Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2007 - IV ZR 208/03

bei uns veröffentlicht am24.01.2007
vorgehend
Landgericht Essen, 16 O 265/02, 20.11.2002
Oberlandesgericht Hamm, 20 U 36/03, 16.07.2003

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 208/03 Verkündetam:
24.Januar2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VVG §§ 149, 152; AVB-WB § 4 Nr. 5
Zur Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsprozess beim Risikoausschluss
der Schadenstiftung durch wissentliche Pflichtverletzung in der
Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (Fortführung von BGH, Urteil vom
18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590).
BGH, Urteil vom 24. Januar 2007 - IV ZR 208/03 - OLG Hamm
LG Essen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Januar 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juli 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Kläger Der nimmt die Beklagte auf Deckungsschutz aus einer Haftpflichtversicherung in Anspruch. Versichert war seine gesetzliche Haftpflicht für Vermögensschäden aus der Tätigkeit als selbständiger Generalvertreter der W. -Versicherungsgruppe.
2
W. -Allgemeine Die Versicherung AG (….) hatte vom Kläger Schadensersatz verlangt, weil er sich bei der Aufnahme und Weiterleitung eines Antrags vom 13. Mai 1997 auf Abschluss einer Hausratversicherung pflichtwidrig verhalten habe. Im Antrag war anzugeben, ob für den Antragsteller oder seinen Ehegatten bereits gleichartige Versicherungen bestehen oder bestanden hatten, wer den Vertrag gekündigt hatte und wie viele Schäden welcher Art und in welcher Höhe in den letzten fünf Jahren eingetreten waren. Nach den Regeln für die Antragsaufnahme mussten Fragen nach früheren Versicherungen/Schäden in jedem Fall beantwortet werden. Nach den Annahmerichtlinien wurden Versicherungen nicht übernommen, wenn ein gleichartiger Versicherungsvertrag nach einem Schaden vom Versicherer gekündigt worden war. Obwohl die Antragstellerin den jetzigen Kläger - so die Klägerin des Haftpflichtprozesses - auf die Kündigung durch den vorherigen Hausratversicherer wegen zwei Schäden über insgesamt 200.000 DM durch Einbruchdiebstahl im Jahr 1993 hingewiesen habe, habe er dies in den Antrag nicht aufgenommen. Dieser bewusste Verstoß gegen die ihm bekannten Richtlinien habe dazu geführt, dass der Antrag angenommen worden sei und die Versicherungsnehmerin wegen eines Einbruchdiebstahls vom 10. Oktober 1998 in Höhe von 83.293,60 DM entschädigt werden musste. Im Haftpflichtprozess hat das Oberlandesgericht Hamm den Kläger durch Urteil vom 7. Dezember 2001 rechtskräftig zum Schadensersatz verurteilt, weil er seine vertraglichen Pflichten bei der Vermittlung des Versicherungsvertrages jedenfalls fahrlässig verletzt habe.
3
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe seine Pflichten als Versicherungsvermittler wissentlich verletzt. Für Haftpflichtansprüche wegen Schadenstiftung durch wissentliche Pflichtverletzung bestehe nach § 4 Nr. 5 der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) kein Versicherungsschutz.
4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Das Oberlandesgericht (r+s 2004, 17) meint, eine wissentliche Pflichtverletzung, für die die Beklagte die Beweislast trage, lasse sich auf der Grundlage der in gewissem Umfang bestehenden Bindungswirkung des Urteils des Oberlandesgerichts im Haftpflichtprozess nicht feststellen. Danach stehe im Deckungsprozess bindend fest, dass der Kläger mit der Antragstellerin R. und ihrem Ehemann verabredet habe, davon auszugehen, dass die Schäden mehr als fünf Jahre zurücklägen, wenn er von den Eheleuten nichts mehr höre, und dass er fälschlich davon ausgegangen sei, die Fragen nach Vorversicherungen und Vorschäden könnten verneint werden, wenn die Schäden und die Kündigung der Vorversicherung mehr als fünf Jahre zurücklägen. Soweit diese Tatsachen vorliegend relevant seien, bestehe auch Voraussetzungsidentität. Keine Bindungswirkung bestehe hinsichtlich der Bewertung der Pflichtverletzungen des Klägers im Haftpflichturteil als fahrlässig. Eine wissentliche Pflichtverletzung sei nicht anzunehmen. Es lasse sich jedenfalls nicht feststellen, dass der Kläger die Richtlinien der … und den Inhalt des Antrags wissentlich verkannt hätte. Seine zugrunde zu legende Fehlvorstellung über die Bedeutung der Fünfjahresfrist und die zu unter- stellende Verabredung mit den Eheleuten R. lasse sein Verhalten vielmehr lediglich als grob fahrlässig erscheinen. Dem mit den Zeugen R. unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, sie hätten dem Kläger zu den Vorschäden hinreichend präzise Zeitangaben gemacht und es sei besprochen worden, dass ein Versicherungsantrag wegen der Vorschäden heikel sei, sei wegen der Bindungswirkung nicht nachzugehen.
7
II. Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht den Umfang der Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den Deckungsprozess verkannt hat.
8
1. Der Senat hat im Urteil vom 18. Februar 2004 ausführlich zu den Grenzen der Bindungswirkung Stellung genommen (IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 und 2 m.w.N.). Danach entfalten Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozess zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer im nachfolgenden Deckungsprozess zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer Bindungswirkung nur bei Voraussetzungsidentität. Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzip ist grundsätzlich im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Damit wird verhindert, dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können. Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als sie danach geboten ist. Geboten ist die Bindungswirkung nur insoweit, als eine für die Entschei- dung im Deckungsprozess maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozess nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im Haftpflichtprozess. Die Begrenzung der Bindungswirkung auf Fälle der Voraussetzungsidentität ist insbesondere deshalb geboten, weil der Versicherungsnehmer und der Versicherer keinen Einfluss darauf haben, dass der Haftpflichtrichter "überschießende" , nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht. Beruht die Verurteilung im Haftpflichtprozess auf einer lediglich fahrlässigen Pflichtverletzung , ist im Deckungsprozess in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen, ob der Versicherungsnehmer diese Pflicht wissentlich verletzt hat, wenn der Versicherer sich darauf beruft (Senatsurteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04 - VersR 2006, 106 unter II 2 m.w.N.; vgl. auch BGH, Urteil vom 28. April 1958 - II ZR 163/57 - VersR 1958, 361 unter 1).
9
2. Daran gemessen besteht die vom Berufungsgericht angenommene Bindungswirkung nicht. Die für die Entscheidung im Deckungsprozess maßgebliche Frage der wissentlichen Pflichtverletzung war nach dem vom Oberlandesgericht im Haftpflichtprozess gewählten rechtlichen Begründungsansatz nicht entscheidungserheblich, so dass es an der Voraussetzungsidentität fehlt.
10
a) Nur für die Beurteilung der Pflichtverletzung als wissentlich im Sinne von § 4 Nr. 5 AVB kommt es auf tatsächliche Feststellungen dazu an, ob dem Kläger bei Aufnahme und Weiterleitung des Antrags und dem späteren Telefongespräch mit dem Innendienstmitarbeiter S. , wie die Beklagte unter Beweisantritt behauptet hat, bekannt war, dass die Vorschäden innerhalb der Fünfjahresfrist lagen und der Versicherungsantrag deshalb gesprächsweise als heikel bezeichnet worden ist.
11
b) Für die Entscheidung des Oberlandesgerichts im Haftpflichtprozess war dies unerheblich. Es hat die Verurteilung des Klägers zum Schadensersatz unter objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung schon auf der Grundlage des insoweit in der Verhandlung des Berufungsgerichts festgestellten Sachverhalts auf eine fahrlässige Verletzung seiner Pflichten als Vermittler gestützt. Unter Verstoß gegen die Richtlinien der … habe er den Antrag auf Abschluss der Hausratversicherung weitergeleitet , obwohl die Fragen nach früheren Versicherungen und Schäden nicht beantwortet waren; die Frage des Innendienstmitarbeiters S. nach einer gleichartigen Vorversicherung habe er objektiv falsch mit nein beantwortet. Der darüber hinausgehenden Behauptung der … , der Kläger habe den Antrag trotz genauer Kenntnis von den Vorschäden, deren Zeitpunkt und der Vorversicherung bewusst unvollständig weitergeleitet, um die Ablehnung zu vermeiden, ist das Oberlandesgericht im Haftpflichtprozess mit Recht nicht nachgegangen; darauf kam es für seine Entscheidung schon nicht mehr an.
12
3. Die für die Beurteilung der Pflichtverletzung als wissentlich erforderlichen Tatsachen sind demgemäß im Deckungsprozess festzustellen. Da dies rechtsfehlerhaft unterblieben ist, wird das Berufungsgericht dies unter Berücksichtigung des Parteivortrags und der Beweisangebote nachzuholen haben.
13
III. Die Beklagte ist auch nicht, wie das Berufungsgericht hilfsweise kurz anmerkt, verpflichtet, aufgrund ihres Schreibens vom 7. Juni 1999 die Kosten der erstinstanzlichen Rechtsverteidigung im Haftpflichtprozess zu tragen. Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass die Beklagte Kostendeckungsschutz in Unkenntnis der wissentlichen Pflichtverletzung und nur in bedingungsgemäßem Umfang zugesagt hat. Gibt der Haftpflichtversicherer zur Verteidigung gegen den Haftpflichtanspruch in Unkenntnis eines Ausschlussgrundes eine Deckungszusage ab, kann er sich, wenn die Voraussetzungen des Ausschlusses später festgestellt werden, in vollem Umfang auf Leistungsfreiheit berufen (vgl. BGH, Urteile vom 20. September 1978 - IV ZR 57/77 - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 - II ZR 12/65 - VersR 1967, 27 unter III; Langheid in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 149 Rdn. 26 a.E.; Voit/ Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 149 Rdn. 7; vgl. zur Deckungszusage in der Rechtsschutzversicherung BGH, Urteil vom 18. März 1992 - IV ZR 51/91 - VersR 1992, 568 unter 2).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 20.11.2002 - 16 O 265/02 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 16.07.2003 - 20 U 36/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2007 - IV ZR 208/03

