Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2007 - IV ZR 252/06

bei uns veröffentlicht am26.09.2007
vorgehend
Landgericht Berlin, 7 O 121/05, 15.11.2005
Kammergericht, 6 U 175/05, 15.08.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 252/06 Verkündetam:
26.September2007
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Klausel in einer Invaliditäts-Zusatzversicherung "Versicherungsschutz besteht
nicht für Invalidität, die ganz oder überwiegend eingetreten ist aufgrund angeborener
oder solcher Krankheiten, die im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten sind", ist
unwirksam.
BGH, Urteil vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06 - Kammergericht
LG Berlin
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 26. September 2007

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 15. August 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Kläger Der verlangt von der Beklagten Versicherungsleistungen aus einer im April 1998 für seinen im Januar 1996 geborenen Sohn genommenen Invaliditäts-Zusatzversicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen unter anderem Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Invaliditäts-Zusatzversorgung von Kindern zugrunde (im Folgenden: AVB 97), die in ihrem Abschnitt C auszugsweise wie folgt lauten: "1 Wer kann versichert werden? Die Versicherung kann für Kinder vom vollendeten ersten bis zum vollendeten 16. Lebensjahr abgeschlossen werden.

2
Was ist durch diesen Vertrag versichert? (Versicherungsfall) 2.1 Wir bieten Versicherungsschutz für die während der Wirksamkeit des Vertrages durch schwere Krankheit oder Unfall unfreiwillig eingetretene Invalidität. Als solche gilt in diesem Zusatzvertrag eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit, die nach den Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes einen Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 erreicht. 2.2 Als Zeitpunkt für den Eintritt der Invalidität gilt der Zugang des Antrags auf Feststellung einer Behinderung beim Versorgungsamt. …
5
Welchen Einfluss haben Versicherungsunfähigkeit und Ausschlüsse auf den Vertrag? 5.1 Nicht versicherbar und trotz Beitragszahlung nicht versichert sind Personen, bei denen bereits vor Vertragsbeginn eine Invalidität bestand. 5.2 Wird eine vor Vertragsbeginn bestehende Invalidität erst während der Wirksamkeit des Vertrages durch Bescheid festgestellt, erlischt der Vertrag rückwirkend ab Beginn; bereits gezahlte Beiträge werden erstattet. Dies gilt entsprechend, wenn wir nach 6.1 und 6.2 keine Leistung erbringen.
6
In welchen Fällen ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen? Versicherungsschutz besteht nicht für Invalidität, die ganz oder überwiegend eingetreten ist aufgrund 6.1 angeborener oder solcher Krankheiten, die im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten sind."
2
Im September 1998 wurde beim Sohn des Klägers anlässlich einer Lippenbändchenblutung ein ererbter Blutgerinnungsdefekt (leichte Hämophilie
A) diagnostiziert. Das zuständige Versorgungsamt setzte mit Bescheid vom 24. August 2000 den Grad der Behinderung auf 20 fest. Nachdem beim Sohn des Klägers verschiedentlich Gelenkblutungen aufgetreten waren, gingen die behandelnden Ärzte von einer mittelschweren Form der Hämophilie A aus. Das Versorgungsamt erhöhte den Grad der Behinderung auf entsprechenden Antrag des Klägers mit Bescheid vom 7. Mai 2004 zunächst auf 30; im Widerspruchsverfahren erging am 12. November 2004 ein Abhilfebescheid, wonach der Grad der Behinderung mit Wirkung vom 1. Mai 2003 nunmehr 80 betrug.
3
Der Kläger machte daraufhin bei der Beklagten zugunsten seines versicherten Sohnes Rentenansprüche ab Mai 2003 geltend. Die Beklagte lehnte Versicherungsleistungen ab, weil gemäß Abschnitt C Ziff. 6.1 AVB 97 kein Versicherungsschutz für Invalidität bestehe, welche ganz oder überwiegend aufgrund von angeborenen Krankheiten eingetreten sei. Nach Ziff. 5.2 AVB 97 erlösche der Vertrag deshalb rückwirkend ab Beginn; die vom Kläger bis dahin entrichteten Beiträge zahlte die Beklagte zurück.
4
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung einer lebenslangen monatlichen Rente in Höhe von 282 € ab April 2005, der ab Juni 2003 bis März 2005 aufgelaufenen Rückstände in Höhe von 6.468 € nebst Zinsen und der außergerichtlichen, nicht anrechenbaren Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 480,12 € nebst Zinsen verurteilt. Es hat die Klage lediglich wegen des Rentenanspruches für den Monat Mai 2003 abgewiesen, weil nach Ziff. 4.2 AVB 97 die Rente erst ab dem Ersten des auf den Eintritt der Invalidität folgenden Monats zu zahlen sei. Die Berufung der Beklagten hatte in vollem Umfang Erfolg. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


