Bundesgerichtshof Urteil, 04. März 2011 - V ZR 123/10

bei uns veröffentlicht am04.03.2011
vorgehend
Amtsgericht Schöneberg, 77 C 484/07 WEG, 26.06.2008
Landgericht Berlin, 85 S 74/08 WEG, 08.04.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 123/10
Verkündet am:
4. März 2011
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 321 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 318; GG Art. 103 Abs. 1
Die unterbliebene Zulassung der Revision als solche kann den Anspruch auf
rechtliches Gehör nicht verletzen. Lässt das Berufungsgericht auf eine Anhörungsrüge
hin die Revision nachträglich zu, ohne einen darauf bezogenen Gehörsverstoß
festzustellen, ist die Zulassungsentscheidung verfahrensfehlerhaft
ergangen und bindet das Revisionsgericht nicht.
BGH, Urteil vom 4. März 2011 - V ZR 123/10 - LG Berlin
AG Berlin-Schöneberg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. März 2011 durch den Vorsitzenden
Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Schmidt-Räntsch und
Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 8. April 2009 in Verbindung mit dem Beschluss vom 4. Juni 2010 wird auf Kosten der Kläger als unzulässig verworfen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Kläger sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Sie wenden sich gegen zwei Beschlüsse, die in der Eigentümerversammlung vom 17. September 2007 gefasst wurden. Amtsgericht und Landgericht haben die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Revision in seinem Urteil vom 8. April 2009 ausdrücklich nicht zugelassen. Erst auf die Anhörungsrüge der Kläger hin hat es sein Urteil am 4. Juni 2010 durch Beschluss insoweit „ergänzt“ und die Revision zugelassen. Die Kläger verfolgen ihre im Berufungsrechtszug gestellten Anträge weiter, die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:


I.

2
Das Berufungsgericht hat zur Begründung der nachträglichen Zulassung der Revision ausgeführt, es erscheine „nicht ausgeschlossen, dass das Landgericht bei seiner Beurteilung von höchstrichterlicher Rechtsprechung (z.B. BayObLG, WuM 1989, 38; OLG Schleswig, Beschluss vom 3. September 2004 - 2 W 90/03 -; nicht aber BGH, NZM 2009, 332 und OLG Frankfurt, WE 1996, 73) abgewichen“ sei.

II.


3
Die Revision ist unzulässig, weil die Zulassungsentscheidung verfahrensrechtlich nicht bindend ist.
4
1. Allerdings ist das Revisionsgericht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO an die Zulassung auch dann gebunden, wenn die seitens des Berufungsgerichts für maßgeblich erachteten Zulassungsgründe aus Sicht des Revisionsgerichts nicht vorliegen. Durfte die Zulassung dagegen verfahrensrechtlich überhaupt nicht ausgesprochen werden, ist sie unwirksam. Das gilt auch für eine prozessual nicht vorgesehene nachträgliche Zulassungsentscheidung, die die Bindung des Gerichts an seine eigene Endentscheidung gemäß § 318 ZPO außer Kraft setzen würde. So kann die versehentlich unterlassene Zulassung nicht durch ein Ergänzungsurteil gemäß § 321 ZPO nachgeholt werden. Befasst sich das Berufungsurteil nämlich nicht ausdrücklich mit der Zulassung, spricht es damit aus, dass die Revision nicht zugelassen wird, und zwar auch dann, wenn das Berufungsgericht die Möglichkeit der Zulassung gar nicht bedacht hat (BGH, Urteil vom 2. Februar 1966 - VIII ZR 76 u. 77/64, BGHZ 44, 395, 396 ff.; für das Rechtsbeschwerdeverfahren BGH, Beschluss vom 12. März 2009 - IX ZB 193/08, NJW-RR 2009, 1349, 1350; kritisch Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 321 Rn. 16; Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 321 Rn. 5). Auch die Zulassung in einem Berichtigungsbeschluss gemäß § 319 ZPO bindet das Revisionsgericht nicht, wenn sich aus dem Urteil selbst keine - auch für Dritte erkennbare - offenbare Unrichtigkeit ergibt (BGH, Urteil vom 8. März 1956 - III ZR 265/54, BGHZ 20, 188, 190 ff.; Senat, Urteil vom 25. Februar 2000 - V ZR 206/99, NJW-RR 2001, 61; für das Rechtsbeschwerdeverfahren Senat, Beschluss vom 16. Dezember 2010 - V ZB 150/10, juris). Nichts anderes gilt, wenn das Berufungsgericht - wie hier - seine bewusste Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, verfahrensfehlerhaft aufgrund einer Anhörungsrüge gemäß § 321a ZPO ändert.
5
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist schon deshalb verfahrensfehlerhaft , weil es nicht durch Beschluss entscheiden durfte, sondern gemäß § 321a Abs. 5 Satz 2 ZPO erneut in die mündliche Verhandlung eintreten und gemäß § 321a Abs. 5 Satz 3 ZPO i.V.m. § 343 ZPO durch Urteil entscheiden musste. Ob dies für sich genommen einer wirksamen Zulassung entgegensteht , kann offen bleiben. Denn auch in der Sache lagen die Voraussetzungen für eine Entscheidung gemäß § 321a ZPO nicht vor.
6
a) Die Anhörungsrüge räumt dem Gericht keine umfassende Abhilfemöglichkeit ein, sondern dient allein der Behebung von Verstößen gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör. Daran fehlt es hier. Die unterbliebene Zulassung der Revision als solche kann den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzen (vgl. BVerfG, NJW-RR 2008, 75, 76; aA Zöller/Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 321 Rn. 5), es sei denn, auf die Zulassungsentscheidung bezogener Vortrag der Parteien ist verfahrensfehlerhaft übergangen worden (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/08, WM 2009, 756 f.). Art. 103 Abs. 1 GG soll sichern, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die auf mangelnder Kenntnisnahme oder Erwägung des Sachvortrags der Prozessbeteiligten beruhen. Sein Schutzbereich ist auf das von dem Gericht einzuhaltende Verfahren, nicht aber auf die Kontrolle der Entscheidung in der Sache gerichtet (BVerfG, NJW 2005, 3345, 3346; NJW-RR 2008, 75 f. jeweils mwN). Allein der Umstand, dass ein Gericht von höchstrichterlicher Rechtsprechung abweicht, bewirkt daher keine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Wenn aber schon die Entscheidung als solche den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt, gilt dies erst recht für die unterbliebene Zulassung der Revision (vgl. BVerfG, NJW-RR 2008, 75, 76).
7
b) Die Anhörungsrüge kann nur dann zu einer wirksamen Zulassung der Revision führen, wenn das Verfahren aufgrund eines Gehörsverstoßes gemäß § 321a Abs. 5 ZPO fortgesetzt wird und sich erst aus dem anschließend gewährten rechtlichen Gehör ein Grund für die Zulassung der Revision ergibt (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/08, WM 2009, 756 f.). So ist es hier nicht. Dem auf die Anhörungsrüge hin ergangenen Beschluss lässt sich nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht den erforderlichen spezifischen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör geprüft und festgestellt hat, der allein die Bindung an seine bereits getroffene Entscheidung gemäß § 318 ZPO aufheben könnte. Die Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts und des Oberlandesgerichts Schleswig, auf die sich die Kläger von Anfang an gestützt haben, hat das Berufungsgericht seinem Urteil und damit auch der Zulassungsentscheidung zugrunde gelegt. Dass es auf die Anhörungsrüge hin zu der Auffassung gelangte, die Entscheidungen möglicherweise falsch verstanden zu haben und von ihnen abgewichen zu sein, mag einen einfachen Rechtsfehler begründen, nicht aber einen Verstoß gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs.
8
c) Allerdings kann eine willkürlich unterbliebene Zulassung den Anspruch auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen (vgl. BVerfG, 101, 331, 359 f.; NJW 2004, 1371, 1372 f.) und den Anspruch auf Ge- währung effektiven Rechtsschutzes berühren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip, vgl. nur BVerfG, FamRZ 2010, 1235, 1236 mwN). Die Verletzung dieser Verfahrensgrundrechte kann aber nicht Gegenstand der auf Gehörsverstöße beschränkten Anhörungsrüge sein.
9
3. Die Zulassungsentscheidung kann auch nicht als Entscheidung über eine analog zu § 321a ZPO erhobene Rüge der Verletzung anderer Verfahrensgrundrechte verstanden werden. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen die auf eine Gegenvorstellung hin ausgesprochene Zulassung der Rechtsbeschwerde in analoger Anwendung von § 321a ZPO unter der Voraussetzung gebilligt, dass die Zulassung zuvor willkürlich unterblieben ist, und hat dies aus dem Anspruch des Beschwerdeführers auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hergeleitet (BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529 f.; Beschluss vom 4. Juli 2007 - VII ZB 28/07, NJW-RR 2007, 1654; Beschluss vom 11. Juli 2007 - IV ZB 38/06, NJW-RR 2007, 1653 Rn. 4; offen gelassen - jeweils Urteile betreffend - von BGH, Beschluss vom 19. Januar 2006 - I ZR 151/02, NJW 2006, 1978 f.; BVerfG, NJW-RR 2008, 75, 76).
10
Ob die unterlassene Zulassung der Revision als Verstoß gegen andere Verfahrensgrundrechte in analoger Anwendung von § 321 a ZPO gerügt werden kann, kann dahinstehen. Dies kommt nämlich allenfalls dann in Betracht, wenn das Berufungsgericht seiner Entscheidung die strengen Voraussetzungen einer solchen Rüge zugrunde gelegt hat. Sowohl das Gebot des gesetzlichen Richters als auch das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes schützen nicht vor jeder fehlerhaften Anwendung der Prozessordnung, sondern setzen eine willkürlich unterlassene Zulassung (BVerfGE 101, 331, 359 f.; BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529, 2530) bzw. eine unzumutbare, sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Verkürzung des Instanzenzuges voraus (BVerfG, FamRZ 2010, 1235, 1236 mwN). Der Beschluss über die nachträgliche Zulassung der Revision lässt nicht erkennen, dass das Berufungsgericht diese Voraussetzungen geprüft und angenommen hat. Es hat eine Abweichung der eigenen Entscheidung von höchstrichterlicher Rechtsprechung lediglich als „nicht ausgeschlossen“ angesehen und damit nicht positiv angenommen, dass ein Zulassungsgrund vorlag. Erst recht hat es nicht festgestellt , dass seine ursprüngliche Entscheidung, die Revision nicht zuzulassen, objektiv willkürlich gewesen wäre oder den Instanzenzug unzumutbar und in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt hätte.
11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Schmidt-Räntsch Roth
Brückner Weinland
Vorinstanzen:
AG Berlin-Schöneberg, Entscheidung vom 26.06.2008 - 77 C 484/07 WEG -
LG Berlin, Entscheidung vom 08.04.2009 - 85 S 74/08 WEG -

