, 227 f; Senat, Urt. v. 8. Juni 1965, V ZR 197/62, DNotZ 1966, 172, 173; Urt. v. 25. November 1977, V ZR 102/75, WM 1978, 194, 196; vgl. auch RGZ 133, 279, 281; Senat, Urt. v. 23. Juni 1967, V ZR 4/66, LM § 256 ZPO Nr. 83; Urt. v. 21. Februar 1986, aaO; Urt. v. 17. November 2000,
V ZR 294/99, nicht veröffentlicht, Umdruck S. 5 f; OLG Nürnberg, DNotZ 1966, 542, 544; OLG Hamm, NJW-RR 1992, 152, 153; Staudinger/Pfeifer, BGB [1995], § 925 Rdn. 68; MünchKomm-BGB/Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., § 925 Rdn. 37; Hagen/Brambring, Der Grundstückskauf , 7. Aufl., 2000, Rdn. 1a).

b) All das verkennt das Berufungsgericht nicht grundsätzlich, meint aber, ein von dem Wortlaut der Urkunde abweichender Wille der Vertragsparteien lasse sich nicht feststellen. Dies ist von Rechtsfehlern beeinfluût. Die Revision rügt zu Recht, daû sich das Berufungsgericht mit dem festgestellten Sachverhalt und den Beweisergebnissen nicht umfassend auseinandergesetzt hat. Durch ein zu enges Verständnis des gemäû § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willens hat sich das Berufungsgericht den Blick auf den entscheidungserheblichen Tatsachenstoff verstellt.
aa) Nach § 133 BGB ist der wirkliche - möglicherweise ungenau oder sogar unzutreffend geäuûerte - Wille des Erklärenden als eine sogenannte innere Tatsache zu ermitteln (vgl. BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, IVa ZR 80/82, NJW 1984, 721). Wird der tatsächliche Wille des Erklärenden bei Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung festgestellt, und hat der andere Teil die Erklärung ebenfalls in diesem Sinne verstanden, dann bestimmt dieser Wille den Inhalt des Rechtsgeschäfts, ohne daû es auf Weiteres ankommt (BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO). Es ist insbesondere nicht erforderlich, daû sich der Erklärungsempfänger den wirklichen Willen des Erklärenden zu eigen macht. Ausreichend ist vielmehr, daû er ihn erkennt und in Kenntnis dieses Willens das Geschäft abschlieût (Senat, Urt. v. 20. November 1992, V ZR 122/91, NJW-RR 1993, 373; BGH, Urt. v. 13. Februar 1989, II ZR 179/88,
NJW-RR 1989, 931, 932). Haben alle Beteiligten eine Erklärung übereinstimmend in demselben Sinn verstanden, so geht der wirkliche Wille des Erklärenden dem Wortlaut vor (Senat, Urt. v. 20. November 1987, V ZR 171/86, NJWRR 1988, 265; Urt. v. 20. November 1992, aaO; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO; vgl. auch MünchKomm-BGB/Mayer-Maly/Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 14), und auch eine abweichende Auslegung kommt nicht in Frage (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 32/96, WM 1997, 777, 778; Urt. v. 13. November 1998, V ZR 216/97, NJW 1999, 486, 487).
bb) Das Berufungsgericht stellt jedoch nicht auf den solchermaûen nach § 133 BGB maûgeblichen wirklichen Willen ab, sondern richtet seine Feststellungen auf einen gemeinsamen "besonderen rechtlichen Willen" der Vertragsparteien , der gegenüber dem wirklichen Willen offensichtlich dadurch qualifiziert sein soll, daû sich die Vertragsparteien bei der Besichtigung des Kaufobjekts "besondere Vorstellungen über die 'natürliche Grenze' des Grundstücks gemacht haben" müssen. Es läût dabei auûer acht, daû sich das von den B eteiligten bei Abgabe der Auflassungserklärungen gemeinsam Gewollte nicht etwa nur aus deren aktuellen Vorstellungen oder - wie das Berufungsgericht an anderer Stelle ausführt - den "gemachten Gedanken" bei einer vorangegangenen Besichtigung des Anwesens erschlieût. Heranzuziehen sind vielmehr alle Umstände, die zur Aufdeckung oder Aufhellung des Parteiwillens dienlich sein können, damit das Gericht auf dieser Grundlage seine Überzeugung von dem wirklichen Willen bilden kann (vgl. BGHZ 20, 109, 110 f; BGH, Urt. v. 26. Oktober 1983, aaO).