5
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
6
I. Dieses hat ausgeführt: Der Sohn des Klägers leide unstreitig an einer angeborenen Krankheit. Daher bestehe kein Versicherungsschutz nach Ziff. 6.1 AVB 97. Die genannte Bestimmung sei kontrollfähig, da sie das unter Ziff. 2 AVB 97 gegebene Hauptleistungsversprechen der Beklagten einschränke. Sie sei jedoch weder unklar (§ 305c Abs. 2 BGB) noch inhaltlich unangemessen (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB).
7
Die Klausel in Ziff. 6.1 AVB 97 sei eindeutig gefasst. Sie könne insbesondere nicht dahin ausgelegt werden, Versicherungsschutz bei angeborenen Erkrankungen sei lediglich dann ausgeschlossen, falls diese im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten seien. Der in Ziff. 6.1 AVB 97 enthaltene Relativsatz beziehe sich nur auf die zweite Alternative , die dadurch inhaltlich näher umschrieben werde. Kein Versicherungsschutz bestehe danach für angeborene oder im ersten Lebensjahr in Erscheinung getretene Krankheiten. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer werde den Begriff der "angeborenen Krankheit" als entweder genetisch bedingt oder während der Geburt entstanden verstehen.
Auch wenn es keinen abschließenden Katalog angeborener Krankheiten gebe, seien die bei der Geburt entstandenen Krankheiten regelmäßig von Anfang an bekannt, die genetisch bedingten zumindest in der Mehrzahl der Fälle aufgrund ihrer Erscheinungsform - wie etwa beim DownSyndrom - oder der durch Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen gewonnenen Erkenntnisse; bei der Bluterkrankheit sei jedenfalls der Erbgang bekannt. Da eine Versicherbarkeit nach den Zusatzbedingungen der Beklagten erst nach vollendetem ersten Lebensjahr bestehe, werde die angeborene Krankheit jedenfalls bei Stellung des Versicherungsantrages häufig bekannt sein. Vom Leistungsausschluss nicht erfasst seien hingegen die Erkrankungen, die erst nach der Geburt entstanden seien, auch wenn dabei genetische Dispositionen eine Rolle gespielt hätten. Die Abgrenzung einer bloßen genetischen Disposition von einer schon bestehenden genetisch bedingten Erkrankung möge im Einzelfall nicht einfach sein. Hier genüge es jedoch, den Ausschlusstatbestand eng auszulegen. Die Klausel sei somit hinreichend bestimmt; ein Verstoß gegen das Transparenzgebot nicht gegeben.
8
Die Klausel in Ziff. 6.1 AVB 97 weiche auch nicht von den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung in §§ 16 ff. VVG ab. Eine Konstellation , wonach der Versicherer von der Möglichkeit einer Risikoprüfung vor Vertragsschluss absehe, gleichwohl aber von seiner Leistungspflicht solche Fälle ausnehmen wolle, die aufgrund nachträglicher Feststellung auf vor Vertragsschluss gegebene Gefahrumstände zurückzuführen seien , liege hier nicht vor. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 2. März 1994 - IV ZR 109/93 - VersR 1994, 549) habe nicht entschieden, dass Leistungsausschlüsse generell eine unzulässige Aushöhlung des Versicherungsschutzes darstellten, wenn sie keine rein temporären nach ihrem Entstehungszeitpunkt eingegrenzten Risiken, sondern solche beträfen, die bereits vor Vertragsschluss angelegt, dem Versicherungsnehmer indes nicht bekannt gewesen seien und daher auch bei wahrheitsgemäßen Angaben nicht hätten berücksichtigt werden können. Der vorliegende Ausschluss beziehe sich auf einen bestimmten Ausschnitt von Erkrankungen , die anlage- oder geburtsbedingt und mit einem besonders hohen Risiko dauerhafter Invalidität verbunden seien. Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer werde nicht ohne weiteres damit rechnen, dass die Invalidität seines Kindes aufgrund einer angeborenen Erkrankung überhaupt versicherbar sei; denn derartige Erkrankungen würden im Allgemeinen eher als schicksalhafte Fügung denn als versicherbares Risiko angesehen. Die Herausnahme bestimmter Erkrankungen im Wege des objektiven Risikoausschlusses gefährde den Vertragszweck nicht, sondern sei im Interesse der Begrenzung der Prämien sachgerecht und nicht von vornherein unangemessen. Das Versicherungsvertragsgesetz sehe auch nicht vor, dass der Versicherer alle vorvertraglich bestehenden oder angelegten Risiken übernehmen müsse, nach denen bei Antragstellung gefragt werde, die aber noch unbekannt seien und daher wahrheitsgemäß nicht angegeben werden könnten.
9
II. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Zu folgen ist dem Berufungsgericht allerdings darin, dass sich für die Interpretation der streitbefangenen Klausel in Ziff. 6.1 AVB 97 Zweifel nicht ergeben und die Regelung daher nicht unklar im Sinne von § 305c Abs. 2 BGB ist.
11
a) Das Berufungsgericht hat richtig gesehen, dass es zunächst einer Auslegung der betreffenden Bestimmung bedarf, weil nur so Klarheit über ihren Inhalt gewonnen werden kann. Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss (vgl. BGHZ 123, 83, 85). Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit - auch - auf seine Interessen an. Unklar gemäß § 305c Abs. 2 BGB sind Klauseln, bei denen nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar sind (BGHZ 112, 65, 68 f.; Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - VersR 2003, 1163 unter II 2 c). Davon ist bei Ziff. 6.1 AVB 97 nicht auszugehen.
