Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2019 - V ZR 102/18

bei uns veröffentlicht am14.06.2019
vorgehend
Amtsgericht Krefeld, 2 C 300/15, 30.08.2017
Landgericht Krefeld, 1 S 68/17, 20.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 102/18 Verkündet am:
14. Juni 2019
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ob der Eigentümer eines Grundstücks vom Nachbargrundstück herüberragende
Zweige ausnahmsweise dulden muss, bestimmt sich - vorbehaltlich naturschutzrechtlicher
Beschränkungen eines Rückschnitts - allein nach § 910
Abs. 2 BGB. Der Maßstab des § 906 BGB gilt hierfür auch dann nicht, wenn die
von den herüberragenden Zweigen ausgehende Beeinträchtigung in einem
Laub-, Nadel- und Zapfenabfall besteht.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 102/18 - LG Krefeld
AG Krefeld
ECLI:DE:BGH:2019:140619UVZR102.18.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Krefeld vom 20. April 2018 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke. Auf dem Grundstück des Beklagten steht im vorderen, zur Straße gelegenen Bereich an der gemeinsamen Grenze u.a. eine Douglasie. Deren Äste ragen in einer Höhe von mindestens 3 m im Mittel 5,4 m auf das Grundstück der Klägerin herüber. Nadeln und Zapfen fallen auf die dort angelegte Grundstückseinfahrt. Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten, soweit hier von Interesse, den Rückschnitt der überhängenden Äste und Zweige der Douglasie. Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
2
Das Amtsgericht hat, nach Einnahme eines Augenscheins und sachverständig beraten, der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils, hilfsweise beantragt sie, den Beklagten zu verpflichten, den Rückschnitt der Äste der herüberragenden Äste der Douglasie zu dulden. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Nach Ansicht des Berufungsgerichts, dessen Urteil u.a. in ZMR 2018, 818 veröffentlicht ist, steht der Klägerin ein Anspruch auf Beseitigung der überhängenden Äste der Douglasie aus § 1004 BGB i.V.m. § 910 BGB nicht zu. Die Vorschrift des § 910 BGB erfasse nur die unmittelbar von den überhängenden Ästen ausgehende Beeinträchtigung. Die Klägerin berufe sich hingegen auf den durch den Überwuchs verursachten erhöhten Nadel- und Zapfenbefall ihres Grundstücks. Bei solchen mittelbaren Folgen des Überwuchses gelte der Maßstab des § 906 BGB, der allgemein und abschließend die Zulässigkeit von Immissionen regele. Danach müsse, damit die Klägerin den Rückschnitt herüberragender Äste verlangen könne, der Laubabfall wesentlich und nicht ortsüblich sein. Jedenfalls am letzterem fehle es.

II.

4
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung lässt sich der Anspruch der Klägerin auf Rückschnitt aus § 1004 Abs. 1 BGB nicht verneinen. Die Annahme, die Vorschrift des § 906 BGB sei für den Anspruch auf Beseitigung herüberragender Äste Maßstab für die Duldungspflicht (§ 1004 Abs. 2 BGB), wenn die Störung allein in einem Laub-, Nadel- oder Zapfenabfall bestehe, ist rechtsfehlerhaft.
5
1. Nach § 910 Abs.1 Satz 2 BGB kann der Eigentümer eines Grundstücks herüberragende Zweige abscheiden, wenn er dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt. Er kann auch nach § 1004 Abs. 1 BGB von dem Nachbarn die Beseitigung der Zweige verlangen. Das Selbsthilferecht des Eigentümers aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB schließt einen solchen Beseitigungsanspruch nicht aus; beide bestehen gleichrangig nebeneinander (Senat, Urteil vom 23. Februar 1973 - V ZR 109/71, BGHZ 60, 235, 241 f.; Urteil vom 7. März 1986 - V ZR 92/85, BGHZ 97, 231, 234; Urteil vom 28. November 2003 - V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604).
6
2. Das Selbsthilferecht ist, wie auch der Beseitigungsanspruch, nach dem Wortlaut des § 910 Abs. 2 BGB nur ausgeschlossen, wenn die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen (zur Anwendbarkeit von § 910 Abs. 2 BGB auf den Beseitigungsanspruch vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 39; Urteil vom 28. November 2003 - V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604 zu hinübergewachsene Baumwurzeln; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318; Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 136/18, NJW-RR 2019, 590 Rn. 10).

7
a) Die Vorschrift erfasst entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht nur die unmittelbar durch den Überhang hervorgerufene Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung, wie sie in der Berührung des Wohnhauses (vgl. Senat , Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318) oder in der Gefahr des Abbruchs (vgl. dazu OLG Koblenz, MDR 2014, 25; Staudinger/Roth, BGB [2016], § 910 Rn. 20) liegen kann. Zwar wird das teilweise vertreten (so OLG Köln, NJW-RR 1997, 656). Diese Ansicht trifft aber nicht zu. § 910 BGB unterscheidet nicht nach der Art der Beeinträchtigung. Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, den Nachbarn vor der Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung durch Überhang zu schützen, lässt sich entnehmen, dass das Selbsthilferecht und der Beseitigungsanspruch sich nur auf den unmittelbar beeinträchtigenden Überwuchs beziehen und bei einer mittelbaren Beeinträchtigung ausgeschlossen sein sollen (vgl. Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. III S. 593). Maßgebend ist allein die objektive Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung (vgl. Senat , Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 39 f.; MüKoBGB/Brückner, 7. Aufl., § 910 Rn. 8; Staudinger/Roth, BGB [2016], § 910 Rn. 18; zur Darlegungs - und Beweislast vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, aaO S. 39; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, aaO S. 319). Damit ist auch die mittelbare Beeinträchtigung durch das Abfallen von Laub, Nadeln und ähnlichem erfasst (vgl. Senat, Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, aaO für einen auf überhängende Äste gestützten Unterlassungsanspruch ; Staudinger/Roth, BGB [2016], § 910 Rn. 20 mwN).
8
b) Entgegen einer teilweisen vertretenen Ansicht (LG Saarbrücken, NJWRR 1986, 1341; AG Frankfurt a.M., NJW-RR 1990, 146; 1990, 1101), der das Berufungsgericht folgt, ist der Beseitigungsanspruch in einem solchen Fall der mittelbaren Beeinträchtigung nicht ausgeschlossen, wenn die über das Nachbargrundstück hinausgewachsenen Äste auf dessen ortsüblichen Nutzung beruhen (so zutreffend OLG Koblenz, MDR 2014, 25, 26; OLG Saarbrücken, Urteil vom 23. August 2007 - 8 U 385/06, juris Rn. 20; AG Würzburg, NJW-RR 2001, 953; Lüke in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Teil Rn. 380; Staudinger/Roth, BGB [2016], § 910 Rn. 18). Ob der Eigentümer eines Grundstücks vom Nachbargrundstück herüberragende Zweige ausnahmsweise dulden muss, bestimmt sich - vorbehaltlich naturschutzrechtlicher Beschränkungen eines Rückschnitts (vgl. dazu unten III.1.b) aa) - allein nach § 910 Abs. 2 BGB. Der Maßstab des § 906 BGB gilt hierfür auch dann nicht, wenn die von den herüberragenden Zweigen ausgehende Beeinträchtigung in einem Lauboder - wie hier - Nadel- und Zapfenabfall besteht. Die Vorschrift des § 910 BGB stellt für die Beseitigung des Überhangs eine spezialgesetzliche und abschließende Regelung dar. Sie kennt das Kriterium der Ortsüblichkeit nicht. Dieses ist für die Frage, ob der Überhang geduldet werden muss, unerheblich.
9
c) Das führt, anders als das Berufungsgericht meint, nicht zu einem Wertungswiderspruch. Dass für Laub und Nadeln, die von herüberragenden Zweigen abfallen, mit § 910 Abs. 2 BGB ein strengerer Maßstab gilt als fürLaubund Nadelabfall, der von einem auf dem Nachbargrundstück stehenden Baum ausgeht, findet seine Rechtfertigung darin, dass der Nachbar die Äste über die Grenzen seines Grundstücks herauswachsen lässt. Damit entspricht die Nutzung des Grundstücks nicht ordnungsgemäßer Bewirtschaftung (vgl. Senat, Urteil vom 28. November 2003 - V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036).
10
3. Der Senat kann die am Maßstab des § 910 Abs. 2 BGB vorzunehmende Prüfung, ob der von den herüberragenden Zweigen der Douglasie ausgehende Nadel- und Zapfenabfall die Klägerin in der Grundstücksnutzung objektiv beeinträchtigt, selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten und auch nicht notwendig sind. Von den herüberragenden Ästen der Douglasie fallen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts Nadeln und Zapfen in einem Umfang von ca. 480 l pro Jahr auf die Garageneinfahrt der Klägerin und verunreinigen diese. Das stellt eine objektive Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung dar (vgl. dazu BeckOGK/Vollkommer, BGB [1.6.2019], § 910 Rn. 20.3; Lüke in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., 2. Teil Rn. 379; Staudinger/Roth, BGB [2016], § 910 Rn. 20). Sie kann nicht als gänzlich unerheblich angesehen werden, so dass es keiner Entscheidung bedarf, ob - was der Senat bislang offen gelassen hat - in einem solchen Fall eine Duldungspflicht bestünde (vgl. Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 39 mwN; Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 136/18, NJW-RR 2019, 590, Rn. 10).

III.

11
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
12
1. a) Es fehlt nach den bisherigen Feststellungen nicht an der Störereigenschaft des Beklagten. Dieser ist Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil er es zugelassen hat, dass Zweige der Douglasie über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen sind und zu den benannten Beeinträchtigungen führen. Der Eigentümer muss nämlich dafür Sorge tragen, dass die Zweige eines Baumes oder eines Strauches nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen (vgl. Senat, Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318; zu Baumwurzeln vgl. Urteil vom 28. November 2003 - V ZR 99/03, NJW 2004, 603, 604; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036).
13
b) Die Störereigenschaft des Beklagten entfällt nicht deshalb, weil er, wie er geltend macht, durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung der Stadt K. rechtlich gehindert sein könnte, den von der Klägerin erstrebten Rückschnitt der Äste der Douglasie vorzunehmen.
14
aa) Zwar kann das öffentliche Naturschutzrecht, auch Landes- und Gemeinderecht , dazu führen, dass die Ausübung des Selbsthilferechts aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB gehindert bzw. der Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB nicht durchgesetzt werden kann. Die Verbote wirksamer Baumschutzsatzungen sind auch von dem Nachbarn hinzunehmen (OLG Hamm, NJW 2008, 453; OLG Düsseldorf, NJW 1989, 1807; Palandt/Bassenge, BGB, 78. Aufl., § 910 Rn. 3; Staudinger/Roth, BGB [2016], § 910 Rn. 22; Otto, NJW 1989, 1783; aA OLG Karlsruhe, AgrarR 1988, 263). Nach der Rechtsprechung des Senats stellen aber naturschutzrechtliche Verbote die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht in Frage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann (vgl. Senat, Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318 f. zur Baumschutzsatzung; vgl. auch Urteil vom 20. November 1992 - V ZR 82/91 BGHZ 120, 239, 254).
15
Ob das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte, ebenso wie das Bestehen des Verbots, selbständig prüfen. Ergibt die Prüfung, dass die verlangte Maßnahme nach der Baumschutzsatzung grundsätzlich verboten und eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot nicht besteht, scheidet eine Verurteilung zur Beseitigung aus (Senat, Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, aaO; Urteil vom 20. November 1992 - V ZR 82/91, aaO S. 247). In diesem Fall ist auch das Selbsthilferecht aus § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB ausgeschlossen (vgl. Staudinger / Roth, BGB [2016], § 910 Rn. 21). Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht , muss in den Tenor einer eventuellen Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden, auch wenn das nicht in dem Klageantrag enthalten ist (Senat, Urteil vom 20. November 1992 - V ZR 82/91, aaO; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, aaO; Vollstreckung des Urteils auf bedingte Leistung gemäß § 726 ZPO, vgl. Senat, Urteil vom 7. Oktober

1977

- V ZR 131/75, NJW 1978, 1262, 1263; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 259 Rn. 2). Der Nachbar, der an der Durchsetzung eines ihm zustehenden privatrechtlichen Anspruchs auf Rückschnitt der Äste eines Baums (§ 910 Abs. 1 BGB) durch dieses Recht überlagernde öffentlich-rechtliche Bestimmungen einer Baumschutzsatzung gehindert wird, ist ebenso wie der Eigentümer des Baums befugt, selbst eine Ausnahme von dem baumschutzrechtlichen Verbot zu beantragen und im Streit darüber den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten (Senat, Urteil vom 20. November 1992 - V ZR 82/91, BGHZ 120, 239, 246 zu § 31 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG aF; Beschluss vom 10. April 2014 - V ZB 168/13, juris Rn. 8).
16
bb) Feststellungen dazu, ob die Baumschutzsatzung der Stadt K. dem Rückschnitt der Äste der Douglasie entgegensteht, hat das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht getroffen. Mit der Baumschutzsatzung hat sich das Berufungsgericht, gestützt auf die Aussage des vom Amtsgericht als Zeugen vernommen Mitarbeiters der Stadt, nur in Bezug auf einen anderen, hier nicht streitgegenständlichen Baum befasst.
17
2. Soweit der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, führt dies auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht zur Abwei- sung der Klage. Der Anspruch des Grundstückseigentümers auf Zurückschneiden herüberragender Äste aus § 1004 Abs. 1 BGB unterliegt im Gegensatz zu dem Selbsthilferecht allerdings der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB (Senat, Urteil vom 8. Juni 1979 - V ZR 46/78, WM 1979, 1219; Urteil vom 22. Februar 2019- V ZR 136/18, NZM 2019, 350 Rn. 13 mwN). Wachsen Äste über eine Grundstücksgrenze hinaus, handelt es sich weder um eine einheitliche Dauerhandlung, die den rechtswidrigen Zustand fortlaufend aufrechterhält und die die Verjährungsfrist deshalb gar nicht in Gang setzt, noch um eine wiederholte Störung, die jeweils neue Ansprüche begründet (vgl. Senat, Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 136/18, aaO Rn. 15). Der Anspruch auf Beseitigung der Störung entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Eigentumsbeeinträchtigung (§ 910 Abs. 2 BGB) infolge des Wachstums der Äste einsetzt (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 1979 - V ZR 46/78, WM 1979, 1219; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, 1036; Urteil vom 22. Februar 2019 - V ZR 136/18 aaO Rn. 15). Ob ein Anspruch der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB in Anwendung dieser Grundsätze verjährt ist, lässt sich mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts nicht beurteilen.

IV.

18
Das Berufungsurteil kann deshalb keinen Bestand haben und ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden kann; vielmehr bedarf es weiterer Feststellungen durch das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 und 3 ZPO). Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele Haberkamp Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Krefeld, Entscheidung vom 30.08.2017 - 2 C 300/15 -
LG Krefeld, Entscheidung vom 20.04.2018 - 1 S 68/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2019 - V ZR 102/18

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S
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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch


(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der

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Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 218/18 Verkündet am: 20. September 2019 Weschenfelder Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

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(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 99/03 Verkündet am:
28. November 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt den Beseitigungsanspruch
nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus (Bestätigung von Senat, BGHZ
60, 235, 241 f. und 97, 231, 234).

b) Der Eigentümer eines Baums muß dafür Sorge tragen, daß dessen Wurzeln nicht
in das Nachbargrundstück hinüberwachsen; verletzt er diese Pflicht, ist er hinsichtlich
der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks
"Störer" im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte
Grundstückseigentümer kann die von dem Störer geschuldete Beseitigung
der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden
Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung
, BGHZ 97, 231, 234 und 106, 142, 143; Urt. v. 8. Februar
1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686 und v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94,
WM 1995, 76).
BGH, Urt. v. 28. November 2003 - V ZR 99/03 - LG Berlin
AG Spandau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 52. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 13. März 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Klägerin führte ein aus drei großen Betonplatten bestehender Weg von der Straße zum Eingang des Wohnhauses. Die Klägerin ließ im Jahr 2001 diesen Weg aufbrechen und durch einen mit Kleinpflastersteinen befestigten Weg ersetzen. Hierfür zahlte sie 1.179,37
Mit der Behauptung, daß die Wurzeln eines auf dem Grundstück des Beklagten ungefähr 1 m von der Grundstücksgrenze entfernt stehenden Kirschbaums in ihr Grundstück hineingewachsen seien und dort innerhalb der letzten drei Jahre eine der drei Betonplatten des früheren Weges um 25 bis 30 mm angehoben hätten, so daß ein Versatz entstanden sei, hat die Klägerin
die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 1.179,37 eantragt. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin weiter die Durchsetzung der Klage. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gegen den Beklagten nach § 1004 BGB einen Anspruch auf das Entfernen der Wurzel seines Kirschbaums von ihrem Grundstück gehabt. Sie habe diese Wurzel nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB auch selbst abschneiden und behalten dürfen. Jedoch gehe es in diesem Rechtsstreit nicht um den Ersatz der Kosten für das Abschneiden. Die Klägerin verlange vielmehr Schadensersatz aufgrund der von dem Beklagten verursachten Störung, nicht aber die Beseitigung der Störung selbst; diese sei mit dem Entfernen der Wurzel beendet gewesen.
Ein deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB steht der Klägerin nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, weil der Beklagte nicht schuldhaft gehandelt habe. Einen Anspruch auf den Ersatz eines Verzugsschadens habe die Klägerin ebenfalls nicht, weil die Voraussetzungen des Verzugs nicht vorlägen.
Selbst wenn die Erneuerung des Plattenwegs eine Maßnahme zur Beseitigung der von der Wurzel ausgehenden Störung gewesen sei, stünde einem Bereicherungsanspruch der Klägerin entgegen, daß der Gläubiger eines auf die Vornahme einer vertretbaren Handlung gerichteten Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO vorgehen müsse, nicht aber zur Selbsthilfe greifen und dann die Kosten bei dem Schuldner liquidieren dürfe. Nur wenn dem Gläubiger die Selbsthilfe gestattet sei, lasse sich an einen Bereicherungsanspruch denken. Das sei nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB insofern der Fall, als die Klägerin eventuell die für das Abschneiden der Wurzel entstandenen Kosten ersetzt verlangen könne; diese mache sie jedoch nicht geltend.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

II.


1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 823 Abs. 1 BGB wegen fehlenden Verschuldens des Beklagten. Das nimmt die Revision hin.
2. Ebenfalls zu Recht verneint es einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach §§ 286 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 4 BGB. Die Voraussetzungen des Verzugs liegen nicht vor. Die Verfahrensrüge der Revision (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerin übergangen, ist unbegründet. Abgesehen davon, daß der Vortrag der Klägerin, sie habe den Beklagten auf den
zunehmenden Versatz der Betonplatte angesprochen, keine Mahnung enthält, sind die geltend gemachten Kosten auch kein Verzugsschaden.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Eigentümer von seinem Nachbarn nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung von Baumwurzeln verlangen kann, die von dem Nachbargrundstück in sein Grundstück eingedrungen sind. Das Selbsthilferecht des Eigentümers nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt einen solchen Beseitigungsanspruch nicht aus; beide bestehen gleichrangig nebeneinander (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; 97, 231, 234; Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156; Picker, JuS 1974, 357, 359 ff.; Gursky, JZ 1992, 312, 313; Roth, JZ 1998, 94). An dieser Auffassung hält der Senat trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Wilhelm , Sachenrecht, 2. Aufl., Rdn. 1281; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 21 II. 1.; Canaris, Festschrift für Medicus, 1999, S. 25, 53 ff.; Armbrüster, NJW 2003, 3087, 3089) fest. Für sie spricht neben dem Grundgedanken des § 903 BGB (vgl. Senat, BGHZ 60, 235, 242) der Umstand, daß dem durch Baumwurzeln beeinträchtigten Grundstückseigentümer dasselbe Abwehrrecht zustehen muß wie demjenigen, dessen Eigentum in anderer Art beeinträchtigt wird. Das wäre nicht gewährleistet, wenn der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB durch das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 BGB ausgeschlossen wäre. Denn wenn der Eigentümer von seinem Selbsthilferecht Gebrauch macht und die eingedrungenen Baumwurzeln abschneidet, ist damit die Beseitigung der Eigentumsstörung noch nicht abgeschlossen. Vielmehr beeinträchtigen die Wurzeln weiterhin die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers, zu der es gehört, fremde Gegenstände von seinem Grundstück fernzuhalten. Zur Beseitigung der Eigentumsstörung ist also mehr als nur das bloße Abschneiden der eingedrungenen Baumwurzeln erforderlich. Dieses "Mehr" kann der gestörte
Eigentümer von dem Störer jedoch nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern nur nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.
4. Mit einer rechtlich nicht haltbaren Begründung nimmt das Berufungsgericht an, daß die Klägerin keinen Bereicherungsanspruch habe. Stand ihr nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der durch die Baumwurzel hervorgerufenen Beeinträchtigung des Weges gegen den Beklagten zu, ist er dadurch, daß die Klägerin die Arbeiten durchführen ließ, von einer ihm obliegenden Verpflichtung befreit und deshalb "auf sonstige Weise" im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bereichert worden (ständige Senatsrechtsprechung seit BGHZ 60, 235, 243; siehe Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76). Ein rechtlicher Grund dafür ist nicht gegeben. So gibt es insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin als Geschäftsführerin ohne Auftrag für den Beklagten gehandelt hat.

a) Nach dem Vortrag der Klägerin konnte sie nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung der Beeinträchtigung ihres Eigentums verlangen. Der von der Straße zum Hauseingang führende Weg stand schon damals im Eigentum der Klägerin. Dieses Eigentum war durch das Eindringen der Wurzel des Kirschbaums und das damit verbundene Anheben der Betonplatte beeinträchtigt worden. Der Beklagte war Störer im Sinne des § 1004 BGB. Zwar beruhte das Hinüberwachsen der Wurzel auf einem natürlichen Vorgang. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. Bisher hat der Senat in den Fällen des Hinüberwachsens von Baumwurzeln in das Nachbargrundstück den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8. Februar 1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686) bzw. unterhalten hat
(Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76 f.). In jüngerer Zeit hat der Senat bei dem Einwirken von Naturkräften darauf abgestellt, ob die Störung auf einem pflichtwidrigen Unterlassen beruht, ob sich also aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine "Sicherungspflicht", d.h. eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke ergibt (Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, WM 1995, 1844, 1845 - Wollläuse; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299, 1300 f. - Mehltau). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der Senat erst kürzlich hervorgehoben, daß u.a. entscheidend sei, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung halte (Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 [zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - bestimmt]). Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft des Eigentümers eines Baumes, dessen Wurzeln in das Nachbargrundstück hinüberwachsen , problemlos zu bejahen. Denn nach dem in § 903 BGB enthaltenen Grundgedanken, der in der Spezialregelung des § 910 BGB eine besondere Ausprägung gefunden hat, muß der Eigentümer dafür Sorge tragen, daß die Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen.

b) Die Klägerin war zur Duldung der Beeinträchtigung ihres Eigentums nicht verpflichtet (§ 1004 Abs. 2 BGB). Maßstab ist hier § 910 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, aaO, Umdruck S. 9). Danach kann der betroffene Eigentümer die Beseitigung hinübergewachsener Baumwurzeln nicht verlangen, wenn sie die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigen. Hier lag jedoch nach dem Vortrag der Klägerin eine Beeinträchtigung vor, weil die Baumwurzel eine Gehwegplatte angehoben hatte.

c) Die Klägerin hat damit einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Erstattung der notwendigen Kosten, die von dem Beklagten zur Erfüllung des Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB hätten aufgewendet werden müssen. Trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Gursky, NJW 1971, 782 ff.; JZ 1992, 310, 313 ff.; 1996, 683, 686; Picker, JuS 1974, 357, 361 f.; Kahl, Anm. zu LM BGB § 1004 Nr. 217) hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, daß der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte Grundstückseigentümer die von dem Störer geschuldete Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen kann (BGHZ 97, 231, 234; 106, 142, 143; Urt. v. 8. Februar 1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686; Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76; ebenso OLG Düsseldorf, NJW 1986, 2648, 2649; MünchKommBGB /Medicus, 3. Aufl., § 1004 Rdn. 75; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 1004 Rdn. 30). Das ist nicht systemwidrig.
Aus § 267 BGB folgt der für alle Schuldverhältnisse geltende Grundsatz, daß, wenn der Schuldner nicht in Person zu leisten hat, ein Dritter für ihn leisten kann. Dieser Grundsatz gilt - wie § 910 Abs. 1 BGB zeigt - auch hier; die Pflicht zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung ist keine persönliche Leistungspflicht des Störers. Auch Sinn und Zweck des § 910 BGB stehen der in ständiger Senatsrechtsprechung vertretenen Auffassung nicht entgegen. Es geht nicht um den Ersatz von Kosten, die dem betroffenen Grundstückseigentümer durch die Ausübung seines Selbsthilferechts entstanden sind, sondern um den Ersatz der Kosten, die der Störer für die Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung hätte aufwenden müssen. Mit der Bejahung des Bereicherungsanspruchs wird auch nicht eine reine Kausalhaftung des Störers begründet.
Wie dargelegt, gründet sich seine - verschuldensunabhängige - Haftung nicht auf das bloße Unterhalten des Baumes, sondern darauf, daß er seine Pflicht verletzt hat, ein Hinüberwachsen der Wurzeln zu verhindern.
Schließlich steht der hier vertretenen Auffassung auch § 887 ZPO nicht entgegen. Diese Vorschrift des Zwangsvollstreckungsrechts setzt einen vollstreckbaren Titel, in welchem der Störer zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung verpflichtet wird, voraus; sie greift jedoch nicht in das materielle Recht ein. Hinzu kommt, daß sich die Ursache einer durch eingedrungene Baumwurzeln hervorgerufenen Eigentumsbeeinträchtigung nicht ohne weiteres erkennen läßt. Sie muß erst durch das Aufgraben des Bodens oder andere Maßnahmen wie z.B. die "Fernsehuntersuchung" eines Abwasserkanals ermittelt werden. Deshalb kann von dem Eigentümer nicht verlangt werden, sogleich von seinem Nachbarn die Beseitigung einer Beeinträchtigung, deren Ursache nicht bekannt ist, zu verlangen; vielmehr muß er zunächst selbst tätig werden. Erkennt er sodann die Störungsursache, rechtfertigt sein Interesse an einer zügigen Störungsbeseitigung das Fortführen der begonnenen Arbeiten.
5. Das Berufungsurteil ist somit insoweit rechtsfehlerhaft. Das führt allerdings nicht zu seiner Aufhebung, denn die Entscheidung stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar.
Zu den von dem Beklagten zu erstattenden notwendigen Kosten für die Beseitigung der Beeinträchtigung gehören die Aufwendungen der Klägerin für die Feststellung der Störungsursache und für die Reparatur des Weges (vgl. Senat, Urt. v. 21. Oktober 1994, aaO, 77). Denn der Beklagte schuldet nicht nur die isolierte Beseitigung der weiter störenden Baumwurzel, sondern auch
die anschließende Wiederherstellung des Weges, weil die Beseitigungspflicht auch diejenige Eigentumsbeeinträchtigung erfaßt, die zwangsläufig durch das Beseitigen der Störung eintritt (Senat, BGHZ 135, 235, 238 f.). Dies verwischt nicht die Grenze zwischen Beseitigungsanspruch und Schadensersatzanspruch , sondern führt nur zu einer partiellen Überlappung beider Ansprüche. Danach erstattungsfähige Beseitigungskosten macht die Klägerin jedoch nicht geltend. Aus der Position 01 der von ihr vorgelegten Rechnung vom 20. November 2001 geht hervor, daß sämtliche Betonplatten des ursprünglichen Weges aufgebrochen und der Betonbruch abgefahren worden sind. Das war für die Feststellung der Störungsursache nicht erforderlich. Es hätte ausgereicht , die von der Baumwurzel angehobene Betonplatte aufzunehmen, die Wurzel abzuschneiden, den Untergrund wieder herzustellen und die Betonplatte wieder hinzulegen. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 139 ZPO), die Klägerin hätte auf einen richterlichen Hinweis ausgeführt, daß für die Beseitigung der Baumwurzel wenigstens die angehobene Betonplatte entfernt werden mußte, ist unbegründet. Mit diesem zwar schlüssigen Vortrag hätte die Klägerin ihre Klageforderung nicht begründen können, weil die von ihr vorgelegte Rechnung keine Kosten für das Entfernen und Zurücklegen der unbeschädigten Betonplatte enthält. Die übrigen Rechnungspositionen betreffen weder die Feststellung der Störungsursache noch die Reparatur des Weges, soweit sie durch die Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich geworden ist.
6. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu. Zwar kommt ein solcher Anspruch (zu den Voraussetzungen siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.) auch bei dem grenz-
überschreitenden Eindringen von Baumwurzeln in ein Grundstück in Betracht (BGH, Urt. v. 8. März 1990, III ZR 141/88, NJW 1990, 3195, 3196; Erman /Hagen/A. Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rdn. 39). Aber wegen seiner Subsidiarität gleicht er nur solche Beeinträchtigungen aus, für die der betroffene Eigentümer keinen anderweitigen Ersatz erlangen kann. An dieser Voraussetzung fehlt es hier; die Klägerin kann - wie vorstehend ausgeführt - von dem Beklagten die Kosten für die Beseitigung der Baumwurzel und die Wiederherstellung des Weges verlangen. Daß darüber hinausgehende, durch das Hinüberwachsen der Baumwurzel verursachte Kosten entstanden sind, ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 102/03 Verkündet am:
14. November 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Nds. NachbarrechtsG § 54 Abs. 2; BGB § 910 Abs. 2; BGB § 906 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 2 analog; BGB § 1004 Abs. 1

a) Der Eigentümer von Bäumen, die den in § 50 Abs. 1 Nds. NRG vorgeschriebenen
Grenzabstand nicht einhalten, muß sie auf Verlangen des Nachbarn nach dem Ablauf der
Ausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NRG weder auf die zulässige noch auf eine andere
Höhe zurückschneiden.

b) § 910 Abs. 2 BGB gilt auch für den Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den
Nachbarn auf Beseitigung herüberragender Zweige nach § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen gehört zu
den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB.

d) Der Eigentümer eines Baumes ist für die von diesem ausgehenden natürlichen
Immissionen (Laub, Nadeln, Blüten, Zapfen) auf benachbarte Grundstücke jedenfalls
dann verantwortlich und damit "Störer" im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB, wenn er sie
unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand
unterhält.

e) Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich
vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Zurückschneiden wegen des
Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlußfrist nicht mehr
verlangen kann, kann für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von
Nadeln und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen.
BGH, Urt. v. 14. November 2003 - V ZR 102/03 - LG Stade
AG Cuxhaven
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 18. März 2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von 204,52 ! " ! $#% & ' )( *+ , -. von 1.227,10 worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen nahe der Grundstücksgrenze zwei Kiefern, die bei Klageerhebung ca. 14 m hoch waren. Von einem der Bäume ragten Zweige in einer Höhe
von ca. 9 m ungefähr 2,3 m, von dem anderen Baum ragen Zweige in einer Höhe von ca. 5 m ungefähr 0,4 m auf das Grundstück des Klägers herüber; auch fallen Kiefernnadeln und -zapfen auf sein Grundstück.
Der Kläger behauptet, daß er wegen der abfallenden Nadeln und Zapfen das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses sowie seinen Garten mehrfach im Jahr säubern müsse; auch habe er wegen des starken Nadelfalls einen Gartenteich verschließen müssen.
Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern auf die Höhe, die sie fünf Jahre vor der Klageerhebung hatten, und zum künftigen jährlichen Zurückschneiden auf diese Höhe sowie zur Beseitigung der auf sein Grundstück herüberragenden Zweige beantragt; weiter hat er von den Beklagten die Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von (, 0 1' & 2' 34 657 8 -9 ;: 3 )<9= >#@?9 ! A B 204,52 / / hat die Verpflichtung der Beklagten, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 14 m zu halten, festgestellt; weiter hat es die Beklagten zur Beseitigung der von einem der Bäume in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Nach dem Erlaß dieses Urteils haben die Beklagten die Bäume auf eine Höhe von 10 m bzw. 11 m gekürzt und die in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige entfernt.
Die Berufung des Klägers, mit der er seine in erster Instanz abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgt und hilfsweise die Verurteilung der Beklagten
beantragt hat, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 11 m bzw. 12 m zu halten, ist erfolglos geblieben. Die Anschlußberufung der Beklagten hat insoweit Erfolg gehabt, als das Landgericht ihre Verpflichtung zum jährlichen Zurückschneiden der Kiefern aufgehoben und lediglich ihre Verurteilung zur Beseitigung der in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige aufrecht erhalten hat.
Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will der Kläger die Feststellung erreichen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 15. März 2003 beantragt worden ist; im übrigen verfolgt er seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern nach § 54 Abs. 2 des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes (Nds.NRG) wegen Fristablaufs ausgeschlossen. Die Vorschrift bezwecke, daß der weitere Wuchs von Bäumen später als fünf Jahre nach Erreichen der gesetzlich zulässigen Höhe von dem Nachbarn nicht mehr verhindert werden könne. Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern oder auf die künftige Einhaltung einer bestimmten Wuchshöhe. Ein Anspruch
auf Beseitigung der in ca. 5 m Höhe herüberragenden Zweige habe der Kläger ebenfalls nicht, weil der Überhang so geringfügig sei, daß hiervon keine bemerkenswerte Beeinträchtigung ausgehe.
Ein Ausgleichsbetrag wegen erhöhten Reinigungsaufwands stehe dem Kläger nicht zu. Es fehle an einer wesentlichen und unzumutbaren Beeinträchtigung seines Grundstücks im Sinne von § 906 BGB. Nach dem Ablauf der in § 54 Abs. 2 Nds.NRG genannten Frist stünden die Bäume rechtmäßig auf dem Grundstück der Beklagten; deshalb seien die Auswirkungen der Anpflanzungen nicht rechtswidrig. Die natürlichen Emissionen der Bäume seien von dem Nachbarn hinzunehmen. Im übrigen stelle die Einwirkung durch Nadelfall keine über das ortsübliche zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers dar. Der Nadel- und Zapfenfall sei angesichts der überragenden Nützlichkeit von Bäumen für die Gesellschaft entschädigungslos hinzunehmen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.

II.


1. Zutreffend verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf das Kürzen der Kiefern.

a) Ein auf landesrechtliche Grundlage gestützter Anspruch ist nach § 54 Abs. 2 Nds.NRG, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlan-
desgerichts hinaus erstreckt und deshalb der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 545 Abs. 1 ZPO), wegen Fristablaufs ausgeschlossen.
aa) Ursprünglich stand dem Kläger der Anspruch zu. Die beiden Kiefern auf dem Grundstück der Beklagten sind unstreitig über die nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG in Abhängigkeit von ihrem Abstand zu der Grundstücksgrenze zulässige Höhe hinausgewachsen. Sie hätten daher auf Verlangen des Klägers auf die zulässige Höhe zurückgeschnitten werden müssen, wenn die Beklagten sie nicht beseitigen wollten (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG). Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen , weil der Kläger nicht spätestens im fünften auf das Hinauswachsen folgenden Kalenderjahr Klage auf Zurückschneiden erhoben hat (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG). Diese Ausschlußfrist (vgl. LG Lüneburg, Nds.Rpfl. 2000, 168, 169; Lehmann, Kommentar zum Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz, 3. Aufl., § 54 Rdn. 9; Pardey, Nds.NRG, 2. Aufl., § 54 Anm. 1) war hier bei Klageerhebung abgelaufen.
bb) Für eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß nach Fristablauf zwar kein Zurückschneiden auf die gesetzlich zulässige Höhe, wohl aber verlangt werden kann, daß der Eigentümer die Bäume künftig durch regelmäßiges Zurückschneiden auf der Höhe hält, die sie im Zeitpunkt der Klageerhebung hatten (vgl. AG Winsen/Luhe, Nds.Rpfl. 1999, 317; Hoof/Keil, Das Nachbarrecht in Niedersachsen, 7. Aufl., § 54 Anm. 3), oder daß die Bäume auf die Höhe zurückgeschnitten werden, die sie fünf Jahre vor Klageerhebung hatten (vgl. OLG Celle, AgrarR 1993, 154 f.; AG Göttingen, Nds.RPfl. 1999, 292; für das NachbG NRW: Rammert, Nachbarrecht Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., S. 31 Fn. 75), ist kein Raum. Der Gesetzeswortlaut ist klar und eindeutig; er läßt keine Interpretation zu. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten es, dem
Nachbarn nach Fristablauf jeden Anspruch auf Zurückschneiden der Bäume zu versagen. Denn mit der Ausschlußfrist soll innerhalb eines Zeitraums, der die Interessen des Nachbarn und des Eigentümers der Bäume gleichermaßen berücksichtigt , grundsätzlich eine abschließende Klärung der nachbarlichen Verhältnisse in Bezug auf das Höhenwachstum herbeigeführt werden (vgl. LG Lüneburg , aaO).
Die Frist gibt dem Nachbarn genügend Zeit zu überlegen, ob er seinen Anspruch (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG) durchsetzen will. Es ist ihm ohne weiteres möglich, innerhalb von fünf Jahren nach dem Hinauswachsen von Bäumen über die gesetzlich zulässige Höhe hinaus den jährlichen Zuwachs und die daraus gegebenenfalls folgenden Beeinträchtigungen seines Grundstücks wie z.B. den Entzug von Licht, die Bildung von Windzirkulationen und das Abwerfen von Blättern, Nadeln oder Früchten zu beobachten. Auch läßt sich - notfalls mit Hilfe fachmännischer Beratung - ermitteln, wie lange das Wachstum der Bäume andauern wird, so daß auch der Umfang späterer Beeinträchtigungen eingeschätzt werden kann. Der Nachbar kann somit innerhalb der Frist entscheiden , ob er das Zurückschneiden der Bäume verlangen will.

b) Das alles besagt allerdings noch nicht, daß der Eigentümer Bäume auf seinem Grundstück, deren Zurückschneiden der Nachbar nach landesrechtlichen Vorschriften wegen Fristablaufs nicht mehr verlangen kann, bis zum natürlichen Ende ihres Wachstums in eine beliebige Höhe wachsen lassen darf. Vielmehr kommt unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung des Eigentümers in Betracht, die Bäume auf Verlangen des Nachbarn auch nach dem Fristablauf zurückzuschneiden. Davon geht das Be-
rufungsgericht zutreffend aus. Es verneint jedoch zu Recht eine solche Verpflichtung der Beklagten.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urteil vom 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 mit umfangreichen Nachweisen ) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden (Senat, Urteil vom 11. Juli 2003, V ZR 199/02, NJW-RR 2003, 1313, 1314 m.w.N.).
bb) Die behaupteten Folgen des Höhenwachstums der Kiefern rechtfertigen keine Abweichung von der nachbarrechtlichen Sonderregelung des § 54 Abs. 2 Nds.NRG. Nur wenn der Nachbar wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt wäre, könnte er von dem Eigentümer unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme ihren Rückschnitt auf eine beiden Interessen gerecht werdende Höhe verlangen, wenn dies dem Eigentümer zumutbar ist (vgl. KG, NJW-RR 2000, 160, 161; Pardey, aaO, § 54 Anm. 1.3). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zwar sollen die Kiefern den Lichteinfall und die Windzirkulation auf dem Grundstück des Klägers beeinträchtigen ; der Nadel- und Zapfenfall soll zu zusätzlichen Reinigungsarbei-
ten an dem Wohnhaus und dem Garten des Klägers führen, auch habe ein Gartenteich verschlossen werden müssen. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine Verpflichtung der Beklagten zum Zurückschneiden der Bäume unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses anzunehmen.

c) Nach alledem sind die auf das Zurückschneiden der Kiefern gerichteten Anträge des Klägers unbegründet, auch soweit die Beklagten die Bäume künftig auf einer bestimmten Höhe halten sollen. Daraus folgt zugleich, daß die von dem Kläger erstmalig im Revisionsverfahren erklärte Teil-Erledigung der Hauptsache, die der Senat zu berücksichtigen hat (BGHZ 106, 359, 368), ebenfalls unbegründet ist. Die beantragte Teil-Erledigung ist deshalb nicht auszusprechen.
2. Ebenfalls zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers nach § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des noch von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe auf sein Grundstück herüberragenden Zweiges. Der Kläger muß nach § 1004 Abs. 2 BGB das Herüberragen dulden, weil dadurch die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigt wird.

a) Nach § 910 Abs. 2 BGB steht dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zu, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Die Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; LG Bonn, NJW-RR 1987, 1421; AG Würzburg, NJW-RR 2001, 953; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 910 Rdn. 2). In welchen Fällen keine Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchti-
gung der Grundstücksbenutzung (MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 910 Rdn. 6; Staudinger/Roth, aaO, § 910 Rdn. 18). Ob, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muß (so OLG Köln, NJW-RR 1989, 1177; 1997, 656; LG Kleve, MDR 1982, 230, 231; LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; MünchKomm-BGB/ Säcker, aaO; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 910 Rdn. 3; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 18; a.A. AG Königstein, NJW-RR 2000, 1256; AG Würzburg , aaO), kann offenbleiben. Denn der Zweig, der von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe ungefähr 0,4 m weit auf das Grundstück des Klägers herüberragt , beeinträchtigt dessen Benutzung nicht.