c) Das angefochtene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Der Senat kann aber gemäû § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO in der Sache abschlieûend
entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts ausreichen, um dem Senat das Nachholen der von dem Berufungsgericht versäumten zwingenden Schluûfolgerungen zu ermöglichen (vgl. Senat, Urt. v. 14. Dezember 1990, V ZR 223/89, NJW 1991, 1180, 1181; Urt. v. 27. September 1991, V ZR 55/90, NJW 1992, 183, 184).
aa) Das Berufungsgericht stellt fest, daû die Stadt W. mit der Übereignung der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten ihre eigenen Interessen miûachtet hätte, weil dieses Areal im Wege des Tausches Eigentum des Klägers habe werden sollen. Dies läût Rechtsfehler nicht erkennen, ist insbesondere von der Aussage des Zeugen S., des Bürgermeisters der Stadt W., gedeckt. Da es keinen Hinweis dafür gibt, daû die Verkäuferin abweichend von dem Regelfall nicht das Vernünftige wollte (vgl. BGHZ 134, 325, 329), ist aus diesem Umstand zu schlieûen, daû ihr Wille bei Erklärung der Auflassung nicht dahin ging, dem Beklagten das Eigentum auch an der von dem Kläger genutzten Teilfläche zu verschaffen. Dieser Schluûfolgerung steht nicht entgegen, daû sich, wie das Berufungsgericht feststellt, der Bürgermeister der Stadt W. bei der Besichtigung des Anwesens und wohl auch die bei der Beurkundung als Vertreterin handelnde Zeugin B. keine Vorstellungen von dem genauen Grenzverlauf machten, also keine (aktuelle) Kenntnis von dem gegenüber der Darstellung im Liegenschaftskataster abweichenden Kauf- und Auflassungsgegenstand hatten. Für den die Verkäuferin nach § 51 Abs. 1 Satz 2 SächsGemO vertretenden Bürgermeister stand, wie er selbst als Zeuge bekundet hat, auûer Frage, daû ungeachtet der Rechtslage an dem Flächentausch mit dem Kläger festgehalten werden sollte, die fragliche Teilfläche also nicht mehr zur Disposition der Verkäuferin stand. Mithin war, auch ohne daû er sich dies bei der Besichtigung nochmals vergegenwärtigte, sein Wille nicht auf die Übereignung
der umstrittenen Teilfläche an den Beklagten gerichtet. Daû die Willensrichtung der bei Erklärung der Auflassung mit Einzelvollmacht (§ 59 Abs. 2 SächsGemO ) handelnden Zeugin B. eine andere war, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Falls die Willensrichtung der nach Weisung handelnden Zeugin überhaupt maûgeblich sein sollte (vgl. BGHZ 51, 141, 147 für den Geschäftswillen bei arglistiger Täuschung des Vollmachtgebers), war für sie - wie sie bekundet hat - doch klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehört" und damit nicht Gegenstand des Geschäfts mit dem Beklagten sein konnte.
bb) Aus den Feststellungen des Berufungsgerichts ist ferner zu schlieûen , daû der Beklagte diesen Willen der Verkäuferin erkannte und sich in dessen Kenntnis mit ihr über den Eigentumsübergang einigte. Durch die der Beurkundung vorangehende Besichtigung des Anwesens hatte sich der Beklagte über den Gegenstand des Kaufvertrages und der Eigentumsverschaffung informiert. Auch das Berufungsgericht geht davon aus, daû die Besichtigung nicht nur den Zweck hatte, den Beklagten über den Zustand des Grundstücks zu unterrichten, sondern ihm auch dessen Lage und ungefähre Gröûe vermitteln sollte. Hierbei war aber, wie das Berufungsgericht weiter feststellt, die Nutzung der umstrittenen Teilfläche durch den Kläger "visuell erkennbar". Überdies hatte sich der Kläger nicht nur auf die offensichtliche Nutzung beschränkt, sondern das Areal durch die einheitliche, deutlich zu unterscheidende Pflasterung für jedermann ersichtlich in seine Grundstücke einbezogen und durch die massiven Poller zum verbleibenden Nachbargrundstück abgegrenzt. Die aufwendige und erkennbar dauerhaft gewollte bauliche Gestaltung vermittelte den Eindruck, die Fläche zähle zum Grundstückseigentum des Klägers. Auf dieser Grundlage ging nicht nur der Zeuge S. davon aus, daû "jeder normale Mensch" das durch Pflaster und Poller abgegrenzte "andere Grundstück" erkannte.
Vielmehr war auch der über die Hintergründe, insbesondere über den Flächentausch , nicht informierten Zeugin B. klar, daû die fragliche Fläche dem Kläger "gehörte" und nicht verkauft werden sollte. Es gibt keinen Hinweis darauf , daû der Beklagte, der in gleicher Weise wie die Zeugin informiert war und sich wie diese bei der Besichtigung Kenntnis von dem Gegenstand des beabsichtigten Geschäfts verschaffen wollte, eine andere Vorstellung gewonnen hatte. Tritt wie hier einem Erwerbsinteressenten bei der Besichtigung des Objekts aufgrund der tatsächlichen Situation klar vor Augen, welche Flächen Teil eines Nachbargrundstücks sind, so kann er ohne weitere Anhaltspunkte nicht davon ausgehen, daû ihm der Veräuûerer weitergehendes Eigentum ve rschaffen kann und will, als sich das Grundstück nach seiner Umgrenzung in der Natur darstellt (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37; MünchKommBGB /Kanzleiter, 3. Aufl., § 925 Rdn. 22; Lutter, AcP 164 [1964], 122, 140; auch OLG Oldenburg, Recht 1920, Nr. 1220; OLG Hamm, aaO). Eine solche zweifelsfreie Zuordnung wird allerdings nicht möglich sein, soweit der Interessent lediglich nicht auf der Grenze stehende Grenzeinrichtungen vorfindet, die den richtigen Grenzverlauf nur ungenau wiedergeben (vgl. MünchKommBGB /Säcker, 3. Aufl., § 912 Rdn. 15), jedoch unerkannt bleiben oder wegen Geringfügigkeit hingenommen werden. Gleiches gilt im Falle eines Überbaus, der nach § 912 BGB geduldet werden muû. Geht es aber wie hier um eine gröûere zusammenhängende Fläche, deren Inbesitznahme als Eigentum durch den Nachbarn dem Grundstückseigentümer weder verborgen bleibt, noch regelmäûig von ihm geduldet wird, so kann ein Interessent im Zweifel nur davon ausgehen, daû dieser Bereich nicht mehr zum Eigentum des Veräuûerers zählt und daher auch nicht übereignet werden soll.
Der Kenntnis des Beklagten steht die von dem Berufungsgericht in anderem Zusammenhang erörterte Frage der Bemessung des Kaufpreises nicht entgegen. Zwar ergibt sich auf der Grundlage eines - von der Verkäuferin als angemessen erachteten - Kaufpreises von 50 DM/m² bei der Grundfläche von 633 m², die in der notariellen Urkunde bei der Beschreibung des Objekts für das gesamte Flurstück Nr. 64/1 genannt wird, genau der Betrag von 31.650 DM, der als Kaufpreisanteil für "Grund und Boden" vereinbart worden ist. Daraus folgt aber nicht, daû die Beteiligten auch die dem Kläger überlassene Teilfläche einbeziehen wollten. Nachdem sie davon ausgingen, daû das verbliebene Anwesen dem Flurstück Nr. 64/1 entsprach, war es nur folgerichtig , die hierfür in dem Liegenschaftskataster vermerkte Grundfläche auch der Preisermittlung zugrunde zu legen. Eigenständige Bedeutung für die Bestimmung des Vertragsgegenstandes kann diese Angabe mithin nicht erlangt haben. Die Unmaûgeblichkeit des Kaufpreises folgt im übrigen auch daraus, daû - was das Berufungsgericht nicht beachtet hat - die tatsächliche Grundfläche des Flurstücks Nr. 64/1 unstreitig nicht nur 633 m², sondern 645 m² betrug. Hätte der von der Stadt W. zur Ermittlung des Kaufpreises hinzugezogene Sachverständige mithin die Grundstücksgröûe nicht aus den vorhandenen Unterlagen übernommen, sondern selbst ermittelt, so könnten sich die genannten 633 m² nur durch die Berücksichtigung eines Tauschs der Teilflächen zwischen der Stadt W. und dem Kläger ergeben, also wiederum keine Einbeziehung des umstrittenen Areals in das Geschäft mit dem Beklagten begründen.
cc) An dem geschilderten Willen der Verkäuferin und an der Kenntnis des Beklagten hiervon hat sich bis zur Erklärung der Auflassung nichts geändert. Insbesondere kann der Beklagte nicht aufgrund der Katasterkarte eine
andere Vorstellung gewonnen haben, weil ihm deren Kopie erst nach der Beurkundung vom 1. November 1995 und damit erst nach der Auflassung ausgehändigt wurde. Die nachfolgende Abänderung zuvor getroffener Vereinbarungen durch die notarielle Urkunde vom 6. Februar 1996 kann insoweit keine Bedeutung erlangen, weil sie die Auflassungserklärungen nicht zum Gegenstand hatte und diese durch den Hinweis auf das unveränderte Bestehenbleiben der "übrigen Vertragsvereinbarungen" unberührt lieû (vgl. Soergel/Stürner, aaO, § 925 Rdn. 37).