12
Vielmehr b) folgt aus Wortlaut und systematischem Zusammenhang der Klausel, dass es um angeborene Krankheiten oder um solche Krankheiten geht, die im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten sind; der betreffende Relativsatz bezieht sich allein auf die zweite Klauselalternative. Es müssen sich somit nicht auch die angeborenen Krankheiten schon im ersten Lebensjahr äußerlich manifestiert haben. Anderenfalls - und das wird der verständige Versicherungsnehmer ohne weiteres erkennen - hätte die erste Alternative keine selbständige Bedeutung; sie wäre neben dem zweiten Klauselteil überflüssig. Es hätte genügt, allgemein von Krankheiten zu sprechen, die - ob angeboren oder nicht - im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten sind. Das Berufungsgericht formuliert den Klauselinhalt daher zutreffend als "angeborene oder im ersten Lebensjahr in Erscheinung getretene Krankheiten". Danach erweist sich die Klausel als eindeutig.
13
2. Dem Berufungsgericht ist weiter darin zuzustimmen, dass die Klausel mit ihrem durch Auslegung gewonnenen Inhalt grundsätzlich kontrollfähig ist. Nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB ist lediglich die Leistungsbeschreibung , die den unmittelbaren Gegenstand der geschuldeten Hauptleistung festlegt und ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann, einer Überprüfung entzogen. Die Vorschrift hindert eine richterliche Inhaltskontrolle hingegen nicht, wenn die betreffende Klausel nach ihrem Wortlaut und erkennbaren Zweck das vom Versicherer gegebene Hauptleistungsversprechen lediglich einschränkt, verändert, ausgestaltet oder sonst modifiziert (BGHZ 141, 137, 141; 142, 103, 109 f.). So liegt es hier.
14
Hauptleistungsversprechen Das der Beklagten wird in Ziff. 2.1 Satz 1 AVB 97 näher umschrieben. Die Beklagte bietet Versicherungsschutz für während der Wirksamkeit des Vertrages durch schwere Krankheit oder Unfall unfreiwillig eingetretene Invalidität. Dieses Versprechen wird durch die streitbefangene Klausel teilweise zurückgenommen , indem aus dem Kreis der versicherten, auf schwerer Krankheit oder Unfall beruhenden dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit solche Versicherungsfälle ausgenommen werden, bei denen sich die während der Wirksamkeit des Vertrages eingetretene Invalidität auf angeborene oder solche Krankheiten zurückführen lässt, die im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten sind.
15
3. Eine inhaltliche Kontrolle von Ziff. 6.1 AVB 97 ergibt, dass die Klausel den Versicherungsnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist.
16
a) Die Klausel entspricht bereits nicht den Erfordernissen, die sich aus dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ergeben. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners (BGHZ 136, 394, 401 f.; 141, 137, 143; 147, 354, 361 f.).
17
(1) Der Versicherungsnehmer wird anhand einer Gesamtschau der Versicherungsbedingungen zu dem Schluss kommen, dass darin unterschieden wird zwischen dem Invaliditätseintritt, der Invaliditätsfeststellung und dem Nachweis bzw. der Geltendmachung der Invalidität. Als Invalidität gilt nach Ziff. 2.1 AVB 97 eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit, die nach den Vorschriften des Schwerbehindertengesetzes einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 erreicht; für den Zeitpunkt ihres Eintritts ist nach Ziff. 2.2 AVB 97 auf den Zugang des Antrags auf Feststellung einer Behinderung beim Versorgungsamt abzustellen. Die Invalidität wird ferner durch Bescheid des Versorgungsamtes festgestellt und durch dessen Vorlage nachgewiesen und geltend gemacht (Ziff. 3.1 AVB 97). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.
18
Der (2) Versicherungsnehmer erkennt ebenso, dass Versicherungsschutz allein dann besteht, wenn die Invalidität (erst) während der Wirksamkeit des Vertrages eingetreten ist. Das ergibt sich für ihn sowohl aus Ziff. 2.1 AVB 97 ("für die während der Wirksamkeit des Vertrages durch schwere Krankheit oder Unfall unfreiwillig eingetretene Invalidität") als auch aus Ziff. 5.1 und 5.2 AVB 97. Den Bestimmungen unter Ziff. 1 AVB 97 ist überdies zu entnehmen, dass die Versicherung überhaupt nur für Kinder vom vollendeten ersten Lebensjahr an abgeschlossen werden kann. Für eine Invalidität, die bereits im ersten Lebensjahr eingetreten ist, kann von vornherein kein Versicherungsschutz begründet werden, weil bei Abschluss des Versicherungsvertrages kein versicherbares Interesse besteht. Wenn die versicherte Person bereits invalide ist, kann sie für die Zukunft gegen dieses Risiko nicht (mehr) versichert werden (vgl. Senatsurteil vom 25. Januar 1989 - IVa ZR 189/87 - VersR 1989, 351 unter