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2007 - IV ZR 208/03

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 152 Widerruf des Versicherungsnehmers


(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage. (2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer d

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 149 Eigentümergrundpfandrechte


Die durch die §§ 142 bis 148 begründeten Rechte können nicht zugunsten von Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden, die dem Versicherungsnehmer zustehen, geltend gemacht werden.
Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2007 - IV ZR 208/03 zitiert 3 §§.

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 152 Widerruf des Versicherungsnehmers


(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage. (2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer d

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 149 Eigentümergrundpfandrechte


Die durch die §§ 142 bis 148 begründeten Rechte können nicht zugunsten von Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden, die dem Versicherungsnehmer zustehen, geltend gemacht werden.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2007 - IV ZR 208/03 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2007 - IV ZR 208/03 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2005 - IV ZR 255/04

bei uns veröffentlicht am 28.09.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 255/04 Verkündet am: 28. September 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja _____________________ AV

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Feb. 2004 - IV ZR 126/02

bei uns veröffentlicht am 18.02.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 126/02 Verkündet am: 18. Februar 2004 Heinekamp Justizobersekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ________________
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 24. Jan. 2007 - IV ZR 208/03.

Bundesgerichtshof Beschluss, 08. Apr. 2009 - IV ZR 113/06

bei uns veröffentlicht am 08.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 113/06 vom 8. April 2009 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Seiffert, Wendt, die Richterin Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch am

Referenzen

Die durch die §§ 142 bis 148 begründeten Rechte können nicht zugunsten von Hypotheken, Grundschulden oder Rentenschulden, die dem Versicherungsnehmer zustehen, geltend gemacht werden.

(1) Abweichend von § 8 Abs. 1 Satz 1 beträgt die Widerrufsfrist 30 Tage.