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht, trägt der Nachbar (Palandt/ Bassenge, aaO; Staudinger/Roth, aaO, Rdn. 33). Das sind hier die Beklagten. Sie haben das Fehlen einer Beeinträchtigung ausreichend dargelegt. Nach ihrem beweisbewehrten Vortrag in der Berufungserwiderung, der auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug nimmt, ragen nicht nur der Zweig, dessen Beseitigung der Kläger verlangt, sondern auch Zweige anderer Bäume auf sein Grundstück herüber; außerdem stehen dort nahe der Grundstücksgrenze mehrere Bäume und Sträucher. Das wird durch die von den Parteien zu den Akten gereichten Lichtbilder bestätigt; danach wachsen auf beiden Seiten der gemeinsamen Grundstücksgrenze Laub- und Nadelgewächse. Darauf stützen die Beklagten ihre Behauptung, daß eine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks gerade durch den Zweig, dessen Beseitigung der Kläger noch verlangt, ausgeschlossen ist. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe das Beweisangebot des Klägers zur Erheblichkeit der von den herüberragenden Zweigen ausgehenden Beein-
trächtigungen übergangen, ist unbegründet; es betrifft nicht die von den herüberragenden Zweigen, sondern die von den Kiefern insgesamt ausgehenden Beeinträchtigungen.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Kläger gegen die Beklagten für den behaupteten erhöhten Reinigungsaufwand ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Es verneint jedoch zu Unrecht das Bestehen eines solchen Anspruchs.

a) Gehen von der ortsüblichen Benutzung eines Grundstücks Einwirkungen im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ein anderes Grundstück aus und beeinträchtigen sie dessen Benutzung wesentlich, muß der betroffene Grundstückseigentümer die Einwirkungen dulden, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). In diesem Fall kann der Grundstückseigentümer von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkungen eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach kommt es zunächst darauf an, ob das Abfallen von Kiefernnadeln und -zapfen auf ein Nachbargrundstück zu den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört. Davon geht das Berufungsgericht im Anschluß an das Amtsgericht stillschweigend aus. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden; es wird auch von der Revision als dem Kläger günstig nicht angegriffen. Die von § 906 BGB erfaßten Einwirkungen stimmen darin überein, daß sie in ihrer Ausbreitung weithin unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, unwesentlich oder
wesentlich beeinträchtigen können (Senat, BGHZ 117, 110, 112). Das trifft auf das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen zu (vgl. BayObLG, AgrarR 1992, 312, 313; OLG Karlsruhe, NJW 1983, 2886; OLG Stuttgart, NJW 1986, 2768; NJW-RR 1988, 204; OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2619; NJW-RR 1991, 1364, 1365; MünchKomm/ Säcker, aaO, § 906 Rdn. 81; Palandt/Bassenge, aaO, § 906 Rdn. 13; Staudinger /Roth, aaO, § 906 Rdn. 169; Horst, DWW 1991, 322, 323; Müller, NJW 1988, 2587; zweifelnd OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 144, 145).

b) Ebenfalls stillschweigend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagten für das Abfallen der Kiefernnadeln und -zapfen verantwortlich sind. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision hingenommen. Zwar beruhen die Einwirkungen auf natürlichen Vorgängen. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. So hat der Senat in den Fällen des Eindringens von Baumwurzeln in die Abwasserleitungen des Nachbarn den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8.2.1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826) bzw. unterhalten hat (Urt. v. 21.10.1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396). In dem Froschlärm-Fall hat er darauf abgestellt, dass der Eigentümer mit der auf seinem Willen beruhenden Anlage und Unterhaltung des Gartenteichs die Bedingungen dafür geschaffen hat, daß sich dort Frösche ansiedeln konnten (BGHZ 120, 239, 254). In der Wolläuse – Entscheidung (Urt. v. 7. 7. 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634) hat er die Störereigenschaft des Eigentümers dagegen verneint, weil er die Störung weder durch eigene Handlungen ermöglicht noch durch ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat, sondern die Einwirkung durch ein zufälliges und zusätzliches Naturereignis ausgelöst wurde. Diese Differenzie-
rung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen (Herrmann NJW 1997, 153, 154). Ob und inwieweit sie berechtigt ist, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Denn der Senat hat den der Wolläuse – Entscheidung zugrunde liegenden Gedanken, dass beim Einwirken von Naturkräften eine Störung nur bei einem pflichtwidrigen Unterlassen in Betracht kommt, in dem Mehltau-Fall (Urt. v. 16. 2. 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299) weitergeführt. Er hat dort darauf abgestellt, ob sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“, also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen ergibt (vgl. auch Senat, BGHZ 90, 255 - Niederschlagswasser). Das trägt den Ansätzen der Kritik Rechnung (Herrmann aaO; vgl. auch Armbrüster NJW 2003, 3087, 3088 f.). Insoweit gilt für natürliche Immissionen nichts anderes als für Immissionen aufgrund eines technischen Defekts (Senatsurt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, NJW 2003, 2377 - Wasserrohrbruch). Ob eine solche Pflicht besteht, ist jeweils an Hand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Maßgebend sind hierbei vor allem die Konfliktlösungsregeln des öffentlichen und privaten Nachbarrechts sowie die Art der Nutzung der benachbarten Grundstücke und die vorbeugende Beherrschbarkeit der Störung. Dabei ist, wie der Senat in dem Mehltau-Fall ausgeführt hat, bei natürlichen Immissionen u.a. entscheidend, ob die Nutzung des störenden Grundstücks sich im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus lässt sich auch die Frage beantworten, ob der Laubabwurf oder der Nadelflug eine abwehrbare Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB darstellen. Hierbei ist, wie § 907 Abs. 2 BGB zu entnehmen ist, ohne Bedeutung, ob der Baum, Strauch oder die Pflanze, von der die Immission ausgeht, auf natürlichem Wege angewachsen oder von dem Grundstückseigentümer angepflanzt worden ist (Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004, RdNr. 58). Entscheidend kann nur sein, ob der Bewuchs mit seiner na-
türlichen Emission ordnungsgemäßer Grundstücksbewirtschaftung und dem das Nachbarrecht bestimmenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme entspricht. Dies ist hier zu verneinen. Dabei kann offen bleiben, ob schon allein das Anpflanzen oder Unterhalten der Kiefern als Waldbäume in einem Wohngebiet bei der gebotenen Rücksichtnahme auf die Nachbarinteressen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Jedenfalls werden sie unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand unterhalten. Daß der Kläger wegen Fristablaufs nicht mehr ihre Beseitigung oder das Zurückschneiden auf die zulässige Höhe verlangen kann, hat nicht zur Folge, daß der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Dann aber sind die Beklagten für die von den Kiefern ausgehenden natürlichen Immission auch verantwortlich.

c) Mit Erfolg rügt die Revision allerdings, daß das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil die von dem Kläger behaupteten Beeinträchtigungen als nicht wesentlich ansieht. Dies ist zunächst eine Tatfrage. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat , BGHZ 120, 239, 254 f.). Das ist hier nicht der Fall.
(1) Die Verfahrensrüge des Klägers (§ 286 ZPO) greift durch. Das Berufungsurteil läßt nicht erkennen, von welchen Auswirkungen des Nadel- und Zapfenfalls das Berufungsgericht ausgeht; entsprechende Feststellungen fehlen. Die Parteien haben dazu gegensätzlich vorgetragen. Damit setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Auch ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen , ob das Berufungsgericht erkannt hat, daß den Beklagten die Darle-
gungs- und Beweislast für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigungen obliegt (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 257). Falls es seine Auffassung, daß der Nadelund Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers nur unwesentlich beeinträchtigt, auf den in der Berufungserwiderung der Beklagten in Bezug genommenen erstinstanzlichen Vortrag, daß nicht nur die Nadeln und Zapfen ihrer Kiefern, sondern alle pflanzlichen Bestandteile sämtlicher auf dem Grundstück des Klägers und auf den Nachbargrundstücken stehender Bäume auf das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe des Hauses des Klägers und in seinen Garten fallen, und die von den Beklagten vorgelegten Lichtbilder stützt, wäre wegen des dem entgegenstehenden Vortrags des Klägers eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen. Falls das Berufungsgericht jedoch meint, daß sich schon aus dem Vortrag des Klägers die Unwesentlichkeit der behaupteten Einwirkungen ergibt, so daß es keiner Beweisaufnahme bedurfte, hätte es den Begriff der Wesentlichkeit verkannt. Bei der Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, muß auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" und das, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, abgestellt werden (Senat, BGHZ 148, 261, 264 m.w.N.). Damit können auch wertende Momente, wie z.B. die Beachtung des Naturschutzes und des Umweltbewußtseins der Bevölkerung, in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 255). Dieser Gedanke liegt dem Berufungsurteil offensichtlich zugrunde. Er kann jedoch nicht dazu führen, die Wesentlichkeit auch dann zu verneinen, wenn die Einwirkungen von dem Nachbargrundstück objektiv feststellbare physische Auswirkungen auf das Eigentum des betroffenen Grundstückseigentümers haben (vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1998, V ZR 411/97, WM 1999, 554, 555). In einem solchen Fall ist die Grenze von der Unwesentlichkeit zur Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen überschritten. So kann es hier sein.
Nach dem Vortrag des Klägers verstopfen die von den Kiefern der Beklagten abfallenden Nadeln die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses. Führt das zu Schäden, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung vor (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2688). Auch hat der Kläger vorgetragen, daß er wegen des Nadelfalls seinen Gartenteich verschließen mußte. Trifft das zu, wäre auch das eine wesentliche Beeinträchtigung. Insoweit bedarf die Sache also weiterer Aufklärung.
(2) Ebenfalls rechtlich nicht haltbar ist die von dem Berufungsgericht übernommene Auffassung des Amtsgerichts, daß die Auswirkungen einer nicht abwehrbaren Bepflanzung auf die Nachbarschaft nicht rechtswidrig sein können. Damit verkennen die Vorinstanzen in einem entscheidenden Punkt die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Er kommt in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer wesentliche Einwirkungen dulden muß, die von einer im übrigen rechtmäßigen Nutzung des Nachbargrundstücks ausgehen. Deshalb läßt sich die Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung ebenfalls nicht verneinen.

d) Wenn der Nadel- und Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich beeinträchtigt, hängt die Begründetheit des Anspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB weiter davon ab, daß die Beeinträchtigung auf eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen ist und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Zweifel an der Ortsüblichkeit der Grundstücksbenutzung bestehen bereits deshalb , weil die Kiefern den nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG gebotenen Grenzabstand nicht einhalten. Die Frage der Ortsüblichkeit und der Verhinderbarkeit braucht
hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sie zu verneinen wäre und der Kläger die Einwirkungen deshalb grundsätzlich nicht dulden müßte, sondern sie nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehren könnte, käme ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog in Betracht. aa) Ein solcher Anspruch ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung auf ein benachbartes Grundstück Einwirkungen ausgehen, die zwar rechtswidrig sind und deshalb nicht geduldet werden müßten, der betroffene Eigentümer jedoch aus besonderen Gründen gehindert ist, solche Störungen nach § 1004 Abs. 1 BGB zu unterbinden; der Anspruch setzt voraus, daß der Betroffene hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.). Dieser allgemein für das Nachbarrecht entwickelte Grundsatz ist nicht etwa nur auf andere als die von § 906 Abs. 1 BGB erfaßten Einwirkungen beschränkt , wie z.B. auf Grobimmissionen (BGHZ 58, 149, 158 f.; 111, 158, 162), Vertiefungsschäden (BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384), Abschwemmung von Unkrautvernichtungsmitteln (Senat, BGHZ 90, 255 ff.), Wasserschaden infolge Rohrbruchs auf dem Nachbargrundstück (Senat, Urt. v. 19. Mai 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; Urt. v. 30. Mai 2003, aaO) oder durch technischen Defekt an elektrischen Leitungen verursachter Brandschaden an dem benachbarten Haus (Senat, Urt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1999, 2168, 2169); er gilt ebenso für Einwirkungen im Sinne dieser Vorschrift, wenn der beeinträchtigte Eigentümer eine solche Einwirkung trotz ihrer Rechtswidrigkeit nicht verhindern kann, denn maßgeblicher Gesichtspunkt ist in diesen Fällen nicht die Art der Einwirkung, sondern der Umstand, daß eine unzumutbare Be-
einträchtigung des Eigentums eintritt (Senat, BGHZ 90, 255, 262 f.). Dieser Gedanke liegt auch dem § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zugrunde.
bb) Einen Abwehranspruch hätte hier der Kläger zwar unter der Voraussetzung , daß eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung seines Grundstücks auf die nicht ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen wäre und/oder von ihnen durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte. Aber der Kläger wäre aus Rechtsgründen daran gehindert, die Einwirkungen zu unterbinden. Eine andere Möglichkeit zur Störungsbeseitigung als die, daß die den Beklagten gehörenden Kiefern entfernt oder so weit gekürzt werden, daß das Abfallen von Nadeln und Zapfen auf das Grundstück des Klägers nahezu ausgeschlossen ist, ist nämlich nicht ersichtlich. Darauf hat der Kläger jedoch wegen Ablaufs der Ausschlußfrist (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG) keinen Anspruch mehr; er muß das Höhenwachstum der Bäume dulden (siehe vorstehend unter II. 1.).
cc) Ob der Kläger die Beeinträchtigungen entschädigungslos hinnehmen muß, bedarf ebenfalls der Klärung durch das Berufungsgericht. Es wird zu ermitteln haben, in welchem Verhältnis der von dem Kläger behauptete zusätzliche Reinigungsaufwand zu dem Aufwand steht, den er für die Reinigung seines Grundstücks von Laub, Nadeln u.ä. sowieso hat. Dabei ist zu berücksichtigen , daß sich beide Grundstücke in einem seit vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit teilweise hohem Baumbestand befinden, weshalb das Grundstück des Klägers - wie auch die benachbarten Grundstücke - dem Abfallen von Laub, Nadeln, Zapfen und anderen pflanzlichen Bestandteilen der eigenen und fremden Bäume und Sträucher ausgesetzt ist. Deshalb muß der Kläger - ebenso wie seine Nachbarn - Reinigungsarbeiten auf seinem Grundstück
vornehmen, um das Laub u.ä. zu entfernen. Dabei müssen auch die Dachrinne und die Dacheinläufe gesäubert werden. Der zeitliche Aufwand dafür hängt von der Art und Größe der eigenen und umliegenden Anpflanzungen, der Jahreszeit sowie den Witterungsverhältnissen ab. Dazu muß der Kläger noch vortragen. Bei der dann erforderlichen Abwägung können allerdings Gesichtspunkte wie der, daß derjenige, der die mit dem "Wohnen im Grünen" verbundenen Annehmlichkeiten wie z.B. den auf Bäume und Sträucher zurückzuführenden Sicht-, Schall- und Windschutz sowie reine und sauerstoffreiche Luft in Anspruch nimmt, bis zu einem gewissen Grad auch die damit verbundenen Nachteile, jedenfalls soweit sie auf natürlichen Gegebenheiten beruhen, in Kauf nehmen müsse (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2620 m.w.N.; NJW-RR 1991, 1364, 1366 f.; OLG Düsseldorf, NJWE-MietR 1996, 2, 3), oder das gewachsene Umweltbewußtsein weiter Kreise der Bevölkerung, welches das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohngebieten als erstrebenswert ansieht, keine Rolle spielen. Denn hier verstoßen die Beklagten dadurch , daß die Bäume nicht den gesetzlich vorgegebenen Grenzabstand einhalten , gegen das Gebot der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres Grundstücks. Dies kann durch die genannten Gesichtspunkte nicht kompensiert werden. Inwiefern sie zu berücksichtigen wären, wenn das störende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet und rechtmäßig genutzt würde, bedarf hier keiner Entscheidung.
dd) Der Umfang des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung gelten; diese unterscheidet sich vom Schadenersatz darin, daß nicht der Zustand herzustellen ist, der bestünde, wenn die Störung nicht eingetreten wäre, vielmehr beschränkt sich der Ausgleich auf die Beseitigung der durch die Störung ein-
getretenen Vermögenseinbuße (Senat, BGHZ 147, 45, 53). Deshalb kann der Kläger höchstens den Betrag erhalten, den er für die zusätzliche Reinigung durch ein Unternehmen aufwenden müßte.
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil unter Zurückweisung des erfolglosen Teils der Revision (vorstehend II. 1. und 2.) im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als die Zahlungsanträge des Klägers abgewiesen worden sind. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Es muß aufklären, ob die von dem Kläger behaupteten Einwirkungen die ortsübliche Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigen und ob ihm nicht zugemutet werden kann, daß er die daraus herrührenden Nachteile entschädigungslos hinzunehmen hat. Für das alles trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 83/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 31. März 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung in der Sache unter dem Vorbehalt der Erteilung einer erforderlichen behördlichen Genehmigung steht.
Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind seit März 1998 Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen in einem Abstand von 40 cm von der Grenze entfernt entlang der Grundstücksauffahrt der Kläger 13 Linden, welche vor
über 100 bzw. über 70 Jahren gepflanzt wurden. Zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten war vereinbart, daß die Linden alle fünf Jahre geschnitten werden sollten, so daß sie als sogenannte Kopflinden ausgebildet wurden. Der letzte Rückschnitt erfolgte 1987 oder 1990. Seitdem haben sich an den Bäumen zahlreiche über die Grundstücksgrenze gewachsene und in den Luftraum über dem Grundstück der Kläger hineinragende Stämmlinge gebildet, deren Laub auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fällt und dort, insbesondere bei Nässe, zur Rutschgefahr führt. Außerdem tropft bei Regen Wasser von den überhängenden Lindenzweigen auf die Auffahrt und gefriert dort im Winter.
Weiter steht auf dem Grundstück der Beklagten eine Buche, deren Zweige ebenfalls über die Grundstücksgrenze gewachsen sind.
Die Linden und die Buche stehen unter Bestandsschutz nach Maßgabe der Vorschriften der Verordnung zum Schutz des Baumbestandes und der Hecken in der Freien und Hansestadt Hamburg (Baumschutzverordnung) vom 17. September 1948 (HmbBL I 791-i).
Die Kläger haben von den Beklagten in erster Linie die Vornahme geeigneter Maßnahmen verlangt, durch welche die von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen beseitigt und spätere Beeinträchtigungen verhindert werden, insbesondere die Gefahr des Ausrutschens auf nassem Laub und gefrorenem Wasser sowie des Auseinanderbrechens der Bäume, die Störung des Satellitenfernsehempfangs und die Unbefahrbarkeit der Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen. Hilfsweise haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme eines Beschnitts der Bäume dergestalt beantragt,
daß die Linden eine Hand breit oberhalb des letzten Schnitts gekappt und die Äste der Buche fachgerecht eingekürzt werden.
Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Linden geeignete Maßnahmen vorzunehmen, durch die verhindert wird, daß Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fallen, und die das Wohnhaus der Kläger berührenden Äste der Buche fachgerecht einzukürzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Durchsetzung ihrer Klage weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den von den Klägern gestellten Hauptantrag wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit für unzulässig. Zwar könne der Störer selbst entscheiden, in welcher Weise er die Beseitigung und Unterlassung der Störung herbeiführen wolle; aber der Klageantrag müsse die zu beseitigenden Beeinträchtigungen so konkret beschreiben, daß ein darauf beruhender Titel vollstreckungsfähig sei. Diesen Anforderungen genüge der Hauptantrag nicht.
Weiter meint das Berufungsgericht, der Hauptantrag sei auch unbegründet. Eine Verpflichtung der Beklagten, die von den Klägern geforderten
Maßnahmen zu ergreifen, lasse sich nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten; denn die Vereinbarung zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten über den Beschnitt der Linden binde die Beklagten nicht. Auch aus § 1004 Abs. 1 BGB ergebe sich für die Kläger kein Anspruch. Die Beklagten seien zwar Störer im Sinne der Vorschrift. Aber eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger durch Tropfwasser lasse sich nicht feststellen, weil es sich dabei nicht um eine Immission der Linden handele. Etwas anderes gelte für den Laubfall von den überhängenden Ästen und Zweigen; die dadurch hervorger ufenen Beeinträchtigungen müßten die Kläger nicht hinnehmen. Ihrem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch stehe jedoch die Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB entgegen. Die Beklagten seien durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung gehindert, an den Linden die mit der Klage verlangten Maßnahmen durchzuführen, weil diese nicht genehmigungsfähig seien.
Den Hilfsantrag sieht das Berufungsgericht als zulässig an. Es hält ihn jedoch aus denselben Gründen wie den Hauptantrag für unbegründet.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von den Klägern gestellten Hauptantrag abgewiesen, soweit er überhaupt Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
1. Die Beklagten sind durch das Urteil des Amtsgerichts nur insoweit beschwert, als sie zur Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch die das Abfallen von Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger verhindert wird, und zum fachgerechten Einkürzen der das Wohnhaus der Kläger berührenden Buchenzweige, verurteilt worden sind. Nur das konnten sie mit ihrer Berufung auch angreifen. Die von den Klägern darüber hinausgehend verlangten Maßnahmen zur Verhinderung der Gefahr des Auseinanderbrechens der an der Grenze stehenden Bäume, der Störung des Satellitenempfangs , der Unbefahrbarkeit ihrer Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen und das Kappen der Linden sind mangels einer Anschlußberufung der Kläger nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Weiter folgt aus den erstinstanzlichen Feststellungen, daß das auf die Auffahrt fallende Laub und Tropfwasser von den herüberhängenden Zweigen der Linden herrührt. Von anderen Baumbestandteilen ausgehende Beeinträchtigungen durch Laubund Tropfwasserfall haben die Kläger nicht vorgetragen. Damit war Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur das Verlangen der Kläger, den Laubund Tropfenfall von den über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweigen der Linden und das Berühren ihres Wohnhauses durch die Zweige der Buche zu verhindern.
2. Der Hauptantrag ist zulässig, denn er entspricht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Zwar muß die Leistungsklage mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung und die Zwangsvollstreckung ein genaues tatsächliches Vorbringen darüber enthalten, welche konkrete Leistung von dem Beklagten gefordert wird. Der Klageantrag muß so bestimmt sein, daß der Beklagte sein Prozeßrisiko
erkennen und sich demgemäß verteidigen kann. Nur ein in diesem Sinn konkretisiertes Klageziel ist für den Beklagten eine ausreichende Grundlage der Prüfung, ob der Klageanspruch anerkannt werden soll (Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 - Abschachtung).

b) Bei der Abwehr von Immissionen ist aber eine andere Beurteilung erforderlich. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß in diesem Bereich Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art zu unterlassen , zulässig sind (siehe nur BGHZ 67, 252, 253 - Schweinemästerei; 121, 248, 251 - Jugendzeltplatz; 140, 1, 3 - Schweinemästerei). Aus der Natur des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 BGB folgt, daß es dem Beklagten überlassen ist, wie er die Störung beseitigen will; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Senat, BGHZ 67, aaO.; Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, aaO.; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177 - Tennisplatzlärm). § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert dementsprechend nicht die Angabe, welche konkreten Maßnahmen der Beklagte zur Beseitigung einer Beeinträchtigung ergreifen soll, sondern nur die bestimmte Bezeichnung der Beeinträchtigung.

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der von den Klägern gestellte Hauptantrag hinreichend bestimmt. Mit ihm verlangen sie von den Beklagten die Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch welche im einzelnen benannte Beeinträchtigungen des Grundstücks beseitigt und verhindert werden sollen.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein Anspruch der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ausscheidet.


a) Die Vereinbarung der Kläger mit der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten hinsichtlich des regelmäßigen Beschnitts der Linden ist - im Gegensatz zu der Auffassung des Berufungsgerichts - in diesem Zusammenhang ohne Belang.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1351 m.w.N. [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden.

c) Die Folgen des unterbliebenen Beschnitts der Bäume rechtfertigen keine Abweichung von den hier anwendbaren nachbarrechtlichen Sonderregelungen der §§ 906, 910 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach können die Kläger von den Beklagten sowohl die Beseitigung von Beeinträchtigungen durch die über die Grundstücksgrenze herüberragenden Zweige als auch das Abschneiden dieser Zweige verlangen. Daß die Kläger darüber hinaus durch das nicht grenzüberschreitende Wachstum der Bäume in erheblicher Weise Beeinträchtigungen ausgesetzt wären, haben sie nicht vorgetragen.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Abwehranspruch der Kläger nach § 1004 Abs. 1 BGB verneint; es hat zu Unrecht eine Duldungspflicht der Beklagten nach Abs. 2 der Vorschrift angenommen.

a) Die Beklagten sind Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil sie es zugelassen haben, daß Zweige der Linden und der Buche über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen konnten und zu den benannten Beeinträchtigungen geführt haben. Denn nach § 910 Abs. 1 und 2 BGB hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß überhängende Zweige von Bäumen den Nachbarn nicht beeinträchtigen.

b) Die Störereigenschaft der Beklagten entfällt nicht deshalb, weil sie durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung rechtlich gehindert sind, die von den Klägern erstrebten Maßnahmen zu ergreifen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 239, 254 - Froschlärm) stellen naturschutzrechtliche Verbote die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht in Frage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann. Ob das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte selbständig prüfen. Ergibt die Prüfung, daß eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot, bestimmte Maßnahmen durchzuführen, nicht besteht, scheidet eine Verurteilung zur Beseitigung und Unterlassung aus. Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht, muß in den Tenor einer eventuellen Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden, auch wenn das nicht in dem Klageantrag enthalten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 246 ff.). Somit muß hier
geprüft werden, ob für die von den Klägern beanspruchten Maßnahmen, die nach § 2 der Baumschutzverordnung grundsätzlich verboten sind, eine Ausnahme nach § 4 zugelassen werden kann.
bb) Die Feststellung des Berufungsgerichts, es stehe fest, daß der von den Klägern beanspruchte Eingriff nicht genehmigungsfähig sei, ist von dem Revisionsgericht nach §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Geltungsbereich der Baumschutzverordnung sich nicht über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, ist ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Jedoch rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Auslegungstatsachen verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Zum einen nimmt es an, daß dem Hauptantrag der Kläger auch unter Einbeziehung ihres Sachvortrags nicht entnommen werden könne, welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Störungen für erforderlich hielten. Zum anderen geht es davon aus, daß ein genehmigungsfähiger Rückschnitt der Linden nicht dem entspreche, was die Kläger mit ihrem Hauptantrag durchsetzen wollten. Auch hat das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger zu den Maßnahmen, die nach ihrer Auffassung genehmigungsfähig sind, und ihren zweitinstanzlichen Vortrag zu solchen genehmigungsfähigen Maßnahmen, die sie von den Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen verlangt haben, nicht berücksichtigt. Schließlich hat es die Feststellung der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Kürzens der Buchenäste ausschließlich mit dem verbotenen Kappen von Bäumen begründet. Dabei hat es übersehen, daß die Kläger das Kappen der Buche nicht verlangt haben. Damit fehlt der Feststellung, die von den Klägern verlangten Maßnahmen seien nicht genehmigungsfähig, jede Grundlage. Das läßt die Bindung des Revisionsgerichts an die Feststellung des Berufungsgerichts ent-
fallen (vgl. BGHZ 118, 151, 162). Damit ist die Frage der Zulässigkeit der von den Klägern beanspruchten Maßnahmen offen.
cc) Der Senat kann die Prüfung, ob die Maßnahmen zulässig sind, selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten und auch nicht notwendig sind. Sie führt zu dem Ergebnis, daß wenigstens die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige der Linden und der Buche beseitigt werden dürfen.
(1) Die Bäume stehen unter Bestandsschutz. Nach § 1 der Baumschutzverordnung , die nunmehr gemäß § 56 Abs. 4 des Hamburgischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (HmbNatSchG) vom 7. August 2001 (GVBl. 281) als aufgrund der §§ 15 und 20 dieses Gesetzes erlassen gilt, sind zur Pflege und zum Wiederaufbau des Stadt- und Landschaftsbildes im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg alle Bäume und Hecken dem Schutz des Naturschutzgesetzes unterstellt. Nach § 2 ist es verboten, Bäume oder Teile von ihnen zu entfernen, zu beschädigen oder sonstwie in ihrer Wirkung als Zierde und Belebung des Landschaftsbildes zu beeinträchtigen. Die Naturschutzbehörde kann allerdings Ausnahmen davon zulassen, soweit sie nicht dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen (§ 4). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen hier vor.
(2) Der Zweck der Baumschutzverordnung ergibt sich zum einen aus § 1. Dabei steht heute - anders als wohl noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung - die Pflege des Stadt- und Landschaftsbildes im Vordergrund. Diesem Zweck widerspricht das Beschneiden der Bäume dergestalt, daß die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige beseitigt werden,
nicht. Denn sogar ein darüber hinausgehendes regelmäßiges Beschneiden der sich auf dem Grundstück der Beklagten haltenden Zweige und der Baumkronen ist nach dem von den Beklagten in den Prozeß eingeführten Privatgutachten eine notwendige Pflegemaßnahmen. Demgemäß hat auch ein Vertreter der Naturschutzbehörde bei der erstinstanzlichen Augenscheineinnahme zu erkennen gegeben, daß ein Beschneiden der Bäume entsprechend den in dem Gutachten enthaltenen Vorschlägen genehmigungsfähig sei. Zum anderen erschließt sich der Zweck der Baumschutzverordnung auch aus den §§ 15 und 20 HmbNatSchG. Danach sind die Bäume zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt, weil ihr besonderer Schutz zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, insbesondere wegen ihrer Bedeutung für die Schaffung, Erhaltung oder Entwicklung von Biotopverbundsystemen, erforderlich ist. Diese Schutzzwecke werden durch die Beseitigung der über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweige nicht beeinträchtigt, weil die Bäume als solche erhalten bleiben und ihre vielfältigen Funktionen als natürlicher Bestandteil der Umwelt innerhalb eines großstädtischen Wohngebiets nicht verlieren. Insbesondere dient das Beschneiden der Bäume auch der Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, wie die von den Klägern zu den Gerichtsakten gereichten Fotografien, die den Zustand der Bäume zeigen, anschaulich verdeutlichen.

c) Der geltend gemachte Anspruch ist nicht nach § 910 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wonach dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zusteht, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung
des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Diese Vorschrift gilt auch für den Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1352 [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln). Hier ist jedoch verfahrensrechtlich davon auszugehen , daß die Zweige der Linden die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie dort zu einer erhöhten Rutschgefahr führen und damit die Sicherheit der Benutzer der Grundstücksauffahrt gefährden. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese Behauptung der Kläger zu bestreiten und zu beweisen, daß keine Beeinträchtigung vorliegt. Denn wenn - wie hier - der durch herüberragende Zweige eines Baumes oder Strauches beeinträchtigte Grundstückseigentümer nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeht, sondern den selbständig danebenstehenden Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; Urteil v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156) geltend macht, trägt der Nachbar - wie im Anwendungsbereich des § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB - die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von den herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, aaO). Die Beklagten haben jedoch keinen Beweis angetreten.
Ebenfalls ist verfahrensrechtlich davon auszugehen, daß auch die Buchenzweige, welche über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen sind, die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie ihr Wohnhaus berühren. Nachdem das Amtsgericht die Beklagten zum Kürzen solcher Zweige verurteilt hatte und die Kläger in der Berufungsinstanz als einzige von der Buche ausgehende Beeinträchtigung das Berühren des Wohnhauses behauptet haben, hätten die Beklagten darlegen und beweisen müssen, daß diese Beeinträchtigung nicht vorliegt. Sie haben sich jedoch - ohne Beweis anzu-
treten - auf das einfache Bestreiten des Vortrags der Klägerin beschränkt. Das reichte nicht aus.

d) Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB erfüllt; eine Duldungspflicht der Kläger nach Absatz 2 der Vorschrift besteht nicht. Da jedoch nicht die Zivilgerichte, sondern nur die zuständige Behörde Ausnahmen von dem generellen Verbot des Beschneidens der Bäume zulassen kann, ist es notwendig, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten und zur Klarstellung den Vorbehalt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung in das Urteil aufzunehmen. Daß die Kläger ihn nicht in ihren Klageantrag aufgenommen haben, ist unschädlich , denn die Einschränkung stellt sich nur als ein formell notwendiges Weniger gegenüber dem Klageantrag dar, sie gibt den Klägern aber nicht etwas anderes, als sie beantragt haben, § 308 ZPO (Senat, BGHZ 120, 239, 247 f.).
5. Für den Fall, daß eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird, kommt ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch der Kläger gegen die Beklagten in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht , weil sie aus öffentlich-rechtlichen Gründen an der Durchsetzung ihres an sich bestehenden Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB gehindert wären (vgl. Senat, Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03, Umdruck S. 9 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen] - Teilrodung). Dem stünde nicht in jedem Fall entgegen, daß es den Beklagten nicht erlaubt wäre, die Störungen zu beseitigen. Denn wenn die Erteilung der Ausnahmegenehmigung daran scheiterte , daß die mit der Klage verlangten Maßnahmen jetzt dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen, weil die Beklagten bisher pflichtwidrig das
ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen haben, wäre das ein Fall des unzulässigen Betreibens von Naturschutz auf Kosten des Nachbarn.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann
10
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts setzt der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der herüberragenden Äste nach § 1004 Abs. 1 BGB allerdings voraus, dass dadurch die Benutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt ist. Fehlte es an einer solchen Beeinträchtigung, müsste die Klägerin das Herüberragen nach § 1004 Abs. 2 BGB dulden. Das folgt aus § 910 Abs. 2 BGB, der auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gilt (Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 39; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318). Ob der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muss, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, aaO mwN). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Ebenso kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückschnitt nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein kann, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts außer Verhältnis stehen (vgl. dazu OLG Saarbrücken vom 11. Januar 2007 - 8 U 77/06, juris Rn. 25 f.; OLG Köln, Urteil vom 12. Juli 2011 - 4 U 18/10, juris Rn. 22; Dehner, Nachbarrecht [Mai 2013], B § 21 I 2; Lüke in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., 2. Teil Rn. 395).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 83/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 31. März 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung in der Sache unter dem Vorbehalt der Erteilung einer erforderlichen behördlichen Genehmigung steht.
Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind seit März 1998 Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen in einem Abstand von 40 cm von der Grenze entfernt entlang der Grundstücksauffahrt der Kläger 13 Linden, welche vor
über 100 bzw. über 70 Jahren gepflanzt wurden. Zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten war vereinbart, daß die Linden alle fünf Jahre geschnitten werden sollten, so daß sie als sogenannte Kopflinden ausgebildet wurden. Der letzte Rückschnitt erfolgte 1987 oder 1990. Seitdem haben sich an den Bäumen zahlreiche über die Grundstücksgrenze gewachsene und in den Luftraum über dem Grundstück der Kläger hineinragende Stämmlinge gebildet, deren Laub auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fällt und dort, insbesondere bei Nässe, zur Rutschgefahr führt. Außerdem tropft bei Regen Wasser von den überhängenden Lindenzweigen auf die Auffahrt und gefriert dort im Winter.
Weiter steht auf dem Grundstück der Beklagten eine Buche, deren Zweige ebenfalls über die Grundstücksgrenze gewachsen sind.
Die Linden und die Buche stehen unter Bestandsschutz nach Maßgabe der Vorschriften der Verordnung zum Schutz des Baumbestandes und der Hecken in der Freien und Hansestadt Hamburg (Baumschutzverordnung) vom 17. September 1948 (HmbBL I 791-i).
Die Kläger haben von den Beklagten in erster Linie die Vornahme geeigneter Maßnahmen verlangt, durch welche die von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen beseitigt und spätere Beeinträchtigungen verhindert werden, insbesondere die Gefahr des Ausrutschens auf nassem Laub und gefrorenem Wasser sowie des Auseinanderbrechens der Bäume, die Störung des Satellitenfernsehempfangs und die Unbefahrbarkeit der Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen. Hilfsweise haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme eines Beschnitts der Bäume dergestalt beantragt,
daß die Linden eine Hand breit oberhalb des letzten Schnitts gekappt und die Äste der Buche fachgerecht eingekürzt werden.
Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Linden geeignete Maßnahmen vorzunehmen, durch die verhindert wird, daß Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fallen, und die das Wohnhaus der Kläger berührenden Äste der Buche fachgerecht einzukürzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Durchsetzung ihrer Klage weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den von den Klägern gestellten Hauptantrag wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit für unzulässig. Zwar könne der Störer selbst entscheiden, in welcher Weise er die Beseitigung und Unterlassung der Störung herbeiführen wolle; aber der Klageantrag müsse die zu beseitigenden Beeinträchtigungen so konkret beschreiben, daß ein darauf beruhender Titel vollstreckungsfähig sei. Diesen Anforderungen genüge der Hauptantrag nicht.
Weiter meint das Berufungsgericht, der Hauptantrag sei auch unbegründet. Eine Verpflichtung der Beklagten, die von den Klägern geforderten
Maßnahmen zu ergreifen, lasse sich nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten; denn die Vereinbarung zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten über den Beschnitt der Linden binde die Beklagten nicht. Auch aus § 1004 Abs. 1 BGB ergebe sich für die Kläger kein Anspruch. Die Beklagten seien zwar Störer im Sinne der Vorschrift. Aber eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger durch Tropfwasser lasse sich nicht feststellen, weil es sich dabei nicht um eine Immission der Linden handele. Etwas anderes gelte für den Laubfall von den überhängenden Ästen und Zweigen; die dadurch hervorger ufenen Beeinträchtigungen müßten die Kläger nicht hinnehmen. Ihrem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch stehe jedoch die Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB entgegen. Die Beklagten seien durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung gehindert, an den Linden die mit der Klage verlangten Maßnahmen durchzuführen, weil diese nicht genehmigungsfähig seien.
Den Hilfsantrag sieht das Berufungsgericht als zulässig an. Es hält ihn jedoch aus denselben Gründen wie den Hauptantrag für unbegründet.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von den Klägern gestellten Hauptantrag abgewiesen, soweit er überhaupt Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
1. Die Beklagten sind durch das Urteil des Amtsgerichts nur insoweit beschwert, als sie zur Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch die das Abfallen von Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger verhindert wird, und zum fachgerechten Einkürzen der das Wohnhaus der Kläger berührenden Buchenzweige, verurteilt worden sind. Nur das konnten sie mit ihrer Berufung auch angreifen. Die von den Klägern darüber hinausgehend verlangten Maßnahmen zur Verhinderung der Gefahr des Auseinanderbrechens der an der Grenze stehenden Bäume, der Störung des Satellitenempfangs , der Unbefahrbarkeit ihrer Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen und das Kappen der Linden sind mangels einer Anschlußberufung der Kläger nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Weiter folgt aus den erstinstanzlichen Feststellungen, daß das auf die Auffahrt fallende Laub und Tropfwasser von den herüberhängenden Zweigen der Linden herrührt. Von anderen Baumbestandteilen ausgehende Beeinträchtigungen durch Laubund Tropfwasserfall haben die Kläger nicht vorgetragen. Damit war Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur das Verlangen der Kläger, den Laubund Tropfenfall von den über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweigen der Linden und das Berühren ihres Wohnhauses durch die Zweige der Buche zu verhindern.
2. Der Hauptantrag ist zulässig, denn er entspricht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Zwar muß die Leistungsklage mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung und die Zwangsvollstreckung ein genaues tatsächliches Vorbringen darüber enthalten, welche konkrete Leistung von dem Beklagten gefordert wird. Der Klageantrag muß so bestimmt sein, daß der Beklagte sein Prozeßrisiko
erkennen und sich demgemäß verteidigen kann. Nur ein in diesem Sinn konkretisiertes Klageziel ist für den Beklagten eine ausreichende Grundlage der Prüfung, ob der Klageanspruch anerkannt werden soll (Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 - Abschachtung).

b) Bei der Abwehr von Immissionen ist aber eine andere Beurteilung erforderlich. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß in diesem Bereich Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art zu unterlassen , zulässig sind (siehe nur BGHZ 67, 252, 253 - Schweinemästerei; 121, 248, 251 - Jugendzeltplatz; 140, 1, 3 - Schweinemästerei). Aus der Natur des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 BGB folgt, daß es dem Beklagten überlassen ist, wie er die Störung beseitigen will; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Senat, BGHZ 67, aaO.; Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, aaO.; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177 - Tennisplatzlärm). § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert dementsprechend nicht die Angabe, welche konkreten Maßnahmen der Beklagte zur Beseitigung einer Beeinträchtigung ergreifen soll, sondern nur die bestimmte Bezeichnung der Beeinträchtigung.