1).


19
(3) Tritt aber die Invalidität während bestehenden Vertrages ein, so ist grundsätzlich Versicherungsschutz gegeben. Die Regelung unter Ziff. 6.1 AVB 97 enthält daher einen Ausschlusstatbestand, wenn es dort heißt, Versicherungsschutz bestehe nicht für Invalidität, die ganz oder überwiegend eingetreten sei aufgrund angeborener oder solcher Krankheiten , die im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten seien. Es gelten dann nach Ziff. 5.2 Satz 2 AVB 97 dieselben Rechtsfolgen, wie sie in Ziff. 5.2 Satz 1 AVB 97 formuliert werden. Der Vertrag soll rückwirkend ab Beginn erlöschen; bereits gezahlte Beiträge werden erstattet.
20
Dadurch (4) wird dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer zwar hinreichend transparent, dass der Versicherer unter anderem immer dann keine Leistungen erbringen will, wenn die während bestehenden Vertrages eingetretene Invalidität auf einer angeborenen Krankheit beruht , wie dies nach den Feststellungen des Berufungsgerichts beim Sohn des Klägers als Folge einer ererbten Blutgerinnungsstörung der Fall ist. Dem Versicherungsnehmer erschließt sich aber nicht hinreichend, wann von einer "angeborenen Krankheit" auszugehen ist, weil ihm dieser Begriff nicht näher erläutert wird. Die Klausel veranschaulicht ihm nicht, unter welchen Voraussetzungen von einer "angeborenen Krankheit" auszugehen ist. Der bloße Hinweis in den Informationen und Erklärungen zum Versicherungsantrag auf angeborene und geburtsbedingte Krankheiten "wie Mongolismus etc.", reicht dafür nicht aus. Es ist für den Versicherungsnehmer - selbst bei enger Auslegung, wie sie für Ausschlussklauseln geboten ist (BGHZ 88, 228, 231) - daher nicht ohne weiteres durchschaubar , wann er Versicherungsschutz erwarten kann und wann dieser ausgeschlossen sein soll.
21
(5) Ohne Zweifel erfasst die Klausel solche Beeinträchtigungen der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit, die bei Abschluss des Geburtsvorgangs äußerlich erkennbar werden und sich als "angeborene Krankheiten" ohne weiteres feststellen lassen. Darin erschöpft sich der Anwendungsbereich der Klausel jedoch ersichtlich nicht, denn solche Beeinträchtigungen wären zugleich "im ersten Lebensjahr in Erscheinung getreten". Dem Versicherungsnehmer wird dennoch nicht vor Augen geführt , was der Versicherer unter dem unscharfen Begriff der "angeborenen Krankheiten" sonst verstehen möchte, ob also insbesondere auch solche Erkrankungen unter den Ausschlusstatbestand fallen sollen, die auf einer bestimmten ("angeborenen") genetischen Disposition beruhen. Dieser Umstand gewinnt vor dem Hintergrund an Bedeutung, dass im Zuge des medizinischen Fortschritts immer mehr - bis dahin nicht als "angeboren" erkannte und eingeordnete - Erkrankungen auf eine genetische Veranlagung zurückzuführen sind, die bereits bei Geburt bestanden hat, auch wenn die darauf beruhende Erkrankung erst zu einem wesent- lich späteren Zeitpunkt in Erscheinung tritt. Es bleibt allein dem Versicherungsnehmer überlassen, den Begriff der "angeborenen Krankheiten" zu interpretieren und die wirtschaftlichen Risiken abzuschätzen, die für ihn mit der Klausel in Ziff. 6.1 AVB 97 verbunden sein können, obwohl es Aufgabe des Versicherers wäre, ihm diese mit der gebotenen Transparenz zu verdeutlichen.
22
b) Zudem ist die von der Beklagten verwendete Klausel inhaltlich unangemessen, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist, und auch wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB).
23
Die (1) Klausel unterliegt zum einen durchgreifenden Bedenken, soweit ausnahmslos alle angeborenen Krankheiten vom Leistungsausschluss erfasst werden; der Versicherer möchte auf diese Weise sämtliche vor Beginn des Vertrages durch "angeborene Krankheiten" angelegte Versicherungsfälle von seiner Leistungspflicht ausnehmen.
24
Durch einen derart weit reichenden Leistungsausschluss werden Sinn und Zweck des hier genommenen Versicherungsvertrages verfehlt. Die vom Kläger für seinen Sohn abgeschlossene Zusatzversicherung ist darauf gerichtet, die versicherte Person vom vollendeten ersten bis zum vollendeten 16. Lebensjahr gegen das Risiko einer Invalidität "durch schwere Krankheit oder Unfall" abzusichern. Gerade in dieser Lebensspanne tritt krankheitsbedingte Invalidität typischerweise nicht dadurch ein, dass sich eine "schwere Krankheit" neu entwickelt, sondern sie beruht häufig darauf, dass sich eine "angeborene Krankheit" in einer dau- ernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit manifestiert. In einem Leistungsausschluss, der solche "angeborenen Krankheiten" ohne jede Eingrenzung umfasst, liegt daher eine die Erreichung des Vertragszweckes gefährdende Einschränkung der Hauptleistungspflicht des Versicherers und des damit korrespondierenden Anspruchs auf Versicherungsschutz.
25
(2) Nach Ziff. 6.1 AVB 97 sind zum anderen neben den angeborenen auch alle sonstigen Krankheiten ausgenommen, die im ersten Lebensjahr der versicherten Person "in Erscheinung getreten" sind. Diese Formulierung schließt jedenfalls ein Verständnis nicht aus, dass nicht nur dem späteren Versicherungsnehmer bei Antragstellung bereits bekannte und bewusste Erkrankungen gemeint sind, sondern der Leistungsausschluss auch zum Tragen kommen soll, wenn die Erkrankung bei lediglich objektiver Betrachtung hervorgetreten ist, unabhängig davon, ob der Antragsteller diese erkennt oder erkennen konnte. Dafür spricht gerade die Wortwahl "in Erscheinung getreten", die weiter reicht als ein Abstellen auf solche Erkrankungen, von denen der Versicherungsnehmer Kenntnis hat. Die Eintrittspflicht des Versicherers hängt damit auch davon ab, ob bei Betrachtung ex post davon auszugehen ist, dass die später zur Invalidität führende Erkrankung - wenn nicht vom Versicherungsnehmer selbst, so doch von vertragsfremden Personen - anhand bestimmter Anzeichen hätte festgestellt und als solche eingeordnet werden können.
26
Mit diesem Inhalt der Klausel weicht die Beklagte bei Erkrankungen , die im ersten Lebensjahr der versicherten Person in Erscheinung getreten sind, zu Ungunsten des Versicherungsnehmers von den Grundgedanken der §§ 16 ff. VVG ab (§ 34a VVG).