(2) Der Versicherer hat abweichend von § 9 Satz 1 auch den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile nach § 169 zu zahlen. Im Fall des § 9 Satz 2 hat der Versicherer den Rückkaufswert einschließlich der Überschussanteile oder, wenn dies für den Versicherungsnehmer günstiger ist, die für das erste Jahr gezahlten Prämien zu erstatten.

(3) Abweichend von § 33 Abs. 1 ist die einmalige oder die erste Prämie unverzüglich nach Ablauf von 30 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins zu zahlen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 126/02 Verkündet am:
18. Februar 2004
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG §§ 149, 150, 152; AVB f. Haftpflichtvers. (AHB) § 4 II 1
Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten
und dem Versicherungsnehmer oder dem Versicherten haben im nachfolgenden
Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer
nur insoweit Bindungswirkung, als Voraussetzungsidentität vorliegt.
BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - OLG Hamm
LG Münster
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Februar 2004

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Februar 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt für einen von seinem mitversicherten Stiefsohn durch Brandstiftung verursachten Schaden Deckungsschutz aus einer seit 1979 beim Beklagten bestehenden Privathaftpflichtversicherung, der die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zugrunde liegen.
In den frühen Morgenstunden des 6. September 1997 zündete der Stiefsohn des Klägers die Ladung eines in der Remise eines Scheunengebäudes stehenden Heuwagens an. Das Feuer breitete sich aus und zerstörte das gesamte Gebäude nebst Inhalt. Der Beklagte verweigerte mit Schreiben vom 11. Juni 1999 Deckungsschutz mit der Begründung,

nach § 4 II 1 AHB seien Ansprüche der Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Der Geschädigte erhob im Oktober 1999 gegen den Stiefsohn des Klägers Klage auf Ersatz des Gebäudeschadens, die zu einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Dortmund vom 17. Oktober 2000 auf Zahlung von 86.000 DM nebst Zinsen führte. Das Landgericht hat den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch damit begründet, der Stiefsohn des Klägers habe das Heu auf dem in der Scheune abgestellten Wagen vorsätzlich entzündet und die vollständige Zerstörung der Scheune auch grob fahrlässig herbeigeführt.
Der Kläger ist der Ansicht, der Beklagte könne sich wegen der Bindungswirkung des Haftpflichturteils nicht darauf berufen, der Vorsatz seines Stiefsohnes habe auch den Gebäudeschaden umfaßt. Insoweit habe das Landgericht Dortmund festgestellt, daß nur grobe Fahrlässigkeit vorliege, Vorsatz demgemäß nicht festgestellt, sondern damit implizit ausgeschlossen sei. Daran sei das Gericht im Deckungsprozeß gebunden.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den in den Vorinstanzen erfolglos gebliebenen Antrag auf Gewährung von Deckungsschutz weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg. Der Versicherungsschutz ist nach § 4 II 1 Satz 1 AHB ausgeschlossen, weil der Stiefsohn des Klägers den durch das Anzünden des Heus verursachten gesamten Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat.
I. Das Berufungsgericht (VersR 2002, 1369) hält es übereinstimmend mit dem Landgericht für erwiesen, daß sich der Vorsatz des Stiefsohnes des Klägers nicht darauf beschränkte, lediglich das auf dem Wagen gelagerte Heu zu entzünden, sondern daß er die Ausweitung des Feuers zumindest als möglich vorhergesehen und die Inbrandsetzung des gesamten Gebäudes nebst Inhalt zumindest billigend in Kauf genommen hat. Diese Feststellung greift die Revision nicht an.
II. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der Beklagte durch das Urteil des Landgerichts Dortmund im Haftpflichtprozeß nicht daran gehindert , sich gegenüber dem Kläger darauf zu berufen, sein Stiefsohn habe den Gebäudeschaden vorsätzlich herbeigeführt. Zwar entfalte das Urteil im Haftpflichtprozeß Bindungswirkung für den nachfolgenden Dekkungsprozeß. Dadurch werde verhindert, daß die Grundlagen der Entscheidung im Haftpflichtprozeß nochmals zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer in Frage gestellt würden. Das Landgericht Dortmund sei in seinem Urteil davon ausgegangen, der Stiefsohn des Klägers habe die vollständige Zerstörung der Scheune grob fahrlässig herbeigeführt. Vorsatz und Fahrlässigkeit seien zwei unterschiedliche

Begehungsformen, die bei ein- und derselben Handlung nicht zugleich vorliegen könnten. Mit der Feststellung grober Fahrlässigkeit sei folglich Vorsatz verneint worden, ohne daß es dazu besonderer Ausführungen bedurft hätte. An diesen Vorsatzausschluß hinsichtlich des Schadensumfangs sei der Senat im Deckungsprozeß aber nicht gebunden, weil es insoweit an der Voraussetzungsidentität fehle. Für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß sei es unerheblich gewesen, ob der Gebäudeschaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht worden sei. Für die Verurteilung wäre ausreichend gewesen, daß das Heu vorsätzlich angezündet und das Übergreifen des Feuers auf die gesamte Scheune dadurch adäquat kausal herbeigeführt worden sei. Eine Bindungswirkung der Feststellungen im Haftpflichtprozeß entstehe in dem Umfang, wie die festgestellten Tatsachen für beide Verfahren gleichermaßen von Bedeutung seien, d.h. nur bei Voraussetzungsidentität. Es sei zwar Aufgabe des Haftpflichtprozesses, über alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Haftpflichtanspruchs zu befinden, nicht jedoch, darüber hinaus Feststellungen zum Innenverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer zu treffen, die für den Haftpflichtanspruch ohne Bedeutung seien.
III. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Der Senat folgt der Ansicht des Berufungsgerichts, daß Feststellungen im vorangegangenen Haftpflichtprozeß zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer (oder dem Versicherten) im nachfolgenden Deckungsprozeß zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer Bindungswirkung nur bei Voraussetzungsidentität