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(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 193/08
vom
12. März 2009
in dem Gesamtvollstreckungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht bindend, wenn das
Beschwerdegericht bei seiner ursprünglichen Entscheidung irrtümlich davon
ausgegangen ist, die Rechtsbeschwerde sei schon nach dem Gesetz statthaft.
BGH, Beschluss vom 12. März 2009 - IX ZB 193/08 - LG Schwerin
AG Schwerin
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch die Richter
Prof. Dr. Kayser, Raebel, die Richterin Lohmann, die Richter Dr. Pape und
Grupp
am 12. März 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Schwerin vom 9. Juli 2008, berichtigt durch Beschluss vom 13. August 2008, wird auf Kosten des weiteren Beteiligten zu 1 als unzulässig verworfen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 152.408,29 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der (weitere) Beteiligte zu 1 war Verwalter in dem am 2. September 1997 eröffneten Gesamtvollstreckungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin. Mit Beschluss des Gesamtvollstreckungsgerichts vom 28. September 2004 wurde er entlassen.
2
Mit Schriftsatz vom 8. November 2004 hat der Beteiligte zu 1 beantragt, seine restliche Vergütung abzüglich entnommener Vorschüsse auf weitere 81.325,46 € festzusetzen. Hierauf hat das Insolvenzgericht wegen Verwirkung des Anspruchs die Vergütung auf 0,00 € festgesetzt und ihn zugleich aufgefordert , die bereits entnommenen Vorschüsse an die Masse zurückzuleisten. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde hatte keinen Erfolg. Nach Zurückweisung der Beschwerde durch Beschluss vom 9. Juli 2008 hat das Beschwerdegericht in einem weiteren Beschluss vom 13. August 2008 den Tenor seiner Entscheidung dahingehend ergänzt, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen werde. Nach der Begründung dieser Entscheidung war es bei Erlass des Beschlusses vom 9. Juli 2008 irrtümlich von der Anwendbarkeit des § 7 InsO auf Rechtsbeschwerden gegen Entscheidungen der Beschwerdegerichte im Gesamtvollstreckungsverfahren ausgegangen.
3
Mit der Rechtsbeschwerde erstrebt der Beteiligte zu 1 die Festsetzung seiner Vergütung unter Berücksichtigung entnommener Vorschüsse von 83.216, 22 € auf noch 69.192,07 €.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.
5
1. Die Rechtsbeschwerde nach §§ 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist nicht gegeben. § 7 InsO ist gemäß Art. 103 Satz 1 EGInsO auf den Rechtsmittelzug in Verfahren nach der Gesamtvollstreckungsordnung nicht anzuwenden (BGH, Beschl. v. 15. Januar 2004 - IX ZB 62/03, ZInsO 2004, 274, 275). Die Rechtsbeschwerde ist in diesen Verfahren nur dann statthaft, wenn sie in dem Beschluss, mit dem über die sofortige Beschwerde entschieden wurde , gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO ausdrücklich zugelassen worden ist (vgl. BGH, Beschl. v. 24. November 2003 - II ZB 37/02, NJW 2004, 779; Zöller/ Heßler, ZPO 27. Aufl. § 574 Rn. 14; Hk-ZPO/Kayser, 2. Aufl. § 574 Rn. 14).
6
2. Eine das Rechtsbeschwerdegericht nach § 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO bindende Zulassung liegt nicht vor.
7
a) Bei dem Beschluss vom 13. August 2008 handelt es sich - ungeachtet seiner Bezeichnung durch das Beschwerdegericht als Berichtigungsbeschluss - nach Tenor und Gründen um eine Ergänzungsentscheidung entsprechend § 321 ZPO, die jedoch unzulässig ist. Der Bundesgerichtshof (Beschl. v. 24. November 2003 aaO) hat für § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO entschieden, dass eine im Beschwerdebeschluss unterbliebene Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht durch einen Ergänzungsbeschluss nachgeholt werden kann. Enthält der Beschluss keinen Ausspruch der Zulassung, so heißt das, dass die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird. Eine nachträgliche Zulassung holt nicht, wie in § 321 ZPO vorausgesetzt wird, eine unterbliebene Entscheidung nach, sondern widerspricht entgegen § 318 ZPO der bereits getroffenen Entscheidung und ändert sie ab. Dies gilt sowohl für die Zulassung der Revision nach § 543 ZPO n.F. als auch für den vergleichbaren Fall der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch Ergänzungsbeschluss (BGH, Beschl. v. 24. November 2003 aaO).
8
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann zwar eine Berichtigung des Beschlusses, in den eine beschlossene Zulassung versehentlich nicht aufgenommen wurde, nach § 319 ZPO erfolgen. Dass die Zulassung der Rechtsbeschwerde beschlossen und nur versehentlich nicht im Beschluss ausgesprochen war, muss sich dann aber aus dem Zusammenhang des Be- schlusses selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlass oder seiner Verkündung ergeben, weil nur dann eine "offenbare" Unrichtigkeit vorliegen kann (BGH, Beschl. v. 24. November 2003 aaO; vgl. BGHZ 20, 188, 191 f; 78, 22 für die gleich gelagerten Fälle der Zulassung der Revision nach § 546 ZPO a.F.).
9
Der Beschluss vom 13. August 2008 ist zwar vom Beschwerdegericht getroffen worden, um den Beschluss vom 9. Juli 2008 zu berichtigen. Aus der Begründung der Entscheidung ergibt sich aber, dass es sich tatsächlich nicht um eine Berichtigung handelt. Das Beschwerdegericht ist bei der Beratung der Sache aufgrund Rechtsirrtums von der Anwendbarkeit des § 7 InsO ausgegangen. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde hat es deshalb nicht für erforderlich gehalten. Der Beschluss gab das Ergebnis der Beratung vollständig und richtig wieder.
10
die Auch weitere Voraussetzung, aus dem Zusammenhang des Beschlusses selbst oder zumindest aus den Vorgängen, die zu seinem Erlass geführt haben, müsse sich ergeben, dass eine "offenbare" Unrichtigkeit vorliegt, ist nicht erfüllt. Weder aus dem Beschluss selbst noch aus den Umständen, die zum Erlass der Entscheidung geführt haben, ist der Wille des Beschwerdegerichts zu entnehmen, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Obwohl der Senat schon 2004 entschieden hat, dass die Rechtsbeschwerde im Gesamtvollstreckungsverfahren nur statthaft ist, wenn sie vom Beschwerdegericht ausdrücklich zugelassen ist (BGH, Beschl. v. 15. Januar 2004 aaO), hat sich das Beschwerdegericht in dem am 8. Juli 2008 getroffenen Beschluss weder im Tenor noch in den Gründen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde geäußert. Dieses Schweigen reicht aus, um von einer Nichtzulassung auszugehen (HkZPO /Kayser, aaO).

11
Eine c) ergänzende Zulassung der Rechtsbeschwerde analog § 321a ZPO, die möglich ist, wenn in der Beschwerdeentscheidung durch willkürliche Nichtzulassung ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt worden ist (BGH, Beschl. v. 19. Mai 2004 - IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529; v. 4. Juli 2007 - VII ZB 28/07, WM 2007, 2035, 2036), kommt vorliegend nicht in Betracht. Eine Verletzung von Verfahrensgrundrechten des Beschwerdeführers wird von der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht. Sie ist auch nicht gegeben.
12
Eine d) Bindung des Senats durch den Berichtigungsbeschluss vom 13. August 2008 ist nicht eingetreten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entfalten fehlerhafte Berichtigungsbeschlüsse, die erkenn- bar keine gesetzliche Grundlage haben, trotz formeller Rechtskraft keine verbindliche Wirkung (BGHZ 20, 188, 192 f; BGH, Urt. v. 9. November 1994 - XII ZR 184/93, NJW 1995, 1033; Beschl. v. 11. Mai 2004 - VI ZB 19/04, NJW 2004, 2389).
Kayser Raebel Lohmann
Pape Grupp

Vorinstanzen:
AG Schwerin, Entscheidung vom 05.01.2006 - 58 N 557/97 -
LG Schwerin, Entscheidung vom 09.07.2008 - 5 T 31/06 -

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 206/99 Verkündet am:
25. Februar 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Dr. Vogt, Tropf, Schneider und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. März 1999 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Herbst 1995 lagerte die Beklagte Erdaushub auf einem der Klägerin gehörenden Ackergrundstück ohne deren Einverständnis ab, indem sie zunächst den Mutterboden entfernte, ihn seitlich lagerte, anschließend mit dem Erdaushub eine bereits vorhanden gewesene natürliche Mulde auffüllte und sodann darüber den Mutterboden wieder aufbrachte. Ein Schaden ist der Klägerin dadurch nicht entstanden. Sie nimmt den jetzigen Zustand ihres Grundstücks auch hin.
Mit der Behauptung, die Beklagte habe mindestens 2.500 cbm entsprechend 5.000 to Erdaushub aufgefüllt, dessen Ablagerung auf einer Deponie wenigstens 25 DM/to gekostet hätte, verlangt die Klägerin von der Beklagten Zahlung von 125.000 DM. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das
Oberlandesgericht hat ihr in Höhe von 50.000 DM stattgegeben. Mit der Revision , die das Oberlandesgericht auf Antrag der Beklagten nachträglich durch Beschluß zugelassen hat, begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält einen Bereicherungsanspruch für teilweise begründet. Die Klägerin könne den Vorteil abschöpfen, den die Beklagte durch die Ablagerung des Erdaushubs erlangt habe. Eine Entreicherung der Klägerin sei nicht erforderlich. Allerdings "konzediert" das Berufungsgericht, "daß gegen diese Lösung Bedenken durchaus berechtigterweise erhoben werden können".
Mit Beschluß vom 11. Juni 1999 hat das Berufungsgericht den Tenor seines Urteils "dahin berichtigt, daß die Revision der Beklagten zugelassen wird (§ 319 ZPO)".

II.