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der von den Klägern gestellte Hauptantrag hinreichend bestimmt. Mit ihm verlangen sie von den Beklagten die Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch welche im einzelnen benannte Beeinträchtigungen des Grundstücks beseitigt und verhindert werden sollen.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein Anspruch der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ausscheidet.


a) Die Vereinbarung der Kläger mit der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten hinsichtlich des regelmäßigen Beschnitts der Linden ist - im Gegensatz zu der Auffassung des Berufungsgerichts - in diesem Zusammenhang ohne Belang.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1351 m.w.N. [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden.

c) Die Folgen des unterbliebenen Beschnitts der Bäume rechtfertigen keine Abweichung von den hier anwendbaren nachbarrechtlichen Sonderregelungen der §§ 906, 910 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach können die Kläger von den Beklagten sowohl die Beseitigung von Beeinträchtigungen durch die über die Grundstücksgrenze herüberragenden Zweige als auch das Abschneiden dieser Zweige verlangen. Daß die Kläger darüber hinaus durch das nicht grenzüberschreitende Wachstum der Bäume in erheblicher Weise Beeinträchtigungen ausgesetzt wären, haben sie nicht vorgetragen.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Abwehranspruch der Kläger nach § 1004 Abs. 1 BGB verneint; es hat zu Unrecht eine Duldungspflicht der Beklagten nach Abs. 2 der Vorschrift angenommen.

a) Die Beklagten sind Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil sie es zugelassen haben, daß Zweige der Linden und der Buche über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen konnten und zu den benannten Beeinträchtigungen geführt haben. Denn nach § 910 Abs. 1 und 2 BGB hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß überhängende Zweige von Bäumen den Nachbarn nicht beeinträchtigen.

b) Die Störereigenschaft der Beklagten entfällt nicht deshalb, weil sie durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung rechtlich gehindert sind, die von den Klägern erstrebten Maßnahmen zu ergreifen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 239, 254 - Froschlärm) stellen naturschutzrechtliche Verbote die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht in Frage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann. Ob das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte selbständig prüfen. Ergibt die Prüfung, daß eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot, bestimmte Maßnahmen durchzuführen, nicht besteht, scheidet eine Verurteilung zur Beseitigung und Unterlassung aus. Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht, muß in den Tenor einer eventuellen Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden, auch wenn das nicht in dem Klageantrag enthalten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 246 ff.). Somit muß hier
geprüft werden, ob für die von den Klägern beanspruchten Maßnahmen, die nach § 2 der Baumschutzverordnung grundsätzlich verboten sind, eine Ausnahme nach § 4 zugelassen werden kann.
bb) Die Feststellung des Berufungsgerichts, es stehe fest, daß der von den Klägern beanspruchte Eingriff nicht genehmigungsfähig sei, ist von dem Revisionsgericht nach §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Geltungsbereich der Baumschutzverordnung sich nicht über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, ist ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Jedoch rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Auslegungstatsachen verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Zum einen nimmt es an, daß dem Hauptantrag der Kläger auch unter Einbeziehung ihres Sachvortrags nicht entnommen werden könne, welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Störungen für erforderlich hielten. Zum anderen geht es davon aus, daß ein genehmigungsfähiger Rückschnitt der Linden nicht dem entspreche, was die Kläger mit ihrem Hauptantrag durchsetzen wollten. Auch hat das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger zu den Maßnahmen, die nach ihrer Auffassung genehmigungsfähig sind, und ihren zweitinstanzlichen Vortrag zu solchen genehmigungsfähigen Maßnahmen, die sie von den Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen verlangt haben, nicht berücksichtigt. Schließlich hat es die Feststellung der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Kürzens der Buchenäste ausschließlich mit dem verbotenen Kappen von Bäumen begründet. Dabei hat es übersehen, daß die Kläger das Kappen der Buche nicht verlangt haben. Damit fehlt der Feststellung, die von den Klägern verlangten Maßnahmen seien nicht genehmigungsfähig, jede Grundlage. Das läßt die Bindung des Revisionsgerichts an die Feststellung des Berufungsgerichts ent-
fallen (vgl. BGHZ 118, 151, 162). Damit ist die Frage der Zulässigkeit der von den Klägern beanspruchten Maßnahmen offen.
cc) Der Senat kann die Prüfung, ob die Maßnahmen zulässig sind, selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten und auch nicht notwendig sind. Sie führt zu dem Ergebnis, daß wenigstens die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige der Linden und der Buche beseitigt werden dürfen.
(1) Die Bäume stehen unter Bestandsschutz. Nach § 1 der Baumschutzverordnung , die nunmehr gemäß § 56 Abs. 4 des Hamburgischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (HmbNatSchG) vom 7. August 2001 (GVBl. 281) als aufgrund der §§ 15 und 20 dieses Gesetzes erlassen gilt, sind zur Pflege und zum Wiederaufbau des Stadt- und Landschaftsbildes im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg alle Bäume und Hecken dem Schutz des Naturschutzgesetzes unterstellt. Nach § 2 ist es verboten, Bäume oder Teile von ihnen zu entfernen, zu beschädigen oder sonstwie in ihrer Wirkung als Zierde und Belebung des Landschaftsbildes zu beeinträchtigen. Die Naturschutzbehörde kann allerdings Ausnahmen davon zulassen, soweit sie nicht dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen (§ 4). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen hier vor.
(2) Der Zweck der Baumschutzverordnung ergibt sich zum einen aus § 1. Dabei steht heute - anders als wohl noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung - die Pflege des Stadt- und Landschaftsbildes im Vordergrund. Diesem Zweck widerspricht das Beschneiden der Bäume dergestalt, daß die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige beseitigt werden,
nicht. Denn sogar ein darüber hinausgehendes regelmäßiges Beschneiden der sich auf dem Grundstück der Beklagten haltenden Zweige und der Baumkronen ist nach dem von den Beklagten in den Prozeß eingeführten Privatgutachten eine notwendige Pflegemaßnahmen. Demgemäß hat auch ein Vertreter der Naturschutzbehörde bei der erstinstanzlichen Augenscheineinnahme zu erkennen gegeben, daß ein Beschneiden der Bäume entsprechend den in dem Gutachten enthaltenen Vorschlägen genehmigungsfähig sei. Zum anderen erschließt sich der Zweck der Baumschutzverordnung auch aus den §§ 15 und 20 HmbNatSchG. Danach sind die Bäume zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt, weil ihr besonderer Schutz zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, insbesondere wegen ihrer Bedeutung für die Schaffung, Erhaltung oder Entwicklung von Biotopverbundsystemen, erforderlich ist. Diese Schutzzwecke werden durch die Beseitigung der über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweige nicht beeinträchtigt, weil die Bäume als solche erhalten bleiben und ihre vielfältigen Funktionen als natürlicher Bestandteil der Umwelt innerhalb eines großstädtischen Wohngebiets nicht verlieren. Insbesondere dient das Beschneiden der Bäume auch der Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, wie die von den Klägern zu den Gerichtsakten gereichten Fotografien, die den Zustand der Bäume zeigen, anschaulich verdeutlichen.

c) Der geltend gemachte Anspruch ist nicht nach § 910 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wonach dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zusteht, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung
des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Diese Vorschrift gilt auch für den Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1352 [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln). Hier ist jedoch verfahrensrechtlich davon auszugehen , daß die Zweige der Linden die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie dort zu einer erhöhten Rutschgefahr führen und damit die Sicherheit der Benutzer der Grundstücksauffahrt gefährden. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese Behauptung der Kläger zu bestreiten und zu beweisen, daß keine Beeinträchtigung vorliegt. Denn wenn - wie hier - der durch herüberragende Zweige eines Baumes oder Strauches beeinträchtigte Grundstückseigentümer nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeht, sondern den selbständig danebenstehenden Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; Urteil v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156) geltend macht, trägt der Nachbar - wie im Anwendungsbereich des § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB - die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von den herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, aaO). Die Beklagten haben jedoch keinen Beweis angetreten.
Ebenfalls ist verfahrensrechtlich davon auszugehen, daß auch die Buchenzweige, welche über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen sind, die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie ihr Wohnhaus berühren. Nachdem das Amtsgericht die Beklagten zum Kürzen solcher Zweige verurteilt hatte und die Kläger in der Berufungsinstanz als einzige von der Buche ausgehende Beeinträchtigung das Berühren des Wohnhauses behauptet haben, hätten die Beklagten darlegen und beweisen müssen, daß diese Beeinträchtigung nicht vorliegt. Sie haben sich jedoch - ohne Beweis anzu-
treten - auf das einfache Bestreiten des Vortrags der Klägerin beschränkt. Das reichte nicht aus.

d) Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB erfüllt; eine Duldungspflicht der Kläger nach Absatz 2 der Vorschrift besteht nicht. Da jedoch nicht die Zivilgerichte, sondern nur die zuständige Behörde Ausnahmen von dem generellen Verbot des Beschneidens der Bäume zulassen kann, ist es notwendig, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten und zur Klarstellung den Vorbehalt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung in das Urteil aufzunehmen. Daß die Kläger ihn nicht in ihren Klageantrag aufgenommen haben, ist unschädlich , denn die Einschränkung stellt sich nur als ein formell notwendiges Weniger gegenüber dem Klageantrag dar, sie gibt den Klägern aber nicht etwas anderes, als sie beantragt haben, § 308 ZPO (Senat, BGHZ 120, 239, 247 f.).
5. Für den Fall, daß eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird, kommt ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch der Kläger gegen die Beklagten in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht , weil sie aus öffentlich-rechtlichen Gründen an der Durchsetzung ihres an sich bestehenden Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB gehindert wären (vgl. Senat, Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03, Umdruck S. 9 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen] - Teilrodung). Dem stünde nicht in jedem Fall entgegen, daß es den Beklagten nicht erlaubt wäre, die Störungen zu beseitigen. Denn wenn die Erteilung der Ausnahmegenehmigung daran scheiterte , daß die mit der Klage verlangten Maßnahmen jetzt dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen, weil die Beklagten bisher pflichtwidrig das
ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen haben, wäre das ein Fall des unzulässigen Betreibens von Naturschutz auf Kosten des Nachbarn.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 102/03 Verkündet am:
14. November 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Nds. NachbarrechtsG § 54 Abs. 2; BGB § 910 Abs. 2; BGB § 906 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 2 analog; BGB § 1004 Abs. 1

a) Der Eigentümer von Bäumen, die den in § 50 Abs. 1 Nds. NRG vorgeschriebenen
Grenzabstand nicht einhalten, muß sie auf Verlangen des Nachbarn nach dem Ablauf der
Ausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NRG weder auf die zulässige noch auf eine andere
Höhe zurückschneiden.

b) § 910 Abs. 2 BGB gilt auch für den Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den
Nachbarn auf Beseitigung herüberragender Zweige nach § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen gehört zu
den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB.

d) Der Eigentümer eines Baumes ist für die von diesem ausgehenden natürlichen
Immissionen (Laub, Nadeln, Blüten, Zapfen) auf benachbarte Grundstücke jedenfalls
dann verantwortlich und damit "Störer" im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB, wenn er sie
unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand
unterhält.

e) Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich
vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Zurückschneiden wegen des
Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlußfrist nicht mehr
verlangen kann, kann für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von
Nadeln und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen.
BGH, Urt. v. 14. November 2003 - V ZR 102/03 - LG Stade
AG Cuxhaven
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 18. März 2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von 204,52 ! " ! $#% & ' )( *+ , -. von 1.227,10 worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen nahe der Grundstücksgrenze zwei Kiefern, die bei Klageerhebung ca. 14 m hoch waren. Von einem der Bäume ragten Zweige in einer Höhe
von ca. 9 m ungefähr 2,3 m, von dem anderen Baum ragen Zweige in einer Höhe von ca. 5 m ungefähr 0,4 m auf das Grundstück des Klägers herüber; auch fallen Kiefernnadeln und -zapfen auf sein Grundstück.
Der Kläger behauptet, daß er wegen der abfallenden Nadeln und Zapfen das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses sowie seinen Garten mehrfach im Jahr säubern müsse; auch habe er wegen des starken Nadelfalls einen Gartenteich verschließen müssen.
Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern auf die Höhe, die sie fünf Jahre vor der Klageerhebung hatten, und zum künftigen jährlichen Zurückschneiden auf diese Höhe sowie zur Beseitigung der auf sein Grundstück herüberragenden Zweige beantragt; weiter hat er von den Beklagten die Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von (, 0 1' & 2' 34 657 8 -9 ;: 3 )<9= >#@?9 ! A B 204,52 / / hat die Verpflichtung der Beklagten, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 14 m zu halten, festgestellt; weiter hat es die Beklagten zur Beseitigung der von einem der Bäume in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Nach dem Erlaß dieses Urteils haben die Beklagten die Bäume auf eine Höhe von 10 m bzw. 11 m gekürzt und die in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige entfernt.
Die Berufung des Klägers, mit der er seine in erster Instanz abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgt und hilfsweise die Verurteilung der Beklagten
beantragt hat, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 11 m bzw. 12 m zu halten, ist erfolglos geblieben. Die Anschlußberufung der Beklagten hat insoweit Erfolg gehabt, als das Landgericht ihre Verpflichtung zum jährlichen Zurückschneiden der Kiefern aufgehoben und lediglich ihre Verurteilung zur Beseitigung der in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige aufrecht erhalten hat.
Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will der Kläger die Feststellung erreichen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 15. März 2003 beantragt worden ist; im übrigen verfolgt er seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern nach § 54 Abs. 2 des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes (Nds.NRG) wegen Fristablaufs ausgeschlossen. Die Vorschrift bezwecke, daß der weitere Wuchs von Bäumen später als fünf Jahre nach Erreichen der gesetzlich zulässigen Höhe von dem Nachbarn nicht mehr verhindert werden könne. Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern oder auf die künftige Einhaltung einer bestimmten Wuchshöhe. Ein Anspruch
auf Beseitigung der in ca. 5 m Höhe herüberragenden Zweige habe der Kläger ebenfalls nicht, weil der Überhang so geringfügig sei, daß hiervon keine bemerkenswerte Beeinträchtigung ausgehe.
Ein Ausgleichsbetrag wegen erhöhten Reinigungsaufwands stehe dem Kläger nicht zu. Es fehle an einer wesentlichen und unzumutbaren Beeinträchtigung seines Grundstücks im Sinne von § 906 BGB. Nach dem Ablauf der in § 54 Abs. 2 Nds.NRG genannten Frist stünden die Bäume rechtmäßig auf dem Grundstück der Beklagten; deshalb seien die Auswirkungen der Anpflanzungen nicht rechtswidrig. Die natürlichen Emissionen der Bäume seien von dem Nachbarn hinzunehmen. Im übrigen stelle die Einwirkung durch Nadelfall keine über das ortsübliche zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers dar. Der Nadel- und Zapfenfall sei angesichts der überragenden Nützlichkeit von Bäumen für die Gesellschaft entschädigungslos hinzunehmen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.

II.


1. Zutreffend verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf das Kürzen der Kiefern.

a) Ein auf landesrechtliche Grundlage gestützter Anspruch ist nach § 54 Abs. 2 Nds.NRG, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlan-
desgerichts hinaus erstreckt und deshalb der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 545 Abs. 1 ZPO), wegen Fristablaufs ausgeschlossen.
aa) Ursprünglich stand dem Kläger der Anspruch zu. Die beiden Kiefern auf dem Grundstück der Beklagten sind unstreitig über die nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG in Abhängigkeit von ihrem Abstand zu der Grundstücksgrenze zulässige Höhe hinausgewachsen. Sie hätten daher auf Verlangen des Klägers auf die zulässige Höhe zurückgeschnitten werden müssen, wenn die Beklagten sie nicht beseitigen wollten (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG). Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen , weil der Kläger nicht spätestens im fünften auf das Hinauswachsen folgenden Kalenderjahr Klage auf Zurückschneiden erhoben hat (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG). Diese Ausschlußfrist (vgl. LG Lüneburg, Nds.Rpfl. 2000, 168, 169; Lehmann, Kommentar zum Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz, 3. Aufl., § 54 Rdn. 9; Pardey, Nds.NRG, 2. Aufl., § 54 Anm. 1) war hier bei Klageerhebung abgelaufen.
bb) Für eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß nach Fristablauf zwar kein Zurückschneiden auf die gesetzlich zulässige Höhe, wohl aber verlangt werden kann, daß der Eigentümer die Bäume künftig durch regelmäßiges Zurückschneiden auf der Höhe hält, die sie im Zeitpunkt der Klageerhebung hatten (vgl. AG Winsen/Luhe, Nds.Rpfl. 1999, 317; Hoof/Keil, Das Nachbarrecht in Niedersachsen, 7. Aufl., § 54 Anm. 3), oder daß die Bäume auf die Höhe zurückgeschnitten werden, die sie fünf Jahre vor Klageerhebung hatten (vgl. OLG Celle, AgrarR 1993, 154 f.; AG Göttingen, Nds.RPfl. 1999, 292; für das NachbG NRW: Rammert, Nachbarrecht Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., S. 31 Fn. 75), ist kein Raum. Der Gesetzeswortlaut ist klar und eindeutig; er läßt keine Interpretation zu. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten es, dem
Nachbarn nach Fristablauf jeden Anspruch auf Zurückschneiden der Bäume zu versagen. Denn mit der Ausschlußfrist soll innerhalb eines Zeitraums, der die Interessen des Nachbarn und des Eigentümers der Bäume gleichermaßen berücksichtigt , grundsätzlich eine abschließende Klärung der nachbarlichen Verhältnisse in Bezug auf das Höhenwachstum herbeigeführt werden (vgl. LG Lüneburg , aaO).
Die Frist gibt dem Nachbarn genügend Zeit zu überlegen, ob er seinen Anspruch (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG) durchsetzen will. Es ist ihm ohne weiteres möglich, innerhalb von fünf Jahren nach dem Hinauswachsen von Bäumen über die gesetzlich zulässige Höhe hinaus den jährlichen Zuwachs und die daraus gegebenenfalls folgenden Beeinträchtigungen seines Grundstücks wie z.B. den Entzug von Licht, die Bildung von Windzirkulationen und das Abwerfen von Blättern, Nadeln oder Früchten zu beobachten. Auch läßt sich - notfalls mit Hilfe fachmännischer Beratung - ermitteln, wie lange das Wachstum der Bäume andauern wird, so daß auch der Umfang späterer Beeinträchtigungen eingeschätzt werden kann. Der Nachbar kann somit innerhalb der Frist entscheiden , ob er das Zurückschneiden der Bäume verlangen will.

b) Das alles besagt allerdings noch nicht, daß der Eigentümer Bäume auf seinem Grundstück, deren Zurückschneiden der Nachbar nach landesrechtlichen Vorschriften wegen Fristablaufs nicht mehr verlangen kann, bis zum natürlichen Ende ihres Wachstums in eine beliebige Höhe wachsen lassen darf. Vielmehr kommt unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung des Eigentümers in Betracht, die Bäume auf Verlangen des Nachbarn auch nach dem Fristablauf zurückzuschneiden. Davon geht das Be-
rufungsgericht zutreffend aus. Es verneint jedoch zu Recht eine solche Verpflichtung der Beklagten.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urteil vom 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 mit umfangreichen Nachweisen ) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden (Senat, Urteil vom 11. Juli 2003, V ZR 199/02, NJW-RR 2003, 1313, 1314 m.w.N.).
bb) Die behaupteten Folgen des Höhenwachstums der Kiefern rechtfertigen keine Abweichung von der nachbarrechtlichen Sonderregelung des § 54 Abs. 2 Nds.NRG. Nur wenn der Nachbar wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt wäre, könnte er von dem Eigentümer unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme ihren Rückschnitt auf eine beiden Interessen gerecht werdende Höhe verlangen, wenn dies dem Eigentümer zumutbar ist (vgl. KG, NJW-RR 2000, 160, 161; Pardey, aaO, § 54 Anm. 1.3). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zwar sollen die Kiefern den Lichteinfall und die Windzirkulation auf dem Grundstück des Klägers beeinträchtigen ; der Nadel- und Zapfenfall soll zu zusätzlichen Reinigungsarbei-
ten an dem Wohnhaus und dem Garten des Klägers führen, auch habe ein Gartenteich verschlossen werden müssen. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine Verpflichtung der Beklagten zum Zurückschneiden der Bäume unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses anzunehmen.

c) Nach alledem sind die auf das Zurückschneiden der Kiefern gerichteten Anträge des Klägers unbegründet, auch soweit die Beklagten die Bäume künftig auf einer bestimmten Höhe halten sollen. Daraus folgt zugleich, daß die von dem Kläger erstmalig im Revisionsverfahren erklärte Teil-Erledigung der Hauptsache, die der Senat zu berücksichtigen hat (BGHZ 106, 359, 368), ebenfalls unbegründet ist. Die beantragte Teil-Erledigung ist deshalb nicht auszusprechen.
2. Ebenfalls zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers nach § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des noch von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe auf sein Grundstück herüberragenden Zweiges. Der Kläger muß nach § 1004 Abs. 2 BGB das Herüberragen dulden, weil dadurch die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigt wird.

a) Nach § 910 Abs. 2 BGB steht dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zu, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Die Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; LG Bonn, NJW-RR 1987, 1421; AG Würzburg, NJW-RR 2001, 953; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 910 Rdn. 2). In welchen Fällen keine Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchti-
gung der Grundstücksbenutzung (MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 910 Rdn. 6; Staudinger/Roth, aaO, § 910 Rdn. 18). Ob, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muß (so OLG Köln, NJW-RR 1989, 1177; 1997, 656; LG Kleve, MDR 1982, 230, 231; LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; MünchKomm-BGB/ Säcker, aaO; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 910 Rdn. 3; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 18; a.A. AG Königstein, NJW-RR 2000, 1256; AG Würzburg , aaO), kann offenbleiben. Denn der Zweig, der von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe ungefähr 0,4 m weit auf das Grundstück des Klägers herüberragt , beeinträchtigt dessen Benutzung nicht.

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht, trägt der Nachbar (Palandt/ Bassenge, aaO; Staudinger/Roth, aaO, Rdn. 33). Das sind hier die Beklagten. Sie haben das Fehlen einer Beeinträchtigung ausreichend dargelegt. Nach ihrem beweisbewehrten Vortrag in der Berufungserwiderung, der auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug nimmt, ragen nicht nur der Zweig, dessen Beseitigung der Kläger verlangt, sondern auch Zweige anderer Bäume auf sein Grundstück herüber; außerdem stehen dort nahe der Grundstücksgrenze mehrere Bäume und Sträucher. Das wird durch die von den Parteien zu den Akten gereichten Lichtbilder bestätigt; danach wachsen auf beiden Seiten der gemeinsamen Grundstücksgrenze Laub- und Nadelgewächse. Darauf stützen die Beklagten ihre Behauptung, daß eine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks gerade durch den Zweig, dessen Beseitigung der Kläger noch verlangt, ausgeschlossen ist. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe das Beweisangebot des Klägers zur Erheblichkeit der von den herüberragenden Zweigen ausgehenden Beein-
trächtigungen übergangen, ist unbegründet; es betrifft nicht die von den herüberragenden Zweigen, sondern die von den Kiefern insgesamt ausgehenden Beeinträchtigungen.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Kläger gegen die Beklagten für den behaupteten erhöhten Reinigungsaufwand ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Es verneint jedoch zu Unrecht das Bestehen eines solchen Anspruchs.

a) Gehen von der ortsüblichen Benutzung eines Grundstücks Einwirkungen im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ein anderes Grundstück aus und beeinträchtigen sie dessen Benutzung wesentlich, muß der betroffene Grundstückseigentümer die Einwirkungen dulden, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). In diesem Fall kann der Grundstückseigentümer von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkungen eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach kommt es zunächst darauf an, ob das Abfallen von Kiefernnadeln und -zapfen auf ein Nachbargrundstück zu den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört. Davon geht das Berufungsgericht im Anschluß an das Amtsgericht stillschweigend aus. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden; es wird auch von der Revision als dem Kläger günstig nicht angegriffen. Die von § 906 BGB erfaßten Einwirkungen stimmen darin überein, daß sie in ihrer Ausbreitung weithin unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, unwesentlich oder
wesentlich beeinträchtigen können (Senat, BGHZ 117, 110, 112). Das trifft auf das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen zu (vgl. BayObLG, AgrarR 1992, 312, 313; OLG Karlsruhe, NJW 1983, 2886; OLG Stuttgart, NJW 1986, 2768; NJW-RR 1988, 204; OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2619; NJW-RR 1991, 1364, 1365; MünchKomm/ Säcker, aaO, § 906 Rdn. 81; Palandt/Bassenge, aaO, § 906 Rdn. 13; Staudinger /Roth, aaO, § 906 Rdn. 169; Horst, DWW 1991, 322, 323; Müller, NJW 1988, 2587; zweifelnd OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 144, 145).

b) Ebenfalls stillschweigend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagten für das Abfallen der Kiefernnadeln und -zapfen verantwortlich sind. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision hingenommen. Zwar beruhen die Einwirkungen auf natürlichen Vorgängen. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. So hat der Senat in den Fällen des Eindringens von Baumwurzeln in die Abwasserleitungen des Nachbarn den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8.2.1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826) bzw. unterhalten hat (Urt. v. 21.10.1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396). In dem Froschlärm-Fall hat er darauf abgestellt, dass der Eigentümer mit der auf seinem Willen beruhenden Anlage und Unterhaltung des Gartenteichs die Bedingungen dafür geschaffen hat, daß sich dort Frösche ansiedeln konnten (BGHZ 120, 239, 254). In der Wolläuse – Entscheidung (Urt. v. 7. 7. 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634) hat er die Störereigenschaft des Eigentümers dagegen verneint, weil er die Störung weder durch eigene Handlungen ermöglicht noch durch ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat, sondern die Einwirkung durch ein zufälliges und zusätzliches Naturereignis ausgelöst wurde. Diese Differenzie-
rung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen (Herrmann NJW 1997, 153, 154). Ob und inwieweit sie berechtigt ist, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Denn der Senat hat den der Wolläuse – Entscheidung zugrunde liegenden Gedanken, dass beim Einwirken von Naturkräften eine Störung nur bei einem pflichtwidrigen Unterlassen in Betracht kommt, in dem Mehltau-Fall (Urt. v. 16. 2. 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299) weitergeführt. Er hat dort darauf abgestellt, ob sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“, also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen ergibt (vgl. auch Senat, BGHZ 90, 255 - Niederschlagswasser). Das trägt den Ansätzen der Kritik Rechnung (Herrmann aaO; vgl. auch Armbrüster NJW 2003, 3087, 3088 f.). Insoweit gilt für natürliche Immissionen nichts anderes als für Immissionen aufgrund eines technischen Defekts (Senatsurt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, NJW 2003, 2377 - Wasserrohrbruch). Ob eine solche Pflicht besteht, ist jeweils an Hand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Maßgebend sind hierbei vor allem die Konfliktlösungsregeln des öffentlichen und privaten Nachbarrechts sowie die Art der Nutzung der benachbarten Grundstücke und die vorbeugende Beherrschbarkeit der Störung. Dabei ist, wie der Senat in dem Mehltau-Fall ausgeführt hat, bei natürlichen Immissionen u.a. entscheidend, ob die Nutzung des störenden Grundstücks sich im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus lässt sich auch die Frage beantworten, ob der Laubabwurf oder der Nadelflug eine abwehrbare Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB darstellen. Hierbei ist, wie § 907 Abs. 2 BGB zu entnehmen ist, ohne Bedeutung, ob der Baum, Strauch oder die Pflanze, von der die Immission ausgeht, auf natürlichem Wege angewachsen oder von dem Grundstückseigentümer angepflanzt worden ist (Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004, RdNr. 58). Entscheidend kann nur sein, ob der Bewuchs mit seiner na-
türlichen Emission ordnungsgemäßer Grundstücksbewirtschaftung und dem das Nachbarrecht bestimmenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme entspricht. Dies ist hier zu verneinen. Dabei kann offen bleiben, ob schon allein das Anpflanzen oder Unterhalten der Kiefern als Waldbäume in einem Wohngebiet bei der gebotenen Rücksichtnahme auf die Nachbarinteressen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Jedenfalls werden sie unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand unterhalten. Daß der Kläger wegen Fristablaufs nicht mehr ihre Beseitigung oder das Zurückschneiden auf die zulässige Höhe verlangen kann, hat nicht zur Folge, daß der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Dann aber sind die Beklagten für die von den Kiefern ausgehenden natürlichen Immission auch verantwortlich.

c) Mit Erfolg rügt die Revision allerdings, daß das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil die von dem Kläger behaupteten Beeinträchtigungen als nicht wesentlich ansieht. Dies ist zunächst eine Tatfrage. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat , BGHZ 120, 239, 254 f.). Das ist hier nicht der Fall.
(1) Die Verfahrensrüge des Klägers (§ 286 ZPO) greift durch. Das Berufungsurteil läßt nicht erkennen, von welchen Auswirkungen des Nadel- und Zapfenfalls das Berufungsgericht ausgeht; entsprechende Feststellungen fehlen. Die Parteien haben dazu gegensätzlich vorgetragen. Damit setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Auch ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen , ob das Berufungsgericht erkannt hat, daß den Beklagten die Darle-
gungs- und Beweislast für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigungen obliegt (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 257). Falls es seine Auffassung, daß der Nadelund Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers nur unwesentlich beeinträchtigt, auf den in der Berufungserwiderung der Beklagten in Bezug genommenen erstinstanzlichen Vortrag, daß nicht nur die Nadeln und Zapfen ihrer Kiefern, sondern alle pflanzlichen Bestandteile sämtlicher auf dem Grundstück des Klägers und auf den Nachbargrundstücken stehender Bäume auf das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe des Hauses des Klägers und in seinen Garten fallen, und die von den Beklagten vorgelegten Lichtbilder stützt, wäre wegen des dem entgegenstehenden Vortrags des Klägers eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen. Falls das Berufungsgericht jedoch meint, daß sich schon aus dem Vortrag des Klägers die Unwesentlichkeit der behaupteten Einwirkungen ergibt, so daß es keiner Beweisaufnahme bedurfte, hätte es den Begriff der Wesentlichkeit verkannt. Bei der Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, muß auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" und das, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, abgestellt werden (Senat, BGHZ 148, 261, 264 m.w.N.). Damit können auch wertende Momente, wie z.B. die Beachtung des Naturschutzes und des Umweltbewußtseins der Bevölkerung, in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 255). Dieser Gedanke liegt dem Berufungsurteil offensichtlich zugrunde. Er kann jedoch nicht dazu führen, die Wesentlichkeit auch dann zu verneinen, wenn die Einwirkungen von dem Nachbargrundstück objektiv feststellbare physische Auswirkungen auf das Eigentum des betroffenen Grundstückseigentümers haben (vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1998, V ZR 411/97, WM 1999, 554, 555). In einem solchen Fall ist die Grenze von der Unwesentlichkeit zur Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen überschritten. So kann es hier sein.
Nach dem Vortrag des Klägers verstopfen die von den Kiefern der Beklagten abfallenden Nadeln die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses. Führt das zu Schäden, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung vor (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2688). Auch hat der Kläger vorgetragen, daß er wegen des Nadelfalls seinen Gartenteich verschließen mußte. Trifft das zu, wäre auch das eine wesentliche Beeinträchtigung. Insoweit bedarf die Sache also weiterer Aufklärung.
(2) Ebenfalls rechtlich nicht haltbar ist die von dem Berufungsgericht übernommene Auffassung des Amtsgerichts, daß die Auswirkungen einer nicht abwehrbaren Bepflanzung auf die Nachbarschaft nicht rechtswidrig sein können. Damit verkennen die Vorinstanzen in einem entscheidenden Punkt die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Er kommt in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer wesentliche Einwirkungen dulden muß, die von einer im übrigen rechtmäßigen Nutzung des Nachbargrundstücks ausgehen. Deshalb läßt sich die Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung ebenfalls nicht verneinen.