entfalten. Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungs- prinzip ist grundsätzlich im Haftpflichtprozeß zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2 a m.w.N.). Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Damit wird verhindert, daß die im Haftpflichtprozeß getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozeß erneut überprüft werden können (BGH aaO unter II 2 b m.w.N.). Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als sie danach geboten ist (BGH, Urteil vom 12. Februar 1969 - IV ZR 539/68 - VersR 1969, 413 unter III b). Geboten ist die Bindungswirkung nur insoweit , als eine für die Entscheidung im Deckungsprozeß maßgebliche Frage sich auch im Haftpflichtprozeß nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begründungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als entscheidungserheblich erweist, also Voraussetzungsidentität vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im Haftpflichtprozeß. Die Begrenzung der Bindungswirkung auf Fälle der Voraussetzungsidentität ist insbesondere deshalb geboten, weil der Versicherungsnehmer und der Versicherer keinen Einfluß darauf haben, daß der Haftpflichtrichter "überschießende", nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht entscheidungserhebliche Rechtsausführungen macht (vgl. zur fehlenden Interventionswirkung nach § 68 ZPO bei sogenannten überschießenden Feststellungen BGH, Beschluß vom 27. November 2003 - V ZB 43/03 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt ). Allein gegen solche "überschießenden" Begründungsinhalte könnten sie sich auch nicht mit einem Rechtsmittel wehren, weil ein

Rechtsmittel, mit dem bei gleichem Ergebnis nur eine andere Entschei- dungsbegründung erstrebt wird, mangels Beschwer unzulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 1994 - XII ZR 207/92 - NJW 1994, 2697 unter 2 a aa).
Der Senat hat zwar bisher nicht ausgesprochen, Bindungswirkung bestehe nur bei Voraussetzungsidentität. Das läßt sich aber, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, dem Senatsurteil vom 30. September 1992 entnehmen (BGHZ 119, 276, 279 f.). Dort hat der Senat Bindungswirkung des Haftpflichturteils angenommen, weil die Feststellung fehlenden Vorsatzes maßgeblich sei sowohl für die Haftungsfrage, nämlich die Höhe des Schmerzensgeldes, als auch insbesondere für den Deckungsausschluß gemäß § 4 II 1 AHB, für den vorsätzliches Handeln Voraussetzung sei. Weiter hat der Senat ausgeführt, daß von der dortigen Beklagten herangezogene Urteile in diesem Zusammenhang keine Bedeutung hätten, weil sie sich nicht mit Fällen der Voraussetzungsidentität befaßten.
2. Ob die Annahme des Berufungsgerichts rechtlich haltbar ist, das Landgericht Dortmund habe mit der Feststellung grob fahrlässig herbeigeführter vollständiger Zerstörung der Scheune zugleich Vorsatz ausgeschlossen , kann dahinstehen. Eine solche Feststellung wäre für den Deckungsprozeß nicht bindend, weil es an der erforderlichen Voraussetzungsidentität fehlen würde. Das gilt selbst dann, wenn das Landgericht die Verurteilung auf den Tatbestand der Verletzung des Eigentums an dem Scheunengebäude gestützt und insoweit grobe Fahrlässigkeit angenommen hat. Ob der Stiefsohn des Klägers das Eigentum an der Scheune nur grob fahrlässig und nicht vorsätzlich beschädigt hat, ist von die-

sem rechtlichen Ansatz her für die Entscheidung bei objektiv zutreffender Würdigung ohne jede Bedeutung, weil einfache Fahrlässigkeit genügt. Ausführungen zu einem höheren Verschuldensgrad sind "überschießende" , nicht entscheidungserhebliche Feststellungen, die für den Dekkungsprozeß nicht bindend sind.
Es kann deshalb offenbleiben, ob es dem Berufungsgericht, wie die Revision meint, verwehrt gewesen ist, vom rechtlichen Ansatz her auf die vorsätzliche Verletzung des Eigentums am Heu und bezüglich des Schadens am Gebäude nur noch objektiv auf den adäquaten Kausalzusammenhang abzustellen.