Die Revision ist unzulässig. Die Beschwer der Beklagten übersteigt 60.000 DM nicht; das Berufungsgericht hat die Revision auch nicht wirksam zugelassen (§ 546 Abs. 1 ZPO). Sein Beschluß vom 11. Juni 1999 bindet den Senat nicht.
1. Eine im Berufungsurteil übersehene Revisionszulassung kann zwar dann, wenn die Voraussetzungen des § 319 Abs. 1 ZPO erfüllt sind, durch Berichtigungsbeschluß nachgeholt werden (BGHZ 20, 188, 191 ff; 78, 22). Allerdings ist eine solche Berichtigung nur zulässig, wenn die Tatsache, daß die Revisionszulassung beschlossen und nur versehentlich nicht im Urteil ausgesprochen worden war, aus dem Zusammenhang des Urteils selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei seinem Erlaß oder seiner Verkündung nach außen hervorgetreten ist; ein nur gerichtsintern gebliebenes Versehen, das meist nicht ohne weitere Beweiserhebung überprüft werden könnte, ist keine "offenbare Unrichtigkeit" im Sinne von § 319 ZPO. Das Versehen muß, weil Berichtigungen nach dieser Vorschrift auch von Richtern beschlossen werden können, die an der fraglichen Entscheidung nicht mitgewirkt haben, selbst für Dritte ohne weiteres deutlich sein (BGHZ 78, 22 f; BGH, Urt. v. 12. Januar 1984, III ZR 95/82, WM 1984, 1351, 1352). Ist dies nicht der Fall, hat ein auf § 319 ZPO gestützter Berichtigungsbeschluß keine bindende Wirkung (BGHZ 20, 188, 192 f; 78, 22 f; BGH, Urt. v. 25. September 1958, VII ZR 104/57, NJW 1958, 1917).
Solche für den Außenstehenden "offenbaren" Umstände, aus denen sich das Versehen des Berufungsgerichts zweifelsfrei ergibt, sind hier nicht ersichtlich.

a) Zwar "konzediert" das Berufungsgericht in seinen Entscheidungsgründen , daß Bedenken gegen seine Lösung erhoben werden können; aber es entscheidet die Rechtsfrage unter Heranziehung und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Daraus läßt sich nicht entneh-
men, daß die Revisionszulassung beschlossen war, zumal danach ihre Voraussetzungen nach § 546 Abs. 1 Satz 2 ZPO nicht vorliegen.

b) Über Vorgänge beim Erlaß des Berufungsurteils, aus denen sich die beschlossene Revisionszulassung ergeben könnte, ist nichts bekannt. Insbesondere enthält das Protokoll der mündlichen Verhandlung nicht die von der Beklagten in ihrer Revisionsschrift vorgetragene Mitteilung des Berufungsgerichts , daß es die Revision zulassen werde. Im übrigen hätten die an dem Berufungsurteil beteiligt gewesenen Richter ihre Auffassung zu dieser Frage in der Urteilsberatung noch ändern können.

c) Schließlich ist auch im Zusammenhang mit der Verkündung des Berufungsurteils nichts dafür ersichtlich, daß die Zulassung der Revision vorher beschlossen war. Vielmehr spricht der Umstand, daß das Urteil sogleich im Anschluß an den Verhandlungstermin durch Verlesen der handschriftlich niedergelegten Urteilsformel verkündet wurde, gegen die Revisionszulassung. Denn es kann erwartet werden, daß anderenfalls das Fehlen des nach dem Berichtigungsbeschluß im Urteilstenor enthaltenen Ausspruchs über die Zulassung noch bemerkt worden wäre.
2. Im übrigen ist die Beklagte offensichtlich selbst nicht davon ausgegangen , daß das Berufungsgericht die Zulassung der Revision beschlossen und den Ausspruch darüber nur versehentlich nicht in das Berufungsurteil aufgenommen hätte. Denn mit ihrem Antrag vom 7. Mai 1999 hat sie nicht etwa die Berichtigung des Berufungsurteils, sondern die Herbeiführung einer Entscheidung über die Zulassung der Revision beantragt. Diese Entscheidung kann nicht im Wege der Urteilsberichtigung getroffen werden.

Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen (§ 554 a Abs. 1 ZPO).
Wenzel Vogt Tropf Schneider Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 150/10
vom
16. Dezember 2010
in dem Notarbeschwerdeverfahren
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. Dezember 2010 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, die Richter
Dr. Czub und Dr. Roth und die Richterin Dr. Brückner

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 22. April 2010 wird als unzulässig verworfen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die übrigen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.144.713,06 €.

Gründe:

I.

1
Mit Bescheid vom 3. März 2010 hat sich der Notar geweigert, den auf einem Anderkonto hinterlegten Betrag von 3.144.713,06 € auszuzahlen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das Landgericht mit Beschluss vom 22. April 2010 zurückgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 2. Juni 2010 hat es die Beschwerdeentscheidung wegen "offenbarer Unrichtigkeit" dahin ergänzt, dass die Rechtsbeschwerde zugelassen werde. Der Betroffene zu 1 hat dieses Rechtsmittel eingelegt.

II.

2
1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. In Notarbeschwerdeverfahren nach § 15 Abs. 2 BNotO ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn sie von dem Beschwerdegericht nach § 70 Abs. 2 FamFG zugelassen worden ist. Daran fehlt es hier. Einen Ausspruch über die Zulassung enthält die Beschwerdeentscheidung weder im Tenor noch in den Gründen. Die Frage der Rechtsmittelzulassung und die dafür erforderlichen Voraussetzungen werden an keiner Stelle erörtert. Dass die Entscheidung eine Rechtsmittelbelehrung enthält, rechtfertigt lediglich den Schluss, dass das Beschwerdegericht von der Statthaftigkeit des Rechtsmittels ausgegangen ist, aus welchen Gründen, bleibt dagegen offen. Vor diesem Hintergrund entfaltet auch der sog. Berichtigungsbeschluss des Beschwerdegerichts keine Bindungswirkung (vgl. nur BGH, Beschluss vom 12. März 2009 - IX ZB 193/08, NJW-RR 2009, 1349, 1350; Zöller /Vollkommer, ZPO, 28. Aufl., § 319 Rn. 29 mwN). Eine offenbare Unrichtigkeit liegt nur vor, wenn selbst für Dritte ohne weiteres deutlich wird, dass zweifelsfrei ein Versehen vorliegt (Senat, Beschluss vom 25. Februar 2000 - V ZR 206/99, NJW-RR 2001, 61). So liegt es hier nicht.
3
2. Der Senat hat die Nichterhebung der Gerichtskosten nach § 16 KostO (dazu Keidel, FamFG, 16. Aufl., § 81 Rn. 20) angeordnet, weil die Einlegung des nicht statthaften Rechtsmittels durch die unrichtige Sachbehandlung des Beschwerdegerichts veranlasst worden ist. Im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 84 FamFG.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Roth

Vorinstanz:
LG München I, Entscheidung vom 22.04.2010 - 13 T 5927/10 -

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

Insoweit die Entscheidung, die auf Grund der neuen Verhandlung zu erlassen ist, mit der in dem Versäumnisurteil enthaltenen Entscheidung übereinstimmt, ist auszusprechen, dass diese Entscheidung aufrechtzuerhalten sei. Insoweit diese Voraussetzung nicht zutrifft, wird das Versäumnisurteil in dem neuen Urteil aufgehoben.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 140/08
vom
29. Januar 2009
in dem Aufgebotsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gläubiger eines Briefgrundpfandrechts ist im Sinne von §§ 1170, 1171 BGB
auch dann unbekannt, wenn der für das Grundpfandrecht erteilte Brief unauffindbar
und der Aufenthalt des letzten bekannten Inhabers unbekannt ist.
(Fortführung von BGH, Beschl. v. 3. März 2004, IV ZB 38/03, NJW-RR 2004, 664)

b) Die Vorschriften der §§ 265, 266 ZPO sind auch im Aufgebotsverfahren anzuwenden.
BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/08 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Januar 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse der Zivilkammer 51 des Landgerichts Berlin vom 28. Mai und 11. August 2008 und des Amtsgerichts Charlottenburg vom 11. Januar 2008 aufgehoben.
Das Amtsgericht Charlottenburg wird angewiesen, den Antrag, den Gläubiger der in Abteilung III unter laufender Nr. 4 des Grundbuchs für das eingangs bezeichnete Grundstück eingetragenen Briefhypothek im Wege des Aufgebotsverfahrens nach § 1171 BGB mit seinem Recht auszuschließen, nicht aus den in den aufgehobenen Beschlüssen angeführten Gründen zurückzuweisen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller war zunächst als einer von mehreren, später als alleiniger Eigentümer des eingangs genannten, mit der aufzubietenden Briefhypothek belasteten Grundstücks eingetragen. Die aufzubietende Briefhypothek wurde aufgrund einer Bewilligung vom 31. März 1933 am 5. April 1933 eingetragen.
Sie wurde am 12. September 1935 an A. S. , geb. W. , abgetreten; diese Abtretung wurde am 24. September 1935 in das Grundbuch eingetragen. Nach einer Neufassung des Grundbuchs im September 1940 wurde für die Hypothek ein neuer Brief ausgestellt, dessen Aushändigung A. S. am 4. Oktober 1940 quittierte.
2
Der Antragsteller hat durch eidesstattliche Versicherung und Vorlage amtlicher Auskünfte glaubhaft gemacht, der Grundschuldbrief sei unauffindbar. Die Forderung sei weder durch Abschlagszahlungen noch in anderer Weise anerkannt worden. Mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln sei nicht in Erfahrung zu bringen, wo sich A. S. aufhalte, ob sie noch lebe und wer sie gegebenenfalls beerbt habe. Anhaltspunkte für eine Verfügung über die Hypothek außerhalb des Grundbuchs bestünden nicht. Gestützt darauf betreibt er das Aufgebotsverfahren mit dem Ziel, den Gläubiger der Briefhypothek nach Maßgabe von § 1171 BGB mit seinem Recht auszuschließen. Er hat sich dazu förmlich erboten, den in Euro umgerechneten Nennbetrag der Briefhypothek nebst Zinsen für die letzten vier Jahre, gerechnet vom Erlass des Ausschlussurteils an, unter Verzicht auf die Rücknahme zu hinterlegen.
3
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er seinen Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens weiterverfolgt.

II.