d) Wenn der Nadel- und Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich beeinträchtigt, hängt die Begründetheit des Anspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB weiter davon ab, daß die Beeinträchtigung auf eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen ist und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Zweifel an der Ortsüblichkeit der Grundstücksbenutzung bestehen bereits deshalb , weil die Kiefern den nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG gebotenen Grenzabstand nicht einhalten. Die Frage der Ortsüblichkeit und der Verhinderbarkeit braucht
hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sie zu verneinen wäre und der Kläger die Einwirkungen deshalb grundsätzlich nicht dulden müßte, sondern sie nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehren könnte, käme ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog in Betracht. aa) Ein solcher Anspruch ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung auf ein benachbartes Grundstück Einwirkungen ausgehen, die zwar rechtswidrig sind und deshalb nicht geduldet werden müßten, der betroffene Eigentümer jedoch aus besonderen Gründen gehindert ist, solche Störungen nach § 1004 Abs. 1 BGB zu unterbinden; der Anspruch setzt voraus, daß der Betroffene hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.). Dieser allgemein für das Nachbarrecht entwickelte Grundsatz ist nicht etwa nur auf andere als die von § 906 Abs. 1 BGB erfaßten Einwirkungen beschränkt , wie z.B. auf Grobimmissionen (BGHZ 58, 149, 158 f.; 111, 158, 162), Vertiefungsschäden (BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384), Abschwemmung von Unkrautvernichtungsmitteln (Senat, BGHZ 90, 255 ff.), Wasserschaden infolge Rohrbruchs auf dem Nachbargrundstück (Senat, Urt. v. 19. Mai 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; Urt. v. 30. Mai 2003, aaO) oder durch technischen Defekt an elektrischen Leitungen verursachter Brandschaden an dem benachbarten Haus (Senat, Urt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1999, 2168, 2169); er gilt ebenso für Einwirkungen im Sinne dieser Vorschrift, wenn der beeinträchtigte Eigentümer eine solche Einwirkung trotz ihrer Rechtswidrigkeit nicht verhindern kann, denn maßgeblicher Gesichtspunkt ist in diesen Fällen nicht die Art der Einwirkung, sondern der Umstand, daß eine unzumutbare Be-
einträchtigung des Eigentums eintritt (Senat, BGHZ 90, 255, 262 f.). Dieser Gedanke liegt auch dem § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zugrunde.
bb) Einen Abwehranspruch hätte hier der Kläger zwar unter der Voraussetzung , daß eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung seines Grundstücks auf die nicht ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen wäre und/oder von ihnen durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte. Aber der Kläger wäre aus Rechtsgründen daran gehindert, die Einwirkungen zu unterbinden. Eine andere Möglichkeit zur Störungsbeseitigung als die, daß die den Beklagten gehörenden Kiefern entfernt oder so weit gekürzt werden, daß das Abfallen von Nadeln und Zapfen auf das Grundstück des Klägers nahezu ausgeschlossen ist, ist nämlich nicht ersichtlich. Darauf hat der Kläger jedoch wegen Ablaufs der Ausschlußfrist (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG) keinen Anspruch mehr; er muß das Höhenwachstum der Bäume dulden (siehe vorstehend unter II. 1.).
cc) Ob der Kläger die Beeinträchtigungen entschädigungslos hinnehmen muß, bedarf ebenfalls der Klärung durch das Berufungsgericht. Es wird zu ermitteln haben, in welchem Verhältnis der von dem Kläger behauptete zusätzliche Reinigungsaufwand zu dem Aufwand steht, den er für die Reinigung seines Grundstücks von Laub, Nadeln u.ä. sowieso hat. Dabei ist zu berücksichtigen , daß sich beide Grundstücke in einem seit vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit teilweise hohem Baumbestand befinden, weshalb das Grundstück des Klägers - wie auch die benachbarten Grundstücke - dem Abfallen von Laub, Nadeln, Zapfen und anderen pflanzlichen Bestandteilen der eigenen und fremden Bäume und Sträucher ausgesetzt ist. Deshalb muß der Kläger - ebenso wie seine Nachbarn - Reinigungsarbeiten auf seinem Grundstück
vornehmen, um das Laub u.ä. zu entfernen. Dabei müssen auch die Dachrinne und die Dacheinläufe gesäubert werden. Der zeitliche Aufwand dafür hängt von der Art und Größe der eigenen und umliegenden Anpflanzungen, der Jahreszeit sowie den Witterungsverhältnissen ab. Dazu muß der Kläger noch vortragen. Bei der dann erforderlichen Abwägung können allerdings Gesichtspunkte wie der, daß derjenige, der die mit dem "Wohnen im Grünen" verbundenen Annehmlichkeiten wie z.B. den auf Bäume und Sträucher zurückzuführenden Sicht-, Schall- und Windschutz sowie reine und sauerstoffreiche Luft in Anspruch nimmt, bis zu einem gewissen Grad auch die damit verbundenen Nachteile, jedenfalls soweit sie auf natürlichen Gegebenheiten beruhen, in Kauf nehmen müsse (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2620 m.w.N.; NJW-RR 1991, 1364, 1366 f.; OLG Düsseldorf, NJWE-MietR 1996, 2, 3), oder das gewachsene Umweltbewußtsein weiter Kreise der Bevölkerung, welches das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohngebieten als erstrebenswert ansieht, keine Rolle spielen. Denn hier verstoßen die Beklagten dadurch , daß die Bäume nicht den gesetzlich vorgegebenen Grenzabstand einhalten , gegen das Gebot der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres Grundstücks. Dies kann durch die genannten Gesichtspunkte nicht kompensiert werden. Inwiefern sie zu berücksichtigen wären, wenn das störende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet und rechtmäßig genutzt würde, bedarf hier keiner Entscheidung.
dd) Der Umfang des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung gelten; diese unterscheidet sich vom Schadenersatz darin, daß nicht der Zustand herzustellen ist, der bestünde, wenn die Störung nicht eingetreten wäre, vielmehr beschränkt sich der Ausgleich auf die Beseitigung der durch die Störung ein-
getretenen Vermögenseinbuße (Senat, BGHZ 147, 45, 53). Deshalb kann der Kläger höchstens den Betrag erhalten, den er für die zusätzliche Reinigung durch ein Unternehmen aufwenden müßte.
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil unter Zurückweisung des erfolglosen Teils der Revision (vorstehend II. 1. und 2.) im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als die Zahlungsanträge des Klägers abgewiesen worden sind. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Es muß aufklären, ob die von dem Kläger behaupteten Einwirkungen die ortsübliche Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigen und ob ihm nicht zugemutet werden kann, daß er die daraus herrührenden Nachteile entschädigungslos hinzunehmen hat. Für das alles trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 83/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 31. März 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung in der Sache unter dem Vorbehalt der Erteilung einer erforderlichen behördlichen Genehmigung steht.
Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind seit März 1998 Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen in einem Abstand von 40 cm von der Grenze entfernt entlang der Grundstücksauffahrt der Kläger 13 Linden, welche vor
über 100 bzw. über 70 Jahren gepflanzt wurden. Zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten war vereinbart, daß die Linden alle fünf Jahre geschnitten werden sollten, so daß sie als sogenannte Kopflinden ausgebildet wurden. Der letzte Rückschnitt erfolgte 1987 oder 1990. Seitdem haben sich an den Bäumen zahlreiche über die Grundstücksgrenze gewachsene und in den Luftraum über dem Grundstück der Kläger hineinragende Stämmlinge gebildet, deren Laub auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fällt und dort, insbesondere bei Nässe, zur Rutschgefahr führt. Außerdem tropft bei Regen Wasser von den überhängenden Lindenzweigen auf die Auffahrt und gefriert dort im Winter.
Weiter steht auf dem Grundstück der Beklagten eine Buche, deren Zweige ebenfalls über die Grundstücksgrenze gewachsen sind.
Die Linden und die Buche stehen unter Bestandsschutz nach Maßgabe der Vorschriften der Verordnung zum Schutz des Baumbestandes und der Hecken in der Freien und Hansestadt Hamburg (Baumschutzverordnung) vom 17. September 1948 (HmbBL I 791-i).
Die Kläger haben von den Beklagten in erster Linie die Vornahme geeigneter Maßnahmen verlangt, durch welche die von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen beseitigt und spätere Beeinträchtigungen verhindert werden, insbesondere die Gefahr des Ausrutschens auf nassem Laub und gefrorenem Wasser sowie des Auseinanderbrechens der Bäume, die Störung des Satellitenfernsehempfangs und die Unbefahrbarkeit der Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen. Hilfsweise haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme eines Beschnitts der Bäume dergestalt beantragt,
daß die Linden eine Hand breit oberhalb des letzten Schnitts gekappt und die Äste der Buche fachgerecht eingekürzt werden.
Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Linden geeignete Maßnahmen vorzunehmen, durch die verhindert wird, daß Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fallen, und die das Wohnhaus der Kläger berührenden Äste der Buche fachgerecht einzukürzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Durchsetzung ihrer Klage weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den von den Klägern gestellten Hauptantrag wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit für unzulässig. Zwar könne der Störer selbst entscheiden, in welcher Weise er die Beseitigung und Unterlassung der Störung herbeiführen wolle; aber der Klageantrag müsse die zu beseitigenden Beeinträchtigungen so konkret beschreiben, daß ein darauf beruhender Titel vollstreckungsfähig sei. Diesen Anforderungen genüge der Hauptantrag nicht.
Weiter meint das Berufungsgericht, der Hauptantrag sei auch unbegründet. Eine Verpflichtung der Beklagten, die von den Klägern geforderten
Maßnahmen zu ergreifen, lasse sich nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten; denn die Vereinbarung zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten über den Beschnitt der Linden binde die Beklagten nicht. Auch aus § 1004 Abs. 1 BGB ergebe sich für die Kläger kein Anspruch. Die Beklagten seien zwar Störer im Sinne der Vorschrift. Aber eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger durch Tropfwasser lasse sich nicht feststellen, weil es sich dabei nicht um eine Immission der Linden handele. Etwas anderes gelte für den Laubfall von den überhängenden Ästen und Zweigen; die dadurch hervorger ufenen Beeinträchtigungen müßten die Kläger nicht hinnehmen. Ihrem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch stehe jedoch die Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB entgegen. Die Beklagten seien durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung gehindert, an den Linden die mit der Klage verlangten Maßnahmen durchzuführen, weil diese nicht genehmigungsfähig seien.
Den Hilfsantrag sieht das Berufungsgericht als zulässig an. Es hält ihn jedoch aus denselben Gründen wie den Hauptantrag für unbegründet.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von den Klägern gestellten Hauptantrag abgewiesen, soweit er überhaupt Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
1. Die Beklagten sind durch das Urteil des Amtsgerichts nur insoweit beschwert, als sie zur Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch die das Abfallen von Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger verhindert wird, und zum fachgerechten Einkürzen der das Wohnhaus der Kläger berührenden Buchenzweige, verurteilt worden sind. Nur das konnten sie mit ihrer Berufung auch angreifen. Die von den Klägern darüber hinausgehend verlangten Maßnahmen zur Verhinderung der Gefahr des Auseinanderbrechens der an der Grenze stehenden Bäume, der Störung des Satellitenempfangs , der Unbefahrbarkeit ihrer Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen und das Kappen der Linden sind mangels einer Anschlußberufung der Kläger nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Weiter folgt aus den erstinstanzlichen Feststellungen, daß das auf die Auffahrt fallende Laub und Tropfwasser von den herüberhängenden Zweigen der Linden herrührt. Von anderen Baumbestandteilen ausgehende Beeinträchtigungen durch Laubund Tropfwasserfall haben die Kläger nicht vorgetragen. Damit war Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur das Verlangen der Kläger, den Laubund Tropfenfall von den über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweigen der Linden und das Berühren ihres Wohnhauses durch die Zweige der Buche zu verhindern.
2. Der Hauptantrag ist zulässig, denn er entspricht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Zwar muß die Leistungsklage mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung und die Zwangsvollstreckung ein genaues tatsächliches Vorbringen darüber enthalten, welche konkrete Leistung von dem Beklagten gefordert wird. Der Klageantrag muß so bestimmt sein, daß der Beklagte sein Prozeßrisiko
erkennen und sich demgemäß verteidigen kann. Nur ein in diesem Sinn konkretisiertes Klageziel ist für den Beklagten eine ausreichende Grundlage der Prüfung, ob der Klageanspruch anerkannt werden soll (Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 - Abschachtung).

b) Bei der Abwehr von Immissionen ist aber eine andere Beurteilung erforderlich. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß in diesem Bereich Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art zu unterlassen , zulässig sind (siehe nur BGHZ 67, 252, 253 - Schweinemästerei; 121, 248, 251 - Jugendzeltplatz; 140, 1, 3 - Schweinemästerei). Aus der Natur des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 BGB folgt, daß es dem Beklagten überlassen ist, wie er die Störung beseitigen will; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Senat, BGHZ 67, aaO.; Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, aaO.; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177 - Tennisplatzlärm). § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert dementsprechend nicht die Angabe, welche konkreten Maßnahmen der Beklagte zur Beseitigung einer Beeinträchtigung ergreifen soll, sondern nur die bestimmte Bezeichnung der Beeinträchtigung.

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der von den Klägern gestellte Hauptantrag hinreichend bestimmt. Mit ihm verlangen sie von den Beklagten die Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch welche im einzelnen benannte Beeinträchtigungen des Grundstücks beseitigt und verhindert werden sollen.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein Anspruch der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ausscheidet.


a) Die Vereinbarung der Kläger mit der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten hinsichtlich des regelmäßigen Beschnitts der Linden ist - im Gegensatz zu der Auffassung des Berufungsgerichts - in diesem Zusammenhang ohne Belang.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1351 m.w.N. [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden.

c) Die Folgen des unterbliebenen Beschnitts der Bäume rechtfertigen keine Abweichung von den hier anwendbaren nachbarrechtlichen Sonderregelungen der §§ 906, 910 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach können die Kläger von den Beklagten sowohl die Beseitigung von Beeinträchtigungen durch die über die Grundstücksgrenze herüberragenden Zweige als auch das Abschneiden dieser Zweige verlangen. Daß die Kläger darüber hinaus durch das nicht grenzüberschreitende Wachstum der Bäume in erheblicher Weise Beeinträchtigungen ausgesetzt wären, haben sie nicht vorgetragen.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Abwehranspruch der Kläger nach § 1004 Abs. 1 BGB verneint; es hat zu Unrecht eine Duldungspflicht der Beklagten nach Abs. 2 der Vorschrift angenommen.

a) Die Beklagten sind Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil sie es zugelassen haben, daß Zweige der Linden und der Buche über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen konnten und zu den benannten Beeinträchtigungen geführt haben. Denn nach § 910 Abs. 1 und 2 BGB hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß überhängende Zweige von Bäumen den Nachbarn nicht beeinträchtigen.

b) Die Störereigenschaft der Beklagten entfällt nicht deshalb, weil sie durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung rechtlich gehindert sind, die von den Klägern erstrebten Maßnahmen zu ergreifen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 239, 254 - Froschlärm) stellen naturschutzrechtliche Verbote die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht in Frage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann. Ob das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte selbständig prüfen. Ergibt die Prüfung, daß eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot, bestimmte Maßnahmen durchzuführen, nicht besteht, scheidet eine Verurteilung zur Beseitigung und Unterlassung aus. Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht, muß in den Tenor einer eventuellen Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden, auch wenn das nicht in dem Klageantrag enthalten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 246 ff.). Somit muß hier
geprüft werden, ob für die von den Klägern beanspruchten Maßnahmen, die nach § 2 der Baumschutzverordnung grundsätzlich verboten sind, eine Ausnahme nach § 4 zugelassen werden kann.
bb) Die Feststellung des Berufungsgerichts, es stehe fest, daß der von den Klägern beanspruchte Eingriff nicht genehmigungsfähig sei, ist von dem Revisionsgericht nach §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Geltungsbereich der Baumschutzverordnung sich nicht über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, ist ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Jedoch rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Auslegungstatsachen verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Zum einen nimmt es an, daß dem Hauptantrag der Kläger auch unter Einbeziehung ihres Sachvortrags nicht entnommen werden könne, welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Störungen für erforderlich hielten. Zum anderen geht es davon aus, daß ein genehmigungsfähiger Rückschnitt der Linden nicht dem entspreche, was die Kläger mit ihrem Hauptantrag durchsetzen wollten. Auch hat das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger zu den Maßnahmen, die nach ihrer Auffassung genehmigungsfähig sind, und ihren zweitinstanzlichen Vortrag zu solchen genehmigungsfähigen Maßnahmen, die sie von den Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen verlangt haben, nicht berücksichtigt. Schließlich hat es die Feststellung der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Kürzens der Buchenäste ausschließlich mit dem verbotenen Kappen von Bäumen begründet. Dabei hat es übersehen, daß die Kläger das Kappen der Buche nicht verlangt haben. Damit fehlt der Feststellung, die von den Klägern verlangten Maßnahmen seien nicht genehmigungsfähig, jede Grundlage. Das läßt die Bindung des Revisionsgerichts an die Feststellung des Berufungsgerichts ent-
fallen (vgl. BGHZ 118, 151, 162). Damit ist die Frage der Zulässigkeit der von den Klägern beanspruchten Maßnahmen offen.
cc) Der Senat kann die Prüfung, ob die Maßnahmen zulässig sind, selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten und auch nicht notwendig sind. Sie führt zu dem Ergebnis, daß wenigstens die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige der Linden und der Buche beseitigt werden dürfen.
(1) Die Bäume stehen unter Bestandsschutz. Nach § 1 der Baumschutzverordnung , die nunmehr gemäß § 56 Abs. 4 des Hamburgischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (HmbNatSchG) vom 7. August 2001 (GVBl. 281) als aufgrund der §§ 15 und 20 dieses Gesetzes erlassen gilt, sind zur Pflege und zum Wiederaufbau des Stadt- und Landschaftsbildes im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg alle Bäume und Hecken dem Schutz des Naturschutzgesetzes unterstellt. Nach § 2 ist es verboten, Bäume oder Teile von ihnen zu entfernen, zu beschädigen oder sonstwie in ihrer Wirkung als Zierde und Belebung des Landschaftsbildes zu beeinträchtigen. Die Naturschutzbehörde kann allerdings Ausnahmen davon zulassen, soweit sie nicht dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen (§ 4). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen hier vor.
(2) Der Zweck der Baumschutzverordnung ergibt sich zum einen aus § 1. Dabei steht heute - anders als wohl noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung - die Pflege des Stadt- und Landschaftsbildes im Vordergrund. Diesem Zweck widerspricht das Beschneiden der Bäume dergestalt, daß die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige beseitigt werden,
nicht. Denn sogar ein darüber hinausgehendes regelmäßiges Beschneiden der sich auf dem Grundstück der Beklagten haltenden Zweige und der Baumkronen ist nach dem von den Beklagten in den Prozeß eingeführten Privatgutachten eine notwendige Pflegemaßnahmen. Demgemäß hat auch ein Vertreter der Naturschutzbehörde bei der erstinstanzlichen Augenscheineinnahme zu erkennen gegeben, daß ein Beschneiden der Bäume entsprechend den in dem Gutachten enthaltenen Vorschlägen genehmigungsfähig sei. Zum anderen erschließt sich der Zweck der Baumschutzverordnung auch aus den §§ 15 und 20 HmbNatSchG. Danach sind die Bäume zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt, weil ihr besonderer Schutz zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, insbesondere wegen ihrer Bedeutung für die Schaffung, Erhaltung oder Entwicklung von Biotopverbundsystemen, erforderlich ist. Diese Schutzzwecke werden durch die Beseitigung der über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweige nicht beeinträchtigt, weil die Bäume als solche erhalten bleiben und ihre vielfältigen Funktionen als natürlicher Bestandteil der Umwelt innerhalb eines großstädtischen Wohngebiets nicht verlieren. Insbesondere dient das Beschneiden der Bäume auch der Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, wie die von den Klägern zu den Gerichtsakten gereichten Fotografien, die den Zustand der Bäume zeigen, anschaulich verdeutlichen.

c) Der geltend gemachte Anspruch ist nicht nach § 910 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wonach dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zusteht, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung
des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Diese Vorschrift gilt auch für den Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1352 [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln). Hier ist jedoch verfahrensrechtlich davon auszugehen , daß die Zweige der Linden die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie dort zu einer erhöhten Rutschgefahr führen und damit die Sicherheit der Benutzer der Grundstücksauffahrt gefährden. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese Behauptung der Kläger zu bestreiten und zu beweisen, daß keine Beeinträchtigung vorliegt. Denn wenn - wie hier - der durch herüberragende Zweige eines Baumes oder Strauches beeinträchtigte Grundstückseigentümer nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeht, sondern den selbständig danebenstehenden Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; Urteil v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156) geltend macht, trägt der Nachbar - wie im Anwendungsbereich des § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB - die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von den herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, aaO). Die Beklagten haben jedoch keinen Beweis angetreten.
Ebenfalls ist verfahrensrechtlich davon auszugehen, daß auch die Buchenzweige, welche über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen sind, die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie ihr Wohnhaus berühren. Nachdem das Amtsgericht die Beklagten zum Kürzen solcher Zweige verurteilt hatte und die Kläger in der Berufungsinstanz als einzige von der Buche ausgehende Beeinträchtigung das Berühren des Wohnhauses behauptet haben, hätten die Beklagten darlegen und beweisen müssen, daß diese Beeinträchtigung nicht vorliegt. Sie haben sich jedoch - ohne Beweis anzu-
treten - auf das einfache Bestreiten des Vortrags der Klägerin beschränkt. Das reichte nicht aus.

d) Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB erfüllt; eine Duldungspflicht der Kläger nach Absatz 2 der Vorschrift besteht nicht. Da jedoch nicht die Zivilgerichte, sondern nur die zuständige Behörde Ausnahmen von dem generellen Verbot des Beschneidens der Bäume zulassen kann, ist es notwendig, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten und zur Klarstellung den Vorbehalt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung in das Urteil aufzunehmen. Daß die Kläger ihn nicht in ihren Klageantrag aufgenommen haben, ist unschädlich , denn die Einschränkung stellt sich nur als ein formell notwendiges Weniger gegenüber dem Klageantrag dar, sie gibt den Klägern aber nicht etwas anderes, als sie beantragt haben, § 308 ZPO (Senat, BGHZ 120, 239, 247 f.).
5. Für den Fall, daß eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird, kommt ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch der Kläger gegen die Beklagten in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht , weil sie aus öffentlich-rechtlichen Gründen an der Durchsetzung ihres an sich bestehenden Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB gehindert wären (vgl. Senat, Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03, Umdruck S. 9 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen] - Teilrodung). Dem stünde nicht in jedem Fall entgegen, daß es den Beklagten nicht erlaubt wäre, die Störungen zu beseitigen. Denn wenn die Erteilung der Ausnahmegenehmigung daran scheiterte , daß die mit der Klage verlangten Maßnahmen jetzt dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen, weil die Beklagten bisher pflichtwidrig das
ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen haben, wäre das ein Fall des unzulässigen Betreibens von Naturschutz auf Kosten des Nachbarn.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 99/03 Verkündet am:
28. November 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt den Beseitigungsanspruch
nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus (Bestätigung von Senat, BGHZ
60, 235, 241 f. und 97, 231, 234).

b) Der Eigentümer eines Baums muß dafür Sorge tragen, daß dessen Wurzeln nicht
in das Nachbargrundstück hinüberwachsen; verletzt er diese Pflicht, ist er hinsichtlich
der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks
"Störer" im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte
Grundstückseigentümer kann die von dem Störer geschuldete Beseitigung
der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden
Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung
, BGHZ 97, 231, 234 und 106, 142, 143; Urt. v. 8. Februar
1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686 und v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94,
WM 1995, 76).
BGH, Urt. v. 28. November 2003 - V ZR 99/03 - LG Berlin
AG Spandau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 52. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 13. März 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Klägerin führte ein aus drei großen Betonplatten bestehender Weg von der Straße zum Eingang des Wohnhauses. Die Klägerin ließ im Jahr 2001 diesen Weg aufbrechen und durch einen mit Kleinpflastersteinen befestigten Weg ersetzen. Hierfür zahlte sie 1.179,37
Mit der Behauptung, daß die Wurzeln eines auf dem Grundstück des Beklagten ungefähr 1 m von der Grundstücksgrenze entfernt stehenden Kirschbaums in ihr Grundstück hineingewachsen seien und dort innerhalb der letzten drei Jahre eine der drei Betonplatten des früheren Weges um 25 bis 30 mm angehoben hätten, so daß ein Versatz entstanden sei, hat die Klägerin
die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 1.179,37 eantragt. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin weiter die Durchsetzung der Klage. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gegen den Beklagten nach § 1004 BGB einen Anspruch auf das Entfernen der Wurzel seines Kirschbaums von ihrem Grundstück gehabt. Sie habe diese Wurzel nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB auch selbst abschneiden und behalten dürfen. Jedoch gehe es in diesem Rechtsstreit nicht um den Ersatz der Kosten für das Abschneiden. Die Klägerin verlange vielmehr Schadensersatz aufgrund der von dem Beklagten verursachten Störung, nicht aber die Beseitigung der Störung selbst; diese sei mit dem Entfernen der Wurzel beendet gewesen.
Ein deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB steht der Klägerin nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, weil der Beklagte nicht schuldhaft gehandelt habe. Einen Anspruch auf den Ersatz eines Verzugsschadens habe die Klägerin ebenfalls nicht, weil die Voraussetzungen des Verzugs nicht vorlägen.
Selbst wenn die Erneuerung des Plattenwegs eine Maßnahme zur Beseitigung der von der Wurzel ausgehenden Störung gewesen sei, stünde einem Bereicherungsanspruch der Klägerin entgegen, daß der Gläubiger eines auf die Vornahme einer vertretbaren Handlung gerichteten Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO vorgehen müsse, nicht aber zur Selbsthilfe greifen und dann die Kosten bei dem Schuldner liquidieren dürfe. Nur wenn dem Gläubiger die Selbsthilfe gestattet sei, lasse sich an einen Bereicherungsanspruch denken. Das sei nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB insofern der Fall, als die Klägerin eventuell die für das Abschneiden der Wurzel entstandenen Kosten ersetzt verlangen könne; diese mache sie jedoch nicht geltend.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

II.


1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 823 Abs. 1 BGB wegen fehlenden Verschuldens des Beklagten. Das nimmt die Revision hin.
2. Ebenfalls zu Recht verneint es einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach §§ 286 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 4 BGB. Die Voraussetzungen des Verzugs liegen nicht vor. Die Verfahrensrüge der Revision (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerin übergangen, ist unbegründet. Abgesehen davon, daß der Vortrag der Klägerin, sie habe den Beklagten auf den
zunehmenden Versatz der Betonplatte angesprochen, keine Mahnung enthält, sind die geltend gemachten Kosten auch kein Verzugsschaden.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Eigentümer von seinem Nachbarn nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung von Baumwurzeln verlangen kann, die von dem Nachbargrundstück in sein Grundstück eingedrungen sind. Das Selbsthilferecht des Eigentümers nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt einen solchen Beseitigungsanspruch nicht aus; beide bestehen gleichrangig nebeneinander (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; 97, 231, 234; Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156; Picker, JuS 1974, 357, 359 ff.; Gursky, JZ 1992, 312, 313; Roth, JZ 1998, 94). An dieser Auffassung hält der Senat trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Wilhelm , Sachenrecht, 2. Aufl., Rdn. 1281; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 21 II. 1.; Canaris, Festschrift für Medicus, 1999, S. 25, 53 ff.; Armbrüster, NJW 2003, 3087, 3089) fest. Für sie spricht neben dem Grundgedanken des § 903 BGB (vgl. Senat, BGHZ 60, 235, 242) der Umstand, daß dem durch Baumwurzeln beeinträchtigten Grundstückseigentümer dasselbe Abwehrrecht zustehen muß wie demjenigen, dessen Eigentum in anderer Art beeinträchtigt wird. Das wäre nicht gewährleistet, wenn der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB durch das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 BGB ausgeschlossen wäre. Denn wenn der Eigentümer von seinem Selbsthilferecht Gebrauch macht und die eingedrungenen Baumwurzeln abschneidet, ist damit die Beseitigung der Eigentumsstörung noch nicht abgeschlossen. Vielmehr beeinträchtigen die Wurzeln weiterhin die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers, zu der es gehört, fremde Gegenstände von seinem Grundstück fernzuhalten. Zur Beseitigung der Eigentumsstörung ist also mehr als nur das bloße Abschneiden der eingedrungenen Baumwurzeln erforderlich. Dieses "Mehr" kann der gestörte
Eigentümer von dem Störer jedoch nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern nur nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.
4. Mit einer rechtlich nicht haltbaren Begründung nimmt das Berufungsgericht an, daß die Klägerin keinen Bereicherungsanspruch habe. Stand ihr nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der durch die Baumwurzel hervorgerufenen Beeinträchtigung des Weges gegen den Beklagten zu, ist er dadurch, daß die Klägerin die Arbeiten durchführen ließ, von einer ihm obliegenden Verpflichtung befreit und deshalb "auf sonstige Weise" im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bereichert worden (ständige Senatsrechtsprechung seit BGHZ 60, 235, 243; siehe Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76). Ein rechtlicher Grund dafür ist nicht gegeben. So gibt es insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin als Geschäftsführerin ohne Auftrag für den Beklagten gehandelt hat.

a) Nach dem Vortrag der Klägerin konnte sie nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung der Beeinträchtigung ihres Eigentums verlangen. Der von der Straße zum Hauseingang führende Weg stand schon damals im Eigentum der Klägerin. Dieses Eigentum war durch das Eindringen der Wurzel des Kirschbaums und das damit verbundene Anheben der Betonplatte beeinträchtigt worden. Der Beklagte war Störer im Sinne des § 1004 BGB. Zwar beruhte das Hinüberwachsen der Wurzel auf einem natürlichen Vorgang. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. Bisher hat der Senat in den Fällen des Hinüberwachsens von Baumwurzeln in das Nachbargrundstück den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8. Februar 1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686) bzw. unterhalten hat
(Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76 f.). In jüngerer Zeit hat der Senat bei dem Einwirken von Naturkräften darauf abgestellt, ob die Störung auf einem pflichtwidrigen Unterlassen beruht, ob sich also aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine "Sicherungspflicht", d.h. eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke ergibt (Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, WM 1995, 1844, 1845 - Wollläuse; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299, 1300 f. - Mehltau). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der Senat erst kürzlich hervorgehoben, daß u.a. entscheidend sei, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung halte (Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 [zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - bestimmt]). Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft des Eigentümers eines Baumes, dessen Wurzeln in das Nachbargrundstück hinüberwachsen , problemlos zu bejahen. Denn nach dem in § 903 BGB enthaltenen Grundgedanken, der in der Spezialregelung des § 910 BGB eine besondere Ausprägung gefunden hat, muß der Eigentümer dafür Sorge tragen, daß die Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen.

b) Die Klägerin war zur Duldung der Beeinträchtigung ihres Eigentums nicht verpflichtet (§ 1004 Abs. 2 BGB). Maßstab ist hier § 910 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, aaO, Umdruck S. 9). Danach kann der betroffene Eigentümer die Beseitigung hinübergewachsener Baumwurzeln nicht verlangen, wenn sie die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigen. Hier lag jedoch nach dem Vortrag der Klägerin eine Beeinträchtigung vor, weil die Baumwurzel eine Gehwegplatte angehoben hatte.

c) Die Klägerin hat damit einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Erstattung der notwendigen Kosten, die von dem Beklagten zur Erfüllung des Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB hätten aufgewendet werden müssen. Trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Gursky, NJW 1971, 782 ff.; JZ 1992, 310, 313 ff.; 1996, 683, 686; Picker, JuS 1974, 357, 361 f.; Kahl, Anm. zu LM BGB § 1004 Nr. 217) hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, daß der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte Grundstückseigentümer die von dem Störer geschuldete Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen kann (BGHZ 97, 231, 234; 106, 142, 143; Urt. v. 8. Februar 1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686; Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76; ebenso OLG Düsseldorf, NJW 1986, 2648, 2649; MünchKommBGB /Medicus, 3. Aufl., § 1004 Rdn. 75; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 1004 Rdn. 30). Das ist nicht systemwidrig.
Aus § 267 BGB folgt der für alle Schuldverhältnisse geltende Grundsatz, daß, wenn der Schuldner nicht in Person zu leisten hat, ein Dritter für ihn leisten kann. Dieser Grundsatz gilt - wie § 910 Abs. 1 BGB zeigt - auch hier; die Pflicht zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung ist keine persönliche Leistungspflicht des Störers. Auch Sinn und Zweck des § 910 BGB stehen der in ständiger Senatsrechtsprechung vertretenen Auffassung nicht entgegen. Es geht nicht um den Ersatz von Kosten, die dem betroffenen Grundstückseigentümer durch die Ausübung seines Selbsthilferechts entstanden sind, sondern um den Ersatz der Kosten, die der Störer für die Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung hätte aufwenden müssen. Mit der Bejahung des Bereicherungsanspruchs wird auch nicht eine reine Kausalhaftung des Störers begründet.
Wie dargelegt, gründet sich seine - verschuldensunabhängige - Haftung nicht auf das bloße Unterhalten des Baumes, sondern darauf, daß er seine Pflicht verletzt hat, ein Hinüberwachsen der Wurzeln zu verhindern.
Schließlich steht der hier vertretenen Auffassung auch § 887 ZPO nicht entgegen. Diese Vorschrift des Zwangsvollstreckungsrechts setzt einen vollstreckbaren Titel, in welchem der Störer zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung verpflichtet wird, voraus; sie greift jedoch nicht in das materielle Recht ein. Hinzu kommt, daß sich die Ursache einer durch eingedrungene Baumwurzeln hervorgerufenen Eigentumsbeeinträchtigung nicht ohne weiteres erkennen läßt. Sie muß erst durch das Aufgraben des Bodens oder andere Maßnahmen wie z.B. die "Fernsehuntersuchung" eines Abwasserkanals ermittelt werden. Deshalb kann von dem Eigentümer nicht verlangt werden, sogleich von seinem Nachbarn die Beseitigung einer Beeinträchtigung, deren Ursache nicht bekannt ist, zu verlangen; vielmehr muß er zunächst selbst tätig werden. Erkennt er sodann die Störungsursache, rechtfertigt sein Interesse an einer zügigen Störungsbeseitigung das Fortführen der begonnenen Arbeiten.
5. Das Berufungsurteil ist somit insoweit rechtsfehlerhaft. Das führt allerdings nicht zu seiner Aufhebung, denn die Entscheidung stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar.
Zu den von dem Beklagten zu erstattenden notwendigen Kosten für die Beseitigung der Beeinträchtigung gehören die Aufwendungen der Klägerin für die Feststellung der Störungsursache und für die Reparatur des Weges (vgl. Senat, Urt. v. 21. Oktober 1994, aaO, 77). Denn der Beklagte schuldet nicht nur die isolierte Beseitigung der weiter störenden Baumwurzel, sondern auch
die anschließende Wiederherstellung des Weges, weil die Beseitigungspflicht auch diejenige Eigentumsbeeinträchtigung erfaßt, die zwangsläufig durch das Beseitigen der Störung eintritt (Senat, BGHZ 135, 235, 238 f.). Dies verwischt nicht die Grenze zwischen Beseitigungsanspruch und Schadensersatzanspruch , sondern führt nur zu einer partiellen Überlappung beider Ansprüche. Danach erstattungsfähige Beseitigungskosten macht die Klägerin jedoch nicht geltend. Aus der Position 01 der von ihr vorgelegten Rechnung vom 20. November 2001 geht hervor, daß sämtliche Betonplatten des ursprünglichen Weges aufgebrochen und der Betonbruch abgefahren worden sind. Das war für die Feststellung der Störungsursache nicht erforderlich. Es hätte ausgereicht , die von der Baumwurzel angehobene Betonplatte aufzunehmen, die Wurzel abzuschneiden, den Untergrund wieder herzustellen und die Betonplatte wieder hinzulegen. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 139 ZPO), die Klägerin hätte auf einen richterlichen Hinweis ausgeführt, daß für die Beseitigung der Baumwurzel wenigstens die angehobene Betonplatte entfernt werden mußte, ist unbegründet. Mit diesem zwar schlüssigen Vortrag hätte die Klägerin ihre Klageforderung nicht begründen können, weil die von ihr vorgelegte Rechnung keine Kosten für das Entfernen und Zurücklegen der unbeschädigten Betonplatte enthält. Die übrigen Rechnungspositionen betreffen weder die Feststellung der Störungsursache noch die Reparatur des Weges, soweit sie durch die Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich geworden ist.
6. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu. Zwar kommt ein solcher Anspruch (zu den Voraussetzungen siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.) auch bei dem grenz-
überschreitenden Eindringen von Baumwurzeln in ein Grundstück in Betracht (BGH, Urt. v. 8. März 1990, III ZR 141/88, NJW 1990, 3195, 3196; Erman /Hagen/A. Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rdn. 39). Aber wegen seiner Subsidiarität gleicht er nur solche Beeinträchtigungen aus, für die der betroffene Eigentümer keinen anderweitigen Ersatz erlangen kann. An dieser Voraussetzung fehlt es hier; die Klägerin kann - wie vorstehend ausgeführt - von dem Beklagten die Kosten für die Beseitigung der Baumwurzel und die Wiederherstellung des Weges verlangen. Daß darüber hinausgehende, durch das Hinüberwachsen der Baumwurzel verursachte Kosten entstanden sind, ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEIL-VERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
V ZR 98/03 Verkündet am:
12. Dezember 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Störer kann nicht nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden,
wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet
, sondern auch, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise
aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können.
BGH, Teil-Vers.- und Schlußurt. v. 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03 - LG Kassel
AG Kassel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 6. März 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 21. November 2001 abgeändert, soweit diese Urteile zum Nachteil der Klägerin ergangen sind.
Über die bereits erfolgte Verurteilung hinaus wird die Beklagte zu 2 verurteilt, den auf dem Grundstück K. straße 3 in K. an der westlichen Grundstücksgrenze im Abstand von ca. 2,75 m zur nördlichen Grundstücksgrenze unmittelbar neben der Garage des Grundstücks H. straße 18 in K. stehenden Nadelbaum zu entfernen.
Die Revisionen der Beklagten werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen die Beklagte zu 1 zu 5/8 und die Beklagte zu 2 zu 3/8; die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte zu 1 zu 6/11 und die Beklagte zu 2 zu 5/11.

Das Urteil ist im Hauptausspruch und hinsichtlich 1/6 der von der Beklagten zu 2 zu tragenden Kosten vorläufig vollstreck- bar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks in K. . Das benachbarte Grundstück stand zunächst im Eigentum der Beklagten zu 1; seit dem 25. Oktober 2000 ist die Beklagte zu 2 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine 17,5 m hohe Rotfichte. Von der Stammmitte aus gemessen ist der Baum 0,75 m von der Außenwand einer Garage entfernt, die auf dem Grundstück der Klägerin entlang der Grenze errichtet ist.
An der grenzseitigen Garagenwand sowie an einer neben der Garagenzufahrt verlaufenden Stützmauer zu dem höher gelegenen Nachbargrundstück bildeten sich Risse. Deren Ursache sieht die Klägerin in dem Wurzelwerk der Fichte auf dem Nachbargrundstück. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie beide Beklagten in erster Linie auf Entfernung dieses Baumes und hilfsweise auf geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch den Baum und dessen Wurzeln in Anspruch. Daneben hat sie von der Beklagten zu 1 die Zahlung von 2.000 DM sowie gegenüber beiden Beklagten die Feststellung von deren Verpflichtung zu Schadensersatz verlangt. Das Amtsgericht hat die
Beklagte zu 1 zur Beseitigung der Rotfichte und Durchtrennung der im Boden verbleibenden Wurzeln verurteilt; es hat ferner dem Zahlungsantrag und - hinsichtlich der Verzugsschäden - dem Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 1 stattgegeben. Die Beklagte zu 2 hat das Amtsgericht nur auf den Hilfsantrag zu geeigneten Maßnahmen der Schadensverhinderung verurteilt und ferner deren Ersatzpflicht für Schäden seit ihrem Eigentumserwerb festgestellt. Gegen dieses Urteil haben beide Beklagte mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung sowie die Klägerin mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag jeweils ohne Erfolg Berufung eingelegt. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Entfernung der Fichte. Die von den Beklagten eingelegten Revisionen sind nicht begründet worden.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 1 sei auf Grund einer Vereinbarung mit der Klägerin zur Beseitigung der Fichte und zur Zahlung von 2.000 DM verpflichtet. Da sie mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Verzug geraten sei, müsse sie außerdem den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen. Gegenüber der Beklagten zu 2 ergebe sich ein Beseitigungsanspruch der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten habe das Wurzelwerk des Baumes an der Mauer einen "Druckstempel" ausgebildet, der sich bei Einwirkung von Windenergien auf den Baum gegen die Garagenwand presse. Der Beseitigungsanspruch sei weder durch die Aus-
schlußfristen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes gehindert noch gemäß § 195 BGB a.F. verjährt. Hinsichtlich Art und Weise der Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung habe die Beklagte zu 2 allerdings ein Wahlrecht. Ihre Verpflichtung dürfe nicht auf die Beseitigung des Baumes verengt werden, weil dies nicht die einzige insoweit in Betracht kommende Möglichkeit sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen reiche es etwa aus, den Baum auf hälftiger Höhe zu kappen und in der Folgezeit für einen Rückschnitt zu sorgen, oder auch den Baum mit statisch gesichertem und stabilem Material zu umbauen.
Dies hält den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand.