3. Soweit der Kläger Deckungsschutz auch für Schadensersatzansprüche begehrt, die nicht Gegenstand eines Haftpflichturteils sind (unter anderem Schäden am Gebäudeinhalt), hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß eine Bindungswirkung nicht in Betracht kommen kann. Dagegen wendet sich die Revision auch nicht.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 255/04 Verkündet am:
28. September 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AVB Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und von Angehörigen
der wirtschafts- und steuerberatenden Berufe
Wird der Versicherungsnehmer einer Haftpflichtversicherung (hier: Vermögensschadenhaftpflichtversicherung
für Rechtsanwälte) im Haftpflichtprozess zum Schadensersatz
wegen positiver Vertragsverletzung verurteilt, so ist das Gericht im Deckungsprozess
zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Haftpflichtversicherer daran
gebunden und kann seiner Entscheidung keinen anderen Haftungsgrund zugrunde
legen.
BGH, Urteil vom 28. September 2005 - IV ZR 255/04 - OLG München
LG Passau
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. März 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Passau vom 24. Juli 2003 im Urteilsausspruch zu I. (Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 38.594,54 € nebst Zinsen) aufgehoben und die Klage in diesem Umfang abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist Rechtsanwältin. Sie fordert von d er Beklagten Versicherungsleistungen aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Dem Versicherungsvertrag liegen unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung von Rechtsanwälten und von Angehörigen der wirtschaftsprüfenden sowie wirtschafts- und steuerberatenden Berufe (AVB-WB, V 90) der Beklagten zugrunde.
2
1. Mitte 1995 erwarb die spätere Mandantin der Klä gerin, U. F. , ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Bereits die Voreigentümer hatten der Sparkasse S. -R. (im Folgenden: Sparkasse) zur Sicherung von Krediten an dem Grundstück vier Aufbauhypotheken (Grundbuch Abt. III, Ränge 1-4) bestellt. Neben der Sparkasse hielten auch noch eine Reihe weiterer Gläubiger Grundpfandrechte an dem Grundstück. In der Nacht zum 25. Dezember 1995 brannte das Wohnhaus infolge von Brandstiftung vollständig aus.
3
Gebäudeversicherer des Anwesens war ebenfalls die Beklagte, bei der die Sparkasse im September 1996 ihre Aufbauhypotheken anmeldete.
4
Im August 1998 wurde die Klägerin von der Grundstü ckeigentümerin F. mit der Schadensabwicklung beauftragt. Dabei sollten vorrangig alle Grundpfandgläubiger aus den erwarteten Versicherungsleistungen befriedigt werden; restliche Beträge sollte die Mandantin erhalten. Auf deren Vorschlag schloss die Klägerin im Oktober/November 1998 eine Treuhandvereinbarung mit der Sparkasse. Danach sollte die Klägerin die auf die Aufbauhypotheken entfallenden Versicherungsleistungen vom Versicherer ausgezahlt erhalten. Ferner wurde ihr von der Sparkasse eine Löschungsbewilligung für die vier Aufbauhypotheken zur Verfügung gestellt, die Klägerin verpflichtete sich, hiervon erst nach Wei- terleitung der im einzelnen aufgeschlüsselten, auf die vier Aufbauhypotheken entfallenden Beträge an die Sparkasse Gebrauch zu machen.
5
Fortan drängte die Mandantin bei der Beklagten als ihrem Gebäudeversicherer nachdrücklich darauf, die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Haus zu leisten und nach Vorabbefriedigung der Grundpfandgläubiger den verbleibenden Restbetrag auf ihr privates Konto zu überweisen. Die Beklagte sah demgegenüber die besonderen Voraussetzungen für den Ersatz des Neuwertschadens nicht als erfüllt an, veranlasste am 7. Dezember 1998 jedoch die Überweisung von 55.031,94 DM auf das Kanzleikonto der Klägerin. Begleitend übersandte sie der Klägerin ein Fax, aus dem hervorging, dass neben Zahlungen an weitere sieben "Realrechtsgläubiger" die Überweisung des genannten Betrages an die Klägerin veranlasst worden sei und sich dieser aus Beträgen von 9.177,08 DM, 22.500,68 DM, 7.784,56 DM und 15.439,62 DM für die vier Aufbauhypotheken und einer Treuhandgebühr von 130 DM für die Klägerin zusammensetze. Das Schreiben schloss damit, dass weitere Zahlungen - insbesondere direkt an die Mandantin - bis zur Vorlage noch fehlender Nachweise über weitere Restforderungen, Abtretungen und Pfändungen noch nicht erbracht werden könnten.
6
Am 8. Dezember 1998 wurde der genannte Betrag wie angekündigt dem Konto der Klägerin gutgeschrieben, die Überweisung trug den begleitenden Vermerk "Eheleute F. ". Am selben Tag teilte die Mandantin der Klägerin per Fax mit, sie habe inzwischen dem Versicherer alle noch fehlenden Nachweise sofort übersandt. Die Klägerin solle nunmehr den Versicherer endlich unter Druck setzen, den Restbetrag "vom Neuwertschaden" zu zahlen. Sollte die Klägerin 55.000 DM vom Versi- cherer erhalten haben, so möge sie diese per Blitzgiro sofort auf das private Konto der Mandantin überweisen. Das Geld werde dringend benötigt. Mit gleichem Ziel wurde die Klägerin in der Folgezeit auch mehrfach telefonisch bedrängt. Dabei behauptete die Mandantin unter anderem, sie habe inzwischen vom Versicherer telefonisch erfahren, dass das an die Klägerin überwiesene Geld ihr zustehe.
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Am 11. Dezember 1998 überwies die Klägerin 49.816, 16 DM per Blitzgiro auf das private Konto der Mandantin, wobei sie den Rest der 55.031,94 DM auf eigene Honorarforderungen (5.177,78 DM) und die Blitzgiro-Überweisungsgebühr (von 38 DM) verrechnet hatte. Noch am selben Tag wurde der gesamte Betrag dort abgehoben. Seither ist über den Verbleib des Geldes nichts bekannt.
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2. Die Sparkasse erfuhr im Frühjahr 1999 von der F ehlleitung der für sie bestimmten 55.031,94 DM. Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 forderte sie Aufklärung von der Klägerin und erklärte, dass sie sich Regressansprüche vorbehalte. Daraufhin erstattete die Klägerin am 1. Juni 1999 eine Schadensmeldung an die Beklagte als ihrem Haftpflichtversicherer.
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Am 28. September 1999 erhob die Sparkasse Klage ge gen die jetzige Klägerin auf Zahlung von 55.031,94 DM. Zwei Tage später übersandte diese der (jetzigen) Beklagten die Klagschrift des Haftpflichtprozesses.
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In erster Instanz wurde die Klage der Sparkasse am 26. Januar 2000 abgewiesen. In zweiter Instanz trat die Beklagte als Gebäudeversi- cherer im Mai 2000 dem Rechtsstreit auf Seiten der Sparkasse bei. Mit Berufungsurteil vom 26. Oktober 2000 wurde die Klägerin vom Oberlandesgericht zur Zahlung von 54.901,94 DM nebst Zinsen verurteilt, weil in der Fehlleitung des Geldes eine positive Verletzung des Treuhandvertrages liege und die Klägerin bei der gebotenen Sachprüfung habe erkennen können und müssen, dass die Überweisung der 55.031,84 DM gemäß der begleitenden Aufschlüsselung des Versicherers allein für die Sparkasse bestimmt gewesen sei.
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3. Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin w egen der genannten Verurteilungssumme aus dem Haftpflichtprozess sowie Zinsen, Prozess- und Rechtsvertretungskosten Versicherungsleistungen in Höhe von insgesamt 41.326,85 € (80.828,29 DM) von der Beklagten als ihrem Haftpflichtversicherer gefordert und daneben die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet sei, weitere noch nicht bezifferbare Schäden zu ersetzen.
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Die Beklagte hält sich für leistungsfrei. Es liege schon kein Versicherungsfall vor, weil die Klägerin der Sparkasse die Weiterleitung des Geldes nicht als Schadensersatz, sondern aufgrund des Erfüllungsanspruchs aus dem Treuhandvertrag geschuldet habe. Gehe man dennoch von einem Schadensersatzanspruch der Sparkasse aus, folge die Leistungsfreiheit aus dem Risikoausschluss des § 4 Nr. 5 AVB-WB. Die abredewidrige Weiterleitung des Geldes an die Mandantin sei in wissentlicher Verletzung der Pflichten der Klägerin aus dem Treuhandvertrag geschehen. Schließlich habe die Klägerin gegen ihre Informations- und Schadensminderungsobliegenheiten aus § 5 II Ziff. 3 und 4 und III Ziff. 1 AVB-WB verstoßen, weil sie nach Klagerhebung im Haftpflichtprozess im September 1999 mehr als ein Jahr lang keine Informationen über den Gang des Rechtsstreits an die Beklagte weitergeleitet habe.
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Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung d er Leistungsklage im Übrigen zur Zahlung von 38.594,54 € verurteilt und festgestellt, dass sie verpflichtet sei, der Klägerin weitere, noch nicht bezifferbare Schäden aus dem Haftpflichtprozess zu bezahlen. Das Oberlandesgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der beschränkt eingelegten Revision erstrebt die Klägerin lediglich die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils, soweit es dem Zahlungsantrag stattgegeben hatte.