27
Nach aa) den Vorschriften der §§ 16 ff. VVG hat der Versicherungsnehmer bei der Schließung des Vertrages alle ihm bekannten Umstände , die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen; aufgrund der angezeigten Umstände hat der Versicherer sodann eine Risikoprüfung vorzunehmen und zu entscheiden, ob er den Antrag auf Versicherungsschutz annehmen möchte. Werden hinsichtlich dem Versicherungsnehmer bekannter Umstände unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, sehen die §§ 16 ff. VVG dafür entsprechende Sanktionen vor.
28
Diese Regelungen sollen zwischen den Parteien des Versicherungsvertrages eine Ausgewogenheit der für beide Seiten wichtigen Abschätzung der jeweiligen Gefahrenlage vor Vertragsschluss gewährleisten. Der Versicherungsnehmer soll gegen den Willen des Versicherers keinen Wissensvorsprung bezüglich derjenigen Umstände behalten dürfen , die für die Beurteilung von Bedeutung sind, ob sich im Laufe der Versicherung voraussichtlich ein Versicherungsfall ereignen wird oder nicht. Dementsprechend bezieht sich die gesetzliche Anzeigeobliegenheit , bei deren Verletzung der Versicherer durch Rücktritt leistungsfrei werden kann, auch nur auf Gefahrumstände, die dem Versicherungsnehmer bekannt sind, nicht dagegen auf ihm unbekannt gebliebene. Ob der Versicherer von der ihm gesetzlich eingeräumten Risikoprüfungsmöglichkeit mit vorangehenden Fragen zu Gefahrumständen Gebrauch macht und damit gegebenenfalls im Versicherungsfall Leistungsfreiheit erlangen kann, steht allerdings grundsätzlich in seinem Belieben. Da sich Leistungsfreiheit aber nur aus einer (schuldhaft begangenen) Verletzung der Anzeigeobliegenheit herleiten lässt, kann er, wenn er die Möglichkeit zur Risikoprüfung genutzt hat, nur dann zurücktreten, wenn ein dem Versicherungsnehmer bekannter Gefahrumstand ihm - gefragt oder ungefragt - nicht mitgeteilt worden ist (vgl. Senatsurteile vom 2. März 1994 - IV ZR 109/93 - VersR 1994, 549 unter 2 b; vom 7. Februar 1996 - IV ZR 155/95 - VersR 1996, 486 unter 3).
29
bb) Der Versicherer entzieht sich dieser vom Gesetz vorgesehenen Risikoverteilung dadurch, dass er formularmäßig Leistungsausschlüsse für Vorerkrankungen vorsieht, selbst wenn diese dem Versicherungsnehmer (schuldlos) unbekannt geblieben sind. Die Vereinbarung eines solchen Leistungsausschlusses, der - wie hier - an die Stelle einer auf den Einzelfall bezogenen Risikoprüfung treten soll, wie sie vom Gesetz gefordert ist, läuft der dem Schutz des Versicherungsnehmers dienenden Bestimmung des § 34a VVG und der im Rahmen der §§ 16 ff. VVG dem Versicherer obliegenden Gefahrtragung zuwider. Wenn die Leistungspflicht des Versicherers nicht mehr davon abhängen soll, dass er nach eigenverantwortlicher Abschätzung der ihm vom Versicherungsnehmer offenbarten Gefahrenlage die Absicherung gegen die wirtschaftlichen Folgen eines von beiden Parteien nur für möglich gehaltenen zukünftigen Ereignisses (hier: Eintritt der Invalidität) übernommen hat, wäre zugleich seine Hauptleistungspflicht unzulässig ausgehöhlt (vgl. Senatsurteil vom 2. März 1994 aaO unter 2 c); auch deshalb ist die Klausel unwirksam.
30
Soweit 4. sich die Beklagte darauf beruft, ihr Schreiben vom 5. Januar 2005 sei - ebenso wie ihre daran anschließenden Schreiben - zumindest konkludent als Erklärung des Rücktritts im Sinne des § 20 VVG zu verstehen, kann dem nicht gefolgt werden. In diesen Schreiben lehnt die Beklagte Versicherungsschutz unter Hinweis auf Ziff. 6.1 AVB 97 ab, nicht aber bezieht sie sich darauf, der Kläger habe die von ihr gestellten Gesundheitsfragen unrichtig beantwortet, insbesondere eine ihm bekannte Eigenschaft der Kindesmutter als Konduktorin der Bluterkrankheit nicht offenbart.
31
III. Das Berufungsgericht wird daher zu klären haben, ob - wie von der Beklagten geltend gemacht - Invalidität bereits bei Abschluss des Vertrages vorlag.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf RiBGH Dr. Franke ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert. Terno
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 15.11.2005 - 7 O 121/05 -
KG Berlin, Entscheidung vom 15.08.2006 - 6 U 175/05 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2007 - IV ZR 252/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 26. Sept. 2007 - IV ZR 252/06