II.


Die Revisionen der Beklagten sind unzulässig, weil beide die erforderliche Begründung ihrer Rechtsmittel (§ 551 ZPO) versäumt haben. Hingegen ist die Revision der Klägerin zulässig und begründet.
1. Die Statthaftigkeit der Revision der Klägerin scheitert nicht an der fehlenden Zulassung des Rechtsmittels für diese Partei (§ 543 Abs. 1 ZPO). Zwar hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die Beklagten beschränken können, nachdem es die von ihm als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfragen der Verjährung und des Fristablaufs nach dem Hessischen Nachbarrechtsgesetz ausschließlich zu deren Ungunsten entschieden hat (vgl. BGHZ 7, 62, 63; 130, 50, 59; MünchKomm-ZPO/Wenzel, Aktualisierungsband, § 543 Rdn. 33). Es hat jedoch in den Tenor eine solche Beschränkung nicht aufgenommen. Auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, die
für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision ebenfalls heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 8. März 1995, VIII ZR 156/94, NJW 1995, 1481, 1482; Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486), ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung der Revision nicht mit der gebotenen Deutlichkeit (vgl. Senat, Urt. v. 11. Juli 2003, V ZR 430/02, Umdruck S. 7 f, insoweit in ZOV 2003, 310 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 7. Juli 1983, III ZR 119/82, NJW 1984, 615).
2. In der Sache selbst bejaht das Berufungsgericht zu Recht einen Abwehranspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. Dieser ergibt sich allerdings nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern als Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nicht beizutreten ist zudem der Auffassung des Berufungsgerichts, mit dem Abwehranspruch könne im vorliegenden Fall nicht die Entfernung der Fichte verlangt werden.

a) Eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin steht im vorliegenden Fall wegen der eingetretenen Substanzverletzung außer Frage (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 68). Nach den rechtsfehlerfreien - und von der Klägerin als ihr günstig hingenommenen - Feststellungen des Berufungsgerichts führte das Wurzelwerk der Fichte zu Druckschäden an der Mauer der Garage auf dem Grundstück der Klägerin. Die bereits eingetretenen Schäden am Mauerwerk begründen allerdings nicht die - für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche - Gegenwärtigkeit der Einwirkung. Es handelt sich hierbei vielmehr um die Folgen aus dem störenden Eingriff in das Grundeigentum der Klägerin, deren Beseitigung ausschließlich im Wege des Schadensersatzes verlangt werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Demgemäß zielt der geltend gemachte Ab-
wehranspruch auch auf die Ursache der Eigentumsbeeinträchtigung, die nach den getroffenen Feststellungen in dem über die Wurzeln abgeleiteten Winddruck auf den Stamm des Baumes zu sehen ist. Insoweit geht es der Klägerin darum, künftige weitere Störungen ihres Eigentums in Gestalt zusätzlicher Schäden am Mauerwerk abzuwenden. Hierfür gibt das Gesetz den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hingegen erstrebt die Klägerin nicht die Beseitigung von Baumwurzeln, die von dem Grundstück der Beklagten zu 2 her eindringen (vgl. dazu Senat, BGHZ 135, 235, 238 - Tennisplatz /Pappelwurzel; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung vorgesehen - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Folgerichtig hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wurzeln der Fichte über die Grenze hinweg in das Grundstück der Klägerin gewachsen sind.
Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sind erfüllt. Insbesondere spricht angesichts des bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriffs eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 1986, VI ZR 169/85, NJW 1986, 2503, 2505).

b) Der Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte zu 2 als Störerin. Insoweit ist unerheblich, daß sie den Baum nicht selbst angepflanzt, sondern das Grundstück bereits mit dem Baumbewuchs erworben hat, der eine weitere Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin besorgen läßt. Auch Störungen , die allein auf natürlichen Vorgängen beruhen - wie hier der Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand - können dem Grundstückseigentümer zurechenbar sein. So muß der Grundstückseigentümer z.B. dafür Sorge tragen,
daß Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen und die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigen. Das ergibt sich aus § 910 BGB (Senat, Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dringen die Wurzeln dagegen nicht in das Nachbargrundstück ein, üben sie jedoch unter dem Einfluß von Wind als zusätzlichem Naturereignis auf Grund der Hebelwirkung des Baumes einen das Nachbargrundstück schädigenden Druck aus, so kommt es nach der neueren Rechtsprechung des Senats darauf an, ob den Eigentümer des störenden Grundstücks eine "Sicherungspflicht" trifft (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 12, zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen - Kiefernadeln; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei u.a. entscheidend ist, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft der Beklagten zu 2 allein schon deswegen zu bejahen, weil sie den im Streit befindlichen Baum unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zum Grenzabstand (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) unterhält (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 - Kiefernadeln; zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen ).

c) Aus § 907 Abs. 2 BGB folgt kein Hindernis für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vorschrift nimmt Bäume und Sträucher von dem Anwendungsbereich des § 907 Abs. 1 BGB aus (vgl. Senat, Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, aaO). Betrifft sie danach lediglich den speziellen Abwehranspruch nach § 907 Abs. 1 BGB, so kann der
Regelung nichts für den hier entscheidenden allgemeinen Abwehranspruch aus § 1004 BGB entnommen werden.

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Verjährung des Unterlassungsanspruchs verneint. Hierfür ist zunächst das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung maßgebend, die vor dem 1. Januar 2002 galt (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterfielen dabei die Abwehransprüche aus § 1004 BGB der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. (Senat, BGHZ 60, 235, 238; BGHZ 125, 56, 63; Senat, Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM § 1004 BGB Nr. 156 jeweils für den Beseitigungsanspruch; Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556, insoweit in BGHZ 112, 1 nicht abgedruckt , für den Unterlassungsanspruch). Entscheidend für den Beginn dieser Verjährung ist entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 nicht etwa der Zeitpunkt der Anpflanzung, sondern gemäß § 198 BGB a.F. der Zeitpunkt der Entstehung des Unterlassungsanspruchs (Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, aaO). Das Berufungsgericht hat hierfür zutreffend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Mauerwerksschäden zu Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts abgestellt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2000 war mithin noch keine Verjährung eingetreten, so daß mit der Rechtshängigkeit die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen wurde. Seit dem 1. Januar 2002 ist an die Stelle der Unterbrechung die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. getreten (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB). Es führt hier im übrigen zu keinem anderen Ergebnis, wenn mit der Gegenauffassung eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs, weil dieser nur künftige Beeinträchtigungen abwenden solle, schlechthin (so etwa Staudinger /Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 218; MünchKomm-BGB/Medicus,
3. Aufl., § 1004 Rdn. 83 jeweils m.w.N.) oder mit Blick auf § 902 Abs. 1 BGB nur für Ansprüche aus dem Grundeigentum (so etwa LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338; Picker, JuS 1974, 357, 358 f) verneint wird.

e) Zur Erfüllung ihrer mithin zu bejahenden Unterlassungsverpflichtung schuldet die Beklagte zu 2 unter den gegeben Umständen die Entfernung der Rotfichte. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei lediglich verpflichtet, "geeignete Maßnahmen" vorzunehmen, um eine Beschädigung der Garagenwand durch das Wurzelwerk des Baumes zu verhindern.
aa) Ihrer Verurteilung zur Entfernung des Baumes steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 2 (lediglich) eine Unterlassungspflicht trifft. Läßt sich nämlich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, so schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun (Staudinger/Gursky, aaO, § 1004 Rdn. 204). Dabei geht das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht davon aus, daß der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, auf welchem Weg er die bevorstehende Eigentumsbeeinträchtigung abwendet (Senat, BGHZ 120, 239, 248; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, NJW 1983, 751, 752; vgl. auch Senat, BGHZ 111, 63, 72; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, NJW 1984, 1242, 1243). Dies hat seinen Grund in der Überlegung, daß die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seines Eigentums erfordert (Senat, BGHZ 67, 252, 253). Der Urteilsausspruch kann daher in der Regel nur allgemein auf Unterlassung von
Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, aaO).
bb) Folgerichtig steht aber einer Verurteilung zu einer konkreten Maßnahme dann nichts im Wege, wenn nur sie den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet (vgl. Senat, BGHZ 67, 252, 254; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, aaO). Nichts anderes kann gelten, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (so wohl auch MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 86). In dieser Lage fehlt es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Störers, zwischen verschiedenen Abhilfemaßnahmen wählen zu können. Das Beharren auf einer solchen nur formalen Position ohne materiellen Gehalt läßt die Rechtsordnung nicht zu (vgl. Senat, BGHZ 105, 154, 158; BGHZ 100, 95, 105 jeweils zu § 242 BGB).
cc) Im vorliegenden Fall fehlt der Beklagten zu 2 nach vernünftigen Maßstäben das Interesse an anderen Abhilfemaßnahmen als dem Entfernen des Baumes. Zwar kommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwei weitere Möglichkeiten in Betracht, um den Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand zu verhindern. Dabei legt aber das Berufungsgericht selbst dem zuerst erwogenen Kappen des Baumes auf hälftiger Höhe "verheerende Folgen" bei. Es wäre nicht nur das Erscheinungsbild des Baumes unwiederbringlich zerstört, die Beklagte zu 2 müßte vielmehr mit dem Absterben des Baumes binnen weniger Jahre rechnen. Sie müßte zudem ein erneutes Wachsen des Baumes durch wiederholten Rückschnitt verhindern. Ein nachvollziehbarer Vorteil gegenüber einer Fällung der Fichte ist hiernach nicht zu erkennen. Dies gilt erst recht für die zweite vom Berufungsgericht festgestellte Alter-
native der "Umbauung des Baumes mit einem statisch gesicherten und stabilen Material." Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht, daß eine solche Maßnahme für die Beklagte zu 2 "wirtschaftlich und/oder ästhetisch … unsinnig" sein mag. Für ein gleichwohl vorhandenes vernünftiges Interesse der Beklagten zu 2 am Erhalt der Fichte in umbautem Zustand fehlt jeder Hinweis.
dd) Einer Verurteilung zur Beseitigung des Baumes auf Grund eines Unterlassungsanspruchs stehen die Regelungen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes (HNRG) nicht entgegen, obwohl nach der - für den Senat insoweit bindenden (§§ 560, 545 Abs. 1 ZPO) - Entscheidung des Berufungsgerichts der Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 1 HNRG einen Beseitigungsanspruch der Klägerin wegen des nicht eingehaltenen Grenzabstandes von 2 m (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) ausschließt. Eine solche landesgesetzliche Regelung kann - wie Art. 124 EGBGB zeigt - das Grundstückseigentum zugunsten des Nachbarn weitergehenden Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt dem Nachbarn Rechte nehmen, die sich für ihn aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergeben (vgl. Staudinger/Albrecht [1997], Art. 124 EGBGB Rdn. 8; MünchKomm -BGB/Säcker, 3. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1). Vorliegend gewährt das Landesrecht einen Anspruch auf Entfernung des Baumes allein schon deswegen, weil der maßgebende Grenzabstand nicht eingehalten ist. Daneben besteht ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der von zusätzlichen Voraussetzungen , insbesondere einer zu besorgenden weiteren Eigentumsbeeinträchtigung abhängig ist. Der Ausschluß des für den Nachbarn vorteilhafteren landesrechtlichen Anspruchs bleibt mithin auf seinen Anwendungsfall beschränkt und läßt einen konkurrierenden - nur unter strengeren Voraussetzungen begründeten - Anspruch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch unberührt.
Insbesondere ändert die Verwirklichung des Ausschlußtatbestandes des § 43 Abs. 1 HNRG nichts an der Störereigenschaft der Beklagten zu 2 (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 14 - Kiefernadeln) und steht Abwehransprüchen aus § 1004 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn sich die nicht zu duldenden Einwirkungen aus dem weiteren Wachstum des Baumes ergeben (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 7 - Kiefernadeln).
3. Das Berufungsurteil hat demnach keinen Bestand, soweit es die Abweisung des in erster Linie verfolgten Antrags auf Entfernung des Baumes bestätigt (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO.
Soweit die Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, war sie nach § 708 Nr. 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 102/03 Verkündet am:
14. November 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Nds. NachbarrechtsG § 54 Abs. 2; BGB § 910 Abs. 2; BGB § 906 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 2 analog; BGB § 1004 Abs. 1

a) Der Eigentümer von Bäumen, die den in § 50 Abs. 1 Nds. NRG vorgeschriebenen
Grenzabstand nicht einhalten, muß sie auf Verlangen des Nachbarn nach dem Ablauf der
Ausschlußfrist des § 54 Abs. 2 Nds. NRG weder auf die zulässige noch auf eine andere
Höhe zurückschneiden.

b) § 910 Abs. 2 BGB gilt auch für den Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den
Nachbarn auf Beseitigung herüberragender Zweige nach § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen gehört zu
den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB.

d) Der Eigentümer eines Baumes ist für die von diesem ausgehenden natürlichen
Immissionen (Laub, Nadeln, Blüten, Zapfen) auf benachbarte Grundstücke jedenfalls
dann verantwortlich und damit "Störer" im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB, wenn er sie
unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand
unterhält.

e) Dem Nachbarn, der von dem Eigentümer von Bäumen, die den landesrechtlich
vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, deren Zurückschneiden wegen des
Ablaufs der dafür in dem Landesnachbarrecht vorgesehenen Ausschlußfrist nicht mehr
verlangen kann, kann für den erhöhten Reinigungsaufwand infolge des Abfallens von
Nadeln und Zapfen dieser Bäume ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906
Abs. 2 Satz 2 BGB analog zustehen.
BGH, Urt. v. 14. November 2003 - V ZR 102/03 - LG Stade
AG Cuxhaven
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und
Dr. Schmidt-Räntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 18. März 2003 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben , als die auf die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von 204,52 ! " ! $#% & ' )( *+ , -. von 1.227,10 worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen nahe der Grundstücksgrenze zwei Kiefern, die bei Klageerhebung ca. 14 m hoch waren. Von einem der Bäume ragten Zweige in einer Höhe
von ca. 9 m ungefähr 2,3 m, von dem anderen Baum ragen Zweige in einer Höhe von ca. 5 m ungefähr 0,4 m auf das Grundstück des Klägers herüber; auch fallen Kiefernnadeln und -zapfen auf sein Grundstück.
Der Kläger behauptet, daß er wegen der abfallenden Nadeln und Zapfen das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses sowie seinen Garten mehrfach im Jahr säubern müsse; auch habe er wegen des starken Nadelfalls einen Gartenteich verschließen müssen.
Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern auf die Höhe, die sie fünf Jahre vor der Klageerhebung hatten, und zum künftigen jährlichen Zurückschneiden auf diese Höhe sowie zur Beseitigung der auf sein Grundstück herüberragenden Zweige beantragt; weiter hat er von den Beklagten die Zahlung eines jährlichen Ausgleichsbetrags von (, 0 1' & 2' 34 657 8 -9 ;: 3 )<9= >#@?9 ! A B 204,52 / / hat die Verpflichtung der Beklagten, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 14 m zu halten, festgestellt; weiter hat es die Beklagten zur Beseitigung der von einem der Bäume in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige verurteilt. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Nach dem Erlaß dieses Urteils haben die Beklagten die Bäume auf eine Höhe von 10 m bzw. 11 m gekürzt und die in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige entfernt.
Die Berufung des Klägers, mit der er seine in erster Instanz abgewiesenen Klageanträge weiterverfolgt und hilfsweise die Verurteilung der Beklagten
beantragt hat, die Kiefern durch jährliches Zurückschneiden auf einer Höhe von 11 m bzw. 12 m zu halten, ist erfolglos geblieben. Die Anschlußberufung der Beklagten hat insoweit Erfolg gehabt, als das Landgericht ihre Verpflichtung zum jährlichen Zurückschneiden der Kiefern aufgehoben und lediglich ihre Verurteilung zur Beseitigung der in ca. 9 m Höhe auf das Grundstück des Klägers herüberragenden Zweige aufrecht erhalten hat.
Mit der in dem Berufungsurteil zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will der Kläger die Feststellung erreichen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, soweit die Verurteilung der Beklagten zum Zurückschneiden der Kiefern in der Zeit vom 1. Oktober 2002 bis 15. März 2003 beantragt worden ist; im übrigen verfolgt er seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist ein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern nach § 54 Abs. 2 des Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetzes (Nds.NRG) wegen Fristablaufs ausgeschlossen. Die Vorschrift bezwecke, daß der weitere Wuchs von Bäumen später als fünf Jahre nach Erreichen der gesetzlich zulässigen Höhe von dem Nachbarn nicht mehr verhindert werden könne. Auch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ergebe sich kein Anspruch des Klägers auf Zurückschneiden der Kiefern oder auf die künftige Einhaltung einer bestimmten Wuchshöhe. Ein Anspruch
auf Beseitigung der in ca. 5 m Höhe herüberragenden Zweige habe der Kläger ebenfalls nicht, weil der Überhang so geringfügig sei, daß hiervon keine bemerkenswerte Beeinträchtigung ausgehe.
Ein Ausgleichsbetrag wegen erhöhten Reinigungsaufwands stehe dem Kläger nicht zu. Es fehle an einer wesentlichen und unzumutbaren Beeinträchtigung seines Grundstücks im Sinne von § 906 BGB. Nach dem Ablauf der in § 54 Abs. 2 Nds.NRG genannten Frist stünden die Bäume rechtmäßig auf dem Grundstück der Beklagten; deshalb seien die Auswirkungen der Anpflanzungen nicht rechtswidrig. Die natürlichen Emissionen der Bäume seien von dem Nachbarn hinzunehmen. Im übrigen stelle die Einwirkung durch Nadelfall keine über das ortsübliche zumutbare Maß hinausgehende Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers dar. Der Nadel- und Zapfenfall sei angesichts der überragenden Nützlichkeit von Bäumen für die Gesellschaft entschädigungslos hinzunehmen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung teilweise nicht stand.

II.


1. Zutreffend verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf das Kürzen der Kiefern.

a) Ein auf landesrechtliche Grundlage gestützter Anspruch ist nach § 54 Abs. 2 Nds.NRG, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlan-
desgerichts hinaus erstreckt und deshalb der Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (§ 545 Abs. 1 ZPO), wegen Fristablaufs ausgeschlossen.
aa) Ursprünglich stand dem Kläger der Anspruch zu. Die beiden Kiefern auf dem Grundstück der Beklagten sind unstreitig über die nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG in Abhängigkeit von ihrem Abstand zu der Grundstücksgrenze zulässige Höhe hinausgewachsen. Sie hätten daher auf Verlangen des Klägers auf die zulässige Höhe zurückgeschnitten werden müssen, wenn die Beklagten sie nicht beseitigen wollten (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG). Der Anspruch ist jedoch ausgeschlossen , weil der Kläger nicht spätestens im fünften auf das Hinauswachsen folgenden Kalenderjahr Klage auf Zurückschneiden erhoben hat (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG). Diese Ausschlußfrist (vgl. LG Lüneburg, Nds.Rpfl. 2000, 168, 169; Lehmann, Kommentar zum Niedersächsischen Nachbarrechtsgesetz, 3. Aufl., § 54 Rdn. 9; Pardey, Nds.NRG, 2. Aufl., § 54 Anm. 1) war hier bei Klageerhebung abgelaufen.
bb) Für eine Auslegung der Vorschrift dahin, daß nach Fristablauf zwar kein Zurückschneiden auf die gesetzlich zulässige Höhe, wohl aber verlangt werden kann, daß der Eigentümer die Bäume künftig durch regelmäßiges Zurückschneiden auf der Höhe hält, die sie im Zeitpunkt der Klageerhebung hatten (vgl. AG Winsen/Luhe, Nds.Rpfl. 1999, 317; Hoof/Keil, Das Nachbarrecht in Niedersachsen, 7. Aufl., § 54 Anm. 3), oder daß die Bäume auf die Höhe zurückgeschnitten werden, die sie fünf Jahre vor Klageerhebung hatten (vgl. OLG Celle, AgrarR 1993, 154 f.; AG Göttingen, Nds.RPfl. 1999, 292; für das NachbG NRW: Rammert, Nachbarrecht Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., S. 31 Fn. 75), ist kein Raum. Der Gesetzeswortlaut ist klar und eindeutig; er läßt keine Interpretation zu. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten es, dem
Nachbarn nach Fristablauf jeden Anspruch auf Zurückschneiden der Bäume zu versagen. Denn mit der Ausschlußfrist soll innerhalb eines Zeitraums, der die Interessen des Nachbarn und des Eigentümers der Bäume gleichermaßen berücksichtigt , grundsätzlich eine abschließende Klärung der nachbarlichen Verhältnisse in Bezug auf das Höhenwachstum herbeigeführt werden (vgl. LG Lüneburg , aaO).
Die Frist gibt dem Nachbarn genügend Zeit zu überlegen, ob er seinen Anspruch (§ 53 Abs. 2 Nds.NRG) durchsetzen will. Es ist ihm ohne weiteres möglich, innerhalb von fünf Jahren nach dem Hinauswachsen von Bäumen über die gesetzlich zulässige Höhe hinaus den jährlichen Zuwachs und die daraus gegebenenfalls folgenden Beeinträchtigungen seines Grundstücks wie z.B. den Entzug von Licht, die Bildung von Windzirkulationen und das Abwerfen von Blättern, Nadeln oder Früchten zu beobachten. Auch läßt sich - notfalls mit Hilfe fachmännischer Beratung - ermitteln, wie lange das Wachstum der Bäume andauern wird, so daß auch der Umfang späterer Beeinträchtigungen eingeschätzt werden kann. Der Nachbar kann somit innerhalb der Frist entscheiden , ob er das Zurückschneiden der Bäume verlangen will.

b) Das alles besagt allerdings noch nicht, daß der Eigentümer Bäume auf seinem Grundstück, deren Zurückschneiden der Nachbar nach landesrechtlichen Vorschriften wegen Fristablaufs nicht mehr verlangen kann, bis zum natürlichen Ende ihres Wachstums in eine beliebige Höhe wachsen lassen darf. Vielmehr kommt unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses in Verbindung mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Verpflichtung des Eigentümers in Betracht, die Bäume auf Verlangen des Nachbarn auch nach dem Fristablauf zurückzuschneiden. Davon geht das Be-
rufungsgericht zutreffend aus. Es verneint jedoch zu Recht eine solche Verpflichtung der Beklagten.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urteil vom 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 mit umfangreichen Nachweisen ) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden (Senat, Urteil vom 11. Juli 2003, V ZR 199/02, NJW-RR 2003, 1313, 1314 m.w.N.).
bb) Die behaupteten Folgen des Höhenwachstums der Kiefern rechtfertigen keine Abweichung von der nachbarrechtlichen Sonderregelung des § 54 Abs. 2 Nds.NRG. Nur wenn der Nachbar wegen der Höhe der Bäume ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigungen ausgesetzt wäre, könnte er von dem Eigentümer unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme ihren Rückschnitt auf eine beiden Interessen gerecht werdende Höhe verlangen, wenn dies dem Eigentümer zumutbar ist (vgl. KG, NJW-RR 2000, 160, 161; Pardey, aaO, § 54 Anm. 1.3). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Zwar sollen die Kiefern den Lichteinfall und die Windzirkulation auf dem Grundstück des Klägers beeinträchtigen ; der Nadel- und Zapfenfall soll zu zusätzlichen Reinigungsarbei-
ten an dem Wohnhaus und dem Garten des Klägers führen, auch habe ein Gartenteich verschlossen werden müssen. Dies reicht jedoch nicht aus, um eine Verpflichtung der Beklagten zum Zurückschneiden der Bäume unter dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses anzunehmen.

c) Nach alledem sind die auf das Zurückschneiden der Kiefern gerichteten Anträge des Klägers unbegründet, auch soweit die Beklagten die Bäume künftig auf einer bestimmten Höhe halten sollen. Daraus folgt zugleich, daß die von dem Kläger erstmalig im Revisionsverfahren erklärte Teil-Erledigung der Hauptsache, die der Senat zu berücksichtigen hat (BGHZ 106, 359, 368), ebenfalls unbegründet ist. Die beantragte Teil-Erledigung ist deshalb nicht auszusprechen.
2. Ebenfalls zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers nach § 1004 Abs. 1 BGB auf Beseitigung des noch von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe auf sein Grundstück herüberragenden Zweiges. Der Kläger muß nach § 1004 Abs. 2 BGB das Herüberragen dulden, weil dadurch die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigt wird.

a) Nach § 910 Abs. 2 BGB steht dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zu, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Die Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (vgl. LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; LG Bonn, NJW-RR 1987, 1421; AG Würzburg, NJW-RR 2001, 953; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 910 Rdn. 2). In welchen Fällen keine Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchti-
gung der Grundstücksbenutzung (MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 910 Rdn. 6; Staudinger/Roth, aaO, § 910 Rdn. 18). Ob, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muß (so OLG Köln, NJW-RR 1989, 1177; 1997, 656; LG Kleve, MDR 1982, 230, 231; LG Saarbrücken, NJW-RR 1986, 1341; MünchKomm-BGB/ Säcker, aaO; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 910 Rdn. 3; Staudinger /Roth, aaO, Rdn. 18; a.A. AG Königstein, NJW-RR 2000, 1256; AG Würzburg , aaO), kann offenbleiben. Denn der Zweig, der von einer der beiden Kiefern in ca. 5 m Höhe ungefähr 0,4 m weit auf das Grundstück des Klägers herüberragt , beeinträchtigt dessen Benutzung nicht.

b) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht, trägt der Nachbar (Palandt/ Bassenge, aaO; Staudinger/Roth, aaO, Rdn. 33). Das sind hier die Beklagten. Sie haben das Fehlen einer Beeinträchtigung ausreichend dargelegt. Nach ihrem beweisbewehrten Vortrag in der Berufungserwiderung, der auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug nimmt, ragen nicht nur der Zweig, dessen Beseitigung der Kläger verlangt, sondern auch Zweige anderer Bäume auf sein Grundstück herüber; außerdem stehen dort nahe der Grundstücksgrenze mehrere Bäume und Sträucher. Das wird durch die von den Parteien zu den Akten gereichten Lichtbilder bestätigt; danach wachsen auf beiden Seiten der gemeinsamen Grundstücksgrenze Laub- und Nadelgewächse. Darauf stützen die Beklagten ihre Behauptung, daß eine Beeinträchtigung des klägerischen Grundstücks gerade durch den Zweig, dessen Beseitigung der Kläger noch verlangt, ausgeschlossen ist. Die von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe das Beweisangebot des Klägers zur Erheblichkeit der von den herüberragenden Zweigen ausgehenden Beein-
trächtigungen übergangen, ist unbegründet; es betrifft nicht die von den herüberragenden Zweigen, sondern die von den Kiefern insgesamt ausgehenden Beeinträchtigungen.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß dem Kläger gegen die Beklagten für den behaupteten erhöhten Reinigungsaufwand ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zustehen kann. Es verneint jedoch zu Unrecht das Bestehen eines solchen Anspruchs.

a) Gehen von der ortsüblichen Benutzung eines Grundstücks Einwirkungen im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB auf ein anderes Grundstück aus und beeinträchtigen sie dessen Benutzung wesentlich, muß der betroffene Grundstückseigentümer die Einwirkungen dulden, wenn die Beeinträchtigungen nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind (§ 906 Abs. 2 Satz 1 BGB). In diesem Fall kann der Grundstückseigentümer von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkungen eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigen (§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB). Danach kommt es zunächst darauf an, ob das Abfallen von Kiefernnadeln und -zapfen auf ein Nachbargrundstück zu den "ähnlichen Einwirkungen" im Sinne des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gehört. Davon geht das Berufungsgericht im Anschluß an das Amtsgericht stillschweigend aus. Das ist rechtlich nicht zu beanstanden; es wird auch von der Revision als dem Kläger günstig nicht angegriffen. Die von § 906 BGB erfaßten Einwirkungen stimmen darin überein, daß sie in ihrer Ausbreitung weithin unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, unwesentlich oder
wesentlich beeinträchtigen können (Senat, BGHZ 117, 110, 112). Das trifft auf das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen zu (vgl. BayObLG, AgrarR 1992, 312, 313; OLG Karlsruhe, NJW 1983, 2886; OLG Stuttgart, NJW 1986, 2768; NJW-RR 1988, 204; OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2619; NJW-RR 1991, 1364, 1365; MünchKomm/ Säcker, aaO, § 906 Rdn. 81; Palandt/Bassenge, aaO, § 906 Rdn. 13; Staudinger /Roth, aaO, § 906 Rdn. 169; Horst, DWW 1991, 322, 323; Müller, NJW 1988, 2587; zweifelnd OLG Düsseldorf, NJW-RR 1990, 144, 145).

b) Ebenfalls stillschweigend gehen die Vorinstanzen davon aus, daß die Beklagten für das Abfallen der Kiefernnadeln und -zapfen verantwortlich sind. Auch das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision hingenommen. Zwar beruhen die Einwirkungen auf natürlichen Vorgängen. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. So hat der Senat in den Fällen des Eindringens von Baumwurzeln in die Abwasserleitungen des Nachbarn den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8.2.1991, V ZR 346/89, NJW 1991, 2826) bzw. unterhalten hat (Urt. v. 21.10.1994, V ZR 12/94, NJW 1995, 395, 396). In dem Froschlärm-Fall hat er darauf abgestellt, dass der Eigentümer mit der auf seinem Willen beruhenden Anlage und Unterhaltung des Gartenteichs die Bedingungen dafür geschaffen hat, daß sich dort Frösche ansiedeln konnten (BGHZ 120, 239, 254). In der Wolläuse – Entscheidung (Urt. v. 7. 7. 1995, V ZR 213/94, NJW 1995, 2633, 2634) hat er die Störereigenschaft des Eigentümers dagegen verneint, weil er die Störung weder durch eigene Handlungen ermöglicht noch durch ein pflichtwidriges Unterlassen herbeigeführt hat, sondern die Einwirkung durch ein zufälliges und zusätzliches Naturereignis ausgelöst wurde. Diese Differenzie-
rung ist in der Literatur auf Kritik gestoßen (Herrmann NJW 1997, 153, 154). Ob und inwieweit sie berechtigt ist, kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben. Denn der Senat hat den der Wolläuse – Entscheidung zugrunde liegenden Gedanken, dass beim Einwirken von Naturkräften eine Störung nur bei einem pflichtwidrigen Unterlassen in Betracht kommt, in dem Mehltau-Fall (Urt. v. 16. 2. 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299) weitergeführt. Er hat dort darauf abgestellt, ob sich aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine „Sicherungspflicht“, also eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen ergibt (vgl. auch Senat, BGHZ 90, 255 - Niederschlagswasser). Das trägt den Ansätzen der Kritik Rechnung (Herrmann aaO; vgl. auch Armbrüster NJW 2003, 3087, 3088 f.). Insoweit gilt für natürliche Immissionen nichts anderes als für Immissionen aufgrund eines technischen Defekts (Senatsurt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, NJW 2003, 2377 - Wasserrohrbruch). Ob eine solche Pflicht besteht, ist jeweils an Hand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Maßgebend sind hierbei vor allem die Konfliktlösungsregeln des öffentlichen und privaten Nachbarrechts sowie die Art der Nutzung der benachbarten Grundstücke und die vorbeugende Beherrschbarkeit der Störung. Dabei ist, wie der Senat in dem Mehltau-Fall ausgeführt hat, bei natürlichen Immissionen u.a. entscheidend, ob die Nutzung des störenden Grundstücks sich im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus lässt sich auch die Frage beantworten, ob der Laubabwurf oder der Nadelflug eine abwehrbare Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB darstellen. Hierbei ist, wie § 907 Abs. 2 BGB zu entnehmen ist, ohne Bedeutung, ob der Baum, Strauch oder die Pflanze, von der die Immission ausgeht, auf natürlichem Wege angewachsen oder von dem Grundstückseigentümer angepflanzt worden ist (Staudinger/Gursky, BGB [1999], § 1004, RdNr. 58). Entscheidend kann nur sein, ob der Bewuchs mit seiner na-
türlichen Emission ordnungsgemäßer Grundstücksbewirtschaftung und dem das Nachbarrecht bestimmenden Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme entspricht. Dies ist hier zu verneinen. Dabei kann offen bleiben, ob schon allein das Anpflanzen oder Unterhalten der Kiefern als Waldbäume in einem Wohngebiet bei der gebotenen Rücksichtnahme auf die Nachbarinteressen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Jedenfalls werden sie unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen über den Grenzabstand unterhalten. Daß der Kläger wegen Fristablaufs nicht mehr ihre Beseitigung oder das Zurückschneiden auf die zulässige Höhe verlangen kann, hat nicht zur Folge, daß der Bewuchs nunmehr ordnungsgemäßer Bewirtschaftung entspricht. Dann aber sind die Beklagten für die von den Kiefern ausgehenden natürlichen Immission auch verantwortlich.

c) Mit Erfolg rügt die Revision allerdings, daß das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil die von dem Kläger behaupteten Beeinträchtigungen als nicht wesentlich ansieht. Dies ist zunächst eine Tatfrage. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist, ob das Berufungsgericht die nötigen Tatsachenfeststellungen verfahrensfehlerfrei getroffen und bei ihrer Würdigung die zutreffenden rechtlichen Gesichtspunkte zugrunde gelegt hat (Senat , BGHZ 120, 239, 254 f.). Das ist hier nicht der Fall.
(1) Die Verfahrensrüge des Klägers (§ 286 ZPO) greift durch. Das Berufungsurteil läßt nicht erkennen, von welchen Auswirkungen des Nadel- und Zapfenfalls das Berufungsgericht ausgeht; entsprechende Feststellungen fehlen. Die Parteien haben dazu gegensätzlich vorgetragen. Damit setzt sich das Berufungsgericht nicht auseinander. Auch ist dem Berufungsurteil nicht zu entnehmen , ob das Berufungsgericht erkannt hat, daß den Beklagten die Darle-
gungs- und Beweislast für die Unwesentlichkeit der Beeinträchtigungen obliegt (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 257). Falls es seine Auffassung, daß der Nadelund Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers nur unwesentlich beeinträchtigt, auf den in der Berufungserwiderung der Beklagten in Bezug genommenen erstinstanzlichen Vortrag, daß nicht nur die Nadeln und Zapfen ihrer Kiefern, sondern alle pflanzlichen Bestandteile sämtlicher auf dem Grundstück des Klägers und auf den Nachbargrundstücken stehender Bäume auf das Dach, die Dachrinnen und Dacheinläufe des Hauses des Klägers und in seinen Garten fallen, und die von den Beklagten vorgelegten Lichtbilder stützt, wäre wegen des dem entgegenstehenden Vortrags des Klägers eine Beweisaufnahme erforderlich gewesen. Falls das Berufungsgericht jedoch meint, daß sich schon aus dem Vortrag des Klägers die Unwesentlichkeit der behaupteten Einwirkungen ergibt, so daß es keiner Beweisaufnahme bedurfte, hätte es den Begriff der Wesentlichkeit verkannt. Bei der Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung wesentlich im Sinne des § 906 BGB ist, muß auf das Empfinden eines "verständigen Durchschnittsmenschen" und das, was diesem unter Würdigung anderer öffentlicher und privater Belange zuzumuten ist, abgestellt werden (Senat, BGHZ 148, 261, 264 m.w.N.). Damit können auch wertende Momente, wie z.B. die Beachtung des Naturschutzes und des Umweltbewußtseins der Bevölkerung, in die Beurteilung einbezogen werden (vgl. Senat, BGHZ 120, 239, 255). Dieser Gedanke liegt dem Berufungsurteil offensichtlich zugrunde. Er kann jedoch nicht dazu führen, die Wesentlichkeit auch dann zu verneinen, wenn die Einwirkungen von dem Nachbargrundstück objektiv feststellbare physische Auswirkungen auf das Eigentum des betroffenen Grundstückseigentümers haben (vgl. Senat, Urteil vom 20. November 1998, V ZR 411/97, WM 1999, 554, 555). In einem solchen Fall ist die Grenze von der Unwesentlichkeit zur Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen überschritten. So kann es hier sein.
Nach dem Vortrag des Klägers verstopfen die von den Kiefern der Beklagten abfallenden Nadeln die Dachrinnen und Dacheinläufe seines Wohnhauses. Führt das zu Schäden, liegt eine wesentliche Beeinträchtigung vor (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2688). Auch hat der Kläger vorgetragen, daß er wegen des Nadelfalls seinen Gartenteich verschließen mußte. Trifft das zu, wäre auch das eine wesentliche Beeinträchtigung. Insoweit bedarf die Sache also weiterer Aufklärung.
(2) Ebenfalls rechtlich nicht haltbar ist die von dem Berufungsgericht übernommene Auffassung des Amtsgerichts, daß die Auswirkungen einer nicht abwehrbaren Bepflanzung auf die Nachbarschaft nicht rechtswidrig sein können. Damit verkennen die Vorinstanzen in einem entscheidenden Punkt die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB. Er kommt in Betracht, wenn der Grundstückseigentümer wesentliche Einwirkungen dulden muß, die von einer im übrigen rechtmäßigen Nutzung des Nachbargrundstücks ausgehen. Deshalb läßt sich die Wesentlichkeit der Beeinträchtigungen mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung ebenfalls nicht verneinen.