Entscheidungsgründe:


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Das Rechtsmittel hat Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsv erfahren noch von Interesse - ausgeführt, es liege schon kein Versicherungsfall vor, weil die Zahlungspflicht der Klägerin gegenüber der Sparkasse nicht aus einem Schadensersatzanspruch, sondern aus einem originären Anspruch auf Erfüllung des Treuhandvertrages folge, der vom Versicherungsschutz nicht erfasst werde. Die Klägerin habe im Treuhandvertrag die Verpflichtung übernommen, vom Feuerversicherer wegen der Aufbauhypotheken an sie ausgezahlte Gelder an die Sparkasse weiterzuleiten. Diesen Anspruch habe sie nicht erfüllt. Erfüllungsansprüche fielen nur ausnahmsweise unter den Versicherungsschutz, wenn eine Fehlverfügung des Rechtsanwalts über ein Anderkonto zugrunde liege. Das sei hier aber nicht der Fall, die Klägerin habe das Geld von einem Geschäftskonto ihrer Kanzlei an die Mandantin überwiesen.
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Darüber hinaus habe sie auch wissentlich gegen ihr e Verpflichtungen aus dem Treuhandvertrag verstoßen. Insoweit greife der Haftungsausschluss nach § 4 Ziff. 5 AVB Vermögen/WB selbst bei Annahme eines Schadensersatzanspruches der Sparkasse gegen die Klägerin. Als Rechtsanwältin habe der Klägerin klar sein müssen, dass Hypothekengläubiger bei Fehlen einer anders lautenden Weisung des leistenden Feuerversicherers vorrangig aus der Versicherungsleistung zu befriedigen seien. Aus dem die Überweisung begleitenden Fax des Versicherers sei eindeutig hervorgegangen, wofür der Geldbetrag von 55.031,94 DM bestimmt gewesen sei. Deshalb habe die Klägerin nicht annehmen können , das Geld sei für die Mandantin bestimmt gewesen. Auch die rechtliche Bedeutung der mit der Sparkasse getroffenen Vereinbarung habe ihr klar sein müssen.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Bereits die Annahme, ein Versicherungsfall lieg e nicht vor, weil die Klägerin der Sparkasse gegenüber nicht aufgrund eines Schadensersatzanspruchs , sondern eines Erfüllungsanspruchs zur Zahlung verpflichtet gewesen sei, erweist sich als rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht dabei die Bindungswirkung des Haftpflichturteils verkannt hat.

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a) In der Haftpflichtversicherung gilt das Trennun gsprinzip. Das Haftpflichtverhältnis, das zwischen dem geschädigten Dritten und dem haftpflichtigen Versicherungsnehmer besteht, ist von dem Deckungsverhältnis zwischen Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer zu trennen. Grundsätzlich ist im Haftpflichtprozess zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber haftet. Ob der Versicherer dafür eintrittspflichtig ist, wird im Deckungsprozess geklärt (ständige Rechtsprechung: BGHZ 117, 345, 350; 119, 276, 278 m.w.N.; BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 - IV ZR 101/00 - VersR 2001, 1103 unter II 2; vom 17. Juli 2002 - IV ZR 268/01 - VersR 2002, 1141 unter II 1).
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b) Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Die Bindungswirkung folgt nicht aus der Rechtskraft des Haftpflichturteils, da der Versicherer am Haftpflichtprozess nicht beteiligt ist. Vielmehr ist sie dem Leistungsversprechen, das der Haftpflichtversicherer dem Versicherungsnehmer im Versicherungsvertrag gegeben hat, zu entnehmen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 aaO; BGHZ 119, 276, 280 f.). Sie bedeutet, dass das Ergebnis des vorangegangenen Haftpflichtprozesses für die Deckungsfrage verbindlich ist. Damit wird verhindert , dass die im Haftpflichtprozess getroffene Entscheidung und die ihr zugrunde liegenden Feststellungen im Deckungsprozess erneut überprüft werden können und müssen (BGH, Urteil vom 20. Juni 2001 aaO; BGHZ 117, 345, 350; 119, 276, 278 f. m.w.N.). Das Haftpflichturteil entfaltet also im nachfolgenden Deckungsprozess Bindungswirkung jedenfalls insoweit, als es um den Haftungstatbestand geht (BGH aaO). Dieser umfasst die tatsächlichen Elemente, die der Tatrichter des Haftpflicht- prozesses der Haftung des Versicherungsnehmers zugrunde gelegt hat, ferner den dem Versicherungsnehmer anzulastenden Pflichtverstoß. Es ist deshalb im Deckungsprozess nicht mehr möglich, eine andere schadensverursachende Pflichtverletzung des Versicherungsnehmers zugrunde zu legen als dies im Haftpflichtprozess geschehen ist (BGH, Urteile vom 20. Juni 2001 aaO und vom 17. Juli 2002 aaO). Anders als die Revisionserwiderung meint, ergibt sich aus der Senatsrechtsprechung zur so genannten Voraussetzungsidentität (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 und 2) nichts anderes. Denn die Frage nach dem Haftungsgrund erweist sich im Haftpflichtprozess immer als entscheidungserheblich in dem Sinne, dass sie nach dem im Haftpflichtversicherungsvertrag gegebenen Leistungsversprechen für den nachfolgenden Deckungsprozess verbindlich geklärt werden soll.
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c) Nachdem im Berufungsurteil des Haftpflichtproze sses eine positive Vertragsverletzung der Klägerin gegenüber der Sparkasse angenommen worden war, war das Gericht im Deckungsprozess daran gerade auch mit Blick auf den angenommenen Haftungsgrund gebunden. Dass auch Ansprüche aus positiver Vertragsverletzung solche aus "gesetzlichen Haftungsbestimmungen privatrechtlichen Inhalts" im Sinne von § 1 I 1 AVB-WB sind, ist allgemein anerkannt (vgl. dazu Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 1 AVB Vermögen Rdn. 1 mit Hinweis auf § 1 AHB Rdn. 3 ff. und insbes. Rdn. 5 m.w.N.). Für die Annahme, es fehle an einem gesetzlichen Haftpflichtanspruch zur Begründung eines Versicherungsfalls blieb danach kein Raum.