4
Das Rechtsmittel ist zulässig.
5
1. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde "in Ergänzung" seines Beschlusses vom 28. Mai 2008 zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde muss zwar in der angefochtenen Sachentscheidung selbst und kann nicht im Wege von deren Ergänzung zugelassen werden (BGH, Beschl. v. 24. November 2003, II ZB 37/02, NJW 2004, 779). Eine solche nicht ausreichende Zulassung der Rechtsbeschwerde durch Beschlussergänzung liegt hier aber nicht vor. Das Beschwerdegericht hat das Beschwerdeverfahren nicht mit dem nach dem Tenor seines Beschlusses ergänzten Beschluss vom 28. Mai 2008 abgeschlossen. Vielmehr hat der Einzelrichter der Kammer, der diesen Beschluss erlassen hat, auf eine Anhörungsrüge des Antragstellers das Verfahren nach § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO fortgesetzt und die Sache, wie geboten (BGHZ 154, 200, 202 f.), auf die Kammer übertragen. Diese hat mit Beschluss vom 11. August 2008 eine neue, das Verfahren abschließende Sachentscheidung getroffen. In diesem Rahmen ist eine nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde zulässig, wenn Verfahrensrechte verletzt worden sind (BGH, Beschl. v. 19. Mai 2004, IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529, 2530; Beschl. v. 4. Juli 2007, VII ZB 28/07, NJW-RR 2007, 1654). So liegt es hier. Das Beschwerdegericht hatte übersehen, dass sich aus dem Vortrag des Antragstellers ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde ergab, und es hatte den Antragsteller mit seiner Einschätzung überrascht, seine Glaubhaftmachung reiche auch im Tatsächlichen nicht aus.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch rechtzeitig eingelegt worden. Zwar hat der Antragsteller zu Händen seiner erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 28. Mai 2008 spätestens am Tag der Abfassung seiner Anhörungsrüge gegen diesen Beschluss vom 11. Juni 2008 erhalten. Darauf kommt es aber nicht an, weil das Beschwerdeverfahren erst durch den Beschluss der Kammer vom 11. August 2008 abge- schlossen worden ist. Dessen formlose Zuleitung an den Antragsteller ist am Freitag, dem 29. August 2008, veranlasst worden und nach der anwaltlichen Versicherung und des Antragstellers am 1. September 2008, dem darauf folgenden Montag, erfolgt. Die Rechtsbeschwerde ist damit rechtzeitig eingelegt worden.

III.


7
Das Rechtsmittel hat auch Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist das Aufgebotsverfahren zum Ausschluss des Gläubigers der aufzubietenden Briefhypothek mit seinen Rechten statthaft.
8
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Ein Aufgebotsverfahren nach § 1171 BGB gegen den eingetragenen Gläubiger eines Grundpfandrechts ist ebenso wie ein Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB nur zulässig, wenn der Gläubiger unbekannt ist. In diesem Sinne unbekannt ist der Grundpfandrechtsgläubiger nicht schon dann, wenn sein Aufenthalt nicht ermittelt werden kann, sondern nur, wenn er von Person unbekannt ist (BGH, Beschl. v. 3. März 2004, IV ZB 38/03, NJW-RR 2004, 664, 665). Das ergibt sich insbesondere daraus, dass die hier nicht einschlägige Vorschrift des § 6 Abs. 1a Satz 1 GBBerG das Aufgebot des Gläubigers eines im Gebiet der neuen Länder vor dem 3. Oktober 1990 begründeten Grundpfandrechtes „auch dann“ zulässt, wenn nicht seine Person, sondern sein Aufenthalt unbekannt ist. Dabei ist der Gesetzgeber nämlich davon ausgegangen, dass § 1170 BGB ein Aufgebot von Person bekannter Gläubiger unbekannten Aufenthalts nicht zulässt (Beschlussempfehlung zum Sachenrechtsbereinigungsgesetz in BTDrucks. 12/7425 S. 93).
9
2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist ein Aufgebotsverfahren nach §§ 1170 oder 1171 BGB nicht erst dann statthaft, wenn eine Grundbuchberichtigungs- oder eine andere Klage nicht zum Erfolg führt (KG OLGZ 1970, 323, 324). Ein solcher Nachrang lässt sich auch nicht aus dem erwähnten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 3. März 2004 entnehmen. In diesem Beschluss hat der Bundesgerichtshof nur entschieden, dass eine entsprechende Anwendung der §§ 1170, 1171 BGB auf den Fall eines von Person bekannten Grundpfandrechtsgläubigers, dessen Aufenthalt unbekannt ist, von dem Fall des § 6 Abs. 1a GBBerG abgesehen, jedenfalls nicht in Betracht kommt, wenn der Grundstückseigentümer gegen ihn eine Grundbuchberichtigungsklage nach § 894 BGB betreiben kann. Dass ein Aufgebotsverfahren auch dann subsidiär sein soll, wenn die Voraussetzungen der §§ 1170, 1171 BGB vorliegen, ergibt sich daraus nicht.
10
3. Schließlich kann dem Beschwerdegericht nicht in seiner Annahme gefolgt werden, die Gläubigerin der aufzubietenden Hypothek sei nicht im Sinne von § 1171 Abs. 1 Satz 1 BGB unbekannt.
11
a) Das ergibt sich allerdings nicht aus der von der Rechtsbeschwerde angeführten Erwägung, A. S. sei schon nicht Inhaberin der Hypothek geworden. Die Rechtsbeschwerde leitet das daraus ab, dass es an einer Annahme der Abtretung durch A. S. fehle. Das überzeugt nicht. Eine Annahme der Abtretung der hypothekarisch gesicherten Forderung durch A. S. lässt sich zwar nicht ohne weiteres der Eintragung dieser Abtretung in das Grundbuch entnehmen. Es spricht indes viel dafür, dass A. S. die Abtretung schon durch Entgegennahme des von dem Grundbuchamt mit dem Abtretungsvermerk versehenen ersten Hypothekenbriefes angenommen hat. Die Annahme ist jedenfalls mit der Entgegennahme des nach Neufassung des Grundbuches ausgestellten neuen Hypothekenbriefs am 4. Oktober 1940 erfolgt.
12
b) Die unmittelbare Anwendbarkeit von § 1171 BGB lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht damit begründen, dass A. S. seit der Entgegennahme des Hypothekenbriefes am 4. Oktober 1940 nicht mehr als Person in Erscheinung getreten ist und die Forderung nicht geltend gemacht hat. Ob der Inhaber eines Grundpfandrechtes von Person bekannt oder unbekannt ist, bestimmt sich nach dem Charakter des Rechts und der Eintragung im Grundbuch. Wie sich der Gläubiger ansonsten verhalten und ob er die Forderungen geltend gemacht hat, ist für diese Frage unerheblich.
13
c) Die Anwendbarkeit von § 1171 BGB ergibt sich aber daraus, dass die hier aufzubietende Hypothek im Gegensatz zu der Grundschuld, um die es im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 3. März 2004 ging, kein Buchrecht ist, sondern ein Briefrecht.
14
aa) Eine Buch- wie eine Briefhypothek entsteht zwar durch Einigung zwischen Gläubiger und Eigentümer über die Begründung der Hypothek und deren Eintragung in das Grundbuch (wobei bei der Briefhypothek noch die Erteilung des Hypothekenbriefs hinzutritt, § 1116 Abs. 1 BGB). Buch- wie Briefhypothek gehen auch kraft Gesetzes mit der Abtretung der Forderung auf den neuen Gläubiger über und können beide nicht ohne Forderung übertragen werden. Die Abtretung der Forderung ist aber bei der Buchhypothek nach §§ 1154 Abs. 3, 873 BGB nur wirksam, wenn sie in das Grundbuch eingetragen wird. Der Gläubiger ist, von Sonderfällen wie dem Erbfall abgesehen, bei einer Buchhypothek deshalb grundsätzlich nur der, der aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Deshalb kann er, soweit hier relevant, nur unbekannt sein, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der im Grundbuch eingetragene Gläubiger verstorben und nicht aufzuklären ist, wer ihn beerbt hat.
15
bb) Bei der Briefhypothek ist das anders. Die Abtretung einer durch eine Briefhypothek gesicherten Forderung setzt nicht die Eintragung der Abtretung in das Grundbuch voraus. Nach § 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt es vielmehr, wenn sie in schriftlicher Form vorgenommen und dem Zessionar der Hypothekenbrief ausgehändigt wird. Die Eintragung der Abtretung einer mit einer Briefhypothek gesicherten Forderung in das Grundbuch ist zwar möglich, aber nicht Voraussetzung ihrer Wirksamkeit. Das hat zur Folge, dass der im Grundbuch als Gläubiger einer Briefhypothek ausgewiesene Gläubiger nicht zwingend der ist, dem die Briefhypothek tatsächlich zusteht. Diese kann vielmehr rechtsgeschäftlich auch außerhalb des Grundbuchs übertragen worden sein. Deshalb kommt es bei einer Briefhypothek für die Beantwortung der Frage, ob der Gläubiger im Sinne von § 1171 BGB unbekannt ist, nicht auf die Person des im Grundbuch ausgewiesenen Gläubigers, sondern auf denjenigen an, der den Hypothekenbrief besitzt (LG Augsburg MittBayNot 1981, 130, 131; NKBGB /Krause, 2. Aufl., § 1170 Rdn. 4; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2002], § 1170 Rdn. 6; ähnlich für den Gläubiger eines Briefrechts, der sein Recht nicht nachweisen kann: RGZ 67, 95, 99 f.; Erman/F. Wenzel, BGB, 12. Aufl., § 1170 Rdn. 2; RGRK/Thumm, BGB, 12. Aufl., § 1170 Rdn. 2; Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., § 985 Rdn. 1; für den Gläubiger eines solchen Rechts, der den Nachweis trotz Aufforderung nicht führt: LG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1232; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 985 Rdn. 1). Der Gläubiger einer Briefhypothek ist deshalb im Sinne von § 1171 BGB schon unbekannt, wenn sich nicht feststellen lässt, in wessen Händen sich der Hypothekenbrief befindet.
16
cc) Dass es sich hier so verhält, hat der Antragsteller nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts mit der für die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens nach § 1171 BGB erforderlichen Gewissheit glaubhaft gemacht.
17
(1) Aufgrund der Quittung in den Grundakten steht fest, dass A. S. am 4. Oktober 1940 den für die aufzubietende Hypothek zuletzt erteilten Brief erhalten hat. Ob sie weiterhin im Besitz des Briefes ist, ist nach der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers und den von ihm beigebrachten Mitteilungen der Meldebehörden nicht mehr aufzuklären. Nachfragen bei den Meldebehörden haben zwar auch unter Berücksichtigung ihres mutmaßlich hohen Alters von über 90 Jahren nicht die Gewissheit oder überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür erbracht, dass A. S. verstorben ist. Darauf kommt es aber auch nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass sowohl der Verbleib des Hypothekenbriefes aus dem Jahre 1940 als auch der Aufenthalt von A. S. unbekannt sind. Das führt dazu, dass weder durch Rücksprache mit A. S. noch durch Vorlage des Briefes festgestellt werden kann, ob A. S. tatsächlich noch Inhaberin von gesicherter Forderung und Hypothek ist oder ob diese inzwischen einem anderen Gläubiger zustehen.
18
(2) Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsteller in seiner Antragsschrift ausgeführt hat, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, "dass seit der Eintragung im Grundbuch über das Recht verfügt worden ist". Damit hat er solche Verfügungen nicht ausschließen wollen. In seiner Versicherung an Eides statt hat er nämlich erklärt, er habe weder Brief noch Gläubigerin je gesehen und sei auch nicht in Anspruch genommen worden. Es kommt hinzu, dass A. S. selbst durch Abtretung außerhalb des Grundbuchs Inhaberin der Hypothek geworden ist. Diese sichert auch nicht den Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen des H. B. an den damaligen Eigentümer P. L. , sondern ein von diesem abgegebenes abstraktes notarielles Schuldanerkenntnis. Bei einer solchen Hypothek lässt sich eine Verfügung außerhalb des Grundbuchs von vornherein nur bei Vorliegen besonderer Umstände ausschließen. Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Deshalb ist das Aufgebotsverfahren nach § 946 ZPO statthaft.