d) Die von dem Berufungsgericht weiter vorgenommene Auslegung des objektiven Erklärungswertes aus der Sicht des Erklärungsempfängers (vgl. BGH, Urt. v. 8. September 1997, II ZR 55/96, NJW 1998, 384, 385) bleibt danach ohne Bedeutung. Gegenüber dem übereinstimmend Gewollten kommt eine abweichende Auslegung nicht in Betracht (Senat, Urt. v. 14. Februar 1997 und Urt. v. 13. November 1998, beide aaO).
4. Der Beklagte kann gegen den Berichtigungsanspruch nicht einwenden , daû ihm ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung der umstrittenen Teilfläche zustehe. Zwar vermag eine solche Verpflichtung den Einwand unzulässiger Rechtsausübung zu begründen (vgl. Senat, Urt. v. 28. Juni 1974, V ZR 131/72, NJW 1974, 1651), die Stadt W. schuldete aber dem Beklagten jedenfalls insoweit keine Eigentumsverschaffung, weil die vorstehenden Überlegungen zur Falschbezeichnung bei Erklärung der Auflassung wegen der Identität von Auflassungs- und Kaufgegenstand in gleicher Weise auch für den zugrundeliegenden Kaufvertrag gelten. Insbesondere ist eine versehentliche Falschbezeichnung auch im Rahmen des § 313 BGB unschädlich (vgl. Senat, BGHZ 87, 150, 153 m.w.N.; Hagen, DNotZ 1984, 267, 283 ff).