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2. Soweit das Berufungsgericht weiter meint, der A nspruch auf Versicherungsleistungen scheitere jedenfalls am Leistungsausschluss aus § 4 Ziff. 5 AVB-WB, da die Klägerin den Schaden durch eine wissentliche Pflichtverletzung verursacht habe, ist dies ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei begründet.
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a) Allerdings steht die Bindungswirkung des Haftpf lichturteils dieser Annahme nicht entgegen.
24
Zwar ist der Klägerin dort nur angelastet worden, sie habe sich dem Drängen ihrer Mandantin entziehen und bei gebotener Sachprüfung die wahre Zweckbestimmung des an sie überwiesenen Geldes erkennen, notfalls Rückfrage beim Feuerversicherer und der Sparkasse halten müssen. Damit ist lediglich der Vorwurf einfacher, unbewusster Fahrlässigkeit erhoben. Das genügte aber auch für den Haftpflichtprozess, denn ein Verschulden im Sinne von § 276 BGB - als Voraussetzung für die Haftung aus positiver Vertragsverletzung - setzte nicht die Feststellung voraus, die Klägerin sei sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns bewusst gewesen (dazu, dass Vorsatz und Fahrlässigkeit einerseits und wissentliche Pflichtverletzung andererseits sich nicht decken, vgl. auch Späth, VersR 2000, 825, 826). Die Bindungswirkung reicht aber nur so weit, wie eine für die Entscheidung im Deckungsprozess maßgebliche Frage zu einzelnen Anspruchsvoraussetzungen sich auch im Haftpflichtprozess als entscheidungserheblich erweist (BGH, Urteil vom 18. Februar 2004 - IV ZR 126/02 - VersR 2004, 590 unter III 1 und 2; OLG Hamm NJW-RR 2002, 1185, 1186). Die Frage nach einer wissentlichen Pflichtverletzung war für den Haftpflichtprozess nicht entscheidungserheblich, weil dort Fahrlässigkeit zur Haftungsbegründung ausreichte.