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Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


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wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Wird über das Vermögen des Versicherers das Insolvenzverfahren eröffnet, endet das Versicherungsverhältnis mit Ablauf eines Monats seit der Eröffnung; bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es der Insolvenzmasse gegenüber wirksam.

(2) Die Vorschriften des Versicherungsaufsichtsgesetzes über die Wirkungen der Insolvenzeröffnung bleiben unberührt.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 74/02 Verkündet am:
9. Juli 2003
Heinekamp
Justizobersekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
AUB 88 § 7 I (2) a; AGBG § 5; BGB § 305c Abs. 2
Die in der Gliedertaxe (§ 7 I (2) a AUB 88) enthaltene Wendung "... Funktionsunfähigkeit
... einer Hand im Handgelenk ..." ist unklar (§§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB).
BGH, Urteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - OLG Hamm
LG Essen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, den Richter Dr. Schlichting, die Richterin
Ambrosius und die Richter Wendt und Felsch auf die mündliche Ver-
handlung vom 9. Juli 2003

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. November 2001 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, bei der er eine private Unfallversicherung unterhält, eine höhere Invaliditätsentschädigung als bereits bezahlt. Die Parteien streiten um die richtige Bemessung des Invaliditätsgrades und hierbei insbesondere darum, wie der in den Versicherungsbedingungen enthaltene Begriff der "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" auszulegen ist.
Der Kläger erlitt durch einen Unfall einen Trümmerbruch der Speiche des linken Armes, mit Gelenkflächenbeteiligung und Schädigung der distalen Handwurzelknochen. Wegen fortdauernder Schmerzen mußte eine künstliche Versteifung des Handgelenks vorgenommen werden.

Einzelne Funktionen der Hand wie Tasten, Fühlen, Bewegen und die Beweglichkeit der Finger sind erhalten geblieben, so daß die Hand für den Kläger nicht vollständig nutzlos, sondern weiterhin teilweise gebrauchsfähig ist.
In der sogenannten Gliedertaxe der dem Versicherungsvertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (§ 7 I (2) a und b AUB 88) heißt es hierzu u.a.:
"(2) Die Höhe der Leistung richtet sich nach dem Grad der Invalidität.
a) Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität - bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit eines Armes im Schultergelenk 70 Prozent eines Armes bis oberhalb des Ellbogengelenks 65 Prozent eines Armes unterhalb des Ellbogengelenks 60 Prozent einer Hand im Handgelenk 55 Prozent. eines Daumens 20 Prozent eines Zeigefingers 10 Prozent eines anderen Fingers 5 Prozent ... eines Fußes im Fußgelenk 40 Prozent
b) Bei Teilverlust oder Funktionsbeeinträchtigung eines dieser Körperteile oder Sinnesorgane wird der entsprechende Teil des Prozentsatzes nach a) angenommen." Der Kläger meint, der Grad seiner Invalidität sei nach der Funktionsbeeinträchtigung seiner Hand und des Handgelenks zu bemessen, die mindestens 80% betrage, so daß sein Invaliditätsgrad mit (80% von 55% =) 44% anzusetzen sei. Auf dieser Basis steht ihm unstreitig eine