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Tropf Schneider Krüger Klein Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 143/01 Verkündet am:
5. Juli 2002
K a n i k
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 125, 133 Fa, 157 Ha

a) Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde ist begründet,
wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung
der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck
bringt.

b) Zur Widerlegung der Vermutung kann auf außerhalb der Urkunde liegende Mittel
der Auslegung (Begleitumstände des Geschäfts, Äußerungen der Parteien außerhalb
der Urkunde u.a.) zurückgegriffen werden.
BGH, Urt. v. 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 – Kammergericht in Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2002 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 25. Januar 2001 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 31 des Landgerichts Berlin vom 9. Dezember 1999 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelinstanzen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellen Verträgen vom 16. Dezember 1998 kaufte die Klägerin von dem Beklagten zwei bebaute Grundstücke zu Preisen von 403.000 DM und 635.000 DM und beauftragte jeweils die G. W. - und F. bau (GWF), die Gebäude zu sanieren; der Sanierungsaufwand betrug 1.065.530 DM und 1.535.420 DM. Mit weiteren notariellen Urkunden vom
22. Dezember 1998 ergänzten die drei Beteiligten die Verträge vom 16. Dezember 1998 dahingehend, "daû die Vertretene zu 3 (scil. Klägerin) das Recht hat, von diesem (scil. vom jeweiligen) Vertrag bis zum 31. März 1999 einseitig zurückzutreten, wenn eine Finanzierung für den Kaufpreis - einschlieûlich des Sanierungsanteils - nicht möglich ist". Für die Zeitspanne vom 30. Dezember 1998 bis 1. März 1999 finanzierte die Hausbank der Klägerin die Objekte, nachdem der Beklagte und GWF Bankbürgschaften erbracht hatten, ohne Eigenkapitalbeteiligung der Klägerin. Die mit der Vermittlung der endgültigen Finanzierung beauftragte Firma B. Finanz teilte der Klägerin am 10. März 1999 mit, daû eine Beleihung ohne Eigenkapitalbeteiligung nicht erreicht werden könne. Mit Schreiben vom gleichen Tage erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagten und GWF "unter Bezugnahme auf die Änderung bzw. Ergänzung der ... Verträge durch die URNrn. ..., alle vom 22. Dezember 1998 ... den Rücktritt von den ... Verträgen".
Die Klägerin, die sich wegen der Zahlung der Kaufpreise der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte, hat Vollstreckungsgegenklage erhoben und diese (u.a.) auf den am 10. März 1999 erklärten Rücktritt gestützt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erstrebt. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht meint, die notariellen Urkunden vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein "freies" Rücktrittsrecht ein, da sie einen Rücktrittsgrund bezeichneten. Mangels eindeutigen Wortlauts der Rücktrittsvereinbarungen könne sich die Klägerin für ihre Auffassung, bereits der Umstand , daû ihr keine Finanzierung ohne Eigenkapital gelungen sei, habe sie zum Rücktritt berechtigt, nicht auf die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Urkunden stützen. Die Beweisaufnahme über die vor und bei den notariellen Verhandlungen abgegebenen Erklärungen lasse eine Feststellung im Sinne der Klägerin nicht zu.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.