IV.


19
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
20
1. Das an sich mögliche Aufgebotsverfahren setzt nach § 1171 Abs. 1 Satz 1 BGB auch voraus, dass der Eigentümer zur Befriedigung des Gläubigers berechtigt ist. Diese von dem Antragsteller bisher nicht dargelegte Voraussetzung könnte jedenfalls dadurch eingetreten sein, dass der Antragsteller das Grundstück nach dem Inhalt der beigezogenen Grundakten an seine Kinder übereignet und sich ein Nießbrauchsrecht vorbehalten hat. Die Bestellung eines Nießbrauchsrechts führt nämlich nach den Bedingungen des abstrakten Schuldanerkenntnisses, zu dessen Absicherung die Hypothek bestellt war, dazu , dass die geschuldete Zahlung sofort fällig wird, der Gläubiger damit auch jederzeit befriedigt werden kann.
21
2. Für den Fall, dass sich die Befriedigungsberechtigung des Antragstellers dennoch nicht feststellen lassen sollte, wäre dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, statt eines Aufgebotsverfahrens nach § 1171 BGB eines nach § 1170 BGB zu beantragen. Es spricht nämlich viel dafür, dass die Voraussetzungen des § 1170 BGB gegeben sind. Die letzte Eintragung mit Bezug zu der aufzubietenden Hypothek datiert vom 27. September 1940. Der Antragsteller hat, wie für ein Aufgebot nach § 1170 BGB erforderlich (dazu KG OLGZ 1970, 323, 325), an Eides statt versichert, dass die der Belastung zugrunde liegende Verbindlichkeit in dieser Zeit dem Gläubiger gegenüber weder durch Abschlagszahlungen , Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkannt wurde. Das dürfte unter den gegebenen Umständen ausreichen.
22
3. Die Zurückweisung des Antrags (nach § 1171 BGB oder § 1170 BGB) ließe sich auch nicht damit rechtfertigen, dass das Eigentum an dem Grundstück nach dem Inhalt der beigezogenen Grundakten jetzt nicht mehr dem Antragsteller , sondern (zu je ½ Anteil) seinen beiden Kindern zusteht.
23
a) Ein Aufgebotsverfahren gegen den Gläubiger eines Grundpfandrechts nach § 1171 oder § 1170 BGB kann allerdings, von dem hier nicht gegebenen Fall des § 984 Abs. 2 ZPO abgesehen, nach § 984 Abs. 1 ZPO nur von dem Eigentümer des belasteten Grundstücks eingeleitet werden. Das ist der Antragsteller jetzt nicht mehr. Der Eigentumsverlust stellt seine Aktivlegitimation indessen nicht in Frage, weil sie bei Antragstellung gegeben war.
24
b) Die bei Antragstellung bestehende Aktivlegitimation wird durch eine Veräußerung des belasteten Grundstücks nicht berührt.
25
aa) Dieses nicht umstrittene Ergebnis wird teilweise damit begründet, dass auf das Aufgebotsverfahren die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden sind (Hk-ZPO/Kemper, 2. Aufl., Vor § 946-1024 Rdn. 3; Zöller/Geimer, aaO, Vor § 946 Rdn. 10) und damit auch § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO (LG Kaiserslautern, Beschl. v. 12. Februar 2008, 1 T 267/07, juris). Teilweise wird dieses Ergebnis daraus abgeleitet, dass das Ausschlussurteil auch bei einem Antrag des Gläubigers eines anderen Grundpfandrechts nach § 984 Abs. 2 ZPO nicht zum Übergang des Grundpfandrechts auf diesen Gläubiger, sondern auf den Eigentümer führt (DNotI, Gutachten v. 5. November 1997, DNotI-Report 1999, 22).
26
bb) Den Senat überzeugt die erste Begründung.
27
(1) Die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung gelten für alle darin geregelten Verfahrensarten, soweit nicht etwas Abweichendes bestimmt wird. Solche abweichende Regelungen enthalten die Vorschriften über das Aufgebotsverfahren nicht. Sie machen die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens gegen den Gläubiger eines Grundpfandrechtes nach §§ 1170, 1171 BGB zwar davon abhängig, dass der Antragsteller der Eigentümer des belasteten Grundstücks ist oder daran ein anderes Pfandrecht hat. Das spricht aber nicht gegen, sondern für die Anwendbarkeit von § 265 ZPO. Diese besondere Voraussetzung für die Aktivlegitimation kann sich im Verlaufe des Aufgebotsverfahrens ändern. Die Folgen einer solchen Veränderung werden in den Vorschriften über das Aufgebotsverfahren nicht geregelt. Das legt den Rückgriff auf die für solche Fälle zugeschnittene Regelung des § 265 ZPO auch in der Sache nahe.
28
(2) Der neue Eigentümer kann das Verfahren nach § 266 Abs. 1 ZPO übernehmen. Ein Aufgebotsverfahren nach § 1171 BGB ist nämlich ein Rechtsstreit zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber einer Hypothek über deren Bestand, auf den § 266 ZPO anwendbar ist (dazu: Zöller/Greger, aaO, § 266 Rdn. 3). Das Aufgebotsverfahren kommt auch dann nicht zu einem materiellrechtlich fehlerhaften Ergebnis, wenn der neue Eigentümer von seinem Übernahmerecht keinen Gebrauch macht und an seiner Stelle der alte Eigentümer das Verfahren zu Ende führt. Mit dem Ausschlussurteil soll im Fall des § 1170 BGB ebenso wie im Fall des § 1171 BGB derjenige das aufgebotene Grundpfandrecht erwerben, dem das belastete Grundstück bei Erlass des Aus- schlussurteils gehört. Das folgt im ersten Fall aus § 1170 Abs. 2 Satz 1 BGB und im zweiten je nach dem, ob der Eigentümer auch persönlicher Schuldner ist oder nicht, aus § 1172 Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit entweder § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB oder mit §§ 1143, 1153 BGB. An der Rechtsfolge des § 1171 Abs. 2 Satz 1 ändert ein Eigentumswechsel vor dem Ausschlussurteil nach allgemeiner Meinung nichts (Erman/F. Wenzel, aaO, § 1170 Rdn. 5; Palandt /Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 1170 Rdn. 4; Staudinger/Wolfsteiner, aaO, § 1170 Rdn. 19). Die im Fall des § 1171 BGB mit dem Ausschlussurteil ausgelöste Befriedigungsfiktion könnte nur unter den Voraussetzungen der §§ 268, 1150 BGB zu einem Übergang der Hypothek auf den früheren Eigentümer führen. Diese Voraussetzungen können aber nicht eintreten, weil das Ausschlussurteil nur erlassen werden darf, wenn der Gläubiger auch zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt ist.
29
c) Bei Antragstellung war die Aktivlegitimation des Antragstellers gegeben. Dafür wird offen bleiben können, ob die Einleitung des Aufgebotsverfahrens von der Notgeschäftsführungsbefugnis des Antragstellers als Mitglied einer Erbengemeinschaft nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB gedeckt war. Bei Einleitung des Verfahrens hatten zwar noch nicht alle Mitglieder der Erbengemeinschaft , denen das Grundstück seinerzeit gesamthänderisch gehörte, ihre Anteile wirksam auf den Antragsteller oder seine Rechtsvorgängerin übertragen. Die dazu erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen waren aber abgegeben und haben im Verlaufe des Verfahrens auch zur Berichtigung des Grundbuchs geführt.

IV.