Entschädigung von 216.480 DM zu, von der nach Abzug des von der Beklagten bereits geleisteten Betrages noch die mit der Klage geltend gemachten 126.720 DM offenstehen. Die Beklagte vertritt demgegenüber den Standpunkt, daß es auf die Funktionsbeeinträchtigung des ganzen Armes ankomme, die 2/5 betrage. Dementsprechend hat die Beklagte auf der Basis eines Invaliditätsgrades von (2/5 von 70% =) 28% abgerechnet und gezahlt.
Das Landgericht hat auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes abgestellt und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Zahlung der begehrten weiteren Entschädigung mit Ausnahme eines Teils der verlangten Zinsen verurteilt. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Dem Kläger steht die verlangte weitere Invaliditätsentschädigung zu.
I. Das Berufungsgericht hat zunächst ausgeführt, daß es nicht auf die Funktionsbeeinträchtigung des Armes ankomme. Wegen des abstrakten und generellen Maßstabs der Gliedertaxe, die feste Invaliditätsgrade für die in ihr benannten Glieder bestimme, dürfe bei vollständiger Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand im Handgelenk der Invaliditätsgrad nicht unter Rückgriff auf die Auswirkungen auf das Restglied ge-

ringer angesetzt werden. Des weiteren hat das Berufungsgericht wegen des seiner Ansicht nach eindeutigen Wortlauts des Begriffs "Funktions- unfähigkeit der Hand im Handgelenk" angenommen, daß es auf die Funktionsunfähigkeit der Hand gerade im Handgelenk und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand ankomme. Bei einer kompletten Versteifung des Handgelenks, wie sie beim Kläger vorliege, sei es deshalb unerheblich, ob das Teilglied Hand noch vorhanden und funktionsfähig sei.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Berufungsgericht die Ausstrahlungen der Funktionsbeeinträchtigung der Hand im Handgelenk auf den ganzen Arm für unbeachtlich erklärt und deshalb nicht den Armwert angewandt (vgl. Senatsurteile vom 30. Mai 1990 - IV ZR 143/89 - VersR 1990, 964 unter 2 a; vom 17. Oktober 1990 - IV ZR 178/89 - VersR 1991, 57 unter 3 b; vom 23. Januar 1991 - IV ZR 60/91 - VersR 1991, 413; vom 17. Januar 2001 - IV ZR 32/00 - VersR 2001, 360 unter 2 a).
2. Im Ergebnis ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht entschieden , daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" vorliegt, wenn nur das Handgelenk funktionsunfähig ist. Dies ergibt sich aus der Unklarheitenregel der §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB, wonach Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu Lasten des Verwenders gehen.


a) Versicherungsbedingungen sind Allgemeine Geschäftsbedingungen und unterliegen daher dem AGBG bzw. den §§ 305 ff. BGB mitsamt der Unklarheitenregel.

b) Die Unklarheitenregel würde nicht eingreifen, wenn, wie das Berufungsgericht meint, die Klausel eindeutig und damit gar nicht auslegungsbedürftig wäre (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 305c Rdn. 18; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1992 - X ZR 74/91 - NJW 1993, 657 unter II 2). Die in der Gliedertaxe gebrauchte Wendung "als feste Invaliditätsgrade gelten ... bei Verlust oder Funktionsunfähigkeit einer ... Hand im Handgelenk 55%" ist indessen nicht eindeutig. Der Wortlaut weist zwar einerseits auf einen im Handgelenk lokalisierten Verlust, eine dort lokalisierte Funktionsunfähigkeit hin, er läßt aber wegen der Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit dennoch Zweifel zu, ob es für die Funktionsunfähigkeit nicht auch auf die Hand bis zum Handgelenk ankommen soll.

c) Die demnach erforderliche Auslegung vermag diese Zweifel nicht zu beheben. Es sind vielmehr die Voraussetzungen der Unklarheitenregel gegeben: Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, daß die Klausel nach dem Wortlaut unter Berücksichtigung ihres nach verständiger Würdigung zu ermittelnden Sinnes und Zwecks objektiv mehrdeutig ist. Die Mehrdeutigkeit kann auch nicht beseitigt werden, und es bleiben nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden mindestens zwei unterschiedliche Auslegungen vertretbar (BGHZ 112, 65, 68 f.).

(1) Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muß. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an (BGHZ 123, 83, 85). Es ist nicht maßgeblich, was sich der Verwender der Bedingungen bei ihrer Abfassung vorgestellt hat. Die Entstehungsgeschichte der Bedingungen, die der Versicherungsnehmer typischerweise nicht kennt, hat bei der Auslegung außer Betracht zu bleiben (BGH, Urteil vom 17. Mai 2000 - IV ZR 113/99 - VersR 2000, 1090 unter 2 a).
(2) Die vom Berufungsgericht erwogene Auslegung ist möglich.
Die Wortwahl "Hand im Handgelenk" kann den Versicherungsnehmer , der die Bedeutung der Formulierung "im Gelenk" zu erschließen sucht, zu einem Verständnis führen, daß auf die Funktionsunfähigkeit des Gelenks selbst und nicht auf die Funktionsunfähigkeit des Teilgliedes Hand abzustellen ist. In diesem Verständnis kann sich der Versicherungsnehmer insbesondere dadurch bestätigt sehen, daß die Gliedertaxe Teilbereiche eines Gliedes - so des Armes - auch mit Wendungen beschreibt wie "eines Armes bis" (oberhalb des Ellbogengelenks - unterhalb des Ellbogengelenks); Entsprechendes gilt für Teilbereiche des Beines. Wenn einerseits mit der Wendung "bis" ausdrücklich Gliedabschnitte beschrieben werden, deutet im Gegensatz dazu die Wendung "im" auf eine Lokalisierung der Funktionsunfähigkeit gerade im Gelenk selbst hin. Liegt also vollständige Funktionsunfähigkeit des Handgelenks durch dessen Versteifung vor, kann der Versicherungsnehmer die Glie-