1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, die ergänzenden Vereinbarungen vom 22. Dezember 1998 räumten der Klägerin kein Rücktrittsrecht ein, dessen Ausübung allein in ihrem Belieben stehe. Die Vereinbarungen bezeichnen vielmehr einen Rücktrittsgrund. Die Bezeichnung des Rücktrittsgrundes in den Urkunden begründet indessen, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, die Vermutung dafür, daû das Rücktrittsrecht der Klägerin an keine weitere Voraussetzung gebunden war, als das Scheitern der Finanzierung als solches. Die Vermutung umfaût mithin auch den
Fall des Unvermögens der Klägerin, die Finanzierungsmittel ohne Eigenkapitalbeteiligung zu erlangen.

a) Nach ständiger Rechtsprechung besteht für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (BGHZ 20, 109, 111; BGH, Urt. v. 14. Oktober 1999, III ZR 203/98, ZIP 1999, 1887, 1888). Die Partei, die sich auf auûerhalb der Urkunde liegende Umstände - sei es zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichenden übereinstimmenden Willens der Beteiligten, sei es zum Zwecke der Deutung des Inhalts des Beurkundeten aus der Sicht des Erklärungsempfängers (§§ 133, 157 BGB) - beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen (Senatsurt. v. 5. Februar 1999, V ZR 353/97, WM 1999, 965). Die Vollständigkeits- und Richtigkeitsvermutung setzt allerdings voraus, daû der Geschäftsinhalt durch den Urkundstext bestimmt werden kann; unklar Bleibendes kann keine Vermutung für eine bestimmte Erklärung begründen. Dies bedeutet aber nicht, daû das Beurkundete, wovon das Berufungsgericht (möglicherweise) ausgeht, in dem Sinne eindeutig zu sein hätte, daû für eine Auslegung kein Raum mehr bleibt (vgl. BGHZ 25, 318, 319; 80, 246, 250; krit. MünchKomm-BGB/MayerMaly /Busche, 4. Aufl., § 133 Rdn. 46). Denn in diesem Falle wäre die Vermutung dem Beweis des Gegenteils nicht zugänglich, ginge mithin über eine Beweislastregelung hinaus. Die Vermutung ist vielmehr bereits dann begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte (§ 157 BGB) einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die auûerhalb der Urkunde liegenden Mittel der Auslegung, die Begleitumstände des Vertragsabschlusses, dessen Entstehungsgeschichte , Äuûerungen der Parteien auûerhalb der Urkunde u.a., ble i-
ben hierbei allerdings auûer Betracht. Sie sind Hilfsmittel zur Widerlegung der durch die Urkunde begründeten Vermutung des Geschäftsinhalts.