d) Wenn der Nadel- und Zapfenfall die Benutzung des Grundstücks des Klägers wesentlich beeinträchtigt, hängt die Begründetheit des Anspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB weiter davon ab, daß die Beeinträchtigung auf eine ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen ist und nicht durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden kann. Zweifel an der Ortsüblichkeit der Grundstücksbenutzung bestehen bereits deshalb , weil die Kiefern den nach § 50 Abs. 1 Nds.NRG gebotenen Grenzabstand nicht einhalten. Die Frage der Ortsüblichkeit und der Verhinderbarkeit braucht
hier jedoch nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn sie zu verneinen wäre und der Kläger die Einwirkungen deshalb grundsätzlich nicht dulden müßte, sondern sie nach § 1004 Abs. 1 BGB abwehren könnte, käme ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog in Betracht. aa) Ein solcher Anspruch ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gegeben, wenn von einem Grundstück im Rahmen privatwirtschaftlicher Benutzung auf ein benachbartes Grundstück Einwirkungen ausgehen, die zwar rechtswidrig sind und deshalb nicht geduldet werden müßten, der betroffene Eigentümer jedoch aus besonderen Gründen gehindert ist, solche Störungen nach § 1004 Abs. 1 BGB zu unterbinden; der Anspruch setzt voraus, daß der Betroffene hierdurch Nachteile erleidet, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen (siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.). Dieser allgemein für das Nachbarrecht entwickelte Grundsatz ist nicht etwa nur auf andere als die von § 906 Abs. 1 BGB erfaßten Einwirkungen beschränkt , wie z.B. auf Grobimmissionen (BGHZ 58, 149, 158 f.; 111, 158, 162), Vertiefungsschäden (BGHZ 72, 289, 292; 85, 375, 384), Abschwemmung von Unkrautvernichtungsmitteln (Senat, BGHZ 90, 255 ff.), Wasserschaden infolge Rohrbruchs auf dem Nachbargrundstück (Senat, Urt. v. 19. Mai 1985, V ZR 33/84, WM 1985, 1041; Urt. v. 30. Mai 2003, aaO) oder durch technischen Defekt an elektrischen Leitungen verursachter Brandschaden an dem benachbarten Haus (Senat, Urt. v. 11. Juni 1999, V ZR 377/98, WM 1999, 2168, 2169); er gilt ebenso für Einwirkungen im Sinne dieser Vorschrift, wenn der beeinträchtigte Eigentümer eine solche Einwirkung trotz ihrer Rechtswidrigkeit nicht verhindern kann, denn maßgeblicher Gesichtspunkt ist in diesen Fällen nicht die Art der Einwirkung, sondern der Umstand, daß eine unzumutbare Be-
einträchtigung des Eigentums eintritt (Senat, BGHZ 90, 255, 262 f.). Dieser Gedanke liegt auch dem § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zugrunde.
bb) Einen Abwehranspruch hätte hier der Kläger zwar unter der Voraussetzung , daß eine wesentliche Beeinträchtigung der Benutzung seines Grundstücks auf die nicht ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen wäre und/oder von ihnen durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte. Aber der Kläger wäre aus Rechtsgründen daran gehindert, die Einwirkungen zu unterbinden. Eine andere Möglichkeit zur Störungsbeseitigung als die, daß die den Beklagten gehörenden Kiefern entfernt oder so weit gekürzt werden, daß das Abfallen von Nadeln und Zapfen auf das Grundstück des Klägers nahezu ausgeschlossen ist, ist nämlich nicht ersichtlich. Darauf hat der Kläger jedoch wegen Ablaufs der Ausschlußfrist (§ 54 Abs. 2 Nds.NRG) keinen Anspruch mehr; er muß das Höhenwachstum der Bäume dulden (siehe vorstehend unter II. 1.).
cc) Ob der Kläger die Beeinträchtigungen entschädigungslos hinnehmen muß, bedarf ebenfalls der Klärung durch das Berufungsgericht. Es wird zu ermitteln haben, in welchem Verhältnis der von dem Kläger behauptete zusätzliche Reinigungsaufwand zu dem Aufwand steht, den er für die Reinigung seines Grundstücks von Laub, Nadeln u.ä. sowieso hat. Dabei ist zu berücksichtigen , daß sich beide Grundstücke in einem seit vielen Jahren gewachsenen Wohngebiet mit teilweise hohem Baumbestand befinden, weshalb das Grundstück des Klägers - wie auch die benachbarten Grundstücke - dem Abfallen von Laub, Nadeln, Zapfen und anderen pflanzlichen Bestandteilen der eigenen und fremden Bäume und Sträucher ausgesetzt ist. Deshalb muß der Kläger - ebenso wie seine Nachbarn - Reinigungsarbeiten auf seinem Grundstück
vornehmen, um das Laub u.ä. zu entfernen. Dabei müssen auch die Dachrinne und die Dacheinläufe gesäubert werden. Der zeitliche Aufwand dafür hängt von der Art und Größe der eigenen und umliegenden Anpflanzungen, der Jahreszeit sowie den Witterungsverhältnissen ab. Dazu muß der Kläger noch vortragen. Bei der dann erforderlichen Abwägung können allerdings Gesichtspunkte wie der, daß derjenige, der die mit dem "Wohnen im Grünen" verbundenen Annehmlichkeiten wie z.B. den auf Bäume und Sträucher zurückzuführenden Sicht-, Schall- und Windschutz sowie reine und sauerstoffreiche Luft in Anspruch nimmt, bis zu einem gewissen Grad auch die damit verbundenen Nachteile, jedenfalls soweit sie auf natürlichen Gegebenheiten beruhen, in Kauf nehmen müsse (vgl. OLG Frankfurt a.M., NJW 1988, 2618, 2620 m.w.N.; NJW-RR 1991, 1364, 1366 f.; OLG Düsseldorf, NJWE-MietR 1996, 2, 3), oder das gewachsene Umweltbewußtsein weiter Kreise der Bevölkerung, welches das Anpflanzen und Halten von Bäumen auch in Wohngebieten als erstrebenswert ansieht, keine Rolle spielen. Denn hier verstoßen die Beklagten dadurch , daß die Bäume nicht den gesetzlich vorgegebenen Grenzabstand einhalten , gegen das Gebot der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung ihres Grundstücks. Dies kann durch die genannten Gesichtspunkte nicht kompensiert werden. Inwiefern sie zu berücksichtigen wären, wenn das störende Grundstück ordnungsgemäß bewirtschaftet und rechtmäßig genutzt würde, bedarf hier keiner Entscheidung.
dd) Der Umfang des Ausgleichsanspruchs bestimmt sich nach den Grundsätzen, die für die Bemessung der Enteignungsentschädigung gelten; diese unterscheidet sich vom Schadenersatz darin, daß nicht der Zustand herzustellen ist, der bestünde, wenn die Störung nicht eingetreten wäre, vielmehr beschränkt sich der Ausgleich auf die Beseitigung der durch die Störung ein-
getretenen Vermögenseinbuße (Senat, BGHZ 147, 45, 53). Deshalb kann der Kläger höchstens den Betrag erhalten, den er für die zusätzliche Reinigung durch ein Unternehmen aufwenden müßte.
4. Nach alledem ist das Berufungsurteil unter Zurückweisung des erfolglosen Teils der Revision (vorstehend II. 1. und 2.) im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als die Zahlungsanträge des Klägers abgewiesen worden sind. In diesem Umfang ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen. Es muß aufklären, ob die von dem Kläger behaupteten Einwirkungen die ortsübliche Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigen und ob ihm nicht zugemutet werden kann, daß er die daraus herrührenden Nachteile entschädigungslos hinzunehmen hat. Für das alles trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch
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a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts setzt der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der herüberragenden Äste nach § 1004 Abs. 1 BGB allerdings voraus, dass dadurch die Benutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt ist. Fehlte es an einer solchen Beeinträchtigung, müsste die Klägerin das Herüberragen nach § 1004 Abs. 2 BGB dulden. Das folgt aus § 910 Abs. 2 BGB, der auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gilt (Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 39; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318). Ob der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muss, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, aaO mwN). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Ebenso kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückschnitt nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein kann, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts außer Verhältnis stehen (vgl. dazu OLG Saarbrücken vom 11. Januar 2007 - 8 U 77/06, juris Rn. 25 f.; OLG Köln, Urteil vom 12. Juli 2011 - 4 U 18/10, juris Rn. 22; Dehner, Nachbarrecht [Mai 2013], B § 21 I 2; Lüke in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., 2. Teil Rn. 395).

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 83/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 31. März 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung in der Sache unter dem Vorbehalt der Erteilung einer erforderlichen behördlichen Genehmigung steht.
Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind seit März 1998 Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen in einem Abstand von 40 cm von der Grenze entfernt entlang der Grundstücksauffahrt der Kläger 13 Linden, welche vor
über 100 bzw. über 70 Jahren gepflanzt wurden. Zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten war vereinbart, daß die Linden alle fünf Jahre geschnitten werden sollten, so daß sie als sogenannte Kopflinden ausgebildet wurden. Der letzte Rückschnitt erfolgte 1987 oder 1990. Seitdem haben sich an den Bäumen zahlreiche über die Grundstücksgrenze gewachsene und in den Luftraum über dem Grundstück der Kläger hineinragende Stämmlinge gebildet, deren Laub auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fällt und dort, insbesondere bei Nässe, zur Rutschgefahr führt. Außerdem tropft bei Regen Wasser von den überhängenden Lindenzweigen auf die Auffahrt und gefriert dort im Winter.
Weiter steht auf dem Grundstück der Beklagten eine Buche, deren Zweige ebenfalls über die Grundstücksgrenze gewachsen sind.
Die Linden und die Buche stehen unter Bestandsschutz nach Maßgabe der Vorschriften der Verordnung zum Schutz des Baumbestandes und der Hecken in der Freien und Hansestadt Hamburg (Baumschutzverordnung) vom 17. September 1948 (HmbBL I 791-i).
Die Kläger haben von den Beklagten in erster Linie die Vornahme geeigneter Maßnahmen verlangt, durch welche die von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen beseitigt und spätere Beeinträchtigungen verhindert werden, insbesondere die Gefahr des Ausrutschens auf nassem Laub und gefrorenem Wasser sowie des Auseinanderbrechens der Bäume, die Störung des Satellitenfernsehempfangs und die Unbefahrbarkeit der Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen. Hilfsweise haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme eines Beschnitts der Bäume dergestalt beantragt,
daß die Linden eine Hand breit oberhalb des letzten Schnitts gekappt und die Äste der Buche fachgerecht eingekürzt werden.
Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Linden geeignete Maßnahmen vorzunehmen, durch die verhindert wird, daß Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fallen, und die das Wohnhaus der Kläger berührenden Äste der Buche fachgerecht einzukürzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Durchsetzung ihrer Klage weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den von den Klägern gestellten Hauptantrag wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit für unzulässig. Zwar könne der Störer selbst entscheiden, in welcher Weise er die Beseitigung und Unterlassung der Störung herbeiführen wolle; aber der Klageantrag müsse die zu beseitigenden Beeinträchtigungen so konkret beschreiben, daß ein darauf beruhender Titel vollstreckungsfähig sei. Diesen Anforderungen genüge der Hauptantrag nicht.
Weiter meint das Berufungsgericht, der Hauptantrag sei auch unbegründet. Eine Verpflichtung der Beklagten, die von den Klägern geforderten
Maßnahmen zu ergreifen, lasse sich nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten; denn die Vereinbarung zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten über den Beschnitt der Linden binde die Beklagten nicht. Auch aus § 1004 Abs. 1 BGB ergebe sich für die Kläger kein Anspruch. Die Beklagten seien zwar Störer im Sinne der Vorschrift. Aber eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger durch Tropfwasser lasse sich nicht feststellen, weil es sich dabei nicht um eine Immission der Linden handele. Etwas anderes gelte für den Laubfall von den überhängenden Ästen und Zweigen; die dadurch hervorger ufenen Beeinträchtigungen müßten die Kläger nicht hinnehmen. Ihrem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch stehe jedoch die Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB entgegen. Die Beklagten seien durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung gehindert, an den Linden die mit der Klage verlangten Maßnahmen durchzuführen, weil diese nicht genehmigungsfähig seien.
Den Hilfsantrag sieht das Berufungsgericht als zulässig an. Es hält ihn jedoch aus denselben Gründen wie den Hauptantrag für unbegründet.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von den Klägern gestellten Hauptantrag abgewiesen, soweit er überhaupt Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
1. Die Beklagten sind durch das Urteil des Amtsgerichts nur insoweit beschwert, als sie zur Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch die das Abfallen von Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger verhindert wird, und zum fachgerechten Einkürzen der das Wohnhaus der Kläger berührenden Buchenzweige, verurteilt worden sind. Nur das konnten sie mit ihrer Berufung auch angreifen. Die von den Klägern darüber hinausgehend verlangten Maßnahmen zur Verhinderung der Gefahr des Auseinanderbrechens der an der Grenze stehenden Bäume, der Störung des Satellitenempfangs , der Unbefahrbarkeit ihrer Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen und das Kappen der Linden sind mangels einer Anschlußberufung der Kläger nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Weiter folgt aus den erstinstanzlichen Feststellungen, daß das auf die Auffahrt fallende Laub und Tropfwasser von den herüberhängenden Zweigen der Linden herrührt. Von anderen Baumbestandteilen ausgehende Beeinträchtigungen durch Laubund Tropfwasserfall haben die Kläger nicht vorgetragen. Damit war Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur das Verlangen der Kläger, den Laubund Tropfenfall von den über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweigen der Linden und das Berühren ihres Wohnhauses durch die Zweige der Buche zu verhindern.
2. Der Hauptantrag ist zulässig, denn er entspricht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Zwar muß die Leistungsklage mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung und die Zwangsvollstreckung ein genaues tatsächliches Vorbringen darüber enthalten, welche konkrete Leistung von dem Beklagten gefordert wird. Der Klageantrag muß so bestimmt sein, daß der Beklagte sein Prozeßrisiko
erkennen und sich demgemäß verteidigen kann. Nur ein in diesem Sinn konkretisiertes Klageziel ist für den Beklagten eine ausreichende Grundlage der Prüfung, ob der Klageanspruch anerkannt werden soll (Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 - Abschachtung).

b) Bei der Abwehr von Immissionen ist aber eine andere Beurteilung erforderlich. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß in diesem Bereich Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art zu unterlassen , zulässig sind (siehe nur BGHZ 67, 252, 253 - Schweinemästerei; 121, 248, 251 - Jugendzeltplatz; 140, 1, 3 - Schweinemästerei). Aus der Natur des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 BGB folgt, daß es dem Beklagten überlassen ist, wie er die Störung beseitigen will; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Senat, BGHZ 67, aaO.; Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, aaO.; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177 - Tennisplatzlärm). § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert dementsprechend nicht die Angabe, welche konkreten Maßnahmen der Beklagte zur Beseitigung einer Beeinträchtigung ergreifen soll, sondern nur die bestimmte Bezeichnung der Beeinträchtigung.

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der von den Klägern gestellte Hauptantrag hinreichend bestimmt. Mit ihm verlangen sie von den Beklagten die Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch welche im einzelnen benannte Beeinträchtigungen des Grundstücks beseitigt und verhindert werden sollen.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein Anspruch der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ausscheidet.


a) Die Vereinbarung der Kläger mit der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten hinsichtlich des regelmäßigen Beschnitts der Linden ist - im Gegensatz zu der Auffassung des Berufungsgerichts - in diesem Zusammenhang ohne Belang.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1351 m.w.N. [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden.

c) Die Folgen des unterbliebenen Beschnitts der Bäume rechtfertigen keine Abweichung von den hier anwendbaren nachbarrechtlichen Sonderregelungen der §§ 906, 910 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach können die Kläger von den Beklagten sowohl die Beseitigung von Beeinträchtigungen durch die über die Grundstücksgrenze herüberragenden Zweige als auch das Abschneiden dieser Zweige verlangen. Daß die Kläger darüber hinaus durch das nicht grenzüberschreitende Wachstum der Bäume in erheblicher Weise Beeinträchtigungen ausgesetzt wären, haben sie nicht vorgetragen.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Abwehranspruch der Kläger nach § 1004 Abs. 1 BGB verneint; es hat zu Unrecht eine Duldungspflicht der Beklagten nach Abs. 2 der Vorschrift angenommen.

a) Die Beklagten sind Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil sie es zugelassen haben, daß Zweige der Linden und der Buche über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen konnten und zu den benannten Beeinträchtigungen geführt haben. Denn nach § 910 Abs. 1 und 2 BGB hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß überhängende Zweige von Bäumen den Nachbarn nicht beeinträchtigen.

b) Die Störereigenschaft der Beklagten entfällt nicht deshalb, weil sie durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung rechtlich gehindert sind, die von den Klägern erstrebten Maßnahmen zu ergreifen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 239, 254 - Froschlärm) stellen naturschutzrechtliche Verbote die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht in Frage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann. Ob das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte selbständig prüfen. Ergibt die Prüfung, daß eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot, bestimmte Maßnahmen durchzuführen, nicht besteht, scheidet eine Verurteilung zur Beseitigung und Unterlassung aus. Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht, muß in den Tenor einer eventuellen Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden, auch wenn das nicht in dem Klageantrag enthalten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 246 ff.). Somit muß hier
geprüft werden, ob für die von den Klägern beanspruchten Maßnahmen, die nach § 2 der Baumschutzverordnung grundsätzlich verboten sind, eine Ausnahme nach § 4 zugelassen werden kann.
bb) Die Feststellung des Berufungsgerichts, es stehe fest, daß der von den Klägern beanspruchte Eingriff nicht genehmigungsfähig sei, ist von dem Revisionsgericht nach §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Geltungsbereich der Baumschutzverordnung sich nicht über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, ist ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Jedoch rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Auslegungstatsachen verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Zum einen nimmt es an, daß dem Hauptantrag der Kläger auch unter Einbeziehung ihres Sachvortrags nicht entnommen werden könne, welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Störungen für erforderlich hielten. Zum anderen geht es davon aus, daß ein genehmigungsfähiger Rückschnitt der Linden nicht dem entspreche, was die Kläger mit ihrem Hauptantrag durchsetzen wollten. Auch hat das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger zu den Maßnahmen, die nach ihrer Auffassung genehmigungsfähig sind, und ihren zweitinstanzlichen Vortrag zu solchen genehmigungsfähigen Maßnahmen, die sie von den Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen verlangt haben, nicht berücksichtigt. Schließlich hat es die Feststellung der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Kürzens der Buchenäste ausschließlich mit dem verbotenen Kappen von Bäumen begründet. Dabei hat es übersehen, daß die Kläger das Kappen der Buche nicht verlangt haben. Damit fehlt der Feststellung, die von den Klägern verlangten Maßnahmen seien nicht genehmigungsfähig, jede Grundlage. Das läßt die Bindung des Revisionsgerichts an die Feststellung des Berufungsgerichts ent-
fallen (vgl. BGHZ 118, 151, 162). Damit ist die Frage der Zulässigkeit der von den Klägern beanspruchten Maßnahmen offen.
cc) Der Senat kann die Prüfung, ob die Maßnahmen zulässig sind, selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten und auch nicht notwendig sind. Sie führt zu dem Ergebnis, daß wenigstens die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige der Linden und der Buche beseitigt werden dürfen.
(1) Die Bäume stehen unter Bestandsschutz. Nach § 1 der Baumschutzverordnung , die nunmehr gemäß § 56 Abs. 4 des Hamburgischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (HmbNatSchG) vom 7. August 2001 (GVBl. 281) als aufgrund der §§ 15 und 20 dieses Gesetzes erlassen gilt, sind zur Pflege und zum Wiederaufbau des Stadt- und Landschaftsbildes im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg alle Bäume und Hecken dem Schutz des Naturschutzgesetzes unterstellt. Nach § 2 ist es verboten, Bäume oder Teile von ihnen zu entfernen, zu beschädigen oder sonstwie in ihrer Wirkung als Zierde und Belebung des Landschaftsbildes zu beeinträchtigen. Die Naturschutzbehörde kann allerdings Ausnahmen davon zulassen, soweit sie nicht dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen (§ 4). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen hier vor.
(2) Der Zweck der Baumschutzverordnung ergibt sich zum einen aus § 1. Dabei steht heute - anders als wohl noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung - die Pflege des Stadt- und Landschaftsbildes im Vordergrund. Diesem Zweck widerspricht das Beschneiden der Bäume dergestalt, daß die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige beseitigt werden,
nicht. Denn sogar ein darüber hinausgehendes regelmäßiges Beschneiden der sich auf dem Grundstück der Beklagten haltenden Zweige und der Baumkronen ist nach dem von den Beklagten in den Prozeß eingeführten Privatgutachten eine notwendige Pflegemaßnahmen. Demgemäß hat auch ein Vertreter der Naturschutzbehörde bei der erstinstanzlichen Augenscheineinnahme zu erkennen gegeben, daß ein Beschneiden der Bäume entsprechend den in dem Gutachten enthaltenen Vorschlägen genehmigungsfähig sei. Zum anderen erschließt sich der Zweck der Baumschutzverordnung auch aus den §§ 15 und 20 HmbNatSchG. Danach sind die Bäume zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt, weil ihr besonderer Schutz zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, insbesondere wegen ihrer Bedeutung für die Schaffung, Erhaltung oder Entwicklung von Biotopverbundsystemen, erforderlich ist. Diese Schutzzwecke werden durch die Beseitigung der über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweige nicht beeinträchtigt, weil die Bäume als solche erhalten bleiben und ihre vielfältigen Funktionen als natürlicher Bestandteil der Umwelt innerhalb eines großstädtischen Wohngebiets nicht verlieren. Insbesondere dient das Beschneiden der Bäume auch der Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, wie die von den Klägern zu den Gerichtsakten gereichten Fotografien, die den Zustand der Bäume zeigen, anschaulich verdeutlichen.

c) Der geltend gemachte Anspruch ist nicht nach § 910 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wonach dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zusteht, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung
des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Diese Vorschrift gilt auch für den Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1352 [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln). Hier ist jedoch verfahrensrechtlich davon auszugehen , daß die Zweige der Linden die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie dort zu einer erhöhten Rutschgefahr führen und damit die Sicherheit der Benutzer der Grundstücksauffahrt gefährden. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese Behauptung der Kläger zu bestreiten und zu beweisen, daß keine Beeinträchtigung vorliegt. Denn wenn - wie hier - der durch herüberragende Zweige eines Baumes oder Strauches beeinträchtigte Grundstückseigentümer nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeht, sondern den selbständig danebenstehenden Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; Urteil v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156) geltend macht, trägt der Nachbar - wie im Anwendungsbereich des § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB - die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von den herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, aaO). Die Beklagten haben jedoch keinen Beweis angetreten.
Ebenfalls ist verfahrensrechtlich davon auszugehen, daß auch die Buchenzweige, welche über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen sind, die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie ihr Wohnhaus berühren. Nachdem das Amtsgericht die Beklagten zum Kürzen solcher Zweige verurteilt hatte und die Kläger in der Berufungsinstanz als einzige von der Buche ausgehende Beeinträchtigung das Berühren des Wohnhauses behauptet haben, hätten die Beklagten darlegen und beweisen müssen, daß diese Beeinträchtigung nicht vorliegt. Sie haben sich jedoch - ohne Beweis anzu-
treten - auf das einfache Bestreiten des Vortrags der Klägerin beschränkt. Das reichte nicht aus.

d) Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB erfüllt; eine Duldungspflicht der Kläger nach Absatz 2 der Vorschrift besteht nicht. Da jedoch nicht die Zivilgerichte, sondern nur die zuständige Behörde Ausnahmen von dem generellen Verbot des Beschneidens der Bäume zulassen kann, ist es notwendig, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten und zur Klarstellung den Vorbehalt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung in das Urteil aufzunehmen. Daß die Kläger ihn nicht in ihren Klageantrag aufgenommen haben, ist unschädlich , denn die Einschränkung stellt sich nur als ein formell notwendiges Weniger gegenüber dem Klageantrag dar, sie gibt den Klägern aber nicht etwas anderes, als sie beantragt haben, § 308 ZPO (Senat, BGHZ 120, 239, 247 f.).
5. Für den Fall, daß eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird, kommt ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch der Kläger gegen die Beklagten in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht , weil sie aus öffentlich-rechtlichen Gründen an der Durchsetzung ihres an sich bestehenden Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB gehindert wären (vgl. Senat, Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03, Umdruck S. 9 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen] - Teilrodung). Dem stünde nicht in jedem Fall entgegen, daß es den Beklagten nicht erlaubt wäre, die Störungen zu beseitigen. Denn wenn die Erteilung der Ausnahmegenehmigung daran scheiterte , daß die mit der Klage verlangten Maßnahmen jetzt dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen, weil die Beklagten bisher pflichtwidrig das
ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen haben, wäre das ein Fall des unzulässigen Betreibens von Naturschutz auf Kosten des Nachbarn.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 99/03 Verkündet am:
28. November 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt den Beseitigungsanspruch
nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht aus (Bestätigung von Senat, BGHZ
60, 235, 241 f. und 97, 231, 234).

b) Der Eigentümer eines Baums muß dafür Sorge tragen, daß dessen Wurzeln nicht
in das Nachbargrundstück hinüberwachsen; verletzt er diese Pflicht, ist er hinsichtlich
der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks
"Störer" im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB.

c) Der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte
Grundstückseigentümer kann die von dem Störer geschuldete Beseitigung
der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden
Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung
, BGHZ 97, 231, 234 und 106, 142, 143; Urt. v. 8. Februar
1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686 und v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94,
WM 1995, 76).
BGH, Urt. v. 28. November 2003 - V ZR 99/03 - LG Berlin
AG Spandau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 52. Zivilkammer des Landgerichts Berlin vom 13. März 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Klägerin führte ein aus drei großen Betonplatten bestehender Weg von der Straße zum Eingang des Wohnhauses. Die Klägerin ließ im Jahr 2001 diesen Weg aufbrechen und durch einen mit Kleinpflastersteinen befestigten Weg ersetzen. Hierfür zahlte sie 1.179,37
Mit der Behauptung, daß die Wurzeln eines auf dem Grundstück des Beklagten ungefähr 1 m von der Grundstücksgrenze entfernt stehenden Kirschbaums in ihr Grundstück hineingewachsen seien und dort innerhalb der letzten drei Jahre eine der drei Betonplatten des früheren Weges um 25 bis 30 mm angehoben hätten, so daß ein Versatz entstanden sei, hat die Klägerin
die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von 1.179,37 eantragt. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin weiter die Durchsetzung der Klage. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Klägerin habe gegen den Beklagten nach § 1004 BGB einen Anspruch auf das Entfernen der Wurzel seines Kirschbaums von ihrem Grundstück gehabt. Sie habe diese Wurzel nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB auch selbst abschneiden und behalten dürfen. Jedoch gehe es in diesem Rechtsstreit nicht um den Ersatz der Kosten für das Abschneiden. Die Klägerin verlange vielmehr Schadensersatz aufgrund der von dem Beklagten verursachten Störung, nicht aber die Beseitigung der Störung selbst; diese sei mit dem Entfernen der Wurzel beendet gewesen.
Ein deliktsrechtlicher Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB steht der Klägerin nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu, weil der Beklagte nicht schuldhaft gehandelt habe. Einen Anspruch auf den Ersatz eines Verzugsschadens habe die Klägerin ebenfalls nicht, weil die Voraussetzungen des Verzugs nicht vorlägen.
Selbst wenn die Erneuerung des Plattenwegs eine Maßnahme zur Beseitigung der von der Wurzel ausgehenden Störung gewesen sei, stünde einem Bereicherungsanspruch der Klägerin entgegen, daß der Gläubiger eines auf die Vornahme einer vertretbaren Handlung gerichteten Anspruchs im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 887 ZPO vorgehen müsse, nicht aber zur Selbsthilfe greifen und dann die Kosten bei dem Schuldner liquidieren dürfe. Nur wenn dem Gläubiger die Selbsthilfe gestattet sei, lasse sich an einen Bereicherungsanspruch denken. Das sei nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB insofern der Fall, als die Klägerin eventuell die für das Abschneiden der Wurzel entstandenen Kosten ersetzt verlangen könne; diese mache sie jedoch nicht geltend.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

II.


1. Zu Recht verneint das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 823 Abs. 1 BGB wegen fehlenden Verschuldens des Beklagten. Das nimmt die Revision hin.
2. Ebenfalls zu Recht verneint es einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach §§ 286 Abs. 1 und 2, 288 Abs. 4 BGB. Die Voraussetzungen des Verzugs liegen nicht vor. Die Verfahrensrüge der Revision (§ 286 ZPO), das Berufungsgericht habe Vortrag der Klägerin übergangen, ist unbegründet. Abgesehen davon, daß der Vortrag der Klägerin, sie habe den Beklagten auf den
zunehmenden Versatz der Betonplatte angesprochen, keine Mahnung enthält, sind die geltend gemachten Kosten auch kein Verzugsschaden.
3. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der Eigentümer von seinem Nachbarn nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung von Baumwurzeln verlangen kann, die von dem Nachbargrundstück in sein Grundstück eingedrungen sind. Das Selbsthilferecht des Eigentümers nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB schließt einen solchen Beseitigungsanspruch nicht aus; beide bestehen gleichrangig nebeneinander (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; 97, 231, 234; Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156; Picker, JuS 1974, 357, 359 ff.; Gursky, JZ 1992, 312, 313; Roth, JZ 1998, 94). An dieser Auffassung hält der Senat trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Wilhelm , Sachenrecht, 2. Aufl., Rdn. 1281; Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 21 II. 1.; Canaris, Festschrift für Medicus, 1999, S. 25, 53 ff.; Armbrüster, NJW 2003, 3087, 3089) fest. Für sie spricht neben dem Grundgedanken des § 903 BGB (vgl. Senat, BGHZ 60, 235, 242) der Umstand, daß dem durch Baumwurzeln beeinträchtigten Grundstückseigentümer dasselbe Abwehrrecht zustehen muß wie demjenigen, dessen Eigentum in anderer Art beeinträchtigt wird. Das wäre nicht gewährleistet, wenn der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB durch das Selbsthilferecht nach § 910 Abs. 1 BGB ausgeschlossen wäre. Denn wenn der Eigentümer von seinem Selbsthilferecht Gebrauch macht und die eingedrungenen Baumwurzeln abschneidet, ist damit die Beseitigung der Eigentumsstörung noch nicht abgeschlossen. Vielmehr beeinträchtigen die Wurzeln weiterhin die Sachherrschaft des Grundstückseigentümers, zu der es gehört, fremde Gegenstände von seinem Grundstück fernzuhalten. Zur Beseitigung der Eigentumsstörung ist also mehr als nur das bloße Abschneiden der eingedrungenen Baumwurzeln erforderlich. Dieses "Mehr" kann der gestörte
Eigentümer von dem Störer jedoch nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern nur nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangen.
4. Mit einer rechtlich nicht haltbaren Begründung nimmt das Berufungsgericht an, daß die Klägerin keinen Bereicherungsanspruch habe. Stand ihr nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Beseitigung der durch die Baumwurzel hervorgerufenen Beeinträchtigung des Weges gegen den Beklagten zu, ist er dadurch, daß die Klägerin die Arbeiten durchführen ließ, von einer ihm obliegenden Verpflichtung befreit und deshalb "auf sonstige Weise" im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB bereichert worden (ständige Senatsrechtsprechung seit BGHZ 60, 235, 243; siehe Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76). Ein rechtlicher Grund dafür ist nicht gegeben. So gibt es insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, daß die Klägerin als Geschäftsführerin ohne Auftrag für den Beklagten gehandelt hat.

a) Nach dem Vortrag der Klägerin konnte sie nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Beseitigung der Beeinträchtigung ihres Eigentums verlangen. Der von der Straße zum Hauseingang führende Weg stand schon damals im Eigentum der Klägerin. Dieses Eigentum war durch das Eindringen der Wurzel des Kirschbaums und das damit verbundene Anheben der Betonplatte beeinträchtigt worden. Der Beklagte war Störer im Sinne des § 1004 BGB. Zwar beruhte das Hinüberwachsen der Wurzel auf einem natürlichen Vorgang. Aber auch durch Naturereignisse ausgelöste Störungen können dem Eigentümer zurechenbar sein. Bisher hat der Senat in den Fällen des Hinüberwachsens von Baumwurzeln in das Nachbargrundstück den Eigentümer für verantwortlich gehalten, weil er den Baum gepflanzt (BGHZ 97, 231; 106, 142; 135, 235; Urt. v. 8. Februar 1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686) bzw. unterhalten hat
(Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76 f.). In jüngerer Zeit hat der Senat bei dem Einwirken von Naturkräften darauf abgestellt, ob die Störung auf einem pflichtwidrigen Unterlassen beruht, ob sich also aus der Art der Nutzung des Grundstücks, von dem die Störung ausgeht, eine "Sicherungspflicht", d.h. eine Pflicht zur Verhinderung möglicher Beeinträchtigungen der Nachbargrundstücke ergibt (Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 213/94, WM 1995, 1844, 1845 - Wollläuse; Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, WM 2001, 1299, 1300 f. - Mehltau). In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der Senat erst kürzlich hervorgehoben, daß u.a. entscheidend sei, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung halte (Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 [zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - bestimmt]). Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft des Eigentümers eines Baumes, dessen Wurzeln in das Nachbargrundstück hinüberwachsen , problemlos zu bejahen. Denn nach dem in § 903 BGB enthaltenen Grundgedanken, der in der Spezialregelung des § 910 BGB eine besondere Ausprägung gefunden hat, muß der Eigentümer dafür Sorge tragen, daß die Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen.

b) Die Klägerin war zur Duldung der Beeinträchtigung ihres Eigentums nicht verpflichtet (§ 1004 Abs. 2 BGB). Maßstab ist hier § 910 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift gilt auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, aaO, Umdruck S. 9). Danach kann der betroffene Eigentümer die Beseitigung hinübergewachsener Baumwurzeln nicht verlangen, wenn sie die Benutzung seines Grundstücks nicht beeinträchtigen. Hier lag jedoch nach dem Vortrag der Klägerin eine Beeinträchtigung vor, weil die Baumwurzel eine Gehwegplatte angehoben hatte.

c) Die Klägerin hat damit einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Erstattung der notwendigen Kosten, die von dem Beklagten zur Erfüllung des Beseitigungsanspruchs nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB hätten aufgewendet werden müssen. Trotz ablehnender Stimmen im Schrifttum (Gursky, NJW 1971, 782 ff.; JZ 1992, 310, 313 ff.; 1996, 683, 686; Picker, JuS 1974, 357, 361 f.; Kahl, Anm. zu LM BGB § 1004 Nr. 217) hält der Senat an seiner Rechtsprechung fest, daß der durch von dem Nachbargrundstück hinübergewachsene Baumwurzeln gestörte Grundstückseigentümer die von dem Störer geschuldete Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung selbst vornehmen und die dadurch entstehenden Kosten nach Bereicherungsgrundsätzen erstattet verlangen kann (BGHZ 97, 231, 234; 106, 142, 143; Urt. v. 8. Februar 1991, V ZR 346/89, WM 1991, 1685, 1686; Urt. v. 21. Oktober 1994, V ZR 12/94, WM 1995, 76; ebenso OLG Düsseldorf, NJW 1986, 2648, 2649; MünchKommBGB /Medicus, 3. Aufl., § 1004 Rdn. 75; Palandt/Bassenge, BGB, 62. Aufl., § 1004 Rdn. 30). Das ist nicht systemwidrig.
Aus § 267 BGB folgt der für alle Schuldverhältnisse geltende Grundsatz, daß, wenn der Schuldner nicht in Person zu leisten hat, ein Dritter für ihn leisten kann. Dieser Grundsatz gilt - wie § 910 Abs. 1 BGB zeigt - auch hier; die Pflicht zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung ist keine persönliche Leistungspflicht des Störers. Auch Sinn und Zweck des § 910 BGB stehen der in ständiger Senatsrechtsprechung vertretenen Auffassung nicht entgegen. Es geht nicht um den Ersatz von Kosten, die dem betroffenen Grundstückseigentümer durch die Ausübung seines Selbsthilferechts entstanden sind, sondern um den Ersatz der Kosten, die der Störer für die Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung hätte aufwenden müssen. Mit der Bejahung des Bereicherungsanspruchs wird auch nicht eine reine Kausalhaftung des Störers begründet.
Wie dargelegt, gründet sich seine - verschuldensunabhängige - Haftung nicht auf das bloße Unterhalten des Baumes, sondern darauf, daß er seine Pflicht verletzt hat, ein Hinüberwachsen der Wurzeln zu verhindern.
Schließlich steht der hier vertretenen Auffassung auch § 887 ZPO nicht entgegen. Diese Vorschrift des Zwangsvollstreckungsrechts setzt einen vollstreckbaren Titel, in welchem der Störer zur Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung verpflichtet wird, voraus; sie greift jedoch nicht in das materielle Recht ein. Hinzu kommt, daß sich die Ursache einer durch eingedrungene Baumwurzeln hervorgerufenen Eigentumsbeeinträchtigung nicht ohne weiteres erkennen läßt. Sie muß erst durch das Aufgraben des Bodens oder andere Maßnahmen wie z.B. die "Fernsehuntersuchung" eines Abwasserkanals ermittelt werden. Deshalb kann von dem Eigentümer nicht verlangt werden, sogleich von seinem Nachbarn die Beseitigung einer Beeinträchtigung, deren Ursache nicht bekannt ist, zu verlangen; vielmehr muß er zunächst selbst tätig werden. Erkennt er sodann die Störungsursache, rechtfertigt sein Interesse an einer zügigen Störungsbeseitigung das Fortführen der begonnenen Arbeiten.
5. Das Berufungsurteil ist somit insoweit rechtsfehlerhaft. Das führt allerdings nicht zu seiner Aufhebung, denn die Entscheidung stellt sich aus anderen Gründen als richtig dar.
Zu den von dem Beklagten zu erstattenden notwendigen Kosten für die Beseitigung der Beeinträchtigung gehören die Aufwendungen der Klägerin für die Feststellung der Störungsursache und für die Reparatur des Weges (vgl. Senat, Urt. v. 21. Oktober 1994, aaO, 77). Denn der Beklagte schuldet nicht nur die isolierte Beseitigung der weiter störenden Baumwurzel, sondern auch
die anschließende Wiederherstellung des Weges, weil die Beseitigungspflicht auch diejenige Eigentumsbeeinträchtigung erfaßt, die zwangsläufig durch das Beseitigen der Störung eintritt (Senat, BGHZ 135, 235, 238 f.). Dies verwischt nicht die Grenze zwischen Beseitigungsanspruch und Schadensersatzanspruch , sondern führt nur zu einer partiellen Überlappung beider Ansprüche. Danach erstattungsfähige Beseitigungskosten macht die Klägerin jedoch nicht geltend. Aus der Position 01 der von ihr vorgelegten Rechnung vom 20. November 2001 geht hervor, daß sämtliche Betonplatten des ursprünglichen Weges aufgebrochen und der Betonbruch abgefahren worden sind. Das war für die Feststellung der Störungsursache nicht erforderlich. Es hätte ausgereicht , die von der Baumwurzel angehobene Betonplatte aufzunehmen, die Wurzel abzuschneiden, den Untergrund wieder herzustellen und die Betonplatte wieder hinzulegen. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobene Verfahrensrüge (§ 139 ZPO), die Klägerin hätte auf einen richterlichen Hinweis ausgeführt, daß für die Beseitigung der Baumwurzel wenigstens die angehobene Betonplatte entfernt werden mußte, ist unbegründet. Mit diesem zwar schlüssigen Vortrag hätte die Klägerin ihre Klageforderung nicht begründen können, weil die von ihr vorgelegte Rechnung keine Kosten für das Entfernen und Zurücklegen der unbeschädigten Betonplatte enthält. Die übrigen Rechnungspositionen betreffen weder die Feststellung der Störungsursache noch die Reparatur des Weges, soweit sie durch die Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich geworden ist.
6. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu. Zwar kommt ein solcher Anspruch (zu den Voraussetzungen siehe nur Senat, Urt. v. 30. Mai 2003, V ZR 37/02, WM 2003, 1969, 1970 m.w.N.) auch bei dem grenz-
überschreitenden Eindringen von Baumwurzeln in ein Grundstück in Betracht (BGH, Urt. v. 8. März 1990, III ZR 141/88, NJW 1990, 3195, 3196; Erman /Hagen/A. Lorenz, BGB, 10. Aufl., § 906 Rdn. 39). Aber wegen seiner Subsidiarität gleicht er nur solche Beeinträchtigungen aus, für die der betroffene Eigentümer keinen anderweitigen Ersatz erlangen kann. An dieser Voraussetzung fehlt es hier; die Klägerin kann - wie vorstehend ausgeführt - von dem Beklagten die Kosten für die Beseitigung der Baumwurzel und die Wiederherstellung des Weges verlangen. Daß darüber hinausgehende, durch das Hinüberwachsen der Baumwurzel verursachte Kosten entstanden sind, ist weder dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

IV.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEIL-VERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
V ZR 98/03 Verkündet am:
12. Dezember 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Störer kann nicht nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden,
wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet
, sondern auch, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise
aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können.
BGH, Teil-Vers.- und Schlußurt. v. 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03 - LG Kassel
AG Kassel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 6. März 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 21. November 2001 abgeändert, soweit diese Urteile zum Nachteil der Klägerin ergangen sind.
Über die bereits erfolgte Verurteilung hinaus wird die Beklagte zu 2 verurteilt, den auf dem Grundstück K. straße 3 in K. an der westlichen Grundstücksgrenze im Abstand von ca. 2,75 m zur nördlichen Grundstücksgrenze unmittelbar neben der Garage des Grundstücks H. straße 18 in K. stehenden Nadelbaum zu entfernen.
Die Revisionen der Beklagten werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen die Beklagte zu 1 zu 5/8 und die Beklagte zu 2 zu 3/8; die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte zu 1 zu 6/11 und die Beklagte zu 2 zu 5/11.