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b) Eine wissentliche Pflichtverletzung, wie sie de r Risikoausschluss des § 4 Ziff. 5 AVB-WB voraussetzt, hat das Berufungsgericht aber nicht rechtsfehlerfrei dargelegt.
26
Wissentlich handelt nur derjenige Versicherte, der die verletzten Pflichten positiv kennt. Bedingter Vorsatz, bei dem er die in Rede stehende Verpflichtung nur für möglich hält, reicht dafür ebenso wenig aus wie eine fahrlässige Unkenntnis. Es muss vielmehr feststehen, dass der Versicherte die Pflichten zutreffend gesehen hat (BGH, Urteile vom 26. September 1990 - IV ZR 147/89 - VersR 1991, 176 unter 4 b, zu § 4 Nr. 6 S. 1 AVB-WB; vom 5. März 1986 - IVa ZR 179/84 - VersR 1986, 647 unter 2 b, zu § 4 Nr. 5 AVB Vermögen).
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Eine solche Feststellung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es erörtert nicht, inwieweit die Klägerin ihre vom Tatrichter des Haftpflichtprozesses erst durch eine umfangreiche Auslegung des Treuhandvertrages ermittelten mehrseitigen Verpflichtungen gegenüber der Mandantin , der Sparkasse und dem Versicherer wirklich überblickt hat. Es setzt sich weder mit der seinerzeit offensichtlichen beruflichen Unerfahrenheit der Klägerin noch mit der nahe liegenden Frage auseinander, welches Motiv sie gehabt haben sollte, wissentlich gegen die Verpflichtung zu verstoßen, das erhaltene Geld an die Sparkasse weiterzuleiten. Stattdessen wird der Klägerin lediglich angelastet, als Rechtsanwältin habe ihr die rechtliche Bedeutung der getroffenen Vereinbarungen klar sein müssen und sie habe angesichts des klaren Inhalts des die Überweisung erläuternden Faxes des Versicherers auch nicht annehmen können, das erhaltene Geld sei für die Mandantin bestimmt. Damit ist in- des nur der Vorwurf - möglicherweise auch grober - Fahrlässigkeit begründet , nicht aber positiv festgestellt, dass die Klägerin ihre Verpflichtungslage zutreffend erkannt und sich bewusst darüber hinweggesetzt hat.
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Auch im übrigen ist die Beweiswürdigung des Berufu ngsgerichts lückenhaft, denn mit den Behauptungen der Klägerin, die Mandantin habe ihr gegenüber geäußert, der Versicherer sei inzwischen damit einverstanden , dass das Geld an sie weitergeleitet werde, sie sei davon irritiert gewesen, dass die Überweisung den Vermerk "Ehepaar F. " getragen habe und ein Mitarbeiter der Beklagten ihr gegenüber telefonisch geäußert habe, die Mandantin und ihr Ehemann hätten noch circa 50.000 DM zu bekommen, setzt sie sich nicht ausreichend auseinander.
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3. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderem Grunde als richtig. Denn anders als die Beklagte meint, ist sie auch nicht infolge einer Verletzung von Informationsobliegenheiten aus § 5 AVB-WB leistungsfrei.
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a) Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Kläg erin ihre Obliegenheit zur Anzeige der Anspruchserhebung durch die geschädigte Sparkasse binnen einer Woche (§ 5 II Ziff. 3 AVB-WB) verletzt hat. Denn erstmals mit Schreiben vom 27. Mai 1999 hat die Sparkasse darauf hingewiesen , dass sie sich Regressansprüche gegen die Klägerin vorbehalte. Schon unter dem 1. Juni 1999 - und damit unverzüglich - schrieb die Klägerin eine Schadensmeldung an die Beklagte. Dass diese nicht binnen einer Woche bei der Beklagten vorgelegen hätte, ist nicht vorgetra- gen. Insoweit kann offen bleiben, ob das Schreiben der Sparkasse schon ein ernstliches Geltendmachen des Haftpflichtanspruchs enthielt.
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b) Ebenso wenig ist dargelegt, dass die Klägerin i hre Obliegenheit, unverzüglich die Klageerhebung gegen sie dem Versicherer zu melden (§ 5 II Ziff. 4 AVB-WB), verletzt hätte. Am 28. September 1999 erhob die Sparkasse Klage gegen die damals beklagte jetzige Klägerin. Mit Schreiben vom 30. September 1999 übersandte die Klägerin diese Klagschrift der Beklagten.
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c) Die Beklagte meint, die Klägerin habe gegen die Obliegenheit aus § 5 III Ziff. 1 AVB-WB verstoßen, den Versicherer umfassend über den Schadensfall zu informieren, weil sie nach der Klagerhebung im Haftpflichtprozess mehr als ein Jahr lang keine Informationen über den weiteren Gang des Rechtsstreits an die Beklagte weitergeleitet habe. Auch damit kann die Beklagte jedoch keinen Erfolg haben.
33
Eine Leistungsfreiheit der Beklagten wegen Verletz ung von Informationsobliegenheiten kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die bei der Beklagten für die Haftpflichtversicherung zuständigen Mitarbeiter allen Anlass hatten, das bei der Gebäudeversicherung angefallene Wissen über den Fortgang des Haftpflichtprozesses zu erfragen, so dass die von der Beklagten als Gebäudeversicherer erlangten Kenntnisse ihr auch im Rahmen des Haftpflichtversicherungsverhältnisses zuzurechnen sind und ein darüber hinausgehender Informationsbedarf hier nicht mehr gegeben war.

34
aa) Die Frage der wechselseitigen Wissenszurechnun g hat den Senat bisher nur für konzernverbundene Unternehmen (BGH, Urteil vom 13. Dezember 1989 - IVa ZR 177/88 - VersR 1990, 258 unter 3) und für Unternehmen entschieden, die in einem Datenverbund eine gemeinsame Datensammlung unterhielten (BGHZ 123, 224 ff.). Er hat ausgesprochen, dass in diesen Fällen eine Wissenszurechnung der Unternehmen untereinander grundsätzlich nicht erfolgt, anderes aber dann gilt, wenn der Versicherer aufgrund von Angaben des Versicherungsnehmers einen konkreten Anlass hat, auf die ihm zugänglichen Daten des anderen Versicherers oder der gemeinsamen Datensammlung zuzugreifen (Urteil vom 13. Dezember 1989 aaO; BGHZ aaO S. 229).
35
bb) Diese Grundsätze lassen sich erst recht auf de n vorliegenden Fall übertragen, in dem die Beklagte als Gebäudeversicherer und als Haftpflichtversicherer tätig geworden ist. Für die Beklagte als Haftpflichtversicherer bestand schon seit der Schadensmeldung der Klägerin im Juni 1999 Anlass dazu, sich mit den für die Gebäudeversicherung zuständigen Mitarbeitern ins Benehmen zu setzen, um künftig die eingehenden Informationen auszutauschen. Denn schon der Schadensmeldung der Klägerin lag in Kopie das Schreiben der geschädigten Sparkasse vom 27. Mai 1999 bei, aus dem hervorging, dass es um eine Fehlleitung einer Zahlung aus der Gebäudeversicherung durch die Klägerin ging, die Beklagte von der möglichen Pflichtverletzung der Klägerin also jedenfalls mittelbar mit betroffen war. Ein aufmerksamer Sachbearbeiter der Haftpflichtversicherung hätte aufgrund dieses Hinweises schon zu einem frühen Zeitpunkt erkennen können und müssen, dass der Gang der Auseinandersetzung um die Fehlleitung der Versicherungsleistung in der Gebäudeversicherung für den Versicherungsfall in der Haftpflichtversicherung von Bedeutung war.
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Erst recht bestand Anlass, auf das vorhandene Wiss en zuzugreifen , nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 30. September 1999 der Beklagten die Klagschrift des Haftpflichtprozesses übersandt hatte, aus der die Rolle der Beklagten als Gebäudeversicherer in allen Einzelheiten hervorging.

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4. Die Sache bedarf zur Prüfung einer wissentliche n Pflichtverletzung im Sinne von § 4 Ziff. 5 AVB-WB neuer tatrichterlicher Verhandlung. Sie war deshalb an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Passau, Entscheidung vom 24.07.2003 - 1 O 793/02 -
OLG München, Entscheidung vom 30.03.2004 - 25 U 4131/03 -