30
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Im Verfahren über eine Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens stehen sich der antragsberechtigte Grundstückseigentümer und der mit seinen Rechten im Aufgebotsverfahren auszuschließende unbekannte Gläubiger nicht wie in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüber. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 3 ZPO und bestimmt sich nach dem Interesse des Antragstellers als bisherigem Eigentümer des Grundstücks an der Durchführung des Verfahrens.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 11.01.2008 - 70 C 9/07 -
LG Berlin, Entscheidung vom 11.08.2008 - 51 T 146/08 -

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 140/08
vom
29. Januar 2009
in dem Aufgebotsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der Gläubiger eines Briefgrundpfandrechts ist im Sinne von §§ 1170, 1171 BGB
auch dann unbekannt, wenn der für das Grundpfandrecht erteilte Brief unauffindbar
und der Aufenthalt des letzten bekannten Inhabers unbekannt ist.
(Fortführung von BGH, Beschl. v. 3. März 2004, IV ZB 38/03, NJW-RR 2004, 664)

b) Die Vorschriften der §§ 265, 266 ZPO sind auch im Aufgebotsverfahren anzuwenden.
BGH, Beschluss vom 29. Januar 2009 - V ZB 140/08 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 29. Januar 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richter Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch
, die Richterin Dr. Stresemann und den Richter Dr. Czub

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse der Zivilkammer 51 des Landgerichts Berlin vom 28. Mai und 11. August 2008 und des Amtsgerichts Charlottenburg vom 11. Januar 2008 aufgehoben.
Das Amtsgericht Charlottenburg wird angewiesen, den Antrag, den Gläubiger der in Abteilung III unter laufender Nr. 4 des Grundbuchs für das eingangs bezeichnete Grundstück eingetragenen Briefhypothek im Wege des Aufgebotsverfahrens nach § 1171 BGB mit seinem Recht auszuschließen, nicht aus den in den aufgehobenen Beschlüssen angeführten Gründen zurückzuweisen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Der Antragsteller war zunächst als einer von mehreren, später als alleiniger Eigentümer des eingangs genannten, mit der aufzubietenden Briefhypothek belasteten Grundstücks eingetragen. Die aufzubietende Briefhypothek wurde aufgrund einer Bewilligung vom 31. März 1933 am 5. April 1933 eingetragen.
Sie wurde am 12. September 1935 an A. S. , geb. W. , abgetreten; diese Abtretung wurde am 24. September 1935 in das Grundbuch eingetragen. Nach einer Neufassung des Grundbuchs im September 1940 wurde für die Hypothek ein neuer Brief ausgestellt, dessen Aushändigung A. S. am 4. Oktober 1940 quittierte.
2
Der Antragsteller hat durch eidesstattliche Versicherung und Vorlage amtlicher Auskünfte glaubhaft gemacht, der Grundschuldbrief sei unauffindbar. Die Forderung sei weder durch Abschlagszahlungen noch in anderer Weise anerkannt worden. Mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln sei nicht in Erfahrung zu bringen, wo sich A. S. aufhalte, ob sie noch lebe und wer sie gegebenenfalls beerbt habe. Anhaltspunkte für eine Verfügung über die Hypothek außerhalb des Grundbuchs bestünden nicht. Gestützt darauf betreibt er das Aufgebotsverfahren mit dem Ziel, den Gläubiger der Briefhypothek nach Maßgabe von § 1171 BGB mit seinem Recht auszuschließen. Er hat sich dazu förmlich erboten, den in Euro umgerechneten Nennbetrag der Briefhypothek nebst Zinsen für die letzten vier Jahre, gerechnet vom Erlass des Ausschlussurteils an, unter Verzicht auf die Rücknahme zu hinterlegen.
3
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der er seinen Antrag auf Durchführung des Aufgebotsverfahrens weiterverfolgt.

II.


4
Das Rechtsmittel ist zulässig.
5
1. Der Statthaftigkeit steht nicht entgegen, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde "in Ergänzung" seines Beschlusses vom 28. Mai 2008 zugelassen hat. Die Rechtsbeschwerde muss zwar in der angefochtenen Sachentscheidung selbst und kann nicht im Wege von deren Ergänzung zugelassen werden (BGH, Beschl. v. 24. November 2003, II ZB 37/02, NJW 2004, 779). Eine solche nicht ausreichende Zulassung der Rechtsbeschwerde durch Beschlussergänzung liegt hier aber nicht vor. Das Beschwerdegericht hat das Beschwerdeverfahren nicht mit dem nach dem Tenor seines Beschlusses ergänzten Beschluss vom 28. Mai 2008 abgeschlossen. Vielmehr hat der Einzelrichter der Kammer, der diesen Beschluss erlassen hat, auf eine Anhörungsrüge des Antragstellers das Verfahren nach § 321a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO fortgesetzt und die Sache, wie geboten (BGHZ 154, 200, 202 f.), auf die Kammer übertragen. Diese hat mit Beschluss vom 11. August 2008 eine neue, das Verfahren abschließende Sachentscheidung getroffen. In diesem Rahmen ist eine nachträgliche Zulassung der Rechtsbeschwerde zulässig, wenn Verfahrensrechte verletzt worden sind (BGH, Beschl. v. 19. Mai 2004, IXa ZB 182/03, NJW 2004, 2529, 2530; Beschl. v. 4. Juli 2007, VII ZB 28/07, NJW-RR 2007, 1654). So liegt es hier. Das Beschwerdegericht hatte übersehen, dass sich aus dem Vortrag des Antragstellers ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde ergab, und es hatte den Antragsteller mit seiner Einschätzung überrascht, seine Glaubhaftmachung reiche auch im Tatsächlichen nicht aus.
6
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch rechtzeitig eingelegt worden. Zwar hat der Antragsteller zu Händen seiner erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten den Beschluss des Beschwerdegerichts vom 28. Mai 2008 spätestens am Tag der Abfassung seiner Anhörungsrüge gegen diesen Beschluss vom 11. Juni 2008 erhalten. Darauf kommt es aber nicht an, weil das Beschwerdeverfahren erst durch den Beschluss der Kammer vom 11. August 2008 abge- schlossen worden ist. Dessen formlose Zuleitung an den Antragsteller ist am Freitag, dem 29. August 2008, veranlasst worden und nach der anwaltlichen Versicherung und des Antragstellers am 1. September 2008, dem darauf folgenden Montag, erfolgt. Die Rechtsbeschwerde ist damit rechtzeitig eingelegt worden.

III.


7
Das Rechtsmittel hat auch Erfolg. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts ist das Aufgebotsverfahren zum Ausschluss des Gläubigers der aufzubietenden Briefhypothek mit seinen Rechten statthaft.
8
1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts. Ein Aufgebotsverfahren nach § 1171 BGB gegen den eingetragenen Gläubiger eines Grundpfandrechts ist ebenso wie ein Aufgebotsverfahren nach § 1170 BGB nur zulässig, wenn der Gläubiger unbekannt ist. In diesem Sinne unbekannt ist der Grundpfandrechtsgläubiger nicht schon dann, wenn sein Aufenthalt nicht ermittelt werden kann, sondern nur, wenn er von Person unbekannt ist (BGH, Beschl. v. 3. März 2004, IV ZB 38/03, NJW-RR 2004, 664, 665). Das ergibt sich insbesondere daraus, dass die hier nicht einschlägige Vorschrift des § 6 Abs. 1a Satz 1 GBBerG das Aufgebot des Gläubigers eines im Gebiet der neuen Länder vor dem 3. Oktober 1990 begründeten Grundpfandrechtes „auch dann“ zulässt, wenn nicht seine Person, sondern sein Aufenthalt unbekannt ist. Dabei ist der Gesetzgeber nämlich davon ausgegangen, dass § 1170 BGB ein Aufgebot von Person bekannter Gläubiger unbekannten Aufenthalts nicht zulässt (Beschlussempfehlung zum Sachenrechtsbereinigungsgesetz in BTDrucks. 12/7425 S. 93).
9
2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts ist ein Aufgebotsverfahren nach §§ 1170 oder 1171 BGB nicht erst dann statthaft, wenn eine Grundbuchberichtigungs- oder eine andere Klage nicht zum Erfolg führt (KG OLGZ 1970, 323, 324). Ein solcher Nachrang lässt sich auch nicht aus dem erwähnten Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 3. März 2004 entnehmen. In diesem Beschluss hat der Bundesgerichtshof nur entschieden, dass eine entsprechende Anwendung der §§ 1170, 1171 BGB auf den Fall eines von Person bekannten Grundpfandrechtsgläubigers, dessen Aufenthalt unbekannt ist, von dem Fall des § 6 Abs. 1a GBBerG abgesehen, jedenfalls nicht in Betracht kommt, wenn der Grundstückseigentümer gegen ihn eine Grundbuchberichtigungsklage nach § 894 BGB betreiben kann. Dass ein Aufgebotsverfahren auch dann subsidiär sein soll, wenn die Voraussetzungen der §§ 1170, 1171 BGB vorliegen, ergibt sich daraus nicht.
10
3. Schließlich kann dem Beschwerdegericht nicht in seiner Annahme gefolgt werden, die Gläubigerin der aufzubietenden Hypothek sei nicht im Sinne von § 1171 Abs. 1 Satz 1 BGB unbekannt.
11
a) Das ergibt sich allerdings nicht aus der von der Rechtsbeschwerde angeführten Erwägung, A. S. sei schon nicht Inhaberin der Hypothek geworden. Die Rechtsbeschwerde leitet das daraus ab, dass es an einer Annahme der Abtretung durch A. S. fehle. Das überzeugt nicht. Eine Annahme der Abtretung der hypothekarisch gesicherten Forderung durch A. S. lässt sich zwar nicht ohne weiteres der Eintragung dieser Abtretung in das Grundbuch entnehmen. Es spricht indes viel dafür, dass A. S. die Abtretung schon durch Entgegennahme des von dem Grundbuchamt mit dem Abtretungsvermerk versehenen ersten Hypothekenbriefes angenommen hat. Die Annahme ist jedenfalls mit der Entgegennahme des nach Neufassung des Grundbuches ausgestellten neuen Hypothekenbriefs am 4. Oktober 1940 erfolgt.
12
b) Die unmittelbare Anwendbarkeit von § 1171 BGB lässt sich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht damit begründen, dass A. S. seit der Entgegennahme des Hypothekenbriefes am 4. Oktober 1940 nicht mehr als Person in Erscheinung getreten ist und die Forderung nicht geltend gemacht hat. Ob der Inhaber eines Grundpfandrechtes von Person bekannt oder unbekannt ist, bestimmt sich nach dem Charakter des Rechts und der Eintragung im Grundbuch. Wie sich der Gläubiger ansonsten verhalten und ob er die Forderungen geltend gemacht hat, ist für diese Frage unerheblich.
13
c) Die Anwendbarkeit von § 1171 BGB ergibt sich aber daraus, dass die hier aufzubietende Hypothek im Gegensatz zu der Grundschuld, um die es im Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 3. März 2004 ging, kein Buchrecht ist, sondern ein Briefrecht.
14
aa) Eine Buch- wie eine Briefhypothek entsteht zwar durch Einigung zwischen Gläubiger und Eigentümer über die Begründung der Hypothek und deren Eintragung in das Grundbuch (wobei bei der Briefhypothek noch die Erteilung des Hypothekenbriefs hinzutritt, § 1116 Abs. 1 BGB). Buch- wie Briefhypothek gehen auch kraft Gesetzes mit der Abtretung der Forderung auf den neuen Gläubiger über und können beide nicht ohne Forderung übertragen werden. Die Abtretung der Forderung ist aber bei der Buchhypothek nach §§ 1154 Abs. 3, 873 BGB nur wirksam, wenn sie in das Grundbuch eingetragen wird. Der Gläubiger ist, von Sonderfällen wie dem Erbfall abgesehen, bei einer Buchhypothek deshalb grundsätzlich nur der, der aus dem Grundbuch ersichtlich ist. Deshalb kann er, soweit hier relevant, nur unbekannt sein, wenn glaubhaft gemacht wird, dass der im Grundbuch eingetragene Gläubiger verstorben und nicht aufzuklären ist, wer ihn beerbt hat.
15
bb) Bei der Briefhypothek ist das anders. Die Abtretung einer durch eine Briefhypothek gesicherten Forderung setzt nicht die Eintragung der Abtretung in das Grundbuch voraus. Nach § 1154 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt es vielmehr, wenn sie in schriftlicher Form vorgenommen und dem Zessionar der Hypothekenbrief ausgehändigt wird. Die Eintragung der Abtretung einer mit einer Briefhypothek gesicherten Forderung in das Grundbuch ist zwar möglich, aber nicht Voraussetzung ihrer Wirksamkeit. Das hat zur Folge, dass der im Grundbuch als Gläubiger einer Briefhypothek ausgewiesene Gläubiger nicht zwingend der ist, dem die Briefhypothek tatsächlich zusteht. Diese kann vielmehr rechtsgeschäftlich auch außerhalb des Grundbuchs übertragen worden sein. Deshalb kommt es bei einer Briefhypothek für die Beantwortung der Frage, ob der Gläubiger im Sinne von § 1171 BGB unbekannt ist, nicht auf die Person des im Grundbuch ausgewiesenen Gläubigers, sondern auf denjenigen an, der den Hypothekenbrief besitzt (LG Augsburg MittBayNot 1981, 130, 131; NKBGB /Krause, 2. Aufl., § 1170 Rdn. 4; Staudinger/Wolfsteiner, BGB [2002], § 1170 Rdn. 6; ähnlich für den Gläubiger eines Briefrechts, der sein Recht nicht nachweisen kann: RGZ 67, 95, 99 f.; Erman/F. Wenzel, BGB, 12. Aufl., § 1170 Rdn. 2; RGRK/Thumm, BGB, 12. Aufl., § 1170 Rdn. 2; Zöller/Geimer, ZPO, 27. Aufl., § 985 Rdn. 1; für den Gläubiger eines solchen Rechts, der den Nachweis trotz Aufforderung nicht führt: LG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1232; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 22. Aufl., § 985 Rdn. 1). Der Gläubiger einer Briefhypothek ist deshalb im Sinne von § 1171 BGB schon unbekannt, wenn sich nicht feststellen lässt, in wessen Händen sich der Hypothekenbrief befindet.
16
cc) Dass es sich hier so verhält, hat der Antragsteller nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts mit der für die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens nach § 1171 BGB erforderlichen Gewissheit glaubhaft gemacht.
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(1) Aufgrund der Quittung in den Grundakten steht fest, dass A. S. am 4. Oktober 1940 den für die aufzubietende Hypothek zuletzt erteilten Brief erhalten hat. Ob sie weiterhin im Besitz des Briefes ist, ist nach der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers und den von ihm beigebrachten Mitteilungen der Meldebehörden nicht mehr aufzuklären. Nachfragen bei den Meldebehörden haben zwar auch unter Berücksichtigung ihres mutmaßlich hohen Alters von über 90 Jahren nicht die Gewissheit oder überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür erbracht, dass A. S. verstorben ist. Darauf kommt es aber auch nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass sowohl der Verbleib des Hypothekenbriefes aus dem Jahre 1940 als auch der Aufenthalt von A. S. unbekannt sind. Das führt dazu, dass weder durch Rücksprache mit A. S. noch durch Vorlage des Briefes festgestellt werden kann, ob A. S. tatsächlich noch Inhaberin von gesicherter Forderung und Hypothek ist oder ob diese inzwischen einem anderen Gläubiger zustehen.
18
(2) Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsteller in seiner Antragsschrift ausgeführt hat, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, "dass seit der Eintragung im Grundbuch über das Recht verfügt worden ist". Damit hat er solche Verfügungen nicht ausschließen wollen. In seiner Versicherung an Eides statt hat er nämlich erklärt, er habe weder Brief noch Gläubigerin je gesehen und sei auch nicht in Anspruch genommen worden. Es kommt hinzu, dass A. S. selbst durch Abtretung außerhalb des Grundbuchs Inhaberin der Hypothek geworden ist. Diese sichert auch nicht den Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen des H. B. an den damaligen Eigentümer P. L. , sondern ein von diesem abgegebenes abstraktes notarielles Schuldanerkenntnis. Bei einer solchen Hypothek lässt sich eine Verfügung außerhalb des Grundbuchs von vornherein nur bei Vorliegen besonderer Umstände ausschließen. Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Deshalb ist das Aufgebotsverfahren nach § 946 ZPO statthaft.