Das Urteil ist im Hauptausspruch und hinsichtlich 1/6 der von der Beklagten zu 2 zu tragenden Kosten vorläufig vollstreck- bar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks in K. . Das benachbarte Grundstück stand zunächst im Eigentum der Beklagten zu 1; seit dem 25. Oktober 2000 ist die Beklagte zu 2 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine 17,5 m hohe Rotfichte. Von der Stammmitte aus gemessen ist der Baum 0,75 m von der Außenwand einer Garage entfernt, die auf dem Grundstück der Klägerin entlang der Grenze errichtet ist.
An der grenzseitigen Garagenwand sowie an einer neben der Garagenzufahrt verlaufenden Stützmauer zu dem höher gelegenen Nachbargrundstück bildeten sich Risse. Deren Ursache sieht die Klägerin in dem Wurzelwerk der Fichte auf dem Nachbargrundstück. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie beide Beklagten in erster Linie auf Entfernung dieses Baumes und hilfsweise auf geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch den Baum und dessen Wurzeln in Anspruch. Daneben hat sie von der Beklagten zu 1 die Zahlung von 2.000 DM sowie gegenüber beiden Beklagten die Feststellung von deren Verpflichtung zu Schadensersatz verlangt. Das Amtsgericht hat die
Beklagte zu 1 zur Beseitigung der Rotfichte und Durchtrennung der im Boden verbleibenden Wurzeln verurteilt; es hat ferner dem Zahlungsantrag und - hinsichtlich der Verzugsschäden - dem Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 1 stattgegeben. Die Beklagte zu 2 hat das Amtsgericht nur auf den Hilfsantrag zu geeigneten Maßnahmen der Schadensverhinderung verurteilt und ferner deren Ersatzpflicht für Schäden seit ihrem Eigentumserwerb festgestellt. Gegen dieses Urteil haben beide Beklagte mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung sowie die Klägerin mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag jeweils ohne Erfolg Berufung eingelegt. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Entfernung der Fichte. Die von den Beklagten eingelegten Revisionen sind nicht begründet worden.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 1 sei auf Grund einer Vereinbarung mit der Klägerin zur Beseitigung der Fichte und zur Zahlung von 2.000 DM verpflichtet. Da sie mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Verzug geraten sei, müsse sie außerdem den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen. Gegenüber der Beklagten zu 2 ergebe sich ein Beseitigungsanspruch der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten habe das Wurzelwerk des Baumes an der Mauer einen "Druckstempel" ausgebildet, der sich bei Einwirkung von Windenergien auf den Baum gegen die Garagenwand presse. Der Beseitigungsanspruch sei weder durch die Aus-
schlußfristen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes gehindert noch gemäß § 195 BGB a.F. verjährt. Hinsichtlich Art und Weise der Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung habe die Beklagte zu 2 allerdings ein Wahlrecht. Ihre Verpflichtung dürfe nicht auf die Beseitigung des Baumes verengt werden, weil dies nicht die einzige insoweit in Betracht kommende Möglichkeit sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen reiche es etwa aus, den Baum auf hälftiger Höhe zu kappen und in der Folgezeit für einen Rückschnitt zu sorgen, oder auch den Baum mit statisch gesichertem und stabilem Material zu umbauen.
Dies hält den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand.

II.


Die Revisionen der Beklagten sind unzulässig, weil beide die erforderliche Begründung ihrer Rechtsmittel (§ 551 ZPO) versäumt haben. Hingegen ist die Revision der Klägerin zulässig und begründet.
1. Die Statthaftigkeit der Revision der Klägerin scheitert nicht an der fehlenden Zulassung des Rechtsmittels für diese Partei (§ 543 Abs. 1 ZPO). Zwar hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die Beklagten beschränken können, nachdem es die von ihm als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfragen der Verjährung und des Fristablaufs nach dem Hessischen Nachbarrechtsgesetz ausschließlich zu deren Ungunsten entschieden hat (vgl. BGHZ 7, 62, 63; 130, 50, 59; MünchKomm-ZPO/Wenzel, Aktualisierungsband, § 543 Rdn. 33). Es hat jedoch in den Tenor eine solche Beschränkung nicht aufgenommen. Auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, die
für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision ebenfalls heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 8. März 1995, VIII ZR 156/94, NJW 1995, 1481, 1482; Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486), ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung der Revision nicht mit der gebotenen Deutlichkeit (vgl. Senat, Urt. v. 11. Juli 2003, V ZR 430/02, Umdruck S. 7 f, insoweit in ZOV 2003, 310 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 7. Juli 1983, III ZR 119/82, NJW 1984, 615).
2. In der Sache selbst bejaht das Berufungsgericht zu Recht einen Abwehranspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. Dieser ergibt sich allerdings nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern als Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nicht beizutreten ist zudem der Auffassung des Berufungsgerichts, mit dem Abwehranspruch könne im vorliegenden Fall nicht die Entfernung der Fichte verlangt werden.

a) Eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin steht im vorliegenden Fall wegen der eingetretenen Substanzverletzung außer Frage (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 68). Nach den rechtsfehlerfreien - und von der Klägerin als ihr günstig hingenommenen - Feststellungen des Berufungsgerichts führte das Wurzelwerk der Fichte zu Druckschäden an der Mauer der Garage auf dem Grundstück der Klägerin. Die bereits eingetretenen Schäden am Mauerwerk begründen allerdings nicht die - für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche - Gegenwärtigkeit der Einwirkung. Es handelt sich hierbei vielmehr um die Folgen aus dem störenden Eingriff in das Grundeigentum der Klägerin, deren Beseitigung ausschließlich im Wege des Schadensersatzes verlangt werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Demgemäß zielt der geltend gemachte Ab-
wehranspruch auch auf die Ursache der Eigentumsbeeinträchtigung, die nach den getroffenen Feststellungen in dem über die Wurzeln abgeleiteten Winddruck auf den Stamm des Baumes zu sehen ist. Insoweit geht es der Klägerin darum, künftige weitere Störungen ihres Eigentums in Gestalt zusätzlicher Schäden am Mauerwerk abzuwenden. Hierfür gibt das Gesetz den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hingegen erstrebt die Klägerin nicht die Beseitigung von Baumwurzeln, die von dem Grundstück der Beklagten zu 2 her eindringen (vgl. dazu Senat, BGHZ 135, 235, 238 - Tennisplatz /Pappelwurzel; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung vorgesehen - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Folgerichtig hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wurzeln der Fichte über die Grenze hinweg in das Grundstück der Klägerin gewachsen sind.
Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sind erfüllt. Insbesondere spricht angesichts des bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriffs eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 1986, VI ZR 169/85, NJW 1986, 2503, 2505).

b) Der Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte zu 2 als Störerin. Insoweit ist unerheblich, daß sie den Baum nicht selbst angepflanzt, sondern das Grundstück bereits mit dem Baumbewuchs erworben hat, der eine weitere Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin besorgen läßt. Auch Störungen , die allein auf natürlichen Vorgängen beruhen - wie hier der Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand - können dem Grundstückseigentümer zurechenbar sein. So muß der Grundstückseigentümer z.B. dafür Sorge tragen,
daß Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen und die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigen. Das ergibt sich aus § 910 BGB (Senat, Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dringen die Wurzeln dagegen nicht in das Nachbargrundstück ein, üben sie jedoch unter dem Einfluß von Wind als zusätzlichem Naturereignis auf Grund der Hebelwirkung des Baumes einen das Nachbargrundstück schädigenden Druck aus, so kommt es nach der neueren Rechtsprechung des Senats darauf an, ob den Eigentümer des störenden Grundstücks eine "Sicherungspflicht" trifft (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 12, zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen - Kiefernadeln; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei u.a. entscheidend ist, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft der Beklagten zu 2 allein schon deswegen zu bejahen, weil sie den im Streit befindlichen Baum unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zum Grenzabstand (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) unterhält (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 - Kiefernadeln; zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen ).

c) Aus § 907 Abs. 2 BGB folgt kein Hindernis für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vorschrift nimmt Bäume und Sträucher von dem Anwendungsbereich des § 907 Abs. 1 BGB aus (vgl. Senat, Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, aaO). Betrifft sie danach lediglich den speziellen Abwehranspruch nach § 907 Abs. 1 BGB, so kann der
Regelung nichts für den hier entscheidenden allgemeinen Abwehranspruch aus § 1004 BGB entnommen werden.

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Verjährung des Unterlassungsanspruchs verneint. Hierfür ist zunächst das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung maßgebend, die vor dem 1. Januar 2002 galt (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterfielen dabei die Abwehransprüche aus § 1004 BGB der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. (Senat, BGHZ 60, 235, 238; BGHZ 125, 56, 63; Senat, Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM § 1004 BGB Nr. 156 jeweils für den Beseitigungsanspruch; Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556, insoweit in BGHZ 112, 1 nicht abgedruckt , für den Unterlassungsanspruch). Entscheidend für den Beginn dieser Verjährung ist entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 nicht etwa der Zeitpunkt der Anpflanzung, sondern gemäß § 198 BGB a.F. der Zeitpunkt der Entstehung des Unterlassungsanspruchs (Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, aaO). Das Berufungsgericht hat hierfür zutreffend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Mauerwerksschäden zu Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts abgestellt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2000 war mithin noch keine Verjährung eingetreten, so daß mit der Rechtshängigkeit die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen wurde. Seit dem 1. Januar 2002 ist an die Stelle der Unterbrechung die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. getreten (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB). Es führt hier im übrigen zu keinem anderen Ergebnis, wenn mit der Gegenauffassung eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs, weil dieser nur künftige Beeinträchtigungen abwenden solle, schlechthin (so etwa Staudinger /Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 218; MünchKomm-BGB/Medicus,
3. Aufl., § 1004 Rdn. 83 jeweils m.w.N.) oder mit Blick auf § 902 Abs. 1 BGB nur für Ansprüche aus dem Grundeigentum (so etwa LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338; Picker, JuS 1974, 357, 358 f) verneint wird.

e) Zur Erfüllung ihrer mithin zu bejahenden Unterlassungsverpflichtung schuldet die Beklagte zu 2 unter den gegeben Umständen die Entfernung der Rotfichte. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei lediglich verpflichtet, "geeignete Maßnahmen" vorzunehmen, um eine Beschädigung der Garagenwand durch das Wurzelwerk des Baumes zu verhindern.
aa) Ihrer Verurteilung zur Entfernung des Baumes steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 2 (lediglich) eine Unterlassungspflicht trifft. Läßt sich nämlich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, so schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun (Staudinger/Gursky, aaO, § 1004 Rdn. 204). Dabei geht das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht davon aus, daß der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, auf welchem Weg er die bevorstehende Eigentumsbeeinträchtigung abwendet (Senat, BGHZ 120, 239, 248; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, NJW 1983, 751, 752; vgl. auch Senat, BGHZ 111, 63, 72; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, NJW 1984, 1242, 1243). Dies hat seinen Grund in der Überlegung, daß die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seines Eigentums erfordert (Senat, BGHZ 67, 252, 253). Der Urteilsausspruch kann daher in der Regel nur allgemein auf Unterlassung von
Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, aaO).
bb) Folgerichtig steht aber einer Verurteilung zu einer konkreten Maßnahme dann nichts im Wege, wenn nur sie den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet (vgl. Senat, BGHZ 67, 252, 254; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, aaO). Nichts anderes kann gelten, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (so wohl auch MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 86). In dieser Lage fehlt es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Störers, zwischen verschiedenen Abhilfemaßnahmen wählen zu können. Das Beharren auf einer solchen nur formalen Position ohne materiellen Gehalt läßt die Rechtsordnung nicht zu (vgl. Senat, BGHZ 105, 154, 158; BGHZ 100, 95, 105 jeweils zu § 242 BGB).
cc) Im vorliegenden Fall fehlt der Beklagten zu 2 nach vernünftigen Maßstäben das Interesse an anderen Abhilfemaßnahmen als dem Entfernen des Baumes. Zwar kommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwei weitere Möglichkeiten in Betracht, um den Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand zu verhindern. Dabei legt aber das Berufungsgericht selbst dem zuerst erwogenen Kappen des Baumes auf hälftiger Höhe "verheerende Folgen" bei. Es wäre nicht nur das Erscheinungsbild des Baumes unwiederbringlich zerstört, die Beklagte zu 2 müßte vielmehr mit dem Absterben des Baumes binnen weniger Jahre rechnen. Sie müßte zudem ein erneutes Wachsen des Baumes durch wiederholten Rückschnitt verhindern. Ein nachvollziehbarer Vorteil gegenüber einer Fällung der Fichte ist hiernach nicht zu erkennen. Dies gilt erst recht für die zweite vom Berufungsgericht festgestellte Alter-
native der "Umbauung des Baumes mit einem statisch gesicherten und stabilen Material." Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht, daß eine solche Maßnahme für die Beklagte zu 2 "wirtschaftlich und/oder ästhetisch … unsinnig" sein mag. Für ein gleichwohl vorhandenes vernünftiges Interesse der Beklagten zu 2 am Erhalt der Fichte in umbautem Zustand fehlt jeder Hinweis.
dd) Einer Verurteilung zur Beseitigung des Baumes auf Grund eines Unterlassungsanspruchs stehen die Regelungen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes (HNRG) nicht entgegen, obwohl nach der - für den Senat insoweit bindenden (§§ 560, 545 Abs. 1 ZPO) - Entscheidung des Berufungsgerichts der Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 1 HNRG einen Beseitigungsanspruch der Klägerin wegen des nicht eingehaltenen Grenzabstandes von 2 m (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) ausschließt. Eine solche landesgesetzliche Regelung kann - wie Art. 124 EGBGB zeigt - das Grundstückseigentum zugunsten des Nachbarn weitergehenden Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt dem Nachbarn Rechte nehmen, die sich für ihn aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergeben (vgl. Staudinger/Albrecht [1997], Art. 124 EGBGB Rdn. 8; MünchKomm -BGB/Säcker, 3. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1). Vorliegend gewährt das Landesrecht einen Anspruch auf Entfernung des Baumes allein schon deswegen, weil der maßgebende Grenzabstand nicht eingehalten ist. Daneben besteht ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der von zusätzlichen Voraussetzungen , insbesondere einer zu besorgenden weiteren Eigentumsbeeinträchtigung abhängig ist. Der Ausschluß des für den Nachbarn vorteilhafteren landesrechtlichen Anspruchs bleibt mithin auf seinen Anwendungsfall beschränkt und läßt einen konkurrierenden - nur unter strengeren Voraussetzungen begründeten - Anspruch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch unberührt.
Insbesondere ändert die Verwirklichung des Ausschlußtatbestandes des § 43 Abs. 1 HNRG nichts an der Störereigenschaft der Beklagten zu 2 (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 14 - Kiefernadeln) und steht Abwehransprüchen aus § 1004 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn sich die nicht zu duldenden Einwirkungen aus dem weiteren Wachstum des Baumes ergeben (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 7 - Kiefernadeln).
3. Das Berufungsurteil hat demnach keinen Bestand, soweit es die Abweisung des in erster Linie verfolgten Antrags auf Entfernung des Baumes bestätigt (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO.
Soweit die Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, war sie nach § 708 Nr. 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 83/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 31. März 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung in der Sache unter dem Vorbehalt der Erteilung einer erforderlichen behördlichen Genehmigung steht.
Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind seit März 1998 Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen in einem Abstand von 40 cm von der Grenze entfernt entlang der Grundstücksauffahrt der Kläger 13 Linden, welche vor
über 100 bzw. über 70 Jahren gepflanzt wurden. Zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten war vereinbart, daß die Linden alle fünf Jahre geschnitten werden sollten, so daß sie als sogenannte Kopflinden ausgebildet wurden. Der letzte Rückschnitt erfolgte 1987 oder 1990. Seitdem haben sich an den Bäumen zahlreiche über die Grundstücksgrenze gewachsene und in den Luftraum über dem Grundstück der Kläger hineinragende Stämmlinge gebildet, deren Laub auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fällt und dort, insbesondere bei Nässe, zur Rutschgefahr führt. Außerdem tropft bei Regen Wasser von den überhängenden Lindenzweigen auf die Auffahrt und gefriert dort im Winter.
Weiter steht auf dem Grundstück der Beklagten eine Buche, deren Zweige ebenfalls über die Grundstücksgrenze gewachsen sind.
Die Linden und die Buche stehen unter Bestandsschutz nach Maßgabe der Vorschriften der Verordnung zum Schutz des Baumbestandes und der Hecken in der Freien und Hansestadt Hamburg (Baumschutzverordnung) vom 17. September 1948 (HmbBL I 791-i).
Die Kläger haben von den Beklagten in erster Linie die Vornahme geeigneter Maßnahmen verlangt, durch welche die von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen beseitigt und spätere Beeinträchtigungen verhindert werden, insbesondere die Gefahr des Ausrutschens auf nassem Laub und gefrorenem Wasser sowie des Auseinanderbrechens der Bäume, die Störung des Satellitenfernsehempfangs und die Unbefahrbarkeit der Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen. Hilfsweise haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme eines Beschnitts der Bäume dergestalt beantragt,
daß die Linden eine Hand breit oberhalb des letzten Schnitts gekappt und die Äste der Buche fachgerecht eingekürzt werden.
Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Linden geeignete Maßnahmen vorzunehmen, durch die verhindert wird, daß Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fallen, und die das Wohnhaus der Kläger berührenden Äste der Buche fachgerecht einzukürzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Durchsetzung ihrer Klage weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den von den Klägern gestellten Hauptantrag wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit für unzulässig. Zwar könne der Störer selbst entscheiden, in welcher Weise er die Beseitigung und Unterlassung der Störung herbeiführen wolle; aber der Klageantrag müsse die zu beseitigenden Beeinträchtigungen so konkret beschreiben, daß ein darauf beruhender Titel vollstreckungsfähig sei. Diesen Anforderungen genüge der Hauptantrag nicht.
Weiter meint das Berufungsgericht, der Hauptantrag sei auch unbegründet. Eine Verpflichtung der Beklagten, die von den Klägern geforderten
Maßnahmen zu ergreifen, lasse sich nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten; denn die Vereinbarung zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten über den Beschnitt der Linden binde die Beklagten nicht. Auch aus § 1004 Abs. 1 BGB ergebe sich für die Kläger kein Anspruch. Die Beklagten seien zwar Störer im Sinne der Vorschrift. Aber eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger durch Tropfwasser lasse sich nicht feststellen, weil es sich dabei nicht um eine Immission der Linden handele. Etwas anderes gelte für den Laubfall von den überhängenden Ästen und Zweigen; die dadurch hervorger ufenen Beeinträchtigungen müßten die Kläger nicht hinnehmen. Ihrem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch stehe jedoch die Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB entgegen. Die Beklagten seien durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung gehindert, an den Linden die mit der Klage verlangten Maßnahmen durchzuführen, weil diese nicht genehmigungsfähig seien.
Den Hilfsantrag sieht das Berufungsgericht als zulässig an. Es hält ihn jedoch aus denselben Gründen wie den Hauptantrag für unbegründet.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von den Klägern gestellten Hauptantrag abgewiesen, soweit er überhaupt Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
1. Die Beklagten sind durch das Urteil des Amtsgerichts nur insoweit beschwert, als sie zur Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch die das Abfallen von Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger verhindert wird, und zum fachgerechten Einkürzen der das Wohnhaus der Kläger berührenden Buchenzweige, verurteilt worden sind. Nur das konnten sie mit ihrer Berufung auch angreifen. Die von den Klägern darüber hinausgehend verlangten Maßnahmen zur Verhinderung der Gefahr des Auseinanderbrechens der an der Grenze stehenden Bäume, der Störung des Satellitenempfangs , der Unbefahrbarkeit ihrer Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen und das Kappen der Linden sind mangels einer Anschlußberufung der Kläger nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Weiter folgt aus den erstinstanzlichen Feststellungen, daß das auf die Auffahrt fallende Laub und Tropfwasser von den herüberhängenden Zweigen der Linden herrührt. Von anderen Baumbestandteilen ausgehende Beeinträchtigungen durch Laubund Tropfwasserfall haben die Kläger nicht vorgetragen. Damit war Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur das Verlangen der Kläger, den Laubund Tropfenfall von den über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweigen der Linden und das Berühren ihres Wohnhauses durch die Zweige der Buche zu verhindern.
2. Der Hauptantrag ist zulässig, denn er entspricht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Zwar muß die Leistungsklage mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung und die Zwangsvollstreckung ein genaues tatsächliches Vorbringen darüber enthalten, welche konkrete Leistung von dem Beklagten gefordert wird. Der Klageantrag muß so bestimmt sein, daß der Beklagte sein Prozeßrisiko
erkennen und sich demgemäß verteidigen kann. Nur ein in diesem Sinn konkretisiertes Klageziel ist für den Beklagten eine ausreichende Grundlage der Prüfung, ob der Klageanspruch anerkannt werden soll (Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 - Abschachtung).

b) Bei der Abwehr von Immissionen ist aber eine andere Beurteilung erforderlich. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß in diesem Bereich Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art zu unterlassen , zulässig sind (siehe nur BGHZ 67, 252, 253 - Schweinemästerei; 121, 248, 251 - Jugendzeltplatz; 140, 1, 3 - Schweinemästerei). Aus der Natur des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 BGB folgt, daß es dem Beklagten überlassen ist, wie er die Störung beseitigen will; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Senat, BGHZ 67, aaO.; Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, aaO.; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177 - Tennisplatzlärm). § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert dementsprechend nicht die Angabe, welche konkreten Maßnahmen der Beklagte zur Beseitigung einer Beeinträchtigung ergreifen soll, sondern nur die bestimmte Bezeichnung der Beeinträchtigung.

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der von den Klägern gestellte Hauptantrag hinreichend bestimmt. Mit ihm verlangen sie von den Beklagten die Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch welche im einzelnen benannte Beeinträchtigungen des Grundstücks beseitigt und verhindert werden sollen.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein Anspruch der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ausscheidet.


a) Die Vereinbarung der Kläger mit der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten hinsichtlich des regelmäßigen Beschnitts der Linden ist - im Gegensatz zu der Auffassung des Berufungsgerichts - in diesem Zusammenhang ohne Belang.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1351 m.w.N. [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden.

c) Die Folgen des unterbliebenen Beschnitts der Bäume rechtfertigen keine Abweichung von den hier anwendbaren nachbarrechtlichen Sonderregelungen der §§ 906, 910 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach können die Kläger von den Beklagten sowohl die Beseitigung von Beeinträchtigungen durch die über die Grundstücksgrenze herüberragenden Zweige als auch das Abschneiden dieser Zweige verlangen. Daß die Kläger darüber hinaus durch das nicht grenzüberschreitende Wachstum der Bäume in erheblicher Weise Beeinträchtigungen ausgesetzt wären, haben sie nicht vorgetragen.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Abwehranspruch der Kläger nach § 1004 Abs. 1 BGB verneint; es hat zu Unrecht eine Duldungspflicht der Beklagten nach Abs. 2 der Vorschrift angenommen.

a) Die Beklagten sind Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil sie es zugelassen haben, daß Zweige der Linden und der Buche über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen konnten und zu den benannten Beeinträchtigungen geführt haben. Denn nach § 910 Abs. 1 und 2 BGB hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß überhängende Zweige von Bäumen den Nachbarn nicht beeinträchtigen.

b) Die Störereigenschaft der Beklagten entfällt nicht deshalb, weil sie durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung rechtlich gehindert sind, die von den Klägern erstrebten Maßnahmen zu ergreifen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 239, 254 - Froschlärm) stellen naturschutzrechtliche Verbote die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht in Frage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann. Ob das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte selbständig prüfen. Ergibt die Prüfung, daß eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot, bestimmte Maßnahmen durchzuführen, nicht besteht, scheidet eine Verurteilung zur Beseitigung und Unterlassung aus. Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht, muß in den Tenor einer eventuellen Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden, auch wenn das nicht in dem Klageantrag enthalten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 246 ff.). Somit muß hier
geprüft werden, ob für die von den Klägern beanspruchten Maßnahmen, die nach § 2 der Baumschutzverordnung grundsätzlich verboten sind, eine Ausnahme nach § 4 zugelassen werden kann.
bb) Die Feststellung des Berufungsgerichts, es stehe fest, daß der von den Klägern beanspruchte Eingriff nicht genehmigungsfähig sei, ist von dem Revisionsgericht nach §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Geltungsbereich der Baumschutzverordnung sich nicht über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, ist ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Jedoch rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Auslegungstatsachen verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Zum einen nimmt es an, daß dem Hauptantrag der Kläger auch unter Einbeziehung ihres Sachvortrags nicht entnommen werden könne, welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Störungen für erforderlich hielten. Zum anderen geht es davon aus, daß ein genehmigungsfähiger Rückschnitt der Linden nicht dem entspreche, was die Kläger mit ihrem Hauptantrag durchsetzen wollten. Auch hat das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger zu den Maßnahmen, die nach ihrer Auffassung genehmigungsfähig sind, und ihren zweitinstanzlichen Vortrag zu solchen genehmigungsfähigen Maßnahmen, die sie von den Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen verlangt haben, nicht berücksichtigt. Schließlich hat es die Feststellung der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Kürzens der Buchenäste ausschließlich mit dem verbotenen Kappen von Bäumen begründet. Dabei hat es übersehen, daß die Kläger das Kappen der Buche nicht verlangt haben. Damit fehlt der Feststellung, die von den Klägern verlangten Maßnahmen seien nicht genehmigungsfähig, jede Grundlage. Das läßt die Bindung des Revisionsgerichts an die Feststellung des Berufungsgerichts ent-
fallen (vgl. BGHZ 118, 151, 162). Damit ist die Frage der Zulässigkeit der von den Klägern beanspruchten Maßnahmen offen.
cc) Der Senat kann die Prüfung, ob die Maßnahmen zulässig sind, selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten und auch nicht notwendig sind. Sie führt zu dem Ergebnis, daß wenigstens die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige der Linden und der Buche beseitigt werden dürfen.
(1) Die Bäume stehen unter Bestandsschutz. Nach § 1 der Baumschutzverordnung , die nunmehr gemäß § 56 Abs. 4 des Hamburgischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (HmbNatSchG) vom 7. August 2001 (GVBl. 281) als aufgrund der §§ 15 und 20 dieses Gesetzes erlassen gilt, sind zur Pflege und zum Wiederaufbau des Stadt- und Landschaftsbildes im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg alle Bäume und Hecken dem Schutz des Naturschutzgesetzes unterstellt. Nach § 2 ist es verboten, Bäume oder Teile von ihnen zu entfernen, zu beschädigen oder sonstwie in ihrer Wirkung als Zierde und Belebung des Landschaftsbildes zu beeinträchtigen. Die Naturschutzbehörde kann allerdings Ausnahmen davon zulassen, soweit sie nicht dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen (§ 4). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen hier vor.
(2) Der Zweck der Baumschutzverordnung ergibt sich zum einen aus § 1. Dabei steht heute - anders als wohl noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung - die Pflege des Stadt- und Landschaftsbildes im Vordergrund. Diesem Zweck widerspricht das Beschneiden der Bäume dergestalt, daß die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige beseitigt werden,
nicht. Denn sogar ein darüber hinausgehendes regelmäßiges Beschneiden der sich auf dem Grundstück der Beklagten haltenden Zweige und der Baumkronen ist nach dem von den Beklagten in den Prozeß eingeführten Privatgutachten eine notwendige Pflegemaßnahmen. Demgemäß hat auch ein Vertreter der Naturschutzbehörde bei der erstinstanzlichen Augenscheineinnahme zu erkennen gegeben, daß ein Beschneiden der Bäume entsprechend den in dem Gutachten enthaltenen Vorschlägen genehmigungsfähig sei. Zum anderen erschließt sich der Zweck der Baumschutzverordnung auch aus den §§ 15 und 20 HmbNatSchG. Danach sind die Bäume zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt, weil ihr besonderer Schutz zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, insbesondere wegen ihrer Bedeutung für die Schaffung, Erhaltung oder Entwicklung von Biotopverbundsystemen, erforderlich ist. Diese Schutzzwecke werden durch die Beseitigung der über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweige nicht beeinträchtigt, weil die Bäume als solche erhalten bleiben und ihre vielfältigen Funktionen als natürlicher Bestandteil der Umwelt innerhalb eines großstädtischen Wohngebiets nicht verlieren. Insbesondere dient das Beschneiden der Bäume auch der Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, wie die von den Klägern zu den Gerichtsakten gereichten Fotografien, die den Zustand der Bäume zeigen, anschaulich verdeutlichen.

c) Der geltend gemachte Anspruch ist nicht nach § 910 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wonach dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zusteht, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung
des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Diese Vorschrift gilt auch für den Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1352 [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln). Hier ist jedoch verfahrensrechtlich davon auszugehen , daß die Zweige der Linden die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie dort zu einer erhöhten Rutschgefahr führen und damit die Sicherheit der Benutzer der Grundstücksauffahrt gefährden. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese Behauptung der Kläger zu bestreiten und zu beweisen, daß keine Beeinträchtigung vorliegt. Denn wenn - wie hier - der durch herüberragende Zweige eines Baumes oder Strauches beeinträchtigte Grundstückseigentümer nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeht, sondern den selbständig danebenstehenden Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; Urteil v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156) geltend macht, trägt der Nachbar - wie im Anwendungsbereich des § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB - die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von den herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, aaO). Die Beklagten haben jedoch keinen Beweis angetreten.
Ebenfalls ist verfahrensrechtlich davon auszugehen, daß auch die Buchenzweige, welche über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen sind, die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie ihr Wohnhaus berühren. Nachdem das Amtsgericht die Beklagten zum Kürzen solcher Zweige verurteilt hatte und die Kläger in der Berufungsinstanz als einzige von der Buche ausgehende Beeinträchtigung das Berühren des Wohnhauses behauptet haben, hätten die Beklagten darlegen und beweisen müssen, daß diese Beeinträchtigung nicht vorliegt. Sie haben sich jedoch - ohne Beweis anzu-
treten - auf das einfache Bestreiten des Vortrags der Klägerin beschränkt. Das reichte nicht aus.

d) Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB erfüllt; eine Duldungspflicht der Kläger nach Absatz 2 der Vorschrift besteht nicht. Da jedoch nicht die Zivilgerichte, sondern nur die zuständige Behörde Ausnahmen von dem generellen Verbot des Beschneidens der Bäume zulassen kann, ist es notwendig, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten und zur Klarstellung den Vorbehalt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung in das Urteil aufzunehmen. Daß die Kläger ihn nicht in ihren Klageantrag aufgenommen haben, ist unschädlich , denn die Einschränkung stellt sich nur als ein formell notwendiges Weniger gegenüber dem Klageantrag dar, sie gibt den Klägern aber nicht etwas anderes, als sie beantragt haben, § 308 ZPO (Senat, BGHZ 120, 239, 247 f.).
5. Für den Fall, daß eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird, kommt ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch der Kläger gegen die Beklagten in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht , weil sie aus öffentlich-rechtlichen Gründen an der Durchsetzung ihres an sich bestehenden Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB gehindert wären (vgl. Senat, Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03, Umdruck S. 9 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen] - Teilrodung). Dem stünde nicht in jedem Fall entgegen, daß es den Beklagten nicht erlaubt wäre, die Störungen zu beseitigen. Denn wenn die Erteilung der Ausnahmegenehmigung daran scheiterte , daß die mit der Klage verlangten Maßnahmen jetzt dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen, weil die Beklagten bisher pflichtwidrig das
ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen haben, wäre das ein Fall des unzulässigen Betreibens von Naturschutz auf Kosten des Nachbarn.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 83/04 Verkündet am:
26. November 2004
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 18, vom 31. März 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 7. Mai 2002 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Verurteilung in der Sache unter dem Vorbehalt der Erteilung einer erforderlichen behördlichen Genehmigung steht.
Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien sind seit März 1998 Grundstücksnachbarn. Auf dem Grundstück der Beklagten stehen in einem Abstand von 40 cm von der Grenze entfernt entlang der Grundstücksauffahrt der Kläger 13 Linden, welche vor
über 100 bzw. über 70 Jahren gepflanzt wurden. Zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten war vereinbart, daß die Linden alle fünf Jahre geschnitten werden sollten, so daß sie als sogenannte Kopflinden ausgebildet wurden. Der letzte Rückschnitt erfolgte 1987 oder 1990. Seitdem haben sich an den Bäumen zahlreiche über die Grundstücksgrenze gewachsene und in den Luftraum über dem Grundstück der Kläger hineinragende Stämmlinge gebildet, deren Laub auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fällt und dort, insbesondere bei Nässe, zur Rutschgefahr führt. Außerdem tropft bei Regen Wasser von den überhängenden Lindenzweigen auf die Auffahrt und gefriert dort im Winter.
Weiter steht auf dem Grundstück der Beklagten eine Buche, deren Zweige ebenfalls über die Grundstücksgrenze gewachsen sind.
Die Linden und die Buche stehen unter Bestandsschutz nach Maßgabe der Vorschriften der Verordnung zum Schutz des Baumbestandes und der Hecken in der Freien und Hansestadt Hamburg (Baumschutzverordnung) vom 17. September 1948 (HmbBL I 791-i).
Die Kläger haben von den Beklagten in erster Linie die Vornahme geeigneter Maßnahmen verlangt, durch welche die von den Bäumen ausgehenden Beeinträchtigungen beseitigt und spätere Beeinträchtigungen verhindert werden, insbesondere die Gefahr des Ausrutschens auf nassem Laub und gefrorenem Wasser sowie des Auseinanderbrechens der Bäume, die Störung des Satellitenfernsehempfangs und die Unbefahrbarkeit der Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen. Hilfsweise haben die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Vornahme eines Beschnitts der Bäume dergestalt beantragt,
daß die Linden eine Hand breit oberhalb des letzten Schnitts gekappt und die Äste der Buche fachgerecht eingekürzt werden.
Das Amtsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Linden geeignete Maßnahmen vorzunehmen, durch die verhindert wird, daß Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger fallen, und die das Wohnhaus der Kläger berührenden Äste der Buche fachgerecht einzukürzen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger die Durchsetzung ihrer Klage weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den von den Klägern gestellten Hauptantrag wegen fehlender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit für unzulässig. Zwar könne der Störer selbst entscheiden, in welcher Weise er die Beseitigung und Unterlassung der Störung herbeiführen wolle; aber der Klageantrag müsse die zu beseitigenden Beeinträchtigungen so konkret beschreiben, daß ein darauf beruhender Titel vollstreckungsfähig sei. Diesen Anforderungen genüge der Hauptantrag nicht.
Weiter meint das Berufungsgericht, der Hauptantrag sei auch unbegründet. Eine Verpflichtung der Beklagten, die von den Klägern geforderten
Maßnahmen zu ergreifen, lasse sich nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis herleiten; denn die Vereinbarung zwischen den Klägern und der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten über den Beschnitt der Linden binde die Beklagten nicht. Auch aus § 1004 Abs. 1 BGB ergebe sich für die Kläger kein Anspruch. Die Beklagten seien zwar Störer im Sinne der Vorschrift. Aber eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Eigentums der Kläger durch Tropfwasser lasse sich nicht feststellen, weil es sich dabei nicht um eine Immission der Linden handele. Etwas anderes gelte für den Laubfall von den überhängenden Ästen und Zweigen; die dadurch hervorger ufenen Beeinträchtigungen müßten die Kläger nicht hinnehmen. Ihrem Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch stehe jedoch die Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB entgegen. Die Beklagten seien durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung gehindert, an den Linden die mit der Klage verlangten Maßnahmen durchzuführen, weil diese nicht genehmigungsfähig seien.
Den Hilfsantrag sieht das Berufungsgericht als zulässig an. Es hält ihn jedoch aus denselben Gründen wie den Hauptantrag für unbegründet.
Das hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II.