b) Dem wird das Berufungsurteil nicht gerecht. Das Berufungsgericht gründet seine Zweifel am Inhalt der Urkunde darauf, daû der beurkundende Notar das Rücktrittsrecht nicht an die Finanzierung des "gesamten Kaufpreises" , sondern an das Scheitern "einer" Finanzierung "für" den Kaufpreis geknüpft hat. Dabei bleibt es, entgegen dem Gebot des § 133 BGB, am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks haften und läût den wirklichen Willen der Beteiligten unerforscht. Nach § 433 Abs. 2 BGB hat der Käufer für die Zahlung des Kaufpreises als Geldschuld einzustehen. Wie er die erforderlichen Mittel aufbringt, insbesondere ob er hierzu ganz oder teilweise Eigenkapital einsetzt, ist seine Sache. Behält er sich den Rücktritt für den Fall des Scheiterns der Kaufpreisfinanzierung vor, so ist, wenn sich aus der Urkunde nichts anderes ergibt, davon auszugehen, daû der Grund des Scheiterns, in den Grenzen der §§ 162 entspr., 242 BGB, keine Rolle spielt. Der Verkäufer kann, wenn er nicht darauf besteht, den Rücktrittsgrund weiter einzugrenzen, nicht davon ausgehen , daû der Käufer sich in seiner Dispositionsfreiheit, auf welchem Wege und in welcher Weise er die Kaufpreismittel aufbringt, Einschränkungen unterzogen hat. Im Streitfalle hat die Klägerin ihr Rücktrittsrecht daran geknüpft, daû ihr die Finanzierung von Kaufpreis und Sanierungsaufwand "nicht möglich ist". Einschränkungen ihrer Dispositionsbefugnis dahin, daû sie die Kreditmöglichkeiten , welche einem Darlehensnehmer am Markt schlechthin zur Verfügung stehen , ausschöpfen, also auch Eigenkapital einsetzen müsse, hat sie sich nicht unterworfen. Insoweit zu Recht meint das Berufungsgericht, ob und in welchem Umfang Eigenmittel hätten zum Einsatz kommen sollen, sei von den Gegebenheiten des Falles abhängig gewesen. Im Sinne des Rücktrittsgrundes ist der
Klägerin die Finanzierung auch dann nicht möglich, wenn ihr Eigenkapital nicht zur Verfügung steht oder dieses anderweit eingesetzt wird. Eine Grenze wäre nur dann überschritten, wenn die Finanzierung des Kauf- und Sanierungsvorhabens der Parteien ohne Einsatz von Eigenmitteln auûerhalb der Grenzen der Verkehrssitte läge. Hiervon kann aber weder im allgemeinen noch gerade im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit der Klägerin ausgegangen werden. Diese hatte, was unstreitig ist, vorher ein Vorhaben ähnlichen Zuschnitts allein mit Fremdmitteln verwirklicht.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht über die für die Auslegung des Rücktrittsgrundes erheblichen Begleitumstände Beweis erhoben. Denn auch ein Beweisergebnis, welches die Behauptung der Beklagten gestützt hätte, die Klägerin habe vor Erklärung des Rücktritts Eigenkapital einsetzen müssen, wäre rechtlich beachtlich gewesen. Es hätte in der Urkunde einen, wenn auch nur andeutungsweisen, Niederschlag gefunden und hätte mithin dem Urkundserfordernis des § 313 Satz 1 BGB a.F. genügt. Da das Berufungsgericht Feststellungen in der einen oder anderen Richtung nicht zu treffen vermochte, ist die Sache im Sinne der Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts entscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 ZPO a.F.).
Die Gegenrüge des Beklagten ändert hieran nichts. Der Beklagte vermag nicht auf einen Beweisantrag zu verweisen, zum Begriff der Finanzierung sachverständigen Rat einzuholen. Daû die besonderen Voraussetzungen vorgelegen hätten, unter denen das Gericht entweder Beweis von Amts wegen zu erheben (§ 144 ZPO) oder auf die Stellung eines Beweisantrags hinzuwirken (§ 139 ZPO) hat (zum Sachverständigenbeweis: BGH, Urt. v. 16. Oktober 1986, III ZR 121/85, NJW 1987, 591), legt die Revision nicht dar.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf RiBGH Prof. Dr. Krüger ist wegen Urlaubsabwesenheit gehindert, zu unterschreiben Karlsruhe, den 09.07.2002 Wenzel Klein Lemke

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Der Auftrag kann von dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt werden.

(2) Der Beauftragte darf nur in der Art kündigen, dass der Auftraggeber für die Besorgung des Geschäfts anderweit Fürsorge treffen kann, es sei denn, dass ein wichtiger Grund für die unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem Auftraggeber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

(3) Liegt ein wichtiger Grund vor, so ist der Beauftragte zur Kündigung auch dann berechtigt, wenn er auf das Kündigungsrecht verzichtet hat.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.

(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.

Der Widerruf hat auf die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses nur dann Einfluss, wenn die widerrufende Partei beweist, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei. In diesem Fall verliert das Geständnis seine Wirksamkeit.

Das im ersten Rechtszuge abgelegte gerichtliche Geständnis behält seine Wirksamkeit auch für die Berufungsinstanz.

Die Gesellschafter haften für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.