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Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
20
1. Das an sich mögliche Aufgebotsverfahren setzt nach § 1171 Abs. 1 Satz 1 BGB auch voraus, dass der Eigentümer zur Befriedigung des Gläubigers berechtigt ist. Diese von dem Antragsteller bisher nicht dargelegte Voraussetzung könnte jedenfalls dadurch eingetreten sein, dass der Antragsteller das Grundstück nach dem Inhalt der beigezogenen Grundakten an seine Kinder übereignet und sich ein Nießbrauchsrecht vorbehalten hat. Die Bestellung eines Nießbrauchsrechts führt nämlich nach den Bedingungen des abstrakten Schuldanerkenntnisses, zu dessen Absicherung die Hypothek bestellt war, dazu , dass die geschuldete Zahlung sofort fällig wird, der Gläubiger damit auch jederzeit befriedigt werden kann.
21
2. Für den Fall, dass sich die Befriedigungsberechtigung des Antragstellers dennoch nicht feststellen lassen sollte, wäre dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, statt eines Aufgebotsverfahrens nach § 1171 BGB eines nach § 1170 BGB zu beantragen. Es spricht nämlich viel dafür, dass die Voraussetzungen des § 1170 BGB gegeben sind. Die letzte Eintragung mit Bezug zu der aufzubietenden Hypothek datiert vom 27. September 1940. Der Antragsteller hat, wie für ein Aufgebot nach § 1170 BGB erforderlich (dazu KG OLGZ 1970, 323, 325), an Eides statt versichert, dass die der Belastung zugrunde liegende Verbindlichkeit in dieser Zeit dem Gläubiger gegenüber weder durch Abschlagszahlungen , Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkannt wurde. Das dürfte unter den gegebenen Umständen ausreichen.
22
3. Die Zurückweisung des Antrags (nach § 1171 BGB oder § 1170 BGB) ließe sich auch nicht damit rechtfertigen, dass das Eigentum an dem Grundstück nach dem Inhalt der beigezogenen Grundakten jetzt nicht mehr dem Antragsteller , sondern (zu je ½ Anteil) seinen beiden Kindern zusteht.
23
a) Ein Aufgebotsverfahren gegen den Gläubiger eines Grundpfandrechts nach § 1171 oder § 1170 BGB kann allerdings, von dem hier nicht gegebenen Fall des § 984 Abs. 2 ZPO abgesehen, nach § 984 Abs. 1 ZPO nur von dem Eigentümer des belasteten Grundstücks eingeleitet werden. Das ist der Antragsteller jetzt nicht mehr. Der Eigentumsverlust stellt seine Aktivlegitimation indessen nicht in Frage, weil sie bei Antragstellung gegeben war.
24
b) Die bei Antragstellung bestehende Aktivlegitimation wird durch eine Veräußerung des belasteten Grundstücks nicht berührt.
25
aa) Dieses nicht umstrittene Ergebnis wird teilweise damit begründet, dass auf das Aufgebotsverfahren die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung anzuwenden sind (Hk-ZPO/Kemper, 2. Aufl., Vor § 946-1024 Rdn. 3; Zöller/Geimer, aaO, Vor § 946 Rdn. 10) und damit auch § 265 Abs. 2 Satz 1 ZPO (LG Kaiserslautern, Beschl. v. 12. Februar 2008, 1 T 267/07, juris). Teilweise wird dieses Ergebnis daraus abgeleitet, dass das Ausschlussurteil auch bei einem Antrag des Gläubigers eines anderen Grundpfandrechts nach § 984 Abs. 2 ZPO nicht zum Übergang des Grundpfandrechts auf diesen Gläubiger, sondern auf den Eigentümer führt (DNotI, Gutachten v. 5. November 1997, DNotI-Report 1999, 22).
26
bb) Den Senat überzeugt die erste Begründung.
27
(1) Die allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung gelten für alle darin geregelten Verfahrensarten, soweit nicht etwas Abweichendes bestimmt wird. Solche abweichende Regelungen enthalten die Vorschriften über das Aufgebotsverfahren nicht. Sie machen die Einleitung eines Aufgebotsverfahrens gegen den Gläubiger eines Grundpfandrechtes nach §§ 1170, 1171 BGB zwar davon abhängig, dass der Antragsteller der Eigentümer des belasteten Grundstücks ist oder daran ein anderes Pfandrecht hat. Das spricht aber nicht gegen, sondern für die Anwendbarkeit von § 265 ZPO. Diese besondere Voraussetzung für die Aktivlegitimation kann sich im Verlaufe des Aufgebotsverfahrens ändern. Die Folgen einer solchen Veränderung werden in den Vorschriften über das Aufgebotsverfahren nicht geregelt. Das legt den Rückgriff auf die für solche Fälle zugeschnittene Regelung des § 265 ZPO auch in der Sache nahe.
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(2) Der neue Eigentümer kann das Verfahren nach § 266 Abs. 1 ZPO übernehmen. Ein Aufgebotsverfahren nach § 1171 BGB ist nämlich ein Rechtsstreit zwischen dem Eigentümer und dem Inhaber einer Hypothek über deren Bestand, auf den § 266 ZPO anwendbar ist (dazu: Zöller/Greger, aaO, § 266 Rdn. 3). Das Aufgebotsverfahren kommt auch dann nicht zu einem materiellrechtlich fehlerhaften Ergebnis, wenn der neue Eigentümer von seinem Übernahmerecht keinen Gebrauch macht und an seiner Stelle der alte Eigentümer das Verfahren zu Ende führt. Mit dem Ausschlussurteil soll im Fall des § 1170 BGB ebenso wie im Fall des § 1171 BGB derjenige das aufgebotene Grundpfandrecht erwerben, dem das belastete Grundstück bei Erlass des Aus- schlussurteils gehört. Das folgt im ersten Fall aus § 1170 Abs. 2 Satz 1 BGB und im zweiten je nach dem, ob der Eigentümer auch persönlicher Schuldner ist oder nicht, aus § 1172 Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit entweder § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB oder mit §§ 1143, 1153 BGB. An der Rechtsfolge des § 1171 Abs. 2 Satz 1 ändert ein Eigentumswechsel vor dem Ausschlussurteil nach allgemeiner Meinung nichts (Erman/F. Wenzel, aaO, § 1170 Rdn. 5; Palandt /Bassenge, BGB, 68. Aufl., § 1170 Rdn. 4; Staudinger/Wolfsteiner, aaO, § 1170 Rdn. 19). Die im Fall des § 1171 BGB mit dem Ausschlussurteil ausgelöste Befriedigungsfiktion könnte nur unter den Voraussetzungen der §§ 268, 1150 BGB zu einem Übergang der Hypothek auf den früheren Eigentümer führen. Diese Voraussetzungen können aber nicht eintreten, weil das Ausschlussurteil nur erlassen werden darf, wenn der Gläubiger auch zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt ist.
29
c) Bei Antragstellung war die Aktivlegitimation des Antragstellers gegeben. Dafür wird offen bleiben können, ob die Einleitung des Aufgebotsverfahrens von der Notgeschäftsführungsbefugnis des Antragstellers als Mitglied einer Erbengemeinschaft nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BGB gedeckt war. Bei Einleitung des Verfahrens hatten zwar noch nicht alle Mitglieder der Erbengemeinschaft , denen das Grundstück seinerzeit gesamthänderisch gehörte, ihre Anteile wirksam auf den Antragsteller oder seine Rechtsvorgängerin übertragen. Die dazu erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen waren aber abgegeben und haben im Verlaufe des Verfahrens auch zur Berichtigung des Grundbuchs geführt.

IV.


30
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Im Verfahren über eine Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Einleitung eines Aufgebotsverfahrens stehen sich der antragsberechtigte Grundstückseigentümer und der mit seinen Rechten im Aufgebotsverfahren auszuschließende unbekannte Gläubiger nicht wie in einem kontradiktorischen Verfahren gegenüber. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 3 ZPO und bestimmt sich nach dem Interesse des Antragstellers als bisherigem Eigentümer des Grundstücks an der Durchführung des Verfahrens.
Krüger Lemke Schmidt-Räntsch
Stresemann Czub
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 11.01.2008 - 70 C 9/07 -
LG Berlin, Entscheidung vom 11.08.2008 - 51 T 146/08 -

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Dem Gegner ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Das Gericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Rüge an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Rüge als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies auf Grund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. § 343 gilt entsprechend. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

4
2. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Sie ist insbesondere auf die rechtzeitig erhobene Gegenvorstellung im Ergänzungsbeschluss wirksam zugelassen worden (vgl. BGHZ 150, 133, 136 f.; BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 182/03 - juris Tz. 7-9 = NJW 2004, 2529 unter III 3). In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 151/02
vom
19. Januar 2006
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
JeansII
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a;
Zur Geltendmachung einer Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof
der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 EG im Rahmen der Anhörungsrüge
BGH, Beschl. v. 19. Januar 2006 - I ZR 151/02 - Kammergericht
LG Berlin
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. Januar 2006 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. UngernSternberg
, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Bergmann

beschlossen:
Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 15. September 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:


1
I. In dem vorausgegangenen Rechtsstreit ist die Beklagte durch das Berufungsgericht nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes (§ 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG) zur Unterlassung und zur Auskunftserteilung verurteilt worden. Zudem hat das Berufungsgericht die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festgestellt. Der Senat hat mit Urteil vom 15. September 2005 die Revision der Beklagten zurückgewiesen (WRP 2006, 75).
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der Anhörungsrüge.
3
II. Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Gehörsrüge ist nicht begründet.
4
1. Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, der Streitfall werfe die gemeinschaftsrechtlich relevante Frage auf, ob Art. 96 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. Nr. L 3 vom 5. Januar 2002, S. 1) zur Folge habe, dass für ein gemeinschaftsrechtlich nicht eingetragenes Geschmacksmuster nach Ablauf der dreijährigen Schutzdauer gemäß Art. 11 Abs. 1 der Verordnung noch ein wettbewerbsrechtlicher Schutz nach nationalem Recht bestehen könne. Der Senat hätte diese Frage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gemäß Art. 234 EG vorlegen müssen. Ob eine solche Vorlage erwogen worden sei, sei dem Senatsurteil nicht zu entnehmen.
5
a) Gemäß § 321a ZPO ist auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei das Verfahren fortzuführen, wenn die Entscheidung mit Rechtsbehelfen nicht mehr anfechtbar ist und das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
6
Die Gerichte sind nach dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (BVerfGE 47, 182, 187; 96, 205, 216). Dass die Beklagte in dem der Senatsentscheidung vorausgegangenen Rechtsstreit in den Instanzen oder im Revisionsverfahren ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 Abs. 1 und Abs. 3 EG angeregt hat, hat die Beklagte in der Anhörungsrüge nicht dargelegt. Vielmehr macht sie die Notwendigkeit einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wegen des Verhältnisses von Ansprüchen nach den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes (§§ 3, 4 Nr. 9 UWG) zum Schutz eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters nach der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung erstmals mit der Anhörungsrüge geltend. Der von der Beklagten gerügte Verstoß gegen die Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 1 und Abs. 3 EG betrifft deshalb nicht das Gebot rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, sondern den Anspruch auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (vgl. BVerfGE 73, 339, 366; 82, 159, 194; BVerfG DVBl 2004, 1411, 1412). Ob ein Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter in entsprechender Anwendung des § 321a ZPO gerügt werden kann, braucht im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden (bejahend: Zöller/Vollkommer , ZPO, 25. Aufl., § 321a Rdn. 3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 27. Aufl., § 321a Rdn. 8; kritisch zur Beschränkung des § 321a ZPO auf einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG auch: Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 321a Rdn. 7, Aktualisierungsstand 26.4.2005; offen gelassen: Begründung zum Regierungsentwurf BR-Drucks. 663/04, S. 33). Für eine analoge Anwendung des § 321a ZPO auf die Rüge der Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter spricht die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Verstöße gegen Verfahrensgrundrechte durch Selbstkontrolle der Fachgerichte im Instanzenzug oder eine analoge Anwendung von Prozessrechtsnormen behoben werden sollen (vgl. Plenarbeschl. v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/01, BVerfGE 107, 395, 397). Zu den Verfahrensgrundrechten, die der Einhaltung eines rechtsstaatlichen Mindeststandards dienen, zählt auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfGE 107, 395, 407). Dass das Bundesverfassungsgericht im Plenarbeschluss vom 30. April 2003 einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip i.V. mit Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt hat, wenn eine Verfahrensordnung keine fachgerichtliche Abhilfemöglichkeit für den Fall vorsieht, dass ein Gericht in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, schließt eine analoge Anwendung des § 321a ZPO auf eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter nicht aus (vgl. auch BGH NJW 2004, 2529; BFH NJW 2005, 526). Denn der Vorlagebeschluss des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts war auf eine behauptete Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beschränkt (BVerfGE 107, 395, 408). Die Frage der analogen An- wendung des § 321a ZPO auf eine Verletzung des Anspruchs auf den gesetzlichen Richter kann aber deshalb offen bleiben, weil gegen dieses Grundrecht vorliegend nicht verstoßen worden ist.
7
b) Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist nicht erforderlich, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Rechtsfrage bleibt und wenn das nationale Gericht davon überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (st. Rspr.: EuGH, Urt. v. 6.10.1982 - Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Tz. 16 - CILFIT; Urt. v. 15.9.2005 - Rs. C-495/03, HFR 2005, 1236 Tz. 33). Davon ist bei der Frage auszugehen, ob ein Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG deshalb ausgeschlossen ist, weil für das streitgegenständliche Modell auch ein Schutz nach Art. 3 ff. GGVO hätte in Anspruch genommen werden können. Der Senat hat diese Frage in Übereinstimmung mit den in der Literatur vertretenen Auffassungen verneint (Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein , Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., Allgemeines Rdn. 53; Harte/Henning/ Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 41 f.; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.8; Keller, FS Erdmann, 2002, 595, 611; Bartenbach/Fock, WRP 2002, 1119, 1123; Osterrieth, FS Tilmann, 2003, 221, 223; Rahlf/Gottschalk, GRUR Int. 2004, 821, 826; Ortner, WRP 2006, 189, 192). Denn die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung lässt Bestimmungen der Mitgliedstaaten über den unlauteren Wettbewerb unberührt (Art. 96 Abs. 1 GGVO, vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 31 der Verordnung). Dieses Nebeneinander von Geschmacksmusterschutz und ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz ist aufgrund der unterschiedlichen Schutzvoraussetzungen und Rechtsfolgen gerechtfertigt. Während der Musterschutz an die Neuheit und Eigenart des Gemeinschaftsgeschmacksmusters anknüpft (Art. 5, 6 GGVO) und einen zeitlich auf drei Jahre befristeten Schutz begründet (Art. 11 GGVO), setzt der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG mit dem Vorliegen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ein Unlauterkeitsmerkmal voraus und führt zu einem zeitlich nicht von vornherein befristeten Anspruch. Anders als die Beklagte erstmals mit der Anhörungsrüge geltend macht, bedarf es deshalb auch keiner Modifikation der Senatsrechtsprechung zum ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Dieses Ergebnis ist eindeutig. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften war nicht geboten. Unberührt davon ist die im Streitfall nicht entscheidungserhebliche Frage nach dem Verhältnis des Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutzes zum wettbewerbsrechtlichen Saisonschutz für eine Modeneuheit, der eine vermeidbare Herkunftstäuschung nicht voraussetzt (vgl. zu § 1 UWG a.F.: BGH, Urt. v. 10.11.1983 - I ZR 158/81, GRUR 1984, 453, 454 = WRP 1984, 259 - Hemdblusenkleid; zum Schutzverhältnis vgl. Gloy/ Loschelder/Eck, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., § 43 Rdn. 143; Gottschalk, Der Schutz des Designs nach deutschem und europäischem Recht, 2005, S. 257 f.).
8
2. Die Anhörungsrüge ist auch nicht im Hinblick auf den Vortrag der Beklagten zur Notwendigkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Berufungsgericht begründet. Das Vorbringen ist berücksichtigt; eine Beweiserhebung war nicht erforderlich.
Ullmann v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher Bergmann
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 04.05.2001 - 15 O 719/99 -
KG Berlin, Entscheidung vom 11.01.2002 - 5 U 182/01 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)