Zu Unrecht hat das Berufungsgericht den von den Klägern gestellten Hauptantrag abgewiesen, soweit er überhaupt Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
1. Die Beklagten sind durch das Urteil des Amtsgerichts nur insoweit beschwert, als sie zur Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch die das Abfallen von Laub und Tropfwasser auf die Grundstücksauffahrt der Kläger verhindert wird, und zum fachgerechten Einkürzen der das Wohnhaus der Kläger berührenden Buchenzweige, verurteilt worden sind. Nur das konnten sie mit ihrer Berufung auch angreifen. Die von den Klägern darüber hinausgehend verlangten Maßnahmen zur Verhinderung der Gefahr des Auseinanderbrechens der an der Grenze stehenden Bäume, der Störung des Satellitenempfangs , der Unbefahrbarkeit ihrer Grundstücksauffahrt mit größeren Fahrzeugen und das Kappen der Linden sind mangels einer Anschlußberufung der Kläger nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Weiter folgt aus den erstinstanzlichen Feststellungen, daß das auf die Auffahrt fallende Laub und Tropfwasser von den herüberhängenden Zweigen der Linden herrührt. Von anderen Baumbestandteilen ausgehende Beeinträchtigungen durch Laubund Tropfwasserfall haben die Kläger nicht vorgetragen. Damit war Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur das Verlangen der Kläger, den Laubund Tropfenfall von den über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweigen der Linden und das Berühren ihres Wohnhauses durch die Zweige der Buche zu verhindern.
2. Der Hauptantrag ist zulässig, denn er entspricht den Bestimmtheitsanforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

a) Zwar muß die Leistungsklage mit Rücksicht auf die Rechtskraftwirkung und die Zwangsvollstreckung ein genaues tatsächliches Vorbringen darüber enthalten, welche konkrete Leistung von dem Beklagten gefordert wird. Der Klageantrag muß so bestimmt sein, daß der Beklagte sein Prozeßrisiko
erkennen und sich demgemäß verteidigen kann. Nur ein in diesem Sinn konkretisiertes Klageziel ist für den Beklagten eine ausreichende Grundlage der Prüfung, ob der Klageanspruch anerkannt werden soll (Senat, Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, NJW 1978, 1584 - Abschachtung).

b) Bei der Abwehr von Immissionen ist aber eine andere Beurteilung erforderlich. Der Senat hat bereits mehrfach ausgesprochen, daß in diesem Bereich Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art zu unterlassen , zulässig sind (siehe nur BGHZ 67, 252, 253 - Schweinemästerei; 121, 248, 251 - Jugendzeltplatz; 140, 1, 3 - Schweinemästerei). Aus der Natur des Anspruchs aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 906 BGB folgt, daß es dem Beklagten überlassen ist, wie er die Störung beseitigen will; der Kläger hat keinen Anspruch auf die Vornahme einer bestimmten Maßnahme (Senat, BGHZ 67, aaO.; Urt. v. 24. Februar 1978, V ZR 95/75, aaO.; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, WM 1983, 176, 177 - Tennisplatzlärm). § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erfordert dementsprechend nicht die Angabe, welche konkreten Maßnahmen der Beklagte zur Beseitigung einer Beeinträchtigung ergreifen soll, sondern nur die bestimmte Bezeichnung der Beeinträchtigung.

c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist der von den Klägern gestellte Hauptantrag hinreichend bestimmt. Mit ihm verlangen sie von den Beklagten die Vornahme geeigneter Maßnahmen, durch welche im einzelnen benannte Beeinträchtigungen des Grundstücks beseitigt und verhindert werden sollen.
3. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein Anspruch der Kläger aus dem Gesichtspunkt der gegenseitigen Rücksichtnahme im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis ausscheidet.


a) Die Vereinbarung der Kläger mit der Voreigentümerin des Grundstücks der Beklagten hinsichtlich des regelmäßigen Beschnitts der Linden ist - im Gegensatz zu der Auffassung des Berufungsgerichts - in diesem Zusammenhang ohne Belang.

b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (siehe nur Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1351 m.w.N. [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln) haben die Rechte und Pflichten von Grundstücksnachbarn insbesondere durch die Vorschriften der §§ 905 ff. BGB und die Bestimmungen der Nachbarrechtsgesetze der Länder eine ins einzelne gehende Sonderregelung erfahren. Daneben kommt eine allgemeine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme aus dem Gesichtspunkt des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur dann zum Tragen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Ist das der Fall, kann die Ausübung gewisser aus dem Eigentum fließender Rechte ganz oder teilweise unzulässig werden.

c) Die Folgen des unterbliebenen Beschnitts der Bäume rechtfertigen keine Abweichung von den hier anwendbaren nachbarrechtlichen Sonderregelungen der §§ 906, 910 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach können die Kläger von den Beklagten sowohl die Beseitigung von Beeinträchtigungen durch die über die Grundstücksgrenze herüberragenden Zweige als auch das Abschneiden dieser Zweige verlangen. Daß die Kläger darüber hinaus durch das nicht grenzüberschreitende Wachstum der Bäume in erheblicher Weise Beeinträchtigungen ausgesetzt wären, haben sie nicht vorgetragen.

4. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Abwehranspruch der Kläger nach § 1004 Abs. 1 BGB verneint; es hat zu Unrecht eine Duldungspflicht der Beklagten nach Abs. 2 der Vorschrift angenommen.

a) Die Beklagten sind Störer i.S.v. § 1004 Abs. 1 BGB, weil sie es zugelassen haben, daß Zweige der Linden und der Buche über die Grundstücksgrenze hinüberwachsen konnten und zu den benannten Beeinträchtigungen geführt haben. Denn nach § 910 Abs. 1 und 2 BGB hat der Eigentümer dafür zu sorgen, daß überhängende Zweige von Bäumen den Nachbarn nicht beeinträchtigen.

b) Die Störereigenschaft der Beklagten entfällt nicht deshalb, weil sie durch die Vorschriften der Baumschutzverordnung rechtlich gehindert sind, die von den Klägern erstrebten Maßnahmen zu ergreifen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 239, 254 - Froschlärm) stellen naturschutzrechtliche Verbote die Störereigenschaft eines Grundstückseigentümers jedenfalls solange nicht in Frage, wie er mit Erfolg eine Ausnahmegenehmigung für die Beseitigung der Störungsquelle beantragen kann. Ob das der Fall ist, müssen die Zivilgerichte selbständig prüfen. Ergibt die Prüfung, daß eine Befreiungsmöglichkeit von dem Verbot, bestimmte Maßnahmen durchzuführen, nicht besteht, scheidet eine Verurteilung zur Beseitigung und Unterlassung aus. Wird die Befreiungsmöglichkeit dagegen bejaht, muß in den Tenor einer eventuellen Verurteilung der Vorbehalt einer Ausnahmegenehmigung aufgenommen werden, auch wenn das nicht in dem Klageantrag enthalten ist (Senat, BGHZ 120, 239, 246 ff.). Somit muß hier
geprüft werden, ob für die von den Klägern beanspruchten Maßnahmen, die nach § 2 der Baumschutzverordnung grundsätzlich verboten sind, eine Ausnahme nach § 4 zugelassen werden kann.
bb) Die Feststellung des Berufungsgerichts, es stehe fest, daß der von den Klägern beanspruchte Eingriff nicht genehmigungsfähig sei, ist von dem Revisionsgericht nach §§ 545 Abs. 1, 560 ZPO nur eingeschränkt überprüfbar. Da der Geltungsbereich der Baumschutzverordnung sich nicht über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt, ist ihre Auslegung durch das Berufungsgericht einer Prüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Jedoch rügt die Revision mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Auslegungstatsachen verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Zum einen nimmt es an, daß dem Hauptantrag der Kläger auch unter Einbeziehung ihres Sachvortrags nicht entnommen werden könne, welche Maßnahmen sie zur Beseitigung der Störungen für erforderlich hielten. Zum anderen geht es davon aus, daß ein genehmigungsfähiger Rückschnitt der Linden nicht dem entspreche, was die Kläger mit ihrem Hauptantrag durchsetzen wollten. Auch hat das Berufungsgericht den erstinstanzlichen Vortrag der Kläger zu den Maßnahmen, die nach ihrer Auffassung genehmigungsfähig sind, und ihren zweitinstanzlichen Vortrag zu solchen genehmigungsfähigen Maßnahmen, die sie von den Beklagten im Rahmen von Vergleichsverhandlungen verlangt haben, nicht berücksichtigt. Schließlich hat es die Feststellung der fehlenden Genehmigungsfähigkeit des Kürzens der Buchenäste ausschließlich mit dem verbotenen Kappen von Bäumen begründet. Dabei hat es übersehen, daß die Kläger das Kappen der Buche nicht verlangt haben. Damit fehlt der Feststellung, die von den Klägern verlangten Maßnahmen seien nicht genehmigungsfähig, jede Grundlage. Das läßt die Bindung des Revisionsgerichts an die Feststellung des Berufungsgerichts ent-
fallen (vgl. BGHZ 118, 151, 162). Damit ist die Frage der Zulässigkeit der von den Klägern beanspruchten Maßnahmen offen.
cc) Der Senat kann die Prüfung, ob die Maßnahmen zulässig sind, selbst vornehmen, weil weitere Feststellungen nicht zu erwarten und auch nicht notwendig sind. Sie führt zu dem Ergebnis, daß wenigstens die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige der Linden und der Buche beseitigt werden dürfen.
(1) Die Bäume stehen unter Bestandsschutz. Nach § 1 der Baumschutzverordnung , die nunmehr gemäß § 56 Abs. 4 des Hamburgischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (HmbNatSchG) vom 7. August 2001 (GVBl. 281) als aufgrund der §§ 15 und 20 dieses Gesetzes erlassen gilt, sind zur Pflege und zum Wiederaufbau des Stadt- und Landschaftsbildes im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg alle Bäume und Hecken dem Schutz des Naturschutzgesetzes unterstellt. Nach § 2 ist es verboten, Bäume oder Teile von ihnen zu entfernen, zu beschädigen oder sonstwie in ihrer Wirkung als Zierde und Belebung des Landschaftsbildes zu beeinträchtigen. Die Naturschutzbehörde kann allerdings Ausnahmen davon zulassen, soweit sie nicht dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen (§ 4). Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme liegen hier vor.
(2) Der Zweck der Baumschutzverordnung ergibt sich zum einen aus § 1. Dabei steht heute - anders als wohl noch im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung - die Pflege des Stadt- und Landschaftsbildes im Vordergrund. Diesem Zweck widerspricht das Beschneiden der Bäume dergestalt, daß die auf das Grundstück der Kläger herüberragenden Zweige beseitigt werden,
nicht. Denn sogar ein darüber hinausgehendes regelmäßiges Beschneiden der sich auf dem Grundstück der Beklagten haltenden Zweige und der Baumkronen ist nach dem von den Beklagten in den Prozeß eingeführten Privatgutachten eine notwendige Pflegemaßnahmen. Demgemäß hat auch ein Vertreter der Naturschutzbehörde bei der erstinstanzlichen Augenscheineinnahme zu erkennen gegeben, daß ein Beschneiden der Bäume entsprechend den in dem Gutachten enthaltenen Vorschlägen genehmigungsfähig sei. Zum anderen erschließt sich der Zweck der Baumschutzverordnung auch aus den §§ 15 und 20 HmbNatSchG. Danach sind die Bäume zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt, weil ihr besonderer Schutz zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts, zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten, insbesondere wegen ihrer Bedeutung für die Schaffung, Erhaltung oder Entwicklung von Biotopverbundsystemen, erforderlich ist. Diese Schutzzwecke werden durch die Beseitigung der über die Grundstücksgrenze gewachsenen Zweige nicht beeinträchtigt, weil die Bäume als solche erhalten bleiben und ihre vielfältigen Funktionen als natürlicher Bestandteil der Umwelt innerhalb eines großstädtischen Wohngebiets nicht verlieren. Insbesondere dient das Beschneiden der Bäume auch der Pflege des Orts- und Landschaftsbildes, wie die von den Klägern zu den Gerichtsakten gereichten Fotografien, die den Zustand der Bäume zeigen, anschaulich verdeutlichen.

c) Der geltend gemachte Anspruch ist nicht nach § 910 Abs. 2 BGB ausgeschlossen, wonach dem Grundstückseigentümer das Selbsthilferecht nach Abs. 1 nicht zusteht, wenn die herüberragenden Zweige die Benutzung
des Grundstücks nicht beeinträchtigen. Diese Vorschrift gilt auch für den Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, WM 2004, 1350, 1352 [zur Veröffentlichung in BGHZ 157, 33 vorgesehen] - Kiefernnadeln). Hier ist jedoch verfahrensrechtlich davon auszugehen , daß die Zweige der Linden die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie dort zu einer erhöhten Rutschgefahr führen und damit die Sicherheit der Benutzer der Grundstücksauffahrt gefährden. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, diese Behauptung der Kläger zu bestreiten und zu beweisen, daß keine Beeinträchtigung vorliegt. Denn wenn - wie hier - der durch herüberragende Zweige eines Baumes oder Strauches beeinträchtigte Grundstückseigentümer nicht nach § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB vorgeht, sondern den selbständig danebenstehenden Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB (Senat, BGHZ 60, 235, 241 f.; Urteil v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM BGB § 1004 Nr. 156) geltend macht, trägt der Nachbar - wie im Anwendungsbereich des § 910 Abs. 1 Satz 2 BGB - die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß von den herüberragenden Zweigen keine Beeinträchtigung ausgeht (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, aaO). Die Beklagten haben jedoch keinen Beweis angetreten.
Ebenfalls ist verfahrensrechtlich davon auszugehen, daß auch die Buchenzweige, welche über die Grundstücksgrenze hinübergewachsen sind, die Benutzung des Grundstücks der Kläger beeinträchtigen, weil sie ihr Wohnhaus berühren. Nachdem das Amtsgericht die Beklagten zum Kürzen solcher Zweige verurteilt hatte und die Kläger in der Berufungsinstanz als einzige von der Buche ausgehende Beeinträchtigung das Berühren des Wohnhauses behauptet haben, hätten die Beklagten darlegen und beweisen müssen, daß diese Beeinträchtigung nicht vorliegt. Sie haben sich jedoch - ohne Beweis anzu-
treten - auf das einfache Bestreiten des Vortrags der Klägerin beschränkt. Das reichte nicht aus.

d) Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 1004 Abs. 1 BGB erfüllt; eine Duldungspflicht der Kläger nach Absatz 2 der Vorschrift besteht nicht. Da jedoch nicht die Zivilgerichte, sondern nur die zuständige Behörde Ausnahmen von dem generellen Verbot des Beschneidens der Bäume zulassen kann, ist es notwendig, die Erteilung der Ausnahmegenehmigung dem Zwangsvollstreckungsverfahren vorzubehalten und zur Klarstellung den Vorbehalt der Erteilung der Ausnahmegenehmigung in das Urteil aufzunehmen. Daß die Kläger ihn nicht in ihren Klageantrag aufgenommen haben, ist unschädlich , denn die Einschränkung stellt sich nur als ein formell notwendiges Weniger gegenüber dem Klageantrag dar, sie gibt den Klägern aber nicht etwas anderes, als sie beantragt haben, § 308 ZPO (Senat, BGHZ 120, 239, 247 f.).
5. Für den Fall, daß eine Ausnahmegenehmigung nicht erteilt wird, kommt ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch der Kläger gegen die Beklagten in entsprechender Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Betracht , weil sie aus öffentlich-rechtlichen Gründen an der Durchsetzung ihres an sich bestehenden Anspruchs nach § 1004 Abs. 1 BGB gehindert wären (vgl. Senat, Urt. v. 17. September 2004, V ZR 230/03, Umdruck S. 9 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen] - Teilrodung). Dem stünde nicht in jedem Fall entgegen, daß es den Beklagten nicht erlaubt wäre, die Störungen zu beseitigen. Denn wenn die Erteilung der Ausnahmegenehmigung daran scheiterte , daß die mit der Klage verlangten Maßnahmen jetzt dem Zweck der Baumschutzverordnung widersprechen, weil die Beklagten bisher pflichtwidrig das
ungehinderte Wachstum der Bäume hingenommen haben, wäre das ein Fall des unzulässigen Betreibens von Naturschutz auf Kosten des Nachbarn.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

(1) Von Urteilen, deren Vollstreckung nach ihrem Inhalt von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer anderen Tatsache als einer dem Gläubiger obliegenden Sicherheitsleistung abhängt, darf eine vollstreckbare Ausfertigung nur erteilt werden, wenn der Beweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird.

(2) Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so ist der Beweis, dass der Schuldner befriedigt oder im Verzug der Annahme ist, nur dann erforderlich, wenn die dem Schuldner obliegende Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung besteht.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

Der Bund und die Länder erfüllen die sich aus den Richtlinien 92/43/EWG und 2009/147/EG ergebenden Verpflichtungen zum Aufbau und Schutz des zusammenhängenden europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 92/43/EWG.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

10
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts setzt der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der herüberragenden Äste nach § 1004 Abs. 1 BGB allerdings voraus, dass dadurch die Benutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt ist. Fehlte es an einer solchen Beeinträchtigung, müsste die Klägerin das Herüberragen nach § 1004 Abs. 2 BGB dulden. Das folgt aus § 910 Abs. 2 BGB, der auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gilt (Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 39; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318). Ob der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muss, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, aaO mwN). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Ebenso kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückschnitt nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein kann, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts außer Verhältnis stehen (vgl. dazu OLG Saarbrücken vom 11. Januar 2007 - 8 U 77/06, juris Rn. 25 f.; OLG Köln, Urteil vom 12. Juli 2011 - 4 U 18/10, juris Rn. 22; Dehner, Nachbarrecht [Mai 2013], B § 21 I 2; Lüke in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., 2. Teil Rn. 395).

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
TEIL-VERSÄUMNIS- UND SCHLUSSURTEIL
V ZR 98/03 Verkündet am:
12. Dezember 2003
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: nein
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Störer kann nicht nur dann zu einer konkreten Maßnahme verurteilt werden,
wenn allein diese Maßnahme den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet
, sondern auch, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise
aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können.
BGH, Teil-Vers.- und Schlußurt. v. 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03 - LG Kassel
AG Kassel
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Dezember 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 6. März 2003 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Kassel vom 21. November 2001 abgeändert, soweit diese Urteile zum Nachteil der Klägerin ergangen sind.
Über die bereits erfolgte Verurteilung hinaus wird die Beklagte zu 2 verurteilt, den auf dem Grundstück K. straße 3 in K. an der westlichen Grundstücksgrenze im Abstand von ca. 2,75 m zur nördlichen Grundstücksgrenze unmittelbar neben der Garage des Grundstücks H. straße 18 in K. stehenden Nadelbaum zu entfernen.
Die Revisionen der Beklagten werden als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz tragen die Beklagte zu 1 zu 5/8 und die Beklagte zu 2 zu 3/8; die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Beklagte zu 1 zu 6/11 und die Beklagte zu 2 zu 5/11.

Das Urteil ist im Hauptausspruch und hinsichtlich 1/6 der von der Beklagten zu 2 zu tragenden Kosten vorläufig vollstreck- bar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausgrundstücks in K. . Das benachbarte Grundstück stand zunächst im Eigentum der Beklagten zu 1; seit dem 25. Oktober 2000 ist die Beklagte zu 2 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Auf dem Nachbargrundstück befindet sich nahe der gemeinsamen Grundstücksgrenze eine 17,5 m hohe Rotfichte. Von der Stammmitte aus gemessen ist der Baum 0,75 m von der Außenwand einer Garage entfernt, die auf dem Grundstück der Klägerin entlang der Grenze errichtet ist.
An der grenzseitigen Garagenwand sowie an einer neben der Garagenzufahrt verlaufenden Stützmauer zu dem höher gelegenen Nachbargrundstück bildeten sich Risse. Deren Ursache sieht die Klägerin in dem Wurzelwerk der Fichte auf dem Nachbargrundstück. Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie beide Beklagten in erster Linie auf Entfernung dieses Baumes und hilfsweise auf geeignete Maßnahmen zur Verhinderung von Schäden durch den Baum und dessen Wurzeln in Anspruch. Daneben hat sie von der Beklagten zu 1 die Zahlung von 2.000 DM sowie gegenüber beiden Beklagten die Feststellung von deren Verpflichtung zu Schadensersatz verlangt. Das Amtsgericht hat die
Beklagte zu 1 zur Beseitigung der Rotfichte und Durchtrennung der im Boden verbleibenden Wurzeln verurteilt; es hat ferner dem Zahlungsantrag und - hinsichtlich der Verzugsschäden - dem Feststellungsantrag gegenüber der Beklagten zu 1 stattgegeben. Die Beklagte zu 2 hat das Amtsgericht nur auf den Hilfsantrag zu geeigneten Maßnahmen der Schadensverhinderung verurteilt und ferner deren Ersatzpflicht für Schäden seit ihrem Eigentumserwerb festgestellt. Gegen dieses Urteil haben beide Beklagte mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung sowie die Klägerin mit dem Ziel der Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag jeweils ohne Erfolg Berufung eingelegt. Mit ihrer Revision erstrebt die Klägerin weiterhin eine Verurteilung der Beklagten zu 2 zur Entfernung der Fichte. Die von den Beklagten eingelegten Revisionen sind nicht begründet worden.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht meint, die Beklagte zu 1 sei auf Grund einer Vereinbarung mit der Klägerin zur Beseitigung der Fichte und zur Zahlung von 2.000 DM verpflichtet. Da sie mit der Erfüllung ihrer Verpflichtungen in Verzug geraten sei, müsse sie außerdem den hierdurch entstandenen Schaden ersetzen. Gegenüber der Beklagten zu 2 ergebe sich ein Beseitigungsanspruch der Klägerin aus § 1004 Abs. 1 BGB. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten habe das Wurzelwerk des Baumes an der Mauer einen "Druckstempel" ausgebildet, der sich bei Einwirkung von Windenergien auf den Baum gegen die Garagenwand presse. Der Beseitigungsanspruch sei weder durch die Aus-
schlußfristen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes gehindert noch gemäß § 195 BGB a.F. verjährt. Hinsichtlich Art und Weise der Beseitigung der Eigentumsbeeinträchtigung habe die Beklagte zu 2 allerdings ein Wahlrecht. Ihre Verpflichtung dürfe nicht auf die Beseitigung des Baumes verengt werden, weil dies nicht die einzige insoweit in Betracht kommende Möglichkeit sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen reiche es etwa aus, den Baum auf hälftiger Höhe zu kappen und in der Folgezeit für einen Rückschnitt zu sorgen, oder auch den Baum mit statisch gesichertem und stabilem Material zu umbauen.
Dies hält den Angriffen der Revision der Klägerin nicht stand.

II.


Die Revisionen der Beklagten sind unzulässig, weil beide die erforderliche Begründung ihrer Rechtsmittel (§ 551 ZPO) versäumt haben. Hingegen ist die Revision der Klägerin zulässig und begründet.
1. Die Statthaftigkeit der Revision der Klägerin scheitert nicht an der fehlenden Zulassung des Rechtsmittels für diese Partei (§ 543 Abs. 1 ZPO). Zwar hätte das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf die Beklagten beschränken können, nachdem es die von ihm als zulassungsrelevant angesehene Rechtsfragen der Verjährung und des Fristablaufs nach dem Hessischen Nachbarrechtsgesetz ausschließlich zu deren Ungunsten entschieden hat (vgl. BGHZ 7, 62, 63; 130, 50, 59; MünchKomm-ZPO/Wenzel, Aktualisierungsband, § 543 Rdn. 33). Es hat jedoch in den Tenor eine solche Beschränkung nicht aufgenommen. Auch aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils, die
für die Prüfung des Umfangs einer zugelassenen Revision ebenfalls heranzuziehen sind (vgl. BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 8. März 1995, VIII ZR 156/94, NJW 1995, 1481, 1482; Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486), ergibt sich eine Beschränkung der Zulassung der Revision nicht mit der gebotenen Deutlichkeit (vgl. Senat, Urt. v. 11. Juli 2003, V ZR 430/02, Umdruck S. 7 f, insoweit in ZOV 2003, 310 nicht abgedruckt; BGH, Urt. v. 7. Juli 1983, III ZR 119/82, NJW 1984, 615).
2. In der Sache selbst bejaht das Berufungsgericht zu Recht einen Abwehranspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2. Dieser ergibt sich allerdings nicht aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern als Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nicht beizutreten ist zudem der Auffassung des Berufungsgerichts, mit dem Abwehranspruch könne im vorliegenden Fall nicht die Entfernung der Fichte verlangt werden.

a) Eine Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin steht im vorliegenden Fall wegen der eingetretenen Substanzverletzung außer Frage (vgl. Senat, BGHZ 142, 66, 68). Nach den rechtsfehlerfreien - und von der Klägerin als ihr günstig hingenommenen - Feststellungen des Berufungsgerichts führte das Wurzelwerk der Fichte zu Druckschäden an der Mauer der Garage auf dem Grundstück der Klägerin. Die bereits eingetretenen Schäden am Mauerwerk begründen allerdings nicht die - für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB erforderliche - Gegenwärtigkeit der Einwirkung. Es handelt sich hierbei vielmehr um die Folgen aus dem störenden Eingriff in das Grundeigentum der Klägerin, deren Beseitigung ausschließlich im Wege des Schadensersatzes verlangt werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 1. Dezember 1995, V ZR 9/94, NJW 1996, 845, 846). Demgemäß zielt der geltend gemachte Ab-
wehranspruch auch auf die Ursache der Eigentumsbeeinträchtigung, die nach den getroffenen Feststellungen in dem über die Wurzeln abgeleiteten Winddruck auf den Stamm des Baumes zu sehen ist. Insoweit geht es der Klägerin darum, künftige weitere Störungen ihres Eigentums in Gestalt zusätzlicher Schäden am Mauerwerk abzuwenden. Hierfür gibt das Gesetz den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Hingegen erstrebt die Klägerin nicht die Beseitigung von Baumwurzeln, die von dem Grundstück der Beklagten zu 2 her eindringen (vgl. dazu Senat, BGHZ 135, 235, 238 - Tennisplatz /Pappelwurzel; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung vorgesehen - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Folgerichtig hat das Berufungsgericht auch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Wurzeln der Fichte über die Grenze hinweg in das Grundstück der Klägerin gewachsen sind.
Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sind erfüllt. Insbesondere spricht angesichts des bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriffs eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (vgl. BGH, Urt. v. 27. Mai 1986, VI ZR 169/85, NJW 1986, 2503, 2505).

b) Der Unterlassungsanspruch richtet sich gegen die Beklagte zu 2 als Störerin. Insoweit ist unerheblich, daß sie den Baum nicht selbst angepflanzt, sondern das Grundstück bereits mit dem Baumbewuchs erworben hat, der eine weitere Beeinträchtigung des Eigentums der Klägerin besorgen läßt. Auch Störungen , die allein auf natürlichen Vorgängen beruhen - wie hier der Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand - können dem Grundstückseigentümer zurechenbar sein. So muß der Grundstückseigentümer z.B. dafür Sorge tragen,
daß Baumwurzeln nicht über die Grenzen seines Grundstücks hinauswachsen und die Nutzung des Nachbargrundstücks beeinträchtigen. Das ergibt sich aus § 910 BGB (Senat, Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dringen die Wurzeln dagegen nicht in das Nachbargrundstück ein, üben sie jedoch unter dem Einfluß von Wind als zusätzlichem Naturereignis auf Grund der Hebelwirkung des Baumes einen das Nachbargrundstück schädigenden Druck aus, so kommt es nach der neueren Rechtsprechung des Senats darauf an, ob den Eigentümer des störenden Grundstücks eine "Sicherungspflicht" trifft (Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 12, zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen - Kiefernadeln; Urt. v. 28. November 2003, V ZR 99/03, Umdruck S. 7 - Betonplatte/Kirschbaumwurzel). Dies ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, wobei u.a. entscheidend ist, ob sich die Nutzung des störenden Grundstücks im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. Von diesem Ansatz aus ist die Störereigenschaft der Beklagten zu 2 allein schon deswegen zu bejahen, weil sie den im Streit befindlichen Baum unter Verletzung der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen zum Grenzabstand (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) unterhält (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 13 - Kiefernadeln; zur Veröffentlichung - auch in BGHZ - vorgesehen ).

c) Aus § 907 Abs. 2 BGB folgt kein Hindernis für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Vorschrift nimmt Bäume und Sträucher von dem Anwendungsbereich des § 907 Abs. 1 BGB aus (vgl. Senat, Urt. v. 16. Februar 2001, V ZR 422/99, aaO). Betrifft sie danach lediglich den speziellen Abwehranspruch nach § 907 Abs. 1 BGB, so kann der
Regelung nichts für den hier entscheidenden allgemeinen Abwehranspruch aus § 1004 BGB entnommen werden.

d) Zu Recht hat das Berufungsgericht die Verjährung des Unterlassungsanspruchs verneint. Hierfür ist zunächst das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung maßgebend, die vor dem 1. Januar 2002 galt (vgl. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 Satz 1 EGBGB). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unterfielen dabei die Abwehransprüche aus § 1004 BGB der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. (Senat, BGHZ 60, 235, 238; BGHZ 125, 56, 63; Senat, Urt. v. 8. Juni 1979, V ZR 46/78, LM § 1004 BGB Nr. 156 jeweils für den Beseitigungsanspruch; Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, NJW 1990, 2555, 2556, insoweit in BGHZ 112, 1 nicht abgedruckt , für den Unterlassungsanspruch). Entscheidend für den Beginn dieser Verjährung ist entgegen der Ansicht der Beklagten zu 2 nicht etwa der Zeitpunkt der Anpflanzung, sondern gemäß § 198 BGB a.F. der Zeitpunkt der Entstehung des Unterlassungsanspruchs (Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 3/89, aaO). Das Berufungsgericht hat hierfür zutreffend auf den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens von Mauerwerksschäden zu Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts abgestellt. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2000 war mithin noch keine Verjährung eingetreten, so daß mit der Rechtshängigkeit die Verjährung gemäß § 209 Abs. 1 BGB a.F. unterbrochen wurde. Seit dem 1. Januar 2002 ist an die Stelle der Unterbrechung die Hemmung der Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. getreten (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB). Es führt hier im übrigen zu keinem anderen Ergebnis, wenn mit der Gegenauffassung eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs, weil dieser nur künftige Beeinträchtigungen abwenden solle, schlechthin (so etwa Staudinger /Gursky, BGB [1999], § 1004 Rdn. 218; MünchKomm-BGB/Medicus,
3. Aufl., § 1004 Rdn. 83 jeweils m.w.N.) oder mit Blick auf § 902 Abs. 1 BGB nur für Ansprüche aus dem Grundeigentum (so etwa LG Tübingen, NJW-RR 1990, 338; Picker, JuS 1974, 357, 358 f) verneint wird.

e) Zur Erfüllung ihrer mithin zu bejahenden Unterlassungsverpflichtung schuldet die Beklagte zu 2 unter den gegeben Umständen die Entfernung der Rotfichte. Mit Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 sei lediglich verpflichtet, "geeignete Maßnahmen" vorzunehmen, um eine Beschädigung der Garagenwand durch das Wurzelwerk des Baumes zu verhindern.
aa) Ihrer Verurteilung zur Entfernung des Baumes steht nicht entgegen, daß die Beklagte zu 2 (lediglich) eine Unterlassungspflicht trifft. Läßt sich nämlich die drohende Beeinträchtigung nur durch aktives Eingreifen verhindern, so schuldet der zur Unterlassung Verpflichtete das erforderliche positive Tun (Staudinger/Gursky, aaO, § 1004 Rdn. 204). Dabei geht das Berufungsgericht im Ansatz zu Recht davon aus, daß der Störer regelmäßig zwischen verschiedenen zur Abhilfe geeigneten Maßnahmen wählen kann. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, auf welchem Weg er die bevorstehende Eigentumsbeeinträchtigung abwendet (Senat, BGHZ 120, 239, 248; Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, NJW 1983, 751, 752; vgl. auch Senat, BGHZ 111, 63, 72; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, NJW 1984, 1242, 1243). Dies hat seinen Grund in der Überlegung, daß die Rechte des Störers nicht weitergehend eingeschränkt werden sollen, als dies der Schutz des Berechtigten vor Beeinträchtigungen seines Eigentums erfordert (Senat, BGHZ 67, 252, 253). Der Urteilsausspruch kann daher in der Regel nur allgemein auf Unterlassung von
Störungen bestimmter Art lauten (Senat, Urt. v. 17. Dezember 1982, V ZR 55/82, aaO).
bb) Folgerichtig steht aber einer Verurteilung zu einer konkreten Maßnahme dann nichts im Wege, wenn nur sie den Nichteintritt der drohenden Beeinträchtigung gewährleistet (vgl. Senat, BGHZ 67, 252, 254; Urt. v. 11. November 1983, V ZR 231/82, aaO). Nichts anderes kann gelten, wenn weitere Maßnahmen zwar möglich sind, vernünftigerweise aber nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können (so wohl auch MünchKomm-BGB/Medicus, aaO, § 1004 Rdn. 86). In dieser Lage fehlt es an einem schutzwürdigen Eigeninteresse des Störers, zwischen verschiedenen Abhilfemaßnahmen wählen zu können. Das Beharren auf einer solchen nur formalen Position ohne materiellen Gehalt läßt die Rechtsordnung nicht zu (vgl. Senat, BGHZ 105, 154, 158; BGHZ 100, 95, 105 jeweils zu § 242 BGB).
cc) Im vorliegenden Fall fehlt der Beklagten zu 2 nach vernünftigen Maßstäben das Interesse an anderen Abhilfemaßnahmen als dem Entfernen des Baumes. Zwar kommen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwei weitere Möglichkeiten in Betracht, um den Druck des Wurzelwerks gegen die Garagenwand zu verhindern. Dabei legt aber das Berufungsgericht selbst dem zuerst erwogenen Kappen des Baumes auf hälftiger Höhe "verheerende Folgen" bei. Es wäre nicht nur das Erscheinungsbild des Baumes unwiederbringlich zerstört, die Beklagte zu 2 müßte vielmehr mit dem Absterben des Baumes binnen weniger Jahre rechnen. Sie müßte zudem ein erneutes Wachsen des Baumes durch wiederholten Rückschnitt verhindern. Ein nachvollziehbarer Vorteil gegenüber einer Fällung der Fichte ist hiernach nicht zu erkennen. Dies gilt erst recht für die zweite vom Berufungsgericht festgestellte Alter-
native der "Umbauung des Baumes mit einem statisch gesicherten und stabilen Material." Dabei verkennt das Berufungsgericht nicht, daß eine solche Maßnahme für die Beklagte zu 2 "wirtschaftlich und/oder ästhetisch … unsinnig" sein mag. Für ein gleichwohl vorhandenes vernünftiges Interesse der Beklagten zu 2 am Erhalt der Fichte in umbautem Zustand fehlt jeder Hinweis.
dd) Einer Verurteilung zur Beseitigung des Baumes auf Grund eines Unterlassungsanspruchs stehen die Regelungen des Hessischen Nachbarrechtsgesetzes (HNRG) nicht entgegen, obwohl nach der - für den Senat insoweit bindenden (§§ 560, 545 Abs. 1 ZPO) - Entscheidung des Berufungsgerichts der Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 1 HNRG einen Beseitigungsanspruch der Klägerin wegen des nicht eingehaltenen Grenzabstandes von 2 m (§ 38 Nr. 1 lit. b HNRG) ausschließt. Eine solche landesgesetzliche Regelung kann - wie Art. 124 EGBGB zeigt - das Grundstückseigentum zugunsten des Nachbarn weitergehenden Beschränkungen unterwerfen, nicht aber umgekehrt dem Nachbarn Rechte nehmen, die sich für ihn aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch ergeben (vgl. Staudinger/Albrecht [1997], Art. 124 EGBGB Rdn. 8; MünchKomm -BGB/Säcker, 3. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., Art. 124 EGBGB Rdn. 1). Vorliegend gewährt das Landesrecht einen Anspruch auf Entfernung des Baumes allein schon deswegen, weil der maßgebende Grenzabstand nicht eingehalten ist. Daneben besteht ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, der von zusätzlichen Voraussetzungen , insbesondere einer zu besorgenden weiteren Eigentumsbeeinträchtigung abhängig ist. Der Ausschluß des für den Nachbarn vorteilhafteren landesrechtlichen Anspruchs bleibt mithin auf seinen Anwendungsfall beschränkt und läßt einen konkurrierenden - nur unter strengeren Voraussetzungen begründeten - Anspruch aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch unberührt.
Insbesondere ändert die Verwirklichung des Ausschlußtatbestandes des § 43 Abs. 1 HNRG nichts an der Störereigenschaft der Beklagten zu 2 (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 14 - Kiefernadeln) und steht Abwehransprüchen aus § 1004 BGB selbst dann nicht entgegen, wenn sich die nicht zu duldenden Einwirkungen aus dem weiteren Wachstum des Baumes ergeben (vgl. Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 102/03, Umdruck S. 7 - Kiefernadeln).
3. Das Berufungsurteil hat demnach keinen Bestand, soweit es die Abweisung des in erster Linie verfolgten Antrags auf Entfernung des Baumes bestätigt (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil der Sachverhalt geklärt ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung der Beklagten zu 2 auf den Hauptantrag.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO.
Soweit die Entscheidung als Versäumnisurteil ergangen ist, war sie nach § 708 Nr. 2 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch
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a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts setzt der Anspruch der Klägerin auf Beseitigung der herüberragenden Äste nach § 1004 Abs. 1 BGB allerdings voraus, dass dadurch die Benutzung ihres Grundstücks beeinträchtigt ist. Fehlte es an einer solchen Beeinträchtigung, müsste die Klägerin das Herüberragen nach § 1004 Abs. 2 BGB dulden. Das folgt aus § 910 Abs. 2 BGB, der auch für den Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB gilt (Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, BGHZ 157, 33, 39; Urteil vom 26. November 2004 - V ZR 83/04, NZM 2005, 318). Ob der Nachbar ganz unerhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen muss, hat der Senat bislang offengelassen (vgl. Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 102/03, aaO mwN). Diese Frage bedarf auch hier keiner Entscheidung. Ebenso kann dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Rückschnitt nach § 1004 Abs. 2 BGB ausgeschlossen sein kann, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts außer Verhältnis stehen (vgl. dazu OLG Saarbrücken vom 11. Januar 2007 - 8 U 77/06, juris Rn. 25 f.; OLG Köln, Urteil vom 12. Juli 2011 - 4 U 18/10, juris Rn. 22; Dehner, Nachbarrecht [Mai 2013], B § 21 I 2; Lüke in Grziwotz/Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl., 2. Teil Rn. 395).

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.