dertaxe dahin verstehen, daß allein deshalb ein Invaliditätsgrad von 55% zugrunde zu legen ist. Selbst wenn trotz der Funktionsunfähigkeit des Handgelenks die Hand selbst noch teilweise funktionsfähig geblieben sein sollte, muß das den Versicherungsnehmer nicht notwendig zu einer anderen Einschätzung führen. Denn er darf auch berücksichtigen, daß es in § 7 I (2) a AUB 88 einleitend heißt: "Als feste Invaliditätsgrade gelten - unter Ausschluß des Nachweises einer höheren oder geringeren Invalidität...". Zwar erkennt der Versicherungsnehmer auch, daß der Verlust einer Hand im Handgelenk der Funktionsunfähigkeit im Gelenk bei verbleibender Teilfunktionsfähigkeit der Hand in seinen Auswirkungen nicht gleichstehen muß, gleichwohl aber der gleiche Invaliditätsgrad - also eine gleich hohe Entschädigung - in Betracht kommt. Der Versicherungsnehmer kann das auf die mit der Gliedertaxe vorgenommene pauschalisierende Bewertung des Invaliditätsgrades zurückführen, deren versicherungswirtschaftliche oder medizinische Rechtfertigung sich ihm ohnehin nicht erschließt. Das gilt auch und gerade mit Blick auf die Gleichstellung von Verlust und Funktionsunfähigkeit von Gliedern oder Gliedteilbereichen.
(3) Auf der anderen Seite ist aber auch eine Auslegung dahin möglich, daß "Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk" ihrerseits die Funktionsunfähigkeit der restlichen Hand voraussetzt (vgl. Knappmann , VersR 2003, 430, 431).
Das kann dem Versicherungsnehmer der Aufbau der Gliedertaxe nahelegen. Die Gliedertaxe sieht Abstufungen des Invaliditätsgrades - etwa des Armes - vor, nachdem der Invaliditätsgrad mit der Rumpfnähe der in der Gliedertaxe festgelegten Teilbereiche ansteigt. Diese Abstu-

fung trägt - dem Versicherungsnehmer erkennbar - den zunehmenden Auswirkungen des jeweiligen Teilgliedverlustes oder der Teilgliedfunktionsunfähigkeit auf die generelle Arbeitsfähigkeit des Menschen Rechnung. Liefert aber die Rumpfnähe des Teilgliedes den Bewertungsmaßstab , läßt sich die Wendung "Hand im Handgelenk" auch dahin verstehen , daß mit ihr - wie mit der Abgrenzung "bis zum" - nur die Grenze eines Gliedteilbereichs beschrieben wird, es also bei der Funktionsunfähigkeit auf die Hand insgesamt ankommt. Für ein solches Verständnis kann auch die Gleichbewertung von Verlust und Funktionsunfähigkeit einer Hand im Handgelenk sprechen. Sie läßt jedenfalls den Schluß zu, daß der Versicherer hier Sachverhalte gleichbehandeln wollte, die sich aus seiner Sicht hinsichtlich des versicherten Risikos gleichen.
(4) Beide Auslegungen sind vertretbar. Die sich aus der mehrdeutigen Formulierung "Hand im Handgelenk" ergebenden Zweifel lassen sich aus der Sicht des um Verständnis bemühten Versicherungsnehmers nicht überwinden. Diese Auslegungszweifel gehen gemäß §§ 5 AGBG, 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders; es ist deshalb von der für den Versicherungsnehmer günstigeren Auslegung auszugehen.
Soweit sich aus dem (nicht begründeten) Nichtannahmebeschluß des Senats vom 2. Oktober 2002 - IV ZR 222/01 - etwas anderes ergibt, hält der Senat daran nicht fest.

(5) Im vorliegenden Fall ist demgemäß bei der Bemessung der In- validität des Klägers allein darauf abzustellen, daß sein Handgelenk funktionsunfähig ist. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich danach als im Ergebnis zutreffend.
Terno Richter am Bundesgerichtshof Ambrosius Dr. Schlichting ist wegen Urlaubs verhindert, seine Unterschrift beizufügen. Terno
Wendt Felsch

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Wird der Vertrag von einem Vertreter des Versicherungsnehmers geschlossen, sind bei der Anwendung des § 19 Abs. 1 bis 4 und des § 21 Abs. 2 Satz 2 sowie Abs. 3 Satz 2 sowohl die Kenntnis und die Arglist des Vertreters als auch die Kenntnis und die Arglist des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen. Der Versicherungsnehmer kann sich darauf, dass die Anzeigepflicht nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt worden ist, nur berufen, wenn weder dem Vertreter noch dem Versicherungsnehmer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt.